Immaculata - Hanns Heinz Ewers - E-Book

Immaculata E-Book

Hanns Heinz Ewers

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Beschreibung

Hanns Heinz Ewers (1871 - 1943) avancierte Anfang des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum vom Kabarettstar zum Filmpionier und Bestsellerautor, der mit Romanen wie ALRAUNE und VAMPIR sowie seinen Sammlungen von "seltsamen" Geschichten (DAS GRAUEN, DIE BESESSENEN) auch weltweite Bekanntheit erlangte. In der Folge führte Ewers ein schillerndes Leben als Globetrotter, Bohemien und egomanischer Bürgerschreck, er experimentierte mit Drogen und hatte zahlreiche Affären. Während des 1. Weltkriegs in den USA interniert, geriet er nach seiner Rückkehr nach Deutschland in den Dunstkreis der Nationalsozialisten und schrieb - angeblich im Auftrag von Adolf Hitler persönlich - den Propagandaroman HORST WESSEL. Aufgrund seiner prosemitischen Haltung und seiner skandalösen Texte landete Ewers aber nach der Machtübernahme der Nazis dennoch schnell auf der Liste unerwünschter Personen, dessen Bücher gemeinsam mit denen seiner ehemaligen politischen Gegner verbrannt wurden. Über Ewers wurde ein Schreibverbot verhängt, und er starb vereinsamt und vergessen 1943 in Berlin. Während Ewers international schon früh als führender deutscher Autor unheimlich-phantastischer Literatur anerkannt wurde, blieb er im Nachkriegs-Deutschland lange Zeit wegen seiner zwischenzeitlichen NS-Nähe verfemt. Immaculata (herausgegeben vom Ewers-Biografen Dr. Wilfried Kugel und dem Phantastik-Experten Jo Piccol) versammelt bisher unveröffentlichte Texte aus dem Nachlass von Ewers - drei Erzählungen und das dramatische Singspiel "Das Rosenfest der Rheinischen Nonnen". Die Texte wurden mit einer kenntnisreichen Einführung und Anmerkungen von Dr. Wilfried Kugel versehen, die auch ein neues Licht auf den Autor Ewers werfen, der sich in seinen späten Jahren mit beißenden, gesellschaftskritischen Satiren deutlich von der nationalsozialistischen Ideologie distanzierte.

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Herausgegeben von

Jo Piccol und Dr. Wilfried Kugel

Mit einem Vorwort

von Jo Piccol

sowie einer Einführung und Anmerkungen

von Dr. Wilfried Kugel

INHALT

VORWORT ZU DIESER AUSGABE

Jo Piccol

EINFÜHRUNG HANNS HEINZ EWERS UND DIE 1920

ER

JAHRE

Dr. Wilfried Kugel

IMMACULATA

Erzählung, Typoskript, ca. 1922, ergänzt 1943

ZWEITES GESICHT

Erzählung, Typoskript, ca. 1924–1927

DAS ROSENFEST DER RHEINISCHEN NONNEN

Erzählung, 1916 – eingefügt in den Roman „Vampir“ (1920), München: Georg Müller-Verlag, S. 253–270

Dramatische Fassung, Typoskript, ca. 1927

VORWORT ZU DIESER AUSGABE

Wer sich heute für Leben und Werk von Hanns Heinz Ewers interessiert, kommt an der Arbeit von Dr. Wilfried Kugel nicht vorbei. Durch seine umfangreichen Forschungsarbeiten zu Leben und Werk des 1943 verstorbenen legendenumwitterten ehemaligen deutschen Bestsellerautors Ewers sowie seine zahlreichen einschlägigen Themenbeiträge gilt Dr. Wilfried Kugel auch international als der ausgewiesene Ewers-Experte und -Kenner schlechthin. Auf Basis seiner Dissertation verfasste Kugel die bis dato essenzielle Ewers-Biografie („Der Unverantwortliche“, Grupello, Düsseldorf, 1982). Nach seiner Promovierung an der Freien Universität Berlin rekonstruierte er den wegweisenden deutschen Stummfilm „Der Student von Prag“, an dem Ewers als Autor und Regisseur maßgeblichen Anteil hatte, und war zudem als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf tätig, in dem der Nachlass von Ewers verwahrt wird.

Dem unermüdlichen Engagement von Dr. Wilfried Kugel ist es auch zu danken, dass wir mit diesem Buch eine der letzten Lücken in der Publikationsgeschichte von Hanns Heinz Ewers‘ Werk schließen und drei relevante, bisher unveröffentlichte Texte aus dem Nachlass einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen können. Es handelt sich dabei um die beiden Erzählungen „Immaculata“ und „Zweites Gesicht“ sowie um die vermutlich 1927 entstandene dramatische Fassung der Erzählung „Das Rosenfest der rheinischen Nonnen“ (die Ewers als eigenständige Geschichte in seinen Roman „Vampir“ eingefügt hatte).

