In Ewigkeit verbunden - Daniela Döll - E-Book

In Ewigkeit verbunden E-Book

Daniela Döll

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Beschreibung

In dieser Legende von grauen Vorzeiten geht es um Menschen, die durch den Tod zu Unsterblichen, zu Gefährten, zu Gesandten des Universums werden. Die, die Magie von Feuer, Wasser, Erde, Luft und dessen Einheit - die Liebe nutzen, um gegen das Bösen zu kämpfen. Es ist das Zusammenspiel, von Freundschaft, Hoffnung, Leid und Tod. Und die Erkenntnis, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. ... Es stellt sich die Frage: Ist das Gute immer - richtig? Oder braucht es das Böse - um in dieser Welt - das Gleichgewicht zu erhalten? ...

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Seitenzahl: 326

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Vorwort

Lieber Leser, eine kleine Weisheit, die ich einmal gelesen habe. Ich kann Euch nicht sagen, von wem sie ist, ob aus dem Keltischen, dem Buddhismus oder von einer Postkarte. Ihr Sinn ist mir geblieben und schenkt mir immer Kraft, daher möchte ich sie mit Euch teilen:

»Jede Liebe ist auf ihre Art und Weise einzigartig und man sollte diese genießen. Im Leben begegnen wir vielen Lieben und es liegt an einem Selbst, diese festzuhalten – oder gehen zu lassen …

Kehrt diese Liebe wieder, so ist sie für alle Betroffenen eine wahre Liebe, sonst war es doch nur eine Liebe im Leben…«

Liebe ist für mich ein Ausdruck von tiefer Freundschaft, Wärme, Geborgenheit, Aufopferung, Hilfsbereitschaft, von Familie und die Verbundenheit im Geist. Und die Liebe ist ein Gefühl, das sich für mich nicht wirklich beschreiben lässt, das unnahbar und unfassbar ist.

Aus diesem Grund widme ich mein Buch meinem Kind, meinen Freunden und all den Menschen, die an die Liebe in sich selbst glauben.

Eure Daniela Döll

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1.

Kapitel: Blutige Hoffnung

2.

Kapitel: Das Saatkorn

3.

Kapitel: Schleier von Erinnerungen

4.

Kapitel: Die Seelenbrüder

5.

Kapitel: Eine verheißungsvolle Nacht

6.

Kapitel: Das Fischerdorf Gysowa

7.

Kapitel: Das Geschenk der Götter kosten

8.

Kapitel: Schloss des Morgens

9.

Kapitel: Zeit des Vertrauens

10.

Kapitel: Ein lehrreicher Winter

11.

Kapitel: Frühlingsgefühle

12.

Kapitel: Zeit des Aufbruchs

13.

Kapitel: Das Mädchen aus dem Wald des Friedens

14.

Kapitel: Unbekanntes Land

15.

Kapitel: Die Abreise

16.

Kapitel: Ein guter Freund

17.

Kapitel: Die Befreiung

18.

Kapitel: Das Reich der reinen Energien

19.

Kapitel: Seelenpartner

20.

Kapitel: Die Offenbarung

21.

Kapitel: Drachenhort

22.

Kapitel: Das Geständnis

23.

Kapitel: Das Schloss der Ewigkeit

24.

Kapitel: Zeit der Ewigkeit

25.

Kapitel: Das Schicksalsgericht

1. Kapitel

Blutige Hoffnung

Es war ein wundervoller Frühlingsmorgen und die Sonne schimmerte, dem Glitzern von Sternen gleich, über das kristallblaue Meer. Die Wellen wogten sich sanft an den goldgelben feinen Sandstrand.

Hier lag das kleine Fischerdorf Gysowa. Friedlich gingen alle Bewohner ihrer Arbeit nach. Gespannte Netze hingen zum Trocknen an den Klippen. Leise erklangen Gitarren, Harfen, Flöten und Gesang. Ein Loblied an die Sonne, als Dank für den reichen Fang. Am Horizont erschienen Reiter in schwarzen Rüstungen. Auf ihren Rappen galoppierten sie heran und wirbelten den Sand des Weges zu einem Tornado auf. Ihre Mäntel wirkten, aufgebauscht durch den Wind, sehr bedrohlich. Ihre Rüstungen funkelten wie Onyxgestein im Kerzenlicht.

Als die Bewohner Gysowas die Tritte der tosenden Hufe hörten, wussten sie, wer die Reiter waren. Die Schattenkrieger des Bösen, dem Herrscher über das Land der Ewigkeit, persönlich. Magnus. Ausgesandt den zehnten Teil des Fischfangs einzuholen. Wie all die Zeiten zuvor.

Bevor die Ankunft der Reiter allen Bewohnern bewusst wurde, schossen Feuerpfeile durch die Luft und töteten Dorfbewohner. Strohhütten brannten nieder. Die Fischer griffen geschockt nach ihren Harpunen, Speeren und Dolchen, allem, was zu einer Waffe gemacht werden konnte. Das Antlitz der Sonne färbte sich blutrot. Eine grollende, düstere Stimme ertönte:

»NIEMAND, keine Seele, wird mir entkommen!« Diese Worte gingen von einem der schwarzen Reiter aus. Er unterschied sich von den anderen Reitern, denn seine Rüstung schimmerte wie schwarze Opale, die im Schein der blutunterlaufenen Sonne wie ein gleißendes Feuer leuchteten. Sein Kopf glich dem skelettierten Schädel eines uralten, sehr mächtigen Drachens und schien mit schwarzem Metall überzogen. Es war Magnus selbst, der unbarmherzige, gefürchtete und todbringende Herrscher über das Land der Ewigkeit.

Von überall her hörte man die Todesschreie unschuldiger Seelen. Das Feuer hatte jede Hütte in Brand gesetzt und der Boden füllte sich mit Blutlachen. Eine junge Frau griff mit ihrer Rechten nach einem am Boden liegenden, blutigen Schwert. Sie hatte schulterlanges, rabenschwarzes Haar, reh-braune Augen und warum die zweiundzwanzig Jahre alt.

