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Aus dem nichts erschafft die Herrin eine Welt und Bevölkert sie liebevoll mit verschiedenen Kreaturen. Doch einer der Geister, der ihr dient wird neidisch und erschafft das Böse. Er beschließt, dass wenn er schon kein Leben erschaffen kann er es wenigstens verderben will. Viele Kriege entstehen durch Lügen und Verrat die diese Kreatur angestiftet hat. Doch als endlich der Feind besiegt scheint und die Völker in Frieden leben können geschieht das unfassbare. Eine Elbenkönigin wird von Monstern entführt und vergewaltigt. Ein Kind in dessen Adern sowohl rotes als schwarzes Blut fließt wird geboren. Willig zu allem Guten aber fähig zu allem Bösen, lebt dieser Mann in ewigem Kampf mit sich selbst...
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Seitenzahl: 560
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Chronik der verlorenen Welt
Die Geburt der Welt
Die Eltern der Elben
Der Blutzoll
Der gemeinsame Feind
Manatas Untergang
Die Rache der Bäume
Himmelsfeuer
Elben und Menschen
Königliche Flüchtlinge
Die Schlacht vom Grauen Stein
Eine neue Heimat
Die Kriege der Vernichtung
Das neue Zeitalter
Teil 1 – Die Vollendung
Prolog
Sohn des nahenden Kriegs
Auf mich selbst gestellt
Leben in Blutdurst
Innerer Zweikampf
Glaur
Der zweite Verrat
Eine Tat der Verzweiflung
Das was man Familie nennt
Die Welt im Wandel
Zu Hause
Fortgeschickt
Ein unglücklicher Zufall
Das tote Land
Die Stadt der Schläfer
Vertraute Worte
böses Erwachen
Gefahren der Wildnis
Die Nacht von Latunal
Der Weg zu den Sternenlichtgärten
Vollendung
Teil 2 – Untotes Fleisch
Prolog
Schatten der Vergangenheit
Meine Studien
Vergangene Taten
Das Reich On
Schaa
Mirikrims Hände
die Summe der kleinen Fehler
Das Leben eines Sklaven
Der Anfang vom Ende
Rechtlosigkeit
Die Worte Argurs
Im Tal von Korament
Zwei Welten an einem Tisch
Das fünfte Zeichen
Die Früchte meiner Unzucht
Der finstere Tag
Krisensitzung
Verhängnisvolle Ruhe
Tradition und Innovation
Das Ende des Wartens
Ein Militärputsch
Der letzte Kampf
Teil 3 – Der Kindkönig
Prolog
Der adoptierte König
Die Erziehung eines Prinzen
Die Hochzeit zweier Welten
Das Geheimnis meiner Herkunft
Ein Blick ins Jenseits
Nachrichten aus On
Die Machtergreifung
Ein neuer König
Regeln und Umsetzung
Die Konferenz
Schaas Familie
Dschin
Besessenheit
Eine Art Wissenschaft
Die große Wahl
Die Richterin über Könige
Hexentanz
Die Höhlenstadt
Kreaturen der Tiefe
Der Himmelsreiter
Das Herz des Volks
Die Völker vieler Küsten
Volksherrschaft
Ein Prozess ohne Richter
Die Vorrechte eines Prinzen
Die Weiten des Meeres
Die Runeninsel
Ein Tier, das seines gleichen sucht
Zwei Überlebende
Das Ende der Welt
Das Schicksal der Menschen
Teil 4 - Die Kriege der letzten Zeit
Prolog
Wandelnde Zeiten
Gefahr aus der Tiefe
Der Tag auf den wir gewartet hatten
Das Ende der blauen Grotte
Meine Mutter
Koffein
König Stichflamme
Die Vorteile eines Betrunkenen
Die Stunde der Riesen
Die letzte Reise
Mein zweiter Sohn
Vorboten des Unglücks
Ein ungebetener Gast
Die kleine Stadt
Drachenbrut
Eine unfreiwillige Rast
Die Tundra
Flucht durch die Wildnis
Namenloses Grauen
Die Mitte der Welt
Geiseln der Meere
Feuer und Wasser
Wahre Hoffnung
Das Ende der Legenden
Am Anfang war nichts und die Herrin schuf den Raum. Tief an seinem Boden schuf sie Wasser und Luft darüber. Dann stieg sie herab und wo sie das Wasser berührte fing es Feuer und gebar das Land. Ihre Kinder, die Geister, die sie schon lange vor der Welt geschaffen hatte, folgten ihr voller Freude. Wie kleine Kinder begannen sie einander zu bespritzen, das Meer zu verdampfen und das Land zu falten. Begeistert bewunderten sie, wie die Berge Wolken aufhielten und Schnee und Regen entstanden. So schufen sie Gletscher, Flüsse, Seen und Strömungen. Noch hatte die Herrin kein Leben aus der Materie geformt und es gab niemanden, der sich hätte wehtun können. Schließlich schuf die Herrin die Sterne und die Zeit. Dann verkündete sie den Geistern, dass sie nun Lebewesen schaffen würde. Begeistert stellten sich ihre Kinder vor, wie sie mit diesen neuen Geschöpfen spielen würden.
Unter den Sternen schuf sie Bäume, die ihre Kraft aus der Erde schöpften, denn tief in ihr lebte noch immer das Feuer, aus dem sie gekommen war. Ihre Rinde war weiß und glatt und ihre Blätter und Blüten leuchteten im Dunkeln. Sie waren so hoch, dass sie den Himmel zu tragen schienen. Darunter schuf sie kleinere Bäume mit weißer, brauner oder grauer Rinde, die kein eigenes Licht hatten. Diesen Bäumen gab sie Seelen, sodass sie miteinander und den Geistern sprechen konnten. Noch tiefer schuf sie einen Teppich aus blühenden Büschen und zahllosen kleinen Gewächsen.
Einer der Geister namens Anubis wünschte sich von ganzen Herzen, ebenfalls Leben zu geben zu können. Dass er der erstgeborene und mächtigste aller Geister war, genügte ihm nicht mehr. Im Gegensatz zu den anderen war er gar nicht stolz auf die Herrin, sondern begehrte dieses göttliche Privileg für sich. Sein Wunsch wurde so stark, dass er keine Freude mehr in seinem Herzen hatte und sich ganz darauf versteifte, selbst Leben zu schaffen. Doch die Herrin war nicht bereit, dieses Recht irgendeinem anderen zu verleihen. So entstand in Anubis Herzen Neid. Langsam starben alles Licht und alle Liebe in ihm und hinterließen etwas völlig neues: den Hass. Diese neuen, von ihm geschaffenen Dinge, machten ihn stolz auf sich selbst. So waren Neid, Hass und Stolz Anubis Kinder und er konnte kaum erwarten, die Bäume dafür zu begeistern.
So säte er Lügen und Halbwahrheiten. Wie im Vertrauen erzählte er den Bäumen von den Pflanzenfressern, die die Herrin schaffen wollte, ohne zu erwähnen, dass diese nur die Büsche fressen sollten. Später erzählte er auch von Elben und anderen Geschöpfen, denen die Macht gegeben würde, sich die Natur untertan zu machen. Anubis vermittelte den Bäumen das Gefühl, dass er sie gegen die Herrin verteidigte.
Dadurch entbrannte auch in den Herzen der Bäume Hass und sie begannen, Anubis zu verehren. Als die Herrin dass sah stellte sie die Bäume vor ein Ultimatum und verbannte Anubis von ihrer Seite. Er hatte seine Chance zur Umkehr verspielt und nun wusste sie, dass er nie wieder zu ihr zurückkehren und gut werden würde.
Natürlich wehrte er sich mit seinen Geistern, doch die Herrin selbst verlieh ihren Leuten die Kraft, ihn aus dem Paradies zu jagen. So wurde Anubis ins Diesseits verbannt.
Doch statt auf die Herrin zu hören, begannen die Bäume sich zu streiten, wer ihr König sein sollte. Monatelang lauerten sie einander auf und schlugen aufeinander ein, bis zwei Drittel von ihnen tot waren. Ständig sandte die Herrin ihre Geister, um sie zur Umkehr zu rufen, doch als sie einfach nicht hören wollten, nahm sie ihre Seelen und ließ sie als leere vegetative Körper zurück. Nur die Grannenkiefern baten um Gnade und die Herrin vergab ihnen.
Danach formte sie Tiere. Von winzigen Mikroben bis zu riesigen Echsen, auf deren gepanzerten Rücken ganze Wälder wuchsen. Und wieder kam Anubis und brachte die Tiere mithilfe einiger Geister, die sich ihm angeschlossen hatten, dazu, einander zu fressen. Auch die Grannenkiefern mussten hart kämpfen, um nicht gefressen zu werden. Also ließ die Herrin die meisten großen Fleischfresser aussterben und schuf ein Gleichgewicht in der Natur. Tief in ihrem Herzen hatte sie bereits einen Plan, wie sie all das Böse vernichten würde, wenn seine Zeit gekommen war. Gleichzeitig gab sie den Tieren einen Instinkt, der ihnen Angst davor gab, Geschöpfe mit einer Seele anzugreifen.
