Im Zeichen der Lämmer - Emilia Benedict - E-Book
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Im Zeichen der Lämmer E-Book

Emilia Benedict

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Beschreibung

Packender Thriller der Autorin Emilia Benedict Nichts für schwache Nerven Lauf – Und du stirbst! Schrei – Und du stirbst! Ein einzelnes Paar Füße, und das mitten auf dem Gelände einer Schule. Der Rest des Körpers fehlt. Wenig später finden Jogger eine Leiche ohne Füße. Beide Funde haben unterschiedliche DNA. Demnach zwei Opfer innerhalb kurzer Zeit. Inspector Aidan Carter ist sich sicher, hinter den Morden steckt ein Serienkiller, denn das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Mörder sägt seinen Opfern nicht nur die Füße ab … Carter und sein Team stehen vor einem Rätsel. Haben sie es hier mit einem Psychopathen zu tun, einer Sekte oder handelt es sich hierbei vielleicht doch nur um ein Verbrechen aus Leidenschaft? Auch Aidan Carters Lebensgefährtin Jessica Duncan bleibt nicht untätig. Die Fälle der verstümmelten Opfer bieten die Idee zu einem neuen Roman. Da Aidan allerdings nichts von seinen Ermittlungen preisgeben will, recherchiert sie selbst und stößt auf ein längst vergangenes Ereignis. Ohne es zu ahnen, begibt sie sich dabei in Lebensgefahr … --------------------- Im Zeichen der Lämmer ist der zweite Band der Thriller-Reihe: Ermittlung in Jefferson City. Im Zeichen der Lämmer ist ein Psychothriller und nichts für schwache Nerven. Der Hausmeister einer Schule findet am Morgen ein abgetrenntes Paar Füße, ordentlich platziert und gesäubert. Kurz darauf wird eine weibliche Leiche gefunden, ohne Füße. Diese wurde in ein besticktes Tuch gewickelt, darauf leuchtet ein Kreuz mit Blut geschrieben. Zudem wurde die Leiche entstellt. Durch die DNA-Analyse wird schnell klar, das Fußpaar passt nicht zum Körper, der gefunden wurde. Somit haben es Inspector Aidan Carter und sein Team mit zwei Morden zu tun. Es folgen weitere. Alles deutet auf ein Motiv in religiöser Richtung hin, und doch gibt es Unstimmigkeiten. Dabei ist der zentrale Fundort immer die Schule. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Jessica, inzwischen Lebensgefährtin von Inspector Aidan Carter, stellt ihre eigenen Ermittlungen an. Sie ist Autorin und steht unter dem Druck ihrer Agentin, ein neues Buch zu präsentieren. Sie braucht eine neue Idee. Als sie vom Fund des Fußpaares an der Schule Wind bekommt, wittert sie Stoff für ihr neues Buch und begibt sich an den Fundort. Nach und nach enthüllt sie wichtige Details und kommt dem Täter dabei immer näher.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ähnliche


IM ZEICHEN

DER

LÄMMER

Der Metzger von Jefferson City

Thriller

Emilia Benedict

DAS BUCH

Lauf: Und du stirbst! Schrei: Und du stirbst!

Ein einzelnes Paar Füße, und das mitten auf dem Gelände einer Schule. Der Rest des Körpers fehlt. Wenig später finden Jogger eine Leiche ohne Füße. Beide Funde haben unterschiedliche DNA. Demnach zwei Opfer innerhalb kurzer Zeit. Inspector Aidan Carter ist sich sicher, hinter den Morden steckt ein Serienkiller, denn das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Mörder sägt seinen Opfern nicht nur die Füße ab …

Carter und sein Team stehen vor einem Rätsel. Haben sie es hier mit einem Psychopathen zu tun, einer Sekte oder handelt es sich hierbei vielleicht doch nur um ein Verbrechen aus Leidenschaft?

Auch Aidan Carters Lebensgefährtin Jessica Duncan bleibt nicht untätig. Die Fälle der verstümmelten Opfer bieten die Idee zu einem neuen Roman. Da Aidan allerdings nichts von seinen Ermittlungen preisgeben will, recherchiert sie selbst und stößt auf ein längst vergangenes Ereignis. Ohne es zu ahnen, begibt sie sich dabei in Lebensgefahr …

DIE AUTORIN

Emilia Benedict ist das Pseudonym der Autorin. Sie ist im Jahre ’69 geboren und verbrachte ihre Kindheit im Land der Blauen Steine. Ihre Sturm- und Drangzeit hat sie später in eine sächsische Großstadt verschlagen, in der sie viele Jahre gelebt hat. Mittlerweile ist sie auf vielen interessanten Schauplätzen unterwegs.

Wesentliche Basis ihrer Schreibweise sind akkurate Recherchen und Natürlichkeit ihrer Protagonisten.

BISHER ERSCHIENEN

THRILLER

aus der Reihe: Ermittlung in Jefferson City

1. Toxin-Killer

(Emilia Benedict, April 2022)

2. Im Zeichen der Lämmer

(Emilia Benedict, Dezember 2022)

3. Schachmatt, gleich bist du tot

(Emilia Benedict, Oktober 2023)

ROMANE/ERZÄHLUNGEN

1. Schatz im Anflug

Buch 1 (Emilia Benedict, März 2024), (auch unter dem Titel: Always Differently: Schwanger – ja, ich will/Kat v. Letters, 2022)

2. Früchtchen an Bord

Buch 2 (Emilia Benedict, März 2024), (auch unter Kat v. Letters, 2022)

1. Auflage 2022

Texte: © 2022 Copyright by Emilia Benedict

c/o Block Services, Stuttgarter Str. 106, 70736 Fellbach

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Die Verwendung von Text und Bildern – auch teilweise – ist ohne schriftliche Genehmigung der Autorin urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt für die gedruckte Form und insbesondere für die Vervielfältigung oder Verwendung in elektronischen Systemen.

Des Weiteren untersage ich jedem, meine Texte, Bilder bzw. jegliche Inhalte meiner Bücher (in gedruckter/digitaler Form) für Trainingszwecke sowie generelle Nutzung durch KI zu verwenden.

Coverdesign: © 2022 Copyright by artdesign88

https://artdesign88.org

Kontakt Emilia Benedict:

[email protected]

Newsletter Emilia Benedict:

https://artdesign88.org/news

Webseite Emilia Benedict:

https://emilia-benedict.artdesign88.org

INHALT

Prolog

Montag

Kapitel 1

Kapitel 2

Dienstag

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Mittwoch

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Donnerstag

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Freitag

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Samstag

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Sonntag

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Montag

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Dienstag

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Mittwoch

Kapitel 36

Kapitel 37

Donnerstag

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Epilog

Nachtrag

Bisher Erschienen

Leseprobe: Schachmatt, gleich bist du tot

Prolog

Die Dämmerung umhüllte die Straßen allmählich mit ihrem Schleier. Nur noch wenige Minuten, dann lagen sie völlig in der trostlosen Schwärze der Nacht. Das hieß, Madison musste mal wieder im Schritttempo nach Hause fahren, denn ihre Augen standen mit der Dunkelheit auf Kriegsfuß. Und Gelder für Straßenlaternen wurden am Stadtrand nicht gerade verschwendet. Sie hatte gut zwanzig Minuten Fahrtweg vor sich, doch im Vergleich zur Großstadt war das ein Katzensprung.

Vor sechs Monaten war sie hierher in ihren Heimatort zurückgezogen und hatte es noch keinen einzigen Tag bereut. Auf den Straßen war nie viel los, weder abends noch zur Rushhour. Stau war hier fast schon ein Fremdwort.

Im Augenblick wollte sie nur schnell nach Hause, ein heißes Bad nehmen und dann ins Bett fallen. Für mehr hatte sie momentan keine Kraft, morgen ging der Stress von Neuem los.

Abgekämpft und müde schob sie sich hinters Lenkrad. Endlich Feierabend, dachte sie und warf einen Blick in den Rückspiegel. Um ihre Augen lagen dunkle Schatten. So konnte das nicht weitergehen. Das war bereits der dritte Tag in dieser Woche, dass sie eine Doppelschicht in der Klinik schieben musste. Einige Schwestern hatten sich krankgemeldet. Ein Virus war im Umlauf und es gab einfach nicht genügend Personal.

Fünfzehn Minuten später bog sie bereits in die Eastside Street und parkte direkt vor ihrem Eingang auf der Straße.

