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Der zunehmende Stellenwert der Medienbildung in der allgemeinbildenden Schule ist auch eine Chance für den Informatikunterricht, denn hier werden die konzeptionellen Grundlagen für einen kreativen und verantwortungsvollen Umgang mit der digitalen Technik vermittelt. Seit 2006 werden auf dem Münsteraner Workshop Beiträge zu unterschiedlichen Themen aus dem Gebiet der Schulinformatik diskutiert. Ziel der Veranstaltung ist insbesondere die Förderung des Austauschs zwischen den Schulen und der Hochschule. Der Workshop richtet sich an Informatiklehrerinnen und -lehrer, an Referendarinnen und Referendare, an Fachdidaktiker(innen) und an alle, die sich zur Informatik in der Schule engagieren. Hinweis: Unter http://ddi.uni-muenster.de/ab/se/mws/101 befindet sich eine korrigierte Seite.
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Seit den ersten Höhlenmalereien dienen Medien der Kommunikation zwischen Menschen. Sie sind kultureller Bestandteil einer Gesellschaft. Mit dem Aufkommen einer automatisierten Verarbeitung von Daten – und der durch sie repräsentierten Information – werden zunehmend auch Medien zur Mensch-Maschine-Kommunikation und zur Kommunikation zwischen Artefakten verwendet. Traditionelle Medien wie Bücher, Zeitungen, Radio und Fernsehen sind heute meist digital, d. h zur Herstellung, Verbreitung und Rezeption werden Computer eingesetzt. Diese Entwicklungen lassen sich sehr gut im Computermuseum in Paderborn nachvollziehen. Informatiksysteme bilden heute die Basis für soziale Netze, in denen Kommunikation mit verschiedensten digitalen Medien (text-, bild-, videobasiert etc.) stattfindet. Oft wird dem Nutzer nur ein Bruchteil der Funktionalitäten bewusst – vieles findet versteckt statt. Eine Aufgabe des Informatikunterrichts besteht darin, Grundkenntnisse für ein fundiertes Verständnis und einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien auszubilden.
Im Spannungsfeld zwischen Medienpädagogik und Informatikdidaktik bietet der achte Münsteraner Workshop zur Schulinformatik die Gelegenheit zum Setzen von Impulsen und dem Austauschen von Sichtweisen. In der Keynote von Bardo Herzig (Universität Paderborn) werden unterschiedliche Argumentationslinien von Positionen aufgegriffen und zu Impulsen für eine informatische Bildung und eine Medienbildung geführt. Beispiele aus der und für die Unterrichtspraxis zeigen interessante Verknüpfungen zwischen Medien und Informatiksystemen auf: Computereinsatz zur Sprachsteuerung (Sebastian Becker, Universität Göttingen und Frauke Ritter, Max-Planck Gymnasium Göttingen), zum Datamining (Barbara Messing, Berufskolleg Werther Brücke, Wuppertal) und für Rennsimulationen (Till Zoppke, Gymnasium Tiergarten, Berlin). Digitale Artefakte werden nicht nur zur Repräsentation von Information und Wissen sondern auch zum Messen, Steuern und Regeln eingesetzt. Das Gestalten dieser Informatiksysteme erfordert auch algorithmisches Denken und Programmieren. Lennart Goecke und Jurik Stilller (HU Berlin) berichten über Programmierprojekte im Sachunterricht der Grundschule. Katja Bach und Nils Springob (BOB3.org) stellen Tutorials zur Einführung in die textuelle Programmierung für Fünft- und Sechstklässler vor. Dass Texte im Informatikunterricht in verschiedensten Formen auftreten und behandelt werden (können), zeigt Daniel Siebrecht (Universität Wuppertal) in seiner Arbeit. Mehrere Beiträge beschäftigen sich mit den informatischen Aspekten des NRW-Medienpass (Nadine Bergner, RWTH Aachen und Michael Weigend, Holzkamp-Gesamtschule Witten). Ilona Petrenko (WWU Münster) untersucht Möglichkeiten, um „Ökologisches Denken im Informatikunterricht“ zu integrieren. Einen Einblick in die Entwicklung von medienbezogenen Materialien für den Informatik-Unterricht in den Niederlanden gibt Nataša Grugrina (Universität Groningen) und Dieter Engbring (Universität Bonn) geht auf Fragen der Lehrerbildung vor dem Hintergrund der Digitalisierung ein.
