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"Sophie Loves Fähigkeit, bei ihren Lesern Magie zu bewirken, zeigt sich in ihrem höchst inspirierenden Ausdruck und den lebendigen Beschreibungen…FÜR JETZT UND FÜR IMMER ist der perfekte Liebes- oder Strandroman, der sich von anderen abhebt: seine mitreißende Begeisterung und die wunderschönen Beschreibungen machen deutlich, wie komplex die Liebe und auch die Gedanken der Menschen sein können. Dieses Buch ist perfekt geeignet für Leser, die nach einem Liebesroman mit Tiefgang suchen." --Midwest Book Review (Diane Donovan über Für jetzt und für immer) "Ein sehr gut geschriebener Roman, in dem es um die inneren Kämpfe geht, die eine Frau durchstehen muss, um ihr wahres Ich zu finden. Der Autorin gelang die Ausarbeitung der Charaktere und die Beschreibung der Handlung wunderbar. Romantik ist zwar Teil der Geschichte, doch sie ist nicht erdrückend. Ein Lob an die Autorin für diesen wunderbaren Auftakt einer Reihe, die verspricht, äußerst unterhaltsam zu werden." --Books and Movies Reviews, Roberto Mattos (über Für jetzt und Für immer) ITALIENISCHE NÄCHTE (DIE LIEBE AUF REISEN – BUCH 2) ist der zweite Band einer Serie von Bestseller-Autorin Sophie Love. Keira Swanson, 28, kehrt nach New York zurück, noch immer wie berauscht von ihrer Irlandreise und schwer verliebt in Shane. Aber durch ein überraschendes Ereignis kann es mit ihrer Beziehung schnell wieder vorbei sein. Bei der Zeitschrift, für die sie schreibt, ist sie ein Star und bekommt erneut einen traumhaften Auftrag: eine Reise nach Italien. In 30 Tagen soll sie herausfinden, was das italienische Geheimnis der Liebe ist. Von ihrem Irland-Trip sehr verwöhnt, sieht Keira ihre Erwartungen an Italien schnell zerstört. Nichts läuft anfangs so, wie geplant. Auf ihrer Rundreise durch Italien, von Neapel bis zur Küste von Amalfi, von Capri bis Rom, von Verona bis Venedig und Florenz, stellt Keira in Frage, ob die Italiener überhaupt das Geheimnis der Liebe kennen.
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Seitenzahl: 296
Veröffentlichungsjahr: 2017
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ITALIENISCHE NÄCHTE
Sophie Love
#1 Bestseller-Autorin Sophie Love ist die Schöpferin der romantischen Comedy-Reihe, DIE PENSION IN SUNSET HARBOR, die bisher aus 3 Bänden besteht, weitere sind in Arbeit. Band 1 ist unter dem Titel FÜR JETZT UND FÜR IMMER (DIE PENSION IN SUNSET HARBOR – BUCH 1).
Sophie Love ist außerdem die Autorin einer neuen humorvollen Romance-Reihe, DIE LIEBE AUF REISEN, die mit DAS FESTIVAL DER LIEBE (DIE LIEBE AUF REISEN – BUCH 1) beginnt.
Sophie würde sehr gern von Dir hören, also besuche sie doch auf ihrer Webseite: http://www.sophieloveauthor.com/
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BÜCHER VON SOPHIE LOVE
DIE PENSION IN SUNSET HARBOR
FÜR JETZT UND FÜR IMMER (BUCH #1)
FÜR IMMER UND EWIG (BUCH #2)
FÜR IMMER MIT DIR (BUCH #3)
DIE LIEBE AUF REISEN
DAS FESTIVAL DER LIEBE (BUCH #1)
Inhalt
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREIßIG
Keira erwachte auf Bryns unbequemer Couch mit einem schmerzenden Nacken und eiskalten Füßen. Die Temperaturen in New York fielen immer tiefer, der Herbst lag bereits in der Luft. Und trotz der unbequemen Couch und der Kälte, war Keira allerbester Laune beim Erwachen.
Heute, am 22. Oktober, würde Keira in die Redaktion des Viatorum-Magazins zurückkehren, aber zu einem besseren Job, mit erheblich mehr Geld. Sie freute sich darauf, Nina wiederzusehen, ihre Freundin und Lektorin im Verlag. Noch mehr freute sie sich darauf, endlich wieder zu schreiben, denn das war ihre große Leidenschaft. Zwar wusste sie noch nicht, worin ihr nächster Auftrag bestehen würde, aber sie ging davon aus, dass er nicht halb so aufregend sein würde, wie der letzte, der sie für einen ganzen Monat nach Irland geführt hatte.
Elliot würde ihr bestimmt etwas weniger Umfangreiches geben, aber das war okay für sie. Sie hatte bisher nämlich kaum Zeit gefunden, sich in New York wieder einzuleben und mit ihren Freunden und mit ihrer Mutter auf den neuesten Stand zu kommen. Außerdem würde Shane in einer Woche zu Besuch kommen und darüber freute sich Keira weit mehr als über eine exklusive Story.
Ihre ältere Schwester Bryn kam ins Wohnzimmer geeilt, die Haare wild auf dem Kopf, auf einem Bein hüpfend, weil der zweite Schuh fehlte.
„Ich bin spät dran“, stammelte Bryn. „Warum hast du mich nicht geweckt?“
Keira sah auf die Uhr.
„Weil es erst sieben ist. Du hast noch eine Stunde Zeit.“ Sie lachte über ihre zerstreute Schwester.
Bryn hielt inne und starrte angestrengt auf die Uhr. „Oh, stimmt.“ Sie zog sich den einen Schuh wieder aus und setzte sich zu Keira auf die Couch. „Ich war fest davon überzeugt, ich käme mit dem Leben besser klar, wenn ich erst einmal dreißig bin.“
Keira grinste. „Wohl kaum.“
Beide Swanson-Schwestern hatten es wahrlich nicht eilig, erwachsen zu werden.
Bryn beugte sich zu ihr und stupste sie in die Seite. „Also, der erste Tag zurück auf der Arbeit nach der Pause. Wie fühlst du dich?“
„Sehr gut. Es wird sicher eine völlig andere Stimmung herrschen ohne Joshua, der allen bloß die Laune verdirbt. Vor allem freue ich mich darauf, Nina wiederzusehen. Und natürlich bin ich sehr neugierig, was Elliot als nächstes für mich geplant hat.“
„Wird das wieder eine Reise nach Übersee?“, fragte Bryn.
„Das möchte ich bezweifeln. Andererseits hätte ich gegen viel Sonne nichts einzuwenden.“ Keira lachte und blickte aus dem Fenster in die trüben Wolken. New York im Oktober.
„Und ein eigenes Bett“, scherzte Bryn und klopfte auf das Polster der Couch.
„Ach ja, das. Also, du weißt, dass ich hier nicht ewig pennen will. Es dauert nur einfach länger als ich gedacht hatte, eine passende Wohnung zu finden. Und ich brauche den Abschlag zurück, den ich für die Wohnung mit Zach hinterlegt hatte, ohne den geht es nicht. Du weißt ja, wie zögerlich er ist.“
„Kein Problem“, sagte Bryn und winkte ab. „Bleib so lange es nötig ist. Aber erspare mir jeglichen Kommentar über die Männer, die ich mit nach Hause bringe.“ Sie schaute Keira finster an. „Mir sind deine vorwurfsvollen Blicke nicht entgangen.“
Keira lachte. „Ich meine eben, dass du mit diesen ätzenden Typen deine Zeit verschwendest, einfach nur deshalb, weil du nicht glauben willst, dass du wunderschön bist.“
Bryn rollte mit den Augen. „Das reicht jetzt. Also, wieso denkst du, dass du nicht wieder nach Übersee geschickt wirst?“
„Keine Ahnung.“ Keira zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich, weil es den anderen Autoren gegenüber nicht fair wäre. Es sähe nach Bevorzugung aus.“
„Vergiss nicht, dass du auf der Karriereleiter nach oben geklettert bist. Bevorzugung klingt nach Schule. Aber hier geht es ums Geschäft. Wenn du besser bist als die anderen, dann bist du eben besser. Nimm es einfach hin.“
Keira teilte die Zuversicht ihrer Schwester nicht. Sie wand sich ein wenig voller Unbehagen. „Nun, selbst wenn es so ein Auftrag wäre, könnte ich die Reise gar nicht antreten.“ Sie dachte an Shane und lächelte verträumt. „Ich habe ja Pläne hier.“
„Ach ja.“ Bryn schmunzelte. „Der Freund. Wann wird er ankommen?“
Keira rief sich Shanes wunderbares Gesicht in Erinnerung, mit dem Drei-Tage-Bart auf dem energischen Kinn und diesen wundervollen irischen blauen Augen. Zahllose Erinnerungen strömten auf sie ein, von dem Monat, in dem sie sich ineinander verliebt hatten.
„In einer Woche“, sagte sie, noch immer verträumt. Sie dachte an das Gefühl seiner Lippen auf ihren, die Berührung seiner Finger auf ihrer Haut. „Das erinnert mich daran, dass ich ihn anrufen sollte.“
In Irland, wo Shane lebte, war es gleich schon Mitternacht. Es blieb ihr also nicht mehr viel Zeit, mit ihm zu sprechen, bevor er ins Bett ging. Dann würde sie eine Ewigkeit von acht Stunden ohne ihn ertragen müssen, weil er dann schlief. Keine Nachrichten, keine spöttischen SMS oder witzige Kommentare. Diese acht Stunden waren schier unerträglich, so sehr sehnte sie sich nach ihm.
„Rufst du ihn jeden Morgen an?“, fragte Bryn erstaunt.
Keira entging der verächtliche Unterton in der Stimme ihrer Schwester nicht. Sie war überzeugte Single-Frau mit ständig wechselnden Verabredungen. Das machte sie misstrauisch allen Menschen gegenüber, die behaupteten, sie hätten die wahre Liebe gefunden.
„Jap. Da schnarchst du meistens noch, daher ist dir das bisher nicht aufgefallen.“
„Ich finde das irgendwie ungesund. Du bist jetzt schon viel zu abhängig von ihm.“
Keira rollte mit den Augen und stand auf. Bryn war eine absolute Besserwisserin und gleichzeitig ein wahrlich schlechtes Vorbild. Wenn sie es doch nur sehen könnte, was sie und Shane verband, dann würde sie das nicht mehr so vorschnell verurteilen.
Keira nahm ihr Handy mit ins Bad, denn nur da war sie ungestört. Bryns Wohnung war ansonsten sehr hellhörig. Sie wählte Shanes Nummer. Sofort war ihr Körper von Erregung erfüllt, während sie dem Freizeichen lauschte und sich darauf freute, Shanes wunderbare Stimme wieder zu hören. Sie konnte es kaum erwarten, ihm alles zu erzählen, was sie für seinen Besuch geplant hatte. New Yorks Sehenswürdigkeiten, von der Fressmeile über Spaziergänge am Fluss entlang, die Museen, die Parks und jede Menge Kunstgalerien. Sie hatte einen sehr engen Zeitplan erstellt und sie wusste, dass Shane sich darauf freute, sich alles von ihr zeigen zu lassen.
Endlich nahm Shane am anderen Ende ab. Aber anstatt seine übliche fröhliche Stimme zu hören, klang er irgendwie angespannt. Normalerweise begrüßte er sie mit irgendeinem albernen Spitznamen, aber heute nannte er sie einfach bei ihrem Namen.
„Keira, hey“, sagte er müde, als habe er einen furchtbar schlechten Tag gehabt.
Keiras Hochgefühl fiel umgehend in sich zusammen. Im Hintergrund hörte sie Geräusche, Gespräche, klingelnde Telefone.
„Was ist passiert?“, fragte sie und spürte Panik in sich aufkommen. „Wo bist du?“
„Im Krankenhaus.“
„Oh mein Gott! Warum?“ Keiras Herz raste, sie malte sich sofort die schlimmsten Szenarien aus. „Bist du verletzt? Oder krank?“
„Nein, es geht nicht um mich“, sagte Shane. „Mir geht es gut. Es ist mein Vater.“
Keira erinnerte sich gut an Calum Lawder. Er war einer der nettesten, süßesten Menschen, die sie je die Ehre hatte kennengelernt zu haben. Der Gedanke, dass es ihm schlecht gehen könnte, war niederschmetternd.
„Geht es ihm gut? Was ist denn mit ihm?“
Shane seufzte schwer. „Jetzt geht es ihm wieder besser. Er ist operiert worden.“
Keira lief es eiskalt den Rücken herunter. „Operiert?“
„Ich bin schon den ganzen Tag in der Notaufnahme. Er hatte einen Herzinfarkt. Sie mussten ihm einen Stent setzen. Es ist ein Wunder, dass er noch lebt. Wenn nicht zufällig heute Morgen ein Herzchirurg hier gewesen wäre, dann hätte er es nicht mehr geschafft.“
„Oh, Shane, das tut mir ja so leid.“ Keira spürte einen Kloß im Hals. Sie wünschte, sie könnte durch das Telefon hindurch greifen und Shane in den Arm nehmen, um ihn zu trösten. „Wie geht es deiner Mutter und deinen Schwestern?“
„Uns geht es allen gut. Wir stehen alle noch unter Schock, um ehrlich zu sein. Vor allem Hannah.“
Keira dachte an Shanes kleine Schwester, das 16-jährige Mädchen mit den goldenen Haaren. Sie hatte sich besonders gut mit ihr verstanden. „Armes Kind“, sagte sie. Auf einmal erschien es ihr ein unpassender Zeitpunkt, um über seine Reise nach New York zu reden. Alles, was sie sich an aufregenden Dingen vorgenommen hatten, war jetzt nicht wichtig, angesichts dessen, was Shane gerade durchmachte. „Wie geht es Calum denn jetzt?“
„Er ist wach und albert herum. Aber ich sehe doch, dass er nur so tut, als sei alles halb so schlimm, damit wir uns keine Sorgen machen.“
„Es tut mir so leid, Liebling. Ich wäre so gern bei dir, um dir beizustehen. Aber ich hebe mir all die Umarmungen für nächste Woche auf, wenn du herkommst.“
Am anderen Ende der Leitung schwieg Shane. Keira konnte nichts hören außer die klingelnden Telefone des Krankenhauses, das Piepen von Maschinen und von fern das Heulen von Sirenen, eben die übliche Geräuschkulisse eines Krankenhauses.
„Klingt ziemlich chaotisch im Hintergrund“, sagte sie, als Shane weiterhin schwieg.
„Keira“, fiel er ihr schließlich ins Wort.
Die Art, wie er ihren Namen sagte, gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie hatte die vage Vorahnung, dass Shane keine guten Neuigkeiten haben würde.
„Was?“, fragte sie und klang schon vorauseilend unglücklich.
„Ich werde die Reise absagen“, meinte Shane.
Keira konnte hören, dass ihn das auch ziemlich mitnahm.
„Wirklich?“ Ihre eigene Stimme war voller Schmerz.
„Es tut mir leid. Aber ich muss jetzt hier sein. Für meine Mutter und die Mädchen. Sie sind alle ganz aufgelöst. Ich käme mir wie ein Schuft vor, wenn ich nach New York abrausche und sie damit allein lasse.“
„Aber es ist noch eine Woche bis dahin“, widersprach Keira. „Vielleicht hat sich die Lage bis dahin entspannt? Calum wird wieder auf die Beine kommen. Und solange wärst du ja nicht weg. Nur eine Woche. Es ist ja nicht so, als würdest du einen ganzen Monat hier verbringen. Ein paar Tage werden sie sicher ohne dich zurechtkommen. Ich meine, sie kommen ja auch ohne dich aus, wenn du beim jährlichen Festival der Liebe in Lisdoonvarna arbeitest.“
Sie konnte nicht aufhören zu reden und klang schon ziemlich verzweifelt. Aber sie hatte sich so darauf gefreut, Shane wiederzusehen. Sie wollte ihm ihre Welt zeigen, so wie er ihr seine gezeigt hatte. Das Warten fiel ihr schwer, die Trennung war hart. Ganz abgesehen von den teuren Flugtickets, die sie gekauft hatte, den Veranstaltungen, die sie im Voraus gebucht hatte, die man zwar absagen konnte, aber das Geld nicht zurückbekam. Sie hätte den Bonus, den Elliot ihr gezahlt hatte, besser in eine neue Wohnung investiert, anstatt sich auf Bryns Couch den Rücken zu ruinieren. Konnte sie es sich überhaupt leisten, die Reise umzubuchen? Shane hatte nicht viel Geld und konnte nichts dazu beisteuern.
„Mein Vater wäre fast gestorben, Keira“, sagte Shane ganz direkt. „Das ist nicht dasselbe, wie ein Monat weg von zu Hause wegen des Festivals.“
„Das weiß ich doch“, gab sie schnell nach. „Ich wollte mich nicht selbstsüchtig anhören. Du fehlst mir einfach so sehr.“
„Du fehlst mir auch“, antwortete Shane und seufzte schwer.
Keira fühlte sich hundeelend. Aber sie wollte sich nicht so runterziehen lassen, denn es war ja nicht einmal ihr Angehöriger da in der Notaufnahme. Sie entschied sich, munterer zu erscheinen als sie sich fühlte.
„Ich schätze, da ist dann nichts zu machen“, sagte sie ruhig. „Lass uns lieber einen neuen Termin überlegen, damit die Tickets nicht komplett verfallen. Dann kann ich wenigstens wieder anfangen, die Tage zu zählen.“ Sie kicherte und bemühte sich, so zu tun, als wäre alles halb so schlimm.
Wieder antwortete Shane nicht. Keira hörte nur eine Krankenschwester, die irgendjemanden zu Dialyse geleitete.
„Shane?“ Sie hatte genug von der andauernden Stille.
Endlich antwortete er.
„Ich glaube nicht, dass ich einen neuen Termin ausmachen kann“, sagte er.
„Wegen deines Vaters? Shane, es wird ihm bald wieder besser gehen. Dann kümmert er sich wieder um die Farm. Ich wette, spätestens im November ist alles wieder wie vorher. Oder wir können auch bis Dezember warten, wenn dir das lieber ist. Das gibt ihm reichlich Zeit, sich gut zu erholen.“
„Keira“, unterbrach Shane.
Sie klappte den Mund zu. Sie musste sich zwingen, den Wortfluss zu beenden, der unweigerlich kommen würde, weil sie nicht hören wollte, was er ohne Frage gleich sagen würde.
„Ich werde nicht kommen“, sagte er. „Überhaupt nicht.“
Keiras Hände begannen zu zittern. Das Telefon fühlte sich kalt an in ihrer Hand, sie hatte das Gefühl, es entgleite ihr.
„Dann komme ich nach Irland“, sagte sie schwach. „Es macht mir nichts aus zu reisen, wenn du gerade nicht kannst. Ich liebe Irland. Ich kann dich besuchen kommen.“
„Das ist nicht, was ich meinte.“
Keira wusste, was er gemeint hatte, aber sie wollte es nicht wahrhaben. Sie wollte nicht, dass Shane gleich beim ersten Hindernis die Flinte ins Korn warf. Ihre Liebe war stärker als das, wichtiger. Etwas ganz Besonderes. Sie musste ihn einfach überzeugen, auch wenn das bedeutete, sich verzweifelt anzuhören oder, wie Bryn gesagt hatte, sich zu sehr von ihm abhängig zu machen.
Sie hörte, wie Shane tief durchatmete. „Ich werde auf der Farm gebraucht. Irland ist meine Heimat. Ich kann nirgendwo anders leben.“
„Niemand hat davon gesprochen, dass du umziehen sollst.“
„Aber das kommt sicher bald. Wenn unsere Beziehung dauerhaft Bestand haben soll, werden wir im selben Land leben müssen. Ich kann nicht zu dir ziehen. Und du würdest nicht hierher ziehen.“
„Ich könnte sehr wohl“, stammelte Keira. „Ganz bestimmt. Irgendwann.“
Sie dachte an das wunderschöne Land, in das sie sich verliebt hatte. Bestimmt konnte sie da leben, wenn es bedeutete, mit Shane zusammen zu sein.
„Auf der Farm?“
„Sicher.“
Das niedliche Farmhaus mit der wunderbaren Familie und all der Liebe hatte ihr sehr gefallen. Ihre eigene Familie war nur in Teilen vorhanden. Bryn war ständig beschäftigt, ihre Mutter lebte weit entfernt, ihr Vater spielte in ihrem Leben nicht die geringste Rolle. Wie sollte ihr die Familie, die Shane mitbrachte, nicht gefallen?
„Mit meiner Familie? Meinen Schwestern? Meinen Eltern?“, fragte Shane. „Und mit all den Schafen?“
Keira erinnerte sich, dass sie knietief in Schafmist gestanden hatte. Sie dachte an seine sechs Schwestern, die alle sehr nett waren, aber auch alle noch zu Hause lebten. Es wäre ziemlich eng. Nicht gerade das Leben, dass sie sich für sich vorgestellt hatte. Aber auf Bryns Couch zu schlafen, war auch nicht Teil ihrer Träume gewesen. Wenn sie es fertigbrachte mit ihrer eigenen Schwester zusammen zu wohnen, dann sicherlich erst recht mit Shanes sechs Schwestern. Und gehörte es nicht zum Leben dazu, dass man Hindernisse überwand? Sollte man nicht alles mal mitgemacht haben?
„Shane“, sagte Keira, bemüht, ruhig zu klingen. „Wir müssen das doch nicht hier und heute klären. Das Leben ändert sich. Wer weiß, eines Tages heiraten alle deine Schwestern und ziehen aus. Deine Eltern entscheiden sich vielleicht, die Farm zu verkaufen und mit einer Jacht um die Welt zu segeln. Du kannst die Zukunft nicht vorhersehen, also macht es auch keinen Sinn, sich heute schon darüber zu sorgen.“
„Bitte hör mir zu“, bat Shane. Er klang sehr mitgenommen. „Ich versuche es jetzt schon zu beenden, weil es später nur noch viel schmerzhafter würde.“
Das Wort 'beenden' hallte in Keiras Kopf wider, wie ein Hammer auf Stahl. Sie stöhnte auf. Der dicke Kloß im Hals wurde noch dicker.
Ihr wurde da zum ersten Mal bewusst, dass Shane sich schon entschieden hatte. Er würde nicht nachgeben. Was auch immer sie sagte, es würde nichts ändern.
„Tu das nicht“, sagte sie. Auf einmal kamen ihr die Tränen. Sie schluchzte laut und unkontrolliert, als ihr wirklich bewusst wurde, dass Shane nicht nachgeben würde. Er trennte sich gerade von ihr. Der Eine. Die Liebe ihres Lebens.
„Es tut mir leid“, sagte er und weinte ebenfalls. „Ich muss es tun. Bitte versteh das. Gäbe es diesen Ozean nicht zwischen uns, würde ich immer mit dir zusammen sein wollen, ich würde dich sogar heiraten wollen.“
„Sag das nicht!“, heulte Keira. „Du machst es doch nur noch schlimmer.“
Shane atmete laut aus. „Ich möchte aber, dass du weißt, wieviel du mir bedeutest, Keira. Du sollst nicht denken, ich hätte einfach nur kalte Füße gekriegt oder so etwas. Wären wir nicht in dieser Situation, sähe es alles ganz anders aus. Ich möchte das eigentlich nicht tun müssen. Nicht im Geringsten. Verstehst du das?“
„Ja“, antwortete Keira. Noch immer rannen ihr die Tränen über das Gesicht. Sie verstand es laut und deutlich. Der Mann ihrer Träume, der Mann, der sie liebte und sie zum Lachen brachte, gab sie einfach auf, weil die Lage etwas kompliziert war. Der Mann, in den sie sich in einem einzigen Monat unsterblich verliebt hatte, gab einfach an der ersten Hürde auf. Er würde keine Arbeit in ihre Beziehung investieren. Diese Gedanken kreisten in ihrem Kopf.
„Ich nehme an, dann heißt es jetzt lebe wohl?“, fragte sie kühl.
Shane musste ihren neuen Tonfall bemerkt haben. „Sei doch nicht so. Wir können in Kontakt bleiben. Wir können Freunde sein. Es gibt das Internet. Ich will dich nicht komplett aus meinem Leben herausschneiden.“
„Natürlich.“ Keira wurde das Herz schwer. Sie wusste, dass aus einstigen Liebesbeziehungen niemals platonische Freundschaften wurden, egal, wie sehr man sich bemühte. So lief das einfach nicht. Sobald es mit der Liebe aus war, war es vorbei, zumindest nach Keiras Erfahrung.
„Bist du sauer auf mich?“, fragte Shane. Er klang klein und zerbrechlich.
„Nein“, sagte Keira und es stimmte sogar. Shanes Gründe, es zu beenden, waren anständig. Er stellte seine Familie an die erste Stelle. Das war genau die Art von Partner, die sie sich wünschte, es wäre also ziemlich unfair, ihm das jetzt vorzuwerfen. „Ich denke, du solltest zu deiner Familie zurückkehren. Nimm sie einmal für mich in den Arm, okay?“
„Mache ich“, versprach Shane.
Keira war sich nicht ganz sicher, aber er schien zu ahnen, dass er nie wieder mit ihr reden würde. Er war sehr niedergeschlagen.
Es entstand eine lange Pause.
„Leb wohl, Keira“, sagte Shane schließlich.
Bevor sie antworten konnte, hatte er aufgelegt. Sie nahm das Handy vom Ohr und starrte darauf. Wie konnte so ein kleines Stück Technik ihre ganze Welt zum Einstürzen bringen? Wie konnte ein einziges Gespräche alles auf den Kopf stellen? Sie hatte das Gefühl, jedes Fünkchen Glück, das sie je empfunden hatte, sei vom Handy eingesaugt und in eine schwarze Leere gespuckt worden, auf Nimmerwiedersehen.
Und sie konnte nicht einmal richtig wütend sein. Shane war kein Widerling, wie all die anderen Typen, mit denen sie Schluss gemacht hatte. Er hatte sie nicht betrogen, nicht belogen, es gab kein Geschrei, kein absichtliches Wehtun. Vielleicht tat es deshalb nur noch mehr weh. Vielleicht, weil sie sich von dem Gedanken hatte einlullen lassen, dass Shane der Eine war, dass es überhaupt den Einen geben könnte.
Noch immer weinte sie, verließ aber das Bad und warf ihr Handy auf die Couch. Bryn stand an der Küchentheke und machte Kaffee. Sie sah überrascht auf.
„Was ist los? Weinst du etwa?“
Bryn legte tröstend den Arm um Keira, während diese bitterlich weinte.
„Du hast das ganz richtig gemacht“, sagte sie beruhigend. „Ich weiß, das kommt dir im Augenblick nicht so vor, aber glaube mir. Du hast dich viel zu sehr da reinziehen lassen. Du bist achtundzwanzig, Keira. Da setzt man sich noch nicht zur Ruhe.“
Ihre Worte trösteten Keira nur wenig. Bryn musste gerade reden. Ihr Leben war nichts als eine Reihe von desaströsen Beziehungen. Sie hatte keine Ahnung, welch tiefe Liebe Keira und Shane gefunden und wieder verloren hatten. Keiras ganzer Körper wurde von heftigen Heulkrämpfen erschüttert.
„Komm schon“, fügte Bryn hinzu. „Lass uns einen Kaffee trinken gehen. Ich rufe Mom an. Du weißt, dass sie mit so etwas richtig gut umgehen kann.“
Keira wusste es besser. Im Gegensatz zu Bryn hatte ihre Mutter es sehr eilig gehabt, Keira unter die Haube zu bringen und möglichst schnell Kinder zu kriegen. Sie hatte sogar behauptet, es mache für Keira keinen Sinn, sich um ihre Karriere zu kümmern, weil sie die in ein paar Jahren sowieso aufgeben würde, um Kinder in die Welt zu setzen.
Sie schüttelte daher den Kopf. „Ich kann nicht. Ich muss zur Arbeit.“
Bryn verzog das Gesicht. „Schätzchen, du bist ein Wrack. In diesem Zustand wollen die dich da sicher nicht haben. So bist du niemandem eine Hilfe.“
„Besten Dank auch“, murmelte Keira. „Aber ich kann da nicht einfach wegbleiben. Es ist mein erster Tag nach dem Urlaub. Und in der neuen, gehobenen Position. Elliot wird auch im Büro sein. Er wird erwarten, dass ich noch eine Schippe drauflege.“
Während sie sprach, griff Bryn nach Keiras Handy und nahm es ihr einfach weg.
„Hey!“, protestierte Keira.
Bryn tippte ein wenig und legte es dann triumphierend auf den Tisch. „Erledigt.“
„Was?“, rief Keira entsetzt und nahm es in die Hand. „Hast du mich etwa krankgemeldet? Ich habe mich noch nie krankgemeldet! Das ist unprofessionell. Ich kann nicht glauben, dass du das wirklich getan hast.“
Aber als sie durchblätterte, welche Aktionen zuletzt auf ihrem Smartphone ausgeführt worden waren, sah sie, dass Bryn keineswegs die Redaktion kontaktiert hatte, sondern Nina, ihre Freundin und Lektorin des Magazins. Sie las die Nachricht, die Bryn ihr geschickt hatte.
Shane hat mich abserviert. Mein Leben ist zu Ende. Hilfe.
Keira rollte mit den Augen, vollkommen unbeeindruckt, und starrte ihre Schwester finster an. Bryn zuckte nur grinsend mit den Schultern. Eine Sekunde später summte Keiras Handy mit einer neuen Nachricht von Nina.
Das wird schon wieder. Ich sage Elliot, wir treffen uns außerhalb des Büros. Kaffee in zehn Minuten?
Keiras Gesichtsausdruck entspannte sich ein wenig. Vielleicht war Bryn doch manchmal ganz nützlich.
„Nina kommt vorbei“, sagte sie und packte das Handy weg. „Bist du nun zufrieden?“
„Ja“, antwortete Bryn. „Jetzt muss ich nur noch schnell meinem Boss mitteilen, dass ich heute nicht zur Arbeit komme.“
„Das musst du nicht machen.“
„Ach, bitte. Jede Ausrede ist mir recht“, meinte Bryn.
Keira gab nach. Manchmal hatte es einfach keinen Sinn, mit Bryn zu argumentieren. Auch wenn ihre Schwester vielleicht nicht die Beste zum Ausheulen war, sie dachte immer an ihren eigenen Vorteil und das half Keira hin und wieder auch mal.
Einige Minuten später verließen die Schwestern das Apartment gemeinsam, warm angezogen, und gingen die Straße hinunter zu dem Coffeeshop, wo sie Nina treffen wollten. Es war noch sehr früh. Als sie ankamen, hatte der Laden gerade erst aufgemacht. Sie waren die ersten Gäste.
Bryn bestellte einen Milchkaffee und einen Muffin für sie beide und führte Keira zu einer durchgesessenen Ledercouch. Kurz darauf traf auch Nina ein.
„Keira“, sagte sie mitfühlend.
Sie setzte sich und umarmte Keira fest. Sofort fühlte diese sich besser. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee gewesen, die Arbeit heute sausen zu lassen. Aber sie ermahnte sich sogleich, das nicht zur Gewohnheit zu machen. Es war mehr als unprofessionell, auch wenn Bryn und Nina da offensichtlich anderer Ansicht waren. Keira musste sich darüber eigentlich auch gar keine Sorgen machen, denn sie war auf dem besten Wege, ein durch und durch keusches Leben zu führen. Es schien also relativ unwahrscheinlich, dass sie jemals wieder einen freien Tag brauchte wegen eines gebrochenen Herzens.
„Ich kann nicht fassen, dass Shane so ein Idiot ist“, begann Nina.
Keira schüttelte den Kopf. „So war das nicht.“
Nina schaute sie vielsagend an. „Wie denn dann? Er hat dich dazu gebracht, an die große Liebe zu glauben und serviert dich eiskalt ab, eine Woche bevor ihr euch endlich wiederseht.“
„Nun, wenn man es so formuliert“, gab Keira zu. „Aber glaube mir, so war das nicht. Sein Vater ist krank geworden. Das hat ihn dazu gebracht, alles noch einmal zu überdenken, schätze ich.“ Sie würde gleich wieder anfangen zu heulen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
„Aber können wir das bitte sein lassen? Ich möchte nicht gezwungen sein, den Typen zu verteidigen, der mich gerade hat sitzen lassen.“
Nina hielt inne und dachte offenbar darüber nach. „Vielleicht ist es sogar besser so“, sagte sie. „Elliot wird dich wahrscheinlich für den nächsten Auftrag wieder nach Übersee schicken. Vielleicht lernst du wieder jemanden kennen. Einen Netteren.“
„Das ist gerade das letzte, was ich möchte“, meinte Keira niedergeschlagen und stützte ihr Kinn auf der Hand ab. „Ich weiß nicht, wieviel mein Herz von so etwas noch verkraften kann. Direkt von Zach zu Shane zu wer weiß wem, der mich wie ein Stück Dreck behandelt? Ich denke nicht. Ich hatte schon recht damit, mich auf meine Karriere zu konzentrieren. Der Job redet mir wenigstens nicht ein, dass er mich geheiratet hätte, wenn die Dinge nur anders gelaufen wären.“
Nina verzog das Gesicht. „Das hat Shane gesagt?“
Keira nickte und fühlte sich noch elender und aussätziger als vorher.
Nina drückte ihr noch einmal die Schulter. „Du bist jung. Viel zu jung, um sesshaft zu werden. Da draußen ist eine ganze Welt, von der du bisher nur einen Bruchteil gesehen hast.“
„Danke“, sagte Bryn. „Das habe ich ihr auch schon gesagt. Sie ist doch noch in den Zwanzigern, um Himmels willen. Warte mal ab, wenn du erst dreißig wirst.“
Nina hob eine Augenbraue. „Oder vierzig“, sagte sie vernichtend. „Und mehr. Ich habe es nicht eilig, mich zur Ruhe zu setzen. Egal, was die Medien mir immer wieder über meine biologische Uhr einreden wollen.“
„Die Medien?“, fuhr Keira auf. „Du meinst etwa Leute wie uns? Wir sind schließlich Journalisten. Es ist unser Job den Leuten einzureden, dass sie etwas haben möchten. Wie die Liebe zum Beispiel“, fügte sie bitter hinzu.
Nina lachte und Keira fühlte sich etwas besser. Sie blickte aus dem Fenster auf den New Yorker Verkehr, voller Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Weg nach Hause von einer durchtanzten Nacht. Menschen in teuren Anzügen, andere mit verwaschenen Slogans auf dem T-Shirt. Sie sah eine bunte Mischung von Rassen und Nationalitäten und jede nur denkbare Haartracht. Sie eilten vorbei und kämpften gegen den kalten Wind an, den der Herbst mit sich brachte.
Als sie die Szenerie beobachtete, wurde Keira bewusst, wie sehr sie ihre Stadt liebte. Sie hätte in Irland niemals dauerhaft glücklich sein können. Shane hatte in dem Punkt recht gehabt. Einfach fortzuziehen, wäre für sie nicht infrage gekommen. Sie war durch und durch New Yorkerin. Die hatte die Stadt praktisch in ihrem Blut.
Sie wandte sich wieder Bryn und Nina zu.
„Wie hat Elliot meine Abwesenheit heute denn aufgenommen?“, fragte sie Nina. Sie wollte endlich das Thema wechseln.
Nina rührte in ihrem Kaffee. „Um ehrlich zu sein, wirkte er heute etwas abwesend. Als ich neulich mal spät abends noch gearbeitet habe, hörte ich, wie er sich mit jemandem am Telefon gestritten hat. Ich glaube, es könnte sein, dass jemand versucht, die Zeitschrift aufzukaufen.“
Keira riss überrascht die Augen auf. „Das würde Elliot doch nie zulassen. Er liebt Viatorum. Manchmal sogar ein bisschen zu sehr.“
Nina zuckte mit den Schultern und nippte an ihrem Kaffee. „Manchmal geht es nicht darum, wie sehr man etwas liebt. Wenn eine der großen Firmen ein Konkurrenzblatt auf den Markt bringt, uns als Vorlage benutzt, aber all ihre Verbindungen benutzt und viel Geld in die Hand nimmt, um uns zu verdrängen, dann hat er keine andere Wahl als zu verkaufen. Manchmal können unabhängige Magazine wie Viatorum nur dann fortbestehen, wenn ein Boss wie Elliot zu Kompromissen bereit ist.“
„Aber das wäre doch eine Degradierung für ihn, oder nicht?“, fragte Keira. „Er würde vom Besitzer zum Manager absteigen.“
Nina legte den Kopf schief. „So schlimm wäre das nun auch wieder nicht. Auf die Weise könnte er mehr Geld verdienen. Allerdings hätte er dann Vorgesetzte, denen er Rede und Antwort stehen müsste. Und er würde sicher seine kreative Freiheit ein Stück weit einbüßen.“ Sie zuckte erneut mit den Schultern. „Das ist auf jeden Fall unvermeidbar.“
Keira kaute auf ihrer Unterlippe und bedachte Ninas Warnung. Warum mussten sich die Dinge nur immer so schnell ändern? Heute Morgen war sie mit einem liebenden Partner und einem tollen Job aufgewacht. Jetzt saß sie verheult und deprimiert in einem Coffeeshop, zurück auf dem Fleischmarkt und musste sich Sorgen um ihr Beschäftigungsverhältnis machen.
„Nun, das ist immerhin hilfreich, um nicht an Shane denken zu müssen“, sagte Keira trocken.
„Ach du meine Güte, tut mir echt leid“, meinte Nina. „Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Ich bin sicher, für uns beide wird sich nichts ändern, auch nicht für die Kollegen. Nur für Elliot. Ich habe schon andere Verkäufe mitgemacht, zahllose, um ehrlich zu sein. Die meisten Angestellten merken in der Regel nicht viel davon.“
Keira spitzte die Lippen. „Wir werden sehen“, meinte sie.
Nina schaute ein wenig besorgt, fand Keira. Ihre Freundin blickte hilfesuchend zu Bryn, damit diese das Gespräch übernahm. Bryns Gesicht leuchtete plötzlich auf, als habe sie einen Geistesblitz.
„Ich habe eine fabelhafte Idee“, sagte sie mit großen Augen.
„Wieso habe ich das Gefühl, dass mir das nicht gefallen wird?“, meinte Keira und schaute sie aus schmalen Augen an.
„Bei Gino steigt heute Abend diese Wahnsinnsparty. Du weißt schon, dieser super Italiener. Er hat das Motto Halloween ausgegeben. Also, streng genommen ist das Motto Allerseelen, ein italienischer Feiertag, von dem ich noch nie gehört habe. Aber es klingt total gruselig und bei Gino nimmt man das wohl sehr ernst. Es wird eine Mischung aus Maskenball und Grufti-Essen. Klingt total verrückt, aber irgendwie auch super cool.“
Keiras Augen verengten sich noch mehr. Bryn faselte. „Und weiter?“, drängte sie ihre Schwester.
„Es ist so“, antwortete Bryn. „Ich bin dahin eingeladen worden, von einem Typen, mit dem ich neulich mal verabredet war. Malcolm. Er wollte dahin, weil er meinte, es klinge nach Abwechslung. Ich habe zugesagt, weil ich der Ansicht bin, man muss alles mal ausprobieren. Jedenfalls hat er mir heute mitgeteilt, dass er diesen Freund hat, der Single ist. Und er wollte wissen, ob ich nicht jemanden kenne, der als Date für diesen Freund mitkommen würde. Ich hätte Tasha gefragt, aber wieso kommst du nicht stattdessen mit? Immerhin bist du ja nun wieder zu haben.“
Keira brauchte keine Sekunde, um die passende Antwort für ihre Schwester zu haben. Sie schüttelte energisch den Kopf. „Auf gar keinen Fall.“
Nina beugte sich vor und klinkte sich wieder in das Gespräch ein. „Ich kenne da einen fantastischen Kostümshop“, meinte sie. „Da kriegst du ein echtes Ballkleid, Handschuhe, eine Maske und was weiß ich noch alles.“
Keira warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Wieso gehst du nicht mit, wenn du die Idee so toll findest?“
Nina schwieg. Bryn übernahm wieder.
„Komm wenigstens wegen des tollen Essens mit“, meinte sie. „Eine freie Mahlzeit. Sehr schickes Essen. Tanzen. Nimm es als eine gemeinsame Unternehmung von uns beiden Schwestern, die zufällig zwei Typen im Schlepptau haben, die später die Rechnung übernehmen sollen. Du musst ihnen ja nicht einmal deinen richtigen Namen nennen, wenn du nicht willst. Oder die Maske abnehmen. Könnte eine anonyme Nacht werden. Du denkst dir einfach eine neue Persönlichkeit aus.“
Keira lachte. „Lass mich raten, du hast das schon mal so gemacht.“
Nina mischte sich wieder ein. „Ich bitte dich, Schätzchen, jede hat das schon mal gemacht. Wenn du noch nie eine Verabredung hattest, bei der du dich als Agentin des FBI ausgegeben hast oder als reiche Erbin, dann hast du bisher nicht gelebt.“
Keira schaute kopfschüttelnd aus dem Fenster. Sie sah erneut die vielen Menschen in den Straßen. Einige Geschäfte hatten bereits Halloween-Deko in den Fenstern. Sie sah ein Grufti-Paar die Straße hinuntergehen. Die Frau trug ein schwarzes, spitzenbesetztes Kleid und einen passenden Schirm, den Mann führte sie an einer ledernen Leine mit sich. So etwas gab es nur in New York, musste sie schmunzelnd zugeben.
Man musste im Leben auch mal verrückte Sachen machen, ermahnte sie sich. Hatte sie sich das nicht erst heute Morgen selber eingeredet?
„Na gut“, sagte sie schließlich resigniert und wandte sich wieder Bryn zu. „Ich komme mit auf deinen Ball.“
*
Bryn hatte in einem Punkt auf jeden Fall recht gehabt, wie Keira später am Abend feststellte. Gino hatte sich mit der Deko mächtig ins Zeug gelegt. Das gesamte Restaurant sah aus wie eine gotische Burg, die Tische waren an den Rand geschoben worden, um in der Mitte Platz für die Tanzfläche zu schaffen. Durch die alte italienische Folkloremusik entstand eine gruselige Stimmung, die Kellner trugen Samtanzüge und natürlich trugen alle Masken.
Wäre sie nur mit ihrer Schwester unterwegs gewesen, hätte es ein toller Abend werden können. Aber leider mussten sie ihn auch mit Malcolm und dessen Freund Glen verbringen. Die beiden waren wahrscheinlich die mit Abstand langweiligsten Männer auf der ganzen Welt.
Keira schaufelte sich ihre Pasta rein und hatte Mühe, wach zu bleiben, während Glen in aller Ausführlichkeit seine Karriere in der Buchhaltung plante. Über die Arbeit zu reden, regte Keira sowieso schon auf, aber wenn es dann auch noch um so etwas Langweiliges ging, war sie mit ihrer Geduld am Ende. Zumal er nicht eine einzige Frage zu ihrem Job gestellt hatte.
Als das Gespräch etwas zum Erliegen kam, zuckte Keira hoch, als sei sie aus einer Trance erwacht.
„Was machst du denn so in deiner Freizeit?“, fragte sie Glen, in der Hoffnung, er ließe sich von seinem langweiligen Job ablenken.
Glen brauchte ziemlich lange für die Antwort, was Keira als schlechtes Zeichen wertete. Wie konnte man denn nicht wissen, welche Hobbys man hatte? Oder was einem außer dem Job noch so Spaß machte?