Nun schuf sie Elben. Unsterblich schöne Geschöpfe mit magischen Kräften und unerschütterlichem Frieden in ihren Herzen. Im Delta eines Flusses erwachten die Elben und blickten zuerst zu den Sternen. Dann wandten sie ihren Blick dem Wald zu. Sterne, das Meer und Bäume sind seitdem ihre tiefsten Sehnsüchte. So schwammen sie an Land und ihre Lippen formten langsam die ersten Töne und diese formten langsam und unbeholfen das erste Lied. Lange bevor sie das Bedürfnis hatten zu sprechen, sangen sie Lieder im Wald am Meer unter den Sternen und waren glücklich.
Jeder Geist, der sie sah, betrachtete diese neue Spezies mit Entzücken. Umso größer war Anubis Neid, und er schwor von ganzem Herzen, diese neuen Geschöpfe, wenn er sie schon nicht schaffen konnte, wenigstens zu zerstören. Er hatte bereits entdeckt, dass die Scheinleiber seiner Geister fruchtbar waren und sie mit verschiedenen Tieren gekreuzt. Seeschlangen, Drachen, Trolle und Werwölfe waren nur einige der Gräuelwesen, die er so gezüchtet hatte. Nun konnte er kaum erwarten zu sehen, was er aus den Elben schaffen konnte.
So entführte er viele und lies sie vergewaltigen. Nach viel Hexenkunst und zahlreichen Versuchen entstand schließlich eine Spezies, die ihm voll ergeben war. Die Yrch waren geboren. Kleine buckelige Sklaven, voller Durst nach Blut, deren einzige Freude das Leid anderer war. Sofort begann Anubis eine Armee in den Tiefen der Erde zu züchten. Innerhalb weniger Jahre vermehrten sich die Yrch so stark, dass sie bald die ganze Unterwelt für sich beanspruchen konnten.
Um sie zu versorgen, brauchte er lebendiges Fleisch. Also jagte er die Elben bis sie gezwungen, waren Boote zu bauen und zu fliehen. Als die Grannenkiefern das sahen, waren sie schockiert. Die Reste von Anubis Lügen lebten noch in ihren Herzen und nun sah es so aus, als seien die Elben wirklich für alle Bäume gefährlich.
Doch als die Geister das sahen, bekämpften sie Anubis und töteten den größten Teil seiner Bestien. Ihn selbst aber nahmen sie gefangen und legten ihn für fünf Zeiten in Ketten. Danach gaben sie ihm eine zweite Chance. Anubis spielte Reue und versprach, sich zu bessern und die Geister glaubten ihm, denn noch war die Liebe zu ihrem Bruder nicht erkaltet. So glaubten sie das, was sie am liebsten geglaubt hätten, denn außer der Herrin besaß niemand unbegrenzte Weisheit. Sie hingegen ließ es zu, denn sie wollte die Elben prüfen.
Die Herrin hatte den Elben inzwischen eine neue Heimat geschenkt. Zwölf große Inseln genannt Manata und zahllose kleine. Dort lebten sie in Häusern aus grünem Marmor, ritten Schmetterlinge oder bauten ganze Dörfer auf Schildkröten. Zu jener Zeit herrschte Friede und die wenigen Wachposten auf den einsamen Inseln zogen fast alle ab.
Als die Zeit verging, wurden die meisten Giganten zu Stein, denn durch Anubis schlechten Einfluss hatten sie oftmals ganze Landstriche verwüstet. Die Herrin ersetzte sie durch andere Tiere und setzte der Zeit der Giganten ein Ende.
Währenddessen kam Anubis frei und erschien im Land der Elben. Er bot ihnen Wissen und sie nahmen dankbar an. Mit seiner Hilfe züchteten sie Kristalle aus Licht und bauten Paläste auf den Wolken, während er ihnen ähnliche Lügen wie den Bäumen erzählte.
Bald schlugen die Lügen wurzeln und die Elben begannen, sich gegenseitig zu misstrauen.
Die großen Klans, die ganze Zeitalter lang friedlich zusammengelebt hatten, begannen plötzlich ihr Land einzuzäunen. Zuerst, um ihr Eigentum zu markieren, dann, um einander auszusperren. Erst mit höflichen Bitten, dann mit Befehlen. Ununterbrochen hatten sie Angst, dass die anderen etwas stahlen. Bald verließ niemand mehr das Land seiner Familie.
Eines Tages fand Apoll seinen Vater Hermagedon in der Schmiede. Sein Vater war der erste aller Schmiede und er brachte diese Kunst zur Perfektion. Alles, was er herstellte, blieb bis zum Ende der Welt eine Legende. Wann immer sich Apoll später an diesen Tag erinnerte, hätte er die ganze Welt gegeben, ihn ungeschehen zu machen. Als Apoll zufrieden fragte, ob es seine neue Pflugschar sei, antwortete sein Vater mit einem bitteren Grinsen: „Das ist etwas ganz neues, mein Sohn.“ Und er tauchte das Metall in Wasser und begann es zu schärfen, „Das wird ein besonderes Messer. Möge es jeden töten, der uns Schaden will!“ und er nannte seine Erfindung „Schwert“.
Anubis erzählte den anderen Klans davon und bald hatten alle Schwerter. Als Hermagedon das hörte, lief er in panischer Angst und blinder Wut zu den Obersten seines Klans und überredete sie, die anderen anzugreifen, bevor sie ihnen militärisch gewachsen waren. Mit ganzem Herzen wollte er erst sie töten und dann den, der ihn verraten hatte.
So fingen die Sartinjera den großen Mord an und 200 Jahre lang töteten die Elben einander.
Nach der großen Schlacht von Kischuri wanderte Apoll allein über das Schlachtfeld. Völlig entsetzt schritt er über die Leichen, die die Ebene bedeckten. Im Tod vereint lagen Freund und Feind zusammen im Staub und starrten mit blicklosen Augen ins Nichts. Dicke Tränen rannen über Apolls Wangen und gaben den Toten die letzte Ehre.
Unbemerkt trat Hermagedon an ihn ran und fragte: „Warum weinst du?“
„Vater, siehst du denn nicht? So lange Zeit waren sie unsere Brüder. Wir haben so viel Freude und Leid geteilt. Siehst du nicht selbst, wie harmlos sie aussehen? Ich würde die ganze Welt geben, um ihnen zu sagen, wie Leid mir das tut.“
Da wurde Hermagedon wütend und befahl: „Hör mit diesem Unsinn auf. Ich hab uns in den Sieg geführt.“
Apoll sah ihm tief in die Augen und fragte: „Das nennst du Sieg?“
„Ich bin immer noch dein General“, brüllte sein Vater vor Wut, „Wirst du jetzt auch zum Verräter?“
„Töte mich, wenn du willst“, schnaubte sein Sohn, „Doch meine Meinung kannst du nicht töten. Was ich dir gesagt habe, werden dir bald alle sagen.“
Hermagedon enthauptete seinen Sohn im Affekt. Doch als der leblose Körper des Kindes, das er auf seinem Schoß großgezogen hatte, nun vor ihm lag, begann er bitter zu weinen bis er sein Herz verhärtete und es als notwendigen Teil seines Kriegs ansah.
Nun waren die Elben so müde vom Kampf, dass ein dünner Friede einkehrte. Und obwohl der Krieg offiziell noch andauerte, setzten alle ihre Hoffnung auf diesen Frieden, außer Hermagedon, der nach wie vor nach dem Verräter suchte.
Inzwischen hatte Anubis mit seiner Flotte die äußersten Inseln erreicht.
Das Dorf auf der ersten Insel war inzwischen auf zwei Wächter zusammengeschmolzen, die geduldig auf ihre Ablösung warteten. Tag für Tag starrten die beiden aufs Meer und träumten von ihren Lieben. Die einzige Abwechslung war der monatliche Bote mit Lebensmitteln und Briefen. An einem der Tage, wo alle Geschichten erzählt waren, starrte Manja gelangweilt aufs Meer, als er plötzlich Segel sah. Zuerst dachte er, seine müde Fantasie würde ihm einen Streich spielen, doch als er sich ganz sicher war, holte er seinen Kameraden Lellivan und befahlen der Insel, auf die Schiffe zu zuschwimmen.
Schläfrig regte sie ihren langen Hals und begann sich langsam auf die Schiffe zu zubewegen. Diese wichen zwar aus doch die Insel hielt mit. Schließlich merkte Anubis, dass es keine Möglichkeit gab auszuweichen, und befahl, auf die Insel zuzuhalten.
Mittlerweile erblickten die beiden Soldaten die Formen der Ruderer unter den Planen. Sie hatten bereits von den Bestien der Unterwelt gehört. Doch nun sahen sie mit eigenen Augen Yrch, Trolle, Drachen, Irrlichter und noch viele andere Kreaturen aus Feuer, Erde und Stein, denen die Elben nie einen Namen gegeben hatten.