Bei einer Größe von achteinhalb Fuß und kräftiger Statur besaß sie ausladende Hüften. Chathrin dela Noche. Ohne Furcht sah sie Magnus an. Unbarmherzig und voller Zorn ging sie auf ihn zu, während dieser langsam von seinem Rappen stieg. Magnus war an die zehn Fuß groß. Anführer dieser unwürdigen Kreaturen. Er warf seinen Samtumhang über die Schulter und zeigte mit seinem Schwert in der Rechten auf Chathrin. Trotz ihrer Anspannung nahm die junge Frau wahr, dass das Schwert an die vier Fuß lang war und eine zweischneidige Klinge besaß. Es schien mit allen kostbaren Edelsteinen des gesamten Landes der Ewigkeit besetzt zu sein. Der Knauf ein aus feinstem Elfenbein geschnitzter Totenkopf.

Chathrin nahm um sich herum nichts mehr wahr. Der Kampf begann. Der Tod, die Zerstörung, das Geschrei und das Feuer um sie herum rückten in weite Ferne. Bei jedem Schlag bekam Chathrin die Stärke ihres Gegners zu spüren. Selbst wenn es sie das Leben kosten würde, Magnus sollte nicht ohne Wunden aus dem ungleichen Zweikampf gehen. Vielleicht würde er seinen Verletzungen später erliegen. Die junge Frau erkannte schnell, dass ihre Wunschvorstellung, Magnus Leid zuzufügen, sinnlos war. Magnus wurden außergewöhnliche und magische Kräfte nachgesagt. Chathrin begriff, dass die Sagen um ihn der Wahrheit entsprachen. Während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, spielte Magnus mit ihr. Er las, ihre Gedanken und fühlte ihre Rachegelüste ihm gegenüber. Sie war ein offenes Buch für ihn. Magnus ergötzte sich an ihrem Leid. Es machte ihm Spaß. Es belustigte ihn, Chathrin qualvoll zu töten. Ein einziger Hieb, der sie zu Boden gestreckte. Chathrin lag in ihrem verdreckten, blutüberströmten Leinenkleid mit dem Gesicht im Sand. Siegessicher stand Magnus über ihr, nahm ihren Haarschopf und lachte dabei gellend. Ihr Blick in Magnus’ seelenlose tiefschwarze Augen, war das Letzte, das Chathrin erblickte. Kälte durchfuhr sie. Das Leben wich aus ihrem Körper. Magnus ließ ihren leblosen Kopf ebenfalls zu Boden gleiten und stieg auf seinen Rappen. Dann verschwand er mit seinen Schattenkriegern ins Nichts.

Chathrin hatte den Tod an ihrer Seite. Schwach öffnete sie nochmals ihre Augen. Verschwommen, benommen sah sie, keiner ihrer Geliebten, hatte das Massaker der Grausamkeit überlebt. Chathrins Kehle füllte sich mit Blut, dies war ihr letzter Atemzug. Das Feuer umschloss ihren Körper. Die Götter sahen zu. Schritten nicht ein.

Séyratun, Vater des Meeres und allem Wasser der Erde, Herrscher über das Feuer, ergriff Mitleid. Er konnte Chathrin als Mensch nicht mehr retten. Doch er konnte ihre Seele durch das Feuer erlösen. Séyratun hatte die Macht, aus Feuer Unsterblichkeit entstehen zu lassen. So nahm Séyratun mit den Wogen der Wellen Chathrins leblosen, verbrannten Körper auf. Trug ihn ins Meer davon, umarmte ihre Seele mit Feuer und ließ das Wunder geschehen. Chathrin sollte nun seine Gesandte des Feuers mit Unsterblichkeit einhergehend sein.

Der Morgen wich dem Mittag …

Die Sonne strahlte glitzernd auf den Berg Maragon. Dort in Stein gehauen, die Siedlung Margo. Rechts felsiger Abgrund. Links ein endlos scheinender Wasserfall. Nur ein steiniger Pfad ausgehend vom Fuße der Wälder des Friedens führte auf den Berg.

Margo war für seine einmaligen Schwertkunstarbeiten im ganzen Land der Ewigkeit berühmt. Im Inneren des Berges waren fast alle Metalle zu finden. Diese Siedlung war der geeignete Ort, um Schwerter herzustellen.

Seit dem Morgengrauen befanden sich die Bewohner auf den Beinen. Dies war ihr Schicksal, ihr Fluch. Die Menschheit hatte sich vor Generation gegen die Drachen, die Hüter des Berges Maragon, und dessen Metalle gestellt. Sie wurden habgierig und holten so viel Metall aus dem Berg, dass sie es kaum noch verarbeiten konnten. Die Drachen warnten sie immer wieder vor dem Raubbau, der Berg könne sogar einstürzen. Doch die Menschen hörten nicht auf sie. Aus der Generation dé Poli und dela Wood gingen Männer hervor, die auf der Seite der Drachen standen. Es half nichts, die Menschen schöpften das Metall nur so aus dem Berg. Immer häufiger kam es zu Erdrutschen. Die Habgier hatte die Menschen blind gemacht und die Drachen zogen sich zurück, wanden sich von den Menschen ab und ließen sie mit ihrem Schicksal allein. Nur ein Drache wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Er traf sich im Geheimen mit Jeff dé Poli und Lars dela Wood. Alle Bemühungen, die Menschen zur Besinnung zu bringen, schlugen fehl. Das Schicksal nahm seinen Lauf. Die Menschen nahmen den Drachen gefangen. Jeff dé Poli und Lars dela Wood befreiten ihn und baten den Drachen zu gehen. Zu spät. Sie waren von den Bewohnern Margos umstellt. Diese forderten Jeff und Lars auf, sich von dem Drachen zu entfernen. In den Augen der Menschen stand Mordlust. Beide Männer zückten die Schwerter. Schützend stellten sich Jeff und Lars vor den Drachen. Versuchten noch die Menschen mit Worten zu besänftigen. Es half nichts. Die Habgier hatte die Menschen erkalten lassen. Ein Kampf entstand. Jeff und Lars, sowie der Drache wollten nicht gegen die Menschen kämpfen. Gemeinsam versuchten sie, in einem der Stollen Schutz zu finden. Die Menschen drängten die drei Gefährten immer weiter in die Tiefe des Berges. Einige Menschen wanden sich vom Mopp ab. Gingen zu ihren Familien, schritten nicht zur Hilfe ein, verbargen ihre Gesichter und ließen die Untat geschehen. Der Mopp folgte den Gefährten weiterhin. Der Drache, Jeff und Lars glaubten an das Gute im Menschen. Da standen sie nun. Vor ihnen der Mopp, hinter ihnen eine endlose Schlucht. Nochmals versuchten beide Männer, auf den Mopp einzureden. Der Drachen fauchte warme Luft, wollte die Menschen ängstigen. Es half nichts. Sie fielen trotzdem über sie her. Der Kampf war ungerecht und erbarmungslos. Jeff, Lars und der Drache wurden dahingeschlachtet. Es war ein schneller, aber unbarmherziger Tod. Aus Scham stießen die Menschen ihre Leichen die Schlucht hinunter und wollten aus dem Stollen aufsteigen. Die Erde bebte. Der Stollen stürzte über dem Mopp ein. Keiner kam lebendig hinaus. Vor dem Stollen standen die Hinterbliebenen und trotzdem Schuldigen. Eine Stimme sprach zu ihnen:

»Ihr habt nicht geholfen, nur tatenlos zugesehen. Eure Schuld wird euer Fluch. Die Seelen derer, die getötet haben, werden durch eure alltägliche Last befreit und dürfen Frieden finden. Die Seelen der unschuldig Getöteten sind im Paradies. Ihr Blut hingegen ist euer Fluch und wird als Lavastrom durch den Berg führen, sich bis ans Ende aller Zeiten täglich erhitzen. Damit nie wieder Habgier eure Herzen erreiche und, sodass nie wieder Raubbau an unserem Berg begangen werden kann. Den Kindeskindern eurer Generationen wollen wir Gnade erweisen. Indem sie wieder Metalle schöpfen und Schwerter schmieden dürfen. Sie werden damit keinen Reichtum erlangen! Sie können davon leben. Es wird in unserem ermessen liegen, wer begnadigt wird. Sie sollen unser aller gedenken, indem ab diesem Tage jeder Tote der Lava übergeben wird und sie sich im Gebet an uns Drachen wenden. Amen.«

Der Fluch blieb bestehen. Die Drachen waren verschwunden. Die Rituale wurden in Ehren gehalten: Jeder Tote wurde der Lava übergeben. Metalle wurden, mit Anstrengung verbunden, in aller Frühe aus dem Berg gewonnen. Sobald die Sonne am Himmel stand, war es zu heiß. Man konnte in den Stollen dann nicht mehr atmen. In den Sommermonaten gab es Tage, an denen es die Bewohner in ihren Gemäuern tagsüber kaum aushielten. Dankten in den Wintermonaten jedoch für die anhaltende Wärme. Für die Frauen der Siedlung Margo war die Hitze des Berges eine Wohltat. Der Wasserfall erhitzte sich so stark, dass die Wäsche darin gewaschen werden konnte. Das Wasser wurde zum Kochen benutzt und am Abend war es noch so wärmend, dass darunter gebadet wurde.

Die Mittagssonne stand über der Siedlung Margo. Am hinaufführenden, steinigen Pfad erschienen Reiter in schwarzen Rüstungen. Die Schattenkrieger. Sie galoppierten laut tosend mit metallisch klingendem Lärm heran. Die Menschen durchfuhr die Angst. Es war zu früh, den 10. Teil einzuholen. Geschockt sahen sich die Menschen an: Was wollten die Gesandten des Bösen? Eine grollende, düstere Stimme befahl:

»Macht alles dem Erdboden gleich, es darf niemand überleben. NIEMAND, keine Seele wird mir entkommen.«

Die Bewohner kannten diese Stimme. Magnus. Zudem erkannten sie ihn beim Herangaloppieren an seinem Helm. Magnus hatte vor einiger Zeit einen Drachen getötet, kam in die Siedlung geritten und hielt den Schädel hoch. Er befahl den Bewohnern Margos, diesen Schädel mit dem härtesten Metall zu überziehen. Danach belegte er den Helm mit schwarzer Magie. Seither sah man Magnus nur noch mit diesem Helm. Kein Mensch erinnerte sich noch an sein wahres Gesicht.

Erbarmungslos ritten Schattenkrieger mit gezogenem Schwert in die Siedlung Margo. Frauen suchten verzweifelt nach ihren Kindern und flüchteten mit ihnen auf dem Arm oder an der Hand in den Schutz der Höhlen. Die Männer griffen zu ihren Schwertern und verteidigten ihre Höhlen. Der Schall der Stimme hallte durch den ganzen Berg Maragon. Magnus’ Magie schien grenzenlos. Seine Stimme, seine Magie brachte alles zum Beben. Magnus wurde nachgesagt, er sei ein Göttersohn. Und Götter haben die Macht über die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde zu herrschen. Durch seine Magie löste Magnus ein Erdbeben aus. Der Berg Maragon fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Jede Seele der Siedlung, die sich in den Schutz der Höhlen begeben hatte, wurde begraben. Die Männer die außerhalb der Höhlen ihre Familien, ihr Hab und Gut verteidigten, stürzten, rutschten mit dem Geröll des Berges nach unten. Maragon war auf ein Drittel seiner Größe geschrumpft. Er wirkte nur noch wie ein gigantisches Plato mit einer darüberstehenden Felswand. Der Wasserfall suchte sich einen neuen Weg. Der Pfad nach unten war nicht mehr zu sehen. Verschüttet. Wer dies überlebte, hatte kaum Zeit über den Verlust nachzudenken. Überall waren Schattenkrieger, die übriggebliebenen Männer kämpften unerbittlich. In ihnen herrschte der Gedanke, der Mut, ich sterbe, doch nehme wenigstens eine dieser Kreaturen mit mir.

Der Geröllstaub lichtete sich. Zwei junge Männer Seit an Seit erhoben sich aus ihm. Einer hatte kurzes, dunkel–schwarzbraunes, gelocktes Haar, braunschwarze Augen, einen musketierartigen Vollbart und war an die achtundzwanzig Jahr alt. Er war an die neun bis zehn Fuß groß und hatte einen sehr muskulösen Körperbau. Owen dé Poli. Der Andere hatte kurzes blondes Haar, blaugraue Augen, ein sehr markantes glattrasiertes Gesicht und war an die vierundzwanzig Jahre alt. Er war neun Fuß groß und von schlanker muskulöser Körpergestalt. Darren dela Wood.

