In dunkler Zeit -  - E-Book

In dunkler Zeit E-Book

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Beschreibung

Rudolf Dünnebeil wird 1942 mit 17 Jahren in den Krieg eingezogen. An sich unsportlich, dafür jedoch umso mehr musisch interessiert, muss er sich der Realität des Krieges stellen. In Briefen an seine Mutter beschreibt er teils realistisch, teils ironisch-humorvoll seine Situation. Erstaunlich ist, wie er sich in dieser dunklen Zeit seinen Sinn für das Schöne bewahren kann. So entsteht in seinen Briefen eine Mischung aus Verzweiflung, Angst, Poesie und Hoffnung, die es dem Leser ermöglicht, in seine Gedanken- und Erlebniswelt mit einzutauchen. Im Herbst 1944 gerät er schließlich in sowjetische Kriegsgefangenschaft, die bis zum Frühjahr 1948 andauert. Er gilt als verschollen und hat erst nach etwa einem Jahr die Möglichkeit, sich wieder in unregelmäßigen Abständen bei seiner Familie zu melden. Das Buch ist in zwei Teile gegliedert: Den ersten Teil bildet ein Bericht Rudolf Dünnebeils aus dem Jahr 2002, in welchem er seine Erinnerungen in Episoden reflektiert. Im zweiten Teil hat sein Sohn Alexander die Briefe aus dem Krieg und aus der Gefangenschaft zusammengestellt und mit Fußnoten kommentiert. Rudolf Dünnebeil überlebt, nicht als gebrochener Mensch, aber als jemand, der Zeit seines Lebens von seinen Erinnerungen geprägt sein wird.

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Seitenzahl: 482

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Einleitung

TEIL 1:

Der Bericht von Rudolf „So habe ich es erlebt“

Vorwort

Die ersten Wochen

Kaserne Küstrin

Frankreich

Mailly-le-Camp – Mourmelon – Spießfeste

Nach Südfrankreich

Marseille – St. Cyr – Großer Zeh – Fingerquetschung – Konzert in Marseille

Nach Osten

Lazarett in Cholm (Polen) – Die Ziege – Homosexualität – Genesungskompanie Krasnystaw – Urlaube in Berlin und Ratzeburg – Front – Gelbsucht, Lazarett Rybniza – Jürgen Groth – Front – Durchbrüche – Pferdeklau – Wodka für Hühner – Kuhherden – Besichtigung – Schießübung – „Goebbels“ – 20. Juli (Major Sprotte)

Die letzten Tage

Gefangennahme – Sammellager

Marschansk

Lager – Arschbackenvisite – Brotteilen – Fragebogen

Das Waldlager

Lazarettbaracke

Marschansk – Einzelbilder in lockerer Reihenfolge

Ernährung – Brotwährung – der Händler – Rauchen – Beutel – Wahl – Kriegsende – Österreicher, Ungarn, polnisch-russisch – Kurlandoffiziere – Gedankenübertragungen – Kulturgruppen – Gerbstofffabrik – „Antifaschisten“

Saratow

Salzschippen – Kantinenfreundin – Basar – Ungarnlager – menschliche Begegnungen – Brotfabrik – Steinbruch

Malaria

Lazarett – 1. Postkarte – Post allgemein – Straßenbahnlager – Bahnschwellen – Entlausungsanstalt

Auf der Kolchose

Eine Wolgadeutsche – Kartoffelkeller – Kartoffellegen – Winter- gegen Sommerkleidung – Ringelnattern, Wölfe – Maisfelddiäten –Wochenendbesuch – Rasieren – Abramow – Ofensetzen – Blockhausumsetzen – Brennholzbalken für Lehrerin – Bienenstich – Getreideaussaat – Frau Abramow backt für uns – Staudamm – erste Post aus Berlin

Astronomie in der Gefangenschaft

weitere Einzelbilder

Gießerei – Dr. Hein – Wolhynisches Fieber – Malaria – Lazarett – Fluchtversuche – Sonderarbeiten

Wolsk

Malaria, Lazarett – Geheimnachrichten auf Karten – Wilhelm Roland – Zementwerk – Antifa-Gruppe – mein Namensschild – Fressfeiertage – Theatergruppe – Sprache – Schweißdrüsenabszess – Ernährung – Maurerarbeit – Gelbsucht, Lazarett – Spritzen – Bibliothek – Heimtransport

Eingewöhnung

Geld – erste Untersuchungen – Krankenhauspflege – „Adolf-Hitler-Platz“ – Schule – Freie Universität – Vermisstensuchstelle – Befragung durch die Briten

Teil 2:

Die Korrespondenz von Rudolf

Anhänge

Namensverzeichnis

Worterläuterungen zu militärischen und medizinischen Begriffen

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Schon immer war es interessant für mich, wenn mein Vater, Rudolf Dünnebeil, von seinen Erlebnissen und Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg berichtete. Irgendwann entschloss er sich dazu, dies alles in einem Bericht zusammenzufassen. Im Mai 2002 hatte er diesen schließlich fertiggestellt.

Ich habe mich oft und lange mit ihm über diesen Bericht unterhalten. Viele Fragen hatte ich noch dazu. So habe ich seine Darstellung durch etliche Fußnoten erweitert, die beim weitergehenden Verständnis hilfreich sein können. Darin sind auch Informationen eingeflossen, die über den eigentlichen Inhalt seiner Erfahrungen hinausgehen. Quellen habe ich dabei zumeist nicht mit angegeben. Entweder entstammen sie meinem eigenen Wissen, dem von Verwandten oder aus dem Internet.

Noch zu seinen Lebzeiten übergab mir mein Vater eine Tüte mit seiner Korrespondenz aus dieser Zeit. Leider habe ich erst nach seinem Tod im September 2014 begonnen, mich damit zu beschäftigen. Dies bedauere ich heute sehr, da ich gerne mit ihm über vieles gesprochen hätte.

Seine Feldpostbriefe scheinen dabei zu einem großen Teil noch vorhanden zu sein, die an ihn gerichtete Post ist ganz offensichtlich in den Kriegswirren an der Front und in der Kriegsgefangenschaft verlorengegangen.

Beim Lesen dieser Briefe und Karten entstand die Idee, diese in einer Buchform auch anderen zugänglich machen zu wollen. Das Ergebnis halten Sie nun in Ihren Händen.

So besteht dieses Buch aus zwei Teilen: Den im Nachhinein geschriebenen Erinnerungen meines Vaters und den zeitgenössischen Briefen und Karten.

Mein Vater versuchte, möglichst unversehrt durch diese Jahre hindurchzukommen. Nicht an vorgehobener Stellung, sondern als ein gewöhnlicher Landser mit seinen Sorgen, Sehnsüchten und Nöten. Sehnsüchte, die sich in der Erinnerung an die Literatur und an die Musik ausdrückten. Die ihm ganz offensichtlich halfen, seine eigene Menschlichkeit in dieser von Unmenschlichkeit geprägten Zeit zu bewahren.

Im Gegensatz dazu stand die Angst um das eigene Leben und um das der Angehörigen in der Heimat.

Dies alles geschieht nicht verbittert und nicht heroisierend. Eher hoffnungsvoll, mitunter gepaart mit Humor und Ironie, dabei jedoch die Realität des Krieges nicht aus den Augen verlierend.

Vieles steht in diesen Briefen wohl zwischen den Zeilen. Wichtig war es vermutlich vor allem, ein Lebenszeichen zu senden und zu erhalten. Inhaltlich wurden die Empfänger der Post sicherlich eher geschont.

Dieses Buch soll keine wissenschaftliche Abhandlung sein. Vielmehr war und ist es für mich eine Annäherung an eine Zeit, die ich zum Glück nicht miterleben musste. Und dies aus der Sicht eines Menschen, der mir Zeit meines Lebens sehr nahe stand. Ich glaube auch, dass ich durch die Beschäftigung mit seinem Bericht und mit seiner Korrespondenz meinen Vater noch etwas besser kennengelernt habe.

Ich habe die Orthographie und die Satzstellung der Originalbriefe weitgehend übernommen. Nur an einigen Stellen habe ich kleinere Korrekturen vorgenommen, um dadurch den Lesefluss zu optimieren.

Den Briefen vorangestellt sind das Datum, der Wochentag, der Verfasser und der Empfänger. Häufig wird auch noch ein Ort mit angegeben. Wie schon in seinem Bericht sind auch hier zusätzlich eine ganze Reihe von Fußnoten mit eingefügt.

In den Briefen und Karten tauchen eine Vielzahl von Namen auf, die mir zunächst nichts sagten. So habe ich beim Lesen und Schreiben auch damit begonnen, hier Nachforschungen anzustellen. Alte Stammbäume halfen mir dabei, zusätzlich erhielt ich weitere Informationen von Verwandten. Letztlich habe ich dadurch sogar einige Verwandte und auch einen Klassenkameraden meines Vaters kennen lernen können.

Bei der Erstnennung dieser Menschen wird in den Fußnoten jeweils erläutert, in welchem Verhältnis sie zu meinem Vater standen. Da eine Vielzahl von Namen jedoch wiederholt erscheint, findet sich ganz hinten in diesem Buch ein Anhang, der alle Namen und dazu den jeweiligen Verwandschaftschaftsgrad oder eine sonstige Beziehung zu meinem Vater noch einmal aufführt. Außerdem sind in diesem Anhang auch noch eine Liste mit der Erläuterung militärischer und medizinischer Begriffe und ein Abbildungsverzeichnis vorhanden.

Manch einem werden die vielen Namen und die dazugehörigen Erläuterungen vielleicht überflüssig erscheinen. Der Vollständigkeit halber fand ich es jedoch nötig, sie nicht wegzulassen. Wem diese Namensfülle dennoch zu viel sein sollte, der möge einfach wohlwollend darüber hinweglesen.

