In Brasilien geht`s ohne Textilien - Andreas Wunn - E-Book

In Brasilien geht`s ohne Textilien E-Book

Andreas Wunn

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Beschreibung

Witzige und wahre Geschichten aus dem Sehnsuchtsland Brasilien

Als Gringo an die Copacabana: Südamerika-Korrespondent Andreas Wunn zieht nach Rio de Janeiro. Dort wird er zwar herzlich empfangen, doch schnell kommt es zu zuckerhutgroßen Missverständnissen: Ein Handtuch mit an den Strand zu nehmen verstößt gegen die heiligen Strandregeln, nachts an roten Ampeln zu halten ist nicht vorgesehen, und deutsche Arbeitsmoral, deutscher Winter, deutscher Fußball – all das löst bei einem Brasilianer sowieso nur Mitleid aus. Mit viel Witz, Sympathie und Augenzwinkern erzählt Andreas Wunn vom Leben im Sehnsuchtsland Brasilien.

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Seitenzahl: 300

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© Heyne

Andreas Wunn, Jahrgang 1975, studierte Politikwissenschaften in Berlin und Tokio und lebte längere Zeit in den USA und Bolivien. 2003 begann er als außenpolitischer Reporter beim ZDF. Von 2005 bis 2007 moderierte er dort die Sendung »heute in Europa« und vertretungsweise das »auslandsjournal«. Anschließend managte er als Chef vom Dienst der Chefredaktion das Informationsprogramm des Senders. Seit 2010 ist Andreas Wunn der Südamerika-Korrespondent des ZDF und leitet das ZDF-Studio in Rio de Janeiro.

Andreas Wunn

In Brasilien geht’s ohne Textilien

Ein Deutscher in Rio de Janeiro

WILHELMHEYNEVERLAG

MÜNCHEN

Originalausgabe 02/2013

Copyright © 2013 by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Ulrike Nikel

Umschlaggestaltung: Eisele Grafik · Design

Umschlagillustrationen: Isabel Klett

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-08409-7

www.heyne.de

Mein brasilianischster Moment

Nein, mein Hemd ausziehen kann ich jetzt nicht. Obwohl ich es gerne würde. Es klebt klatschnass an meinem Rücken. Bis eben spürte ich noch den Schweiß, wie er zwischen Hemd und Rücken langsam meine Wirbelsäule herunterlief. Jetzt nicht mehr. Das Hemd ist komplett durchgeschwitzt, wie ein Feuchtverband klebt es an mir. Und ein zweites habe ich leider nicht dabei.

Es ist heiß. Unglaublich heiß. Weit über 30 Grad müssen es sein, die Schwüle liegt schwer in der Luft. Und das, obwohl es schon spät ist. So gegen zehn, ich weiß es nicht genau. Ich habe das Gefühl, dass ich bereits seit Stunden hier bin. Meine Beine schmerzen. Ich bin die Bewegungen nicht gewohnt, die Sambaschritte. Ich schwitze. Sehr. Zum Glück ist mein Hemd dunkel. Wäre es hellblau, würde man unter meinen Armen große Schweißflecke erkennen können. Allerdings würde das außer mir wohl keinen stören.

Es ist nicht nur heiß, sondern auch laut. Trommelschläge wummern durch die Halle. Ich werde sie bestimmt noch in meinen Ohren dröhnen hören, wenn ich später längst im Bett liege. Um mich herum überall Menschen. Alte, junge, dicke, dünne, schwarze, weiße. Sie tanzen, sie singen, und sie strecken die Arme in die Höhe. Manche fast wie in Trance, einer glücklichen Trance. Das hier ist Lebensfreude pur, schießt es mir durch den Kopf. Und dass ich Durst habe. Ich brauche etwas zu trinken. Ein Wasser. Oder doch lieber einen Schluck Bier, estupidamente gelada, wie sie hier in Brasilien sagen. Kalt wie blöd. Egal wo man hinkommt in Brasilien, eiskaltes Bier gibt es immer.

Auch wenn sich das jetzt nicht so anhört, ich bin bei der Arbeit. Eine Kamera kreist um mich herum. Philippe, mein Kameramann, schwitzt nicht weniger als ich. Claus, mein Producer, steht daneben und schwitzt ebenfalls. Wir drehen gerade, wie ich Samba tanzen lerne. Mehr oder weniger. Die Halle ist voll. Es dürften ein paar Hundert Leute sein. Das hier sieht aus wie eine riesige Party, ist aber eine Probe. Die sonntägliche Probe der Sambaschule »Leopoldinense Imperatriz«. Sie üben für Karneval.

Wir dürfen dabei sein, und ich soll bei verschiedenen Gruppen mitmachen. Ich habe schon an der großen Trommel gestanden und die bateria, die Trommlergruppe, dirigiert– sie kam eigentlich ganz gut ohne mich klar. Dann mit der Fahnenträgerin getanzt und die Fahne geküsst. Wir wollen darüber berichten, wie sich eine Sambaschule auf die große Parade im Sambodrom vorbereitet. Und wie ein Gringo, also ich, sich dabei anstellt. Jetzt tanze ich mitten in der Menge und versuche, meine Füße fliegen zu lassen. Vor und zurück. Meine Hüfte bewegt sich immer schneller, probiert es zumindest. Die Arme nicht vergessen. Die Schultern locker.

Seit mehr als zwei Jahren lebe ich nun in Rio de Janeiro. Ich berichte als Korrespondent aus Brasilien und ganz Südamerika. Rio verändert sich gerade rasant. Eine Stadt, in der in den nächsten Jahren das Endspiel der Fußball-WM und die Olympischen Spiele stattfinden werden. Und Brasilien ist ein Land, dessen viel beschworene Zukunft allmählich Gegenwart wird. Alles befindet sich im Aufbruch.

Rio de Janeiro besuchte ich zum ersten Mal als Zwanzigjähriger. Ich stand auf dem Corcovado-Berg, am Fuße der Christusstatue, war fasziniert von dem Panorama und dachte damals: Rio muss die schönste Stadt der Welt sein. Heute denke ich das immer noch. Eine natürliche Schönheit. Rio macht es einem Fremden leicht, sich in diese Stadt zu verlieben. Und es ist sehr schwer, hier nicht glücklich zu werden.

Ich werde in Brasilien eigentlich überall mit offenen Armen empfangen. Vor allem von den Cariocas, den Einwohnern von Rio. Tudo bem? Tudo bem! Alles klar? Alles klar! Und das, obwohl ich ein Gringo bin. Man sieht es mir von Weitem an und hört es, sobald ich den Mund aufmache. Gut, ich bin nicht aus den USA, das wäre schlimmer. Ich komme aus Deutschland. Deutscher Fußball, deutsche Arbeitsmoral, deutscher Winter, deutsche Regeln– all das löst bei einem Brasilianer sowohl Unbehagen als auch Mitleid aus. Und dass ich ein Gringo bin, erkennt man nicht nur an meinem Aussehen– meine Haare sind dunkelblond– und meinem Verhalten, sondern auch an meinen Bewegungen. Vor allem wenn ich tanze. Doch hier lässt sich niemand etwas anmerken. Manchmal schaut jemand zu mir herüber und nickt mir aufmunternd zu. Hier darf jeder mitmachen.

Jetzt kommt João auf mich zu, ein Mitarbeiter der Imperatritz, der uns während der Dreharbeiten betreut. Er ist den ganzen Abend nicht von unserer Seite gewichen. Eine Sambaschule ist bestens organisiert, und es ist nicht einfach, eine Drehgenehmigung zu bekommen. Aber wie so oft in Brasilien erscheint erst alles ganz schwierig und wird plötzlich ganz leicht. Auf einmal geht alles. Wir haben inzwischen schon mehr als genug gedreht. Mehr als erwartet. Doch was jetzt kommt, darauf war ich wirklich nicht vorbereitet.

Vorne tanzen die passistas, eine Art Vortänzerinnen. Die schönsten Frauen der Sambaschule. Schlank, halb nackt, mit fantasievollen Kostümen und üppigem Federschmuck wirbeln sie jedes Jahr bei der großen Parade durch das Sambodrom. Zur Probe heute haben sie noch kein Kostüm angelegt. Sie tragen ein uniformiertes Outfit in der grünlichen Farbe der Imperatritz: enges, schulterfreies Top, Minirock und hochhackige Schuhe. Mit unglaublicher Energie und Schnelligkeit feuern sie ihre Sambaschritte in den Boden. João gibt ihnen ein Zeichen, breitet die Arme aus und zeigt auf mich. Sie verstehen sofort.

Mit schnellen Schritten gleiten sie auf mich zu und nehmen mich in ihre Mitte. Ein halbes Dutzend brasilianischer Schönheiten hat es auf mich abgesehen. Sie tanzen mich an und lassen ihre Hüften kreisen. Manchmal werden sie einen Tick langsamer, gehen leicht in die Knie und wiegen ihre Oberkörper nach innen und wieder nach außen. Ihre Arme schweben nach oben und nach unten, dunkle Locken fliegen umher. Wohin ich mich auch drehe, ich sehe nur noch braun gebrannte, durchtrainierte Körper. Auf ihren Dekolletés liegt ein dünner Schweißfilm. Alle sind schön. Ich tanze mit, so gut es geht, fühle mich wie im Rausch. Mir ist heiß, mein Herz klopft, ich bin außer Atem. Sie fixieren mich mit herausforderndem Blick. Die Sambamusik wird immer lauter. Wir tanzen immer enger. Ohne uns auch nur ein einziges Mal zu berühren.

João gibt ihnen ein weiteres Zeichen, und sie driften wieder auseinander. Zum Abschied sehen mich alle noch einmal flirtend an. »Impressionante«, rufe ich ihnen zu, bedanke mich lachend und applaudiere ihnen. Sie tanzen von mir weg.

Und ich denke nur: Besser kann es eigentlich nicht werden. Das ist mein brasilianischster Moment. Von jetzt an geht’s bergab.

Antonio und die brasilianische Aufzugphilosophie

Mein erster Tag in Brasilien, ein Sonntagmorgen Ende September. Regen statt Sonne. Ich war in Frankfurt am Main in den Flieger gestiegen und kam zwölf Stunden später übernächtigt im Morgengrauen in Rio de Janeiro an. Präsentierte bei der Passkontrolle mein frisch ausgestelltes Journalistenvisum, nahm meine Koffer vom Gepäckband und ärgerte mich zum ersten Mal– wie später regelmäßig bei Abflug und Ankunft– über die kaum funktionstüchtigen Gepäckwagen am internationalen Flughafen Galeão, die sich kaum schieben lassen, schon gar nicht um die Kurve.

Abgeholt wurde ich von Fernando, unserem Fahrer im ZDF-Studio, dessen Auto allerdings eine Viertelstunde lang nicht ansprang. Als wir endlich das Flughafenparkhaus verlassen konnten, flogen auf dem Weg Richtung Südzone links und rechts die Betonleitplanken der Schnellstraßen an mir vorbei. Dahinter endlose Favelas, denen der starke Regen zusetzte. Hoch oben rechts vor mir tauchte aus den Nebelschwaden kurz die Christusfigur auf. Alles wirkte grau und nass und schwül. Fernando sagte: »Es ist schlimm, wenn es in Rio regnet.«

Mein erster Eindruck von Rio de Janeiro. Bei Regen schien die Stadt wie gelähmt. Wie eine Sommerkulisse hinter Glas. Verschwommen, mit Regentropfen auf der Scheibe. Niemand war auf der Straße. Nur ein paar Autos peitschten durch die Pfützen. Cariocas, die Einwohner von Rio de Janeiro, sehen keinen Sinn darin, bei solchem Wetter aus dem Haus zu gehen. Immer wenn es regnet, nimmt die Stadt sich eine Auszeit.

Damals wusste ich das allerdings noch nicht, hatte auch keine Zeit, über die leeren Straßen nachzudenken. Wichtigeres stand an. Zuerst musste ich in meine angemietete Wohnung in Leme, einem kleinen Stadtviertel direkt neben Copacabana. Strandnähe. Außer einer Matratze und einem Einbauschrank gab es dort keine Möbel. Der Container mit meinen Sachen schipperte noch irgendwo auf dem Atlantik herum. Kurz rein in die Wohnung, einen Blick darauf werfen. Ich schaute aus dem Fenster und sah statt Strand nur tief hängende Regenwolken. Eilig packte ich meine Sachen um, stieß mir dabei den Kopf an der Tür des Schlafzimmerschranks und hetzte mit Beule und Koffer runter zu Fernando, um mich von ihm zum -Studio fahren zu lassen.

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