Magnus erblickte die beiden Männer. Er liebte die Herausforderung. Magnus wollte keinen Zweikampf. Nein, er wollte einen unehrenhaften Kampf. Zwei Männer gegen ihn. Er fühlte seine Überlegenheit und ließ seinen Rappen emporsteigen. Das erregte die Aufmerksamkeit von Owen und Darren. Geisterhaft sprang Magnus von seinem Pferd, wobei er ein zweites Schwert zog. Es schien unscheinbar. War aus schwarzem Metall und ebenfalls um die vier Fuß groß. Er forderte beide auf, mit ihm zu kämpfen. Owen und Darren zögerten. Magnus lachte und sprach mit hämischer Stimme:

»Na los! Ich habe keine Probleme mit solch Hänflingen wie euch zu kämpfen!«

Mit Kampfgeschrei gingen die beiden auf Magnus los. Magnus bewegte sich wie ein Schatten. Mal stand er neben Owen, dann neben Darren. Plötzlich, wie aus dem Nichts, hinter ihnen. Owen und Darren stellten sich Rücken an Rücken. Schritt für Schritt im Kreis drehend lieferten sich die beiden jungen Männer einen erbitterten Kampf mit ihm. Magnus drängte Owen und Darren immer mehr in Richtung einer neu entstandenen Schlucht. Der Wasserfall des Berges Maragon hatte sich dorthin seinen neuen Weg gebahnt.

Owen wurde mit einer ihm unbekannten Wucht zu Boden geschleudert. Unsanft landete er auf dem Bauch. Er hatte einige gebrochene Rippen und das Aufstehen viel ihm schwer. Schmerzen durchfuhren seinen Körper. Benommen blickte er auf den Kampf zwischen Darren und Magnus. Darren steuerte immer mehr auf den Wasserfall und dessen Abgrund zu. Zu spät. Magnus stieß ihm sein Schwert in den Bauch. Ein heftiger Ruck durchdrang ihn. Als Magnus das Schwert zurückzog, verlor Darren den Halt und stürzte in den tosenden Wasserfall, der ihn mit sich in die Tiefe riss. Darren spürte warmes Wasser, das ihn, einer Schlange gleich, umarmte. Er sah, dass sich das Wasser von seinem Blut färbte. Darrens Bewusstsein schwand und der neu entstandene Fluss trug seinen leblosen Körper davon.

Dieser Anblick, den besten Freund in die Tiefe stürzen zu sehen und nichts dagegen machen zu können, erweckte in Owen das Gefühl von Zorn, Wut und Hass. Alles drehte sich in seinem Kopf. Er wusste nicht mehr, ob er vor Schmerz oder von Trauer geplagt schrie. Owen hatte nur noch das eiskalte Verlangen nach Vergeltung. Mit dem Schwert in der Rechten stürzte er unter Geschrei auf Magnus zu. Die Schwerter klirrten aufeinander. Owen kämpfte mit blindem Zorn. Für Magnus war es nur ein Spiel. Owen, rasend vor Wut, seine Sinne nicht mehr bei Verstand, fühlte plötzlich kaltes eisiges Metall an seinem Hals. Magnus’ Schwert durchfuhr seine Kehle. Owen fiel zu Boden und das Blut pulsierte aus ihm heraus, staute sich teilweise in seinem Hals. Owens Atem stockte. Das Blut strömte aus seinem Mund und floss auf den steinigen Boden. Er lag in seinem Blut und erkannte, dass keine Seele dieses Massaker der Brutalität überlebt hatte. Owen spürte, wie das Leben aus seinen Gliedmaßen wich und die Kälte in ihn eindrang. Magnus und seine Schattenkrieger verschwanden ins Nichts.

Wieder war es Séyratun, der Barmherzigkeit zeigte. Darrens Leichnam schwamm kopfüber in diesem neuen Fluss. Sein menschliches Leben, konnte Séyratun ebenfalls nicht retten, jedoch seine Seele. Erneut ließ Séyratun ein Wunder geschehen. Das Wasser floss durch Darrens Mund, durchströmte und überflutete seinen Körper und gab ihm Unsterblichkeit. Darren war nun der Gesandte des Wassers. Séyratun geleitete Darrens Seele zum unsterblichen Feuer von Chathrins Seele.

Diese aufopfernde Tat eines Gottes, zwei Menschen, Chathrin und Darren, die durch seine Elemente starben, Unsterblichkeit zu schenken und die Trauer, dass Séyratun nichts für Owen tun konnte, ließ Mutter Naturs Herz weich werden. Nadera, Mutter von Flora und Fauna, begrub Owen unter einer Decke von blühendem Gras. Sie hauchte ihm den Odem der Erde ein und ließ seine Seele mit Unsterblichkeit auferstehen. Als Blatt, als ihren Gesandten der Erde, trug sie Owen davon. Nadera folgte Séyratun mit Owens Seele. Beide Kinder der Götter wussten, dies würde auch für sie Konsequenzen haben. Sie hatten in den Lauf des Schicksals, in die Zeit eingegriffen. Beide konnten nicht mehr tatenlos zusehen, wie ihr Bruder Magnus die Menschheit peinigte. Sie wollten nicht mehr am Tod von Unschuldigen teilhaben. Magnus war übermächtig. Als seine Geschwister konnten sie sich seiner Magie nicht entgegensetzen. Gemeinsam jedoch konnten sie die Hoffnung und den Glauben an die Götter vielleicht neu entfachen. Um neue Kräfte zu schöpfen, die nicht länger nur die Ihren schützten, nein auch die Menschheit.

Der Tag neigte sich dem Abend zu und die Dämmerung zog über das Land der Ewigkeit…

Der Himmel schien rosa, blau, gelb zu leuchten. Die Sonne strahlte orange über die Wipfel des Landes und ging langsam unter. In den Wolken erschien das Schloss des Morgens. Es schwebte in ihnen, so schien es. Das Plato, auf dem es erbaut war, und der Berg waren im Schleier der Wolken nicht sichtbar. Die kupfernen Zinnen strahlten in den schönsten Brauntönen und das weiße Gestein des Schlosses strahlte wie Licht. Die Wachen lösten sich gerade untereinander ab und schlossen die Tore. Aus dem Inneren des Schlosses hörte man leise Musik sowie das Klirren von Geschirr, Töpfen und Pfannen. Das Abendmahl wurde zubereitet. Die Köche riefen sich zu:

»Holt das Fleisch, rührt die Soße um! Wo bleiben die Teller?« Die Mägde tippelten zwischen ihnen umher. Aus der Ferne hörte man das Galoppieren von Pferdehufen. Eine Wache rief:

»Mylord, Reiter …!«, und eine andere:

»WER da?!«

Doch es kam keine Antwort. Die Tore öffneten sich von Geisterhand. Die Eisenketten barsten aus ihrer Verankerung und schmetterten zu Boden.