Wir danken allen Autoren für Ihre Beiträge und wünschen einen angenehmen Workshop.
Münster, im Mai 2018 Marco Thomas und Michael Weigend
Bardo Herzig
Medienbildung und informatische Bildung – Positionen, Provokationen, Perspektiven
Lennart Goecke, Jurik Stiller
Informatische Phänomene und Sachunterricht – Beispiele für vielperspektivischen Umgang mit einem Einplatinencomputer
Katja Bach, Nils Springob
Textuelle Programmierung mit 5. Und 6.-Klässlern, kann das funktionieren? Einblicke in ein Modellprojekt mit sieben Schulen aus Aachen
Till Zoppke
Softwareprojekte mit TORCS
Sebastian Becker
Projektarbeit in der Oberstufe im Informatikunterricht - Sprachsteuerung von LEGO Mindstorms durch den Amazon Sprachservice Alexa
Michael Weigend
Spielerische Lernarrangements zur Medienerziehung
Nadine Bergner
Medienpass im InfoSphere – Den neuen Kompetenzbereich „Problemlösen und Modellieren“ inner- und außerhalb der Schule vermitteln
Daniel Siebrecht
Textsorten im Informatikunterricht – Ideen einer Kategorisierung zwischen Medium und Lerngegenstand
Barbara Messing
Wer weiß was über mich? – Dataminingverfahren in Unterrichtsprojekten
Ilona Petrenko
Entwicklung ökologischen Denkens im Informatikunterricht
Nataša Grgurina
Development of Informatics Teaching Materials by Teacher Teams in the Netherlands
Dieter Engbring
Überlegungen zur Lehrerbildung in der digital vernetzten Welt – Ein auf Erfahrungen gestützter Bericht und Diskussionsbeitrag
Direktor des Zentrums für Bildungsforschung und Lehrerbildung - PLAZ Professional School (Universität Paderborn)
Abstract: Die Diskussion um eine allgemeinbildende Medienbildung hat in den vergangenen Jahren im Kontext von Mediatisierung und Digitalisierung eine starke Konjunktur erlebt. Zur Umsetzung der Zielvorstellung, allen Schülerinnen und Schülern den Erwerb von Kompetenzen für ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der digitalen Welt zu ermöglichen, weisen auch jüngere bildungspolitische Agenden auf die Notwendigkeit informatischer Grundkenntnisse hin (vgl. z.B. KMK 2016, Medienpass NRW). Damit wird eine Diskussion aufgegriffen, die bereits seit den 1980er Jahren im Spannungsfeld von Medienerziehung, informationstechnischer Grundbildung (ITG) und Informatik als Unterrichtsfach geführt wird. Die Diskussion hat bisher zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt, im Gegenteil fühlen sich alle Beteiligten in unterschiedlicher Weise als Verlierer: Das Modell ITG ist gescheitert, die Medienerziehung ringt um die Integration informatischer Grundlagen in die pädagogische Auseinandersetzung mit digitalen Medien und das Fach Informatik ist nach wie vor nur in einzelnen Ausnahmen Teil des verpflichtenden Fächerkanons.
Im Vortrag werden Argumentationslinien des Diskurses aufgenommen und im Hinblick auf unterschiedliche Positionen, Provokationen und Argumentationsebenen geschärft. Darauf aufbauend, wird der Blick – auch unter Einbezug weiterer Disziplinen – auf interdisziplinäre Aspekte gelenkt und an Beispielen illustriert. Perspektivisch werden Denkmodelle für die Gestaltung von informatischer Bildung und Medienbildung skizziert.
