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Jakob steht kurz vor seinem 10. Geburtstag, den er mit seinen Freunden feiern will. Doch eine ansteckende Krankheit seiner Eltern macht ihm einen Strich durch die Rechnung. In der Not schickt man ihn zu seinem Onkel und der hat es in sich. Er ist nämlich - und das wusste wirklich keiner - ein Zauberer! Damit nicht genug! Jakob findet dort in einer tiefen Höhle eine Kassette mit 3 Zauberkugeln. Zweimal greift er zu deren Zauberkraft. Daraufhin kommen die Menschen, die zu ihm böse und ungerecht waren, in groteske Situationen. Aber dann trifft er Nicholas. Was rät ihm dieser kluge Junge, als Jakob die dritte Zauberkugel verwenden will? Es ist ein Buch über Freundschaft, Zusammenhalt und Überwindung von Schwierigkeiten aus eigener Kraft vermischt mit Magie und deren skurrile Auswirkungen.
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Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Für meine Kinder und Enkelkinder, deren Namen ich mir für diese Geschichte geliehen habe
Wie ich lebe
Die Morapusteln
Die Bahnfahrt
Mein Onkel
Das Loch
Meine Vorbereitungen
Die drei Zauberkugel
Wieder zu Hause
OTTO
Ich opfere meine erste Zauberkugel
Das Match
Fina zieht aus
Die neuen Nachbarn
Unser Leben wird unerträglich
Ich brauche die zweite Zauberkugel
Die Rollblöcke
Harte Zeiten
Not macht erfinderisch
Das Dorffest
Der Spuk ist vorüber
Die neue Schule
Der Giftzwerg
Momi
Unzertrennliche Freunde
Nur ein Radiergummi!
Ich offenbare Nick mein Geheimnis
Ich schaffe es!
Ich habe wieder Geburtstag
Ich heiße Jakob und bis zu dem Tag, an dem ich 9 Jahre und 355 Tage alt war, ist in meinem Leben nie was Besonderes passiert. Dann allerdings ging alles plötzlich drunter und drüber - und da- von will ich euch jetzt erzählen.
Am besten schildere ich euch zuerst, wie ich lebe: Stellt euch eine große Wiese vor, auf der fünf Reihenhäuser in einem Halbkreis stehen. Auf dieser Wiese spielen wir - also wir neun Kinder dieser kleinen Siedlung - ganz oft zusammen. Bestimmt wollt ihr wissen, wie sie heißen. Ich beginne mit Fina, weil sie meine allerbeste Freundin ist. Ihr richtiger Name ist übrigens Josephine, aber so nennen wir sie nie. Einiges von dem, was ihr hier lesen werdet, hat mit ihr zu tun.
Ihr Bruder Jonathan ist erst zwei Jahre alt und deshalb fast immer bei seiner Mama.
Dann gibt es noch Max, der ist zwei Jahre äl ter als ich und sein jüngerer Bruder Julian, den wir Jules nennen.
Simon und Lukas sind Zwillinge und gehen mit mir in eine Klasse.
Vincent ist neun. Sein Spitzname ist Vinny, aber in letzter Zeit findet er das kindisch und will Vince genannt werden. Vince hat eine siebenjährige Schwester, die Philine heißt.
Von allen Spielen gefällt uns Fußball am besten, doch oft sitzen wir einfach nur zusammen und quatschen. Manchmal fahren wir auch mit unseren Rädern herum.
Im Sommer brauchen wir nur über die Wiese zu laufen, die am unteren Ende von einer Hecke abgeschlossen ist. An einer Stelle gibt es eine Öffnung zu einem Pfad, der uns zu einem kleinen Teich führt. Dort baden wir, auch wenn das Wasser ziemlich dunkel ist, denn der Untergrund besteht aus schwarzem Schlamm. Es gibt Schilf und Seerosen, Kaulquappen, Frösche und Wasserläufer.
Genau zehn Tage vor meinem zehnten Geburtstag kam mein Papa früher als sonst von der Arbeit nach Hause. „Ich habe höllische Kopfschmerzen“, stöhnte er, „ich muss mich sofort ins Bett legen.“ Papa war auch wirklich blass und hatte tiefe Ringe unter den Augen. Bestimmt würde Mama ihm gleich eine gute Hühnersuppe kochen. Das macht sie immer, wenn einer von uns krank wird.