Wer sich bereits näher mit der Person des Juristen, Dichters, Übersetzers, Kabarettisten, Filmemachers, Librettisten, „Rauschliteraten“, Globetrotters und Bürgerschrecks Hanns Heinz Ewers auseinandergesetzt hat, dem wird vielleicht bekannt sein, dass dieser – neben seinen populären Romanen wie dem Sensationserfolg „Alraune“ (1911) – eine besondere Vorliebe für phantastisch eingefärbte „seltsame“ Erzählungen sowie die dramatische Form hatte. Während seine Bühnenstücke jedoch zum Großteil unbeachtet und unaufgeführt blieben, feierte Ewers mit seinen kurzen Grotesken, Tierfabeln, Romanen und den beiden Geschichtensammlungen „Das Grauen“ und „Die Besessenen“ (neu aufgelegt in der Reihe UNTOTE KLASSIKER des JOJOMEDIA-Verlags) schon vor dem 1. Weltkrieg seinen großen Durchbruch.

Das macht die nun vorliegenden Texte für jeden Ewers-Interessierten zu einer formal wie thematisch besonders spannenden Lektüre – speziell auch vor dem biografischen und zeithistorischen Hintergrund, den Dr. Wilfried Kugel in seiner fachkundigen Einführung und seinen inhaltlichen Anmerkungen eingehend skizziert.

Apropos Anmerkungen:

Eine besondere Herausforderung bei der Erstellung dieser Ausgabe stellte die Transkription und Übertragung der Originaltexte in eine zeitgemäße Druckversion dar. Dies liegt einerseits in den seit der Zeit der Entstehung veränderten Sprachregeln, andererseits in dem teils sehr eigentümlichen ganz persönlichen Schreibstil von Ewers (zum Beispiel Zeichensetzung und Verkürzungen betreffend) und zum Dritten in der unlektorierten Rohform der zugrunde liegenden Typoskripte begründet. Insbesondere bei der Erzählung „Das zweite Gesicht“ ist zu bemerken, dass Ewers den Text weder stilistisch noch im Hinblick auf die Durchgängigkeit der Schreibweise nachbearbeitet haben dürfte.

Wir haben uns daher dazu entschlossen, die Originaltexte im Hinblick auf Orthografie, Interpunktion und Grammatik leicht zu bearbeiten und an die neue deutsche Rechtschreibung anzupassen. Weiters wurden im Satz nur offensichtliche Fehler ausgemerzt sowie kleine Korrekturen und formale Vereinheitlichungen vorgenommen, die heutigen Lesegewohnheiten entsprechen. Wo immer möglich, haben wir ansonsten die vom Autor intendierten Formulierungen und Ausdrucksweisen sowie Worte in altertümlichem Deutsch beibehalten (insbesondere auch in Zitaten).

Zu einigen in den Texten enthaltenen Anspielungen und heute nicht mehr gängigen Begriffen hat Dr. Wilfried Kugel zum besseren Verständnis entsprechende Anmerkungen angefügt.

Wir hoffen, Ihnen damit diese bisher noch nicht veröffentlichten Texte von Hanns Heinz Ewers auf ideale Weise näherbringen zu können und wünschen Ihnen viel Lesevergnügen mit diesem Buch!

Jo Piccol Wien, 2020

EINFÜHRUNG HANNS HEINZ EWERS UND DIE 1920ER JAHRE

„Ich will katholisch werden,“ wiederholte Frank Braun.

– Aber dann vergaß er es wieder.1

„Immaculata“, so sollte ein Band mit Erzählungen heißen, den Dr. Hanns Heinz Ewers 1943 kurz vor seinem Tod veröffentlichen wollte.2 Das nationalsozialistische Regime in Deutschland vereitelte allerdings diesen Plan.

Die Sammlung sollte neben den bereits früher veröffentlichten Erzählungen drei unveröffentlichte Werke: „Immaculata“, „Zweites Gesicht“ und „Das Rosenfest der rheinischen Nonnen“ beinhalten. Diese drei Texte, in den 1920er Jahren entstanden, werden hier erstmals veröffentlicht.

I Zu Hanns Heinz Ewers

Da heute – insbesondere der jüngeren Generation – der Name Ewers kein Begriff mehr ist, möchte der Verfasser einige Bemerkungen zum Leben des Bohemiens voranstellen.

PERSONALIEN

Hanns Heinz Ewers (eigentlich Hans Evers) wurde am 3. November 1871 im Haus seiner Eltern in der Düsseldorfer Immermannstraße 22 geboren. Sein Vater war der mecklenburgische Hofmaler August Heinrich Evers (1817–1885), seine Mutter die Düsseldorfer Märchen-Autorin und Übersetzerin Maria aus‘m Weerth (1839–1926).

Hanns Heinz Ewers studierte ab 1891 Jura. Nach der ersten Staatsprüfung 1894 trat er sein Referendariat an. Er legte die zweite Staatsprüfung nicht ab, sondern promovierte 1898 zum Dr. jur.

