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Raubkunst oder Beutekunst: Nicht anders kann man den Vorgang nennen, der sich in den u.a. Listen niederschlägt. Nach dem Frieden von Lunéville 1801 reist der Abbé Jean-Baptiste Maugérard OSB (1735-1815) im August des folgenden Jahres - als Commissaire du Gouvernement pour la recherche des sciences et arts dans le quatre départements du Rhin - durch die Bibliotheken des linken Rheinufers mit dem Auftrag, diplômes, chartes, bulles, manuscrits, éditions primes etc. für Paris zu sammeln. Und so bedient er sich ungeniert an den zum Teil wertvollen alten Beständen der Museen, Archive und Bibliotheken zwischen Aachen/Köln/Trier, z. B. des Klosters Maria Laach, und verschleppt sie in die Zentrale nach Paris, das ja für die vier neuen Departements die neue Hauptstadt ist. Immerhin stellt Maugérard ordentliche Listen zusammen, die nunmehr eine Zuordnung erlauben.
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Seitenzahl: 39
Veröffentlichungsjahr: 2022
Einleitung
1802 J.-B. Maugérard: »Livres imprimes choisis pour la Bibliothèque Nationale«
1802 J.-B. Maugérard: »Liste des livres et manuscrits …«
1802 J.-B. Maugérard: »Liste des principales éditions du 15 siècle qui manquent a la Bibliothèque nationale«
1803 Nov 01 Liste der von Maugérard den geistlichen Korporationen des Roerdepartements entnommenen Manuskripte
Codex Echternacensis (aus dem Evangelium nach Matth. 8,23)
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Blatt 1
Abbildung 2: Blatt 348
Abbildung 3: Matth. 8, 23
«Liste der Bücher und Handschriften, die der Bürger [Jean-Baptiste] Maugérard, Kommissar für Wissenschaft und Kunst, ausgewählt hat für die Nationalbibliothek [in Paris].»
RAUBKUNST oder BEUTEKUNST: Nicht anders kann man den Vorgang nennen, der sich in den u.a. Listen niederschlägt. Nach dem Frieden von Lunéville 1801 reist der Abbé Jean-Baptiste Maugérard1 OSB (1735-1815) im August des folgenden Jahres – als Commissaire du Gouvernement pour la recherche des sciences et arts dans le quatre départements du Rhin2 – durch die Bibliotheken des linken Rheinufers mit dem Auftrag, diplômes, chartes, bulles, manuscrits, éditions primes etc. für Paris zu sammeln. Und so bedient er sich ungeniert an den zum Teil wertvollen alten Beständen der Museen, Archive und Bibliotheken zwischen Aachen/Köln/Trier, z. B. des Klosters Maria Laach, und verschleppt sie in die Zentrale nach Paris, das ja für die vier neuen Departements die neue Hauptstadt ist. Immerhin stellt Maugérard ordentliche Listen zusammen, die nunmehr eine Zuordnung erlauben.
In Paris wird in der Bibliothèque nationale ein Fonds Maugérard gebildet, der die geraubten Stücke aufnimmt, „einer der glänzendsten Bestände des dortigen Cabinet des manuscrits“ (Traube/Ehwald, 1904, S. 317). Die neuen Herren in Paris waren eben der Meinung, dass alle diese Kunstschätze aus den – vermeintlich – dunklen Verliesen des ancien régime an die helle Öffentlichkeit eines Pariser Weltmuseums, und damit der Menschheit allgemein, geholt werden müssten. Man wird aber nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass bei dieser „Verlagerung“ einiges in private Hände gelangt und damit der Allgemeinheit entzogen worden ist.
Schon im Jahre 1794 hatte eine vierköpfige Commission temporaire des arts die Rheinlande heimgesucht und z.B. aus dem Kölner Jesuitenkolleg vier Wagenladungen von Büchern abgeschleppt. Und im Herbst 1796 hatte der deutsche Anton Keil, Commissaire de gouvernement français chargé de recueillir les objets d'art et de sciences dans les pays conquis d'Allemagne, in Trier, Bonn, Koblenz, Aachen und Köln gewütet; in Bonn bemächtigte er sich der Naturaliensammlung des Schlosses und der Universitätbibliothek. Ihre Bestände wurden teils nach Paris gebracht, teil verkauft.
Im August 1802 begann Maugérard seine „verhängnisvolle Tätigkeit“ (Vollmer, 1937, S. 120). Der Bonner Arzt und Sammler Crevelt berichtet 1815 in einem Brief:
Eben dieser Mönch war vor etwa 9 bis 10 Jahren wieder hier in Bonn, er gab vor, vom Gouvernement den Auftrag zu haben, alle seltenen von den ehemaligen Klöstern vorfindlichen Werke wegzunehmen und nach Paris zu schicken.
In dem Bibliothekar Krupp der Centralschule, eine Zeitlang Nachfolgerin der Universität, fand Maugérard dann einen willigen Helfer, der ihm die Bestände, u.a. aus der aufgelösten Abtei Maria Laach (siehe Seite 19), herausrückte. In Köln stiess er allerdings bei dem Bibliothekar von Schoenebeck und dem Canonicus Wallraf auf Widerstand; gerademal 10 Bücher und Handschriften konnte er aus Köln wegführen. Aus dem übrigen Roer-Departement fielen 235 Titel in seine Hände: Livres que j’ai choisi dans les bibliothèques des differentes corporations du departement de la Roer (siehe Seite 35). Zugeschlagen hat Maugerard zudem in Trier, Prüm, Krefeld, Geldern, Aachen, Mainz, Kleve, Metz, Luxemburg und Echternach (siehe Abbildung 3).
Im Jahre 1815, nach dem Ende der Napoleonischen Epoche, fordern die Deutschen die Bücher und Handschriften zurück3. Noch im Vormarsch auf Paris im Juli 1815 fordern die preussischen Truppen die zuständigen französischen Beamten auf, die gestohlenen Gegenstände herauszurücken. Vor allem der junge preussische Offizier Eberhard von Groote, aus alter Kölner Familie, setzte sich mit Hilfe der preussischen Armee energisch für die Rückführung – vor allem der kölnischen Stücke – ein.
Eberhard von Groote hat sich [am 27.08.1815] bitter darüber geklagt, daß alle Nachforschungen nach Manuskripten, Büchern, Altertümern, Waffen, Münzen, geschnittenen Steinen, Mineralien und dergleichen vergebens gewesen seien: „Nirgends war davon eine Spur zu entdecken“. Immer wieder stieß man auf die Behauptung der französischen Konservatoren und Bibliothekare, „daß alles, was von solchen Gegenständen in den rheinischen Provinzen geraubt worden sei, teils von untreuen Kommissären unterschlagen, was aber nach Paris gekommen, ohne Verzeichnis, ohne Aufsicht und Ordnung in 12 großen Depots niedergelegt worden sei, daß dann an die Bibliothekare, Konservatoren usw. der öffentlichen Sammlungen in den Departements die Aufforderung ergangen, in jenen Depots nach Lust und Laune zu wählen und zu nehmen, was ihnen gefiel, und daß, nachdem dies lange genug geschehen, der Rest öffentlich verkauft worden sei.4