Besonders beeindruckt hat mich bei der Beschäftigung mit diesem Lebensabschnitt meines Vaters mein eigener Besuch der Kaserne in Küstrin im August 2015, in welcher er zu Beginn seiner Militärzeit stationiert war; meine Mutter und meine Frau begleiteten mich. Auf der Hinfahrt sprachen wir auch darüber, wie er sich bei seiner Fahrt dorthin gefühlt haben mag. Vorstellen konnten wir uns das nicht.

Im August 2016Alexander Dünnebeil

Teil 1

Der Bericht von Rudolf

„So habe ich es erlebt“

Vorwort

Aus meinem nun schon recht langen Leben habe ich hier nur die sechs Jahre herausgegriffen, die in die Zeit meines „Erwachsenwerdens“ fallen, die Jahre also eines Soldatendaseins, einbegriffen die Gefangenschaft.

Nun soll dies keine lückenlose Chronik sein, sondern eine Aneinanderreihung von bemerkenswerten Eindrücken, soweit ich sie nach fünfzig Jahren noch zusammenflicken kann, also eine Art Zeitgeschichte, die die Ereignisse und Erlebnisse wiedergibt, so wie sie sich mir dargestellt haben.

Ich war kein Mustersoldat, auch kein Held, der sich für den „Führer“ oder den „Endsieg“ totschießen lassen wollte. Vom Siegen war in diesen letzten Jahren sowieso keine Rede mehr.

Durch diese Jahre habe ich mich hindurch gewurschtelt, vor allem in dem Bestreben, am Leben zu bleiben. Damit gleicht mein Verhalten dem eines Normsoldaten, der keinen Ehrgeiz hatte, aus der Masse herauszuragen oder auf besondere Ehrungen erpicht zu sein. So habe ich auch keinen Orden errungen und lebte nach dem allgemein zitierten Spruch „Lieber ein gesundes Kreuz als ein Eisernes Kreuz“. Auf der militärischen Stufenleiter bin ich nur zum Gefreiten aufgestiegen. Immerhin war ich zum Schluss „Rechentruppführer“.1

Zahlreiche kleine Blessuren verschafften mir immer wieder Pausen und Besinnungsphasen – so auch mehrfach Krankheiten in der Gefangenschaft. Ich bin also recht gut über diese Jahre hinweggekommen. Und daher lebe ich auch noch!

Der Betrachtung medizinischer Gesichtspunkte habe ich mich etwas ausführlicher hingegeben, da wir ja eine Reihe einschlägig ausgebildeter Exemplare in der Familie haben.

Dieses ist also das Endprodukt einer Sammlung von Notizen. In den letzten Jahrzehnten fielen mir immer wieder Erlebnisse ein, die dann stichwortartig dem Sammelpaket beigefügt wurden. Das ist nun geordnet, unterstützt auch durch die Feldpostbriefe und die Postkarten aus der Gefangenschaft, die von meiner Mutter aufbewahrt worden waren.

Wie es in der Natur des Menschen liegt, vieles aus alter Zeit zu verdrängen, vor allem die unangenehmen oder bedrückenden Momente, ist hier eine Zusammenstellung entstanden, die überwiegend durch positive Erlebnisse geprägt ist.2

Für euch, meine lieben Kinder und Enkel, habe ich das alles festgehalten, damit ihr nachlesen könnt, wie ich diese Zeiten erlebt habe. Ich hoffe, dass euch solche Ereignisse erspart bleiben. Mir haben sie zwar – endgültig gesehen – nicht geschadet, doch ohne sie wäre meine Jugendzeit vermutlich viel erfreulicher verlaufen.

Statt des Titels SO HABE ICH ES ERLEBT hätte ich auch schreiben können: WIE ICH ES ÜBERLEBT HABE

Im Mai 2002Rudolf Dünnebeil

 

1 Der Rechentrupp hatte die Aufgabe, die eigene Stellung und die Zielkoordinaten für einen Angriff zu bestimmen. Dies bedeutete ebenfalls, dass er die Ladung und den Schießwinkel der Geschütze zu errechnen hatte, damit ein Geschoss sein Ziel auch exakt traf.

2 Zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges las Rudolfs Frau Inge, geboren 1935, den Roman Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque. Die folgende Textstelle, die die Eindrücke während einer Schlacht schildern, fiel ihr besonders auf:

„Die braune Erde, die zerrissene, zerborstene braune Erde, fettig unter den Sonnenstrahlen schimmernd, ist der Hintergrund rastlos dumpfen Automatentums, unser Keuchen ist das Abschnarren der Feder, die Lippen sind trocken, der Kopf ist wüster als nach einer durchsoffenen Nacht – so taumeln wir vorwärts, und in unsere durchsiebten, durchlöcherten Seelen bohrt sich quälend eindringlich das Bild der braunen Erde mit der fettigen Sonne und den zuckenden und toten Soldaten, die da liegen, als müsste es so sein, die nach unseren Beinen greifen und schreien, während wir über sie hinwegspringen.“

Inge fragte Rudolf nun, ob er es auch erlebt habe, dass er über verwundete Soldaten habe hinwegsteigen müssen. Er nickte nur kurz und sprach ein leises `Ja´. Sie merkte, dass er nicht darüber sprechen konnte und wollte. So hat Rudolf insgesamt nur von wenigen solcher traumatischen Erlebnisse berichtet.

Die ersten Wochen

Nachdem ich mich im Frühjahr 1942 „freiwillig“ zur Luftwaffe gemeldet hatte, – man konnte sich dann die Waffengattung aussuchen3 –, wurde ich im Sommer in einer Berliner Kaserne zwei Tage lang körperlich und geistig geprüft.

Beim Farbtest fiel ich dann durch: Bunte Punkte, aus denen man eine hervorstechende Zahl herauslesen sollte. – Also wurde es nichts mit der Luftwaffe! – Heute verstehe ich nicht mehr, weshalb mich die Luftwaffe so anzog: Wenn man am Himmel erwischt wird, fällt man doch sehr tief herunter, falls man das noch lebend wahrnimmt!

Aber die Meldung hatte einen Vorteil: Im Sommer 1942 wurde mein Jahrgang (1924) zum Arbeitsdienst eingezogen.4Doch stand ich nun auf einer anderen Liste und konnte bis zum Herbst mit den Klassenkameraden Jahrgang 1925 zur Schule gehen. Wir waren da ein recht kleiner gemütlicher Haufen.

Im Spätsommer kamen dann meine Klassenkameraden vom Arbeitsdienst zurück. Den hatte ich also gespart!

Am 15. Oktober 19425 hatte ich mich in Küstrin in einer Artilleriekaserne6 zu melden, womit meine Militärzeit begann:

Schwere bespannte (das heißt alles von Pferdchen gezogen) Artillerie, Feldhaubitzen vom Kaliber 15 Zentimeter.7 – Diese schweren Kanonen waren im Grunde für meine Statur eine Nummer zu groß. Allein die Granaten wogen etwa 25 bis 30kg. Es war eine Schinderei, mit den Dingern umzugehen.

Es blieben dann nur die Klassenkameraden vom Jahrgang 1925 in der Schule zurück, die dann im Frühjahr 1943 Abitur machten. Wir bekamen es hinterhergeschmissen („Reifevermerk“).

Nachdem wir Zivilisten auf dem Kasernenhof angetreten waren, mit Pappkartons in der Hand, um die Zivilklamotten dann nach Hause zu schicken, hieß es: „Abiturienten rechts raus!“ – Und so kam ich zu den Kanonieren.8 – Der übrige Haufen kam zu den Pferden (Fahrer), weil die geistige Beanspruchung dort geringer war.

Das Abgangszeugnis des Kaiserin-Augusta-Gymnasiums mit dem Reifevermerk (Abitur). Heute heißt die Schule Ludwig-Cauer-Grundschule, Cauerstraße 36, 10587 Berlin.

Dann erfolgte die Einkleidung. – Der Ausbildungsdienst begann:

Geschützdienst, Reitunterricht, Sauberkeitsappelle von Gewehr und Klamotten, Märsche mit Gesang, auch unter der Gasmaske und im Laufschritt, „Fußdienst“9, Grüßen üben, Griffe kloppen („Präsentiert das Gewehr! Gewehr über! Gewehr ab!“)

Die letzten Dinge waren wohl besonders wichtig für den Endsieg.

Unterricht in allen Dingen: Schießlehre, Dienstgrade, usw.; dazu kam Stallwache; die Pferdeäpfel mussten vor der Bodenberührung mit einer Schaufel aufgefangen werden. Vorankündigung ist, wenn das Pferd den Schwanz hebt.

Die erste Reitstunde begann damit, dass ein Pferd in unseren Kreis geführt wurde und der Unteroffizier einen Vortrag begann: „Das Pferd trachtet nach dem Leben des Menschen. Man teilt das Pferd ein in Vorderhand, Mittelhand und Hinterhand.“

Nachtrag: Frühmorgens in der Stube. Kaum war der „Aufstehen!“ brüllende Unteroffizier wieder draußen, kam aus dem Untergrund die Stimme unseres Studenten: „Die Herren bitte zum Lever!“10

Zum Glück waren unsere Ausbilder alte Soldaten, die wegen körperlicher Schäden (Verwundungen und anderes) nicht mehr frontdiensttauglich waren. Sie schunden uns nur, soweit es sinnvoll war, um an der Front zu überleben, getreu den Worten des Griechen Menander11: Der Mensch, der nicht geschunden wird, wird nicht erzogen.

 

3Waffengattungen waren zum Beispiel: Infanterie, Panzertruppen, Artillerie, Sanitätstruppe und Versorgung. Zur Waffengattung der Infanterie gehörten dann unter anderem die folgenden Truppengattungen: Granatwerfereinheiten, Maschinengewehr (MG)-Einheiten und Flugabwehreinheiten.