1901 ging er nach Berlin, wo er als Kabarettist, Autor von Erzählungen und Romanen sowie als Film-Pionier eine steile Karriere machte.

Bedingt durch den 1. Weltkrieg hielt sich Ewers 1914–1920 in den USA auf.

Trotz einer kurzen Liaison mit den Nationalsozialisten 1931 bis 1933 wurde ab 1934 fast sein gesamtes Werk in Deutschland verboten. Ab 1937 stand er unter generellem Schreib- und Publikationsverbot.

Ewers war zweimal verheiratet, von 1901 bis 1912 mit der Malerin Ilna Wunderwald (1875–1957) und ab 1921 mit der US-Amerikanerin Josephine Bumiller (1897–1974). Er hatte eine uneheliche Tochter, die 1899 geborene Victoria Kreis.

Am 12. Juni 1943 starb Ewers vereinsamt in Berlin, weltberühmt, aber in Deutschland von Rechts und Links geächtet und geschmäht.

WIRKUNG

Die Bestseller von Ewers erreichten ab 1901 in deutscher Sprache sehr hohe Auflagen und wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt, sogar in Blindenschrift und Einheitskurzschrift.

Seit dem Beginn der 2000er Jahre erlangten die Werke von Ewers, teils in neuer Übersetzung, insbesondere in Großbritannien und den USA unter dem Label „Gothic Novels“ neue Popularität.

Nach dem Auslaufen des Urheberpersönlichkeitsrechts Ende 2013 erschienen auch in Deutschland zahlreiche Nach- und Neudrucke.

USA 1914–1920

Zum Verständnis der nachfolgend im Einzelnen besprochenen Erzählungen soll kurz der unfreiwillige sechsjährige Aufenthalt von Ewers in den USA umrissen werden, da diese Zeit starke Einflüsse auf sein Werk ausübte.

Ewers wurde im Juli 1914 auf einer Weltreise vom Ausbruch des 1. Weltkrieges überrascht. Eine Rückreise nach Deutschland war nicht mehr möglich. Er lebte nun in New York City (USA) und betrieb durch Vorträge, Zeitungsbeiträge und wohl auch kurze Filme deutschfreundliche Propaganda, zuerst mit dem Ziel, einen Kriegseintritt der USA zu verhindern, der jedoch am 6. April 1917 erfolgte.

Am 16. Juni 1918 meldete die „New York Times“, Ewers und andere Deutsche seien interniert worden. Die Gründe seien Passfälschungen und Spionage gewesen. Er kam in verschiedene Gefängnisse, schließlich aber als „Prisoner of War“ No. 1587 nach „Fort Oglethorpe“ (Georgia), in das sogenannte „Millionaires Camp“.

Im April 1919 wurde Ewers wegen eines Gallenstein-Leidens in ein Krankenhaus nach New York City gebracht, wo er nach einer Operation bis August 1919 verblieb.

Nach dem Hospitalaufenthalt musste Ewers nicht mehr zurück in das Lager, aber nur unter Auflagen: Eine hohe Kaution (100.000 Mark) musste hinterlegt werden, er hatte Publikationsverbot, erhielt keinen Pass, und stand „unter Parole“ (Meldepflicht). In einem Interview gab Ewers an, er verdanke es hauptsächlich den Bemühungen des englischen Romanciers John Galsworthy (1867–1933, Nobelpreis 1932), dass er auf freien Fuß gesetzt wurde.

Erst im Mai oder Juni 1920 erhielt Ewers die Erlaubnis zur Heimkehr nach Deutschland. Auf einem italienischen Schiff erreichte er am 3. Juli 1920 Gibraltar und fuhr von dort aus weiter nach Italien, um sich von den Strapazen der letzten Jahre zu erholen. Hier schrieb er ein Vorwort zu seinem Roman „Vampir“, dessen Manuskript er aus den USA mitbringen konnte. In den ersten Augusttagen des Jahres 1920 war er nach sechs Jahren Abwesenheit wieder zurück in Berlin.

OKKULTISMUS UND PARAPSYCHOLOGIE

In den USA stand Ewers in Verbindung mit dem Okkultisten, Satanisten, „Sexualmagier“, passionierten Drogen-Konsumenten und Schriftsteller Aleister Crowley (1872–1947), der zur Hälfte irischer Abstammung, englandfeindlich und deutschfreundlich war.

Ewers kannte Crowley spätestens seit dem Frühjahr 1915 und versuchte sogar, ihn in Deutschland populär zu machen. Im gleichen Zeitraum (1915–1917) wie Ewers veröffentlichte auch Crowley politische und literarische Beiträge in den deutschfreundlichen New Yorker Zeitschriften „Fatherland“ und „The International“.

Es ist anzunehmen, dass die blutrünstigen und okkultistischen Ausführungen im Roman „Vampir“ unter anderem auf den Einfluss von Crowley zurückgehen.