Vor wenigen Wochen hatte Madison ein kleines Haus am Rising Creek ergattert. Die Mieten waren hier zwar etwas happig, doch das nahm sie guten Gewissens in Kauf. Die Wohngegend war nahezu neu und exklusiv, vor allem aber ruhig. Außerdem bekam sie von ihrem Verflossenen einen ordentlichen Zuschuss.

Der Mistkerl hatte sie geschwängert und dann sitzen lassen, und das nur, weil eine Abtreibung für sie nicht infrage kam. Darum wollte sie das Kind allein großziehen und er sollte mal schön seinen Beitrag dazu leisten. Als sie ihn damit konfrontiert hatte, machte er nicht einmal Theater. Er zahlte sogar freiwillig, und das schon seit sie hier eingezogen war. Dabei war sie gerade erst im zweiten Monat mit dem Kind. Doch ganz sicher zeugte das nicht von Sinneswandel oder Vatervorfreude. Dazu trieb ihn eher die pure Angst vor seiner Frau.

Madison stieg aus ihrem Wagen. Nirgendwo in den Nachbarhäusern brannte Licht, obwohl die Uhr erst neun zeigte. Nur vereinzelte Straßenlaternen verrichteten stumm ihren Dienst. Einige der umliegenden Häuser standen noch leer, alle anderen Bewohner ringsum schliefen vermutlich schon. Kein Wunder, die meisten ihrer Nachbarn waren geschätzte hundert Jahre alt.

Sie schnappte ihre Tasche vom Beifahrersitz und verriegelte den Wagen. Mit einem Mal wurde sie keine zwanzig Meter entfernt vom Licht eines Scheinwerfers geblendet. Eine Autotür knallte zu. Wenige Sekunden darauf erschien jemand in dem Lichtkegel, rief nach ihr und winkte. Er wusste ihren Namen, ein Bekannter demnach.

Musste das sein? Sie war doch so müde. Gerade heute. Sie blieb stehen und fixierte ihn, vermochte aber nicht mehr, als einen Umriss auszumachen. Widerwillig ging sie auf ihn zu. Als sie näher kam, fluchte sie innerlich.

O nein, nicht der schon wieder, bitte verschone mich. Wann lässt der mich endlich in Ruhe?

Zum Umkehren war es zu spät, so unhöflich wollte sie nun auch wieder nicht sein.

»Was machst du denn hier, ist was passiert?«, rief sie.

»Hey, Maddi, welch ein Glück, dass ich dich treffe. Ich habe vorhin einem Nachbarn von dir eine Kommode abgekauft und nun bekomme ich das Ding allein nicht in den Lieferwagen.«

»Um diese Zeit? Wie lange stehst du denn schon hier und warum hast du niemand anderen um Hilfe gebeten?«

»Gute Frage, ich dachte, ich schaffe es allein. Würdest du mir vielleicht helfen?«

Dieser komische Kauz war wohl mal wieder zu feige, jemanden anzusprechen. »Na sicher helfe ich dir.«

»Danke, du bist meine Rettung. Vielleicht steigst du in den Lieferwagen und ziehst, da hast du es leichter. Ich hebe das Teil von hier draußen an und schiebe.«

»Okay, dann muss ich aber los, ich habe einen anstrengenden Dienst hinter mir.«

»Es dauert nicht lange. Tut mir leid, dass ich dich damit belästige.«

Ungelenk half er Madison auf die Rampe. Danach hob er die Kommode an und schob.

»Himmelherrgott, ist das Ding schwer. So was braucht doch kein Mensch«, stöhnte Madison.

»Ich schon.«

»Na ja, etwas seltsam warst du schon immer. So, ich komme jetzt vor. Hilf mir bitte runter.«

Madison zwängte sich an der Kommode vorbei bis zur Rampe. Abrupt blieb sie stehen. Er hielt eine Waffe auf sie gerichtet. Sollte das ein dummer Scherz sein? Sie war verunsichert.

»Steck das Ding weg. Was soll das?«

Im nächsten Augenblick spürte sie einen stechenden Schmerz und sackte zusammen.

Allmählich kam Madison zu sich. Sie öffnete die Augen, konnte jedoch nichts sehen. Es war stockdunkel.

Wo war sie und wie kam sie hierher?

Sie versuchte sich zu erinnern. Das Letzte, das ihr einfiel, war, dass sie von der Klinik nach Hause fuhr und danach ins Haus gehen wollte. Plötzlich schob sich der Lieferwagen in ihr Gedächtnis. Ach ja, richtig. Und dieser Kerl, warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Halt! Da war noch etwas. Das schwere Ding, diese Kommode. Er wollte …, aber wieso …? Er musste sie betäubt und entführt haben. Dieser Mistkerl, na warte.

Sie wollte aufspringen, konnte sich aber keinen Zentimeter von der Stelle bewegen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie festgebunden war und schrecklich fror. Der Raum war eisig und unter sich spürte sie blankes Metall. Sie fühlte es am ganzen Körper.

O mein Gott, sie war nackt! Er hatte sie ausgezogen, mit seinen widerlichen Fingern berührt. Madison zitterte augenblicklich. Ob aus Entsetzen oder vor Kälte, sie wusste es nicht. Gleichzeitig begriff sie, dass er sie nicht nur festgebunden, sondern komplett fixiert hatte. Ihre Oberschenkel und Fußgelenke waren an das kalte Metall mit Riemen geschnallt, ebenso jedes ihrer Handgelenke, ihr Becken, der Oberkörper, die Stirn. Was hatte dieser kranke Typ vor? Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf und die Gewissheit traf sie wie ein Fausthieb. Er wollte sie vergewaltigen, er stellte ihr immer noch nach.

Angst kroch durch ihre Glieder. Vor ihren Augen begann sich alles zu drehen und ihr wurde übel. Wenn sie sich jetzt übergeben würde, müsste sie zweifellos daran ersticken. Panik stieg in ihr auf. Sie atmete viel zu hektisch und in kurzen Stößen.

Stopp! Reiß dich zusammen, Maddi!

Sie musste sich dringend beruhigen und ihre Übelkeit in den Griff bekommen. Sie schloss die Augen. Dann zwang sie sich, ruhig zu atmen und an nichts zu denken.

Gut, konzentrier dich. Langsam in den Bauch einatmen. Dabei zählte sie: Eins, zwei, drei – Luft anhalten – und jetzt lang und tief ausatmen: Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Noch mal.

Nach einer Weile verschwand der aufsteigende Würgereiz und sie hatte ihre Angst unter Kontrolle. Sie war wieder einigermaßen in der Lage, klar zu denken. Okay, und nun benutze deinen Verstand. Sie musste hier schnellstens raus. Vielleicht ließen sich die Riemen ein wenig lockern.

Madison drehte ihre Hände und Fußgelenke hin und her. Die einzigen Gliedmaßen, zu denen sie überhaupt fähig war, sie zu bewegen. Kurze Zeit später brannte ihre Haut wie Feuer, doch ihre Fesseln saßen nach wie vor straff. Erneut spürte sie das panische Kribbeln in ihrer Brust. Sie schluchzte verzweifelt und wurde hysterisch. Mit ganzer Kraft zerrte sie weiter an den Riemen, aber es war aussichtslos. Sie saß in der Falle. Jetzt konnte sie nur abwarten, dass ihr Peiniger kam, und alles über sich ergehen lassen.

Ich werde dich anzeigen, du mieses Schwein. »Wo bist du!«, rief sie. »Komm endlich her und zeig dich!«

Die letzten Worte kreischte sie wütend. Nichts geschah. Keine Schritte, die sich näherten. Keine Tür, die sich öffnete. Kein Licht. Diese Dunkelheit um sie herum und nicht zu wissen, wo sie war, brachte Madison fast um den Verstand. Das Einzige, das sie wahrnahm, war ihr eigener Herzschlag.

Quälende Minuten vergingen. Mit einem Mal hörte sie ein Geräusch auf dem Boden und erstarrte. Es war unmittelbar neben ihr. Ein Scharren oder Schleifen, vielleicht eine Ratte? O Gott, sie hatte so schreckliche Angst vor Ratten und konnte sich nicht einmal bewegen. Bei dem Gedanken daran fing sie an zu kichern. Das alles war so bizarr. Sie befand sich in einer ausweglosen Situation und machte sich Sorgen wegen einer Ratte. Wie lächerlich.

Plötzlich hörte sie, wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde. Gleich darauf flammte gleißendes weißes Deckenlicht auf. Es blendete. Der stechende Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen. Sofort kniff sie sie fest zu.

Dieser Dreckskerl hatte die ganze Zeit neben ihr auf einem Stuhl gesessen und gewartet.