Aber Mama ließ sich auf den Küchenstuhl fallen und sagte leise: „Dann geht es dir so wie mir, ich kann mich gar nicht mehr auf den Beinen halten, der Kopf zerspringt mir fast und mir ist ganz schwindelig. Ich komme gleich mit dir.“ Und schon verschwanden meine Eltern im Schlafzimmer.
„Eine Limonade hilft ihnen bestimmt“, dachte ich. Ich machte in einem Topf Wasser heiß, presste eine Zitrone aus, gab fünf große Löffel Honig dazu, rührte solange, bis er sich auflöste, schüttete alles in zwei große Tassen und brachte diese meinen Eltern ins Schlafzimmer. „Danke Jakob“, sagten sie matt und schlürften vorsichtig das Getränk.
Dann verspürte ich Hunger. Schnell schmierte ich mir drei Leberwurstbrote und stopfte sie in mich hinein, während ich an mein bevorstehendes Geburtstagsfest dachte. Es sollte ein Riesenfest werden, erstens, weil ich 10 werde, was ja eine ganz besondere Zahl ist, schließlich besteht sie zum ersten Mal aus zwei Ziffern. Zweitens würde es auch ein Abschiedsfest sein für Fina.
Mir war zum Heulen zumute bei dem Gedanken, dass meine allerbeste Freundin wegziehen würde, und ich brauchte dringend Ablenkung. So schaltete ich im Wohnzimmer den Fernseher ein. Aber das hätte ich lieber bleiben lassen sollen, denn auf dem Bildschirm sah ich eine Gestalt, die mit einem Strumpf über dem Kopf durch einen Garten und dann weiter durch eine geöffnete Terrassentür in ein Wohnzimmer schlich, wo sich gerade nichts ahnend eine Frau und zwei Kinder befanden. Was würde sie denen antun? Schnell drückte ich auf den Abschaltknopf und ging zu Bett.
Beim Aufwachen am nächsten Morgen war es seltsam ruhig. Nichts von den vertrauten Geräuschen aus der Küche, wo Mama sonst schon mit dem Geschirr klappert und Papa beim Zeitungslesen vor sich hin schimpft. Ach richtig, meine Eltern fühlten sich ja gestern nicht wohl, so ging ich daran, mir selber mein Frühstück zuzubereiten. Ich schüttete Müsliflocken mit Schokoraspeln und Milch in eine Schale und weil ich so allein nichts zu tun wusste, setzte ich mich wieder vor den Fernseher. Morgens gibt es meistens eine Disneyshow, aber normalerweise wollen meine Eltern, dass ich mich beim Frühstücken mit ihnen unterhalte, zum Beispiel, dass ich ihnen von der Schule erzähle.
Doch bald hörte ich krächzende Hilferufe aus dem Schlafzimmer: „Jakob, Durst!“ Den Zitro nentee, den ich ihnen schnell brachte, hätte ich beinahe fallen lassen. Der Anblick, der sich mir bot, war einfach schrecklich. Meine armen Eltern saßen mit verstrubbelten Haaren im Bett und waren mit roten Punkten übersät. Wenn es auch ziemlich komisch aussah, so war mir doch klar, dass die Situation ernst war. „Hol Doktor Werner“, wimmerten sie, „er soll sofort kommen.“
Doktor Werner ist nämlich unser Hausarzt und wohnt nur zwei Häuser von uns entfernt. Ich rannte also los und erreichte ihn gerade, als er sich auf den Weg zu Patientenbesuchen machen wollte.
Vom Laufen und der Aufregung musste ich immer nach Atem schnappen, während ich ihm alles erzählte. Doktor Werner machte ein ahnungsvolles Gesicht. Er folgte mir zu unserem Haus und ich hörte ihn vor sich hinmurmeln: „Die Morapusteln, ganz eindeutig, die Morapusteln.“
Und dieses komische Wort sagte er wieder, als er am Bett meiner Eltern stand. „Sie haben sich mit den Morapusteln angesteckt. Es ist eine lästige Krankheit, die seit kurzem wieder aufgetaucht ist, schlimmes Hautjucken, Fieber. Auf keinen Fall darf man die Pusteln aufkratzen.“
Mit diesen Worten nahm Dr. Werner Mullbinden aus seiner Arzttasche und machte sich daran, die Hände meiner Eltern zu umwickeln und band sie - stellt euch das nur vor - an den beiden Lehnstühlen fest, die rechts und links vom Bett standen. „Ich werde zweimal täglich bei Ihnen vorbeikommen“, sagte er, „dann können Sie etwas essen und die Toilettengänge absolvieren.“ Er nahm noch einen Topf aus seiner Tasche, der aussah wie ein Puderzucker-Streuer und bestreute sie damit so großzügig, wie Mama es mit einem Gugelhupf macht.
Auf einmal schaute er auf mich: „Jakob, du solltest für die nächsten zehn Tage - so lange sind deine Eltern sehr ansteckend - woanders unterkommen, denn sonst bekommst du sie auch, diese Morapusteln.“
„Wie steht’s mit den Nachbarn?“, fragte Dr. Werner dann. „Das ist es ja gerade“, sagte meine Mama, „die sind alle zusammen für eine Woche verreist.“ „Großeltern?“, fragte Dr. Werner. Mama seufzte: „Nur meine Mutter und die ist auf einer dreiwöchigen Kur im Schwarzwald.“
„Endlich eine Gelegenheit, meinen Bruder zu besuchen“, rief Papa durch die offene Tür, weil mich Dr. Werner inzwischen schon sanft nach draußen gezogen hatte. „Ich rufe ihn gleich an.“
Er nahm sein Handy und obwohl er jetzt gerade so matt und voll roter Pusteln war, konnte ich ein freudiges Leuchten in seinen Augen sehen, als er mit ihm sprach und dann verkündete: „Onkel Wilhelm findet es prima, wenn du für einige Tage zu ihm kommst.“ Papa hat nämlich seinen Bruder sehr gern und sagt oft, dass er ein richtig guter Kerl sei.
Mama hat allerdings einiges an Onkel Wilhelm auszusetzen: „Womit verdient er sein Geld? Ist faktisch immer in dem kleinen Häuschen. Was treibt er dort eigentlich?“ Papa hat darauf keine Antwort und murmelt höchstens, dass Wilhelm Physik studiert habe.
Jetzt muss ich euch eines verraten: Onkel Wilhelm ist mein absoluter Schwarm. Er macht dauernd Witze und benimmt sich überhaupt nicht so, wie es Erwachsene normalerweise tun. Wollt ihr Beispiele? Vor kurzem gab es eine Familienfeier. Auch Tante Marta war dabei. Nicht gerade meine Lieblingstante! Meistens ist sie mürrisch und unfreundlich. Als ich etwas erzähl te, reckte sie den Kopf schief nach vorne und griff sich mit der Hand zur Ohrmuschel. „Was hast du gesagt?“, krächzte sie dabei.
Da fiel mein Blick auf Onkel Wilhelm. Der wackelte mit seinen abstehenden Ohren vor und zurück, wie es sonst nur Elefanten können. Dazu klimperte mit den Augenlidern und es fiel mir sehr schwer, nicht loszuprusten denn er machte diese Show ja hinter dem Rücken der anderen, also nur für mich.
Meine armen Eltern! Sie taten mir leid, wie sie so mit verbunden Händen in ihren Betten saßen. Mama schaute besorgt, ich versuchte vor ihr zu verbergen, dass auch ich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen verspürte, denn wenn Onkel Wilhelm auch sehr lustig ist, war ich doch noch nie allein bei ihm.
Aber es war klar, dass ich mich nicht anstecken wollte, denn ich hasse es, wenn mich etwas juckt, und diese vielen roten Pusteln müssen höllisch jucken, also, die wollte ich auf keinen Fall bekommen.
Ich musste im Haus von Dr. Werner übernachten und seine Frau brachte mich am nächsten Tag zum Bahnhof.
„Was für eine tolle Erfahrung für dich“, sagte sie mit aufmunternder Stimme, denn sie konnte mir ansehen, dass mir nicht wohl zumute war.
„Nur drei Stunden und du bist da. Dort steht dein Onkel am Bahnhof und freut sich auf dich.“
Wir eilten zu einem Abteil, in dem schon drei andere Leute saßen. Ich konnte sehen, wie sich Frau Werner noch draußen mit dem Schaffner unterhielt, bis der dann in sein Pfeifchen blies, worauf der Zug anfuhr.
Während der Fahrt aß ich zwei Wurstsemmeln, drei Schokoriegel, trank meine Cola, kaute Kaugummi und schaute aus dem Fenster. Ich fühlte mich elendig, irgendwie verstoßen.
Wie hatte Frau Werner so fröhlich gesagt?
„Nur drei Stunden und schon bist du da.“ Ich sag’s euch, drei Stunden sind verdammt lang in so einem Zugabteil. Gegenüber von mir saßen zwei Frauen, die zuerst angeregt plauderten und sich dann in ein Buch vertieften. Der Mann neben mir war eingeschlafen und stieß aus seinem geöffneten Mund leise Schnarchtöne aus. Ich fand das ziemlich peinlich.
Nach einer Zeit waren keine Berge mehr zu sehen, alles wurde flach, dafür verschwanden die Wolken und die Sonne strahlte vom Himmel. Dann tauchten grüne Hügel auf und ein großer blauer See. Ein wunderbarer Anblick! Im Vorbeirattern konnte ich Strände erhaschen, an denen sich Menschen in der Sonne räkelten. Vielleicht würde Onkel Wilhelm einmal mit mir an diesen See fahren? Fischen war immer schon meine Leidenschaft, und bisher konnte ich das nur in dem kleinen Teich bei uns tun. Aber so gut wie noch nie hatte ich einen Fisch an der Angel, der größer als mein Mittelfinger war. Das könnte sich jetzt ändern, wer weiß? Außerdem tauche ich gerne und ich bedauerte schon, dass ich meine Taucherbrille nebst Flossen zu Hause gelassen hatte. Vielleicht würde mir ja Onkel Wilhelm das alles neu kaufen?
Endlich kam der Schaffner, den Frau Werner gebeten hatte, ein Auge auf mich zu werfen und sagte: „Mach dich fertig, Junge, an der nächsten Station musst du aussteigen.“ Aber natürlich hät te ich das selber auch gewusst. Ich schulterte meinen Rucksack, stand am Gang, bis der Zug mit quietschenden Bremsen anhielt und stieg aus. Da stand er: Onkel Wilhelm!
Er lachte mich an, seine Augen blitzten vor Freude und in dem Moment fiel mir auf, dass sie die gleiche dunkelblaue Farbe hatten wie Papas Augen.
„Na, da ist ja unser großer Reisender“, sagte er und strich mir von hinten über die Haare. „Gute Fahrt gehabt?“ Er bahnte sich mit festen Schritten den Weg durch das Gedränge des großen Bahnhofs. In einer Tiefgarage machte er an einem Automaten halt, um das Parken zu bezahlen. Dann fuhren wir eine steile geschlängelte Straße hoch hinauf zu seinem Haus, das einsam in der Natur stand.
Das Haus war umgeben von einem Gemüsegarten. Ein schmaler Kiesweg führte durch Salatköpfe, Radieschen- und Karottenblätter und vielerlei Kräuter zur Eingangstür. Onkel Wilhelm kramte in seiner Manteltasche, bis er endlich den Schlüssel gefunden hatte und dann traten wir in eine gemütliche Küche. Ein großer Tisch in der Mitte, Stühle rund herum, ein Kachelofen und ein Herd, dazu eine Kommode mit vielen Laden.
Über eine Wendeltreppe ging‘s in mein Zimmer. Ein Bett, ein Schrank – mehr brauchte ich ja auch nicht. Daneben lag das Schlafzimmer von Onkel Wilhelm. Klar war da noch ein Badezimmer, doch das war’s dann - hatte ich gedacht. Bald würde ich noch andere Räume entdecken!
„Onkel Wilhelm, ich hab‘ vom Zugfenster aus so einen tollen See gesehen, wollen wir morgen dahin fahren“, fragte ich gleich.