Aus dem Nichts kamen schwarze Reiter. Die Schattenkrieger. Mit gezogenen Schwertern hielten sie ihren Einzug. Auch hier erschallte eine donnernde Stimme aus dem Nichts:

»Macht alles dem Erdboden gleich, es darf niemand überleben. NIEMAND, keine Seele wird mir entkommen.«

Nebel, wie Geisterschwaden, zog auf. In seinem Schleier sah man Menschen, die niedergemetzelt wurden. Feuer entfachten sich und Todesschreie durchfuhren das Schloss.

Aus den geisterhaften Nebelschwaden entstieg der junge Lord. Sein nackenlanges, glattes, kastanienbraunes Haar, streifte wild durch sein Gesicht. Seine grün leuchtenden Augen durchsuchten den Nebel. Er war um die fünfundzwanzig Jahre alt. Mit einer Größe von neuneinhalb Fuß und sehr stattlicher Statur. Adrian dé Morning. Wutentbrannt streckte er jeden Schattenkrieger nieder, der sich ihm in den Weg stellte. Adrian sah den schwarzen Ritter. Sein Rappe bäumte sich empor. Es war Magnus. Adrian hatte schon lange auf diesen Tag gewartet. Endlich konnte er ihm in einem Zweikampf entgegentreten. Bedacht ging er auf Magnus zu, er wusste von dessen dunklen magischen Kräften. Magnus flog wie ein Engel auf ihn zu. Die Klingen der beiden schmetterten aufeinander. Ihr Kampf glich zwei Herrschern, die sich bewusst waren, nur einer würde lebend hervorgehen. Quer durch das Schloss, den in Flammen stehenden Gärten, durch die von Hitze zerbarsten Staturen hindurch, durch Gänge, in denen die Bilder brannten, klirrten ihre Schwerter aufeinander. Ihr Kampf führte sie bis zum höchsten Aussichtsturm des Luftschlosses. Dort, wo Magnus Adrian haben wollte. Adrians Kräfte schwanden, doch sein Wille gab ihm Kraft. Adrian fragte sich, mit welchem Dämon er es zu tun habe? Ob er diesen besiegen könne? Gab es eine Schwachstelle? War Magnus der Sohn des Teufels? Adrian wollte diese Kreatur wieder in die Hölle schicken. Seine Bemühungen schlugen jedoch fehl. Nur er wurde verletzt. Mit letzter Kraft, fast einem Wunder gleich, schaffte Adrian es, Magnus eine klaffende Wunde auf seiner linken Brustseite zuzufügen. Adrian hatte nicht aufgepasst und war Magnus einen Schritt zu nahe gekommen. Magnus, hinterhältig wie er war, hatte seinen goldenen Dolch mit der anderen Hand aus der Scheide gezogen. Adrian spürte bereits eisige Kälte, die sein Herz durchfuhr. Der goldene Dolch. Magnus grinste, zog den Dolch langsam zurück und schubste Adrian von sich weg. Dieser verlor die Kontrolle über seinen Körper, schwankte umher und versuchte mit letzter Kraft Halt zu finden. Vergebens. Adrian stürzte von der Turmspitze in die scheinbar endlose Tiefe der Wolken. Magnus und seine Schattenkrieger verschwanden ins Nichts. Adrians letzter Blick richtete sich der schon fast versunkenen Sonne zu. Er sah, dass der Mond blutrot aufging. Es schien, als würde sich der Himmel öffnen. Adrians Herz schlug zum letzten Mal, als er die Augen schloss. Sein Leichnam stürzte in die Tiefe. Etwas, jemand schien seinen Fall zu dämpfen. War es der Wind? Es war der Göttersohn Airlys. Auch ihm war das Handeln seines Bruders Séyratun und seiner Schwester Nadera nicht verborgen geblieben. Es lag nun ganz allein an Airlys, dem Herrscher der Lüfte, was er mit diesem toten Menschen machen würde. Airlys erinnerte sich, dass er und seine Geschwister erschaffen wurden, um über die Menschheit zu herrschen und dem Universum zu helfen, alles im Einklang zu halten. Sie durften jedoch nie Gefühle zeigen. Ihn ergriff die Barmherzigkeit. Er wollte, dass dieser junge Mann lebt. Airlys konnte das Geschehene nicht ändern aber er konnte diesem Menschen sein Element schenken. So hauchte er Adrian die Luft des Lebens und somit seine Unsterblichkeit ein. Adrian war nun der Gesandte der Lüfte. Airlys begab sich nun mit Adrians Seele zu seinen Geschwistern.

Die Dämmerung ging in eine laue Frühlingsnacht über…

Am sternenreichen Himmelszelt stand der strahlende Vollmond. In den Wäldern des Friedens lagen Ruhe und Harmonie. Eine kleine Blockhütte war zu sehen. Durch das Fenster sah man eine fünfköpfige Familie beim Abendmahl. Die drei Kinder lachten über ihre Eltern, deren Liebe so stark wie am ersten Tag schien. Der Vater, Luke dé Warlook, hatte kurz gelocktes, blondes Haar, stahlblaue Augen und eine kräftiger Holzfällerstatur. Bei einer Größe von etwa neun Fuß und einem Alter von ungefähr fünfzig Jahren, klapste er seiner Frau Heather auf den Po. Sie hatte wallende, schwarze gelockte Haare, bis über die Schulter gehend. Ihre grüngrauen Augen strahlten Liebe aus. Sie hatte eine weibliche Figur, warum die achtundvierzig Jahre alt und acht Fuß groß. Er zog sie auf seinen Schoß und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

Die jungen Erwachsenen kicherten. Der Sohn, Pieré, hatte kurze braun gelockte Haare, grüne Augen und eine muskulöse Statur, warum die achtundzwanzig Jahre alt und an die achteinhalb Fuß groß. Er versuchte ernst zu bleiben, als er seine Schwestern ansah. Die jüngere Schwester, Laila, um die zwanzig Jahre alt und an die sieben Fuß groß, versuchte ihr Gesicht, ihre grünen Augen, die vom Lachen mit Tränen gefüllt waren, hinter ihren glatten braunen bis zur Hüfte gehenden Haare zu verstecken. Sie schien sehr schmächtig zu sein. Das ältere Mädchen hieß Shainy, warum die zweiundzwanzig Jahre alt, mit hellblondem gelocktem hüftlangem Haar, kristallblauen Augen und an die acht Fuß groß. Ihr Wesen schien elfengleich zu sein. Sie lachte herzhaft. Sie war der Grund, warum die Familie im Wald wohnte. Shainy wurden von Kindheitsbeinen an, heilende Kräfte und übersinnliche Fähigkeiten nachgesagt. Es störte die Familie nicht, denn es war eine Familie der Lebensfreude und des Glücks.