Abstract: Die Lebenswelten erschließenden Fächer der Grundschule3 ist aufgrund seiner Struktur, Inhalte sowie Denk- und Arbeitsweisen offensichtlich für die Thematisierung informatischer Grundbildung bestens geeignet. Trotz der mittlerweile für alle Fächer festgeschriebenen Verantwortung Medienbildung zu leisten4, können (digitale) Medien sinnvoll zum Gegenstand vielperspektivischer Auseinandersetzung mit kindlichen Lebenswelten im Sachunterricht werden. Im Beitrag werden Beispiele der Einbindung des Einplatinencomputers Calliope Mini in den Sachunterricht der Grundschule bzw. die sachunterrichtliche Lehrkräftebildung vorgestellt. Die Thematisierung der diesen Systemen inhärenten algorithmischen Phänomene eröffnen dabei bereits Grundschüler_innen Möglichkeiten, weiterführende Schwierigkeiten zu reflektieren – etwa Sicherheitsprobleme beim Programmieren eines Abstimmungscomputers. Somit bietet die Beschäftigung mit den Beispielen stets das Lernen über sowie mit Medien und wird technischer Realität gerecht, indem die heute vielfach realisierte Verknüpfung von technischen Anwendungen mit zugrunde liegender Informationsverarbeitung in den Fokus gerückt wird.
Keywords: Sachunterricht, Medienbildung, Grundschule, Calliope Mini, Coding, Computational Thinking, Algorithmusverständnis, algorithmisches Denken, informatische Bildung
Die Thematisierung informatischer Aspekte ist mit den Aufgaben der Primarstufe gut in Einklang zu bringen: zunächst als Teil von Medienbildung und somit quer zu den Fachperspektiven. Daneben ist das Fach Sachunterricht bzw. dessen Didaktik besonders dazu geeignet, informatische Grundbildung in Unterricht und didaktischer Forschung zu adressieren. Der Beitrag stellt eine Möglichkeit vor, wie die Einbindung des Einplatinencomputers Calliope Mini (folgend CMini) im Sachunterricht ausgestaltet werden kann.
Dazu wird zunächst eine allgemeine Relevanz informatischer Bildung für die Sachunterrichtsdidaktik begründet und anhand von drei Beispielen gezeigt, welche spezifischen Fragen sich aus der sachunterrichtsdidaktischen Einbettung ergeben können. Das erste Beispiel einer (geheimen) Klassensprecher_innenwahl illustriert dabei den Einsatz des CMini im Bereich sozialwissenschaftlichen Lernens im Kontext demokratischer Bildung, während mit dem zweiten Beispiel die automatisierte Messwertverarbeitung aus dem Bereich des naturwissenschaftlichen Lernens berücksichtigt wird. Mit dem letzten Beispiel einer vernetzten Ampelschaltung wird außerdem beispielhaft die Relevanz von informatischer Bildung als Teil technischer Bildung im Sachunterricht diskutiert. Die Beispiele werden dazu sowohl in Hinblick auf Lehrkräftebildung, als auch auf den Unterrichtseinsatz diskutiert und berühren jeweils Aspekte des Lernens über Medien als Folge des Einsatzes als Werkzeug.
Der Sachunterricht hat die Aufgabe, „Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen,
Phänomene und Zusammenhänge der Lebenswelt wahrzunehmen und zu verstehen,
selbstständig, methodisch und reflektiert neue Erkenntnisse aufzubauen,
Interesse an der Umwelt neu zu entwickeln und zu bewahren,
anknüpfend an vorschulische Lernvoraussetzungen und Erfahrungen eine belastbare Grundlage für weiterführendes Lernen aufzubauen,
in der Auseinandersetzung mit den Sachen ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln sowie
angemessen und verantwortungsvoll in der Umwelt zu handeln und sie mitzugestalten“[GDS13].
Sachunterricht adressiert grundlegende Bildung, um den bewussten, reflektierten und verständigen Umgang mit erworbenen Kompetenzen möglich machen. Insbesondere sollen Schüler_innen befähigt werden, ihre natürliche, kulturelle, soziale und technische Umwelt sachbezogen zu verstehen, sie sich auf dieser Grundlage bildungswirksam zu erschließen und sich darin zu orientieren, mitzuwirken und zu handeln [GDS13], [Pe09].
Es besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass sachunterrichtliche Lernanlässe aufgrund der Orientierung an Phänomenen, sozialen Beziehungen sowie Gewohnheiten und Gebräuchen „quer zu den Fächern“ [Sc82] liegen. Die Auseinandersetzung wird aber in der Regel anhand der naturwissenschaftlichen, der technischen, der raumbezogenen, der sozialwissenschaftlichen sowie der historischen Perspektive möglich [Pe09], [Ka16]. Nachfolgend wird exemplarisch die besondere Bedeutung der technischen Perspektive erläutert.
Ausgangspunkt für sachunterrichtsdidaktische Themen sind immer die Lebenswelten der Kinder. Technik durchdringt und prägt diese Lebenswelten. Sie sichert Existenz, erleichtert die Bewältigung des Alltags und bereichert die individuellen Lebensweisen. Um Möglichkeiten und Folgewirkungen von Technik zu erkennen und eine humane und zukunftsfähige Technik mitdenken, mit verantworten und mitgestalten zu können, braucht jeder Mensch grundlegende Kenntnisse von Technik und ihren Wirkungs- und Bedingungszusammenhängen [GSP18], [GDS13].
Starke Evidenz für die Annahme, dass „computer technology“ einen signifikanten Einfluss auf Lernerfolg hat, führen u.a. Tamin et al. in einer umfangreichen Metastudie auf [Tal 4]. Inwieweit der Umgang mit Einplatinencomputern sachunterrichtliches Lernen begünstigt, ist indes noch ungeklärt. Mit algorithmischen Phänomenen lässt sich überdies ein informatischer Teilbereich identifizieren, der einerseits eine zentrale Facette von informatischer Bildung darstellt [GI18] und dessen Fokussierung zum Beispiel in Forschungsprojekten eine sinnvolle Eingrenzung darstellen dürfte. Andererseits lassen sich beim Blick auf kindliche Lebenswelten algorithmische Phänomene auch in alltäglichen Handlungen identifizieren, die frei von Informatiksystemen sind [GI18]. Außerdem weisen die Konstrukte Algorithmusverständnis und wissenschaftliches Denken auf theoretischer Ebene Ähnlichkeiten auf, deren empirische Beschreibung jedoch ein Desiderat darstellt [HH10], [Fi14], [Koll].
Der derzeitige Forschungsstand lässt keine gesicherten Aussagen darüber zu, wie junge Kinder Algorithmen verstehen [Go17], [GSP18]. Deswegen stellen die folgenden Beispiele zunächst das Resultat theoretischer Überlegungen darüber dar, wie sich Themen des Sachunterrichts mit dem CMini umsetzten lassen können. Die Beispielcodes verdeutlichen hier, was sich mit dem u. a. mit dem CMini umsetzen lässt, dem allgemein ausreichend niedrigschwellige Ansätze zugeschrieben werden, in der Grundschule genutzt zu werden. Das Verwenden eines mit einem Beispielcode programmierten CMini ist dabei selbstverständlich nicht ausgeschlossen, ebenso wenig wie die Analyse des Quellcodes mit Grundschüler innen.
Ein verhältnismäßig niedrigschwelliges Szenario in der Programmierung des CMini erzeugt einen ferngesteuerten Automaten zur Stimmzählung. Ein einfacher Zähler, der die Häufigkeit der Tastendrucke speichert und ausgibt, lässt sich so mit Grundschüler_innen realisieren. In einem Beispiel aus einem Seminar der Lehrkräftebildung5 an der Humboldt-Universität zu Berlin wurden indes mehrere CMinis genutzt, um die Stimmabgabe per Funk an einen CMini zu übertragen. Die Personen, die über keine Vorerfahrungen im Umgang mit Programmiersprachen verfügen, haben auf diese Weise ein Modell eines Abstimmungssystems kreiert, bei dem jedes Kind mit dem eigenen CMini anonym eine Stimme abgeben kann.
Abb. 1: Beispielcode für Senden der Stimme
Aufbauend auf dem skizzierten Programm (Abb. 1 und 2) lassen sich Unterrichtsideen entwickeln, die u. a. als Teil von politischem bzw. demokratischem Lernen im sozialwissenschaftsbezogen en Sachunterricht relevant sind. Zusätzlich zu anderen wichtigen Inhalten6 lassen sich am Beispiel insbesondere Fragen zu technisch unterstützten Abstimmungen diskutieren. Hierzu zählen offensichtliche Schwächen des Beispielprogramms. Eben diese Schwierigkeiten der Programmierung bieten jedoch Anlass, Funktionsweisen und Sicherheitsprobleme digitaler Medien/Informatiksysteme auf gesellschaftliche Bereiche zu thematisieren und zu reflektieren.
Ein Beispiel ist die Geheimhaltung des Stimmvorgangs im Zuge einer geheimen Wahl. Die Anonymität der automatisierten Stimmauswertung kann für Schüler_innen nachvollziehbar als gut gelöst wahrgenommen werden, wenn durch den CMini keine identifizierbaren Spuren hinterlassen werden, wie möglicherweise bei Verwendung von Zettel und Stift in einer kleinen Gruppe. Auf der anderen Seite könnte ein entsprechend modifizierter CMini die Reihenfolge der eingegebenen Informationen speichern und in Verbindung mit der Reihenfolge der Stimmabgabe zeigen, dass ein nicht nachvollziehbares System (bewusste) Schwächen in Hinblick auf Anonymität haben kann. Analog hierzu könnte ein manipulierter CMini auch die erhaltenen Stimmen per Funk weitergeleiten. In einem didaktischen Szenario könnte dies deutlich gemacht werden, indem in einer Wahlkabine ein CMini für die Stimmabgabe liegt, nachdem gemeinsam ein Programm zur Auszählung entwickelt wurde. Zu Demonstrationszwecken könnte dann eine nicht-sensible Frage zur Abstimmung gegeben werden und mithilfe zweier manipulierter CMinis die jeweilige Abstimmung für den Rest der Klasse sichtbar übertragen und angezeigt werden. Eine ähnliche Situation kann in Hinblick auf die Verarbeitung der Stimmen konzipiert werden: Statt die jeweiligen Stimmen korrekt aufzusummieren, könnte wiederum ein manipulierter CMini jede A-Stimme doppelt zählen oder dergleichen.
An beiden Beispielen kann bereits für junge Kinder diskutierbar werden, dass die Eingabe von Informationen in Systeme nicht zwingend auf die Art und Weise verarbeitet wird, wie intuitiv vermutet. Dazu müssen nicht nur gezielte Manipulationen vorgenommen werden, auch das Nicht-Zählen von Stimmen aufgrund technischer Schwierigkeiten lässt sich durch ein Szenario erleben, bei dem etwa aufgrund von zu hoher Entfernung eine per Funk gesendete Stimme nicht registriert wird. Nicht zuletzt lässt sich die Notwendigkeit von verschlüsselten Übertragungen nachvollziehen, da sich jede Übertragung der CMinis leicht mit dem eigenen Gerät mitverfolgen lässt
Somit bildet das Beispiel eine Grundlage zur Reflexion darüber, was Informatiksysteme leisten müssen, um bspw. sicherzustellen, dass jedes Kind genau einmal abstimmt, ohne dass für andere das Wahlverhalten ersichtlich ist. Es lassen sich darüber hinaus weitere Problemstellen denken, die sich durch den (hypothetischen) Einsatz von Technik für geheime Wahlen ergeben können. In den meisten Fällen kann die Beschäftigung mit den Funktionsweisen des Systems, etwa dessen Programmierung, dabei helfen, den Einsatz u. a. in Hinblick auf mögliche (Sicherheits-) Probleme oder technische Limitationen und Fehler besser nachvollziehen sowie reflektieren zu können.
Herauszufinden, ob und wie Gundschüler_innen das vorgestellte Beispiel entwickeln und/oder nachvollziehen können und inwiefern darauf aufbauende Reflexionen möglich sind, ist Teil eines Forschungsvorhabens.
Abb. 2: Beispiel code für Empfänger der Stimmen
Als zweites Beispiel dient das Thema Messen als wichtiger Teil des naturwissenschaftlichen Lernens7. Hierbei können Kinder nachvollziehen, welche Abstraktionsschritte (digitale) Messinstrumente häufig automatisch durchführen, ebenso welche möglichen Vorteile programmierbarer Systeme zu Erhebung von Daten bieten. Übergeordnetes Bildungsziel sind unter anderem das Nachvollziehen von Messverfahren zur Erhebung methodisch gesicherter Größen zur Unterscheidung von subjektiven / individuellen Interpretationen sowie das Messen ausgewählter Größen und die Nutzung für Vergleiche [GDS13].
Abb. 3: Beispielcode arithmetischen Mittelwert von Messungen
Grundsätzlich lassen sich mit dem CMini sehr leicht Sensorwerte wie die Temperatur messen und anzeigen. Anders als ein analoges Thermometer bietet die Programmierung des CMini selbstverständlich Möglichkeiten, Variablen zu speichern sowie die Verarbeitung mehrerer Messwerte. So kann als Teil von Versuchen oder Experimenten mit kontrollierbar konstanten Zeitabschnitten ein Messwert mehrfach erhoben werden, auch an schwer zugänglichen Stellen. Dass sich die Erhebung bzw. der Umgang mit Messwerten vereinfacht, wenn Werte automatisiert erhoben werden können, kann Kindern so deutlich werden.
Die Verwendung eines informationsverarbeitenden Systems bietet darüber hinaus auch die Möglichkeit, mit Maßen der zentralen Tendenz in Berührung zu kommen. Wenn dies mit Grundschüler_innen durchgeführt wird, ermöglicht die Programmierung das direkte Nachvollziehen der zugrunde liegenden mathematischen Algorithmen. Die entsprechende Gestaltung eines solchen Beispiels zur Erhebung und Errechnung des arithmetischen Mittels von Messwerten erscheint herausfordernd (Abb. 3), bietet durch Umgang mit Variablen jedoch auch Einblick in fundamentale algorithmische Funktionsweisen. Zudem kann ggf. auch der mathematische Algorithmus explizit thematisiert werden. Nach einer unterrichtlichen Thematisierung dessen, lässt sich ein Programm für die Fokussierung der Mittelwerterrechnung simplifizieren, sodass auch Ähnlichkeiten zwischen mathematischem und informatischem Algorithmus deutlich werden können (Abb. 4).
Abb. 4: Reduzierte Beispiele zur Errechnung des Mittelwerts von Messungen
Das beispielhafte Messinstrument veranschaulicht so Möglichkeiten, Vorteile der Verwendung eines programmierbaren Messinstruments zur Erhöhung der Güte der Messwerte zu nutzen. Die Auseinandersetzung mit den algorithmischen Grundlagen der Funktion des Messinstruments, knüpft dabei auch an mathematische Sachverhalte an, sodass das Lernen mit dem Einplatinencomputer und das Lernen über dessen Funktionsweisen einander bedingen. Nicht zuletzt ließen sich auch beliebige Sensoren anschließen, um Schwierigkeiten zu verdeutlichen, aus nicht skalierten, analogen Werten auf physikalische Größen zu schließen.