So ist der Begriff Waffengattung als ein Überbegriff zu verstehen, innerhalb einer Waffengattung hatten die Truppengattungen jeweils spezifische Aufgaben.

4 Der Reichsarbeitsdienst (RAD) war eine Organisation im nationalsozialistischen Deutschen Reich. Ab Juni 1935 musste dort jeder junge Mann eine sechsmonatige, dem Wehrdienst vorgelagerte Arbeitspflicht im Rahmen eines Arbeitsdienstes ableisten. Vom Beginn des Zweiten Weltkrieges an wurde der RAD auch auf die weibliche Jugend ausgedehnt.

Ab 1942 setzte man den Einberufungsjahrgang 1924 beim Ostfeldzug unmittelbar hinter der Front zum Bau militärischer Anlagen und beim Wege- und Brückenbau ein. Dabei kam es auch zu Feindberührungen mit Menschenverlusten.

So hatte Rudolf, geboren 1924, wirklich Glück, nicht zum RAD eingezogen worden zu sein. Grund dafür war seine freiwillige Meldung zum Kriegsdienst.

5 Dies war der Tag nach dem nach dem 48. Geburtstag seiner Mutter Hedwig (1894 – 1987).

6Artillerie bezeichnet im Militärwesen den Sammelbegriff für Geschütze und Geschütztypen.

Soldaten innerhalb dieser Waffengattung werden Artilleristen genannt.

7 Eine Haubitze ist ein Geschütz, der Ausdruck Kaliber beschreibt das Maß für den Durchmesser von Geschossen.

8Kanonier ist die Bezeichnung für Angehörige einer Geschützbedienung, aber auch unterster Dienstgrad für Soldaten der Artillerie.

9 Unter Fußdienst versteht man soldatisches paradieren („rechts um“, „links um“, „stillgestanden“) oder auch das Üben der Fortbewegung im Gelände.

10 Als Lever bezeichnet man einen Morgenempfang beim Hochadel.

11 Menander, nach griechischer Schreibweise eigentlich Menandros (342/341 – 291/290 v. Chr.), war ein Komödiendichter.

Frankreich

Mitte November wurden wir zu einem Transport nach Frankreich zusammengestellt und kamen zuerst auf den Truppenübungsplatz Mailly-le-Camp im Marnebereich. Dort ging das Ausbildungstheater dann weiter; öde Gegend, kahle ebenfalls französische Kasernenquartiere. Bald danach (9. Dezember) wurden wir auf einen anderen Platz verlegt, nach Mourmelon, gelegen zwischen Reims und Chalons sur Marne. Hier war es etwas wohnlicher: Großes Gelände mit Soldatencafé, in dem man sich in der Freizeit auch ein wenig entspannen konnte. – Hier trafen wir auch mit alten Soldaten zusammen, die uns, soweit nötig, die letzten Nazi-Zähne zogen.

Ich hatte das große Glück, dass mir beim Geschütz-Exerzieren eine Zeh-Quetschung ein paar Tage Pantoffeldasein bescherte.

In einem Ortslokal konnten wir, gegen eine Zigarre – statt Fleischmarken12 – vom Ober auch eine warme Fleischmalzeit erhalten: Kaninchenbraten. Wir vermuteten, dass es in Wirklichkeit Katze war. Es liefen viele Katzen herum, und die Franzosen fütterten uns sicherlich mit Vergnügen mit diesen Tieren.

Leider behielten wir hier bei der Ausbildung, später auch in den Küstenstellungen, die 15-Zentimeter-Geschütze.

In Frankreich war die Soldatenverpflegung auf der niedrigsten Stufe. Wir kämpften dort ja nicht, also brauchten wir auch nicht so viel zu essen. Da wir, immer noch Rekruten13, durch den Ausbildungsdienst stets sehr hungrig waren, gab es mehrmals ein „Spießfest“. Der „Spieß“, das ist hier für Zivilisten gesagt, ist der Hauptwachmeister, der in der Batterie14 für Ordnung und Organisation zuständig ist. Der unserige war ein alter Militärknochen, der schon circa 20 Jahre Militärdienst – lange schon vor Hitler also – hinter sich hatte.

Also ließ er ein Pferd schlachten. Als Ausrede an das Regiment15 fiel ihm dann schon etwas ein – unheilbarer Knochenbruch oder ein Unglücksfall. Sodann besorgte er ein Fass Rotwein, organisierte eine Franzosenkapelle, die dann bis zum Umfallen Musik machen musste, ließ Gulasch bereiten und den Rest zu Bouletten verarbeiten. Jeder bekam ein Kochgeschirr voll Gulasch und eine Handvoll Bouletten. Dazu floss der Wein, und die kleine Kapelle (Schifferklavier, Pauke, Trommel) machte die Geräusche. – Einmal kam es soweit, dass die Musiker verjagt wurden und der Spieß und zwei weitere Wachtmeister die Musik übernahmen: Einer spielte Schifferklavier, und der Spieß ergriff die Trommelstöcke und trommelte auf den Kopf von Wachtmeister Kränzke, den er zwischen seine Beine geklemmt hatte. Der war schon so hinüber, dass er wohl kaum etwas davon wahrnahm. (Ich muss also da noch so weit nüchtern gewesen sein, dass mir das bis heute in Erinnerung ist).

 

12 In den vom Krieg betroffenen Ländern wurden Lebensmittelmarken genutzt, sie wurden auch Marken genannt. Auch im Deutschen Reich gab es seit dem 28. August 1939, wenige Tage vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, Lebensmittelkarten.

Sie dienten dem Bezug von bestimmten Lebensmitteln, so zum Beispiel von Brot, Fleisch, Fett, Eiern und Zucker. Damit war die Ausgabe der Lebensmittel aber keinesfalls garantiert. Bei Warenengpässen ging man leer aus.

Nach Ende des Krieges wurden zur Warenausgabe zunächst weiterhin Lebensmittelkarten genutzt.

13Rekrut bezeichnet einen neu eingestellten Soldaten – in der Regel für die Dauer der Grundausbildung.

14 Eine Batterie ist eine militärische Einheit der Artillerie mit vier bis acht Geschützen. In ihr befinden sich etwa 250 Soldaten. Diese Zahlen waren Rudolf so in Erinnerung.

15 Ein Regiment ist eine mittelgroße militärische Formation mit etwa 2.500 bis 3.000 Soldaten und ist die militärische Organisationsform, welche unterhalb einer Division (10.000 Soldaten) Truppen der gleichen Truppengattung führt und einer Division zugeordnet ist. Diese Zahlen waren Rudolf so in Erinnerung.

Nach Südfrankreich

Mitte Dezember 1942 wurde das bis dahin unbesetzte Frankreich auch mit unseren Truppen belegt. Hier hatte solange die hitlerhörige Vichy-Regierung unter Marschall Pétain allein das Sagen.16

Wir gehörten zu den ersten Soldaten, die in diese Gegend kamen. Die Bevölkerung hatte hier keinen Krieg erlebt und war freundlich und aufgeschlossen.

Als wir von Mourmelon ein paar Tage vor Weihnachten hierher mit unseren Geschützen verladen wurden, sah ich im Rhonetal zum ersten Mal südliche Vegetation. Nachts kamen wir in die Nähe von Marseille und wurden, noch in Berglandschaft, bei Vollmond ausgeladen. Dann begann, bei frühlingshaftem Wetter, der Marsch mit Pferden, Wagen und Geschützen. Ich war sehr beeindruckt und romantisch begeistert.

Zu Weihnachten übernachteten wir in Marseille in einer leeren Kirche. Wir bekamen jeder ein Kochgeschirr voll Glühwein (schnell ausgetrunken und nochmal angestellt!). Weiterhin eine halbe Flasche Kognak und Zigaretten – so sah mein erstes Weihnachten bei den Soldaten aus.

Auch über Neujahr waren wir noch in dieser Gegend. Danach ging es bald an die Küste bei La Ciotat. Einquartiert wurden wir in die Häuser von Weinbauern, bei denen wir auch unseren Weinvorrat ergänzen konnten – der rote Landwein war billig, und wir hatten stets Vorrat in der Unterkunft.

Mit einigen Französisch-Kenntnissen und ein bisschen Palaver brachten wir die Bauern auch dazu, uns gelegentlich den schmackhafteren Rosé-Wein zu verkaufen. Ein Liter Rotwein kostete 50 Francs (entsprach einer Reichsmark), der Rosé kam auf 125 Francs.

In einer Villa bei St. Cyr in Feuerstellung17 lagen wir zu mehreren, noch „Rekruten“, in einem Zimmer, ein Unteroffizier Wand an Wand, doch mit einem anderen Aufgang. Der Ritus war täglich derselbe: Morgens früh brüllte es gegen die Wand – „Ein Ganonier!“ (er war wohl Sachse). Darauf rannten wir alle die Treppe herunter, ums Haus, dann seine Treppe hinauf. Er stand schon in der Tür. Der letzte von uns, der eintraf, durfte ihm dann jeweils die Schuhe putzen.

Um Mitte Januar fand ein Ortswechsel unserer Batterie statt („Stellungswechsel“). Ich hatte das Pferd eines Offiziers zu reiten, der mit dem Fahrrad in die neue Ortschaft vorausfuhr, um Quartiere zu organisieren. Unterwegs kam er zurück. Ich stieg vom Gaul, blieb im Steigbügel etwas hängen und geriet mit einem Fuß unter das Rad eines nebenher fahrenden Geschützes. Auf der Asphaltstraße rollte es flugs über die Große-Zeh-Ecke meines Schuhs.

Zunächst bemerkte ich kaum etwas, dann mehr. Abends erst zog ich misstrauisch meinen Schuh aus: Die Haut war ganz, doch der Zeh schwoll schnell wie eine Blutwurst an und färbte sich auch so. Unter der Haut verbarg sich sicher Knochenmuß. – Ich genoss es in der folgenden Zeit, keinen Dienst machen zu müssen und versah derweil die Telefonwache bei einem Wachtmeister. Der Zeh ist bis heute steif und etwas knubbelig geblieben.

Im Frühjahr war wieder einmal Stellungswechsel. Wir zogen mit Geschützen und Wagen in ein neues Quartier. Ich ging neben einem Geschütz. Plötzlich, bei leichtem Weganstieg, löste sich das Rohr und rutschte auf der Gleitschiene nach hinten. Meine Hand aber lag auf dieser. Eine Fingerkuppe wurde abgequetscht.

„Sanitäter!!!“ Allgemeiner Halt inmitten einer Ortschaft. Ein Franzose kam heraus, sah den Schaden und brachte mir ein großes Glas Kognak. Das half über den ersten Schreck. – Notverband – Am nächsten Morgen machte ich mich auf zum Abteilungsarzt nach Les Lecques, Bucht von La Ciotat. Der stellt mir einen Marschbefehl nach Marseille aus. Eisenbahnfahrt. Lazarett Camoins le Bains. – Ein junger „Arzt“, wohl noch Medizinstudent, „verband“ mich: Schiene, eine Art Lineal, über die ganze Hand inklusive Unterarm (wohl, damit der Finger gerade wachsen sollte); also dickes Hand-Arm-Paket in Tragebinde.

Am nächsten Tag zurück zur Truppe. Auf dem Bahnhof Marseille war eine Rote-Kreuz-Station für durchreisende Soldaten – mit ausführlichem warmen Essen. Da hier eigentlich keine Verbundenen bzw. Verwundeten durchreisten, war ich flugs von jungen Schwestern umgeben, die meine dicke Pfote bewunderten. Stolz erzählte ich Schauergeschichten: „Halbe Hand kaputt, anderthalb Finger ab, usw.“ Ich genoss das rührend-liebevolle Mitleid. – Als mir zustehende Marschverpflegung packten sie mir ein Riesenpaket, an Wurst sicher eine Wochenration und viel mehr Zigaretten, als mir zustanden. – So traf ich bei meinem Haufen wieder ein. – Ein tüchtiger Sani fand die richtige Behandlung: Tägliche Seifenbäder für den Finger, der auch bald wieder zusammenheilte.

So hatte ich also mehrfach das Glück, als „Innendienstkranker“ von mancherlei Ausbildungsunannehmlichkeiten verschont zu bleiben.

Noch ein paar Erlebnisse:

Bei einer Schießübung im Gebirge bei Cassis musste jeder mal die Kanone alleine abschießen. Das heißt: Eine Granate ins Rohr, Kartusche (Schießladung) dazu, Verschluss schließen und mit einer zwei Meter langen Reißleine zünden. Die anderen standen etwa 20 bis 30 Meter dahinter und sahen zu. – Als ich dran war, das Ding in Aktion zu bringen, bekam ich vom Mündungsknall einen derartigen Schreck, dass ich nach hinten weglief, noch über meine Kameraden hinaus, wobei ich verständnisvoll-höhnisches Gelächter erntete.

Eines Tages zum Batteriechef befohlen. „Dünnebeil, Sie sind doch musikalisch?! Nehmen Sie noch zwei Leute dazu. Ich kann drei Mann ins Konzert nach Marseille schicken. Morgen früh geht’s ab.“ So fuhren wir zu dreien am nächsten Tag mit der Eisenbahn nach Marseille. Quartiere zum Übernachten dort in irgendeiner Soldatenunterkunft wurden vom Bahnhof her beschafft. – Da Marseille zu der Zeit ein recht heißes Pflaster war (Résistance)18, mussten wir schwer bewaffnet reisen (Stahlhelm, Gewehr, Patronentaschen, Eierhandgranaten). – Und so saßen wir am Abend in einem großen Konzertsaal – Gewehr zwischen den Beinen, Stahlhelm auf den Knien – und hörten Mozart (ich glaube Jupiter-Symphonie) und Beethoven (3. oder 5.) und noch irgendetwas (Strauß, Till Eulenspiegel war es wohl) – also Siegeszuversichtsmusik. Der Dirigent war Schmidt-Esserstedt19 und ein Berliner Orchester dazu. – Am nächsten Morgen dann zur Truppe zurück. – Das war ein kleiner Lichtblick im soldatischen Einerlei.

In dieser Zeit wurde ich zum Oberkanonier befördert. Auch ein Lehrgang für KOBs („Kriegs-Offiziers-Bewerber“) fand da irgendwann statt.

Nach dem Fall von Stalingrad (Ende Januar / Anfang Februar 1943) glaubte hier keiner mehr an den „Endsieg“.

 

16 In ihrem Westfeldzug im Frühsommer 1940 umgingen die deutschen Truppen die Maginot-Linie und besetzen Frankreich zunächst nur zum Teil. Frankreich wurde nach dem Waffenstillstand von Compiègne am 22. Juni 1940 in eine zone libre (Südosten des Landes, etwa 40% der Landesfläche) und in eine zone occupée (besetztes Restgebiet Frankreichs) aufgeteilt, wobei in ersterer jedoch das von Deutschland abhängige konservativ-autoritäre Vichy-Regime regierte.

Als die Alliierten mit der Invasion in Nordafrika begannen, kooperierten sie dabei mit einigen Generälen Vichy-Frankreichs. Daraufhin wurde nun auch Südfrankreich ab dem 11. November 1942 besetzt. Formell blieb die Vichy-Regierung unter der Führung von Philippe Pétain (1856 – 1951) bis zum Sommer 1944 im Amt. Pétain wurde 1945 wegen Kollaboration mit dem Deutschen Reich zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

17 Die Feuerstellung ist der Ort, an dem ein Geschütz aufgestellt ist. Mitunter wird als Feuerstellung auch ein Gebiet genannt, in dem mehrere zusammengehörende Waffensysteme in Stellung gehen.

18Résistance war die Bezeichnung für den französischen Widerstand.

19 Hans Schmidt-Esserstedt lebte von 1900 bis 1973. 1943 wurde er an die Spitze des Deutschen Opernhauses Berlin berufen, wo er 1944 Generalmusikdirektor wurde.

Nach Osten

Kurz vor unserem Transport von Südfrankreich zur Ostfront im Sommer 1943 bekam ich zwischen zwei Zehen eine Art Entzündung, bei der die Haut tief einriss; vielleicht war es ein Fußpilz.

Als wir schon Polen durchquerten, wurden wir in Cholm (heute Chełm) ärztlich betreut, wo es nötig war. Man behielt mich dort und steckte mich ins Lazarett. Ich genoss die Ruhezeit und ließ mich pflegen. – Schon wieder eine willkommene Unterbrechung! – Ein paar Wochen gingen dahin. Die meisten Insassen waren Verwundete von der Front.

Ein älterer Sani dort hatte den Beinamen „Die Ziege“. Er ging, wenn er abkömmlich war, von Raum zu Raum und hatte ein festes Unterhaltungsprogramm auf Lager. Dann sagte er seine Sprüchlein auf:

„Die Ziege – alle“ (also wir): „Die Ziege“;

„Die Ziege hat ein Fell“ (wir): „Die Ziege hat ein Fell“.

Er: „Die Ziege hat nicht nur ein Fell, sondern eine Befelligung zur Bedeckigung der Beleibigung.“

Und so in vielseitiger Variation:

…hat nicht nur einen Schwanz, sondern eine Beschwänzigung zur Bewedligung der Befliegigung.

…hat nicht nur einen Euter, sondern eine Beeutrigung zur Bemilchigung der Bejungigung.

…hat nicht nur Augen, sondern eine Beaugigung zur Betrachtigung der Umgebigung.

…hat nicht nur ein Maul, sondern eine Bemauligung zur Berupfigung der Begrasigung.

…hat nicht nur Hörner, sondern eine Behörnigung zur Bestoßigung der Konkurrenzigung.

…kann nicht nur meckern, sondern hat eine Bemeckrigung zur Beschalligung der Umgebigung.

Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Er unterhielt uns und wir genossen seine Humorigung.

Hier lernte ich zum ersten Mal Homosexuelle kennen, mit denen ich als junger Bursche bis dahin noch keine Umgangserfahrungen hatte. Da die Entlassung noch nicht fällig war, machte ich ein bisschen Beschäftigungsdienst bei der Poststelle. Ein älterer freundlicher Soldat, der dort offensichtlich einen Dauerposten bekleidete, hatte wohl Gefallen an mir gefunden. Seine Hand fuhr häufig liebevoll unter meine Jacke und streichelte meinen Rücken, während ich Post sortierte. Ich ließ es geschehen und dachte dabei hoffend, dadurch meinen Marsch zur Front vielleicht etwas hinausschieben zu können. – Vorher, als ich auch schon im Gelände herumstreifen konnte, begegnete ich einem Soldaten, der ehedem Offizier war, wie er mir erzählte, und nun degradiert in meinem Stand sich befand. Den Grund seiner Degradierung nannte er nicht. Ich begriff ihn jedoch später. – Als wir beide fast nackt in der Sonne lagen, begehrte er mich einzuölen. Er tat es zart und liebevoll. Da wurde mir seine Veranlagung bewusst. Wir freundeten uns an, und er ölte mich wiederholt gerne ein. Ich musste ihm stets den gleichen Dienst erweisen, was er wohl sehr genoss. Weiter wagte er sich nicht vor, da er wohl merkte, dass ich mich recht passiv verhielt.