Die Segel waren zwar klein, doch die Flotte bedeckte bereits den Horizont. Tief in ihren Herzen spürten Lellivan und Manja, dass dies eine Falle war.
Sofort riefen sie ihrer Insel einen neuen Befehl zu. Tschitschi schwamm eine so scharfe Kurve, dass alle Gegenstände im Turm von den Regalen fielen.
Anubis sah dies und begriff alles. Sofort befahl er, dass die Langboote volle Segel setzten sollten. Wie Pfeile schossen hunderte schneller Jäger zwischen den Transportern hervor. Hunderte schwer bewaffnete Yrch standen bereit neben den Ruderbänken.
Als die Elben das sahen, befahlen sie ihrer Insel zu galoppieren.
Nun schickte Anubis seine Sklaven an die Ruder und ließ jeden Fetzen Leinwand setzten. Seine Schiffe sahen unter den geblähten Segeln aus wie mächtige Bäume, unter deren Krone der Stamm nur wie ein Stumpf wirkt.
Tschitschis Nüstern blähten sich und der Wachturm bebte unter ihrem gewaltigen Atem. Schweiß rann über ihre Haut, während sich ihr Mund mit Schaum füllte. Ihre Brust schnitt das Meer wie ein Messer, doch die Schiffe blieben keinen Schritt zurück. Die Wächter spornten ihre Insel an, wie sie nur konnten, obwohl sie wussten, dass Tschitschi sterben würde, wenn sie in diesem Tempo bis zum Festland schwimmen würde. So sahen sie ihre geliebte Insel bereits als erstes Opfer eines Krieges. Ein Opfer, das viele Leben retten würde.
Die Peitschen knallten gnadenlos auf die Rücken der Ruderer, während Anubis immer neue Befehle schrie. Noch blieben die Schiffe keinen Schritt zurück, holten aber auch nicht auf.
Plötzlich flaute der Wind ab. Alle Segel leerten sich langsam und die Schiffe fielen sofort zurück. Die Geister, denen die Herrin die Luft und das Wasser anvertraut hatte, ließen nicht zu, dass Anubis Wind oder Strömungen schuf, um schneller voranzukommen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu beobachten, wie Tschitschi langsam zu einem Punkt am Horizont wurde.
Die beiden Elben wagten kaum erleichtert zu sein. Immer noch hatten sie Angst, dass der Wind plötzlich zurückkehren könnte. Sobald das Festland in Sicht kam, würden sie Tschitschi erlauben, das Tempo zu drosseln. Davor mussten sie einen möglichst großen Vorsprung gewinnen. Jede gewonnene Sekunde würde Dutzende Leben retten.
Da verließ Anubis das Diesseits und schritt dort, wo Raum und Zeit aufhören, mit einem einzigen Sprung zur Insel.
Sofort tauchte er wieder auf und setzte seinen Fuß auf den Nacken des Tiers. Tschitschi fiel sofort in einen traumlosen Schlaf. Starr vor Entsetzen starrten die beiden Soldaten ihren Feind an.
„Hättet ihr nicht umgedreht, dann hätte ich euch getötet“, begann Anubis mit einem spöttischen Grinsen, „Doch nun sollt ihr schlafen, bis alle, die ihr liebt, tot sind und meine Yrch einen Fuß auf dieses Land gesetzt haben. Dann werdet ihr den Tod suchen, doch er wird vor euch fliehen.“
So verließ Anubis eine Insel, die nun wie ein kahler Fels aussah, und genoss seine Rache. Zufrieden ließ er seine Leute noch grausamer auspeitschen, denn er konnte es kaum erwarten, das Festland zu erreichen. Selbst wenn die Ruderer an Erschöpfung sterben würden, so hatte er noch immer mehr als genug Soldaten. Nun holten die Transporter auf und die Jäger nahmen ihre alten Plätze ein.
Zu dieser Zeit hatte die Stadt Laodizea Antalija, einen Elben der ersten Generation, zu ihrem König gewählt. Seine Stadt Laodizea hatte sich weitgehend aus den Kriegen herausgehalten. Sein einziger Beitrag war gewesen, alle Pässe in den Bergen um seine Stadt zuzuschütten und sich vollständig zu isolieren, während woanders Krieg herrschte.
So lebten die Elben dort zufrieden von den Früchten ihres Tals. Natürlich wurden auch hier für alle Fälle ein paar Soldaten ausgebildet. So herrschte hier tiefer Friede. Wie alle Könige der alten Zeit war Antalija weitsichtig und wusste viel von der Zukunft. So ahnte er eigentlich, dass die Stunde seiner Stadt bald geschlagen hat, doch sein Herz war zu stolz auf die Stadt, die er gebaut hatte, und er schlug alle Warnungen in den Wind.
So kam es, das am Tag der Ernte, wo alle Elben zusammen feierten, Anubis mit seinen Truppen landete. Überrascht schritten gepanzerte Yrch und Trolle durch die leeren Gassen, bis sie alles Volk auf dem Marktplatz versammelt fanden. Sofort griffen sie die tanzende und schmausende Menge an. In heller Panik liefen die unbewaffneten Leute auseinander und versuchten, ihre Häuser zu erreichen, doch die Bestien hatten den Platz bereits eingekreist.
Kleophalas, der 15-jährige Sohn des Generals, beobachtete alles vom Dach eines benachbarten Hauses. Man hatte ihn in den Palast geschickt, um mehr Wein für den König zu holen.
Dann hatte er einen großen Lärm auf dem Marktplatz gehört und hatte sich vorsichtig ein Bild von der Lage verschafft.
Sein Herz schien in seiner Brust zu zerreißen, als er sah, wie die Bestien seine Eltern und Geschwister töteten und alles vernichteten. Nach kurzem Blutvergießen entstand ein neues Bankett auf dem Marktplatz: die Yrch und Trolle, die sich über die Leichen hermachten.
Wie in einem Traum rannte Kleophalas zurück in den Palast, nahm die Waffen seines Vaters und verschwand in der Dunkelheit. Keiner wusste später, wie er es geschafft hatte die Berge zu überwinden. Doch Monate später streifte er allein durch die Wildnis und weinte im Dunkeln. Er war schon davor ein guter Jäger gewesen. Somit konnte er problemlos überleben, während ihn seine Einsamkeit langsam zernagte.
So kam er in die Wälder von Chiana, eine wilde und unwirtliche Gegend. Ein Elbenvolk hatte sich in diesen Wälder verschanzt und schoss voller Panik auf alles Fremde. Sie hatten das Leben in den Wäldern schon immer den Städten vorgezogen. Nun hatten sie sich in die dunkelsten Winkel zurückgezogen und hofften, den Krieg zu überdauern.
So fand der Hauptheermeister Agamemnon eines Tages Spuren eines Feuers. Sofort sah er sich um und stieß bald auf kaum erkennbare Spuren von kletternden Händen. Also bestieg er den Baum und fand in einer Astgabel einen schlafenden Jungen. Ein völlig verwahrlostes friedlich schlummerndes Geschöpf, höchstens 17 Jahre alt.
Schnell zog Agamemnon seinen Dolch und holte aus. Doch dann blieb seine Hand stehen. Seine Augen betrachteten das schmutzige Gesicht und die Brust, die sich unter dem zerlumpten Hemd langsam hob und senkte. Plötzlich rührte sich das Kind und sah ihm in die Augen. Unbeschreibliche Müdigkeit und Trauer standen in seinem Blick.
„Bist du gekommen um mich zu töten?“ fragte der Junge schließlich.
Agamemnon nickte unschlüssig.
„Dann sing mir zuerst das alte Lied vom Meer unterm Sternenschein und dann tu, was immer du willst…“
Voller Mitleid steckte der alte Soldat seinen Dolch weg, stieg in die Astgabel und setzte sich neben Kleophalas. Erwartungsvoll sah dieser ihm in die Augen.
„Du wirst nicht singen?“ fragte er nach einer Zeit.
„Nein“, meinte Agamemnon und streckte seine Hand aus.
„Was hätte ich darum gegeben, noch einmal die Lieder zu hören, die meine Eltern gesungen haben“, murmelte der Junge.
„Das wirst du noch, und zwar an einem warmen Feuer bei einer Schüssel Brotsuppe. Wie klingt das?“, schmunzelte der Soldat.
„Viel besser als ein Dolch zwischen die Rippen. Doch wenn der Tod zu mir kommt, werde ich ihn willkommen heißen, denn er wird mich zu meinen Lieben bringen“, seufzte Kleophalas und streckte seine Hand aus.
Mit einer Mischung aus Hoffnung und Gleichgültigkeit folgte er Agamemnon. Dieser konnte kaum glauben, wie sehr dieses Kind bereits mit dem Leben abgeschlossen hatte. In seinem Herzen überlegte er bereits, wie er seinem König erklären sollte, dass er seinen strikten Befehl missachtet hatte. Doch bei jedem Blick, den er auf Kleophalas warf, wurde Agamemnons Entschluss stärker.