Sekunden später hatte sie sich noch immer nicht daran gewöhnt, doch sie registrierte, dass sie auf einer Art Metalltisch lag. Nur blinzelnd konnte sie etwas erkennen.

»Was soll das, warum bin ich hier? Binde mich los!«

Er stand neben ihr, setzte das Nachtsichtgerät ab und starrte teilnahmslos auf sie hinab. Aus dem Augenwinkel konnte Madison ihn kaum ausmachen. Sie musste ihre Augen verrenken, um wenigstens etwas von ihm sehen zu können. Sie versuchte ihren Kopf zu drehen. Keine Chance, der Riemen lag fest wie ein Schraubstock um ihre Stirn.

»Antworte mir, verdammt!«

Keine Regung. So hatte Madison ihn noch nie erlebt. Er wurde ihr immer unheimlicher. Wollte er sich vielleicht an ihr rächen? Ein einziges Mal hatte sie sich mit anderen Mädels über ihn lustig gemacht. Dummerweise hatte er das mitbekommen. Aber das war doch noch lange kein Grund für das Ganze hier.

Gänsehaut überzog ihren Körper und unwillkürlich schlugen ihre Zähne aufeinander. Es gab nur eine Möglichkeit, sie musste weiterreden und ihn irgendwie dazu bringen, sie loszubinden. Ihre Angst durfte auf keinen Fall die Oberhand gewinnen.

»Vielleicht reden wir einfach in Ruhe miteinander und fangen noch mal von vorn an. Jetzt binde mich schon los!«

Das hatte gewirkt. Er ging zu ihren Füßen und entfernte die Riemen. Danach wandte er sich von ihr ab und ging.

Madison war irritiert. War das ein Spiel? Wollte er, dass sie den Rest selbst schaffte? Jetzt hatte sie zwar ihre Füße frei, konnte sich aber noch immer keinen Zentimeter bewegen.

»Hey, binde mir wenigstens die Hände los.«

Keine Antwort. War er noch hier? Sie hatte ihn nicht hinausgehen hören und war sich nicht sicher. Sie wollte nachsehen, aber dieser verflixte Riemen um ihre Stirn hinderte sie daran und zwang sie, weiter an die Decke zu starren.

Der Raum war hoch, die Wände weiß gekachelt und über ihr flackerte das grässliche Neonlicht. Was war das für ein Ort? Ein Waschhaus, ein Labor, ein Schlachthaus? Bei dem letzten Gedanken überzog sich ihr Körper erneut mit einer Gänsehaut. Bitte, lass das alles nur ein schlechter Traum sein.

Madison vernahm das Schlurfen seiner Schuhe auf dem Boden. Er war noch immer hier. Die Schritte kamen näher, dann tauchte er am Fußende des Tisches auf, auf dem sie lag. Nackt, hilflos und ihm völlig ausgeliefert. Würde er sie jetzt losbinden? Das musste er, wenn er sie vergewaltigen wollte, zumindest ihre Beine. Sie nahm sich vor, sein Spiel mitzuspielen, und wollte versuchen, ihn um den Finger zu wickeln, so lange, bis er sie endlich losband. Danach, dann gnade ihm Gott.

Er hielt zwei breite Manschetten in der Hand und starrte Madison an, beinah zärtlich. Tat ihm womöglich leid, was er ihr da antat? Nur ein kurzer Augenblick und seine Mimik versteinerte wieder. Nun legte er eine der beiden Manschetten um ihren rechten Oberschenkel, die andere um den linken. Beide zurrte er fest.

»Was tust du da? Das tut extrem weh, das ist zu straff.«

Er zog sie noch fester, bis Madison das Gefühl hatte, ihre Beine würden platzen. Anschließend rollte er einen metallenen Wagen zu sich heran. Von ihrer Position aus konnte sie nicht erkennen, was darauf lag. Er nahm einen Gegenstand in seine Hand und hob ihn hoch. Ungläubig sah sie, wie er eine Spritze aufzog.

Sie zitterte schlagartig, nur dieses Mal nicht vor Kälte, sondern aus Furcht. Entsetzt öffnete sie den Mund.

»Was hast du vor?«, keuchte sie. »Bitte, tu das nicht. Lass uns doch über alles reden.«

Sekunden darauf spürte sie einen Stich im linken Oberschenkel. Das Gleiche machte er mit dem rechten. Er injizierte ihr irgendetwas. Danach schaute er auf die Uhr und ließ sie allein.

Madison hörte, wie er die Treppe hinaufstieg. Die Tür fiel ins Schloss. Diesmal hatte er den Raum tatsächlich verlassen. Sofort versuchte sie sich zu befreien. Mit den Händen konnte sie keinen der Gurte erreichen, sie waren ihr dabei keine Hilfe. Mit leichten Hüftbewegungen versuchte sie im Wechsel die Beine lang zu machen und mit den Füßen zu strampeln. Mit etwas Glück würde der Riemen um ihre Oberschenkel ein Stück nach oben rutschen. Dann könnte sie immerhin ihre Beine bewegen und vielleicht irgendwie an ein Messer herankommen. Doch ihre Gliedmaßen wurden mit jeder Minute schwerer. Dann verlor sie die Kontrolle über ihre Beine. Sie wurden taub. Madison spürte sie nicht mehr. Was hatte er ihr da bloß gespritzt und vor allem warum?

Im nächsten Augenblick hörte sie die Tür. Das regelmäßige Klacken verriet ihr, dass er in diesem Moment die Treppe herunterkam.

O nein! Er kommt zurück!

Ihr Herz raste. Was sollte sie jetzt tun, ihn anbetteln?

»Bitte, binde mich los. Ich werde niemandem davon erzählen. Ich schwöre es dir.« Ihre Stimme bebte vor Angst. »Was habe ich dir getan? Du magst mich doch und ich mag dich auch«, versuchte sie es verzweifelt. »Sehr sogar. Bitte!«

Er sah Madison an und überlegte. Dann schüttelte er den Kopf und wandte sich hastig ab.

»Nein, nein, nein.«

Dabei kramte er auf dem Metallwagen und nuschelte unablässig einen Singsang vor sich hin. Es klang wie ein Kinderreim, aber Madison verstand davon kein Wort. Redete er mit ihr oder mit sich selbst?

»Bitte – was ist mit dir? Vielleicht kann ich dir helfen?«

Er drehte sich um und kam mit einer Rolle Klebeband auf sie zu.

»Ich spüre meine Beine nicht mehr. Was hast du mit mir gemacht?«

»Psst!« Er legte den Zeigefinger an seine Lippen.

Madison liefen Tränen aus den Augenwinkeln. Sie versuchte zu erfassen, was gerade mit ihr geschah. Sie schloss die Augen und öffnete sie wieder. Doch es war kein Traum, das hier war real und passierte tatsächlich ihr.

Stumm sah sie zu, wie er ein Stück von der Rolle abtrennte. Beinah behutsam legte er es auf ihren Mund und strich es mit sanftem Druck fest. Danach hörte sie, wie er Richtung Treppe ging.

An der Wand neben dem riesigen Waschtrog hingen eine Gummischürze und eine Schutzbrille, doch das lag nicht in ihrem Sichtbereich. Er nahm beides vom Haken, zog es über und kam mit einem Eimer in der Hand zurück zum Fußende des Tisches.

Ein kreischendes Gerät heulte auf. Madison zuckte zusammen. Der Ton jagte ihr einen Schauer über den Körper. Vor Angst kniff sie die Augen zu und stöhnte unter dem Klebeband. Sie konnte nicht sehen, was er tat. Im Moment bückte er sich und sie sah nur seinen Schopf. Selbst wenn er aufrecht stand, reichte ihr Blickwinkel gerade mal bis zu seiner Brust.

Nun hörte sie etwas dumpf poltern. Und noch einmal. Das Kreischen verstummte. Es plätscherte. Wasser? Was hatte er bloß vor. Sie musste ihn davon abbringen, bloß wie, wenn sie nicht einmal mehr sprechen konnte.

Sie öffnete die Augen. Ihr Blick wanderte zurück zu ihm. Soweit sie erkennen konnte, war seine Schürze mit roten Spritzern übersät. Hatte er sich verletzt? Er bückte sich erneut. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen blutverschmierten Fuß in der Hand.

Sie schrie wie von Sinnen unter dem Klebeband. Sie wollte das nicht sehen, konnte aber auch nicht wegschauen. Mit einem Mal wurde ihr klar, der Fuß, die lackierten Zehennägel, das war ihr Fuß. Ihr eigener Fuß!

Bilder flogen an ihrem inneren Auge vorbei. Die Spritze, ihre betäubten Beine, das kreischende Geräusch.

Er hat meine Füße abgesägt!

Hysterisch und völlig außer sich kreischte sie erstickt weiter, bis sie hyperventilierte. Ihre Ohren dröhnten und Sterne tanzten vor ihrem Sichtfeld. Schwarzer, dicker Nebel waberte in den Raum, bis er sie komplett verschlungen hatte. Sie wurde ohnmächtig.

Das Blut schoss inzwischen nicht mehr aus ihren Beinen, sondern tropfte nur noch. Den Eimer würde er so lange stehen lassen, bis es aufhörte. Er wollte nicht zu viel Sauerei auf dem Boden haben.

Madison rührte sich nicht mehr. Sie lag reglos da, wie eine wunderschöne Venus. Seine wunderschöne Venus. Er war fast fertig mit ihr. Gleich würde sie ihn mit glücklichen Augen anlächeln, und das für immer. Er war ganz euphorisch und sogar ein wenig erregt.

Aber nein. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Er nahm einen Stift und zog auf Madisons beiden Gesichtshälften eine dicke Linie vom Mundwinkel bis zu ihrem Ohr. Fasziniert betrachtete er sein Werk. Das ist ein bezauberndes Lächeln. Er konnte seinen Blick kaum abwenden. Dennoch griff er nach dem kleinen Skalpell, das neben der flachen Glasschale mit dem braunen Augenpaar lag.

Er atmete ein paarmal tief durch, danach war er völlig konzentriert. Seine Hände zitterten kein bisschen. Ohne Pause vollendete er geschickt den Akt seiner Schöpfung.

Montag

1

Jessica schaute zerknirscht auf den Wecker.

»Kurz nach fünf Uhr, das darf doch nicht wahr sein«, stöhnte sie und rüttelte Aidan an der Schulter. »Los, wach auf, ist dein Handy, das da nervt. Und frag Ethan, ob er mit Gracie nicht ausgelastet ist. Normale Menschen schlafen um diese Zeit.« Sie zog Aidan das Kissen unter dem Kopf weg und presste es auf ihre Ohren.

»Verdammt! Was?«, fluchte er. »Ich geh ja schon.«

Er setzte sich auf und rieb mit der Hand über seine Augen. Dann griff er zum Telefon.

»Hey, Ethan. Jess lässt fragen, ob du mit Gracie nicht ausgelastet bist. Sie sagt, normale Menschen schlafen um diese Zeit und ehrlich gesagt muss ich ihr recht geben.«

»Normale klopfen auch keine Sprüche zu dieser Stunde. Aber sag ihr, Praxistipps schlage ich nicht aus.«

»Also doch nicht ausgelastet. Ich muss wohl mal ein Wörtchen mit meiner Schwester reden. So, nun sag schon, was gibt’s?«

»Auf dem Sportplatz der Schule an der Union Street liegen Füße.«

»Füße auf dem Sportplatz. Was denn für Füße?«

»Na solche Dinger, die in Schuhen stecken, nur ohne Schuhe. Der Rest fehlt.«

»Heilige Scheiße. Gut, ich mach mich auf den Weg. Bin in zehn Minuten da.«

Aidan beendete das Gespräch, sprang aus dem Bett und stürmte ins Bad. Kurz darauf setzte er sich frisch geduscht und bereit zum Gehen zu Jessica. Vorsichtig zog er das Kissen von ihrem Ohr.

»Jess, ich muss dann mal. Ich rufe dich nachher an.«

»Was ist passiert?«

»Kann ich dir nicht sagen. Das weißt du doch. Falls die Presse vor Ort ist, erfährst du es noch früh genug.«

Er gab ihr einen flüchtigen Kuss und verschwand.

Aidan zog die Schlafzimmertür hinter sich zu und lief die Treppe nach unten. Sofort sprang der Rottweiler von seinem Schlafplatz hoch und raste auf ihn zu.

»Hey, Lou, mein Alter. Komm her.« Kurz kraulte er seinen Hund. »Hab leider keine Zeit für dich. Jess gibt dir nachher dein Frühstück und pass mir gut auf sie auf. Ich muss los, bist ein braver Hund.«

Dann warf er die Eingangstür hinter sich ins Schloss und sprang in seinen Mustang. Er fuhr zur Union Street. Was ihn hier erwartete, war ihm von vornherein klar. Blaulichter, jede Menge Beamte, die Aasgeier von der Presse und natürlich Schaulustige. Er parkte direkt hinter Ethans Wagen, lief dann auf die Absperrung zu, zog seinen Dienstausweis aus der Hosentasche und hielt ihn dem Jungchen von der Aufsicht unter die Nase.

»Erster Tag?«

Der junge Mann nickte und nahm den Ausweis entgegen. Seine Hand zitterte. Er war nervös und hatte Angst, einen Fehler zu machen.

»Keine Sorge, das wird schon«, sagte Aidan. »Wir haben alle mal angefangen. Und glauben Sie mir, keiner hier ist unfehlbar. Das Wichtigste, niemand Unbefugtes durchlassen, vor allem nicht die Leute von der Presse. Die sind mit allen Wassern gewaschen. Und geben Sie keine Informationen raus.«

Wieder nickte der junge Mann. Aidan klopfte ihm auf die Schulter, tauchte dann unter dem Absperrband hindurch und lief entlang der Spurengasse bis hin zu Ethan.

»Morgen, die Herren.«

Dr. Harris, der neben Ethan stand, brummte zur Begrüßung, was bei ihm als reine Höflichkeit galt. Offensichtlich steckte er tief in seinen Gedanken, und dabei wollte er grundsätzlich nicht gestört werden.

»Wie ich sehe, hattest du es nicht gerade sehr eilig, hier aufzutauchen«, begrüßte ihn Ethan.

Ethan Jones war sein Freund und jahrelanger Partner. Und wie immer sah er selbst um diese Uhrzeit wie aus dem Ei gepellt aus. Vom Typ her passte er eher auf das Cover der Vogue als in den Polizeidienst. Sein blondes Haar lag perfekt, ausgewaschene Jeans, weißes Hemd, braun gebrannt. Nicht zu fassen.

»Leiche ohne Füße, Füße ohne Leiche. Ich dachte nicht, dass die einfach so davonlaufen. Apropos Füße, habt ihr den Rest dazu schon gefunden?«

»Bisher keine Spur. Die Hundestaffel sucht noch. Wird wohl darauf hinauslaufen, dass wir den Körper dazu weder hier noch heute finden werden.«

»Na, das fängt ja gut an. Irgendwas anderes, Fahrzeugspuren, Schuhabdrücke? Was sagen uns die Füße?«

»Negativ, keinerlei verwertbare Spuren. Die Füße sind blitzeblank gesäubert worden. Sie gehören zu einer Frau, muss so zwischen fünfundzwanzig und vielleicht fünfunddreißig Jahre alt gewesen sein. Alles Weitere musst du Dr. Harris fragen.«

»Wer hat die Füße gefunden?«

»Der Hausmeister. Mit der Befragung habe ich auf dich gewartet.«

»Gut. Dixon, kommen Sie doch mal«, rief Aidan dem Officer zu, der nur wenige Meter entfernt stand.

»Inspector Carter, was kann ich für Sie tun?«

»Gehen Sie mal rüber zu den Gaffern, notieren sich deren Personalien, ob sie etwas gesehen haben, was sie hier tun und wo sie in der Zeit von … ähm, Moment mal. Dr. Harris?«

Der Doktor wurde aus seinen Gedanken gerissen und blickte mürrisch auf.

»Inspector Aidan Carter, wer auch sonst.«

»Dr. Harris, was sagen Sie, wie lange liegen diese Füße schon hier und wie definieren Sie den Todeszeitpunkt?«

»Ihr Ernst jetzt, Carter? Sehe ich aus wie ein wandelndes Labor und dass ich Analysen in meinem Kopf durchlaufen lassen könnte? Was ich dazu sagen kann, der Fundort ist definitiv nicht der Tatort. Die Gliedmaßen liegen seit wenigen Stunden hier, der Rasen darunter ist noch sehr frisch. Den Todeszeitpunkt kann ich ohne Labor nicht bestimmen, aber ganz sicher ist die Frau länger als sechsunddreißig Stunden tot. Und falls Sie mich noch nach der Todesursache fragen wollen, ich würde sagen, die Füße haben ganz klar den Kopf verloren.« Er kicherte über seinen Scherz und wandte sich zum Gehen. »Ich sollte dann mal, auf mich warten noch andere Patienten.«

»Dr. Harris, wann …«

»Was ich sagte, ist alles reine Spekulation. Tatsachen wie immer erst nach der Obduktion.«

»Wann?«, rief ihm Aidan hinterher.

Wie gewöhnlich winkte Dr. Harris im Gehen und drehte sich dabei nicht einmal um.

»Meine Güte, liegt das an den gefühlskalten Typen, mit denen er den ganzen Tag abhängt?«

»Was regst du dich auf«, sagte Ethan, »müsstest ihn nach all den Jahren doch langsam mal kennen.«

»Hm, ist wohl so.« Er wandte sich wieder dem Officer zu. »Also, Dixon, fragen Sie jeden Einzelnen, wo und wie er den gestrigen Tag und die Nacht verbracht hat. Und nehmen Sie sich den Jungen da vorn zur Seite, vielleicht kann er dabei was lernen.«

»Alles klar, Inspector.«

»Noch was, haben Sie ein Handy bei sich?«

»Klar.« Er zog es aus seiner Hosentasche und hielt es Aidan entgegen.

»Gut. Filmen Sie mal möglichst unauffällig alle Gaffer. Zoomen Sie ran, so gut es geht, ich brauche die Gesichter. Vielleicht ist der Täter einer von ihnen.«

»Okay, Inspector, mache ich.«

»Der Hausmeister, Ethan, wo ist der?«

»Da drüben im Wagen.« Er zeigte auf eines der Dienstfahrzeuge.

»Na, dann mal los.«

Sie liefen die Spurengasse zurück, tauchten unter der Absperrung durch und gingen auf die geparkten Fahrzeuge zu. Der Officer, der davor stand und radikal jegliche Versuche der Presse abwehrte, um an den Hausmeister heranzukommen, nickte ihnen zu und schob die Seitentür des Wagens auf.

Der Hausmeister saß in eine Decke gehüllt auf der Sitzbank. In der Hand hielt er einen Becher mit heißem Tee. Um diese Uhrzeit brannte die Sonne längst nicht so stark wie die Mittagsglut, aber dreiundzwanzig Grad waren es locker. Hier drinnen war es sogar noch wärmer, regelrecht stickig. Dennoch fror der alte Mann. Seine Hand, mit der er den Becher fest umklammerte, zitterte stark, doch das lag nicht an den Temperaturen. Ihm machte der grauenhafte Fund noch immer zu schaffen.

Noch nie in seinem Leben hatte er Derartiges gesehen. Zuerst hielt er die abgetrennten Füße für einen Scherzartikel. Die Rasselbande spielte ihm gern mal einen Streich und darauf hatte er nicht schon wieder hereinfallen wollen. Lächelnd hatte er diese Dinger in die Hand genommen. Sie sahen verdammt echt aus. Nur die Oberfläche fühlte sich komisch an, ein wenig wie Hefeteig. Und dann die Unterseite, ein leicht bläulicher Rand verlief dort, ganz unregelmäßig. Dazu der Geruch so stark nach Chlor, aber auch irgendwie süßlich … wie Fleisch. O mein Gott, hatte er in diesem Moment gedacht, das ist gar kein Scherzartikel, das ist Fleisch! Der Schreck in seinem Bauch war ihm die Kehle hinaufgejagt. Kurz hatte er laut aufgeschrien und die Dinger angewidert zurück auf den Rasen geworfen.

Diese Bilder geisterten noch ganz deutlich vor seinem inneren Auge umher und so schnell würde er sie auch sicher nicht mehr loswerden.

Aidan und Ethan stiegen zu ihm in den Wagen und setzten sich.

»Inspector Carter«, stellte sich Aidan vor, »und das ist mein Partner Lieutenant Jones.« Er zeigte dem alten Mann seine Marke und sprach dann weiter. »Dürften wir Ihnen ein paar Fragen stellen?«

»Ja, natürlich. Fragen Sie ruhig. Ich befürchte nur, ich kann Ihnen dabei nicht groß weiterhelfen.«

»Sind nur ein paar Routinefragen«, sagte Aidan. »Nennen Sie uns doch als Erstes mal bitte Ihren Namen und die Anschrift.«

»Ähm, ja, King, Joseph. Case Ave vierzehn. Hier, sehen Sie.«

Ethan nahm den Ausweis entgegen und notierte sich die Daten.

»Sie sind Hausmeister an dieser Schule?«, fragte Aidan weiter.

»Ja, von dem ganzen Komplex, von allen drei Schulen.«

»Wann und wie genau war das heute Morgen, als Sie die Leichenteile fanden?«

»Also ich kam wie jeden Morgen um halb fünf hierher.«

»Das ist aber zeitig«, bemerkte Ethan.

»Ja, das ist es, aber so kann ich in aller Ruhe meinen Kontrollgang machen, kleinere Reparaturen und mich anschließend um das Außengelände kümmern. Kurz vor acht kommen die Schüler, da ist es vorbei mit der Ruhe.«

»Da waren Sie fünf Uhr schon am Sportplatz?«, fragte Aidan.

»Ähm, ja. Ich habe als Erstes meine Runde durch die Grundschule gemacht und bin dann gleich nach draußen. Keine Ahnung warum, das mache ich sonst nie. Immer erst strikt die Gebäude und dann das Außengelände. Ich weiß nicht, vielleicht war’s ’ne Vorahnung, damit keines der Kinder vor mir dort ist.«

»Das ist gut. Als sie draußen waren, was genau taten Sie? Beschreiben Sie möglichst jeden einzelnen Schritt, alles kann wichtig sein«, sagte Ethan und notierte sich haarklein jedes Detail.

»Ich habe zuerst den Müll vom Rasen gesammelt. Vor den Eingängen der Gebäude habe ich begonnen«, er zeigte nacheinander in Richtung der drei Schulen, »dann die Wege entlang zum Sportplatz und dann um den Platz drumherum. Dabei habe ich sie gefunden. Zunächst dachte ich, die Schüler wollen mir mal wieder einen Streich spielen. Ich habe die … beide in die Hand genommen. Sie fühlten sich seltsam an und der komische Geruch und dann wusste ich auf einmal … ich bin erschrocken und habe sie auf den Rasen fallen lassen. Da lagen sie auch vorher schon.«

Ethan blickte von seinem Notizblock auf. »Da brauchen wir im Anschluss noch Ihre Fingerabdrücke.«

King sah ihn entsetzt an und zitterte jetzt noch heftiger.

»Keine Sorge«, sagte Ethan rasch, »das dient nur dazu, um Ihre Spuren mit den anderen abzugleichen und Sie als Täter somit auszuschließen.«

Aidan warf Ethan einen erstaunten Blick zu, der besagte: Ist das so, hast du Beweise, dass King unschuldig ist?

Ethan schenkte ihm keine Beachtung, sondern forderte den alten Mann auf, weiterzuerzählen.

»Ich bin ins Schulgebäude gerannt zur Toilette und habe mir die Hände geschrubbt. Dabei fiel mir ein, ich sollte die Polizei anrufen. Das habe ich dann auch sofort getan. Ich war völlig durcheinander.«

»Das kann ich gut nachfühlen«, sagte Ethan. »Ist Ihnen jemand aufgefallen, stand jemand in der Nähe der Schule, vielleicht ein Fahrzeug, irgendwas.«

»Nein. Nein, nichts, niemand. Oder doch. Ich habe niemanden gesehen, was mir aber ungewöhnlich vorkam, der Sportplatz war frisch geglättet. Ich gehe morgens immer mit dem Metallbesen drüber, aber das hatte bereits jemand getan.

»Wo ist der Besen?«

»Der ist noch im Werkstattraum. Ich hab ihn heute noch nicht hervorgeholt, da ich zuerst den Müll eingesammelt habe.«

»Dann gehen wir jetzt gemeinsam zu dem Raum und Sie zeigen uns den Besen. In Ordnung?«

2

Seit Aidan das Haus verlassen hatte, war für Jessica an Schlaf nicht mehr zu denken. Ihr Blick wanderte auf den Wecker. Na prima. Jetzt war es gerade mal halb sechs und sie putzmunter. Noch dazu hatte ihr Aidan nicht einmal verraten wollen, was los war. Dabei konnte sie schweigen wie ein Grab, natürlich nur, wenn es sein musste. Er wusste doch, wie neugierig sie war. Das lag aber allein daran, dass sie immer auf der Suche nach neuen Ideen für ihre Romane war, so wie momentan auch.

Ihr letztes Buch drehte sich um den Toxin-Killer. Einen Killer, zu dem sie nichts ahnend engen Kontakt gehabt hatte. Jessica hatte diese Geschichte damals miterlebt und glücklicherweise überlebt. Diesen Roman zu schreiben, war ihre Art, dieses Grauen zu verarbeiten.

Kürzlich meldete sich ihre Agentin. Es wurde also höchste Zeit für eine neue Geschichte. Seit Tagen grübelte sie nun schon, worüber sie schreiben sollte. Doch das hatte heute ein Ende, und zwar genau jetzt. Denn Jessica kam soeben eine Blitzidee. Aidan wurde zu so früher Stunde ganz sicher nicht aus dem Bett geholt, wenn die Sache nicht heikel wäre. Das bedeutete, er hatte einen neuen Fall und Jessica somit eine neue Geschichte. Natürlich durfte Aidan davon keinen Wind bekommen. Er würde ihr die Hölle heiß machen. Sie musste nur geschickt vorgehen, von Weitem beobachten und ihre eigenen Recherchen anstellen. Ja, genauso würde sie es machen.

Euphorisch sprang sie aus dem Bett und rannte ins Bad. Duschen, anziehen, Zähne putzen, fertig. Nebenher schnappte sie ihr Handy und tippte eine Nachricht an Aidans Schwester:

Hi Gracie, könntest du bitte vorbeikommen und eine Runde mit Lou gehen und ihm vielleicht noch etwas zu fressen in seinen Futternapf füllen? Ich bin an einer neuen Geschichte dran und muss dringend recherchieren. Hab tausend Dank.

Jess.

Kaffee? Nein, so viel Zeit hatte sie heute nicht. Aidan war bereits am Tatort, sie nahm jedenfalls an, dass es einer war, und wollte schnellstens zur Stelle sein. Denn wenn sie sich nicht sputete, war vielleicht alles vorbei, ehe sie überhaupt ein Detail von dem Ganzen mitbekam. Stift, Papier, Kamera, Diktiergerät. Okay, sie hatte alles, was sie brauchte, stopfte es in ihre Tasche und lief zum Auto.

Wohin sie musste, wusste sie selbst nicht genau. Aidan hatte am Telefon nur etwas von einem Sportplatz und Füßen erwähnt. Füße, was auch immer das zu bedeuten hatte. Aber es konnte nicht sehr weit sein, wenn er in zehn Minuten dort sein wollte und noch Zeit für eine Dusche hatte. In der Nähe waren das Atkins und das Dwight Reed Stadion. Vielleicht hatte sie damit Glück. Hoffentlich meinte er nicht wirklich nur einen Sportplatz, davon gab es Dutzende. Dann wäre ihre Aktion nichts weiter als ein Schuss in den Ofen.

Sie fuhr los. Nach einer knappen Meile sah sie schon von Weitem das Atkins Stadion und Blaulichter. Doch die waren nicht am Stadion, sondern direkt davor auf dem Schulgelände. Um genau zu sein, auf dem Sportplatz der Schule. Dummerweise war alles weiträumig abgesperrt, aber das hatte sie sich schon gedacht. Irgendeiner von den vielen Gaffern würde sicherlich etwas mitbekommen haben. Sie musste sich nur umhören.

Die letzten paar Meter bis zum Getümmel ging Jessica zu Fuß. Sie wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Nicht, dass Aidan oder Ethan durch Zufall noch ihren Wagen entdeckten.

Der Presse und den Gaffern nach handelte es sich ganz sicher nicht nur um eine Schulhofschlägerei. Denn das würde keine Sau interessieren. Nein, hier musste etwas nicht Alltägliches passiert sein.

Jessica ging direkt auf die Frau mit dem Mikro in der Hand zu.

»Hey. Was ist hier passiert?«

»Das kann ich Ihnen sagen. Besorgen Sie sich die Abendausgabe der Jefferson Tribune. Da können Sie alles genau nachlesen.«

Blöde Kuh. Du kannst mich mal. Jessica ging weiter und geriet gleich an den Richtigen.

»Hey. Können Sie mir vielleicht sagen, was hier los ist?«

»Die haben einzelne Gliedmaßen gefunden. Wie ich mitbekommen habe, handelt es sich wohl um ein paar abgetrennte Füße. Keine Ahnung, ob das stimmt. Jetzt suchen sie nach dem Rest vom Körper. Aber wenn Sie mich fragen, haben die noch nichts gefunden, sonst wären die nicht mehr mit den Hunden in dieser Gegend unterwegs.«

»Abgetrennte Füße«, sagte Jessica ungläubig. »O mein Gott.«

»Sie sagen es. So was macht kein normaler Mensch. Das war ein Psychopath, so viel ist sicher. Ein ganz kranker Irrer.«

Sie trat einen Schritt zurück und sprach ein paar Worte in ihr Diktiergerät. Mit dem Handy zoomte sie zum Tatort und machte Aufnahmen, obwohl nichts weiter zu erkennen war, als die Ermittler in ihren weißen Overalls. Sie schaltete um auf Video und filmte kurz die Umgebung mit all ihren Gaffern. Für ihre Recherchen konnte das nicht schaden, besser zu viel als zu wenig.

Gerade wollte sie sich wieder nach vorn drängen, die beste Sicht hatte sie definitiv direkt am Absperrband. Eigentlich war sie kein Gaffer. Im Gegenteil, sie verabscheute derartige Sensationslüsternheit. Doch was sollte sie tun. Ihr selbst fehlte momentan die Idee zu einer neuen Geschichte und ihre Agentin begann allmählich zu nerven. Hier, hinter dieser Absperrung lag ihre Chance und das Leid des Opfers und dessen Angehörige wurden zu ihrer Geschichte.

Jessica quetschte sich zwischen die Leute und schob sich Stück für Stück vorwärts. Ein Officer näherte sich. Stopp. Das war doch Officer Dixon. Sie kannte ihn, er hatte vor fast einer Ewigkeit mal Aidans Haus bewacht, um sie vor dem Toxin-Killer zu beschützen. Hatte er sie erkannt und kam jetzt deshalb in ihre Richtung? Bloß nicht, dann würde Aidan erfahren, dass sie hier wäre. Schnell zog sie sich zurück, bückte sich und schnürte zur Tarnung ihren Schuh. Zu allem Übel nahm Dixon von jedem der Umstehenden die Personalien auf. So ein Mist. Und was nun? Sie schlich bis zur Hecke an dem Schulgebäude und hockte sich dahinter. Gesehen hatten sie Dixon und der junge Spund, der bei ihm war, sicherlich nicht. Dafür waren es zu viele Gaffer und die beiden zu sehr beschäftigt. Doch auf weitere Informationen musste sie nun verzichten.

Nach einer Stunde waren die meisten der Schaulustigen verschwunden. Keine Leiche oder weitere Teile, kein frisches Blut. Die Szene hatte eindeutig an Spannung verloren. Übrig blieben einzelne Beobachter von der Presse, ein paar restliche, unschlüssige Interessenten und Jessica, die noch immer hinter der Hecke hockte. Viel würde hier vermutlich nicht mehr passieren.

Sie sah, wie Aidan und Ethan den Platz verließen. Das hieß, auch sie konnte jetzt verschwinden. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich heute Abend nun doch die Jefferson Tribune zu besorgen. Von Aidan würde sie sowieso nichts erfahren. Das hatte er ihr heute Morgen noch einmal deutlich gemacht. Vielleicht standen in der Zeitung weitere wichtige Informationen. Denn ohne den Namen der Leiche konnte sie mit ihren Recherchen nicht beginnen.

Dienstag

3

Aidan bog mit seinem 68er Mustang, den er hegte und pflegte und ihm tausendmal mehr wert war als all die neumodischen Plastikkarren, die eh alle gleich aussahen, in die Monroe Street ab zum Police Department. Acht Uhr begann die alltägliche Lagebesprechung in Deputy Chief Warren Schroeders Büro. Es war eine Minute vor, also hatte er noch lange sechzig Sekunden Zeit. So pünktlich war er selten.

Sergeant Karen Sanders kam ihm eilig und schnaufend mit einem Pott Kaffee in der Hand entgegen, als er gemächlich durch die Tür trat.

Karen war die gute Seele des Reviers. Aidan mochte sie, doch er machte sich auch Sorgen. Die kleinste Bewegung, ihre Pausbacken begannen zu leuchten und sie kam ins Schwitzen. Wenn sie nicht bald etwas dagegen unternahm, konnte sie in ein paar Jahren mit ihrer Pension das eigene Grab bezahlen.

»Da bist du ja, mein Lieber. Hab dich eben vorfahren sehen und schnell einen Kaffee für dich zurechtgemacht. Du solltest dich beeilen, der Depchi«, so nannte Karen den Deputy Chief, »er knurrt schon wieder und lechzt danach, dir das Fell über die Ohren zu ziehen. Na ja, aber du kommst ja eh lieber zu spät als zu früh. Zeit verschwenden war noch nie dein Ding.«

»Was denn, was denn? Ich habe noch genau vierzig Sekunden bis acht. Immer schön sachte mit den jungen Gäulen.«

»Na, da hast du ja genügend Zeit, dir selbst einen Kaffee zu holen.«

»Ey, nicht doch. So gut wie du ihn machst, würde ich ihn nie hinbekommen.«

Karen grinste. »Da hast du ausnahmsweise recht. Hier und jetzt scher dich. Außer dir sind alle schon da.«

Aidan nahm die Tasse entgegen und ging damit zur Besprechung.

»Mr. Carter«, begann Schroeder, »was für ein Glück, dass Sie uns doch noch beehren.«

»Ja und dazu bin ich sogar pünktlich, es ist genau drei, zwei, eins, exakt acht Uhr. Auf die Sekunde.«

Aidan schlenderte durch den Raum und setzte sich. Schroeder schnaufte. Ob aus Verärgerung oder seiner Natur geschuldet oder gar beidem konnte Aidan beim besten Willen nicht erkennen, aber vermutlich lag es an ihm. Die zwei standen sich noch nie direkt nahe und Aidan tat sein Bestes, damit das auch so blieb. Dennoch war Schroeder gar kein so übler Chef. Das musste selbst er zugeben.

Schroeder stützte seine Unterarme auf die Tischplatte und beugte sich mit seinem massigen Körper nach vorn. Einmal mehr fiel Aidan seine gravierende Ähnlichkeit mit einer Bulldogge auf.

»So, meine Herren, wie an mich herangetragen wurde, gab es gestern einen Leichenfund. Ich will Genaueres darüber wissen.«

»Wofür schlage ich mir eigentlich die Nacht um die Ohren und fertige einen Bericht an?«, brummte Aidan.

»Tja, Carter«, sagte Schroeder und grinste dabei süffisant, »vielleicht, damit Sie Ihre Freizeit sinnvoll nutzen und ausnahmsweise mal keine Dummheiten anrichten.«

»Oh, das ist aber nett gesagt und wie großzügig. Dann ist es sicherlich auch neu für Sie, dass der Name des Täters schon bekanntgegeben wurde, und zwar in der gestrigen Abendausgabe der Jefferson Tribune. Es handelt sich um den Metzger von Jefferson City. Steht übrigens alles im Bericht.« Aidan lehnte sich selbstgefällig auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

Schroeder funkelte ihn an und schnappte nach Luft. »Der Metzger von Jefferson City. Verdammte Aasgeier. Warum sagen Sie das erst jetzt, Herrgott noch mal!«

»Weil es im Bericht steht. Aber selbstverständlich hätte ich Ihnen das vorgelesen, wenn ich auch nur geahnt hätte, dass Sie es nicht so …«

»Um auf den Leichenfund zurückzukommen«, schaltete sich Ethan energisch dazwischen, sodass Aidan prompt verstummte. Er wollte dem aufkeimendem Zwist ein Ende setzen. »Ich war einer der Ersten vor Ort. Auf dem Sportplatz der Schule an der Union Street wurden von dem dortigen Hausmeister abgetrennte Gliedmaßen gefunden. Um genau zu sein ein Paar Füße. Sie gehören zu einer Frau zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig Jahren. Vom restlichen Körper keine Spur. Niemand, der etwas gesehen hat. Und auch sonst gibt es keinerlei Anhaltspunkte, die auf den Täter hinweisen.«

»Dixon hat mir gestern Abend noch die Daten zu den Schaulustigen geschickt«, hakte Taylor an dieser Stelle ein, »ebenso das Handyvideo. Da mache ich mich heute drüber her.«

»Wenn dieser Typ so ein Freak ist, der sich an seiner Tat aufgeilt, könnte er durchaus unter den Gaffern gewesen sein«, sagte Aidan. »Allerdings glaube ich nicht, dass er bereitwillig seine Daten offenlegt. Falls er da war, ist er aller Wahrscheinlichkeit nach abgedampft, als sich Dixon näherte. Er ist höchstens auf dem Video drauf, wenn wir großes Schwein haben.«

Miles rieb sich die Nase. »Nur dass uns das ohne seine Personalien nicht viel nutzt«, sagte er dazu und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück.

»Das stimmt wohl.« Aidan beugte sich über den Tisch und blickte fragend zu Taylor. »Oder siehst du das anders, Chung?«

»Nur wenn derjenige registriert ist, dann haben wir eine kleine Chance über die Gesichtserkennung. Bei einem Treffer können wir dann eventuelle Spuren mit etwas Glück seiner DNA zuordnen.«

»In jedem Fall ist dieser Typ ein Psychopath«, sagte Miles.

»Gut möglich. Dennoch denke ich, das Ganze war irgendwas Persönliches.« Ethan setzte jetzt seinen Gedanken von eben fort. »Er hat die Füße sehr gründlich gereinigt, mit Chlor. Und laut dem Hausmeister standen sie ganz ordentlich nebeneinander auf dem Rasen. Leider haben wir davon keine Aufnahme, sondern nur seine Aussage, denn er hat sie in die Hand genommen und anschließend auf den Rasen geworfen.«

»Was?«, rief Miles. »Wie krank ist das denn, wer fasst denn bitteschön freiwillig Leichenteile an, außer Dr. Harris natürlich.«

»Er dachte erst, das sei ein dummer Scherz der Schüler, bis er erkannte, dass dem nicht so war.«

»Vielleicht wollte der Täter auch nur gründlich seine Spuren beseitigen, dann ist es nichts Persönliches«, sagte Adams.

»Oder der Typ hat ’nen Putzfimmel«, fügte Aidan hinzu. »Außerdem hat sich der Hausmeister gewundert, dass jemand den Splitt auf dem Platz glatt gefegt hat. Er selbst war’s nicht.«

»Möglicherweise auch alles zusammen. Ein Irrer mit Putzfimmel, der seiner Freundin die Füße absägt, damit sie nicht mit ’nem anderen durchbrennen kann. Gleichzeitig beseitigt er mit seinem Reinlichkeitswahn die Spuren, schließlich will er unerkannt bleiben.«

»Ja, Miles, wie auch immer. Wir dürfen nichts außer Acht lassen und müssen in alle Richtungen ermitteln«, sagte der Chief. »Hat Dr. Harris schon etwas dazu verlauten lassen?«

Taylor meldete sich zu Wort. Er war Spezialist in Sachen Daten und in allem, was Tasten hatte, blinkte oder auch nur im Entferntesten mit Elektronik zu tun hatte. Er war eine absolute Koryphäe auf seinem Gebiet. Ebenso einzigartig war seine Erscheinung. Ein kleiner, schmaler Asiate mit schwarz gerahmter Brille und schwarzen Haaren, die hart vom Gel wie Igelstacheln mit Spitzen in Rot, Blond, Grün und Blau von seinem Kopf abstanden. Ein Exot durch und durch.

»Ich habe gestern kurz mit Dr. Harris gesprochen, weil ich die DNA der Toten brauchte. Er erwähnte, dass er die Gliedmaßen noch heute untersuchen will. Bezüglich der DNA habe ich unser System von vorn bis hinten durchforstet. Das Ergebnis: Nichts. Unsere Tote hat eine blütenreine Weste. Nicht mal einen Strafzettel habe ich gefunden. Ich werde mich nachher mal durch die Vermisstenanzeigen wühlen, vielleicht finde ich was.«

Das Telefon auf Schroeders Schreibtisch klingelte.

»Ja, Taylor, machen Sie das«, sagte er, bevor er zerknirscht zum Hörer griff. »Was gibt es, Sergeant!«, bellte er Karen am anderen Ende der Leitung an. »Sie wissen doch, ich will bei der Besprechung nur im äußersten Notfall gestört werden. Also, um was für einen Notfall handelt es sich?«

Schroeder hörte zu, nickte und legte dann wortlos auf. Für einen langen Augenblick starrte er auf das Telefon, das ihm diese verdammte Nachricht beschert hatte. Im Raum war es inzwischen totenstill geworden. Jeder wartete auf die schlechte Nachricht, die unweigerlich gleich folgen würde.

Aidan räusperte sich. »Chief?«

Schroeder riss seinen Blick vom Telefon los. »So, meine Herren«, begann er und klang dabei fast schon erschöpft, »der fehlende Teil zu dem Fußpaar wurde gefunden.«

»Wann und wo?«, platzte Aidan heraus.

»Vor ’ner halben Stunde etwa. Wieder in der Nähe der Schule, diesmal im angrenzenden Waldpark. Unsere Leute von der Spurensicherung sind bereits vor Ort.«

»Und warum erfahren wir das als Letzte?«

»Fragen Sie mich was Leichteres.«

»Er kann die Leiche erst abgelegt haben, nachdem wir dort abgerückt sind«, hakte Ethan ein. »Unsere Hunde haben das ganze Gelände durchkämmt, gestern war dort definitiv keine Leiche.«

Miles beugte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf seine Knie. »Sieht nicht gut aus, so wie er uns die Teile häppchenweise serviert. Das wird wohl kein Einzelfall bleiben.«

»Miles, malen Sie nicht den Teufel an die Wand«, knurrte Schroeder. »Aber dummerweise hatte ich genau den gleichen Gedanken. Die Idioten von der Presse widmen ihm die Titelseite und drücken ihm auch noch einen Stempel auf. Vielleicht fühlt sich dieser Metzger davon sogar geschmeichelt und sieht sich gezwungen weiterzumachen oder es taucht ein Trittbrettfahrer auf. Die haben keine Ahnung, was sie mit ihrem Irrsinn lostreten könnten. Ich hoffe bei Gott, dass dies ein Einzelfall bleibt.« Er zog ein Tuch aus seiner Hosentasche und tupfte sich die Stirn. »Miles und Adams, Sie fahren rüber in die Rechtsmedizin. Sehen Sie zu, dass Ihnen Dr. Harris Ergebnisse liefert. Lassen Sie sich auf keinen Fall abwimmeln. Ich will morgen wissen, zu wem diese Füße gehören, wie die Frau heißt und wann sie getötet wurde. Wir brauchen schnellstens einen Anhaltspunkt, an dem wir loslegen können.«

»Den Namen kann vermutlich nur Taylor herausfinden. Und wie er sagte, ist die DNA nicht im System. Mit etwas Glück verrät uns Dr. Harris den Todeszeitpunkt.«

»Es ist mir scheißegal, Miles, wer was wie herausfindet. Morgen will ich die Fakten auf dem Tisch haben.«

»Wir tun unser Bestes«, antwortete Miles.

»Das will ich hoffen. Carter, Sie fahren mit Jones zum Tatort. Und sehen Sie zu, dass die Presse nicht wieder Wind davon bekommt.«

»Ich befürchte, das zählt unter Wunschdenken. Das dürfte bereits zu spät sein. Aber ich sehe zu, was ich machen kann.«

»Dann ab in die Spur, meine Herren. Morgen früh will ich Ergebnisse auf meinem Tisch.«

4

Aidan setzte sich zu Ethan in den Dienstwagen. Seinen Mustang würde er später holen. Er musste sowieso noch mal hierher, um seinen Bericht zu schreiben, den der Chief wahrscheinlich wieder nicht lesen würde. Doch das war unerheblich, für die Akten musste er ihn trotzdem anfertigen, so sah es die Bürokratie vor.

»Was meinst du, Ethan, es ist doch seltsam. Erst die Gliedmaßen auf dem Schulhof und nun der Rest des Körpers wieder nahe der Schule.«

»Ja, ich habe dabei auch ein komisches Gefühl. Dennoch hoffe ich, dass es auf ein Verbrechen aus Leidenschaft hinausläuft und der Typ vielleicht nur etwas cholerisch oder irre ist. Wobei, irre besser nicht, nachdem was die Presse geschrieben hat. Am Ende fühlt er sich doch noch zu weiteren Taten berufen.«

»Ich bin sicher, dieses Mal finden wir etwas«, sagte Aidan. »Der Typ wird ja wohl kaum durch die Luft geschwebt sein und dann das Opfer abgelegt haben, ohne auch nur eine Spur zu hinterlassen. Und Superman wird’s vermutlich nicht sein.«

»Ich hoffe, dass du damit recht hast und uns der Regen keinen Strich durch die Rechnung macht.«

Seit gestern Abend nieselte es nun schon beinah ununterbrochen. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, um Spuren zu ermitteln.

Ethan parkte den Wagen hinter den anderen Dienstfahrzeugen. Sie stiegen aus und gingen auf das Waldgrundstück zu, das sich direkt an das Schulgelände anschloss. Von den Ermittlern war von Weitem nichts zu sehen. Etliche Regenschirme verdeckten die Sicht. Außenstehende fragten sich, was dieser Andrang zu bedeuten hatte, und stellten sich neugierig dazu. Nur an den wenigen Zwischenräumen leuchtete das Absperrband gelb hervor. Es zog sich um den gesamten Park. Am Rande standen mehrere Polizeifahrzeuge und ließen keinen Zweifel daran, hier musste etwas passiert sein. Wie zu erwarten zogen auch die Aasgeier von der Presse ihre Kreise und lauerten nur darauf, einen Happen zu ergattern.

»Inspector Carter,« rief eine weibliche Stimme.

Aidan sah einen übergroßen Regenschirm, Spitzen blonder Locken und eine Hand mit einem Mikro auf sich zukommen.

»Inspector Carter, was ist hier geschehen? Bitte, nur eine kurze Information für unsere Leser. Hat der Metzger von Jefferson City erneut zugeschlagen?«

Die Stimme schob den Regenschirm nach hinten und Aidan erkannte die Blondine.

»Na, sieh einer an, Monique Wilkins. Immer auf der Jagd nach einer Story, was? Warum bist du denn heute so förmlich? Letztens warst du noch alles andere als distanziert.«

Monique Wilkins gab ihrem Kameramann das Zeichen, die Aufnahme sofort zu stoppen.

»Was redest du da, Carter? Das mit uns beiden ist mindestens anderthalb Jahre her. Und wenn ich mich recht entsinne, warst du derjenige, der auf Distanz gegangen ist.«

»Entsetzlich, wie schnell doch die Zeit vergeht. Es kommt mir vor wie gestern. Und was soll ich sagen, ich war damals einfach noch zu unreif.«

»Ach, und das hat sich jetzt geändert?«

Aidan hob entschuldigend die Schultern. »Ich bin erwachsen geworden. Und nun muss ich leider schon wieder ganz schnell Abstand von dir nehmen. Sorry, Monique. Die Arbeit ruft.«

»Wie jetzt, läufst du mal wieder vor mir davon?«

»Vor dir nicht, vor der Presse schon. Ist nicht persönlich gemeint. Ich kann Reporter einfach nicht ausstehen.«

Aidan bückte sich unter der Absperrung durch und lief hinter Ethan her die Spurengasse entlang Richtung Fundort der Leiche.«

»Hey«, rief Monique ihm nach. »Du kannst mich nicht einfach so stehen lassen. Du schuldest mir eine Antwort, das nennt sich Pressefreiheit. Die Leser haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.«

»Eine Antwort? Worauf? Ob ich vor dir davonlaufe? Tut mir schrecklich leid, Monique. Aber ja, das tue ich.«

Sie fluchte und beschimpfte ihn, rief ihm hinterher, er sei ein elender Bastard, doch Aidan ignorierte sie. Ihr Gezeter ließ ihn kalt. Sie war damals schon viel zu neugierig. Eine Nervensäge, wollte immer wissen, woran er arbeitete, und prompt landete jedes Detail als Schlagzeile in der Zeitung. Damals hatte er deshalb einen Riesenärger am Hals gehabt und war froh, als er Monique wieder los war.

Er lief einen Schritt schneller, bis er seinen Partner eingeholt hatte.

»Monique, aha«, bemerkte Ethan.

»Glaub mir, der Schreck, auf diese Frau zu treffen, ist schlimmer als die Nachricht von der Leiche.«

»So wie es aussah, ging’s ihr ähnlich.«

Aidan antwortete darauf mit einem ranzigen Laut.

Keine zwanzig Meter weiter und sie waren am Fundort der Leiche. Sie blieben stehen. Näher heranzugehen und die Spurengasse zu verlassen, wäre unklug. Damit würden sie womöglich wichtige Spuren verdecken und selbst unnötige hinterlassen. Hinweise zu finden, war die Aufgabe der Spurensicherung, und wie Aidan jedes Mal aufs Neue feststellen musste, machten die Leute ihren Job ausgezeichnet.

Dr. Brendl, der Kollege von Dr. Harris, war mit der Toten beschäftigt. Jogger fanden sie vor einer knappen Stunde.

---ENDE DER LESEPROBE---