Auch das „Paranormale“ erweckte Ewers‘ Interesse. Er nahm an „Sitzungen“ mit „Professor“ Bert Reese (1851–1926) teil, der in den New Yorker Salons als „Mann mit den Röntgenaugen“ vorgab, gefaltete Zettel hellseherisch lesen zu können. Ewers hielt dies für Telepathie, doch Reese wurde später als Taschenspieler entlarvt. Die Sitzungen mit Reese in New York waren von dem Erfinder Thomas Alva Edison (1847–1931) initiiert worden, den Ewers auch persönlich kannte. Edison interessierte sich damals sehr für okkulte Phänomene und arbeitete am Bau einer Maschine, die den Kontakt mit Verstorbenen ermöglichen sollte!

In einem Interview mit dem „Neuen Wiener Journal“ äußerte Ewers am 7. November 1925:

„Vor vielen Jahren führte mich der Zufall in Amerika mit dem großen Edison zusammen. ‚Was ist eigentlich Elektrizität?‘ fragte ich damals den Zauberer von Menlopark. Die Antwort war kurz und bündig: ‚Ich weiß es nicht.‘ Nun ist es meine tiefe Ueberzeugung, daß die rätselhaften Kräfte, die die vielen medialen Wunder bewirken, im Grunde nicht um ein Haar übersinnlicher, auch nicht geheimnisvoller sind als die Elektrizität. Nur sind ihre Aeußerungen uns vorläufig weniger bekannt. [...] Trotz der leider allzuhäufigen Betrügereien schon entlarvter und noch nicht entlarvter Medien, bin ich fest überzeugt, daß der Okkultismus, der heute – wie zu Galvanis Zeiten die Lehre von der Elektrizität – die Tage seiner Kindheit lebt, die große umwälzende Wissenschaft der Zukunft ist.“

DIE 1920ER JAHRE IN BERLIN

Die Situation, die Ewers im August 1920 nach seiner Rückkehr aus den USA in Berlin antraf, war in jeder Hinsicht katastrophal. Seine 7-Zimmer-Wohnung am Savignyplatz 5 war geplündert, die meisten seiner Manuskripte gestohlen worden.

Der Georg Müller-Verlag hatte schon seit 1914 keine Tantiemen mehr gezahlt. Übersetzungen der Bücher von Ewers waren in mehreren Ländern unautorisiert erschienen. Dazu kamen unautorisierte Verfilmungen seiner Romane und Erzählungen.

Anfang August 1920 fuhr Ewers zu seiner Mutter nach Düsseldorf. Dort wurde er in Arrest genommen, was seine erste Gattin Ilna Wunderwald aufgrund angeblich säumiger Unterhaltszahlungen erwirkt hatte. Allerdings war die Ehe schon am 19. April 1912 geschieden worden, was Ilna bestritt. Nach der Scheidung hatte Ewers der ehemaligen Gattin monatlich Geld aus seinem Berliner Bankguthaben überwiesen, ihr später sogar noch aus den USA über Mittelspersonen Geld zukommen lassen.

Am 25. September 1920 wurde dann zwischen Ewers und Ilna eine Vereinbarung getroffen, nach der die Ehe am 19.04.1912 geschieden worden war, und dass Ewers zur Abgeltung aller Ansprüche 40.000 (Papier-)Mark (ca. 4.000 Goldmark) an seine geschiedene Frau zu zahlen habe.

Ende 1916 hatte Ewers – damals 45 Jahre alt – in New York City die neunzehnjährige Amerikanerin Josephine Bumiller (1897–1974) kennengelernt, damals wohl eine Schönheit. Sie folgte Ewers im Februar 1921 nach Berlin. Am 15. Oktober 1921 heiratete der 50-jährige Ewers in Berlin in zweiter Ehe die 24-Jährige.

Ewers wohnte seit Anfang Januar 1921 zur Untermiete bei dem Schriftsteller und Freund Dr. Artur Landsberger (1876–1933), der eine 10-Zimmer-Wohnung in der Tiergartenstraße 1 besaß. Hier zog auch Josephine ein. Erst am 10. Januar 1924 bezog das Ehepaar Ewers eine eigene Wohnung in der Hohenzollernstraße 21.

Bereits 1923 muss die Ehe zwischen „Hansiken“ und „Donie“, so ihre Kosenamen, in die Krise geraten sein. Josephine berichtete: „Das, was man allerorts als Eheleben versteht, dauerte bei uns (nach der Heirat) kaum länger als zwei Jahre. Der Grund der plötzlichen Änderungen in unseren Beziehungen wurde nie geklärt.“ Seit Ende 1928 lebten die Eheleute dann überwiegend getrennt.

Anfang März 1924 begann Ewers, seine Mutter in Briefen mit „Mutter Maria“ (auch vielfach abgekürzt „M.M.“) anzureden, wahrscheinlich Anzeichen für eine immer stärker in die Realität drängende Phantasiewelt, für die Transzendierung seiner Mutterbindung. Am 18. Juli 1926 starb Maria Ewers aus‘m Weerth im Alter von 87 Jahren. Ewers weilte gerade auf Capri und nahm am Begräbnis in Düsseldorf nicht teil.