Agamemnon nahm sich Zeit, zum König zu gehen. Nur für den Fall, der König würde das Leben dieses Kindes fordern, wollte er Kleophalas erst mal noch ein heißes Bad, saubere Kleider und eine gute Mahlzeit zukommen lassen. Was auch immer das Schicksal dieses Jungen war, er sollte noch einmal glücklich sein.
Schließlich wurde der König ungeduldig und trat selbst in Agamemnons Zelt. Dort fand er seinen General am Tisch mit einen gierig essenden Kind. Der Junge schlang Brotsuppe in sich hinein, als hätte er Angst, dass sie ihm weggenommen wird. Begeisterung funkelte in seinen Augen. „Siehst du, es gibt noch sehr viel Schönes im Leben“, sagte im Agamemnon gerührt. In diesem Moment sah er den König am Zelteingang und sprang mechanisch auf. Auch Kleophalas stand auf, doch der General brachte in sanft wieder zum Sitzen, versprach bald wieder bei ihm zu sein.
Er trat zu seinem König, der immer noch neugierig auf den Jungen sah.
„Du hast meinen Befehl missachtet…“ begann der König genervt.
„Majestät, ich hielt es für klüger ihn gefangen zu nehmen.
Bedenkt doch, er ist fast noch ein Kind. Als ich ihn töten wollte hat er nur gewollt, dass ich singe. Als letzten Wunsch.
Er hat sich nicht mal gewehrt.“
Vollkommen irritiert sah der König nun auf das genüsslich essende Kind. Pelikles den Großen hatte man ihn genannt, doch seit sein Sohn in der zweiten Schlacht von Spalttal gefallen war, hatten sich Panik und Verbitterung in ihm breit gemacht. Nun schien es dem König, dass sein Sohn vor ihm saß. Wie in einem Traum wäre er am liebsten nach vorne gestürzt, um den Jungen an seine Brust zu drücken, und blieb doch wie erstarrt stehen, als hätte er Angst, dass der Junge sich in Luft auflösen würde, bevor man ihn berührte.
„Wie heißt du?“, fragte Pelikles nach einer langen Pause.
„Kleophalas, Sohn des Mellendor, des General von Laodizea, “ antwortete das Kind.
„Dann berichte, was dich hierher führt.“
Ohne zu zögern begann Kleophalas zu erzählen. Alter Schmerz trieb ihm fast die Tränen in die Augen, während er es genoss, seinen Frust endlich teilen zu können. Schweigend hörten der König und sein General den Bericht an, während langsam tiefe Sympathie in ihren Herzen keimte.
So nahm Pelikles Kleophalas als seinen persönlichen Gefangenen, behandelte ihn aber wie seinen Sohn. Sowohl er als auch seine Frau waren entzückt über den Jungen, der sie an ihr einziges Kind erinnerte.
Gleichzeitig dachte der König darüber nach, wie er den anderen Königen die Informationen über das Heer von Anubis schicken konnte. Er ahnte, dass alle Streitigkeiten der Elben sofort vergessen wären und auch, dass keiner der Könige Anubis alleine besiegen konnte. So sandte er Boten aus und stellte sich schon den gemeinsamen Sieg und eine lange Ära des Friedens vor.
Inzwischen hatte Anubis Heer die Ebene von Kischuri erreicht, wo Hermagedon als einziger Überlebender verbittert über die Leichen schritt. Die Yrch erkannten sofort, dass er ein hoher Offizier war, und nahmen Hermagedon gefangen.
Er war so vor Wut verblendet, dass er Anubis Treue schwor, wenn dieser ihm nur sagen konnte, wer ihn verraten hatte.
So erklärte er sich bereit, bei Nacht das Tor zur Burg seines Klans zu öffnen. Anubis Bestien drangen ein und töteten alle, bevor irgendwer etwas merken konnte. Schließlich blieb nur noch Hermagedon übrig, der sicher war, das der Verräter tot war.
So ging er zu Anubis und stellte ihm die Frage, die sein Herz solange vergiftet hatte. Statt einer Antwort brach der Vater der Lüge in ein schadenfrohes Gelächter aus. Hermagedon gefror bei diesem Anblick das Blut in den Adern, doch er wusste, dass es kein Zurück mehr gab. In seinem Herzen lebte noch das schlechte Gewissen über die vielen Toten, doch er redete sich ein, dass wenigstens sein Verräter tot war.
„Sicher kann ich dir sagen, wer den anderen Klans vom Schwert erzählt hat, sodass sie plötzlich alle bewaffnet waren wie dein Volk…“ meinte Anubis höhnisch grinsend, „Ich war es, denn Krieg ist sehr unterhaltsam.“
Dann warf er Hermagedon seinen Bestien zum Fraß vor und sie zerfleischten ihn bei lebendigem Leib. Er hatte sein Versprechen gehalten.
Noch viele Tausend Jahre später stand in allen Büchern folgender Nachruf: Hermagedon, stolzer Sohn des Sartinjera Klans, König aller Schmiede. Er war geboren, um Großes zu tun – im Guten oder im Bösen – letzteres geschah…
An anderer Stelle hatten sich bereits die Könige aller Klans versammelt. Sofort hatten sie erkannt, dass sie diese Gefahr nur gemeinsam besiegen konnten. Alle waren bereit, Frieden zu schließen, nur der stolze Arminian und sein Erzfeind Borgolo blieben unversöhnlich. Beide hatten sich schon vor dem Krieg schlecht vertragen und hatten dann im Kampf ihre ganze Wut an einander ausgelassen. Zahllose Vorfälle lagen wie ein unüberwindbarer Graben zwischen ihnen. Zwar wollten sie in ihrem Herzen den Frieden, doch keiner war bereit zu vergeben.
So verlangte Borgolo, dass Arminian mit seinen Beratern einen Becher der Schande als Bekenntnis ihrer kollektiven Schuld austrank. Er wollte seinen Feind erniedrigen und keiner der anderen Könige konnte ihn davon abbringen. Eine solche Forderung war noch nie an einen König gestellt worden. Arminian wollte ihn nur trinken, wenn Borgolo zuerst, trank woraus eine heftige Diskussion entbrannte.
Doch Arminians Sohn Mailar trat hervor und erklärte sich bereit, den Becher zu trinken. Sofort herrschte Stille im Saal, während Mailar sich die Zutaten bringen ließ und vor allen Augen die Weihe sprach:
„Essig für die Bitterkeit im Herzen, Schnee für die Kälte zwischen uns, Zwiebeln für die Tränen beider Völker, Pfeffer für den Schmerz, Asche für den Tod,…“ Schließlich hielt er den Becher in die Höhe und verkündete, „Schuldig sind wir bis zum letzten Mann. Grauen haben wir vollbracht, für das es keine Rechtfertigung gibt. Fluch und Schande komme über mich und mein Volk, bis wir Vergebung finden.“
Den anderen blieb fast der Mund offen stehen als sie sahen, wie Mailar das Gebräu austrank. Doch als er zur Hälfte fertig war, sprang Borgolos Tochter auf und bat um den Rest. So stellten sich die Kinder unter die Schuld ihrer Völker und schlossen Frieden.
Als der Becher leer war, standen alle Könige auf und verbeugten sich vor den beiden. So wurden Mailar und die Prinzessin später immer Beglian und Mirugian genannt, was Demut und Weisheit heißt.
In diesem Moment kam der Bote der Herrin wie ein Stern in die Versammlung geflogen. Alle baten um Vergebung für ihre Schuld und erhielten sie. Erst dann wurde der Entschluss der Herrin verkündet.
„Hört her, was die spricht die über den Geistern thront und die Welt in ihrer Hand hält“, begann der Geist mit einer Stimme wie das Meer, „Flieht dieses Land und blickt euch nicht um! Zu viel Blut wurde hier vergossen und zu viele Bestien haben es betreten. Kehrt zurück in eure alte Heimat und rüstet euch. Denn bald kommt ein letzter Krieg, doch ihr werdet siegen.“
So bauten die Elben Schiffe und verschwanden übers Meer, wie sie gekommen waren, während Anubis seine Sklaven vermehrte. Ein Heer von nie gesehener Größe wollte er aufstellen. Ständig kreuzte er seine Dämonen mit allen Tieren, die er noch nie gesehen hatte, und ließ viel seiner Kraft in jedes neue Ungeheuer fließen. Die Höhlen, in denen er sich versteckt hielt, hätten die Elben niemals einnehmen können. So stellte er selbstsicher nur wenige Wachen in der Umgebung auf und widmete sich ganz seinen Plänen. Durch seine Dämonen hatte er bereits vor seiner Ankunft alles Wichtige über das Land erfahren.
So konnte er es kaum erwarten, die Gesichter der Elben zu sehen, wenn er sie am vorgesehenen Tag mit einem kleinen Heer angriff. Dieses würden sie besiegen und verfolgen, bis sie in die Schlucht kamen, wo sein halbes Hauptheer lag. Ein zweites würde dann aus dem Gebüsch hervorkommen und den Eingang verschließen. Wenn es dann noch irgendwo Elben gab, die nicht an der Schlacht teilgenommen hatten, würde er ihre Städte untergraben.
