Jack Buddhafly - Joshua Parksteinhoff - E-Book

Jack Buddhafly E-Book

Joshua Parksteinhoff

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Beschreibung

"Jack Buddhafly - Der Tanz der Schmetterlinge" "Gott hat mir Flügel geschenkt, um zu fliegen. Doch immer, wenn ich meiner löchrigen Seele etwas Zeit gebe, mich einzuholen, dann kehrt auch dieser Schmerz zurück. Da hilft nichts. Ich kann mich amüsieren, mit Frauen, mit Wein, mit gutem Weed, mit MDMA, und Sex. Aber nach jedem Rausch, ist die Landung nur noch schlimmer. Der Geschmack von Asche, der an die Träume erinnert, die ich auf den Trips verbrenne, lässt sich nicht auswaschen, weder mit Champagner noch mit Wehmut. Aber stell dir vor, ich habe wieder Hoffnung. Es liegt an dieser Melodie, welche ich noch immer tief in mir spüre, und welche mir zuflüstert, dass eine große Reise beginnt." Jack Buddhafly Eine moderne Erzählung: inspirierend, tiefsinnig und unterhaltend. Der Musiker Jackomo fühlt sich nirgendwo zu Hause. Auf der Suche nach sich selbst verliert er sich in Sex, Drogen und Partys. Eines Abends trifft er jedoch die geheimnisvolle Mailin und wird in ein aufregendes Abenteuer gezogen, das ihn durch halb Europa und schließlich nach Mag Mor, die mythische Anderswelt der alten Kelten, führt. Hier muss er sich nicht nur einer fürchterlichen Bedrohung, sondern auch den Schatten seines eigenen Selbst stellen. Die einzigartige Erzählweise des Autors Joshua Parksteinhoff nimmt Sie mit auf eine Reise durch faszinierende Welten und lässt geschickt die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschmelzen. Dabei ist das Buch eine Quelle der Inspiration, bietet kapitelweise Unterhaltung auf höchstem Niveau und befriedigt zugleich auch die anspruchsvollsten intellektuellen Bedürfnisse. Zugleich ist es eine kraftvolle Botschaft gegen Diskriminierung und Ausbeutung und feiert die Vielfalt und Würde eines jeden Lebens.

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Seitenzahl: 327

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Blueberrybeach.com

Warnhinweis:

Dieses Buch enthält inspirierenden Inhalt, der Ihre Sicht auf die Welt verändern könnte.

JOSHUA PARKSTEINHOFF

JACK BUDDHAFLY

Der Tanz der Schmetterlinge

© 2023 Joshua Parksteinhoff

Coverdesign: Zoé Keleti

Herausgegeben von: Blueberry Beach (blueberrybeach.com)

Druck und Distribution im Auftrag des Autors

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland

ISBN

Paperback

978-3-384-03059-7

e-Book

978-3-384-03060-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor/die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine/ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors/der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1 – Das Universum liebt dich

Kapitel 2 – 1000 Years old stardust

Kapitel 3- Unicorns are vegan

Kapitel 4 – Nirgendwo Zuhause

Kapitel 5 – Auf die wilde Jagd

Kapitel 6 – Over the rainbow

Kapitel 7 – Es geht nur ums Geschäft

Kapitel 8 – Hexentanz

Kapitel 9 – Der Schlüssel zum Glück

Kapitel 8 – Don't panic, just breath

Kapitel 11 – Das Land der Drachen

Kapitel 12 – verbrannte Erde

Kapitel 13 – Long way to heaven

Kapitel 14 - Lunasa

Kapitel 15 – Reine Kopfsache

Kapitel 16 – Wir ziehen in den Frieden

Epilog – Shavasana und danke für alles

Über den Autor

Weitere spannende Bücher des Autors sind:

Über Blueberry Beach

Danke

Jack Buddhafly

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Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1 – Das Universum liebt dich

Danke

Jack Buddhafly

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Kapitel 1 – Das Universum liebt dich

Auf der Zschocherschen rauscht die letzte Straßenbahn Richtung Knautkleeberg durch die Nacht.

Meine Gitarre liegt auf der Couch und der Marshall Verstärker brummt noch leise. Ich sitze am Fenster, zünde einen Joint an und schaue auf den kleinen Zettel in meiner Hand:

„Das Universum liebt dich und spricht ständig zu dir. Jede Situation ist gut und genau so, wie sie sein soll.“

Der Zettel ist von Emelie, meiner Ex-Freundin.

Sie ist toll. Lange Beine, Knackarsch und ein wunderschönes Gesicht, das sie meistens in irgendwelchen Büchern über Seelenreise, Tantra oder alternative Psychologie versteckt.

Gerade ist sie mit Gabriel, ihrem Yogalehrer aus Kuba, auf den Kanaren. Den Zettel hat sie aber hiergelassen und ich hab ihn in einem Buch über Hawaiianischen Schamanismus gefunden.

Ich nehm einen Zug von dem Joint und schau aus dem Fenster. Spricht das Universum wirklich zu mir? Und wenn ja, sprechen wir überhaupt noch dieselbe Sprache?

Dann reißt mich ein Jaulen aus meinen Gedanken. Roary, mein Hund, steht ungeduldig vor der Tür.

*

Eine Sache direkt zu Beginn: Eigentlich wollte ich nie einen Hund. Doch jetzt hab ich einen, der so groß ist, wie ein Kalb, der Regen mag, es gewohnt ist, auf der Couch zu schlafen und jedes Wort von mir versteht.

Wie es dazu gekommen ist?

Nun, es passierte an einem Samstag.

Ich wachte spät auf, denn ich war bis zum morgen mit Nizi, dem neuen Hip-Hop Sternchen aus Connewitz, feiern gewesen. Wie immer ging ich erstmal in meinem Lieblingscafé an der Ecke frühstücken.

Bei Kaffee, Börek und Orangensaft rief meine Boxtrainerin an. Sie hatte sich auf einem Rave erkältet und so war der Nachmittag frei.

Ich fuhr mit dem Fahrrad ins Studio, arbeitete viel an einem neuen Intro für Super Pop und hatte danach Lust, noch eine Runde Joggen zu gehen. Draußen nieselte es leicht, aber es war warm und der Vollmond schien.

Ich lief den Kanal entlang, als in den Lindenauer Gärten plötzlich ein riesiger Schatten vor mir stand: Ein Wolf oder eine Bestie … und er hatte auf mich gewartet.

Weißt du, was du in so einem Fall auf keinen Fall machen solltest? Genau, losrennen. Aber exakt das tat ich. Ich rannte, bis ich nicht mehr konnte. Der Schatten folgte mir die ganze Zeit, als wäre es für ihn ein lustiges Spiel.

Erschöpft blieb ich also stehen, atmete tief ein, drehte mich um und blickte in ein Paar super liebe Augen.

Der Schatten war Roary, weder Bestie noch Wolf, und er freute sich sehr, mich endlich gefunden zu haben. So schien es mir zumindest in jener Nacht.

*

Am nächsten Morgen folgte ein frühes Erwachen. Es regnete in Strömen und Roary wollte raus. Ich hatte Kopfschmerzen von dem weißen Rum und den Joints.

Für die nächsten vier Tage hörte der Regen nicht auf. Bald schon hatte ich keine trockenen Handtücher mehr und entschied, dass Roary zu jemanden gehören musste. Zu jemand anderen.

Also lief ich zu der schönen Frau aus dem Bioladen, fragte in meinem Lieblingscafé an der Ecke und hing sogar Poster auf der Karl Heine Straße auf.

Die schöne Frau aus dem Bioladen meinte, sie hätte ihn schon mal mit einem großen, bärtigen Mann gesehen. Das wäre aber im letzten Sommer gewesen und in der Hasenheide in Berlin.

Ich gab ihr meine Nummer. Sie hatte sich sogar noch mal gemeldet, aber nicht wegen des Hundes. Und es meldete sich auch niemand sonst.

Roary ist also immer noch da. Und jetzt will er raus. Klar, ist ja auch Vollmond und Scheißwetter, seine Lieblingskombination.

*

Im Treppenhaus treffen wir Pat und Jof. Die beiden wohnen neben mir, sind super nett und ich freu mich immer, sie zu sehen.

Jof ist DJ aus Berlin, Pat eine Künstlerin aus Australien. Gerade sitzen sie an der Fensterbank, trinken Bier und rauchen. Vor ihnen an der Wand stehen einige Holztafeln, die sie gerade bunt besprüht haben.

Rory ist die Treppe heruntergerannt und begrüßt die beiden glücklich. Ich komme langsam hinter ihm her.

„Sieht gut aus“, mein ich dabei.

„Ja, morgen ist Prideparade“, antwortet Jof.

„Kommst du auch?“, fragt Pat.

„Mhhm …, ich hab einen Termin im Studio. Ich will noch das Solo für Super Pop einspielen.“

„Verstehe“, meint Jof. Dann fragt er mich: „Wann nimmst du eigentlich wieder was für dich auf?“

„Echt“, findet auch Pat. „Das Lied, das du gestern gespielt hast, war voll schön.“

„Ja, danke. Mach ich bestimmt mal wieder.“

Ich drücke auf den Schalter neben dem Gittertor. Denn ob du es glaubst oder nicht, seit ein paar Monaten habe ich eine Sicherheitstür im Treppenhaus.

Eingebaut hat sie Kurt, der langhaarige Typ aus der Wohnung über mir. Er ist Vorsitzender der Okolöwen und leidenschaftlicher Radrennfahrer.

Allerdings haben irgendwelche Jugendliche schon zweimal sein neues Rennrand aus dem Treppenhaus gestohlen.

In der Wohnung kann er die Dinger seit dem zweiten Kind aber auch nicht mehr aufbewahren. Damit aber nicht noch eins wegkommt, baut er unser Hausprojekt zu einer Festung aus. Die Helms Klamm der Zschocherschen sozusagen. Ein Teil der Anlage ist dabei die Sicherheitstür auf dem Weg zum zweiten Stock.

Ein bisschen verrückt, vielleicht. Aber Kurt liebt sein Fahrrad.

Ich gehe weiter die Treppe hinunter.

„Ach, Vanessa hat angerufen“, ruft Pat mir hinterher.

„Bei dir?“ Ich bleibe stehen und schaue sie fragend an.

„Du gehst ja nie ran, meint sie.“

„Was will sie denn?“

„Mit dir sprechen. Wissen, dass du noch lebst. Was aus dem Album wird? Aus der Tour? Sie macht sich Sorgen.“

„Um mich?“, frage ich. „Mir geht es super.

Draußen ist der Regen stärker geworden. Ich zieh mir meine Kapuze tiefer ins Gesicht und pass auf, dass ich keine nassen Füße bekomme. Rory dagegen springt von einer Pfütze in die nächste. So laufen wir zusammen die Straße runter zum Kanal.

Nachts in der Woche ist hier nicht viel los. Nur im Stelzenhaus brennt noch Licht. In einem der Büros steht ein junger Mann in einem eleganten Anzug vor dem großen Fenster.

Ich hab ihn schon häufiger gesehen. Während ich meinen Joint wieder anzünde, frage ich mich, an was der Mann in diesem Moment wohl denkt. Schaut er in die Sterne oder geht sein Blick ins Leere?

Plötzlich knallt es. Vor mir auf der König Albert Brücke ist ein gelber Kastenwagen in das Geländer gekracht.

Ich sehe, wie ein großer Mann mit einem pinken Bart und einem gelben Hut aus dem Wagen springt. Dann höre ich Schüsse von einem Maschinengewehr. Tatsächlich sind es mehrere Gewehre. Es beginnt eine Schießerei.

Schwarz gekleidete Gestalten landen auf der Brücke, so als wären sie aus der Nacht gekommen. Es geht auch alles super schnell.

Eine Gestalt wird getroffen und stürzt von der Brücke in den Kanal, die zweite bricht auf der Straße zusammen, der Mann dreht sich und schießt auf eine weitere Gestalt.

Als Nächstes gibt eine Explosion. Der Wagen rutsch und droht ebenfalls in den Kanal zu fallen. Die Flügeltür am Heck öffnet sich und Kisten stürzen heraus.

Als sie unten aufschlagen, gibt einen lauten Knall und ein buntes Licht jagt durch die Luft. Erst denke ich, eine Silvesterrakete hätte sich gelöst. Doch dann sehe ich, dass es eine Art Gesicht hat. Keine Ahnung, was es ist. Entweder irgendein magischer Scheiß oder eine High Tech Drohne vom Syndikat.

Das Licht fliegt nach oben und es gibt eine weitere Explosion auf der Brücke. Ich sehe Roary davon laufen. Im Mund hat er eine Tasche, die auch aus dem Wagen gefallen ist.

***

Kapitel 2 – 1000 Years old stardust

„Du bist wunderschön. Du bist jahrtausendealtes Sternenlicht. Du bist frei geboren, auf diese Welt gekommen, um zu leuchten. Du kannst alles sein, was du willst.“

Noch ein Zettel von Emelie. Dieses Mal ein Lesezeichen in ihrem Lieblingsbuch über die Kelten. Emelie ist von dieser alten Kultur fasziniert und so hab auch ich schon einiges über sie gehört.

Vor über 2000 Jahren haben sie entlang der Atlantikküste gewohnt, waren mächtige Krieger, ihrer Zauberer nannten sie Druiden und sie benutzten Runen als Schriftzeichen.

Die Runen sind auch der Grund, warum wir jetzt überhaupt über die Kelten sprechen.

Erinnerst du dich an die Tasche, die Roary an der Brücke aus dem Kanal gezogen hatte? Genau, bei der Schießerei und dem Feuerwerk.

Roary war mit der Tasche nach Hause gerannt. Also zu mir. Und jetzt gibt es nur zwei Möglichkeiten:

Entweder wir haben den Jackpot.

Ich weiß zwar noch nicht genau, was Roary mitgenommen hat, aber es sieht super wertvoll aus.

Denn in der Tasche ist ein Tetraeder aus stabilem Edelholz, das etwa so groß ist, wie ein Schuhkarton. Auf den Seitenflächen sind Schriftzeichen und Linien eingraviert, die schwach leuchten. Außerdem vibriert es ganz leicht.

Wahrscheinlich ist es ein magisches Artefakt. Die waren bei den Kanarischen Kriegen von besonderer Bedeutung.

Ich hab schon zwei meiner Dealer angerufen.

Einer antwortet nicht, der andere will damit nichts zu tun haben. Er hat Angst vor dem „oder“.

Denn entweder wir haben den Jackpot, oder das Teil steht irgendwie in Verbindung mit dem Syndikat. Und dann sind wir erledigt.

Ich warte also gerade auf den Rückruf meiner dritten Connection. Solange hab ich aber schon mal ein wenig selbst nachgeforscht.

*

Zunächst im Bücherregal von Emelie, welches noch immer in meinem Schlafzimmer steht.

Denn seit dem Kollaps kannst du dich mit deinem Computer nicht mehr überall einloggen, und selbst wenn, ist das Netz nicht mehr dasselbe. Entweder die Geschwindigkeit ist schlecht, oder es bricht ständig ab, und du bist auch nicht wirklich sicher.

All das macht Bücher plötzlich wieder richtig wertvoll. Und weil Emelie noch keine eigene Wohnung hat, bewahrt sie ihre Papiersammlung halt bei mir auf.

Von dort hab ich auch das Buch über die Kelten. Es enthält sogar mehrere Runenalphabete, aber keine der Schriftzeichen sehen so aus, wie die, auf dem Tetraeder.

Deswegen bin ich dann doch in den Cyberspace eingetaucht, und wow, du kannst dir kaum vorstellen, was ich gefunden hab.

Pass auf, die Kelten kannten neben dieser Welt noch eine weitere Welt. Und zwar Mag Mor, die Anderswelt.

Sie ist keine Unterwelt oder das Land der Toten. Sie ist völlig lebendig, mit grünem Gras, tiefen Wäldern und mächtigen Kreaturen. Du konntest oder kannst sie durch sogenannte Portale betreten. Lebendig, ohne dass du vorher sterben musst.

Also eigentlich so, wie eine Reise auf einen anderen Planeten. Stell dir das vor, es ist möglich.

Die Kelten, oder ein Stamm von ihnen, sind irgendwann selbst nach Mag Mor geflohen. Sie werden die Tuatha de Danann genannt.

Frag mich jetzt bitte nicht, wie du es genau aussprechen sollst, denn ich hab leider keine Audiofile entdeckt.

Es bedeutet auf jeden Fall: „Die, die zaubern können“

Im Shadow, also dem Darknet, hab ich Spuren gefunden, dass es diese Welt immer noch gibt. Und die Portale auch noch immer offen sind.

Zum Beispiel bietet hier BigFish23 eine Fahrt nach Ray Athum an, was wohl eine Stadt in Mag Mor ist.

Jemand anderes hat einen Reisebericht veröffentlicht. Da werden noch andere Städte genannt, Personen und Ereignisse.

Ein bisschen verrückt alles, aber super aufregend.

*

Gerade lese ich mehr über Banda, irgendeinem geheimnisvollen Inselreich im Süden, das einen Konflikt mit Midrad, einem anderen Land, hat, als plötzlich eine Melodie in meinem Kopf auftaucht.

Obwohl ich mir sicher bin, dass ich die Melodie noch nie gehört habe, kommt sie mir seltsam bekannt vor. Sie ist zauberhafte und klingt ein wenig nach irischer Volksmusik.

Ich nehme meine Gitarre und fange an zu spielen. Zu Beginn läuft es auch richtig gut. Irgendwie weiß ich einfach, wo ich greifen muss, kann die Melodie tief in mir spüren, wo jeder Ton widerhallt und mit mir resoniert.

Dabei erwachen Bilder in meinem Kopf: Es ist Nacht und ich bin auf einer Lichtung zwischen riesigen Bäumen. Im Sternenlicht tanzen hier zwei goldene Schmetterlinge.

Sie fliegen um mich herum, umhüllen mich dabei mit einem Schleier aus goldenem Licht und ich fühle mich frei, sicher und für einen Augenblick so, als wäre ich endlich zu Hause.

Als nächstes fliegen die Schmetterlinge langsam in den Wald. Ich hab das Gefühl, sie wollen, dass ich ihnen folge, doch plötzlich verlier ich die Melodie. Ich kann sie nicht mehr richtig spüren, nicht mehr klar greifen und die Musik und die Bilder enden.

*

Ich öffne die Augen. Noch einmal höre ich kurz die Tonfolge, mit welcher die Melodie begonnen hat.

Die Schriftzeichen auf der Kiste leuchten abwechseln stark auf und verschwinden danach. Dann gibt es ein Knacken, so als hätte sich ein Schloss geöffnet, und das Tetraeder fällt auseinander.

Dort sitzt nun eine schneeweiße Krähe. Sie schaut mich an, krächzt wütend und springt vom Tisch.

Doch dann reißt der Film. Die Krähe hat Probleme mit dem Flügel.Sie stürzt in die Yukka, verliert kurz die Orientierung, dreht sich schnell im Kreis, schmeißt dabei das Tablett mit dem Rum vom Tisch, springt in den Lautsprecher, wirft die kleine Ganeshastatue mit den Räucherstäbchen herunter, zuckt ein paar Mal, fällt um und bleibt regungslos liegen.

Für einen Moment wage ich es nicht, mich zu bewegen. Als ich schließlich doch einen Schritt nach vorne mache, zuckt die Krähe wieder, springt auf, dreht noch eine Runde voller Chaos und Zerstörung durch mein Wohnzimmer, fängt schließlich an zu leuchten, wird immer heller und heller und …

… bam, ich muss meine Augen zuhalten, steht da eine weiße Katze.

Sie faucht mich wütend an.

Ich weiche zurück, bleibe auf Abstand und betrachte die Katze. Sie ist sehr schön. Ihre Augen leuchten wie Sterne und funkeln wie Smaragd.

Ich entscheide mich, ihr eine Schüssel Hafermilch aus der Küche zu holen.

*

„Hast du Durst“, rufe ich, als ich wieder zurückkomme.

Da blitzt es erneut und vor mir steht eine schöne, junge Frau.

„Was willst du von mir?“, faucht sie mich auf Englisch an.

Was ich von ihr will?

Ich frage mich, ob ihr überhaupt bewusst ist, dass sie nackt in meinem Wohnzimmer steht und ein paar Minuten vorher aus dieser alten Kiste gekommen ist. Und zwar als Katze, ich meine Krähe.

Und wo ich die Kiste herhabe, mitten in der Nacht, aus dem Kanal, nach einer Schießerei, das scheint für sie auch nicht besonders bedeutsam.

Roary ist völlig gelassen. Er liegt auf der Couch, dreht sich auf den Rücken und will gestreichelt werden, so als kenne er diese Frau gut.

Ich entscheide mich erneut für einen Gentlemanmove und gebe ihr Zeit und Raum.

„Ich hab auch Tassen“, meine ich gelassen und gehe mit der Schüssel Hafermilch zurück in die Küche. Dort beginne ich ein Wagnis: Ich mache einen Kakao.

Ich meine jetzt nicht diese stark entölte Zuckermischung, die du dir in ein Glas Hafermilch rühren kannst. Nein, ich meine richtigen, rohen Kakao, voll mit geilen Dingen, die dein Bewusstsein auf einen anderen Level heben. Und was ich gerade rufe, nun, das ist der Drache.

Alles klar, kurz erklärt: Ich hatte mal einen guten Freund. Der hieß Frank und vertrieb rohen Kakao aus Südamerika. An einem Vormittag im November rief er an: „Du musst vorbeikommen“, war alles, was er sagte.

Wir wohnten damals beide in Berlin. Also war ich mit dem Fahrrad nach Neukölln gefahren. Hier saß Frank weinend vor dem großen Buddha in seinem Wohnzimmer gesessen.

„Das ist ein Geschenk der Götter“, hatte er geschluchzt „wir können die Welt verändern.“

Was war passiert?

In Peru hatten sie tief im Dschungel eine bis dahin unbekannte Sorte von Kakao entdeckt: „Dragon Bliss.“

Damit wurde der ganze Hype um Kakaorituale, Tantrayoga und die Kraft der Liebe nochmal einen Gang höher geschaltet.

Dragon Bliss war mehr als flüssiges MDMA, es war mächtiger als das LSD, göttlicher als das Shanga, und völlig legal.

Eine ganze Generation Liebesaktivisten mit fast superheldengleichen Kräften wuchs heran. Musikgeschichte, Kunst, Popkultur, einfach alles wurde neu geschrieben.

Doch dann wurden Nebenwirkungen festgestellt.

Es gab eine regelrechte Hexenjagd, aber Dragon Bliss überlebte, und blühte neu auf in den heimischen Wohnzimmern und den Gewächshäusern.

Bis sich plötzlich das Syndikat dafür interessiert. Es wurde kurz richtig heftig und dann war Dragon Bliss verschwunden.

Nun, aber natürlich nicht ganz.

Einige Leute hatten ein paar Kisten irgendwo auf dem Dachboden versteckt. Andere fanden in einem alten Kontor eine halbe Schiffsladung. Es soll sogar gerade in Amsterdam einen Schamanen geben, der es wieder anbaut.

Auch ich habe noch eine kleine Dose Dragon Bliss. Und ich spüre, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür.

*

Während ich in der Küche zwei Tassen für uns zubereite, ruf ich der Frau in meinem Wohnzimmer zu:

„Du findest Kleidung in der Truhe neben dem Spiegel.“

Ja, die Kleider.

Ein Einbrecher würde vielleicht denken, bei mir würde ein Harem wohnen, oder ich hätte verdammt viele Schwestern. Oder einen ausgelebten Fetisch.

Aber nein, tatsächlich verdiene ich damit mein Geld. Oder einen Teil davon. Denn ich hab Kleidung schon immer gemocht. Im Moment mache ich aber nur die Motive. Den Rest, also drucken, verpacken und verschicken erledigen andere Profis für mich. Super cool.

Natürlich wollte ich alle Motive in echt sehen und auch die Farben und die Schnitte. Klingt vielleicht verrückt, aber Kleidung inspiriert mich.

*

Als ich mit dem Kakao zurückkomme, steht die Frau in der Mitte des Raumes und betrachtete sich fragend im Spiegel.

Sie trägt eines meiner Lieblings-T-Shirts. Es ist Schwarz, mit einem Einhorn darauf und dem Spruch: „Unicorns are vegan.“ Dazu hat sie sich für eine pastellrosa Yogaleggings mit meinem Branding entschieden.

„Sieht sehr gut aus“, meine ich, stelle ihre Tasse auf die Kommode und setze mich in den Sessel vor dem Klavier und nehme einen großen Schluck.

„Ich find das blaue Tanktop auch stark“, sag ich noch, aber die Frau scheint mich gar nicht zu hören. Sie schaut sich in dem Raum um und geht zum Fenster:

„Wo bin ich?"

„In der Zschochersche Straße. In Leipzig, Plagwitz.“

„Ich muss los.“

„Alles klar, willst du vorher noch was trinken. Ich hab Kakao gemacht.“

„Nein.“

„Lieber einen Tee?“

„Nein“

„Einen Orangensaft?“

„Nein. Ich muss los.“

„Okay, und wohin?“

„Zurück“, sie schaut auf das geöffnete Tetraeder. „Wie hast du es überhaupt aufbekommen?“

„Ich hab Gitarre gespielt.“

„Was?“

„Keine Ahnung. Normalerweise passiert das auch nicht.“

Die Frau lächelt. Dann herrscht kurz Stille.

„Wie heißt du überhaupt?“, frage ich sie.

„Mailin.“

„Und was machst du hier? Wo kommst du her?“

Das interessiert mich wirklich. Denn das Englisch von Mailin klingt sehr altmodisch und ich habe keine Ahnung, wo Leute so sprechen.

„Ich wurde entführt“, sagt sie völlig ernst.

Damit hatte ich nicht gerechnet.

„Von wem?"

„Von meiner Mutter.“

„Deiner Mutter?“ Also ich find meine Mutter auch verrückt, aber dass sie mich entführen würde?

Ich gehe zum Fenster, weil ich meinen Joint wieder anmachen möchte. Dabei schaue ich auf die Straße. „Da hält ein merkwürdiger Wagen“, sage ich etwas besorgt.

„Sie kommen“, ruft Mailin, rennt zur Wohnungstür und zieht mich hinter sich her.

***

Kapitel 3- Unicorns are vegan

Mailin und Roary rennen die Treppe hoch Richtung Dachboden, wo Pat ihr Atelier hat.

Ich folge ihnen, als ich hinter mir ein fürchterliches Scheppern höre. Drei riesige Hunde sind gegen die Gittertür von Kurt gesprungen. Sie jaulen einmal, schütteln sich und bellen wütend.

„Komm endlich“, zischt Mailin.

*

Auf dem Dachboden stehen Leinwände, Staffeleien und Regale mit Farbe herum. Es riecht nach Citrus-Terpentin, Räucherstäbchen und gutem Weed.

Eigentlich riecht es auch nach veganen Thunvischtörtchen und Rotwein, nach Sex auf der großen Couch, nach Espresso, Croissants und teurem Parfüm.

Ich wollte später mit Mailin hier einen Joint rauchen, groß träumen und unter dem Mondlichtfenster tanzen. Aber das war noch im Wohnzimmer gewesen, als wir beim blauen Tanktop waren. Jetzt hab ich dafür keine Gedanken mehr.

Ich höre wieder ein lautes Scheppern und weiß, dass die Gittertür dieses Mal nachgegeben hat.

Ich laufe durch das Atelier und reiße die Tür zum Dach auf. Draußen stürmt es. Der kalte Nachtwind bläst mir entgegen, es donnert, blitzt und regnet in Strömen.

„Komm“, ich dreh mich um.

Überrascht stelle ich fest, dass Mailin an einem Tisch steht und etwas auf eine große Leinwand malt.

In diesem Moment stürzen die drei Hunde in den Raum.

Es geht alles super schnell. Sie springen, Roary bellt, ich reiße meinen Arm hoch und höre ich ein Winseln.

Mailin steht aufrecht da. Ihr Haar weht im Wind und sie hält die Leinwand vor sich. Darauf leuchtet eine Rune, welche wohl eine Art Schutzkreis bildet.

Wie an einer unsichtbaren Mauer sind die Hunde daran abgeprallt und verstecken sich nun unter den großen Maltischen.

„Wow“, sage ich.

„Ja, wow“, sagt Mailin und schüttelt den Kopf. Sie scheint sich noch nicht ganz sicher zu sein, ob sie mich für einen Idioten hält oder doch ganz süß findet. „Es wird uns gleich auch nicht mehr helfen. Wir müssen weiter. Und zwar schnell.“

Sie zieht mich durch die Tür nach draußen.

In Sekundenschnelle sind wir klitschnass. Ein Blitz zuckt am Nachthimmel.

Mailin ruft etwas, doch es donnert und so kann ich sie nicht verstehen. Sie zeigt auf das nächste Dach.

Dort hat Rubber G ein Loft mit einer super geräumigen Terrasse.

Dazwischen liegt der eingestürzte Dachstuhl vom Nebenhaus. Er hatte bei der letzten Party Feuer gefangen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hinter uns ertönt ein Brüllen aus dem Atelier. Ich schaue zurück und sehe den Umriss einer hünenhaften Gestalt mit großen Hörnern.

„Kor“, zischt Mailin. „Du willst ihn lieber nicht kennenlernen.“

Sie hält meine Hand und wir laufen zum Terrassenrand. „Spring!“

Sie ruft noch etwas auf einer Sprache, die ich nicht kenne, die ich aber irgendwo, irgendwann schon einmal gehört habe.

Ein Windstoß erfasst uns und trägt Mailin, mich und Rory auf das andere Dach.

Kor kommt hinter uns aus der Tür gestürmt. Es blitzt und ich kann ein mächtiges Kinn, funkelnde Augen und eine Kette aus Schädeln sehen. Die Hörner gehören wohl zu einem Helm. Es ist also kein Minotaurus, sondern eine Art Krieger.

Er schaut uns wütend hinterher. Dann klatscht er in die Hände, pfeift und die Hunde springen wieder auf. Die Jagd ist noch nicht zu Ende.

Kor nimmt Anlauf und will ebenfalls springen.

Mailin macht eine Handbewegung und schleudert den Kasten der Klimaanlage mit einer Art Jedimove gegen ihn.

Kor wird mit dem Kasten gegen die Wand geworfen. Aber das reicht nicht. Er steht wieder auf.

Mailin murmelt etwas und fasst sie sich kurz auf die Brust. Ich hab das Gefühl, eine Lichtkugel zu sehen, die aus ihrem Herzen kommt. Mailin greift sie, gibt ihrer Hand einen Kuss und ruft laut etwas in den Sturm.

Kor schaut erschrocken nach oben. Die Zeit scheint kurz stillzustehen.

*

Ich sehe die beiden Hand in Hand über eine Blumenwiese spazieren.

Sie lachen und sind glücklich. Kor trägt keine Rüstung, sondern ein offenes Hemd und eine Leinenhose.

Dann ist die Vision auch schon wieder vorbei.

*

Die Lichtkugel fliegt aus Mailins Hand und schlägt bei Kor ein. Es gibt einen sehr hellen Blitz. Ich schließe die Augen und als ich sie wieder öffne, da sind Kor und seine Hunde einfach verschwunden.

Mailin steht für einen Moment da und schaut in die Nacht. Tränen laufen ihr über das Gesicht.

Dann dreht sie sich um und geht ohne ein weiteres Wort weiter.

*

Als Nächstes nimmt sie einen großen Blumentopf mit einem Oleander darin und schmeißt ihn durch die Glastür von Rubber G.

Bisher ging alles einfach so schnell, aber jetzt frage ich mich das erste Mal, ob diese Frau vielleicht total wahnsinnig ist.

Roary macht sich solche Gedanken nicht. Ohne zu zögern, läuft er Mailin hinterher, und so folge ich ihr auch, leicht verwirrt und irgendwie seltsam lebendig.

Ein muskulöser Mann in Boxershorts kommt aus dem Schlafzimmer. Er sieht wütend aus und hält eine Pistole in seiner Hand. Das ist er, Rubber G, Leipzigs härtester Gangsta-Rapper.

Doch bevor er etwas sagen kann, hebt Mailin den Finger und legt ihn sanft auf ihre Lippen.

Rubber G bleibt wie angewurzelt stehen, und schaut stumm und ungläubig dabei zu, wie eine schöne blonde Frau in Yogapants und Einhorn T-Shirt zusammen mit einem Urzeit Hund, der ihm bis zur Hüfte reicht, und ausgerechnet dem Typen, den er schon letztes Silvester erschießen wollte, mitten in der Nacht von seinem Balkon, erst durch seinen Flur, an ihm vorbei und schließlich aus seiner Wohnung spazieren.

Warum Rubber G mich erschießen wollte? Nun, ich hab dir ja erzählt, dass ich häufiger mit Nizi, dem schönen türkischen Hip-Hop Sternchen feiern geh. Aber das erzähl ich dir alles gerne ein anderes Mal.

*

Wir stehen auf der Lotte, dem Radweg zwischen der Zschocherschen und der Gießer. Der Regen ist schon viel schwächer geworden und der Sturm hat nachgelassen. Auch Roary hat einen Weg zu uns gefunden.

„Ich will zurück in die Anderswelt“, sagt Mailin.

Hat sie wirklich Anderswelt gesagt?

„Meinst du Mag Mor?“

„Du kennst es“, Mailins Augen leuchten vor Freude.

„Das gibt es wirklich?“, frage ich und fühle mich schon direkt danach wie ein Idiot.

Auch Mailin schaut mich fragend an. So „Echt jetzt?“.

Langsam und mit Zeichensprache erklärt sie mir: „Da komme ich her." Dann schüttelt sie den Kopf und geht.

Nach 200 Metern biegen wir ab und laufen über die Industriestraße zu der Fußgängerbrücke am Kanal. Dort bleiben wir stehen. Mailin hält sich am Geländer fest und atmet schwer.

„Alles klar?“, frag ich sie.

„Nein“, sie lächelt gequält.„Aber es geht. Ich möchte weiter.“

„Soll ich einen Arzt rufen?“

„Nein.“

„Sollen wir ins Krankenhaus?“

Mailin lacht, „Nein.“

Dann schaut sie mich ernst an und sagt: „Ich weiß nicht, was du denkst, wer ich bin. Aber du brauchst dir um mich keine Sorgen machen.“

„Alles klar. Du bist eines dieser tough girls.“

„Vielleicht bin ich das wirklich.“

„Scheint so.“

Es herrscht kurz Stille, bis ich sie frage: „Und dieser Typ, ist er auch eines dieser tough girls?“

„Welcher Typ?“

„Der mit dem Knochenhelm und den drei Hunden.“

„Oh“, Mailin scheint, als hätte sie ihn ganz vergessen gehabt. „Das war Koram“, sagt sie schließlich.

„Ist er ein verrückter Auftragskiller?“

„Nein, Koram ist ein großer Held. Er ist der Schwertkönig. Außerdem hat den zweigehörnten Dämon Alachpon besiegt und trägt dessen Echsenhaut nun als Trophäe.“

Sie macht eine kurze Pause, blickt einen Moment verträumt in die Ferne und sagt mit einem Lächeln: „Und nun, er hat vielleicht auch noch den einen oder anderen weiteren Vorzug.”

*

Wir sind in der Kurve gegenüber des Stelzenhauses und sehen, wie ein Abschleppdienst versucht den gelben Kastenwagen aus dem Geländer der König Albert Brücke zu ziehen. Die Polizei hat den Fußweg am Kanal und die Karl-Heine Straße abgesperrt.

„Auch die noch“, faucht Mailin leise und schaut sich um.

„Was suchst du?“

„Einen Weg.“

„Einen Weg wohin?“

„Zu den Lindenauer Gärten.“

„Das ist einer meiner Lieblingsorte“, freue ich mich. „Wusstest du, dass Ralph Rouge sie entworfen hat?“

Mailin lächelt. „Wer ist Ralph Rouge?“

„Echt? Du kennst Ralph nicht? Nun, er ist ein … Zauberer ?! Ich weiß es gar nicht genau. Aktionskünstler, Erneuerer der sozialen Plastik, Malergenie, Erfinder, Philosoph. Mit den Lindenauer Gärten ist er so etwas wie der Nikolei Tesla des 21. Jahrhunderts geworden. Nur super reich und mega berühmt.“

„Es gibt dort ein Portal. Deswegen will ich dorthin.“

„Perfekt, wir nehmen den Bus.“ Ich geh zu dem Aufgang am Kaiserbad.

„Die Haltestelle ist nicht weit. Direkt vor dem Westwerk.“

Mailin zögert. Es scheint, als hätte sie sich das anders vorgestellt. „Aber sie können uns leichter finden.“

„Wieso? Kontrolliert deine Mutter auch noch den öffentlichen Nahverkehr?“

*

Als sich ein wenig später die Tür des E-Busses 203 öffnet, ist das, was wir sehen, tatsächlich nur noch mit Magie zu erklären.

Ralph Rouge hat sein Meisterwerk vollbracht und wir sind verzaubert.

Im Schein der Laternen laufen wir zunächst ein Stück am Kanal entlang. Die Lichter in der alten Fabrik neben uns leuchten bunt in der Nacht.

Leise hören wir gute Musik zu uns hallen.

„Die ersten Beltaine-Partys haben begonnen“, meine ich.

„Wirklich? Aber Beltaine ist erst in drei Tagen. Es ist noch gar nicht ganz Vollmond.“

Ich schaue zum Himmel. Tatsächlich fehlt noch ein kleines Stück. „Nun, sie wärmen sich wahrscheinlich schon mal auf.“

„Ich wusste gar nicht, dass ihr überhaupt feiert.“

„Doch. Seit 2068 immer. Das war das erste Beltaine, das neue Jahr Null. Ich war damals fast drei.“

„Und warum 68?“

„Es war die Rückkehr des Lebens. Vorher war das Klima komplett zusammengebrochen. Hitze, Sandstürme und Dürre. Das volle Programm. Doch am 27. April 2068, in der ersten Vollmondnacht des Frühlings, begann es auf der ganzen Welt wieder zu regnen. Neue Hoffnung …“

Mailin drückt mich mitten im Satz in den Schatten einer großen Buche.

„Sei still“, zischt sie.

Über uns fliegt lautlos ein großer Schatten hinweg.

„Sie versammeln sich“, flüstert sie, als wir wieder weiter laufen. „Das Tor zum Hexensabbat wird dieses Mal hier sein.“

„In Leipzig?“

„Ja, die Welten bewegen sich ständig durch die Zeit. Dieses Mal ist Morrigans Schloss von hier am besten zu erreichen.“

„Morrigans Schloss?“

„Nun, Morrigan ist meine Mutter …“, fängt Mailin an. Doch weiter kommt sie nicht.

*

Als Kinder werden wir alle getragen.

Auf den Schultern von Giganten wandern wir durch eine Welt voller Wunder.

Doch wir werden älter, machen Erfahrungen, gute wie schlechte, treffen Entscheidungen und steigen Schritt für Schritt herab von diesen Schultern.

Und ohne, dass wir es merken, verschwinden für die meisten von uns dabei die Wunder.

Eines nach dem anderen, bis wir schließlich aufgehört haben uns zu wundern und erwachsen sind.

Aber hier in den Lindenauer Gärten sind sie wieder zurück, die kleinen und großen Wunder des Lebens.

Vielleicht weil Ralf Rouge so ein Gigant ist, der uns alle auf seinen Schultern trägt, vielleicht weil er es geschafft hat, dass wir uns wieder anfangen zu fragen.

„ … aber wie ist das möglich?“ Wir hatten den Kanal überquert und waren zu der schwebenden Pyramide gekommen. Hier hatte es Mailin die Sprache verschlagen.

Eine leuchtenden, mechanische Libelle surrt an uns vorbei und holt uns zurück in den Moment. Vor uns sehen wir diese gigantische Pyramide, die kopfüber einen guten Meter über dem Boden schwebt, krass gefertigte Schaufeln, die sich in künstlichen Wasserläufen drehen, Springbrunnen, und beleuchtete Windräder, die Spiralen aus Licht in den Nachthimmel malen.

*

Nach einem wunderschönen Spaziergang kommen wir an einen See.

Auf seiner Oberfläche schimmern hunderte Seerosen in einem warmen Gold im Mondlicht. Dazu fliegen kleine Schwärme von Leuchtbienen umher.

„Wow“, sag ich. „Hier war ich noch nie.“

„Wir sind richtig. Lass uns auf die Insel da.“

Als wir die Brücke betreten, zerreißt ein fürchterliches Krächzen die Nacht um uns herum. Eine Krähe schießt aus der Dunkelheit und flattert bedrohlich um uns herum.

„Schnell“, zischt Mailin, „sie haben uns entdeckt.“

Wir fangen an, zu rennen. Doch nun scheint die Brücke kein Ende zu nehmen. Von überall her kommen Krähen aus der Nacht, umkreisen uns und krächzen wütend. Es klingt wie ein böses Lied der Klage und wir tanzen dazu den Totentanz.

Plötzlich kommen zwei Scheinwerfer auf uns zu. Wir bleiben stehen. Die Scheinwerfer gehören zu einer schwarzen Limousine, die ein paar Meter vor uns hält.

Es herrscht Stille und die Krähen landen um uns herum auf die Geländer der Brücke.

Die Tür des Wagens öffnet sich und ich kann eine große Gestalt aus dem Wagen aussteigen sehen.

Mailin nimmt meine Hand. „Egal was passiert, hab keine Angst“, flüstert sie.

Langsam kommt die Gestalt auf uns zu. Geblendet von den Scheinwerfern kann ich nicht viel erkennen. Nur, dass die Gestalt einen schwarzen Mantel trägt und in der Hand einen Stab mit einem silbernen Totenkopf hält. Roary fängt an zu knurren.

„Noch nicht“, flüstert Mailin ihm zu und legt ihre Hand auf seinen mächtigen Schädel.

Die Gestalt bleibt vor uns stehen und schaut uns an. Es ist ein älterer Mann mit langem, schwarzen Haar.

Niemand sagt etwas, aber Mailin und der Mann scheinen sich gut zu kennen.

Er zündet sich eine Zigarette an, nimmt einen Zug und schaut über den Kanal. Fast bin ich froh, als er die Stille endlich durchbricht.

„Wovor läufst du davon, Mailin?“, fragt er mit tiefer, rauchiger Stimme.

„Vor euch, Duc Varain“, zischt Mailin. „Und euren finsteren Plänen mit mir.“ Sie stellt sich vor mich und ich kann spüren, dass ihr ganzer Körper angespannt ist

„Alles fließt“, meint der Mann. „Nichts bleibt je gleich. Du und ich und allerlei, bloss Augenblicke, da wo Augen weilen.“

„Schönes Gedicht“, meine ich anerkennend.

Er hat Ausstrahlung, auf jeden Fall. Auch ziemlich gute Haare für sein Alter. Ich meine, wie alt ist er? Sechzig?

Mailin scheint nervös, Roary auch, aber ich hab das Gefühl, wir können mit dem Typen reden.

„Und wer ist das?“, der Mann schaut mich mitleidig an. „Dein Surfer Ken?“

„Er ist keine Puppe“, faucht Mailin. „Er hilft mir. Er ist ein Zauberer.“

Der Mann muss lächeln.

„Ich mag euch beide. Wirklich. Ich freu mich sogar, dass Kor euch nicht bekommen hat. Er ist immer so… laut.“ Er drückt seine Zigarette aus. „Also macht es nicht unnötig kompliziert.“

In diesem Moment kommt von irgendwoher ein Schwarm Spatzen angeflogen und durchbricht den eisigen Ring der Krähen.

„Jetzt“, hallt es nach oben.

Mailin nimmt meine Hand und wir springen.

***

Kapitel 4 – Nirgendwo Zuhause

Schon als Kind habe ich einen Traum gelebt.

Ich baute Sandburgen auf unberührten Palmenstränden, schwamm mit meiner Gummiente in kristallklarem Wasser und aß Mangonicecreme zum Frühstück.

Ich ging ins Bett, wann ich wollte, schlief so lange, wie ich mochte, und durfte den gesamten Tag tun und lassen, was mir gefiel. Kurz, ich war frei wie der Wind.

Statt flackernde Straßenlaternen und bunte Leuchtreklamen funkelten über mir die Sterne, ich hatte Freunde überall auf der Welt, nie Langeweile, immer irgendetwas zu sehen und super viel zu Lachen.

Ja, ich fuhr mit meinen Eltern in einem Hippiebus Richtung Horizont.

Aber es war nicht mein Traum.

Vielleicht war es der meiner Eltern, aber selbst da bin ich mir noch nicht einmal sicher.

Eher war es das typische Ding, was die verlorene Generation so tat.

Damit meine ich jene Leute, die im und nach dem Krieg aufgewachsen sind.

Alles hatte sich verändert. Deshalb wird die Bombe auf London heute oft der Urknall genannt. Neuer Mix aus Atomen, Evolution im Schnelldurchlauf, Superhelden, Magier, Monster und noch mehr Kriege.

Als nächstes brach das Klima zusammen, und es herrschte Ruhe. So als hätte die Erde das letzte Mal geatmet. Und dann kam er, der 27. April. Das erste Beltaine.

Erinnerst du dich, ich hatte Mailin davon am Kanal erzählt.

Die Menschheit war wieder zurück im Paradies. Nun, abgesehen von den Megakonzernen, dem Syndikat, den Kopfgeldjägern und den Bikergangs, die nun an der Macht waren. Dennoch, es war eine zweite Chance.

Und meine Eltern? Sie nutzten sie auf ihrer Weise.

Sie fuhren mit einem alten Diesel auf Sonnenblumenöl durch die neue Welt. Und ich war dabei. In meinem alten, sandigen Maxi-Cosi zwischen ihnen auf der Sitzbank. Tatsächlich war es teilweise wirklich großartig.

Doch während meine Eltern immer weiter umherzogen, vermisste ich ein Zuhause.