KÜNSTLERISCHE PRODUKTION IN DEN 1920ER JAHREN

Die Roman-Produktion der 1920er Jahre beschränkte sich auf den ergänzten zweiten Teil (1922) von Friedrich Schillers Romanfragment „Der Geisterseher“ sowie den Roman „Fundvogel“ (1928). Dazu kamen die neue Erzählungssammlung „Nachtmahr“4 (1922), die Sammlung von Bühnenstücken „Das Mädchen von Shalott und andere Dramen“5 (1923), das autobiografische Bändchen „Die traurige Geschichte meiner Trockenlegung“ (1927) sowie „Von sieben Meeren“ (1927), eine Sammlung von Reiseberichten und Reiseerzählungen.

Ewers fühlte sich erneut zur Filmproduktion hingezogen. Immerhin hatte er ja 1913/14 in Berlin ca. 14 Spielfilme gedreht. 1926 erfolgte eine knapp zwei Stunden lange Neuverfilmung des Stummfilmklassikers „Der Student von Prag“ (1913) unter der Regie von Henrik Galeen und mit Conrad Veidt in der Hauptrolle. Ebenfalls unter der Regie von Galeen folgte 1927 eine mehr als zwei Stunden lange Verfilmung des Romans „Alraune“ (1911) mit Paul Wegener und Brigitte Helm in den Hauptrollen. Bei beiden Filmen war Ewers sowohl am Drehbuch als auch an der Regie beteiligt.

SIEBEN STÄBE-VERLAG

Ewers verbrachte fast das ganze Jahr 1927 in Brixen-Bressanone in Südtirol. Dort wurde er von Dr. Marius Matthießen besucht, dem Geschäftsführer des Berliner Sieben Stäbe-Verlages. Es wurde über einen Verlagsvertrag verhandelt; Ewers war die ständigen Zahlungsrückstände des Georg Müller-Verlags endgültig leid.

Tatsächlich erschien bereits 1927 der Band „Von sieben Meeren“ im Sieben Stäbe-Verlag, „im Einverständnis mit dem Georg Müller-Verlag, München“, wie die Erstausgabe informierte. Am 26. Januar 1928 schloss Ewers dann einen Generalvertrag über alle seine Werke mit dem Sieben Stäbe-Verlag. Der Verlag war dem „Gewerkschaftsbund der Angestellten“ (G. D. A.) angegliedert, dessen Direktor Matthießen ebenfalls war. Dieser kümmerte sich als Verleger am Anfang intensiv um seinen neuen Starschriftsteller. Schon 1928 ließ er die Gesammelten Werke von Ewers erscheinen, acht Bände in grünes Leinen gebunden, mit Goldprägung.

Ungefähr 1928/29 gründete Ewers u. a. mit Geldern von Dr. Matthießens Verlag die Filmgesellschaft „Hanns Heinz Ewers Produktion“. Eine Verfilmung des Romans „Fundvogel“ war das erste eigene Projekt. Doch mehreren Autoren gelang es nicht, ein passendes Drehbuch zu entwickeln.

Am 12. März 1929 war Dr. Marius Matthießen plötzlich verschwunden. Er hatte sich mit 150.000 Mark der „Gewerkschaft der Angestellten“ nach Buenos Aires abgesetzt. Das Filmprojekt musste gestoppt werden. Darüber hinaus hatte Matthießen ca. 750.000 Mark des Sieben Stäbe-Verlag unterschlagen und Unterlagen gefälscht. Er wurde nun steckbrieflich gesucht, kam dann aber im Juni 1930 freiwillig zurück nach Deutschland, nachdem er die Gelder in dunklen Kanälen hatte verschwinden lassen. Seine Strafe fiel milde aus.

Der „Sieben Stäbe-Verlag“ siechte dahin, für Ewers eine wahre Katastrophe, denn der Verlag hatte fast alle Rechte an seinen Werken und war dazu noch mit ca. 68.000 Mark im Zahlungsrückstand. Weiter hatte Ewers Matthießen auch noch 55.000 Mark für Aktienspekulationen zur Verfügung gestellt, Ehefrau Josephine weitere Summen. Mühsam gelang es Ewers nach jahrelangen Prozessen, einen Teil des Geldes zurückzubekommen.

Er verkaufte nun die Rechte an dem „Fundvogel“-Film an die Berliner „Excelsior-Film-Produktion“, die 1930 den Film mit Paul Wegener in der Hauptrolle tatsächlich drehte. Aber der Film misslang.