Er platzte fast vor Freude darüber, wie er ihnen zeigen würde, dass sie ihm ausgeliefert waren. Doch bis dahin wollte er absolut sicher sein, dass sein Heer stark genug war, und nahm sich vor, doppelt so viele Bestien wie nötig zu züchten.
In diesem Moment fing die Erde an zu beben. Die Herrin selbst stürzte die Fundamente Manatas. Vor Furcht brüllend zertrampelten Anubis Sklaven einander, während die Höhlendecke anfing, auf sie zu stürzen. Viele schafften sich mit ihren Klauen und Waffen freie Bahn. Doch als sie oben ankamen, konnten sie nur die Wellen sehen, die auf sie zukamen und viele Meter über ihren Köpfen zusammenschlugen.
Anubis Körper ertrank unter großen Qualen und er floh als nackter Geist zurück in das erste Land. Dort schuf er sich in der Unterwelt zuerst einen neuen Leib und begann dann die wenigen Monster zu zählen, die ihm geblieben waren.
Die Wellen aber verliehen den Schiffen der Elben Flügel und warfen sie innerhalb weniger Wochen an Land.
Inzwischen zog sich Anubis in die Unterwelt zurück und überprüfte die Schäden. Durch den Handel mit ihm hatten die Elben einen Fluch über die Welt gelegt. Nun manifestierte der Vater der Lüge diesen Fluch in einem Fetisch, den er im Herzen der Welt platzierte. Sehr viel seiner Macht goss er hinein, sodass niemand den Fluch bändigen konnte ohne zu sterben.
Hieraus würde er für immer Macht über die Welt schöpfen.
Währenddessen kamen die Elben in ihrer alten Heimat an und bauten sich Blockhäuser und bestellten Felder. Als die Grannenkiefern sahen, wie die Elben Holz hackten, entbrannte wilde Wut in ihren Herzen.
Obwohl sie eigentlich wussten, dass die Elben niemals Bäume mit Seelen töten würden, fingen sie an, sich bedroht zu fühlen. So übertönten ihre Gefühle die Fakten und sie glaubten nicht länger an das, was sie wussten. Stattdessen brachten sie sogar ihren Vater dazu, mit ihnen Angriffspläne zu schmieden.
Also zogen die Bäume zum Wald von Salem im Land Varionar. Dort hatte Pelikles Volk eine neue Heimat gefunden. Sie lebten in Baumhäusern und fürchteten kein Übel. Die Königin hatte ihm eine Tochter geschenkt. Nun waren Kleophalas und die Prinzessin Medea beide fast hundert Jahre alt, sodass der Altersunterschied von 18-Jahren keine Rolle mehr spielte, und das Königspaar davon träumte, ihr angenommenes und ihr leibliches Kind miteinander zu verheiraten.
Eines Tages ritt die Königin mit ihren Freunden durch die Wälder, als plötzlich die Grannenkiefern zwischen den Bäumen hervortraten und sie angriffen. Die unbewaffnete Schar war den trampelnden Bäumen völlig ausgeliefert. Als Pelikles aus der Ferne den Kampf hörte, sammelte er sofort so viele Krieger, wie er auf die Schnelle finden konnte, und ritt seiner Frau zur Hilfe. Doch als sie ankamen, war die Königin bereits tot.
Sofort ritt er einem mächtigen Baum entgegen, der gerade einer Hofdame nachstellte. Mit voller Wucht hieb er sein Schwert in das Bein und es blieb im Holz stecken. Doch da hob der Baum sein Bein und traf ihn mit voller Wucht. Seine Krieger hieben auf die Bäume ein oder kletterten hoch, doch keiner konnte sie verletzen. Die Grannenkiefern schüttelten sie ab und fühlten sich unverwundbar.
So befahl Agamemnon, die Pfeile in Brand zu stecken. Noch nie hatte man Lebewesen mit Brandpfeilen bekämpft. Nun erschraken die Bäume, denn ihre Nadeln fingen schnell Feuer und es gab keinen Fluss, um sich zu löschen. Zuerst verzehnfachte der Schmerz die blinde Wut, mit der die Bäume die Elben schlugen. Doch als die ersten starben, weil das Feuer anfing, ihnen gefährlich zu werden, gebot der Vater der Bäume Einhalt. Sofort flohen die Bäume und die Elben stoben auseinander, um nicht zertrampelt zu werden.
Kleophalas zog das Schwert des Königs aus dem brennenden Holz des toten Baums und ging zu Pelikles, um es mit ihm zu begraben. Da hustete der König und streckte seine Hand aus. Sofort kam die Prinzessin zu beiden gerannt und versuchte, ihrem Vater zu helfen.
Doch Pelikles schüttelte den Kopf und sprach: „Mein Körper ist vollständig zermalmt. Niemand kann mich retten…“ Da rief er seine Hauptleute und sprach: „Dies ist Kleophalas, mein Sohn, denn so und nicht anders sollt ihr ihn behandeln. Er ist jetzt euer König. Möge er bessere Zeiten sehen.“
So grüßte Pelikles seine Freunde und segnete Kleophalas und Medea. Dann verband er ihre Hände und setzte Kleophalas die Krone auf den Kopf und gab ihm sein Schwert. So starb König Pelikles. Seine Leute trotteten betrübt zurück und trugen zahllose Leichen. Keiner gab sich Mühe, seine Trauer zu verbergen.
So begruben sie König und Königin zusammen und schlossen ihre Stadt mit einer Palisade ein. Auf Elben würden sie nie wieder schießen, doch allen anderen Kreaturen wollten sie nicht vertrauen.
Die Bäume löschten sich in einem See und zogen sich dann in die Berge zurück, um sich in aller Ruhe zu beraten. Als sie gerade diskutierten, ob und wie sie die Elben am besten wieder angreifen sollten, fuhr der Bote der Herrin wie ein Blitz vom Himmel herab. Er trug eine goldene Rüstung und in jeder seiner vier Hände war ein brennendes Schwert.
„So spricht die Herrin, “ sprach er mit einer Stimme wie ein Donner, „Ich habe euch Zeit zur Umkehr gegeben. Ihr alle kanntet meinen Willen und habt nichtsdestotrotz anders gelebt. Jetzt habt ihr Blut vergossen. Drum lege ich einen Fluch auf euch. Ich habe zwei neue Lichter für den Himmel gemacht: ein weißes, das zu und abnimmt, ich nenne es Mond, und ein blaues, das alle 1000 Jahre wiederkehrt, dass ich Komet nennen werde. Nun sollt ihr solange schlafen und wie Pflanzen leben, bis sich ein voller Mond mit dem Kometen den Himmel teilt.“
Dann verschwand der Bote und beide Lichter gingen auf. Die Monster schüttelten sich vor Wut, als sie es sahen. Die Bäume aber schlugen immer noch alle Warnungen in den Wind, statt um Gnade zu bitten. So erstarrten sie, als beide Lichter verschwunden waren.
Inzwischen hatte Medea Kleophalas sieben Söhne und zwei Töchter geboren. Beglain und Mirugian lebten damals in Salem. Auch sie hatten geheiratet. Mirugian trug ihre zweite Tochter, während Medea mit ihrem jüngsten Sohn schwanger war. So kam es, dass während die Mütter plauderten und sich nach dem Kind der anderen ausstreckten, auch die Kinder ihre Geister zueinander streckten. Als es den Frauen auffiel, waren sie erst erstaunt, doch dann begannen sie zu wetten, ob die beiden eines Tages nicht heiraten würden.
Ein Band war entstanden und so blieben Adriel und seine Freundin Lauriel während ihrer ganzen Kindheit unzertrennlich.
Es herrschte tiefer Friede, doch König Zikidja wurde misstrauisch und baute im Stillen eine Stadt auf dem Gipfel des Berges Minora im Schattengebirge. Sie selbst lag wie ein Adlernest umgeben von Abgründen über den Wolken. Der einzige Weg hoch war ein schmaler Grat. Die Stadt hingegen war durch einen doppelten Ring aus weißen Mauern gesichert und hatte ausreichend Brunnen. Ihre Bauern aber fingen Ballonknollen ein, die in den Wolken wuchsen, und züchteten sie. Diese Pflanzen saugten mit ihren zottigen Wurzeln die Feuchtigkeit auf und schwebten mithilfe ihrer aufgeblasenen Blätter. So banden sie Setzlinge an Schnüre und ließen sie durch die Wolken treiben, bis die Zeit der Ernte kam und sie sie sich nur noch heranziehen mussten.
Doch dann rückte Anubis mit einem Heer aus Trollen aus der Unterwelt hervor. Nahezu unverwundbaren Geschöpfen aus Stein. Sofort zogen die Elben von Salem und Sardes ihnen entgegen. Auf der Ebene von Baschan trafen sie auf einander. Borgolos Sohn Tirian überredete Kleophalas und Beglain ihm das Kommando zu überlassen.