Nach diesem Lazarettaufenthalt kam ich in eine „Genesungskompanie“ nach Krasnystaw nahe Lublin und hatte plötzlich einen Anspruch auf Heimaturlaub. Davor musste ich noch wenige Wochen etwas Partisanenschutzdienst auf einem Gut dicht südlich von Lublin verrichten. Wir waren sechs Leute mit einem Unteroffizier. Tagsüber genossen wir unser Dasein, gingen baden im Dorfteich, begleitet von einigen Dorfjungen, die sich jedes Mal bekreuzigten, ehe sie ins Wasser hopsten, oder machten einen Gang nach Lublin in eine Kneipe, in der wir für unser gutes Geld Getränke jeder Art bekamen. – Nachts saßen wir auf einem Balkon und hatten den Gutshof zu beäugen. Das geschah in zweistündiger Ablösung, indem dann immer der Nachfolger zu wecken war. – Öfter passierte es, dass ich in der Morgendämmerung mit der Flinte zwischen den Knien sitzend aufwachte. Der Unteroffizier hatte einen guten Schlaf und bemerkte nie etwas.

Den Urlaub verbrachte ich in Berlin bei meiner Mutter. Nach der Anordnung mussten Urlauber auch in der Heimat stets Uniform tragen. – Ein alter Schulkamerad, Ruthard Schindler20, der uns schräg gegenüber wohnte, hatte zufällig auch Urlaub. Er war bei der Station Peenemünde (V-Waffen-Entwicklung) beschäftigt.21 Wir feierten unser Wiedersehen – auch, dass wir beide noch lebten – und erlebten einen Bombenangriff auf Berlin in seiner Wohnung. Als es zu arg wurde, und die Fensterscheiben in seine Räume flogen, gingen wir zum Keller hinunter, in dem sonst schon die ganze Hausbewohnerschaft saß.22

 

Klassenfoto von 1940, siehe auch die folgende Seite

rückseitige Beschriftung des KlassenfotosRudolf ist die Nr. 6, Ruthard Schindler die Nr. 14

In diesen Tagen besuchte ich auch unsere alte Schule, natürlich in Uniform. Alle Lehrer freuten sich, dass es mich noch gab und teilten mir auch mit, welche unserer Klassenkameraden schon gefallen waren. Es waren mehrere gute Freunde darunter.

Meine Mutter bekam von unserem Kaufmann (Lindner! – heute „Butter-Lindner“ in ganz Berlin!) zwei Flaschen Rotwein unter dem Ladentisch zugesteckt. Aber ich mochte das Zeug nicht trinken: In Frankreich hatten wir so viel billigen Rotwein von den Bauern, dass wir ihn kaum mehr herunterwürgen konnten – nur noch als Glühwein (mit Süßstofftabletten).

Nach 14 Tagen war der Urlaub (eigentlich „Genesungsurlaub“) beendet, und ich hatte mich in Schwerin / Mecklenburg bei der „Ersatzeinheit“ zu melden. Von dort hatte ich noch einmal „zustehenden“ Urlaub (Heimaturlaub), den ich in Ratzeburg verbrachte, um meinen Vater Siegfried kennenzulernen, mit dem ich seit meiner Soldatenzeit schon in Briefwechsel stand, und der dort bei seinen Eltern, meinen Großeltern, wohnte. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut.23

Danach ging es wieder nach Schwerin (Kaserne) zum Truppenübungsplatz Hammerstein, von wo aus Transporte zur Ostfront zusammengestellt wurden.

Typische Kasernenszene: Ich stand mit einem anderen mitten auf einer Treppe. Es näherte sich ein älterer Soldat, wohl frisch rekrutiert und in der Grundausbildung. „Ich bitte Herrn Oberkanonier, vorbeigehen zu dürfen!“ – Das ist mir passiert! An der Front hätte das einen Lachanfall erzeugt!

Als zusammengewürfelter Haufen verschiedener Waffengattungen fuhren wir in Güterwaggons zusammengepfercht dorthin. Das dauerte zwei Wochen. Irgendwo in Russland (Ukraine) wurden wir ausgeladen und zu Truppenteilen eingeteilt. Ich hatte Glück und kam wieder zur Artillerie. Dann ging es an die Front. Zufällig traf ich an meinem Geburtstag, 7. November, bei meinem Haufen ein. Nun ging auch für mich der Krieg los.

Angenehmerweise hatten wir bis zum bitteren Ende hier leichtere Geschütze – leichte Feldhaubitze mit Kaliber 10,5 Zentimeter, und die Granaten wogen nur etwa 15 Kilo (leFH 18/40)24.

Doch ich hatte bald wieder Glück: Nach einigen Wochen, in denen wir in den Dörfern – bei freundlicher Bevölkerung – auch mal ein Schweinchen schlachteten oder ein paar Hühner, die uns die Einwohner gerne gaben, da auf unseren Rückzügen umgehend bald die Russen erwartet wurden, bekam ich Gelbsucht (Hepatitis epidemica – jetzt „Hepatitis A“25 genannt) und wurde vom Abteilungsarzt Dr. Hirschnitz ins Lazarett geschickt.

Nachtrag: Bei einer der regelmäßigen Untersuchungen auf Tripper empfing uns Dr. Hirschnitz mit dem Spruch: „Die Gonokokke sitzt und lauscht, wie der Urin vorüberrauscht.“26

Gelbsucht war in Russland sehr verbreitet und eine überaus beliebte Krankheit, da man für einige Zeit aus dem Kriegsverkehr gezogen wurde und einer schmerzfreien Genesung entgegensehen konnte. Was war ich doch für ein Glückspilz! Mehrere Blessuren in Frankreich, dann Lazarett in Cholm – und nun dies! Erholungspause hinter der Front! Dabei keine Schmerzen, nur eine langweilige Diät (fett- und alkoholfrei).

So landete ich mit einem Krankentransport in Rybniza (Bessarabien) am Mittellauf des Dnjestr.

Unsere Stationsschwester war die Tochter von Freiherr von Papen, damals Diplomat und Außenminister, Isabella von Papen. Ihr Vater wurde im Nürnberger Prozess (1945/46) in der Hauptverhandlung freigesprochen.27 Ende der 90er Jahre sah ich die alte Dame in einer zeitgeschichtlichen Sendung und freute mich, dass auch sie alles so gut überstanden hatte. Sie war damals bei uns allen sehr beliebt.

Nach einiger Zeit machte ich mich nützlich auf der Station und maß Fieber und Puls. – Eines Tages war „großer Besuch“ angemeldet, irgend so ein Generalarzt, der prüfen sollte, ob die Patienten auch wieder rechtzeitig an die Front geschickt würden, um dem Führer beim Endsieg zu helfen. Einer in unserem Gelbsüchtigen-Zimmer – wir waren dort 25 Mann in Doppelbetten – war medizinisch vorgebildet und wusste, wie man die Blutsenkungen, denen wir wöchentlich mehrfach unterzogen wurden, noch recht hoch halten konnte. – Also besorgten wir uns durch einen Boten, der in die Stadt gehen konnte, eine große Menge Rotwein von der rumänischen Bevölkerung und tranken morgens nüchtern kräftig vor der nächsten Senkungsdiagnose, jeder so einen halben Liter. Nur der Schwester, die uns dann anzapfte, durften wir nicht die Fahne ins Gesicht blasen. Das Ergebnis wurde dann in der Fiebertabelle eingetragen.

Am selben Tag kam der Generalarzt. „Achtung!“ Meldung. Jeder stand mit seiner Tabelle, aufgezogen auf ein Brett, neben seinem Bett. Er betrachtete leutselig unsere Kurven.

„Männer! Ich weiß, dass ihr alle wieder zu euren Kameraden an die Front wollt, um die Heimat zu verteidigen. Aber eure Blutsenkungen gefallen mir noch nicht. Ihr werdet wohl noch zwei bis drei Wochen im Lazarett bleiben müssen.“ – „Achtung!“ – Großes Aufatmen – wir hatten Zeit gewonnen. Im Grunde waren wir schon wieder völlig gesund. – Das war so Mitte Januar.

In dieser Zeit konterfeite mich ein Kunststudent auf einer Fiebertafelplatte ab. Das Bild ging mit der Post nach Berlin und ist nun gerahmt und fixiert erhalten geblieben.

 

Portrait von Rudolf, auf Holz, Originalgröße etwa 31 X 23cm gemalt von H. Neumann

Siehe dazu im zweiten Teil dieses Buches Rudolfs Briefe vom 6.2.44 und vom 23.4.44, ferner auch seine Briefe vom 22.2.44, 29.2.44 und vom 21.5.44; ebenso Hedwigs Karte vom 30.12.46.

Wie es mein Glück wollte: Ich bekam dann noch eine Rippenfellentzündung (Pleuritis sicca)28, die mich noch bis weit in den März im Lazarett hielt.

Während im normalen Leben jegliche Krankheit oder Wehwehchen als negativer Eingriff des Schicksals angesehen wird, war es während dieser Jahre genau umgekehrt: Das ging ja alles vom Krieg ab!

Auf der Fahrt dann an die Front, was mehrere Tage dauerte, wurden wir, jeder für sich, seinem Truppenteil wieder zugeleitet. In Nikolajew am Bug (dem russischen in der Ukraine) hatte ich mich in einer Frontleitstelle29 zu melden. Dort gab es Übernachtung und auch Verpflegung für die Weiterreise.

Am Schalter für die Weiterleitung fragte mich ein etwas älterer Soldat: „Dünnebeil? – Hast du Verwandte in Lübeck?“ So lernte ich Jürgen Groth kennen, der meine Verwandtschaft in Lübeck seit Jahren kannte. (Er betrieb in Lübeck eine Buchbinderei und Papierhandlung).30 Er stempelte mir meinen Marschausweis so voll, dass die Zeiten des Aufenthaltes unklar wurden. Vier bis fünf Tage hielt er mich versteckt, und wir wurden gute Freunde. (Das ging ja alles vom Krieg ab – siehe oben).

 

Jürgen Groth

Dann endlich zog ich weiter, reich bepackt mit Marschverpflegung, und kam zu meiner alten Truppe. – Nun ging der Kriegsrummel weiter.

Ein paar kriegerische Erlebnisse sollen doch festgehalten werden:

Wir schossen schon eine Weile auf ein für uns unsichtbares Ziel, wohl einen Panzeraufmarsch, mit Panzerspezialmunition. Der Boden war gefroren und unsere Geschütze schon fest im harten Erdreich festgeschossen. Plötzlich ein russischer Panzer von hinten! Der musste durchgebrochen sein. Geschütze schwenken war nicht möglich – festgefroren! Also in die Deckungslöcher! (Kleine Gräben bei den Geschützen, etwa zwei Meter tief, 1 x 2 Meter in der Ausdehnung). Er schoss mit MG31, traf aber nichts. Dann fuhr er kreuz und quer über die Stellung und über unsere Geschützholme32 und Munitionsstapel (Munition wird erst beim Abschuss scharf!). Zwischendurch konnten wir mal kurz herauslugen. – Da nahm er Kurs auf mein Loch. Ich saß zusammengekauert beklommen und gespannt unten. Seine Kette schüttete mich voll Erde. – Als er dann nach seiner Zerstörungspartie wieder Richtung Heimat fuhr, konnten wir nicht hinterher schießen. Die Holme waren zum Teil zerknickt, die Munition zermalmt. – Aus drei Geschützen konnten wir dann zwei gefechtsfähige zusammenbasteln. Wir waren froh, dass sonst nichts passiert war.

Wenn unversehens die Nachricht durchkommt, dass wir eingeschlossen sind, beschleicht einen zunächst ein mulmiges Gefühl. Wir müssen ja irgendwie durchbrechen. Ich habe das öfter erlebt.

Einmal sind wir nachts mit Karacho auf einer relativ gangbaren Straße mit der ganzen Abteilung (= drei Batterien mit neun Geschützen und allem Zubehör) durch ein Dorf gestürmt, das offenbar nur auf einer Seite von Russen besetzt war. Soweit wir zu Fuß waren, wie ich auch, hielten wir uns links von den Fahrzeugen in Deckung. Die Fahrzeug- und Geschützkutscher droschen auf die Pferde ein, und wir rannten nebenher um unser Leben. Von rechts schossen die Russen mit Maschinengewehren und Gewehren. In der Dunkelheit trafen sie schlecht, und außer einigen Verwundungen kamen wir glücklich durch.

Doch ein Verpflegungswagen büßte seine Pferde ein und blieb daher im Dorf zurück. Als wir uns danach sammelten, war der Schaden nicht allzu groß. Keine menschlichen Verluste. Die Verwundeten wurden in der Dunkelheit notdürftig versorgt. – Aber der Wagen, der steckengeblieben war! – Es war ein Spezialfahrzeug, das voll bepackt war mit Sonderzuteilungen für das kommende Osterfest: Schnaps, Zigaretten und Süßigkeiten. Uns packte die Wut! Wir hörten von ferne, wie sich die Russen über das Fahrzeug hermachten und in Jubel ausbrachen. – Da stürmte unsere MG-Mannschaft zurück in das Dorf und störte die Freude der Eroberer. Sie ballerten heftig in Richtung des verlorenen Wagens, bis es dort ruhig wurde. Ein Racheakt, der uns nichts brachte, nur das Gefühl der Vergeltung. – Und das alles in tiefschwarzer Nacht!

Eines Nachmittags kam die Meldung, dass das Dorf vor uns von Russen besetzt sei. Also wieder eingeschlossen! Das ganze Regiment war im Kessel. – Nachts gegen zwei Uhr gingen alle Geschütze in etwa drei / vier Kilometer in einer Reihe in Stellung. Es mögen wohl dreißig Geschütze gewesen sein. Die Pferde wurden still zurückgeführt, damit keine Geräusche entstanden – also alles auf leisen Sohlen. – Dann auf einen Schlag schoss unsere Artillerie, pro Geschütz sechs Granaten, in das Dorf. – Wir warteten bis zur Morgendämmerung. Als wir dann vorsichtig auf das Dorf loszogen, hatten die Russen wohl die Flucht ergriffen; jedenfalls hinderte uns niemand am Durchzug. Nur ein paar Zivilisten kamen aus den Kellern.

Noch eine Situation: Vor uns war, wie man meldete, eine russische Panzerabteilung in Stellung gegangen, um uns anzugreifen und den Weg abzuschneiden. – Durch Funk forderten wir Befreiung an, und es kam wirklich eine Staffel Sturzkampfbomber (Stuka)33 bald über uns gebraust, die sich auf die aufmarschierten Panzer stürzten.

Als wir danach durchzogen, führte uns der Weg durch ein Feld von explodierten Panzern. – Wir waren befreit!

Das Schicksal der russischen Panzerfahrer drang nicht in unser Bewusstsein. – So gefühllos geht es im Krieg zu: Entweder sie – oder wir!

Manchmal blieben wir im Schlamm mit allen Wagen und Geschützen stecken. Ich hatte schon lange kein Pferd mehr und kämpfte mich zu Fuß durch den zähen Schlamm. Auf einer Breite von etwa 50 Metern steckte alles fest – Wagen, Pferde, Menschen und Geschütze von eigenen und fremden Truppeneinheiten. In meiner Verzweiflung – ich bekam kaum meine Schuhe zum Weiterlaufen aus dem Schlamm – befand sich dicht neben mir ein Wagen mit zwei Pferden von einer fremden Truppeneinheit. Der Fahrer war seitlich abgestiegen und etwas entfernt, um mal zu pinkeln. Ich spannte ein Pferd aus und setzte mich drauf. Pferde konnten wegen ihrer Hufform besser durch den Schlamm. Es war gezäumt. Auf dem Wagen fand ich eine Decke, die mir als Sattel diente. – Nun schnell weg, ehe der Kutscher wieder kam! Ich ritt bis zum Abend, jetzt besser als zu Fuß. In einem Dorf, das ich erreichte, machte ich Quartier, band das Pferd draußen an. Der Raum war schon voller Rückzugssoldaten.

Morgens nach dem Erwachen ging es weiter. Da ich mein Gewehr schon vorher verloren hatte, griff ich mir eins, was da zu finden war, und ritt weiter gen Westen. Abends traf ich Leute von meinem Regiment, kenntlich an der „Wildsau“ auf den Fahrzeugen, bald auch meine Batterie. Großer Jubel! Sie hatten mich schon abgeschrieben. – Gefreiter Dünnebeil34 – und außerdem noch ein zusätzliches Pferd!

Dass ich es nicht vergesse: Ausgerechnet zu Führers Geburtstag (20. April) war ich zum Gefreiten befördert worden. Durch meinen Lazarettaufenthalt im Winter war ich bei einem früheren Termin übergangen worden.

Noch etwas: Wenn jemand bei Russenangriffen fiel, bekamen die Angehörigen als Todesursache stets Kopfschuss oder Brustschuss genannt, egal, wie es wirklich geschah, und wie man seine Gebeine im Gelände fand.35

Einmal strömten wir durch einen Ort, in dem ein großes Verpflegungslager eingerichtet war. Ein Naziverwalter, also ein von uns gehasster Mensch in brauner Uniform, mit Goldtressen36, ein sogenannter „Goldfasan“, stand davor und wollte das Lager gegen uns verteidigen, die wir doch nur recht viel mitnehmen wollten, damit es nicht in die Hände der Russen fiel, die uns meistens dicht auf den Fersen waren.

Als er nicht weichen wollte, knallte es kurz, und so fiel der tapfere Verteidiger in seiner braunen Uniform für den Führer. Nun konnten wir hineinstürmen und griffen, was uns in die Hände kam – nur das Beste: Schokolade, Zigaretten, Schnaps, Dauerwurst.

Zuweilen war es chaotisch: Wir benahmen uns wie plündernde Landsknechte – immer den Tod vor Augen beziehungsweise hinter unserem Rücken.

In einem russischen Dorf haben wir einmal frei herumlaufende Hühner mit in Wodka getränktem Brot gefüttert. Da war was los! Manche flatterten hoch, fielen dann auf den Rücken; manche fielen beim Laufen auf die Seite. – Ein mächtiges Gegacker! Schließlich wurden alle müde und schliefen in irgendeiner Stellung ein.

Bis zur Gefangenschaft hatte ich im Osten stets mein ziviles Fahrtenmesser an einem Riemen „untergeschnallt“, mit einer Klinge von knapp 20 Zentimetern. Das hat uns oft gute Dienste geleistet, wenn es galt, ein Schweinchen, Kälbchen oder Hühner zu schlachten. Die ukrainische Bevölkerung bot uns oft Tiere an, da die Russen bald erwartet wurden. Und dann wären sie sowieso alles losgeworden. Wir waren ja stets auf Rückzugsbewegungen.

Auch ihre Ikonen – jedes Haus hatte eine Ikonenecke – brachten sie wieder in die Verstecke. Stalin37 hatte ja etwas gegen jede religiöse Äußerung.

Die Bewohner gaben ihre letzten Kühe her, damit sie nicht in die Hände der nachdrängenden Russen gelangten. – Das hatte den Erfolg, dass ganze Herden unseren Rückzug begleiteten, natürlich nicht in unserer Zone der Kampftruppen, sondern einige Kilometer von uns aus in westlicher Richtung beim Tross. – Kühe sind ja eigentlich keine Marschtiere, aber was half es ihnen!? Wir hatten immer genug Fleischvorrat, wozu auch noch die Pferde kamen, die bei Gefechten verwundet worden waren und dann geschlachtet wurden. – So hatten wir auf unseren Geschützfahrzeugen stets genug Verpflegung gelagert, auch Hühner, Öl, usw., was uns die Dorfbewohner mitgaben.

Als wir über Nikolajew und Odessa dann gegen Ende April 1944 aus Russland nach Rumänien hinausgedrängt wurden, waren wir die Kuhherden los. Sie wurden abkassiert und landeten in der Heimat auf den Schlachthöfen.

Der Dnjestr war nun für einige Zeit die feste Frontgrenze, mit uns auf der Westseite.

Irgendwann jetzt wurde ich Rechentruppführer, das heißt, der Rechentrupp bestand außer mir in einem Panjewagen38 für das ganze Rechengerümpel (Karten, Kartentisch, Zeichengerät und optische Mess- und Peilgeräte) sowie einem Soldaten als Pferdekutscher. Aber ich musste mich nicht mehr an Geschützen abplagen, sondern hatte die jeweilige Stellung zu vermessen, die gelegentlich wechselte, sowie dann die Schüsse zu berechnen und die Feuerkommandos zu geben. Dafür wohnte ich nun mit einem Batterieoffizier und dem Telefon im Befehlsbunker, einem gebuddelten und nach oben abgedichteten Erdunterstand. Pferd, Wagen und Fahrer allerdings waren woanders untergebracht.

Einige Begebenheiten aus dieser zunächst ruhigen Zeit:

In einer Stellung wurden bei ruhiger Frontlage eines Tages zwei Nebelgranaten auf unsere Stellung geschossen, eine etwas 200 bis 300 Meter rechts vor uns, die andere links entsprechend hinter uns, das heißt, wir wurden „eingegabelt“. Oben kreiste eine russische „Nähmaschine“ zur Beobachtung. (Als Nähmaschinen bezeichneten wir die feindlichen Kleinflugzeuge, die für Kampfeinsätze kaum nützlich waren). Danach lässt sich ein Koordinatenkreuz für unsere Stellung gut berechnen. – Kurz danach musste ich einen Gang zur Protzenstellung39 erledigen, etwa 600 Meter von uns entfernt. Plötzlich eine Gruppe Abschüsse von den Russen. Umgehend schlug es bei uns in der Stellung ein. – Also artilleristisch gut berechnet!

Als ich wieder zurückkam, war alles vorbei. – Eigentlich kein Schaden – damit rechneten wir. Einer allerdings nahm nicht rechtzeitig Deckung und sprang schnell in den Latrinengraben. Ich kam noch dazu, wie er wieder sauber geputzt wurde. – Am selben Abend Stellungswechsel, da sie ja unsere Koordinaten fest im Griff hatten.

Eines Morgens ein Anruf von der ersten Batterie (wir waren die dritte): Eben sind der Harko, der Arko und der Regimentskommandeur zur Besichtigung hier eingetroffen, inspizieren alles und fragen auch, ob wir was zu Trinken hätten; sie fahren das ganze Regiment in der Feuerstellung ab. (Harko und Arko: Höherer und Artilleriekommandeur, zwei Herren im besseren Generalsrang, zuständig für große Abschnitte der Südfront).

Ich gab sofort Alarm; alles wieselte herum und putzte, räumte auf, usw. Ich korrigierte schnell die Sperrfeuerkommandos40 nach den neuesten Wettermeldungen. Aus den angetrunkenen Feldflaschen der Kanoniere sammelte ich Reste in zwei Flaschen, damit wir im Befehlsbunker etwas anzubieten hatten. Dann im Bunker aufräumen, Bleistifte spitzen, Material ordnen. Sperrfeuer unten korrigiert an den Tafeln bei den Geschützen eintragen. Anruf bei der vierten und fünften Batterie zur Vorwarnung. – Dann meldete sich die zweite: Eben bei uns abgefahren, kommen gleich zu euch! – Der Batterieoffizier machte Meldung; ich blieb im Bunker am Telefon, lugte nur einmal hinaus.

Die drei Herren, Offiziere alten Zuschnitts, der Harko, General der Artillerie des Armeekorps, der Arko einen Dienstgrad darunter, zuständig für den Frontabschnitt und unser Oberst Kaluscha als Regimentskommandeur. Alle drei, zumindest die beiden oberen, noch der Typ von Kaisers Zeiten; prächtig anzuschauen mit vielen Orden. – Sie stapften zunächst bei den Geschützen herum, beäugten alles. Dann kamen sie in Begleitung des Batterieoffiziers zu mir in den Bunker. (Batterieoffizier ist übrigens ein höherer Unteroffiziersgrad: Oberwachtmeister). Ich machte Meldung; ich hatte nie zuvor so viel Pracht auf einem Haufen aus der Nähe gesehen. Die Herren hatten noch den alten näselnden Offizierston an sich, betrachteten wohlwollend meine Rechenstation. „Sind hier wohl der Rechentruppführer?!“ „Jawoll, Herr General!“ „Na ja, ist ja alles in bester Ordnung; Sperrfeuer jut ausgerechnet, Karten sauber jezeichnet.“ Und nun kam es: „Ham Se vielleicht 'n Schluck zu trinken hier im Bunker? Sind sehr durstig; jroße Hitze heute.“ „Jawoll, Herr General!“

Drei Becher von den zusammengeschütteten Resten (Muckefuck) gefüllt, zackig angeboten. Harko und Arko tranken; Kaluscha zögerte, weil er wohl ahnte. „Der Kaffe is ausjezeichnet. Juter Koch in der Batterie!“ (Wenn man bedenkt, dass sie so etwas sonst nicht tranken!). „Herr Kaluscha, wolln Se nich auch 'n Schluck nehmen? Der Kaffe is ausjezeichnet!“ „Nun jut, Herr Jeneral, ich lass mich verführen. – Ja, der Kaffe is ausjezeichnet!“ „Na, denn wolln wir mal zur nächsten Batterie, meine Herren.“ Zackiger Gruß meinerseits, die Herren dankten leutselig.

Ich hatte am Telefon zu bleiben; mein Mitbewohner geleitete die Herren zum Auto. – Entwarnung! – Sofort bei der vierten angerufen, dass sie gleich kämen.

Unser Ritus in den folgenden Tagen: Nachdem ich zum Frühstück das Essen in den Bunker geholt hatte, füllte ich den Becher des Oberwachtmeisters. „Der Kaffe is ausjezeichnet!“ „Nun jut, ich lasse mich verführen!“ (Alles im Tonfall der erlebten Episode).

Wir KOBs sollten eine Schießübung leiten. Also begaben wir uns zu mehreren in die vorgeschobene Beobachtungsstelle, von der aus wir per Telefon an die etwa zwei Kilometer hinter uns liegende Batterie die Schießbefehle erteilen sollen. Die B-Stellung41 lag am westlichen Steilufer des Dnjestr, und die Beobachtung erfolgte mit dem Scherenfernrohr. Das gegenüberliegende östliche Flachufer lag in der Hand der Russen.

Als ich an die Reihe kam: „Sehen Sie dort im Gelände den Russen herumlaufen? Sechs Schüsse frei!“ – Ich hatte seine Position einzugabeln und die Schießkommandos zu geben. Die Richtungswinkel von meiner Position aus waren natürlich andere als die von dem hinten liegenden Geschütz. Ich musste erst einmal maßnehmen. Mein erstes Kommando erfolgte. Ich hörte den Abschuss durchs Telefon und dann direkt. Die Granate zwitscherte hörbar über uns. Der Einschlag lag dann vorn links vor dem Iwan42. Der hörte auch den Abschuss und legte sich ins Gelände, ehe die Granate ihn erreichte. – Nächster Versuch: Weiter rechts im Winkel und weiter hinten. Abschuss – Zwitschern – Einschlag. Der Iwan hörte es rechtzeitig und nahm Deckung. Weitere Kommandos meinerseits per Telefon folgten. Erneut hörte der Iwan jeweils den Abschuss und wartete ab. Die Granaten platzen in gewissem Abstand um ihn herum in der Gegend. Er merkte gewiss, dass es ihm galt. – Nach meinen sechs Versuchen, ihn zu treffen, war die Aktion beendet. Er lief, sicher fröhlich, weiter.

Merke: Mit einer Kanone kann man nicht auf Spatzen zielen. Und schon gar nicht sie treffen. (Was das allein wieder gekostet hat!).

Da ich wieder einmal ein paar Tage Pause begehrte, meldete ich mich in der ersten Maiwoche bei unserem Arzt und humpelte ihm was vor. (Etwa vier Wochen davor, noch in Russland, war ich nachts auf einem Gewaltmarsch mal kurz vom Fahrzeug gehopst, wobei mein Fuß sich irgendwie verknackste. Leichte Anschwellung im Mittelfuß – aber der Krieg ging einfach weiter).

Nun fiel mir der Fuß wieder ein. Dr. Hirschnitz stattete mich mit einem Marschbefehl aus. Ich sollte den Fuß in einem Lazarett mal röntgen lassen. – Es wurde dort nur festgestellt, dass ein verheilter Bruch an einem Mittelfußknochen vorlag, der sich aber nun an mich gewöhnt hatte. (Diagnose: Gelenkkapselbildung / Pseudogelenk).

Äußerlich ein leichter Knubbel am rechten Mittelfuß. – Also zurück zur Truppe! – Von einer Zwischenstation – der Ort hieß Leipzig43 – fuhren Transportbusse weiter nach vorn zu den jeweiligen Truppenbereichen. In einer leeren Kirche übernachteten Scharen von Soldaten, die auf Weitertransporte warteten. Zweimal „verpasste“ ich den Anschluss, und zwar so, dass ich den Aufruf „Bus nach…“ „verschlief“, woraufhin ich lautstark protestierend mich meldete, weshalb man den Bus nicht ausgerufen hätte. (Ich wollte doch zu meiner Truppe!).

Und dann entdeckte ich noch auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Frontleitstelle. Es war überraschenderweise die, in der Jürgen Groth tätig war, den ich damals in Nikolajew kennengelernt hatte. – Frohes Wiedersehen! Er stempelte mir meinen Marschausweis wieder bis zur Unkenntlichkeit voll – und ich gewann so weitere zwei Tage, in seinem Quartier hausend. – Dann musste ich aber anstandshalber endlich zur Truppe zurück.

In dieser Zeit der ruhigen Front genoss ich auch einen Lehrgang als „Hilfskrankenträger“ (also eine Art Ersatz-Reserve-Sani), veranstaltet von Dr. Hirschnitz, den ich nie als Abteilungsarzt oder Oberarzt titulierte. Wir beide gingen einander als Zivilisten um. Er war einfach Dr. Hirschnitz für mich.

Wenn in etwa wöchentlichem Abstand mit der Post die Zeitung „Das Reich“ eintraf, ein Blatt von hohem Niveau, musste der Leitartikel, verfasst von Joseph Goebbels44, laut Befehl der Obersten Heeresleitung, vor versammelter Mannschaft verlesen werden. Das war ein Durchhalteartikel, an den keiner von uns mehr glaubte. Darin war nur von der Treue zum Führer und vom Endsieg die Rede.

Da ich den Goebbels so gut imitieren konnte, kam mir diese Aufgabe zu. Ich trommelte dann die ganze Besatzung zusammen. Der Batterieoffizier, mein Bunkergenosse, und, falls gerade anwesend, unser Batteriechef, der nur wenig älter war als ich, fanden dann eine Ausrede („Ich muss gerade mal zum Regimentsstand“), da sie anstandshalber weghören mussten, so sehr sie das sicher bedauerten. Dann las ich zur allgemeinen Gaudi den Artikel vor, wobei wir im Kreis in der Sonne saßen. – Darin sieht man die Stimmung und Einstellung bei der Truppe. Wir konnten uns alle aufeinander verlassen, dass niemand petzte. Nazis hatten wir nicht unter uns.45

Je dichter an der Front, desto weniger Hitler-Gläubige! Die einen wurden durch die Realität bekehrt, die anderen hatten ihre Pöstchen im „sicheren“ Hinterlande.

In der Zeit um den 20. Juli herum nahm ich von Mitte des Monats bis in die erste Augustwoche an einem Fortbildungslehrgang in Vermessungs- und Rechentechnik mit etwa 20 Leuten vom ganzen Regiment teil. Meine Aufgaben dieserart in der Batterie nahm ein Vertreter wahr.

Wir lagen in einem rumänischen Dorf, ein wenig hinter der Kampflinie, einquartiert bei Bauern.

Am 21. Juli – wir waren mit unserem Gerät im Gelände – fuhr unser Abteilungschef, Major Sprotte, vor. Das übliche Zeremoniell: Achtung! Meldung etc. Major Sprotte dankte seltsamerweise trotz Kopfbedeckung mit dem Hitlergruß und gab uns Kenntnis von den Ereignisse des Vortages, von denen wir noch nichts wussten (Attentat in der Wolfsschanze, Führer gerettet, Hinrichtungen in Berlin). Sodann gab er bekannt, dass von jetzt ab in der Wehrmacht, egal ob mit oder ohne Käppi / Helm, auf Befehl des Reichsmarschalls (Hermann Göring)46 ausschließlich mit dem „Deutschen Gruß“ zu grüßen sei, „um die Verbundenheit mit dem Führer auszudrücken“.47

Als er sich dann verabschiedete, grüßte unser Lehrgangsleiter mit erhobener Hand. Sprotte dankte mit dem alten traditionellen Soldatengruß48 und bestieg seinen Wagen. – Das war sein unmissverständlicher Kommentar zur Sache.

Sprotte war ein älterer Reserveoffizier, Rechtsanwalt in Berlin. Bei uns allen war er sehr beliebt und geachtet, da er sich auch im dicksten Getümmel nie schonte, sondern immer ganz vorn mit dabei war.

 

20 Ruthard Schindler lebte von 1924 – 2011.

21V-Waffe war die gebräuchliche Abkürzung für die sogenannten Vergeltungswaffen, von denen es verschiedene Typen gab: den Marschflugkörper Fieseler Fi 103 (V1), die Rakete Aggregat 4 (V2) und die Kanone V3. Der Großteil dieser Waffensysteme wurde vor allem gegen zivile Ziele verwendet. Die Entwicklung dieser Waffen stand jedoch im Grunde erst am Anfang. So waren sie häufig nicht zielgenau.

In der nationalsozialistischen Propaganda spielten sie eine große Rolle. So wurde durch ihren tatsächlichen oder auch geplanten Einsatz immer wieder eine Kriegswende zugunsten des Deutschen Reiches beschworen.

22 Dieser Luftangriff durch die Briten war vermutlich jener, der in der Nacht vom 03. auf den 04. September 1943 stattfand.

Werner Girbig schildert in dem Buch Im Anflug auf die Reichshauptstadt die Ereignisse dieser Nacht folgendermaßen:

Der Lehrter Bahnhof wird schwer getroffen. Über Charlottenburg, Siemensstadt und Wilmersdorf stehen weitere bunte Leuchtmarkierungen am Himmel (Zielmarkierungen der britischen Bomberverbände). Zahlreiche Brände entstehen am Hohenzollerndamm und am Fehrbelliner Platz. Im Süden gehen die Bomben auf Mariendorf nieder.“

Der Fliegeralarm dauerte von 23.25 Uhr bis um 02.12 Uhr.

Rudolf erzählte mal, dass er bei diesem Luftangriff durch seine eigenen Kriegserlebnisse zunächst recht gelassen blieb. Schließlich sei er dann aber doch in den Luftschutzkeller gegangen.

23 Rudolfs Eltern ließen sich 1926 scheiden, danach zog Rudolf mit seiner Mutter von Dessau nach Berlin. Er lernte erst jetzt seinen Vater, Siegfried Dünnebeil (1896 – 1975), wirklich kennen.

Siegfried zog später zu seinem Vater Otto Dünnebeil (1867 – 1943) und dessen zweiter Ehefrau Pauline, geborene Grenzdörffer (1871 – 1966), nach Ratzeburg.

24 Die Leichte Feldhaubitze 18 (leFH 18) war ein Standardgeschütz der Deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Zum Ende des Krieges belief sich der Gesamtbestand dieser Waffe auf 8.059 Stück.

25 Als Hepatitis wird eine Entzündung der Leber bezeichnet, für die zahlreiche Ursachen verantwortlich sein können.

Die Hepatitis A ist eine durch das Hepatitis-A-Virus verursachte Erkrankung. Diese Form der Hepatitis verläuft niemals chronisch und heilt zumeist ohne ernsthafte Komplikationen spontan aus. Sie wird häufig durch verunreinigtes Wasser übertragen.

Die Gelbsucht (Ikterus) ist ein Symptom, welches bei unterschiedlichen Erkrankungen auftreten kann, so auch bei Hepatitis A. Der Ikterus ist durch eine Gelbfärbung von Haut, Schleimhäuten und der Bindehaut der Augen gekennzeichnet.

26Tripper, auch Gonorrhoe genannt, ist eine sexuell übertragbare Erkrankung, die durch Gonokokken ausgelöst wird. Beim Mann kommt es dabei zu Harnröhrenentzündungen, auch Nebenhoden und Prostata können sich entzünden, es droht damit eine Unfruchtbarkeit. Bei Frauen tritt eine Entzündung des Gebärmutterhalses auf, schließlich können auch die Eileiter verkleben, was ebenfalls zur Sterilität führt.

27 Franz von Papen (1879 – 1969) war 1932 Reichskanzler und gehörte dem Kabinett Adolf Hitlers (1889 – 1945) in den Jahren 1933 und 1934 als Vizekanzler an. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher noch freigesprochen, wurde er in einem anschließenden Spruchkammerverfahren zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt.

28 Die Rippenfellentzündung kann durch verschiedene Erreger verursacht werden. Ein typisches Symptom der Pleuritis ist der atemabhängige Schmerz im Brustkorb. Weitere unspezifische Symptome sind Atemnot, Hustenreiz und Fieber.

29Frontleitstelle ist ein Begriff des modernen Bewegungskrieges und bezeichnete eine Ortswechseln unterworfene Leitstelle, die verschiedene Aufgaben zu erfüllen hatte. Diese bestanden darin, Nachschub an Personal und Versorgung, Waffen, Munition und Gerät sowie Feldpost an die vorgesehenen Truppenteile und Einheiten zu dirigieren.

Über die gesamte Front verteilt waren sie für bestimmte größere Frontabschnitte zuständig und kannten die in ihrem Zuständigkeitsbereich eingesetzten Truppen, die genauen Einsatzorte der einzelnen Soldaten und deren Feldpostnummern. Dies waren Informationen, die der militärischen Geheimhaltung unterlagen.

30 Jürgen Groth lebte von 1902 – 1983. Nach dem Krieg haben er und Rudolf sich leider aus den Augen verloren.

31Maschinengewehr

32Geschützholme sind die Standfüße eines Geschützes.

33Sturzkampfbomber waren relativ leichte, zumeist einmotorige Bomber, die üblicherweise mit leichteren Bombenladungen bestückt waren, um damit im Sturzflug Punktziele angreifen zu können. Zu den bevorzugten Zielen gehörten vor allem Bunkeranlagen, Schiffe, Truppenansammlungen und Militärkolonnen.

Mit der Bezeichnung Stuka wird in der Regel das deutsche Kampfflugzeug Junkers Ju 87 assoziiert.

34Gefreiter ist der Dienstgrad nach Ableistung der Grundausbildung.

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