Dumpfe Hufe auf moosigem Waldboden erklangen. Reiter galoppierten heran. Eine Stimme aus dem Nichts durchdrang den Wald:

»Macht alles dem Erdboden gleich, es darf niemand überleben. NIEMAND, keine Seele wird mir entkommen«.

Die Furcht, die Angst stand allen ins Gesicht gezeichnet.

Luke dé Warlook zeigte auf sein Schwert an der Wand. Sofort sprang sein Sohn Pieré auf und warf es ihm zu. Heather, die Mutter der drei, nahm ihre beiden Töchter und stellte sich schützend vor sie. Vorsichtig öffnete Luke die Tür. Sein Gesicht war gezeichnet von Entsetzen. Um die Blockhütte herum standen Pferde, auf denen kampfbereite Schattenkrieger saßen. In der Linken hielten sie eine Fackel und in der Rechten ein Schwert. Wie von Geisterhand flogen Pfeile durch die Luft. Augenblicklich wurde Luke von Pfeilen durchschossen. Regungslos fiel er zu Boden. Pieré eilte seinem Vater zur Hilfe, doch Luke war auf der Stelle tot. Pieré griff nach dem Schwert seines Vaters. Der Ritter mit skelettiertem Schädel hob seine Rechte und Pieré flog durch die Luft. Beim Aufprall auf den hölzernen Boden hörte man sein Genick brechen. Heather schrie vor Qual, als ihr Sohn direkt neben ihnen landete. Ein Pfeil schoss Heather durch das Herz. Die Töchter stützten sie. Liebevoll sah sie ihre Mädchen an. Mit Frieden in den Augen trat Heather dem Tod entgegen. Laila und Shainy betteten ihre Mutter sanft auf den Boden.

Fackeln flogen auf das Dach, deren Feuer sich rasch ausbreitete. Der Rauch ließ beiden Mädchen den Atem stocken. Shainy griff mit einer Hand nach dem Schwert ihres Vaters und mit der anderen nach ihrer Schwester Laila. Hand in Hand sprangen sie durch das Feuer ins Freie. Überall waren Schattenkrieger. Shainy starrte in die Augen zweier Rappen. Die Pferde schreckten auf. Es ergab sich eine Lücke, die Laila nutzte und hindurch rannte. Shainy rief:

»Lauf und sieh dich nicht um!«

Shainys hellblondes hüftlanges gelocktes Haar, schimmerte im Feuer wie Silber. Ihre kristallblauen Augen riefen nach Vergeltung. Sie hielt das Schwert ihres Vaters fest in Händen und ihre Augen durchfuhren den schwarzen Ritter wie Blitze. Shainy erkannte unter dem Drachenhelm ein verschmitztes Grinsen. Es musste Magnus sein. Von ihm hatte sie schon viel gehört. Shainy sah ihre kleine Schwester im Geiste. Laila hatte nicht auf sie gehört und sich an der Wasserquelle umgesehen. So konnten die Schattenkrieger Laila aufspüren und sich ohne Gnade auf das junge Mädchen stürzen. Das Quellwasser färbte sich mit ihrem Blut. Laila war tot. Die Eltern und der Bruder wurden von den Flammen verzehrt. Shainy ging mit Stolz und erhobenem Haupt auf diese Kreatur zu. Für sie war Magnus kein Mensch. Er war nur eine Ausgeburt der Hölle. In ihren Augen war er ein Dämon, kein Göttersohn. Schritt für Schritt näherte sie sich Magnus. Als Shainy erkannte, dass es keinen Ausweg mehr gab, ließ sie das Schwert ihres Vaters zu Boden gleiten. Magnus hatte ihre Fähigkeit gespürt und seine Magie verstärkt. Shainy stand nun inmitten einer undurchdringlichen Mauer von Schattenkriegern. Ihr war bewusst, dass Magnus ihr Tod ist. Shainy starrte in diese seelenlosen, unendlich wirkenden, tiefschwarzen Augen von Magnus. Mit ihrem Schicksal vor Augen, wandte sie sich an dieses Wesen:

»Nun denn, Mylord. Ihr nahmt mir alles, was ich je geliebt habe. So bin auch ich schon tot. Ich erlaube euch nicht, mit mir zu spielen. Ich erlaube euch nicht, das Vergnügen, den Genuss, mich bitterlich zu töten. Stattdessen bitte ich euch, mir das Gesicht meines Mörders zu zeigen, sodass auch ich meinen Frieden finde …!«

Magnus begriff ihre Worte kaum, noch wusste er, wie ihm geschah. Eine ihm unbekannte Magie, ein unbekanntes Gefühl, dessen er sich nicht zu währen vermochte, kam in ihm auf und ließ ihn unvorstellbares tun. Er nahm den Drachenhelm außerhalb des Schlosses der Ewigkeit ab. Wie in Trance starrte er in ihre kristallblauen Augen, stieg von seinem Rappen und ging auf sie zu. Gleichzeitig zog er den goldenen Dolch aus seinem Ärmel. Er, der allmächtige Herrscher, verspürte für eine Sekunde Reue? Nein. Magnus begriff nicht, was er tat. Sein Dolch durchbohrte Shainys Herz. Die Schattenkrieger verschwanden wie Geister ins Nichts. Was hatte er getan? Was war das für ein Gefühl in ihm? Shainy sah Magnus mit ihren kristallblauen Augen an. Frieden lag auf ihrem Gesicht. Ihre Augen, ihr Strahlen flackerten, dann brach sie zusammen und sank in Magnus’ Arme. Magnus konnte sie nicht einfach so wegwerfen. Er konnte nicht gehen. Etwas hielt ihn fest.

Sorgsam hielt Magnus Shainy in den Armen und setzte sich behutsam mit ihr auf den Waldboden. Er blieb mit diesem Mädchen allein zurück. Er wollte nicht, dass sie in Einsamkeit stirbt. Was tat sie ihm nur an? Mit letzter Kraft erhob Shainy ihre blutige Hand und legte sie auf Magnus’ Gesicht:

»Mylord, es ist traurig, ihr werdet nie erfahren, was Leben bedeutet …«

Magnus spürte ihren letzten Atemzug, als sie die Augen schloss. Er hörte ihren letzten Herzschlag, fühlte, wie ihr Blut aufhörte zu pulsieren. Ihr Körper erkaltete. Der Tod nahm sich ihrer an. Magnus saß mit ihrer leblosen Körperhülle da. Zum ersten Mal in seinem göttlichen, unantastbaren Leben, ergriffen ihn Zweifel. Verspürte er Trauer?