Sofort erkannte er, dass die Trolle eine starke Übermacht waren, und formierte sein Heer in Halbkreisform. Als die Armeen brüllend aufeinander losliefen und der Kampf begann, wichen die Elben in der Mitte zurück, so dass sich der Halbkreis umstülpte. Nun rückten die Elben auf den Seiten nach und klemmten die Trolle ein. Die Elben drückten ihre Feinde so stark zusammen, dass diese kaum ihre Arme heben konnten.
Als Anubis sah, dass die Elben seine Krieger in einem V eingesperrt hatten und dabei waren, sie ohne große Mühe zu besiegen, befahl er seinem zweiten Heer hinter dem Hügel hervorzukommen, ebenfalls ein V zu bilden und sich um die Elben zu legen. Nun waren diese selbst von beiden Seiten durch Trolle eingeklemmt. Von innen und außen drückten Anubis Truppen zu sie zusammen und keiner glaubte mehr, mit dem Leben davonzukommen.
Da wurden plötzlich die Sterne im Osten blass und erloschen in einem blassen Grau. Dieses wurde langsam zu Rot und dann betrat ein neues Gestirn den Himmel. Eine Scheibe aus Feuer verjagte die Schatten in die Löcher und tauchte den Himmel in tiefes Blau.
Einen Moment lang starrten alle gebannt auf dieses neue Wunder und als sie ihre Blicke senkten, waren alle Trolle zu Stein erstarrt.
Wütend floh der Herr des Übels zurück in die Unterwelt. Keine seiner Kreaturen würde dieses neue Licht ertragen können.
Während die Sonne zum ersten Mal aufging, erwachten im Landesinneren die Menschen. Neugierig untersuchten sie zuerst ihre Umgebung und machten sich dann auf die Suche nach Essen. Bald wurden sie von Yrch angegriffen, die sofort feststellten, dass diese neue Lebensform deutlich nährreicher und schmackhafter war als Elben. Anubis aber frohlockte, denn diese Wesen waren von Natur aus leicht verderblich.
Als die Elben die Menschen sahen, versteckten sie sich. Dieses barbarische Volk aus Jägern und Sammlern weckte ihr Misstrauen. Doch als die Yrch eine Gruppe von Menschen verfolgten, flohen sie in ein Tal am Fuße des Minora. Da bekam Zikidja Mitleid und schickte ihnen Boten mit Essen und Kleidern. Die Menschen hielten die Elben zuerst für übernatürliche Mächte und wollten sie anbeten. Aber als man ihnen alles erklärt hatte, verstanden sie schnell und traten dankbar in Zikidjas Dienst.
Da fingen auch andere Elbenfürsten an, sich mit Menschen anzufreunden. Sie lehrten sie, wie man Häuser baut und Äcker bestellt. Auch brachten sie den Menschen Gesang und Poesie bei. Doch die meisten erlaubten diesen neuen Geschöpfen nicht, in ihren Städten zu wohnen, sondern siedelten sie an ihren Grenzen an.
Mit der Zeit sah Zikidja, wie sein Freund, Bora der Vasall, immer älter wurde. Doch er hielt es für nichts bedrohliches, bis er eines Tages ankam und seine Familie trauerte. Sofort entbrannte Wut im Herzen des Elbenkönigs und er schwor, seinen treuen Diener zu rächen. Er fragte, wessen Schuld dieser Tod war.
Da lachte sein Sohn bitter uns antwortete: „Mein Vater war doch schon 96.“
„Und ich bin seit 250 Jahren König hier. Was tut die Zeit zur Sache?“, entgegnete Zikidja verwirrt.
Es brauchte eine ganze Weile bis die Menschen ihm erklärten, dass sie von ganz alleine starben. Viel dachten die Elben nun über dieses sonderbare Schicksal nach und wussten nie, ob sie die Menschen dafür bemitleiden oder beneiden sollten.
Inzwischen hatte Anubis festgestellt, dass von allen seinen Sklaven Drachen am besten mit der Sonne auskamen. Sie selbst waren Geschöpfte des Feuers und so konnte ihnen dieses neue Feuer am Himmel nichts anhaben.
So suchte er sich einen frischgeschlüpften Drachen und fütterte ihn eigenhändig mit lebendigem Fleisch. Sehr große Macht steckte er in diese Bestie, bis sie keinen Platz mehr in seiner Höhle hatte. Dann schickte er sie aus in die Welt, um zu verwüsten wo sie nur konnte.
Wie ein Feuersturm brach die Echse über die Dörfer in der Steppe herein. Die Menschen flohen in alle Richtungen und die meisten holte der Drache ein und fraß sich satt. Doch einer der Menschen schoss im Fliehen einen Pfeil und traf den Drachen tödlich. Dafür gab ihm der Häuptling seine Tochter zur Frau und er wurde König der überlebenden Dörfer. So ging er in alle Lieder als Gog der Bogenschütze ein.
Dreizehn Tage später regte sich plötzlich wieder Leben im Drachen und er flog zu den Dörfern und vernichtete sie völlig. Danach zog er weiter und brachte allen Verderben, die er traf. Deshalb nannten ihn die Menschen Kronk, was Verhängnis bedeutet.
Währenddessen hatte sich Beleg, der Häuptling von Zikidjas Vasallen, in dessen Tochter Mandu verliebt. Doch statt zu akzeptieren, dass sie kein Interesse an ihm hatte und das ihr Vater eine Ehe mit einem Sterblichen niemals gutheißen würde, erwachte in Beleg ein habgieriges Verlangen, sie um jeden Preis zu besitzen.
So wanderte er einmal alleine durch die umliegenden Berge und wurde von Yrch gefangen genommen. Als er vor Anubis stand, schwor er ihm, alles für ihn zu tun, wenn er ihm nur die Prinzessin schenken würde.
Er erklärte Anubis gründlich, auf welchen Felsen die hohe Stadt stand und wie sie befestigt war. Dieser ließ Beleg frei und schickte sofort ein ganzes Heer von Bestien, die den Felsen aushöhlten. In einer stürmischen Nacht stürzten die Mauern ein und zahllose Yrch kamen aus den Löchern hervor. Sofort töteten sie jeden, den sie fanden. Der Regen auf den Straßen vermischte sich mit Blut und Donner empörten sich über das Unheil. Viele wurden von den Felsen geweht, doch immer neue Yrch drangen in die Stadt.
Der König begriff, dass alles verloren war, und befahl seinen Männern, bis zum letzten Mann zu kämpfen, damit sich die wenigen retten konnten, die das Glück hatten, direkt neben dem Grat zu wohnen. In diesem Moment sprang Beleg aus den Reihen und erstach Zikidja von hinten.
Prinzessin Mandu hatte alles mitangesehen und begriff sofort. Ihre Mutter stand mit dem jüngsten Sohn auf dem Rücken am Ausgang der Stadt und rief ihre Tochter. Doch Mandu rührte sich nicht vom Fleckt. Sie stand am Abgrund und sah, wie Beleg mit dem Schwert in der Hand auf sie zukam. Hinter ihm fielen die letzten Elben.
„Ist das der Dank, dafür das mein Vater dich und deine Leute aufnahm? Ist das der Dank dafür, dass er dich wie sein eigenes Kind aufzog?“, schrie sie ihm durch den Sturm entgegen.
„Ich tat es aus Liebe zu dir!“, brüllte dieser, doch Mandu schnaubte nur verächtlich.
Dann sang sie ein Lied, wie es die Welt noch nie gehört hatte. Wut, Schmerz und Rache vereinten sich zu einem einzigen wilden Verlangen. Plötzlich begann der Berggipfel zu bröckeln, bis nur noch ein schmaler Pfad am Abgrund übrigblieb. Wie ein Irrer schritt Beleg immer weiter auf das Mädchen zu, dass wie ein Rachengel vor ihm stand und die Elemente beschwor. Als er sie schon fast anfassen konnte, schlug ein Blitz in den Boden vor seinen Füßen. Da brachen die Steine unter ihn in tausend Trümmer und er stürzte schreiend in die Tiefe.
Immer noch singend ging Mandu nun zu ihrer Mutter und sie holten die anderen auf dem Grat ein. Mandus Gesang ließ noch viele Blitze hinter ihnen in den Grat schlagen, sodass er völlig unpassierbar wurde.
Viele Pässe überquerten die Elben nun in den weglosen Bergen. Immer wieder griffen kleine Scharen von Menschen oder Ungeheuern die Flüchtlinge an und die Elben gönnten sich kaum Ruhe. Bald kamen sie an den Fluss Marit und folgten seinem Lauf, bis sie in einen sumpfigen Fjord voller Schilf kamen. Hier versteckten sich die Elben und gönnten sich genug Zeit, um ihre Lieben zu betrauern. So saßen sie sieben Tage und schwiegen. Am achten Tag begannen sie, aus dem Schilf Matten zu flechten und diese zu Hütten zusammenzustecken. Nur wenige Männer hatten überlebt, sodass es nur wenige gab, die Bäume fällen oder jagen konnten.
So bauten sie aus Lehm, Schilfmatten und Holz ein großes Haus auf einer Insel im Moor. In der Mitte wurde gekocht und nachts schliefen alle zusammen im Stroh und deckten sich mit ihren Mänteln zu. Die Königin kochte Essen und die Prinzessin sammelte mit den Höflingen Pilze, Wurzeln und Knollen. Minister und einfache Leute hackten zusammen Feuerholz und stellten Jagdfallen. Die, die einst in goldbestickten Kleidern an der Tafel des Königs speisten, hatten nun keine Zeit zu klagen und nahmen schweigsam ihr Schicksal hin.
So wuchs Prinz Liamar im Sumpf auf und lernte von klein auf das Überleben. Obwohl ihm nie viel Zeit zum Spielen blieb, bekam er alle Liebe, die sich ein Kind nur wünschen konnte, und war glücklich. Als das Leben besser wurde und man ihm ein eigenes Bett anbot, wollte er es gar nicht annehmen, denn er empfand es als Strafe, sich nicht länger an seine Mutter und seine Schwester kuscheln zu können. Doch als er 15 war, musste er einsehen, dass er nun definitiv zu alt war, um mit Frauen im selben Bett zu schlafen ohne, dass man es als Schande ansah.
Immer wieder überfielen Räuber die kleine Stadt der Elben, doch das waren sie mittlerweile gewohnt. Jeder Mann und jede Frau hatte in der Not gelernt, zu jagen und sich zu verteidigen. Zwar kam niemand an die Häuser heran, doch die Felder lagen ungeschützt im Tal.
Später heiratete Liamar Firima, die Tochter von Kleophalas. Zwar munkelten manche, dass es kein guter Einfall war, weil sie 20 Jahre älter war als er, doch in einem unsterblichen Leben würde sich so etwas schnell verwachsen.
Währenddessen griff Kronk überraschend Sardres an. König Borgolo fiel mit vielen Kriegern, denn nun prallten Pfeile und Speere an der Haut des Drachen ab. So zerstörte er alle Häuser und fraß erstmal alle Leichen auf. Dann kroch er in die Schatzkammer. Der Anblick von Gold und Juwelen verschlug ihm den Atem. Dann stürzte er sich gierig auf den Schatz und schlang in großen Zügen herunter. Als der Drache fertig war, fühlte er sich schwer und müde und legte sich in der nun leeren Ruine hin.
So fand ihn Tirian, als er mit seinen Freunden von der Jagd zurückkam. Er hatte seine neu erfundene Waffe, eine Armbrust, auf der Jagd ausprobiert, hatte aber festgestellt, dass sie trotz ihrer unglaublichen Durchschlagskraft unbrauchbar war. Das Nachladen dauerte einfach zu lange.
Nun fand er in den Trümmern den schlafenden Drachen, dessen Körper sich von der vielen Nahrung auf das dreifache seiner normalen Größe gedehnt hatte. Sofort lud er nach und schlich sich vorsichtig an den Kopf der tief schlafenden Echse. Vorsichtig streckte er sich aus, setzte die Waffe an die Schläfe des Ungeheuers und drückte ab. Kronk war sofort tot.
Dann rannte er raus und suchte mit seinen Freunden in den Trümmern nach Überlebenden. Leider hatte der Drache nur eine Handvoll Leute übersehen. Mit denen floh Tirian nun zu Liamar in die Sümpfe und wurde sein Vasall.
Sofort stach ihm Liamars Schwester Mandu ins Auge und ein Jahr später heirateten die beiden und bekamen eine Tochter, die sie Ithiel nannten. Liamar und Firima aber bekamen vier Kinder.
Mit der Zeit hatte Anubis ein starkes Yrchheer gezüchtet. Mit viel seiner Kraft brachte er die Berge dazu, Feuer zu speien. So verbrannten etliche Dörfer in der noch wenig bewohnten Welt und eine Aschewolke wurde in die Luft geblasen. Leichte kleine Kiesel regneten aus der Wolke und bedeckten den Boden in der Nähe der Berge. Doch die Winde trieben die Wolke in gewaltige Höhen, während die Berge immer weiter Asche spien.
Als Kleophalas in der Ferne die Wolke sah, die das Sonnenlicht verdunkelte, verstand er sofort, was geschehen war. Er sandte Boten zu Liamar und dieser schickte ihm alle verfügbaren Männer zu den Wäldern von Salem. Nur die wenigsten blieben zurück, um die Schilfstadt gegen Räuber zu verteidigen. Einige Frauen, die heilen konnten, reisten ebenfalls mit. Darunter Mandu und ihre Tochter Ithiel.
Als sie ankamen, kämpfte Kleophalas bereits in der Steppe. Er war dem Heer entgegengeritten, um es von den Frauen und Kindern im Wald wegzulocken. Als Tirian das sah, formierte er seine Reiter in Keilform und sie stürzten sich im Galopp von einer Anhöhe. Voller Wucht brachen sie in die offene Flanke der Yrch ein. Diese waren so irritiert, dass die Reiter bereits über etliche Reihen hinweggeritten und sie niedergetrampelt hatten, bevor die Hauptleute es sahen und ihrem Heer einen Gegenangriff befahlen.
Durch die Kämpfe an der Flanke wurde das Heer gestreckt und Kleophalas konnte sich mit seinen Männern vorarbeiten.
Kiesel regneten von oben aus der Wolke, die das Sonnenlicht fraß.
Doch plötzlich griffen die Misk, das Menschenvolk, das mit Kleophalas kämpfte, sein Heer an. Anubis, der Herr der Übel, hatte ihren König bestochen. Nun wurde der Elbenkönig von zwei Seiten bedrängt. Tirian ließ sofort von dem schmelzenden Yrchheer ab und stürmte in die Reihen der Menschen. Doch einer der Krieger stieß einen Speer von unten unter seinen Bauchpanzer, bevor der Elb schaffte, ihn niederzureiten.
Sofort schafften ihn seine Hauptleute in den Wald und führten den Angriff selbst weiter. Als man Tirian die Rüstung auszog, sah man, dass die Speerspitze seine Innereien vom Bauchnabel bis zur Brust durchtrennt hatte. Er gab noch röchelnd seiner Frau und seiner Tochter den letzten Segen, küsste beide und sank dann tot zusammen.
Entgeistert starrten Mandu und Ithiel die Leiche an. Für einen Moment schien die Welt um sie zu schweigen, doch dann kehrten der Gesang der Vögel, die Schritte der Heiler und der ferne Lärm der Stadt zurück.
„Wer wird das Heer nun führen?“, fragte Ithiel schließlich.
In der Ebene brach die Wucht der Elben ab und die Misk drängten sie zurück, während Kleophalas weiterhin an zwei Fronten kämpfte. Alle hatten bereits bemerkt, dass Tirian fort war. So war ihr Kampfgeist stark gesunken, was den Menschen deutlich half.
„Narren waren wir und Narren bleiben wir…“ murmelte der Hauptmann hinter ihr, „Wir haben keinerlei Vorkehrungen für diesen Fall getroffen. Niemand führt nun unser Heer, es sei denn, Kleophalas kommt frei und erteilt uns Befehle. Doch er gerät immer mehr in Bedrängnis… Alle unsere Schlachtpläne wurden ohnehin zerstört, als diese Verräter uns angriffen. Nun haben wir weder Plan noch Anführer… Vielleicht ist es besser, wenn die Frauen und Kinder fliehen.
„Nein, Meister Bucalpa“, schrie Ithiel voller Wut, „Dieses Ende ist der Elben nicht würdig.“ Schmerz, Trauer und Empörung vermischten sich in ihr zu Wut. Ihr ganzes Wesen schrie nach Rache. Ohne zu zögern zog sie das Kettenhemd ihres Vaters an. Es war der einzige Teil seiner Rüstung, der ihr passte. Sofort schnallte sie sich seinen Gürtel und sein Schwert um und nahm seinen Schild und den Speer.
„Werdet ihr mir folgen, Meister?“, fragte sie schließlich den völlig irritierten Soldaten.
„Überleg es dir Kind…“, meinte ihre Mutter entsetzt.
„Das habe ich bereits. Wenn das unser Ende ist, dann soll es ein Ende sein, an das die Völker denken werden.“
Ithiel rannte zum Pferd ihres Vaters und sprang auf. Meister Bucalpa war ihr dicht auf den Fersen und befahl der Garde, die daneben stand, mit dem Mädchen zu gehen. Sofort galoppierten sie in die Schlacht und Ithiel drängte sich wie durch eine stumme Absprache an die Spitze ihres Zuges.
Dabei sang sie aus vollem Hals ein blutiges Lied über Rache. Ihre Entschlossenheit gab den Männern wieder Mut und sie warfen sich mit neuer Kraft den Menschen entgegen. Die Verräter aber trauten ihren Augen kaum, als die Elben voller Wucht erneut in ihre Reihen eindrangen. An ihrer Spitze ritt ein 18-Jähriges Mädchen mit wehenden schwarzen Haaren und einer Fahne am Speer. Ihre Augen funkelten wild und ihr Mund sang ein grausames Lied. Blankes Entsetzten überkam die Misk, denn Ithiel wurde in ihren Augen zu einer Rachegöttin.
Das Lied des Mädchens hatte solche Kraft, dass es die Aschewolken zerriss und die Sonne etliche Strahlen hinunterschickte. Sofort verloren die Yrch den Kopf. Winselnd gingen sie vom Angriff in blinde Panik über. So töteten sie sich größtenteils selbst, weil sie sich bei der Flucht im Weg standen.
Sobald die Yrch besiegt waren, wurden die Misk ohne große Probleme vertrieben, und man jagte sie mit ihren Frauen, Kindern und ihrem Vieh in die Wildnis.
Als die Schlacht vorüber war, begannen erste Stimmen den Sieg zu besingen, während andere um ihre toten Freunde trauerten. Asche und graue Kiesel hatten das Grasland und die Leichen zentimeterdick bedeckt. Nur hier und da stachen rote Blutflecken aus der grauen Landschaft.
Deshalb wurde diese Schlacht die Schlacht vom Grauen Stein genannt.
Nach wenigen Tagen Erholung zogen alle überlebenden Soldaten von Liamar und ihre Heiler zurück zu ihrem König in die Schilfstadt. Die kamen nur schleppend voran, denn die Pferde waren erschöpft und es gab viele Verwundete.
Als sie in den Sümpfen ankamen, waren von der Stadt nur noch rauchende Ruinen übrig.
Die Misk waren nach ihrer Vertreibung nach Norden gezogen. Dort kamen sie in den Fjord des Marit und fanden die Stadt im Moor. Das fruchtbare Tal stach ihnen sofort ins Auge, doch Elben wollten sie nie wieder sehen. So kämpften sie sich durch den Schlamm und griffen die Stadt von allen Seiten gleichzeitig an. Die Menschen hatten immer noch ein großes Heer und so war die Stadt, in der sich fast nur Frauen und Kinder aufhielten, eine leichte Beute. So blieb Liamar nichts anderes übrig, als mit den seinen über die Berge zu fliehen.
Doch das Tal brachte den Menschen kein Glück, denn Kronk kam bald aus dem Süden hergeflogen. Da seine Seele seinen Körper erst bei seinem endgültigen Tod verlassen würde, war er gestorben und zum Leben erwacht, ohne dass er es gemerkt hatte. Als er nach einem halben Jahr aus seinem tiefen Schlaf erwachte, war er so sehr gewachsen, dass er die Schatzkammer bis zum letzten Winkel ausfüllte. Das störte ihn wenig, denn sobald er sich streckte, zerbrach das Gebäude über ihm und er grub sich zufrieden aus den Trümmern heraus. Dadurch platzte seine alte nun viel zu enge Haut ab. Nachdem er sie ausgezogen hatte, stellte er fest, dass seine neue noch viel dicker war, und griff nun selbstbewusst jede Siedlung an, die er fand.
So fand er auch den Misk im Fjord. Doch statt sie zu töten, legte er sich quer in den Eingang, sodass die Leute zwischen ihm, zwei Felswänden und dem Meer eingesperrt waren. Dann fraß er sie lebendig. Zuerst die Soldaten und dann Frauen und Kinder. Zum Schluss stellte er fest, dass er einen Soldaten übersehen hatte, der die ganze Zeit hartnäckig versucht hatte, ihn zu töten. So hatte der Mensch sein Schwert stumpf geschlagen und nur eine Kerbe im Hals des Drachen hinterlassen. Doch das störte Kronk wenig und er schluckte den Menschen herunter.
Als nun Ithiel mit dem Heer ankam, war der Drache bereits fort. Sofort machten sie sich auf die Suche und fanden noch viele Gegenstände, die den Menschen gehört haben mussten, Spuren des Drachen und einige Schuppen seiner Haut. Zuerst dachten sie, dass ihr ganzes Volk tot war, doch dann fiel ihnen auf, dass kaum elbische Artefakte in den Resten der Lager waren. An den Verzierungen von Tongeschirr und Stoffen erkannten sie schnell, dass es die Misk gewesen waren. Sie wussten, dass die Menschen ihr Volk angegriffen haben mussten. Wären die Elben aber umgekommen oder in Gefangenschaft geraten, so würde ihr Besitz irgendwo bei dem Besitz der Menschen liegen, die der Drache getötet hätte. Keiner traute den Misk zu, ihr ganzes Beutegut zu vernichten, und selbst dann wären noch Dinge wie Tonscherben mit elbischen Mustern irgendwo zu finden.
So blieb die einzige Erklärung, dass ihr Volk mit seinen Sachen geflohen sein musste. Dass gab ihnen sofort neuen Mut und bald fanden sie ein paar elbische Schriftzeichen in einem Stein am Eingang eines Passes. So folgten sie der eingeritzten Himmelsrichtung, bis sie ein neues Zeichen fanden.
Mit jedem Schritt stieg ihr Mut, denn sie waren nun sicher, dass ihre Lieben noch am Leben waren. So marschierten sie Tag und Nacht, denn sie wollten ihr Volk um jeden Preis einholen.
Das Torfmoor um sie herum wurde zu mit grünlichen Flechten bewachsenen Steinen. Ihr Weg führte sie immer höher, bis sie schließlich auf dem Gipfel eines Berges einen Gletscher fanden, der ein ganzes Tal füllte. Neuer Schnee bedeckte ihn mit einer schimmernden Decke, aus der nur eine Moräne aus Kieseln in der Mitte herausstach.
Das Heer war noch ganz verzaubert von dieser kalten, toten Schönheit, als plötzlich das Wetter umschlug. Ein Schneesturm kroch den benachbarten Berg hoch und plötzlich wurde alles weiß. Frierend drückten sich die Soldaten so eng aneinander, wie sie nur konnten, und ließen immer wieder die draußen stehenden rein während die inneren heraustraten. Mit der Zeit kam die Nacht und alles wurde dunkelgrau.
Da sah ein Rekrut plötzlich ein Licht in der Ferne. Sofort setzte sich das Heer in Bewegung und kämpfte sich mühsam durch den Sturm. Tiefe Risse gähnten im Eis und sie mussten aufpassen, dass sie nicht hineinfielen. In einem flachen Riss saßen zwei elbische Wachen am Feuer. Sofort schrien die vorderen Soldaten vor Freude, denn sie hatten ihr Volk wiedergefunden. Die Wachen führten die Armee tief in das Eis. In den Gängen der weiß schimmernden runden Höhle hatte sich Liamar mit seinem Volk verschanzt. Weil die Wände die Wärme reflektierten, wurde der Ort bald gemütlich, und als die Sonne aufging, drang ihr Licht blau durch Wände und Decke zu den Elben. Darum nannten sie den Ort Blaue Grotte und sie wurde ihre neue Heimat.
Inzwischen streiften weiterhin unzählbare Scharen von Yrch und Biestern aller Art durch die Wildnis. Keiner traute sich mehr nachts vor die Tür. Oft drangen die Ungeheuer auch durch Keller oder Brunnen in die Städte ein oder traten Türen ein, um in Häuser zu gelangen.
Anubis hatte viele Wesen aus Feuer gezüchtet, die man nur töten konnte, indem man mit ihnen verbrannte, und zahllose Geschöpfe aus Stein, die nur sehr schwer zu töten waren. Drachen mit vielen Köpfen stürzten sich von oben auf die Festungen, und wenn sie auswuchsen wurde ihr Panzer zu dick für die meisten Waffen.
Viele Menschen flohen zu den Elben und sie verschanzten sich gemeinsam in Wäldern und Hochtälern oder bauten Städte in Seen. Andere aber begannen, Anubis Essen und Sklaven als Tribut zu liefern, und hofften auf Anteile an seiner Macht. So schlichen sie auch zu den Elben, gewannen ihr Vertrauen und verrieten viele Königreiche.
Da kam die Herrin selbst mit ihren Geistern. Sie sammelten alle Elben und ihre Freunde auf und griffen Anubis an. Dieser selbst sorgte dafür, dass seine Bestien an der Seite seiner menschlichen Sklaven kämpften, statt diese zu verspeisen. Auch seine Dämonen rüsteten sich zum Kampf.
Dass Heer der Herrin brannte und alle Geister erstrahlten in einem Licht, dass die Bestien ausreißen ließ, bis Anubis sie mit ganzer Kraft verhexte.
Tausend Schlachten wurden geschlagen. Gebirge wurden zertrümmert, Küsten weggespült, Steppen gefaltet und Flüsse versiegt.
Der Drache Kronk warf sich auf das Heer, doch ein Krieger stach in die Kerbe und tötete ihn.
Zum Schluss drangen die Geister in Anubis dunkle Festung ein und schlugen seinem Gewand aus Fleisch alle Gliedmaßen ab und verbannten ihn in die Dunkelheit hinter der Welt.
Doch die Herrin wusste, dass Anubis Macht über die Welt hatte, solange ihre Schuld nicht gesühnt war und der Fluch lebte. So bestimmte die Herrin, dass er zurückkommen sollte, um endgültig besiegt zu werden.