DROGEN-KARRIERE

Ewers trank, wie aus seinem Tagebuch hervorgeht, schon während seiner Schulzeit ziemlich viel Alkohol, als Student dann noch exzessiver. Insbesondere berauschte er sich mit Absinth. 1903 rauchte er täglich ca. 60 Zigaretten. Zur gleichen Zeit begann er auf Capri mit einem ausgiebigen Drogenkonsum – zuerst Haschisch, dann Opium. Schon 1903 schrieb er: „Mein Körper ist sehr widerstandsfähig, und ich habe von allen Giften stets starke Quantitäten nehmen müssen, um die erwünschten Rauschwirkungen hervorzurufen.“

1920 berichtete Ewers im Roman „Vampir“ über seine Stimulantien: „Mit kleinen Dosen Strychnin fing er an, erst in Pulverform, später in Pillen. Dann hatte er Morphium versucht, Muscarin, Digitalis, Atropin, Kokain; jedes hielt ihn aufrecht für eine Weile. Nur sehr wenig half ihm Heroin, und völlig zwecklos schien Opium. Wenn er es rauchte, schlief er bald ein, träumte. Wachte später auf, genau so krank wie zuvor, noch zerschlagener womöglich. Dagegen mochte ihn Arsenik für manche Stunden frisch halten, auch Mescal [Meskalin], wenn er es in geringen Dosen nahm.“

Es kann angenommen werden, dass Ewers seit den 1920er Jahren morphiumsüchtig6 war und mehrere Entziehungskuren machte.

In diesem Zusammenhang kam es wohl auch zu einem wachsenden Realitätsverlust: Traum und Welt wurden nicht mehr genau unterscheidbar, was sich in den Werken von Ewers widerspiegelt, auch in den hier vorliegenden Texten. Mit Blick auf die weltweiten Werke drogensüchtiger Schriftsteller muss das Problem allerdings nicht unbedingt negativ bewertet werden. Über den Zusammenhang von Rausch und künstlerischer Produktivität („Rauschkunst“) äußerte sich Ewers in mehreren Schriften.7

EXISTENZKRISE

Die 1920er Jahre verliefen für Ewers alles andere als optimal: Nach seiner Rückkehr aus den USA hatte er 1920 seine Wohnung geplündert vorgefunden. Der Georg Müller-Verlag zahlte keine Tantiemen. Ewers hatte eine hohe Summe an seine geschiedene erste Ehefrau Ilna zu zahlen. Ewers‘ Geburtsort Düsseldorf, wo seine Mutter lebte, wurde im März 1921 von Belgiern und Franzosen besetzt, was ihn sehr betrübte. Am 24. Juni 1922 wurde der deutsche Außenminister Walter Rathenau ermordet, dem sich Ewers schon seit 1911 sehr verbunden gefühlt hatte. 1922 begann die Inflation und erreichte 1923 den Höhepunkt der Geldentwertung. 1923 geriet auch noch die zweite Ehe in die Krise.

Anfang 1928 erkrankte Ewers ernstlich und begab sich Ende Mai nach Bad Homburg, wo er bis Ende September blieb. Die Beschwerden bestanden in einer Taubheit der Extremitäten. Offenbar wurde Polyneurithis diagnostiziert, die nach seinen Angaben auf einer Infektion beruhte. Die Krankheit tritt aber auch als Folge von Vergiftungen durch Alkohol oder Medikamente auf. Für letztere Krankheitsursache spricht eine Briefstelle vom 23. Juli 1928, wo Ewers schrieb: „it will take months and months to get the ‚toxic‘ (poison) out of the nerves.“ Es ist also ziemlich wahrscheinlich, dass Ewers eine Art Entziehungskur machen musste.

1929 ging der Sieben Stäbe-Verlag unter, der alle Rechte am Werk von Ewers besaß. Ebenso bedeutete das das Ende der Filmgesellschaft „Hanns Heinz Ewers Produktion“.

Ende 1929 begann die Weltwirtschaftskrise, in deren Folge Ewers auch nicht mehr unbeschränkt auf sein Geldvermögen zugreifen konnte. Offenbar mit der Idee eines Freitods schrieb Ewers am 29. Dezember 1929 sein Testament, zur Alleinerbin bestimmte er Gattin Josephine.

IM BANNKREIS DER NAZIS

Anfang der 1930er Jahre wandte sich Ewers der nationalsozialistischen Bewegung zu, die ihn faszinierte. Er wurde am 3. November 1931 in München per Handschlag durch Hitler persönlich in die NSDAP aufgenommen und blieb bis zu seinem Tod Mitglied der Partei.

1932 schrieb Ewers dann einen Roman über den SA-Propagandisten Horst Wessel. Dieser Roman war als Hommage an den „unbekannten SA-Mann“ geplant, und Ewers sollte damit wohl frühere literarische „Sünden“ wiedergutmachen.

Bereits 1926 hatte Ewers den später von den Nationalsozialisten zum Märtyrer verklärten Wessel bei den Dreharbeiten zu dem Film „Der Student von Prag“ kennengelernt, bei dem dieser als Statist mitwirkte. Ebenso kannte er auch dessen Vater, den bekannten evangelischen Berliner Prediger Dr. Ludwig Wessel.

Am 9. Mai 1933 fielen neben anderen auch die Werke von Ewers den Bücherverbrennungen in Berlin und anderen deutschen Städten zum Opfer. Am 31. Mai 1933 beriet Alfred Rosenbergs „Kampfbund für deutsche Kultur“ über den Entwurf einer „Schwarzen Liste“ unerwünschter Literatur. Gotthard Urban, Vorsitzender des „K. f. d. K.“ regte auf der Sitzung die „völlige Ausmerzung der Veröffentlichungen Hanns Heinz Ewers“ an.

Im Frühjahr 1934 verbot Goebbels den Roman „Horst Wessel“.

Indem er sich in Bad Eilsen versteckte, entging Ewers Ende Juni/ Anfang Juli 1934 nur knapp den Mordaktionen der SS im Rahmen des sogenannten „Röhm-Putsches“. Er war gewarnt worden.

Am 12. September 1934 schrieb Ewers an Josephine, dass die Polizei alle Exemplare von „Fundvogel“ beschlagnahmt habe. Am 7. Dezember 1935 berichtete Ewers ihr, dass nun als drittes seiner Bücher „Alraune“ verboten worden sei. Es folgte ein „Generalverbot“. 1937 waren alle Bücher von Ewers verboten, und er stand unter Schreibverbot. Er rächte sich mit Satiren auf die Nazi-Zeit, die zum größeren Teil unveröffentlicht sind. Nach endlosen Querelen um die NSDAP-Mitgliedschaft des erklärten Philosemiten Ewers wurde schließlich das Generalverbot aufgehoben. Auf Betreiben von Kurt Desch (Zinnen-Verlag) gab Propagandaminister Joseph Goebbels am 20. Mai 1942 die Ewers-Werke „Horst Wessel“, „Reiter in deutscher Nacht“, „Die toten Augen“ und „Ameisen“ frei und erlaubte die Publikation neuer Werke. An einer Neuauflage von „Horst Wessel“ hatte Ewers allerdings kein Interesse mehr.

Am 9. Februar 1943 schloss Ewers mit Verleger Kurt Desch einen Vertrag, nach dem folgende Werke als Neuauflagen publiziert werden sollten: „Ameisen“, „Reiter in deutscher Nacht“, „Die toten Augen“. Neu publiziert werden sollten „Das Rosenfest der rheinischen Nonnen“ sowie zwei Bände mit alten und neuen Erzählungen.

Der erste geplante Erzählungsband trug den Titel „Die schönsten Hände der Welt“ und wurde tatsächlich publiziert. Von den 18 enthaltenen Geschichten10 stammen 15 aus Veröffentlichungen vor dem „3. Reich“. Nur drei Erzählungen waren bis dato unveröffentlicht. 1943, erst kurz nach Ewers‘ Tod (12. Juni 1943) erschienen der Band sowie eine Neuauflage von „Ameisen“. Wie Ehefrau Josephine Bumiller-Ewers berichtete, erfuhr der Reichsminister und Chef des „Kampfbundes für deutsche Kultur“ Alfred Rosenberg davon. Sofort wurde ein Verbot erlassen und die Restbestände der schon ausgelieferten Bücher wurden beschlagnahmt und eingestampft. Der Zinnen-Verlag wurde geschlossen. Verleger Kurt Desch musste sich vor der Gestapo verantworten, konnte jedoch die Genehmigung von Propagandaminister Joseph Goebbels vorweisen und so seine Haut retten.

Der zweite geplante Erzählungsband „Immaculata“ (späterer Titel „Der weiße Wolf“) wurde zuerst um acht Monate zurückgestellt, weil dem Verlag kein Papier genehmigt worden war, konnte nun aber nicht mehr erscheinen. Er sollte alte und neue Erzählungen umfassen. Davon waren „Immaculata“ und „Zweites Gesicht“ zuvor nicht publiziert. „Das Rosenfest der rheinischen Nonnen“ lag nur als eingeschobene Erzählung im Roman „Vampir“ (1920) und als unveröffentlichte dramatische Dichtung vor.

II Zu den Texten

IMMACULATA

Ewers begann 1927 in Brixen, seinen neuen Roman „Fundvogel“ zu schreiben, den er trotz Krankheit (unter möglicherweise an durch Drogen bedingten Konzentrationsstörungen leidend) in Bad Homburg vollendete. Das Buch erschien 1929 im Sieben Stäbe-Verlag. Der eine Geschlechtsumwandlung (von Frau zu Mann) beschreibende, avantgardistische Roman ist eine Art Fortsetzung der „Frank Braun“-Trilogie, nur dass der Protagonist hier „Jan Olieslagers“11 heißt. Der Name Jan Olieslagers tauchte bereits 1908 in der Erzählung „Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp“ und 1922 erneut in der Erzählung „Der schlimmste Verrat“ aus dem Band „Nachtmahr“ auf.

Die Rahmenhandlung dieser letzteren Erzählung spielt 1920 in New York City, ebenso wie diejenige der Erzählung „Immaculata“, in der der angebliche Informant des unbenannten Ich-Erzählers ebenfalls Jan Olieslagers heißt. Die Entstehungszeit der Erzählung kann also auf ca. 1922, maximal auf die Jahre bis 1927 datiert werden. Möglicherweise war die Erzählung 1922 für den Band „Nachtmahr“ vorgesehen.

Die eigentliche Geschichte behandelt das Thema Geschwisterliebe und thematisiert eine „unbefleckte Empfängnis“, genannt „parthenogenetische Geburt“ oder „Jungfernzeugung“. Der Name „Immaculata“ verweist dabei auf die „Jungfrau Maria“ der christlichen Mystik.

Bruder und Schwester lieben sich innig, aber unglücklich. Schließlich werden beide gleichzeitig in derselben Nacht von einem Nachtmahr heimgesucht, der Bruder von einem Succubus, die Schwester von einem Incubus.12 Sie wird darauf schwanger!

Das Sujet scheint dem mittelalterlichen „Hexenhammer“13 zu entstammen.

Sind Incubus und Succubus nur der männliche und weibliche Aspekt eines Dämons? Es erhebt sich insbesondere die Frage, wie das Sperma vom Mann zur räumlich entfernten Frau transportiert wird. Der Herausgeber, Diplom-Physiker, fühlt sich leider selbst in der heutigen Zeit, wo Quanten-Korrelation14 und Quanten-Teleportation15 zum Inventar der modernen Physik gehören, nicht in der Lage, eine solche Frage zu beantworten. Leider sind nach Kenntnis des Herausgebers bis heute auch noch nie Experimente zur „Fernbefruchtung“ durchgeführt worden, um das „Gedankenexperiment“ von Ewers zu überprüfen.

Die 1943 für den gleichnamigen Erzählungsband vorgesehene Erzählung „Immaculata“ wurde ca. Anfang der 1940er Jahre von Ewers etwas umgearbeitet. Die originale Fassung ist leider nicht erhalten. Der von Ewers hinzugefügte Einschub (kursiv gekennzeichnet) befasst sich wohlwollend bis zustimmend mit dem Thema Inzucht und ist als Satire auf die Rassenpolitik der Nationalsozialisten aufzufassen. Zur gleichen Zeit entstand Ewers‘ unveröffentlichte Satire „Der Garten der Rassenschande“, die im Berliner Zoo spielt und ebenfalls die nationalsozialistische Rassenpolitik persifliert.

ZWEITES GESICHT

Am 24. Februar 1924 schloss Ewers einen Vertrag mit der neuen Berliner Monatsschrift „Wissen Sie schon?“, die von Armin Robinson in der Neuen Berliner Verlagsgesellschaft herausgegeben wurde. Zwölf „Briefe aus aller Welt“, Novellen in Briefform, sollten abgedruckt werden. Es erschienen aber nur drei16, weil die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellte. Im Vorspann der ersten Novelle (September 1924) ist ein (angeblicher) Briefwechsel abgedruckt. Robinson habe Ewers geschrieben:

„Aus dem Nachlass des Barons von X. haben wir eine Anzahl von Briefen erworben, die Sie an diesen nun schon seit Jahren verstorbenen Herrn geschrieben haben. Wir möchten diese Briefe gern [...] veröffentlichen.“17

Ewers habe darauf erwidert:

„Manches in den Briefen [...] kann aber vom Leser ohne langatmigen Kommentar gar nicht verstanden werden, insbesondere in soweit es mein Verhältnis zu dem Adressaten betrifft. Ich habe aus diesem Grunde vielleicht mehr streichen müssen, als Ihnen lieb ist. [...] Immerhin habe ich genug stehen lassen, um dem Leser einigermaßen einen Begriff von dem Manne zu geben, an den diese Briefe gerichtet sind. Seinen Namen bitte ich Sie, unter keinen Umständen veröffentlichen zu wollen. [...] Die mit einem roten Kreuz angestrichenen Briefe möchte ich, einstweilen wenigstens, überhaupt nicht veröffentlicht haben.“

Vermutlich war dieser Briefwechsel fiktiv.

Bis Ende Juli 1927 überarbeitete Ewers seine Briefnovellen, schrieb offenbar noch einige neu und stellte die Geschichten für eine Buchausgabe zusammen. Die zuerst auch vorgesehene neue Erzählung „Zweites Gesicht“ wurde aber nicht aufgenommen.

Die dreizehn Geschichten umfassende Sammlung erschien noch 1927 unter dem Titel „Von sieben Meeren. Fahrten und Abenteuer“18 – „Verlegt im Einverständnis mit dem Georg Müller-Verlag, München“.

Das Nachwort führte die fiktive Entstehungsgeschichte weiter. Der Berliner Sieben Stäbe-Verlag habe am 10. Juni 1925 bei Ewers angefragt: