IM ZEICHEN KAINS - John Saul - E-Book

IM ZEICHEN KAINS E-Book

John Saul

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Beschreibung

Italien, im Jahr 1252 n. Chr. - Mittelalter: Inquisition, Anklage, Angst, Folter. Schuldige und Unschuldige sterben auf dem Scheiterhaufen für Sünden, die sie begangen oder nicht begangen haben... Neilsville, 1978 n. Chr.: Peter Balsam kommt als Lehrer in diese verschlafene Kleinstadt in der Wüste. Er findet die Stadt in Panik vor einer unerklärlichen Selbstmordwelle, welche die Schülerinnen in der St.-Francis-Highschool erfasst hat. Der Abt des Klosters macht die Erbsünde und Peter Balsam dafür verantwortlich, der seiner Meinung nach eine Massenhysterie unter den Mädchen ausgelöst hat. Doch der wahre Grund liegt viel tiefer, im dunklen Mittelalter, aus dem eine unheilvolle Kraft aufgetaucht ist, um die Sünder zu bestrafen... John Sauls Roman IM ZEICHEN KAINS erschien erstmals im Jahre 1978. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Klassiker des modernen Horrors in seiner Reihe APEX HORROR als durchgesehene Neuausgabe.

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JOHN SAUL

Im Zeichen Kains

Roman

ApexHorror, Band 36

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

IM ZEICHEN KAINS 

Die Einweihung 

Prolog 

Erstes Buch: DIE HEILIGEN VON NEILSVILLE 

Zweites Buch: DIE GEMEINSCHAFT VON ST. PETER MARTYR 

Drittes Buch: AUTO – DA - FÉ 

Viertes Buch: ST. ACERINUS 

 

Das Buch

Italien, im Jahr 1252 n. Chr. - Mittelalter:

Inquisition, Anklage, Angst, Folter. Schuldige und Unschuldige sterben auf dem Scheiterhaufen für Sünden, die sie begangen oder nicht begangen haben...

Neilsville, 1978 n. Chr.:

Peter Balsam kommt als Lehrer in diese verschlafene Kleinstadt in der Wüste. Er findet die Stadt in Panik vor einer unerklärlichen Selbstmordwelle, welche die Schülerinnen in der St.-Francis-Highschool erfasst hat. Der Abt des Klosters macht die Erbsünde und Peter Balsam dafür verantwortlich, der seiner Meinung nach eine Massenhysterie unter den Mädchen ausgelöst hat. Doch der wahre Grund liegt viel tiefer, im dunklen Mittelalter, aus dem eine unheilvolle Kraft aufgetaucht ist, um die Sünder zu bestrafen...

John Sauls Roman Im Zeichen Kains erschien erstmals im Jahre 1978. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Klassiker des modernen Horrors in seiner Reihe APEX HORROR als durchgesehene Neuausgabe.

Der Autor

John Saul, Jahrgang 1942.

John Saul (* 25. Februar 1942 in Pasadena, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller von Horrorromanen und Psychothrillern.

Er studierte an verschiedenen Hochschulen - unter anderem Theaterwissenschaften, Anthropologie und Literatur -, blieb aber ohne Abschluss.

Als Studienabbrecher sah er seine Zukunft in einer Karriere als Schriftsteller- zunächst verfasste er zehn Romane unter verschiedenen Pseudonymen; sein Durchbruch zum Bestseller-Autor gelang ihm 1976 mit dem Psycho-Thriller Suffer The Children (dt. Wehe, wenn sie wiederkehren): Heute liegt die Gesamtauflage seiner Bücher bei über 60 Millionen Exemplaren.

Im Jahr 1982 wurde sein Roman Cry For The Strangers (dt. Am Strand des Todes) unter der Regie von Peter Medak im Stil von Tobe Hooper's Poltergeist verfilmt.

John Saul lebt und arbeitet in Bellevue im Staat Washington/USA.

Die Einweihung

Immer tiefer verfiel Peter Balsam in Trance. Seine Sinne schärften sich, und er spürte die sengende Flamme jeder einzelnen Kerze; er hörte sogar, wie der Teufel zu ihm rief. Er fühlte sich von Höllenglut umgeben; Unbehagen stellte sich ein, das ihn mehr und mehr ergriff und schließlich in Angst stürzte... Er wurde nach unten gezogen. Es waren Engelshände, deren Streicheln er jetzt spürte. Gleich wurde er ruhiger, gefasster, und im Stillen begann er, die Worte der acts of faith and contrition zu wiederholen, während er immer weiter in Ekstase geriet.

Peter Balsam war zuletzt im Orden des heiligen Peters, des Märtyrers, aufgenommen worden.

Und bereits kurze Zeit später machte er die grausige Entdeckung: Über seinen ganzen Rücken, von den Schultern bis hinunter zur Taille, zogen sich tiefrote Striemen. Es sah böse aus. Sie waren dick geschwollen und voll unheimlicher Schmerzen, die auf der ansonsten blass-weißen Haut so deutlich zu sehen waren.

»Um Gottes willen, was ist das?«, fragte Margo atemlos, während sie dabei den Umhang von seinen Schultern nahm. »Sag', was ist passiert?«

Jetzt wurde auch er vom ganzen Schrecken dieser Unheimlichkeit getroffen. Sein ganzer Körper begann zu zittern, letztlich gepackt vom Schauder. Schluchzend kam es heraus. »Ich weiß nicht. Und das ist das Schlimmste, ich weiß einfach nicht, woher ich es habe.«

  Prolog

Vorsichtig streckte er sich nach dem Türgriff hoch. Halb hoffte er, die Tür würde verschlossen sein. Sie ließ sich öffnen. Mit erwartungsvoll offenen Augen ging er vor, langsam, ganz langsam. Wenn man vier Jahre alt ist, weiß man nicht immer genau, was man tun darf und was nicht. Dann macht man es entweder ganz schnell oder ganz langsam, so langsam, wie der Junge es gerade tat.

Er öffnete die Tür zum Schlafzimmer seiner Eltern nur so weit, dass er mit seinem kleinen Körper hineinschlüpfen konnte. Dann machte er die Tür hinter sich zu und sah sich um, obgleich er wusste, dass niemand im Zimmer war. Für einen Vierjährigen gibt es nur wenige Zimmer, die wirklich leer sind.

Auf Zehenspitzen vorangehend, schlich er sich durch das Zimmer, auf den Schrank seiner Mutter zu. Wieder hoffte er halb, dass die Tür verschlossen sein würde. Wieder einmal war es nicht so, und er nahm erneut seinen ganzen Mut zusammen, um die Tür zu öffnen und in den Schrank zu steigen. Da waren sie - die Schuhe seiner Mutter.

Er hatte das Bild einmal in einem Buch gesehen - ein kleiner Junge, der ganz in den Kleidern der Mutter steckte; seine kleinen Füße verloren sich in den viel zu großen und hochhackigen Schuhen, während der Körper in den Falten eines roten Kleides verschwand und das Gesicht unter der Krempe eines weiten Sonnenhutes. Seine Mutter liebte dieses Bild, und fast abgöttisch liebte sie den Jungen darauf.

Er stieg in ein Paar Schuhe seiner Mutter und versuchte erst einmal, die Balance auf den dünnen Absätzen zu gewinnen, was nicht leicht war, aber endlich doch gelang. Dann überlegte er, wie er an die Hutschachtel herankommen könnte, die ganz oben auf einem Regalbrett lag und für ihn fast schon außer Sichtweite war. Plötzlich hörte er etwas.

Es war das Klicken eines Türschlosses, und sogleich wusste er, dass jemand ins Zimmer gekommen war. Rasch drehte er sich um, die Schranktür war fast geschlossen, aber nicht ganz. Wenn er sich absolut still verhielte, dann würde vielleicht niemand, wer immer es auch war, irgendetwas bemerken...

Er kauerte sich am Schrankboden nieder. Er hörte weitere Geräusche, dann Schritte, dann Stimmen, und dann das Schnappen des Türschlosses. Es waren seine Eltern, beide im Schlafzimmer.

»Ich mag jetzt nicht.« Es war seine Mutter. »Es kommt mir so - so unanständig vor.«

»Du meinst, du hast keine Lust, es bei Licht zu machen.« Das war sein Vater, obendrein verärgert. »Deine Zimperlichkeit, Ruth, war schon immer das Problem an dir. Was du brauchst, ist ein bisschen Hauch einer Hure.«

Was war wohl eine Hure, fragte sich der Junge im Schrank, und was er dann hörte, klang wie eine Rauferei, unterbrochen von der ängstlichen Frage seiner Mutter: »Was ist mit den Kindern?«

»Was soll schon mit ihnen sein?«, raunte sein Vater. »Elaine ist in der Schule, und der Kleine ist draußen und macht Gott weiß was.«

Der Kleine versuchte, sich im Schrank besser zu verstecken, denn nun war es noch wichtiger, nicht entdeckt zu werden. Er wusste zwar nicht genau, warum, aber er spürte die Wichtigkeit.

Die Rauferei schien kein Ende zu nehmen, wieder hörte er einige Worte, verstand aber nichts. Langsam fragte er sich, was da draußen tatsächlich vor sich ging. Einen Blick durch den Türspalt zu riskieren, wagte er nicht, zu groß war seine Angst. Seine immense Angst wich erst, als er das Stöhnen seiner Mutter vernahm. Er krabbelte zur Tür und presste seine Augen gegen den Spalt. Außer einem Bettfuß war nichts zu sehen. Inzwischen war das Stöhnen seiner Mutter noch heftiger geworden. Er musste es wagen und die Tür etwas weiter öffnen. Und nun sah er sie.

Beide lagen im Bett, der nackte Vater auf der nackten Mutter, die mal weinte, mal stöhnte und mit seinem Vater rang, als würde sie gegen ihn kämpfen. Andererseits hielt sie die Arme um seinen Hals geschlungen, und in den Stöhnpausen stieß sie immer wieder hervor: »Ja - ja... Oh, Gott, ja!«

Je länger er diese eigenartige Szene auf dem Bett beobachtete, desto größer wurde seine Angst. Vielleicht sollte er seiner Mutter helfen, aber die Angst vor dem Vater hielt ihn vor der Ausführung seines Gedankens zurück. Schon einmal hatte ihn sein Vater geschlagen; er wollte nicht wieder Schläge bekommen. Außerdem war er sich nicht sicher, ob seine Mutter überhaupt Hilfe wollte. Inzwischen ging es lauter zu, seine Mutter schrie; allem Anschein mach war es jetzt doch ein richtiger Kampf. Aber immer noch waren ihre Arme um den Körper seines Vaters geschlungen; und sie küsste ihn.

Dann merkte er, wie sich etwas anderes im Zimmer bewegte. Es war die Tür zum Schlafzimmer, die sich langsam öffnete. Er hielt den Atem an und atmete erst wieder aus, als er sah, dass es Elaine war. Sie würde wissen, was zu tun war, dachte er bei sich. Sie war sechzehn und fast erwachsen. Wenn seine Mutter wirklich in Not war, Elaine würde ihr helfen können. Er sah, wie Elaine auf das Bett zuging. Warum sagte sie nichts, warum unternahm sie nichts? Sie stand einfach neben dem Bett und beobachtete wie gebannt diese Vorgänge.

Er wollte sich gerade bemerkbar machen, als er sah, wie seine Schwester die Hände über den Kopf hob.

Und in ihren Händen sah er das Küchenbeil.

Und dann sah er, wie das Beil herunterraste und mit hartem, metallenem Klang durch den Schädel seines Vaters drang.

Er hörte das entsetzliche Schreien seiner Mutter, und verwirrt sah er zu, wie sie sich vom schweren Körper seines Vaters zu befreien versuchte. Warum nur half Elaine ihr nicht? Sie hatte doch den Vater zum Einhalt gebracht.

Er merkte, dass Elaine nicht das Geringste unternahm, um seiner Mutter zu helfen. Wieder hob seine Schwester das Beil. Im nächsten Moment sah er, wie das Gesicht seiner Mutter getroffen wurde. Er war gelähmt vor Schrecken. Er dachte, er hätte seine Mutter schreien hören. Alles geschah so schnell, dass er sich nicht sicher war. Und immer noch sah er, wie seine Schwester immer wieder das Beil hochbrachte und auf beide Körper einschlug, die längst bewegungslos dalagen; schließlich gab es für ihn nur noch Rot und das silberne Blitzen des Metalls.

Voller Angst presste sich der Kleine tiefer in den Schrank. Hoffentlich würde sie ihn nicht entdecken. Aber sie stand ganz still neben dem Bett und sah sich die Sache an. Dann ließ sie das Beil aufs Bett fallen und kniete am Boden nieder, als ob sie etwas suchen würde, was er jedoch nicht sehen konnte.

Sie stand wieder auf und brachte einen Stuhl in die Mitte des Zimmers, wo an der Decke ein großer Lampenhalter hing. Sie stieg hinauf, um sich irgendwie an der Halterung zu schaffen zu machen. Sie hantierte mit einem Stromkabel, das er schon einmal gesehen hatte, als seine Eltern irgendwelche elektrischen Geräte daran anschlossen, wenn die anderen Kabel zu kurz waren. Ihm war unklar, warum sie das jetzt an der Lampenhalterung festmachen wollte, wo doch jeder wusste, dass es in eine Steckdose gehört.

Er sah, wie sich seine Schwester das lose Ende um den Hals legte. Langsam begann er zu begreifen, was sie vorhatte. Er hatte so etwas schon einmal gesehen. Sie würde sich aufhängen, so wie er es von Bildern her kannte. Was sollte aus ihm werden, wenn sie das tat? Er musste sie aufhalten.

Der Kleine hatte seine Stimme wieder gefunden. Wie wild schrie er nun drauflos. Seine Schwester drehte sich sofort herum, verlor den Halt, und unter ihren Füßen kippte der Stuhl. Die Schranktür flog auf, und im selben Moment trafen sich beider Blicke: Sie hatte sich das Genick gebrochen. Hilflos sah der kleine Junge seine Schwester hin und her baumeln. Schließlich ging er auf sie zu und berührte sie vorsichtig. Sie fühlte sich seltsam an, so als ob sie nicht länger seine Schwester wäre. Was sollte er jetzt tun?

Später - er wusste nicht, wann - hörte er einen Schrei. Er verhielt sich ruhig und kauerte sich in der hintersten Schrankecke zusammen, die Knie unter das Kinn gezogen, während die Arme sich ganz fest um seine Beine schlangen. Er glaubte, noch andere Geräusche zu hören, ehe er merkte, wie die Schranktür geöffnet wurde, zwei Arme nach ihm griffen und ihn aufhoben. Erst jetzt begann er zu weinen, um dann kaum mehr ein Ende zu finden.

Den ersten Tag nach Entdeckung der grausamen Tat im Schlafzimmer seiner Eltern musste er im Krankenhaus verbringen. Nonnen nahmen sich seiner an und stellten endlose Fragen, für die er keine Antworten hatte. Er wollte seine Mutter und seinen Vater Wiedersehen. Aber sie besuchten ihn nicht.

Am zweiten Tag brachte man ihn ins Klostergebäude. Er hatte keine Ahnung, dass es ein Kloster war; für ihn war es ein großes Gebäude, in dem es viele Nonnen gab, die großes Getue um ihn machten. Aber er sah auch Kinder, die alle da zu leben schienen, und er fragte sich, ob auch er hier leben sollte.

Als er am zweiten Tag schlafen ging, überlegte er, ob seine Eltern ihn wohl besuchen würden. Und Elaine? Was war aus ihr geworden? Bevor er in Schlaf fiel, glaubte er, Elaine zu sehen. Aber irgendetwas stimmte nicht an ihr. Eigenartig, wie ihr Hals in die Länge gezogen und ziemlich verdreht war.

Als der kleine Junge zu schreien begann, kam sofort eine Nonne ins Zimmer geeilt, um ihn fest in die Arme zu schließen, bis er sich beruhigt hatte und wieder eingeschlafen war.

Am dritten Tag ging man mit ihm in die Kirche, und der kleine Junge begriff nun, dass seine Eltern ihn nicht mehr abholen würden. Er wusste, sie waren in den Kisten, die vor der Kirchenfront aufgebahrt waren. Man würde die Kisten fortbringen, und er würde seine Eltern nie Wiedersehen.

Ob er seine Eltern noch einmal anschauen dürfte, fragte er, was ihm verboten wurde. Er wusste nicht, warum.

Während der Beerdigungszeremonie blickte sich der kleine Junge neugierig um. Neben ihm war eine Frau, ganz in Schwarz gehüllt, und kurz vor Ende der Feierlichkeit zupfte er an ihrem schwarzen Gewand. Er wusste, sie war eine Nonne, und wahrscheinlich würde sie künftig auf ihn aufpassen. Noch einmal zupfte er an ihrem Umhang, so dass sie sich herabbeugte und ihr Ohr ganz dicht an seine Lippen hielt.

»Wo ist Elaine?«, fragte er. »Kommt sie nicht hierher?«

Einen Augenblick lang sah die Nonne den Kleinen wie versteinert an und schüttelte dann den Kopf.

»Sie kann nicht hier sein«, sagte sie. »Es ist besser, du denkst nicht mehr an sie.«

»Warum nicht?«, wollte der Kleine wissen.

»Vergiss sie!«, ermahnte die Nonne ihn. »Deine Schwester war sehr böse, sie hat gesündigt. Du darfst nicht mehr an sie denken.«

Die Totenmesse war zu Ende; seine Eltern wurden fortgebracht, und er fragte sich, was mit ihnen nur passiert war.

Und was war mit seiner Schwester geschehen?

Warum war er nun ganz allein?

Aber er war nicht ganz allein, sondern in einem Kloster, wo niemand ihm sagte, warum. »Er wird schon darüber hinwegkommen«, hörte er eine der Schwestern sagen. »Er muss es einfach vergessen.«

Der kleine Junge vergaß nichts, weder als er klein war, noch als er älter wurde. Irgendetwas war passiert, das wusste er. Irgendetwas war seinen Eltern und seiner Schwester zugestoßen. Er wusste es, wie er auch wusste, dass seine Schwester Schuld an allem hatte.

Seine Schwester war böse. Seine Schwester hatte gesündigt.

Er wusste, dass Gott allen Sündern vergibt.

Aber wer bestraft die Sünder?

Als er zehn Jahre alt war, hörte er mit den Fragen auf. Es hatte ihm ohnehin nie jemand Antwort gegeben.

  Erstes Buch: DIE HEILIGEN VON NEILSVILLE

 

 

 

1.

 

 

Peter Balsam war den Hügel zur Kathedrale hinaufgewandert und sah nun zu der bedrohlichen Fassade der Kirche von St. Francis auf. Hier schien die Wüstenhitze noch unerträglicher, und er merkte, wie der Schweiß aus seinen Achselhöhlen drang und in Rinnsalen über seinen Rücken hinunterlief. Er ließ sich auf den Stufen vor der Kirche nieder und betrachtete die Aussicht, die sich ihm von unten bot.

Neilsville hieß diese Stadt. Sie lag in der flimmernden Hitze der Wüste von Eastern Washington wie im Todeskampf, mit jedem Atemzug mehr ringend, außerstande, das qualvolle Leid zu beenden.

Eine seltsame Atmosphäre lag um Neilsville. Peter Balsam hatte diese Aura seit seiner Ankunft hier gespürt, aber keine Erklärung dafür gefunden.

Vor zwei Stunden war er aus dem Zug gestiegen, als er wie von einem Blitz getroffen wurde. Es war ein Wort, an das er plötzlich denken musste, das er aber genauso schnell wieder verdrängte. Obwohl es sich nicht verdrängen ließ. Es kehrte beharrlich wieder.

Das Böse.

Wie Todesgeruch hatte es sich über der Stadt ausgebreitet. Sein erster Gedanke war, fortzulaufen mit allem, was er bei sich hatte, den nächsten Zug nach Osten zu nehmen und Neilsville so schnell wie möglich zu verlassen.

Doch der nächste Zug ging erst am nächsten Tag. Nur mit Zögern hatte er sich zu der Apartmentwohnung begeben, die man für ihn angemietet hatte. Nicht einmal seine Koffer hatte er ausgepackt, ganz abgesehen von den anderen Dingen, die es zu tun gab. Er schrieb seinen Namen nicht an den Briefkasten, machte nicht die geringsten Anstalten, ein Telefon zu bestellen, und kümmerte sich auch sonst nicht um die Angelegenheiten, die man bei einem Einzug in eine neue Wohnung normalerweise erledigen muss.

Stattdessen hatte er sich einzureden versucht, dass seine unheimlichen Vorausahnungen, dass irgendetwas an dieser Stadt nicht stimmte, nichts weiter als Einbildung waren. So war er losgegangen, um sich den Ort einmal näher anzusehen.

Dann war er den Hügel zur Kathedrale hinaufgestiegen. Er wollte dem Mann gegenübertreten, der ihn nach Neilsville geholt hatte. Peter Balsam trat in die Dunkelheit der Kirche ein, tauchte seine Finger ins Weihwasser und schlug im Niederknien das Zeichen des Kreuzes. Dann sank er auf einer Kirchenbank zu Boden und begann zu beten.

Es waren die Gebete, die er von den Nonnen im Kloster gelernt hatte. Das Gebet hatte ihm immer Frieden gebracht.

Heute aber konnte er diesen Frieden nicht finden. Finger schienen sich nach ihm auszustrecken, suchten ihn zu ergreifen und in einen Sumpf zu ziehen, den er nur fühlen konnte.

Peter Balsam versuchte weiterhin, Ruhe und Konzentration im Gebet zu finden. Immer wieder sprach er die vertrauten Verse vor sich hin, bis sein Angstgefühl von der Rosenkranz-Leier verdrängt wurde.

»Heilige Maria, Mutter Gottes, sei uns Sündern gnädig...«

 

Im Arbeitszimmer des Pfarrhauses, ganz in der Nähe der Kirche, ging Monsignore Peter Vernon langsam auf und ab. Er hatte beobachtet, wie Balsam den Hügel heraufgekommen war; nun wartete er auf das leise Klingeln, mit dem sich der Besucher ankündigen würde. Doch dann wurde ihm klar, dass Balsam nach dem langen Aufstieg eine Pause zum Luftholen gemacht haben musste.

Noch einmal trat der Pater ans Fenster und sah hinaus. Es war der gewohnte Blick über die Dürre von Neilsville. Unter ihm befand sich der Tennisplatz, auf dem fünf Mädchen spielten, vier von ihnen im Doppel, während eine sich die Zeit allein vertrieb. Während er sie in Augenschein nahm, wandte jede von ihnen den Blick hinauf zu ihm, als ob sie seine Missbilligung empfunden hätten. Ohne sich zu schämen, winkte eine von ihnen, und der Pater beeilte sich, vom Fenster wegzutreten, offensichtlich peinlich betroffen, dass er von ihnen entdeckt worden war. Schließlich ärgerte er sich sogar über seine eigene Betroffenheit.

Er konnte diese Mädchen nicht leiden, insbesondere nicht ihre Art, wenn sie sich in seiner Gegenwart respektvoll gaben, hinter seinem Rücken aber über ihn lachten. Während seiner Kindheit wäre eine solche Ungezogenheit niemals geduldet worden. Die Nonnen hatten immer Respekt gefordert, den die Jungen im Kloster ohne zu zögern gezollt hatten. Die Zeiten waren anders geworden; außerdem lebten diese Mädchen nicht in St. Francis Xavier, und sie waren auch nicht einer ständigen Überwachung ausgesetzt, so wie er sie noch während seiner Kindheit erlebt hatte. Dieses Jahr, so sagte er sich, sollten sich die Dinge ändern. Mit der Hilfe von Peter Balsam wollte er nun strengere Saiten aufziehen und ihnen Respekt und Demut einflößen. Zu diesem Zweck hatte er Peter Balsam nach Neilsville geholt.

Es war kein leichtes Unterfangen gewesen. Von Anfang an hatte die Gemeindeschule nur Nonnen als Lehrer eingestellt, die gegen die Idee des Monsignore, einen Psychologiekurs unter der Leitung eines Laien einzuführen, starken Widerstand geleistet hatten. Psychologie, so behaupteten sie, sei in St. Francis Xavier fehl am Platze. Und in St. Francis Xavier habe noch nie ein Mann, der obendrein nicht einmal ein Priester sei, gelehrt. Monsignore Vernon erklärte ihnen, dass es unmöglich gewesen sei, jemand anderen zu finden, der sowohl Latein als auch Psychologie geben konnte. Aber auch dies überzeugte nicht, so dass er sich ausschließlich auf seine Autorität als ihr geistliches Oberhaupt berufen musste. Wie die meisten anderen, so kuschten auch sie schließlich vor der Strenge, die in solchen Momenten in die Augen des Monsignore trat. Erst dann war es ihm möglich gewesen, Peter Balsam nach Neilsville zu bitten.

Monsignore Vernon kannte Peter Balsams Geschichte. Er hielt es deshalb für sehr unwahrscheinlich, dass sein alter Freund die Bitte abschlagen würde. Peter Balsam sagte zu.

Als Peter Balsam aus dem Kirchendunkel wieder in das gleißende Sonnenlicht trat, wurde er von der unerträglichen Hitze fast zurückgeworfen. Noch einmal sagte er sich, dass die Angst, die ihm die Stadt einflößte, lediglich Einbildung sei. Es war eben alles anders hier, als er es von früher her gewohnt war; hier litt alles unter der sengenden Hitze.

Er redete sich zu, in Neilsville zu bleiben und der Stadt eine Chance zum Kennenlernen zu geben. Zu lange schon war Angst ein Bestandteil seines Lebens, dieses Mal musste er sie überwinden. Als er auf das Pfarrhaus neben der Kirche zuging, versuchte er sich noch mal mit dem Gedanken zu beruhigen, dass sein Unbehagen nur eingebildet sei. Aber so ganz konnte er sich dieses unwohle Gefühl nicht ausreden. Denn während er die Stufen zur Veranda des Pfarrhauses hinaufging, spürte er, wie irgendetwas nach ihm griff, ihn zu ziehen versuchte, irgendetwas, das nicht in ihm war, sondern dort draußen, irgendwo da draußen in Neilsville.

Er ging über die Veranda und suchte die Klingel. Er wollte gerade an die Tür klopfen, als er die kleine Karte entdeckte, die an der Glasscheibe in der Mitte der Tür klebte. Darauf stand in zierlicher Schrift: Bitte kommen Sie herein. Der Bitte folgend, öffnete Balsam die Tür und betrat den Flur des Pfarrhauses. Rechts von ihm stand ein kleiner Tisch, darauf eine silberne Glocke, die Balsam vorsichtig in die Hand nahm. Kurz darauf war ein klares Klingeln im Haus zu vernehmen. Noch war alles still, doch dann hörte er, wie irgendwo in der Halle eine Tür geöffnet wurde und jemand aus dem Zimmer trat. Groß, selbstbewusst und eine Hand zum Gruß ausgestreckt, kam Peter Vernon auf ihn zu.

»Peter Balsam«, hörte er den Pater mit tiefer Stimme sagen. »Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?« Noch bevor er ein Wort zur Begrüßung sagen konnte, sah er sich schon durch die Halle gedrängt, in das Zimmer, aus dem wenige Sekunden zuvor der Pater herausgekommen war.

»Pete...«, begann Balsam zögernd, während Vernon die Zimmertür schloss. Offensichtlich war es sein Arbeitszimmer. Doch dann merkte Balsam, wie nervös er eigentlich war - schlimmer als er gedacht hatte. Irgendwie hatte sich sein alter Freund verändert. Er schien größer und mehr Zuversicht zu verbreiten, während sein Blick etwas Schweres an sich hatte, eine eigenartige Dunkelheit, die Balsam beunruhigte. »Es ist lange her«, schloss er müde, »dreizehn oder vierzehn Jahre, glaube ich.«

»Setz dich«, sagte Vernon und deutete mit einer Handbewegung auf zwei große Stühle am Kamin, wo er noch vor Balsam Platz nahm. Auch Balsam setzte sich und merkte, wie er von Peter Vernon gemustert wurde.

»Ich glaube, ich bin noch ziemlich erledigt«, sagte er mit einem gequälten Lächeln, »irgendwie macht einem der Hügel hier ganz schön zu schaffen.«

»Du wirst dich daran gewöhnen«, sagte Vernon. »Mir ging es ganz ähnlich. Sei also willkommen in Neilsville!«

Der Monsignore bemerkte, wie Balsams Lächeln nachgab und seine Brauen sich leicht zusammenzogen. »Ist etwas nicht in Ordnung? Gefällt dir die Wohnung nicht?«

Balsam verneinte mit einem Kopfschütteln. »Nein, die Wohnung ist sehr schön. Ich weiß nicht, was es ist. Ich kann's mir nicht erklären, aber seit ich aus dem Zug gestiegen bin, begleitet mich so ein sonderbares Gefühl. Ich kann wirklich nicht genau sagen, was es ist. Ich rede mir schon die ganze Zeit ein, dass es nur Einbildung ist. Aber das Gefühl wird immer stärker, dass irgendetwas...« Er musste sich unterbrechen, um die richtigen Worte zu finden. Er zögerte, das Wort böse zu gebrauchen, das ihm wieder in den Sinn gekommen war. »...dass irgendetwas hier nicht richtig ist.«

Er spürte, wie vom Pater eine eisige Kälte ausging. Offensichtlich hatte er sich zu einer falschen Bemerkung hinreißen lassen, denn beinahe fünfzehn Jahre schon war Neilsville das Zuhause des Monsignore, und das erste, was Balsam bei ihrer Begegnung tat, war, den Ort schlechtzumachen. Balsam versuchte, seinen Schnitzer wiedergutzumachen.

»Ich bin sicher, ich werde mich schon anfreunden«, beeilte er sich hinzuzufügen, und im gleichen Augenblick war ihm klar, dass er nun zu bleiben gezwungen war. Auch vom Pater schien die Spannung wieder gewichen zu sein, der freundlich lächelnd fragte:

»Wie geht es deiner Frau? Heißt sie nicht Linda? Will sie nachkommen?«

»Ich fürchte, nein«, sagte Balsam vorsichtig. »Wir haben uns auseinandergelebt. Manchmal klappt es eben nicht.«

»Ich verstehe«, sagte Vernon in einem Tonfall, der Balsam bedeutete, dass er überhaupt nichts verstanden hatte. »Wirklich eine äußerst unangenehme Geschichte.«

Balsam beschloss, die ganze Angelegenheit herunterzuspielen. Erklärungsversuche darüber, was schiefgelaufen war, waren zwecklos. Der Blick des Paters verriet weiterhin eisige Kälte und Verständnislosigkeit. »Das kommt ganz auf den Blickwinkel an. Aus unserer Sicht, Lindas und meiner, war wohl eher die Heirat ein Fehler, nicht die Trennung.« Er versuchte ein Lächeln.

So wie Vernon ihn anstarrte, war ein Lächeln kaum möglich. Er hatte schon wieder einen Fehler begangen: Pete Vernon war Priester; er hätte es besser verschweigen sollen.

»Ich hätte das nicht erwähnen sollen«, bemerkte er schnell. »Natürlich war das alles sehr schmerzlich, und ich fürchte, daran wird sich so schnell nichts ändern.« Es wird noch lange dauern, dachte er bei sich, während der Pater fürs erste beruhigt erschien.

»Natürlich«, erwiderte Vernon mit väterlicher Stimme, die Balsam an ihm noch gar nicht kannte.

»Wenn ich irgendetwas für dich tun kann...« Plötzlich wandte er sich ab, und als er den Satz wieder aufnahm, tat er dies mit einem deutlichen Unterton der Verärgerung.

»Du hättest mir das alles vorher sagen sollen«, fuhr er fort. »In Städten wie Neilsville lässt sich so etwas viel schwieriger verheimlichen als in größeren Gemeinden. Schade, denn das macht es uns allen nicht gerade leichter.«

Mein Gott, dachte Balsam, will er mich etwa entlassen, bevor ich überhaupt eine Chance hatte? Dann sagte er, »ich glaube nicht, dass außer mir mein Eheleben sonst noch jemanden etwas angeht.«

Vernon lächelte verständnisvoll. »Ich glaube, du musst noch viel über Neilsville lernen. Gerade in solche Geschichten steckt hier jeder die Nase. Aber da lässt sich nichts mehr dagegen machen. Du bist nun also hier, und Linda nicht. So ist es doch, nicht wahr?«

Balsam wünschte, seine Erleichterung würde unbemerkt bleiben. »Pete«, begann er, hielt aber gleich an, als er die zum Schweigen mahnende Hand des Paters sah.

»Da wir nun schon mal bei den unangenehmen Dingen von Neilsville sind, sollten wir gleich noch über ein oder zwei weitere Kleinigkeiten sprechen. Zum einen sind wir ja alte Freunde, und da ist es selbstverständlich, dass du mich Pete nennst. Hier in der Pfarrei aber geht alles etwas traditioneller zu. Jeder hier, und damit meine ich wirklich Jeder, nennt mich Monsignore. Das mag dir sehr streng Vorkommen, aber es hat gute Gründe. Du solltest dich also auch umstellen und mich in richtiger Form anreden.«

Verkrampft lächelte er, als er Balsams erstaunten Gesichtsausdruck bemerkte. »Mir selbst wäre es lieber gewesen, wenn ich dich darauf nicht hinweisen müsste. Spricht es sich aber einmal herum, dass du mich Pete nennst statt Monsignore, dann wird man das als Zeichen der Missachtung verstehen. Und das soll ja nicht sein.«

»Ich verstehe«, sagte Balsam langsam und hoffte, diese Floskel ebenso erfolgreich zu gebrauchen wie zuvor der Monsignore selbst. »Isoliert dich das denn nicht von allen anderen hier?«

Hilflos zuckte Vernon mit den Achseln. »Was bleibt mir anderes übrig? So hat man es hier schon immer gemacht. Die Menschen hier mögen es so. Außerdem haben wir doch eine Aufgabe an unserer Herde zu erfüllen, findest du nicht auch?«

Bevor Balsam darauf antworten konnte, erhob sich der Pater. »Hättest du nicht Lust auf einen kurzen Rundgang?« schlug er vor. »Dabei kannst du dich auch ein bisschen mit der Landschaft anfreunden.« Dieses Mal strahlte sein Lächeln Wärme aus. Trotzdem begann Peter Balsam sich zu fragen, wieviel daran wohl echt war.

Monsignore Vernon geleitete Peter Balsam über die Tennisplätze zum Schulgebäude. Die vier Mädchen, die gerade ein Doppel spielten, hielten inne, um die beiden Männer zu beobachten. Peter Balsam grinste selbstbewusst zu ihnen hinüber, während der Pater sie geflissentlich übersah.

 

Das fünfte Mädchen war unterdessen ganz damit beschäftigt, Bälle gegen die Wand des Handballplatzes aufzuschlagen, so dass es die beiden Männer gar nicht wahrzunehmen schien.

»Die haben mich wirklich einer schnellen Prüfung unterzogen«, stellte Balsam fest, als beide das Schulhaus betraten.

»Dabei war ich es, den sie im Auge hatten«, sagte Monsignore Vernon ungehalten. »Sie machen das absichtlich, weil sie glauben, dass mich das aufregt.«

»Tut es das?«, fragte Balsam mit sanfter Stimme und war überrascht, als ihn der Pater beim Arm fasste und sich ihm zu wandte.

»Nein!« gab er zurück. »Das tut es nicht!« Peter Balsam spürte den stechenden Blick des Monsignore, der weiter entgegnete: »Wird es dich stören?«

»Warum sollte es das?«, antwortete Balsam etwas verwirrt und fragte sich, warum der Pater so heftig reagiert hatte.

Der Monsignore ließ von Balsams Arm wieder ab. »Kein Grund zur Aufregung«, sagte er knapp. »Nicht im geringsten.«

Während sie nun den Rundgang durch das Schulgebäude begannen, war Peter Balsam sicher, dass es doch einen Grund gab, und wenn es nur der gemeinsame Hintergrund ihres Lebens im Kloster war. Keiner von ihnen wusste, wie man mit pubertären Teenagern umgehen sollte, und jetzt, wo sie Mitte Dreißig waren, war es doch wohl zu spät, das noch zu lernen. So fühlte sich jeder von ihnen auf eigene Art unwohl - Balsam, indem er wie ein Narr grinste, und Vernon, indem er den Mädchen keine Beachtung schenkte. Peter Balsam verdrängte den Vorfall, als sie das Gymnasium besichtigten.

 

Auf dem Tennisplatz hatten die vier Mädchen ihr Spiel unterbrochen und steckten nun ihre Köpfe zusammen. Judy Nelson, die ein paar Monate älter war als die anderen, kicherte: »Dieses Mal haben wir ihn aber richtig drangekriegt. Immer tut er so, als ob es uns gar nicht gäbe.«

»Allerdings nur im Sommer«, bebte Penny Anderson. »Sonst kommt man ihm ja das ganze Jahr über nicht aus!«

Doch keines der Mädchen antwortete ihr. Noch immer schauten sie den beiden Männern hinterher, die gerade im Schulhaus verschwanden.

»Habt ihr gesehen, was los war, als ich zu ihm hochgewunken habe?«, fragte Karen Morton. »Ich dachte, er klinkt aus. Ich hasse es, wie er mich anstiert.«

»Jeder dreht sich doch nach dir um«, entgegnete Judy und bemühte sich dabei, ihren Neid nicht allzu sehr zu verraten. »So wie du dich herausstellst, kannst du das doch niemandem übelnehmen!« Judy sah mit Genugtuung, wie ihre Freundin immer roter wurde.

»Sie kann doch nichts dafür«, begann Janet Connally Karen zu verteidigen. »Nicht jede von uns kann sich eben jede Woche neue Kleider leisten.«

Karen Morten wurde schon wieder rot. Sie wusste nicht, was schlimmer war - ihre überentwickelten Formen oder ihre Armut. Sie hoffte, irgendjemand würde schnell das Thema wechseln. Endlich wurde sie erlöst, als das vierte Mädchen im Bunde sagte:

»Ich glaube, der andre ist der neue Lehrer.« Es war Penny Anderson, die fortfuhr: »Meine Mutter hat ihn heute Nachmittag vom Bahnhof abgeholt und zu seinem Apartment gebracht. Sie sagt, er ist verrückt.«

»Dann passt er ja gut hierher«, scherzte Judy. »Wenn du mich fragst, die ganze Stadt hier ist verrückt.« Ein leichtes Schaudern ergriff sie bei diesem Gedanken, das von den drei anderen Mädchen nicht weiter beachtet wurde: Denn so lange sie sich erinnern konnten, hatte Judy Neilsville schon immer gehasst.

»Wirst du diesen Kurs belegen?«, fragte Penny.

»Ich würde ihn nur ungern versäumen«, war Judys Antwort, wobei ihre Lust an einem gemeinsamen Komplott unüberhörbar war. »Wir sollten alle daran teilnehmen!«

»Ich weiß nicht sicher, ob meine Mutter mich lässt«, sagte Penny voller Zweifel. »Sie sagt, Psychologie ist nichts für die Schule.«

»Das sagt jeder hier, außer dem Monsignore«, warf Janet ein. »Ich wundere mich nur, warum er so darauf beharrt. Ich meine, irgendwie ist das doch wohl das letzte, was er uns beibringen würde.«

»Vielleicht muss er das Fach einrichten«, war Karens Vermutung. »Kann doch sein, dass der Bischof darauf bestand.«

»Ist auch egal«, sagte Judy Nelson ungeduldig. »Wichtig ist doch nur, dass sie uns nicht wieder aufteilen, wenn wir den Kurs besuchen wollen, wie sie es sonst so gerne tun. Endlich mal ein richtiger Lehrer und keine Nonne. Ich sag' euch, das wird toll. Nach einer Woche wird er nicht wissen, wo ihm der Kopf steht.«

»Das macht bestimmt Riesenspaß«, gab auch Penny zu, »aber ich muss erst noch meine Mutter bearbeiten.«

»Wo wir gerade bei den Müttern sind«, schaltete sich Judy ein und schnitt eine Grimasse, »ich treffe mich gleich mit meiner bei Osgood's, um ein neues Kleid zu kaufen. Habt ihr nicht Lust, mitzukommen?« Obwohl die Frage an alle gerichtet war, antwortete nur Karen:

»Oh, ja, gerne. Dann werden wir dir was ganz Scharfes für die Party am Samstag aussuchen.«

»Als ob sie mich so scharfe Sachen überhaupt kaufen ließe«, maulte Judy. »Sie glaubt doch, ich bin immer zwölf.« Beide verließen nun den Tennisplatz, wo Penny und Janet zurückblieben. Einen Augenblick später entdeckte Judy das andere Mädchen, das sich immer noch allein die Zeit vertrieb. Heimlich stupste sie Karen an. Dann drehte sie sich um und rief ihren Freundinnen laut genug zu, damit es auch das einzelne Mädchen hören konnte: »Kommt ihr endlich, oder wollt ihr dem plumpen Elefanten beim Spielen zuschauen?«

Janet Connally war über diese Gemeinheit ihrer Freundin ziemlich überrascht, sagte aber nichts, sondern hakte sich bei Penny ein und ging fort. Judy Nelson aber, am anderen Ende des Platzes, wurde höchstens dadurch erschüttert, dass sie so sehr über ihren eigenen Witz lachen musste.

 

Die Person, auf die Judys Witz abzielte, war Marilyn Crane. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken und gestorben. Sie hatte die Beleidigung genau gehört. Sie wusste, wer gemeint war. Es fiel ihr schwer, nicht in Tränen auszubrechen.

Sie konnte doch nichts für ihre Ungeschicktheit. So war es nun mal, und es war immer schon so gewesen. Ihr ganzes Leben lang hatte ihre Mutter die Geschichte vom hässlichen Entlein erzählt, aus dem eines Tages ein anmutiger Schwan wird. Aber es war eben nur ein Märchen, und Marilyn wusste es.

Sie versuchte, ganz gezielt noch einen Ball an die Mauer zu schlagen, was ihr jedoch nicht gelang. Schnell blickte sie um sich, und erleichtert stellte sie fest, dass niemand da war, der sie beobachtet hatte.

Sie sammelte die Bälle ein und verstaute sie in einer Dose. Eigentlich hatte sie schon vor längerer Zeit aufhören wollen, doch dann waren die Vierlinge gekommen, und sie wollte auf keinen Fall den Eindruck aufkommen lassen, sie ginge nur, weil die anderen gekommen waren. Dass sie geblieben war, war eigentlich eine noch größere Qual, denn das bisschen Geschicklichkeit, das sie den Sommer über erworben hatte, wurde allein durch die Ankunft der vier Mädchen vollends zunichte gemacht. Aber mit der ihr eigenen verschlossenen Ruhe, die sie sich im Laufe ihres fünfzehnjährigen Lebens zugelegt hatte, stand sie auch diese Situation durch. Jetzt, endlich, konnte sie verschwinden.

Sie entschloss sich, in die Kirche zu gehen. Dort war es sicher kühl, und, was noch viel wichtiger war, in der Kirche konnte sie Trost in ihrem Schmerz finden. Dies war der einzige Ort, wo sie sich aufgehoben fühlte. In dem dämmrigen kalten Gewölbe war niemand, der sie auslachte oder sich niederträchtig über sie lustig machte, wie es so oft geschah und gerade laut genug, dass sie die Abfälligkeiten immer hören konnte.

In der Kirche war sie der Heiligen Jungfrau ganz nahe, und die Heilige Jungfrau spendete ihr immer den ersehnten Frieden.

Wenn sie in der Kirche saß und zu der Statue der Madonna aufblickte, glaubte sie fast, die Heilige Jungfrau wäre lebendig und würde ihre Nähe suchen. Marilyn versuchte ihrerseits, ihr ebenso näherzukommen, ihre Gegenwart zu spüren, sie zu berühren, die ihr den Frieden brachte.

Aber mit jedem Tag gab es für Marilyn Crane eigentlich immer weniger Frieden, und eines Tages würde sie gar keinen Frieden mehr haben. Sie wusste es. An diesem Tag würde sie endlich die Mutter der Leiden berühren können, und ihr eigenes Leid würde von diesem Tag an von der Mutter Gottes getragen werden.

Marilyn betrat die Kirche und betete im Stillen um Vergebung ihrer Sünden.

 

 

 

2.

 

 

Peter Balsams Unbehagen wuchs immer mehr während ihres gemeinsamen Erkundungsganges durch die verschiedenen Räumlichkeiten von St. Francis Xavier. Er hatte schon viele der Kirche angeschlossenen Schulen kennengelernt. In den meisten war immer deutlicher der zeitlose Charakter eingezogen, der auch an den öffentlichen Schulen herrschte. Gleichzeitig war die religiöse Erziehung weiter in den Hintergrund gerückt, während die Unterrichtung weltlicher Fächer an Bedeutung gewann. Anders in Neilsville, wo die Klassenräume spartanisch kahl waren und der einzige Schmuck eine Statue der Heiligen Jungfrau war, die in jedem Zimmer an gleicher Stelle in einer Wandnische stand. Balsams Unruhe wuchs, was im Verlauf ihres Rundgangs dem Monsignore Vernon nicht entging.

»Wie ich dir schon am Anfang sagte, halten wir uns hier eng an die formalen Bestimmungen«, begann er mit einem gefrorenen Lächeln. »Sicher denkst du, wir sind der Zeit um einiges hinterher.«

Noch einmal versuchte Peter, seine wahren Gefühle herunterzuspielen. »Ich überlegte gerade, wie wohl St. Francis Xavier selbst über all das gedacht hätte«, sagte er. »Wenn ich mich recht erinnere, war der alte Knabe doch recht berühmt für seinen Mangel an all dem formalen Kram. Neigte er nicht sogar dazu, sich aus so gut wie allem einen Spaß zu machen?«

Einen Moment lang hielt Monsignore Vernon inne. Seine Hand hielt immer noch die Türklinke gefasst, die die Tür zum letzten Raum öffnen würde. Er sah Balsam mindestens eine Minute lang an, ehe er erneut zu sprechen begann und es offensichtlich war, dass er seine Worte nun sehr sorgfältig wählte.

»Lass es mich mal so sagen - obgleich St. Francis Xavier Jesuit war, ist dies hier keine Jesuitenschule. Dafür gibt es auch einen sehr einfachen Grund: Die Leute in dieser Gemeinde, mich eingeschlossen, fühlen sich den Dominikanern nämlich näher als den Jesuiten. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt.«

Peter Balsam bemühte sich, sein Lächeln so echt wie möglich aussehen zu lassen und in möglichst heiter klingendem Ton zu erwidern: »Ganz klar, obwohl ich zugeben muss, dass ich bei den Dominikanern in erster Linie an die Inquisition denke. Ich werde daher mein Bestes geben, um diesen Aspekt zu vergessen.«

Wieder sah ihn der Monsignore prüfend an, ehe er ein Lächeln auf seine Lippen legte. »Ich hoffe, es wird dir gelingen«, sagte er mit aufmunternder Herzlichkeit und öffnete die Tür zum letzten Klassenraum, den sie noch nicht besichtigt hatten. Er ging zur Seite und hieß Peter mit den Worten eintreten: »Dies wird dein Klassenzimmer sein.«

Balsam sah sich den Raum mit größerer Neugier an, als er es bei den anderen Zimmern getan hatte. Er schien jedoch nicht zu unterscheiden. Quadratisch im Grundriss, die Fenster mit Blick zum Schulhof, an einer Wand die Tafel, jeweils sechs Pulttische in fünf ordentlich aufgestellten Reihen, der Lehrertisch auf einem niedrigen Podest in einer Ecke, so dass jeder Schüler genau im Blickfeld saß. An der Rückwand befand sich wie in allen anderen Klassenräumen die Nische für die Statue der Jungfrau Maria. Doch hier bemerkte er eine ganz andere. Er wandte sich an den Monsignore, dessen ansatzhaftes Lächeln zu einem breiten Grinsen geworden war. Balsam war überrascht.

»Das versteh' ich nicht«, sagte er und ging auf die Statue zu. Beim näheren Hinsehen fragte er: »Wer ist das?«

»Das«, antwortete Monsignore Vernon in der jovialen Art, die Peter Balsam noch aus ihrer gemeinsamen Schulzeit in Erinnerung hatte, »das ist St. Peter der Märtyrer.«

Da Balsam offensichtlich betreten war, fuhr Vernon fort: »Er ist ein Dominikaner. Du musst dich mit ihm vertraut machen. So berühmt St. Francis Xavier für seine Heiterkeit war, so berühmt ist St. Peter der Märtyrer für seine Wachsamkeit gegen die Ketzerei.«

»Ketzerei?«, wiederholte Balsam, der nicht verstand, worauf der Priester hinaus wollte.

Langsam verlor sich das erstarrte Lächeln auf Monsignores Gesicht. »Ein kleiner Scherz meinerseits«, erklärte er. »Da du hier Psychologie unterrichten wirst - und einige der modernen psychologischen Theorien grenzen ja ganz offensichtlich an Ketzerei -, dachte ich, es wäre vielleicht ganz amüsant, St. Peter den Märtyrer aufzustellen. Sozusagen als Aufpasser.«

Balsam schüttelte traurig den Kopf. Der Monsignore war einmal sein Freund gewesen. Er versuchte herauszufinden, ob der Priester das wirklich nur als Scherz auffasste oder ob er ihm irgendetwas sagen, ihn vielleicht sogar warnen wollte. Er konnte es nicht beurteilen.

»Wie ist es?« durchbrach der Monsignore die peinliche Stille endlich. »Wollen wir uns noch für ein paar Minuten ins Pfarrhaus begeben? Da sind noch ein paar Kleinigkeiten, die wir besprechen sollten. Ich kann dir ein Gläschen exzellenten Sherry anbieten, wenn es nicht zu früh dafür ist.«

»Schön«, stimmte Peter Balsam zu, der irgendwie abwesend schien und die Frage gar nicht richtig gehört hatte.

Schweigend gingen sie zum Pfarrhaus zurück, während sich Balsam immer noch darüber wunderte, wie sehr sich sein Freund in den wenigen Jahren verändert hatte. Seiner Erinnerung nach hatte Vernon das Leben immer genommen, wie es gerade kam, und immer das Beste aus allem gemacht. Jetzt schien er wie ausgewechselt, ein eigenartiger, fast schon linkischer Charakter, den er in den alten Schultagen nie an sich gehabt hatte. Als sie wieder in das Arbeitszimmer traten, sagte Balsam sich, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn er seine Erwartung nicht an den alten Zeiten gemessen hätte. Schließlich verändern sich ja alle irgendwie. Und immerhin hatte der Priester große Verantwortung zu tragen. Balsam beschloss, sein Urteil über Pete Vernon zu ändern und den neuen Gegebenheiten anzupassen. Aus dieser neuen Sicht würde ihm sicherlich auch die ungewohnte Anrede des alten Freundes, mit Monsignore, leichter fallen. Bei diesem Gedanken musste er sogar in sich hineinlachen.

Der Pater reichte ihm ein Glas Sherry und ging dann zum Schreibtisch hinüber, der in der einen Ecke des Zimmers stand. Von dort holte er eine Mappe und nahm schließlich auf dem Stuhl gegenüber Platz. Einen Augenblick lang herrschte zwischen beiden Männern ein tiefes Schweigen. Zwischendurch nippten sie an ihrem Sherry, ehe der Pater das Gespräch nach einer Weile aufnahm.

»Ich habe hier noch etwas, was mich sehr beunruhigt«, er zeigte auf die Mappe in seiner Hand. Fragend sah Balsam ihn an.

»Der Abriss deiner Doktorarbeit«, fuhr Vernon fort. »Ich bin sie immer wieder durchgegangen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass diese Zusammenfassung, wer immer auch dafür verantwortlich ist, eine Menge auslässt.«

Schlagartig wich Balsams Spannung. Endlich befand er sich auf vertrautem Terrain.

»Das kann ich mir gut vorstellen«, sagte er. »Du kannst dir gar kein Bild davon machen, welche Probleme ich mit dieser Arbeit hatte. Eine Zeitlang dachte ich, man würde mich deshalb aus St. Alban rauswerfen.«

»Ja, das lag wohl sehr nahe«, stimmte Vernon zu, der immer noch die Mappe hielt und nun laut den Titel der Doktorarbeit vom Einband ablas: »Selbstmord als Sünde: Eine Untersuchung über die Gültigkeit des Dogmas. Es klingt, als hattest du ernsthaft daran gedacht, das Dogma in Frage zu stellen. Stimmt das?« Mit scharfen Blicken begann er Peter zu prüfen.

Balsam zuckte die Schultern. »Kommt ganz darauf an, was du damit meinst, ernsthaft in Frage zu stellen. Ich habe mich lediglich darum bemüht, einen Blick auf das Dogma der Kirche zu geben, wenn auch unter Berücksichtigung der Aussagen der modernen Psychologie zum Phänomen des Selbstmordes.«

»Und du meinst, dadurch wird die kirchliche Lehre in keiner Weise in Frage gestellt?« Wieder sah ihn der Priester mit streng prüfendem Blick an.

»Nicht in meinen Augen«, erwiderte Balsam. »Aber ich fürchte, in St. Alban haben sie nicht viel Unterschied gemacht zwischen meiner Untersuchung und einer echten Infragestellung.«

»Das kann ich mir auch nicht vorstellen«, entgegnete der Monsignore. »Um ehrlich zu sein, ich selbst kann diesen Unterschied nicht machen.«

»Vielleicht ist es am besten, ich erkläre es am Beispiel eines Gerichtsverfahrens. Alles, was ich meiner Meinung nach getan habe, war die Durchführung einer Art Vorverhör, um zu sehen, ob ein Prozess überhaupt nötig sein würde.«

»Und war es nötig?«

Balsam hob erneut die Schultern. »Ich weiß es nicht. Jedenfalls stieß ich bei der Gegenüberstellung des kirchlichen Dogmas und der Wissenschaft der Psychologie auf einige Streitpunkte, für deren Lösung kompetentere Leute als ich zuständig sein sollten.«

Bei diesen Worten lehnte sich der Monsignore im Stuhl zurück, um sich offenbar zu entspannen. Zum ersten Mal hatte Balsam bemerkt, wie sehr der Pater bei diesem Thema verwirrt war, und glaubte, er schulde ihm deshalb eine Erklärung.

»Mir schien die Lehre der Kirche, was den Selbstmord betrifft, immer ein wenig unmenschlich«, begann er.

Monsignore Vernon lächelte gequält, »Die Lehren der Kirche sind Aussagen Gottes. Was auf den ersten Blick also unmenschlich erscheint, ist noch lange nicht gottlos.«

Balsam zog die Brauen zusammen. Er spricht wie ein echter Inquisitor, dachte er sich, ehe er laut fortfuhr: »Mir scheint, dass wir jemanden, der so zerrüttet ist, dass er sich umbringen will, nicht als vernünftig bezeichnen können. Also verdient er die gleiche Zuwendung, die die Kirche auch denen gibt, die wir als Schwachsinnige und Heiden bezeichnen.«

»Dein Vergleich hinkt«, antwortete Vernon unterkühlt. »Natürlich sind diejenigen, die wir als Schwachsinnige und Heiden bezeichnen, nicht für sich selbst verantwortlich, aber nicht einfach, weil sie Schwachsinnige und Heiden an sich sind, sondern deshalb, weil sie nicht in der Lage sind, die Dogmen überhaupt zu verstehen.«

Balsam zog es vor, nicht weiter auf diesem Punkt zu beharren. »Wie ich schon sagte, kompetentere Leute als ich sollten darüber entscheiden, ob das Dogma geändert werden sollte oder nicht. Ich habe dazu in meiner Ausarbeitung in keiner Weise Stellung genommen. Wahrscheinlich wurde sie aus diesem Grund letzten Endes angenommen.«

»Und für dich selbst hast du auch keine Lösung gefunden?«, fragte der Monsignore nach, um ihn offensichtlich weiter unter Druck zu setzen.

Balsam verneinte mit einem Kopf schütteln. »Soweit es mich betrifft, habe ich lediglich Fragen aufgeworfen. Ich glaube, ich bin weder in der Psychologie noch in der Theologie bewandert genug, um darauf auch die Antworten zu liefern.«

Monsignore Vernon nickte bedächtig mit dem Kopf, als ob er das Gesagte erst einmal verdauen müsste. Als er den Faden wieder aufnahm, konnte Balsam den Zusammenhang anfangs nicht genau erkennen.

»Ich möchte dir sagen, dass es in der Gemeinde ziemliche Aufregung über dein Unterrichtsfach gegeben hat«, begann er. »Ich befürchte, dass es da eine starke Strömung gibt, die der Meinung ist, Psychologie habe an einer kirchlichen Schule nichts zu suchen. Offen gesagt, ich hatte einige Zweifel, ob meine Wahl für diese Aufgabe auf den richtigen Mann gefallen ist.«

»Und?«, wollte Balsam weiter wissen.

Monsignore Vernon zeigte sein grimmiges Lachen, als er erklärte: »Lass es mich einfach so sagen - ich fühle mich jetzt ein bisschen wohler. Noch vor ein paar Minuten dachte ich, ich müsste dich ernsthaft davor warnen, unseren Schülern etwas beizubringen, was in irgendeiner Weise im Widerspruch zu den Lehren der Kirche steht.«

Diese Warnung hast du mir ja nun gegeben, dachte Balsam bei sich. Dann versuchte er, seine Stimme so unbeteiligt wie möglich klingen zu lassen, als er nachsetzte: »Und du glaubst, jetzt ist das nicht mehr nötig?«

»Ich glaube, du wirst deine Sache gut machen«, antwortete Vernon im Aufstehen. »Und vermutlich war es richtig, in deinem Klassenzimmer die Statue des St. Peter des Märtyrers aufzustellen.« Bei diesen letzten Worten glaubte Peter ein Leuchten in den Augen des Paters zu erkennen, ein eigenartiger Eindruck, den er jedoch rasch verwarf.

»Vielleicht sollte ich mich besser mit der Geschichte des heiligen Peters des Märtyrers befassen«, sagte er. »Immerhin werden wir ja Kollegen.«

Vernon gab ihm einen kameradschaftlichen Schlag auf die Schulter, der Balsam das Gefühl gab, zur Tür hinausgedrängt zu werden.

»Vielleicht solltest du das wirklich tun«, betonte der Pater zustimmend. »Er war ein faszinierender Mann. Du kannst mir glauben, er hatte nie Probleme, zu entscheiden, was mit der reinen Lehre der Kirche in Einklang stand und was nicht. Solltest du jemals Zweifel darin haben, etwa beim Unterricht in deiner Klasse, dann frag St. Peter den Märtyrer um Rat. Oder mich. Ich sage das nicht aus Stolz. Du weißt, auch Stolz ist eine Sünde. Aber ich habe fast so einen empfindlichen Sinn für das, was richtig ist, wie St. Peter selbst.«

»Ich werde das beherzigen«, gab Balsam trocken zurück und fragte sich, ob ihn der Pater überhaupt gehört hatte. Sie standen beide an der Eingangstür, während der Pater immer noch ganz in Gedanken verloren schien.

»In diesem Zusammenhang fällt mir ein«, sagte er beim Öffnen der Tür, »ich leite unten in Neilsville einen kleinen Arbeitskreis. Eine völlig zwanglose Sache, musst du wissen. Vielleicht würde dich das interessieren, speziell, was deinen Wissensdurst über St. Peter den Märtyrer beträfe. Er ist sozusagen unser Lieblingsheiliger. Oder bist du von solchen Dingen ganz abgekommen?« Völlig unvermittelt sah er ihm dabei in die Augen. Für einen Moment begegnete Balsam diesem Blick.

»Nicht ganz«, erklärte er unsicher. »Aber ich glaube, das muss noch warten. Ich habe noch eine Menge für den Unterricht vorzubereiten.«

»Wahrscheinlich mehr, als du dir jetzt träumen lässt«, ergänzte Vernon in einem Ton, der Balsam stutzig machte. Als er Balsams verdatterten Gesichtsausdruck bemerkte, fuhr er sogleich fort: »Wir dachten, dass wir mit der unteren Klasse beginnen sollten, wenn wir den Psychologieunterricht starten. Da sind nämlich vier Mädchen, und ich bin mir sicher, dass sie an deinem Unterricht teilnehmen wollen.«

»Etwa die vier, die vorhin Tennis spielten?«, fragte Peter intuitiv.

»Genau die«, bestätigte Vernon. »Aber ich möchte dich vorwarnen. Schon von klein auf waren sie unzertrennlich, und bislang kannten die Schwestern immer nur ein Mittel, um mit ihnen fertig zu werden, indem sie sie einfach voneinander trennten. Sonst hängen sie nämlich immer zusammen. An Unterricht ist dann nicht mehr zu denken, es wäre eine einzige Schwätzerei, und du wärst nur damit beschäftigt, mit deinen Klassenbucheintragungen nachzukommen. Ich habe eine ganze Schreibtischschublade voll mit Eintragungen über die vier. Seit neun oder zehn Jahren sammle ich die schon. Eines Tages werde ich sie alle lesen, allein um zu sehen, was die sich so alles ausdenken. Ich möchte wissen, was in aller Welt so wichtig ist, dass man es sich nicht nach dem Unterricht erzählen kann.«

Balsam merkte, wie wieder dieses Unbehagen in ihm hochkam. Mädchen dieses Alters hatten ihn schon immer verunsichert, so dass die Aussicht, mit einer festen Clique von Teenagern konfrontiert zu werden, ihm angst machte. Er ließ es sich aber nicht anmerken.

»Ich danke für diese Warnung«, fügte er an. »Aber irgendwie sagt mir mein Instinkt, dass es sicher ganz interessant ist, alle vier von ihnen in einer Psychologieklasse zu haben.«

»Folgst du eigentlich immer deinen Instinkten?«, wollte Monsignore Vernon wissen.

Unbeirrt sah Balsam ihn an. »Nein«, betonte er mit ruhiger Stimme, »nicht immer.«

»Gut«, entgegnete der Priester, »dann wirst du dich hier ja zurechtfinden.« Und noch bevor Balsam darauf etwas entgegnen konnte, hatte der Priester sich ins Haus zurückbegeben. Balsam stand vor geschlossener Tür und fragte sich, was sein alter Freund mit diesen Worten nur gemeint hatte.

Die steinerne Fassade des Hauses konnte ihm darauf keine Antwort geben, und langsam trat er den Weg hinunter nach Neilsville an. Eigentlich nahm er unterwegs die Stadt gar nicht wahr, da sich in seinem Kopf ein ganz anderes Bild festgesetzt hatte. Es war das Bild von jener Statue im Klassenzimmer, von St. Peter dem Märtyrer. Ganz deutlich spürte er, dass es eine Warnung war, aber wovor?

 

Von seinem Fenster im Pfarrhaus aus beobachtete Monsignore Vernon, wie Peter Balsam die Anhöhe hinunterging. Es würde schon alles gut laufen, fand er, obgleich er sich anfangs nicht so sicher gewesen war. Nach dem Gespräch mit Balsam aber wusste er, dass er zufrieden sein konnte. Alles würde wieder in Ordnung kommen, jetzt wo er Peter Balsam in Neilsville hatte.

 

Auf seinem Weg durch die Hauptstraße überkam Peter Balsam, wie schon bei seiner Ankunft, das Gefühl einer düsteren Vorahnung. Wie sollte er dagegen ankommen, fragte er sich und fühlte, dass es mit seiner Standhaftigkeit nicht weit her war. Eigentlich wollte er Pete - dem Monsignore, verbesserte er sich sogleich - nur einen Besuch abstatten und bei dieser Gelegenheit mitteilen, dass er nicht bleiben wolle. Aber er hatte es nicht fertiggebracht. Stattdessen ließ er den Priester über sich entscheiden, so wie er schon immer über sich hatte bestimmen lassen. Das war schon so, als sie noch kleine Jungen gewesen waren. Es schien, als ob Pete Vernon Macht über Peter Balsam besaß.

Es war, als ob der nur wenig ältere Vernon etwas wusste, was für Balsam nicht erkennbar war.

Tatsächlich hatte Pete Vernon einst eine Bemerkung gemacht, die sich in Balsams Gedächtnis fest verankert hatte. »Unsere Leben sind untrennbar miteinander verbunden. Und so wird es immer bleiben!« hatte er damals gesagt. Balsam hatte dem keine weitere Beachtung mehr geschenkt, weil er dachte, dass der andere ihn nur ein bisschen auf den Arm nehmen wollte. Und jetzt, zwanzig Jahre später, waren sie beide hier in Neilsville und wieder zusammen.

Plötzlich bemerkte er, wie er von den Leuten, die ihm auf dem Gehsteig entgegenkamen, nicht angeschaut, sondern angestarrt wurde. Aber er hielt sich zurück, sie im Gegenzug genauso anzustarren, und konzentrierte sich mehr darauf, die Stadt kennenzulernen.

Ohne die Hitze und die Trockenheit der Wüste hätte Neilsville durchaus ein hübsches Städtchen sein können. Seine Fachwerkhäuser, die sich zwischen den Ahornbäumen des Mittleren Westens gut gemacht hätten, wirkten in der völlig ausgedörrten Umgebung, zwischen Kaskadengebiet und den Rockies, eher öde und leblos. Man hätte den Eindruck bekommen können, als stünden sie da in Erwartung einer mächtigen Naturgewalt, die sie von der Einsamkeit befreien würde. Doch dieses Ereignis war nie eingetreten. Immer noch stand jeder Laden, jedes Haus für sich, und unterwegs hätte Peter Balsam gerne gewusst, ob nur er dieses eigenartige Gefühl empfand. Er fühlte sich von der Stadt wie von einem Menschen zurückgewiesen. Er fing an, die Einwohner von Neilsville verstohlen zu mustern.

Noch nie hatte er an Leuten eine so seltsame Ähnlichkeit bemerkt. Sie alle schienen irgendwie vom gleichen Schlag zu sein, und jeder von ihnen wirkte ein bisschen vorgealtert - kein gesundes Alter, oder gar ein weises. Nein, es war ganz von Verdrossenheit gezeichnet. Oder etwa von Angst? Die gleiche Zurückhaltung, die ihm bereits an den Gebäuden aufgefallen war, ließ sich auch an den Menschen ablesen, die darin wohnten. Auch sie schienen auf etwas zu warten. Lind was immer das auch sein mochte, es versprach sicher nichts Erfreuliches.

Manchmal ertappte er jemanden dabei, wie dieser ihn offensichtlich anstarrte, was den anderen jedoch in keiner Weise kümmerte. Niemand wandte sich verschämt ab, wenn er bewusst hinsah. Im Gegenteil, mit verkniffenen Lippen begegnete jeder seinem Blick. Dann erst wandte man sich ab, um in Begleitung des einen oder anderen das Tuscheln anzufangen. Nur allzu gerne hätte Balsam gewusst, was sie sagten.

An der nächsten Kreuzung zwang ihn die einzige Ampel in Neilsville, stehenzubleiben. Als er merkte, dass er sich direkt vor dem Büro der Telefongesellschaft befand, ging er kurz entschlossen hinein. Hinter dem Schalter saß eine ältere Frau nachdenklich an einem Schreibtisch, die nun zu ihm auf sah und sagte:

»Sie möchten sicher ein Telefon bestellen.«

Peter nickte überrascht. »Woher wussten Sie das?«

»Hier«, sagte die Frau gedehnt, »hier weiß jeder alles.«

Dann zog sie aus der obersten Schublade ihres Schreibtisches ein Formular und fuhr wie selbstverständlich fort: »Balsam war doch Ihr Name, oder?« Peter nickte erneut, und ohne weitere Fragen zu stellen, begann die Frau mit dem Ausfüllen des Formulars, das sie ihm zu guter Letzt zur Unterschrift vorlegte. Während er die Daten, die sie von weiß Gott woher wusste, nachprüfte, sprach sie ihn plötzlich von neuem an.

»Soviel ich weiß, waren Sie doch mal Priester?«

Erschrocken blickte er auf.

»So direkt kann man das nicht sagen«, antwortete er. »Ich habe zwar mit dem Studium angefangen, es aber nie beendet.«

»Ach, dann gehören Sie also zu diesen Leuten?«, murmelte die Frau, um dann, als Peter unterschrieben hatte, fortzufahren: »Mit dem gleichen Zug wie Sie kam wohl auch Margo Henderson, wenn ich das richtig verstanden habe?«

Peter entschied, dass es wohl das Beste sei, ihren missbilligenden Unterton einfach zu übergehen.

»Ja, da haben Sie recht. Sie ist eine angenehme Frau.« Seine Erinnerung sagte ihm allerdings, dass er sie mehr als angenehm empfand. Begehrenswert schön. Aber im selben Augenblick, da er sich mit Freude an Margo Henderson erinnerte, musste er zu seinem Ärger auch wieder an die Frau denken, die Pete Vernon geschickt hatte, um ihn vom Zug abzuholen. Leona Anderson hieß sie.

»Geschieden«, sagte die Frau hinter dem Schalter, womit sie Peter in die Wirklichkeit zurückholte. Sie sprach also immer noch über Margo.

»Nun«, lächelte Peter, »es gibt bestimmt Schlimmeres.«

»So, finden Sie?«, fragte die Frau, ohne sein Lächeln zu erwidern. »Sie sollten wissen, dass wir hier in Neilsville fast alle katholisch sind.«

»Aber eben nicht alle«, entgegnete Peter. »Meines Wissens gibt es hier doch neben St. Francis Xavier auch eine öffentliche Schule. Und außerdem ist mir, als hätte ich auch einige andere Kirchen gesehen.«

Von ihrem Platz hinter dem Schalter aus musterte die Frau Peter von oben bis unten. Peter fühlte förmlich, wie sich ihr Blick in seinem braunen Haar verfing. Es war offensichtlich, dass seine Bemerkung in keiner Weise gutgeheißen wurde. »Hier in Neilsville ist Platz für jeden, solange er sich zu benehmen weiß.« Deutlich verriet ihr Ton, dass sie genau das von Peter nicht erwartete.

»Eigenartig«, sagte er. »Dasselbe hat mir heute schon einmal jemand gesagt. Eine Dame namens Leona Anderson.«

»Leona ist eine sehr kluge Frau.«

»Zweifellos«, bekräftigte Peter trocken. Allerdings hatte er sie auch schon von einer anderen Seite kennengelernt, denn ihm gegenüber hatte sie sich ziemlich bärbeißig gegeben und aus ihrer Abneigung kein Hehl gemacht. Dies war vom ersten Moment an der Fall, als sie ihn abholte, und daran hatte sich auch nichts geändert, als sie ihn schließlich zu seinem Apartment gebracht hatte. »Und wann kann ich mit dem Telefon rechnen?«

»In vier Tagen«, antwortete die Frau, ohne den Terminkalender nachzusehen. »Das ist die normale Bearbeitungszeit.«

Da Peter nicht weiter argumentieren wollte, dankte er der Frau für ihre Bemühungen und verließ das Büro. Sie beobachtete ihn, und sobald er außer Sichtweite war, nahm sie das Telefon auf ihrem Schreibtisch und begann hastig zu wählen.

»Leona, gerade war dieser Balsam hier, von dem du mir erzählt hast, um ein Telefon zu bestellen. Ich glaube, du hast Recht, und du solltest besser mit dem Monsignore reden. Ich weiß nicht, irgendetwas an dem jungen Mann gefällt mir nicht. Wenn du mich fragst, dann ist mit diesem Balsam heute eine Menge Ärger in unsere Stadt gekommen.«

 

 

 

3.

 

 

Nach vier Tagen in Neilsville fühlte sich Peter Balsam ein wenig wohler. Er hatte sich schon eingerichtet: Seine Bücher standen geordnet auf einem Wandregal aus Ziegeln und Brettern, und überall Pflanzen, für die er mehr als ursprünglich beabsichtigt ausgegeben hatte. Und dann war natürlich auch sein Telefon installiert, das er auf seinen Schreibtisch gestellt hatte. Er sah gerade den grünen Apparat an und überlegte, warum er seit heute Morgen, als das Telefon angeschlossen wurde, das Gefühl hatte, mit der Außenwelt in Verbindung zu sein. Nicht, dass er jemanden angerufen hatte; es war auch nicht wahrscheinlich, dass jemand ihn anrufen würde. Plötzlich überraschte ihn das Klingeln des Telefons. Fassungslos sah er es einen Moment an, nahm dann den Hörer auf und meldete sich. Zögernd sagte er: »Hallo.« Er war sich sicher, dass sein Gegenüber sich verwählt hatte und auflegen würde.

»Peter Balsam?« Es war die Stimme einer Frau. Auch sie klang zurückhaltend, aber irgendwie bekannt.

»Ja«, antwortete Peter. Er überlegte, woher ihm die Stimme bekannt vorkam.

»Hier ist Margo Henderson«, fuhr die Frau fort.

»Die Frau aus dem Zug?« Balsam fühlte sich wie von einer großen Freudenwelle getragen.

»Hallo«, wiederholte er, dieses Mal herzlich.

»Das klingt schon besser«, meinte Margo. »Ich dachte schon, Sie erinnern sich nicht mehr an mich.«

»Stimmt«, gab Peter zu. »In Wahrheit dachte ich, jemand hätte sich verwählt. Ich habe das Telefon ja erst seit heute Morgen. Normalerweise dauert es einige Tage, bis die ersten Leute die Nummer wissen.«

»Nicht in Neilsville«, lachte Margo. »Sie sind seit Jahren das Ereignis hier.« Einen Augenblick hielt sie inne, was Peter dennoch keine Gelegenheit zu einer Antwort gab. Sie fuhr bereits fort: »Ich war neugierig, wissen Sie. Ich wollte wissen, ob Sie mich heute Abend vielleicht zum Essen ausführen würden?«

Einen Moment war Peter echt verlegen, erholte sich aber sofort. »Es wäre mir eine große Freude«, bekannte er. »Aber da gibt es ein Problem - ich habe kein Auto!«