2.Kapitel

Das Saatkorn

Séyratun, Nadera und Airlys befanden sich mit den Seelen ihrer Gesandten und mit ihren Unsterblichen in den unendlichen Weiten des Universums. Unzählige Galaxien, Planeten und Sterne schienen sie zu beobachten. Die Götterkinder wussten, ihr Handeln würde für die Menschheit, für jedes magische und normale Lebewesen auf Erden Konsequenzen nach sich ziehen. Wie sehr wünschten sie sich, dass ihre Eltern mit ihnen sprachen. Eine weitere Seele, gleich einem gleißenden Licht, kam auf sie zu. Es war Shainys Seele. Die Sonne und der Mond erschienen mit ihr. Wie war dies nur möglich? Wie konnten Gottvater Sonne und Gottmutter Mond zu ihnen gelangen? Magnus hatte ihre göttlichen Eltern doch in diese Konstellationen verbannt, sodass beide nur in der Dämmerung jedes Tages ein paar Minuten miteinander verbringen konnten. Was geschah hier? Die göttlichen Eltern sprachen mit vereinter Stimme:

»Das Schicksal gebietet uns nicht viel Zeit. Wir haben uns genauso wie die Menschen schuldig gemacht. Wir haben euch Kindern nie erlaubt zu hoffen, zu glauben, zu lieben. Euren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ihr solltet nur Herrscher sein. So haben wir unseren Sohn Magnus verloren. Ihm unbewusst die Möglichkeit gegeben, Macht zu erlangen, die ihr alle innehaben solltet. Mingus war der Einzige, der rebellierte, doch auch ihn haben wir verloren. Er gab alles für die Menschen, gab sogar seine Göttlichkeit für die Liebe auf. Er ist nun nur ein Mensch namens Hawkins. Er lebt, er leidet, er ist glücklich, er hat geliebt. Hawkins, so wie die Seele die wir erlösen konnten und die Seelen, die ihr brachtet, werden nun unser Schicksal besiegeln:

Sie sind die Hoffnung der Menschheit, ihr Opfer hat die Blutschuld der Menschen in Hoffnung auf Erden gewandelt …

Das Böse hat sich durch den vergessenen Glauben, den Zweifel an uns und durch das Töten unserer magischen Helfer durch Menschenhand, den Menschen zum Untertan gemacht, wodurch seine Kraft stärker wurde …

Durch den Glauben dieser Menschen bis in den Tod, dass wir sie erretten. Ihrem Flehen aus reinem Herzen, das die Barmherzigkeit der Götterkinder erweckte. Ist die Hoffnung in den Herzen der Menschen neu entflammt …

Die Menschen erzählen sich, dass fünf junge Menschen bis in den Tod, ihren Glauben an uns nicht wanken ließen, sie ihn mit ihrem Leben verteidigten und für uns Götter starben …

Wir ließen den Menschen durch gläubige Propheten, Priester, Priesterinnen, Wahrsager und Sänger eine Botschaft kundtun. Wir haben Unsterbliche auf die Erde gesandt, so wie wir es schon oft durch alte Legenden getan haben …

Diese Unsterblichen sollen Chathrin, Darren, Owen, Adrian und Shainy rächen und Frieden bringen«, nach diesen Worten machten Gottvater und Gottmutter eine kurze Pause und richteten sich dann direkt an die Unsterblichen:

»Kein Sterblicher wird euch aufhalten können, nur die Klinge des Kampfes zwischen Gut und Böse wird euer Schicksal sein …

Ihr Chathrin dela Noche, kehrt als Katha die Gesandte des Feuers,

Ihr Darren dela Wood, als Dawn der Gesandte des Wassers,

Ihr Owen dé Poli, als Bow der Gesandte der Erdkräfte,

Ihr Adrian dé Morning, als Anges der Gesandte der Lüfte und

Ihr Shainy dé Warlook, als Angel die Gesandte der Einheit dieser vier Energien, auf die Erde zurück. Denn wer könnte ein besserer Racheengel sein, als eine Totgeglaubte selbst …«, wieder entstand eine Pause.

»Die Wahrheit über unsere Schuld, die verlorenen Zwillingssöhne Magnus und Mingus, die Verbannung eurer Eltern in die Sonne und den Mond, das Gefühl von Verbundenheit zu finden, ist ihre erste Glaubensprüfung. Viele werden folgen, doch nur so können wir das Böse aufhalten. Und ein neues Gleichgewicht zwischen Menschen und Göttern herstellen. So könnt ihr, meine geliebten Kinder, ihnen helfen. Über euch hinaus wachsen und bessere Götter werden, als wir. Vergesst nie, wir lieben euch …«, sprachen sie, bevor die göttlichen Eltern schwiegen. Sonne und Mond verschwanden, nahmen auf Erden ihren Platz ein. Traurig, menschengleich standen sich drei Götter gegenüber und sahen ihre Gesandten, ihre Seelen, ihre Verantwortung. Das Universum schenkte ihnen ihren Tempel der Götter wieder. Endlich waren sie wieder zu Hause. In ihren Gemächern. Die Götter konnten es kaum glauben. Ihre riesige Bibliothek lag vor ihnen. Ihre eigenen Räume. Alles! Séyratun, Nadera und Airlys fühlten erstmalig Wehmut. Sie sahen einander an, wussten, sie konnten nicht bleiben, mussten zu den Ihren zurück. Das Universum sprach zu ihnen:

»Ich bin das Alpha und das Omega. Ich bin die Waagschale aller Energien. Des Guten und des Bösen. Ich vermag es nicht, zu Euren Gunsten zu entscheiden. Jede Handlung hat ein Ereignis zur Folge. Jede Entscheidung ist die Eure. Ihr tragt die Verantwortung. Ihr selbst seid die Gerechtigkeit, die Wahrhaftigkeit. Ihr seid das Gute. Ihr seid das Böse. Dies ist Euer Schicksal. Ich werde Euch alle Energien zur Verfügung stellen. Alles in meiner Macht Stehende tun, doch bedenkt auch, ich bin nicht die Vollkommenheit. Das Schicksal ist unser aller Zeit. Gemeinsam sind wir vieles. Ihr lebt, weil die Menschheit Euch noch nicht vergessen hat und noch immer an Euch glaubt. Erlischt ihr Glaube, werdet Ihr wie ein Stern am Himmelsfirmament verlöschen, dessen Zeit gekommen ist. Ihr gabt den Menschen einen Teil Eurer Göttlichkeit in Form ihrer Seele. Ihr gabt ihnen den freien Willen. Einst lebtet Ihr mit den Menschen in Frieden und Harmonie. Ihr zeigtet ihnen die Wichtigkeit von Leben und Tod und lehrtet sie die Einheit von Freud und Leid. Ihr zeigtet ihnen den Sinn des Lebens auf, wie wichtig der Kreislauf ist und dass alle Energien im Fluss sind. Ihr habt Euch den Menschen gezeigt, ward für sie da, habt ihre Begabungen gesehen, sie gefördert und gestützt. Ihr habt ihnen die Liebe geschenkt, sie Euch selbst verweigert. Ihr habt Euch abgewandt. Auch Euch trifft Schuld, denn Ihr habt Euch nicht gegen Magnus gestellt. Ihr habt Euch Eure eigenen Reiche geschaffen, in denen Ihr Euch nur um die Eurigen kümmert. Habt zugelassen, dass Magnus Unschuldige dahinschlachtet. Nun ist auch Eure Zeit gekommen, Buße zu tun …«

Die Götterkinder sahen einander an. Ja, es stimmte, was das Universum sagte. Séyratun war der Herrscher des Meeres und des Wassers, Hüter des Feuers. Er hatte sich am Meeresgrund sein Reich nach seiner Verbannung errichtet, kümmerte sich nun um die darin lebenden Wesen. Nadera erschuf sich ihre Töchter Flora und Fauna, sie erhielt gemeinsam mit den Elfen die Erde. Airlys Gott der Lüfte war ein Eremit geworden. Er kümmerte sich nur noch um Regen, Sturm und Luft. Hatte sich in die Einsamkeit geflüchtet, doch endlich hatten sie eine gemeinsame Aufgabe. Sie mussten ihre Gesandten und dessen Seelen wieder in Menschengestalt bringen. Die Götter erkannten, diese Unsterblichen waren fortan ihre Kinder. Ihren Seelen teilten die Götter, die Gebote des Universums mit:

Töte nie ein unschuldiges Wesen.

Töte nur, um dieses unschuldige Wesen zu retten.

Sei Dir bewusst, was Dein Geist und was Dein Verstand Dir sagen will.

Höre auf Dein Herz, es ist die Stimme Deines Selbst, Deiner Seele.

Erkenne Dich. Sehe Dich. Achte Dich.

Gestehe Dir selbst Unvollkommenheit ein. Zeige sie der Welt.

Fehler gehören zum Leben.

Tue alles in Deiner Macht Stehende, um Fehler ungeschehen zu machen.

Bedenke stets, was Du ausgesprochen hast, kann nicht zurückgenommen werden.

Sei mit den Worten: »Ich wünsche mir …« immer bedacht.

Achte zu jeder Zeit auf Deine Gedanken. Sie sind der Verräter in Dir selbst.

Hinterfrage jeden Rat. Bedenke, die Entscheidung liegt bei Dir. Du trägst die Verantwortung, die Konsequenz aus Deinen Taten.

Sei Dir Deiner Gefühle bewusst. Du kannst sie nicht greifen. Sie sind unfassbar. Tragen jedoch das Wort der Wahrheit in sich.

Ihre Herzen füllten sie mit Verbundenheit, Freundschaft, Gerechtigkeit, Dankbarkeit, Glück und Liebe. Ihre menschliche Gestalt formten sie aus jedem ihrer entsprechenden Elemente. Es war wie ein Wunder. Jeder der Gesandten hatte seine alte menschliche Form wieder. Mit der Magie vereinten die Götter ihre Seele, ihr Herz und ihren Körper und schickten ihr Kinder, ihre Gesandten ohne Erinnerungen, so wie es das Schicksal forderte, auf die Erde zurück.

Aber was war mit Magnus? Hatte er nicht mitbekommen, was dort vor sich ging? Nein. Das Schicksal hatte die Macht über die Zeit. Was für die Göttergeschwister eine Ewigkeit war, erschien Magnus nur wie ein Augenblick. Es war dieser winzige Moment, als er dieses tote Mädchen in den Armen hielt, bei ihr saß, grübelte, ihn Zweifel plagten und er dieses unbekannte Gefühl in sich verspürte.

3.Kapitel

Schleier von Erinnerungen

Katha fühlte unter sich einen steinigen Strand. Die Wogen des eisigen Meerwassers fuhren ihr durch Mark und Bein. Ihr Körper krampfte sich vor Schmerzen zusammen. Katha konnte kaum den Kopf heben. Sie erblickte benommen, verschwommen mit Schnee bedeckte Hügel. Das Meer sprach leise mit rauer Stimme:

»Katha! Du bist die Gesandte des Feuers, Du bist das Feuer. Nutze es! Lass die Kälte aus Dir strömen. Spüre das Feuer in Dir aufsteigen …« Die Stimme verstummte. Eine leichte Brise zog über ihren Körper. Katha fühlte die Wärme des Feuers in sich aufsteigen. Fragen schossen ihr durch den Kopf. Schmerzen plagten sie dabei. Wie war sie an diesen Ort gelangt? Was war ihr widerfahren? Woher kam sie? Wie war ihr Name? Ein inneres Gefühl, die Stimme ihres Herzens zeigte auf diese schneebedeckten Hügel. Katha fühlte, dahinter lagen ihre Antworten. Als sie die Hügel auf allen Vieren kriechend erklommen hatte, sah sie ein kleines Dorf mit einer riesigen Feuerstelle in der Mitte. Menschen tummelten sich um das Feuer. Katha wurde von dem Feuer magisch angezogen. Ihr Körper, von Erschöpfung gepeinigt, war kaum in der Lage, sie schnell dort hinzubringen. Zudem schossen schmerzhafte Gedanken durch ihren Kopf. Bruchteile von Erinnerungen. Bilder von einem Fischerdorf und Buchstaben GYWASO, GAWOSA. Nichts ergab auch nur den geringsten Sinn. Katha wurde aus ihren Gedanken gerissen: