IN DER HITZE DES TAGES - Gerd Thieme - E-Book

IN DER HITZE DES TAGES E-Book

Gerd Thieme

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Beschreibung

Michael Wegener ist tot. Er ist auf der Terrasse seiner Villa ermordet worden. Motive gibt es in dem Umkreis des jungen, attraktiven Unternehmers genug. Eifersucht – Drogen – Waffenschmuggel. Oder könnte der kleinwüchsige Bruder Harald an der Tat beteiligt gewesen sein? Die Kommissare, aber auch der Leser, rätseln bis zum Ende, wie der Mörder überführt werden kann.

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Ähnliche


Gerd Thieme

IN DER HITZE DES TAGES

Eine Kriminalgeschichte

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Hommage

Widmung

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Impressum neobooks

Hommage

Mord ist wirklich keine Sache,

mit der man leichtfertig herumspielt.

Agathe Christie

Widmung

Für Walter Richter

dem ersten

„Tatort“-Kommissar

1

Es würde ein schönes Wochenende werden.

Harald Wegener begutachtet sich vor dem Spiegel. Er ist mit sich und der Welt zufrieden. Sein Aussehen ist salopp, aber modisch, teuer, aber hanseatisch. Er gehört zur Hamburger Gesellschaft. Vor nicht mal einem Monat ist er umgezogen, natürlich in die neue Hafencity. Wo einmal der Freihafen war, entsteht eine moderne Stadt, sie ist ein Spielplatz für inter-nationale Architekten und deren Auftraggeber und wird das alte Gesicht des Hamburger Hafens für immer verändern. Stahl und Glas sind die neuen Materialien, die einen reizvollen Kontrast bilden zu den roten Klinkersteinen der hundertjährigen Lagerhäuser der Speicherstadt.

Eine sehr nette Designerin hat sich alle Mühe gegeben, sein Domizil edel und teuer einzurichten. Ein Hafenbild mit Segelschiffen aus dem 18. Jahr-hundert in einem prächtigen Goldrahmen erinnert an die Vergangenheit, ein schwarzer Bechstein-Flügel soll Auskunft geben über die musischen Interessen des Bewohners. Die Fenster reichen bis zum Boden, machen den Blick frei auf den Hafen, in dem ein ständig neues, interessantes Spektakel vorgeführt wird. Schlepper, Containerschiffe und Kreuzfahrtschiffe scheinen wild durcheinanderzufahren, doch alles funktioniert wie ein Uhrwerk. Das hat die Stadt in Jahrhunderten reich gemacht. Und über allem wölbt sich ein azurblauer Himmel, was in Hamburg nicht immer so ist. Allerdings – so sagen die Hamburger – gibt es überhaupt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung. Fleete und Kanäle durchziehen die – ebenfalls nach Meinung ihrer Einwohner – schönste Stadt Deutschlands, wenn nicht der Welt, dazu hat sie fast 2500 Brücken, mehr als Venedig. Über 800 000 Bäume machen die Stadt zu einer grünen Oase.

Für Harald Wegener jedenfalls steht fest: Das Leben ist schön, oder, wie sein Bruder Michael immer sagt: „Kinder, geht’s uns gut!“

Leise summt der Jaguar über den Asphalt. Er ist die Visitenkarte von Harald Wegener. Die eingeborenen Hamburger haben ein Faible für Great Britain, mit anderen Worten, sie fühlen sich als Engländer, aus diesem Grund ist ein englischer Wagen ein Statussymbol Die Kraft der vielen PS zu spüren, ist für Harald berauschend, und wenn er ganz allein übers Land fährt und barfuß das Gaspedal durchdrückt, dann ist der Genuss perfekt. Bei Françoise Sagan fand er einmal dieses Gefühl beschrieben, seitdem ist es untrennbar damit verbunden.

Harald Wegener ist eingeladen, das Wochenende bei seinem Bruder Michael zu verbringen, es gäbe etwas Wichtiges zu besprechen. Das kann sich eigentlich nur um die gemeinsame Firma handeln, eine Fabrik, die die Brüder Wegener geerbt haben.

Michaels Leidenschaft sind Frauen, Harald ist die Oper. Um diesen wunderschönen Tag vollkommen zu machen, ertönt aus seinem CD-Player des Jaguars die Stimme von Beniamino Gigli, gefühlvoll bis zum Traurigwerden singt er die Arie „Nessun dorma“ – „Keiner schlafe“. Ein toller Kontrapunkt zur Fahrt durch die Hafencity mit ihrem Designhäusern. Es ist zu schade, dass jede Oper mit dem Tod endet.

Schon bald erreicht er die Elbchaussee, wo sein Bruder standesgemäß wohnt, natürlich ebenfalls mit Blick auf den Hafen und die Elbe. Hamburgs immer noch feinste Adresse ist der Traum jedes Einwohners der Stadt, doch entscheidet hier letztendlich das Bankkonto. Hinter dichten Hecken, hinter jahrhundertealten, schattigen Bäumen und tadellos gepflegtem Rasen ahnt man die schönen Häuser der Reichen der Hansestadt. Wichtig ist, auf der richtigen Seite zu wohnen, und das ist die linke, auch Butterseite genannt, mit Blick auf die Elbe. Die rechte, die Margarineseite, ist durch die Elbchaussee und die Häuser der anderen vom Fluss getrennt. Als Trost bleibt die postalische Adresse auf der Visitenkarte, die keine Unterschiede macht.

Über knirschenden Kies nähert sich der Jaguar der Wegenerschen Villa. Mit ihrem Säulenrondell könnte sie auch in Louisiana stehen, vom Winde verweht. Harald Wegener lässt die letzten Töne seiner Lieblingsoper „Turandot“ verklingen und steigt aus, während sich hinter ihm die Wagentür mit sattem Geräusch schließt, als wäre es die des Tresors der Bank von England. Harald Wegener ist mit seinen 1 Meter 55 kleinwüchsig, geradezu ein Zwerg, und neben dem dunkelgrünen Jaguar ein witziger Kontrast.

Aus dem Haus kommt ihm, während krachend eine Tür ins Schloss fällt, eine junge, attraktive Frau entgegen. In einem Kostüm von Jill Sander, Schuhen von Charles Jourdan, einer Tasche von Coco Chanel und einem Tuch von Hermès, verkörpert sie die schicke Hamburgerin. Harald ist sichtlich erfreut, strahlend geht er auf sie zu.

„Hallo, Regina. Schön, dich zu sehen.“

Sichtbar aufgewühlt, will sie schnell weitergehen.

„Regina, was ist los mit dir?“, fragt Harald nach, sodass sie stehen bleibt und ihn groß anguckt.

„Entschuldige bitte.“

„Du bist ja völlig durcheinander. Ist was mit Michael?“

Regina lacht gequält auf. „Michael, immer Michael, ich kann es nicht mehr hören.“ Sie geht eiligen Schrittes weiter.

„Wenn ich dir helfen kann …“

Abrupt dreht sie sich um.

„Nein, danke. Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann mir helfen.“ Sie lässt ihn stehen und steigt in ihren schwarzen Mini.

Stürmisch klingelt Harald an dem chromblitzenden Türschild mit der Aufschrift Michael (Mischa) Wegener. Es dauert eine Weile, bis Michael im Bademantel und völlig überrascht öffnet.

„Ich dachte, es wäre Regina.“ Doch schon überzieht ein einladendes Grinsen sein Gesicht. „Hallo, komm rein, Bruderherz.“

„Guten Morgen, Michael“, grüßt Harald, weiterhin verstört, zurück.

Mischa packt seinen kleinen Bruder am Arm und zieht ihn ins Haus. Die Villa hält auch innen, was sie von außen verspricht: gediegener Luxus, seit Generationen gesammelt, verbrüdert im Dialog mit der Kunst der Gegenwart. Es ist erstaunlich, dass der Andy Warhol zu einer Vitrine aus dem Rokoko ebenso passt wie Klaus Richter zu einer französischen Récamière.

„Machst du uns einen Drink, ich zieh mir nur schnell was an.“

Harald hat sich immer noch nicht von seinem Schock erholt und stottert: „Was trinkst du?“

„Bei dem Wetter wäre ein Gin Tonic das Beste.“

Harald geht zur Bar. Sein Blick fällt auf die durchwühlte Couch, der Duft eines dezenten Parfüms liegt in der Luft. Er stellt die Flaschen ordentlich nebeneinander, lässt klingende Eisstücke in die Gläser fallen und bedeckt sie mit viel Gin, eine Zitronenscheibe nicht zu vergessen.

In bester Laune kommt Mischa zurück. Er ist mit seinen 1 Meter 85 eine imposante Erscheinung, athletisch und doch mit weichen Zügen – ein Frauenschwarm und das weiß er. Er nimmt das für ihn vorbereitete Glas aus Haralds Hand, der gerade noch „Sehr zum Wohl!“ sagen kann.

„Ich bitte dich, das ist ein Spruch alter Leute, lass uns auf ein langes Leben trinken.“

Das Telefon klingelt, dann ein zweites Mal.

„Willst du nicht rangehen?“

„Das ist nicht so wichtig.“

Der Anrufbeantworter springt an: „Hallo ihr Lieben, natürlich bin ich wieder unterwegs, sagt bitte euren Namen und ich rufe umgehend zurück. Tschüss und bis bald“.

„Hallo Mischa, natürlich bist du da, also geh schon ran. Bitte! … Dann eben nicht. Ich sage dir, so einfach lasse ich mich nicht abschieben. Die Konsequenzen trägst du. Verlass dich drauf!“ Mit einem lauten Krach landet der Hörer auf der Gabel. Fröhlich ertönt es aus dem Anrufbeantworter: „Schönen Dank für Ihren Anruf.“

Stille liegt über dem Raum, wenngleich die Nackte an der Wand über dem Telefon – auf einem Foto mit Widmung von Charles Wilp – davon wenig beeindruckt zu sein scheint.

Mischa greift nach seinem Glas und spielt den Ahnungslosen.

„Was ist da los, Michael?“

„Nichts, du weißt ja, wie Regina ist. Sicher liegt es an der Hitze.“

„Das ist eine selten dumme Ausrede.“

„Sie ist in letzter Zeit so anhänglich geworden. Auf jeden Fall nervt sie mich“, versucht Mischa einzulenken.

„Vielleicht bekommt sie ein Kind?“

„Ach Quatsch, ich weiß von nichts.“ Bei Mischa kommt der Macho durch. „Eine Heirat käme ohnehin nicht für mich in Frage.“

„So kannst du mit Regina nicht umgehen.“

„Was heißt hier umgehen? Niemand kann mich erpressen, auch Regina nicht.“

„Ich warne dich“, kontert Harald.

„Sie erdrückt mich mit ihrer Liebe. Ich muss da raus, neu anfangen. Und jetzt Schluss damit“, beendet Mischa das Gespräch.

Harald sinkt in sich zusammen. Regina war einmal seine große Liebe. Sie waren Kinder und schworen sich ewige Treue. Da war für Harald die Welt noch in Ordnung. Er war noch nicht der Zwerg, der er heute ist. Es war ein böses Erwachen, als die Ärzte feststellten, dass er unter der gleichen Krankheit litt wie einst Toulouse-Lautrec, ohne Chance auf Heilung. Das war das Ende dieser großen Kinderliebe. Mischa trat an seine Stelle. Er hat es ihm nie verziehen.

Als es plötzlich an der Tür klingelt, blicken sich beide fragend an.

„Willst du nicht aufmachen?“

„Den Sonntag kannst du jetzt vergessen.“ Ärgerlich steht Michael auf. Vor der Tür steht Tomas Breckwitz.

„Hallo Tom, komm rein.“

Strahlend betritt Thomas das Zimmer und erblickt überrascht Harald.

„Ich stör euch doch nicht?“

„Unsinn! Setz dich, meinen Bruder Harald kennst du ja.“

„Klar doch, schließlich waren wir mal Nachbarn.“

Harald ist aufgestanden. „Hallo Tom.“

„Ist das deiner, der Jaguar draußen?“

Harald nickt nur.

„Super, das ist ja ein richtiger Miezenabschlep­per.“

„Nicht für mich.“

Mischa bremst die Situation aus: „Willst du einen Drink?“

„Bei dieser Hitze ist alles erlaubt.“

„Harald, machst du bitte für uns noch mal dasselbe.“

Harald lächelt gequält und geht hinüber zur Bar. Er kennt diesen Ton seines großen Bruders: Harald, mach dies! Harald, mach das! … Er war schon immer der Laufbursche.

„Wann geht’s los?“, will Mischa wissen.

„Übermorgen und dann gibts kein Zurück.“

„Es ist leider kein Eis mehr da“, meldet sich Harald von der Bar.

„Im Keller steht der alte Tiefkühler, vielleicht ist da noch welches drin. Du kennst dich ja hier aus.“ Michael sieht seinen kleinen Bruder nicht an, während er weiter mit Tomas spricht. „War sonst noch was?“

„Du weißt doch, da steht noch immer unser alter Deal offen“, mahnt Tom.

„Ich habs nicht vergessen. Tom. Ehrlich. Lass uns ein andres Mal darüber reden.“

„Okay“, willigt dieser ein. „Ich bin in vierzehn Tagen zurück. Ich denke, es hat bis dahin Zeit.“

Das Telfon klingelt erneut.

„Entschuldige“, sagt Mischa. Nachdem er abgenommen hat, ist es fünf Sekunden still, bis er mit hochrotem Kopf schreit: „Ich lasse mich nicht bedrohen!“, und den Hörer auf den Apparat knallt.

Harald kommt mit einem Eiskübel zurück. „Da ist aber jemand sauer.“

„Lächerlich, vergiss es“, versucht Mischa den Ausrutscher zu überspielen.

„Du solltest deine Mitbewerber nicht unterschätzen“, sagt Tom lächelnd.

„Mach dir mal keine Sorgen.“

„Wenn du Unterstützung brauchst, wie gesagt, in vierzehn Tagen bin ich wieder da.“

„Nimmst du Marion mit?“ Mischa will das Thema wechseln.