John Sinclair 2407 - Steve Hogan - E-Book

John Sinclair 2407 E-Book

STEVE HOGAN

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Beschreibung

Ich sah das Grab im Licht meiner Taschenlampe. Die Steinplatte machte einen massiven Eindruck, dennoch schaffte es der Untote, das Hindernis langsam zu beseitigen. Ich erblickte seine Klaue. Zwischen schwärzlichen Fleischfetzen schauten die weißen Knochen hervor.
In diesem Moment bekam Suko Probleme, als plötzlich eine andere Klauenhand direkt aus dem Boden geschossen kam und sein linkes Fußgelenk packte! Gleichzeitig stemmte sich vor mir eine Art Mutant aus dem Untergrund, um sich auf mich zu stürzen ...

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Seitenzahl: 135

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Des Teufels Hexenturm

Briefe aus der Gruft

Vorschau

Impressum

Des Teufels Hexenturm

von Steve Hogan

Der Expressbus von Galway nach Limerick fuhr in den Tod. Doch weder der alte Ire am Lenkrad noch die zusammengewürfelte Passagierschar ahnten etwas von dem düsteren Schicksal, das ihnen allen bevorstand.

Der Himmel verdunkelte sich, ein Gewitter zog auf. Das war an einem Frühsommertag im Süden der Republik Irland nichts Ungewöhnliches. Die sanfte grüne Hügellandschaft wirkte friedlich. Die Menschen im Bus erwarteten nach dem Regen bald wieder Sonnenschein, denn das Wetter auf der Insel schlug oft schnell um.

Stattdessen geschahen unerklärliche Dinge. Es begann mit Staren, die wie schwarz gefiederte Kamikazepiloten gegen die Frontscheibe des Fahrzeugs krachten. Es waren mindestens acht oder zehn.

Paddy O'Donnell am Steuer fluchte herzhaft, als sein Bus ins Schleudern geriet. Gleich darauf hatte er die Kontrolle wieder zurückgewonnen.

Doch allzu lange sollten er und die Passagiere sich ihres Lebens nicht mehr erfreuen ...

»Bewahren Sie bitte Ruhe, es ist alles in Ordnung!«

Diese Worte sprach Paddy ins Mi‍krofon der Lautsprecheranlage, mit der die Linienbusse ausgestattet waren. Er versuchte, vertrauenerweckend zu klingen. Obwohl er spürte, wie die Angst in ihm hochkroch wie ein heimtückisches Reptil.

Der Busfahrer war kein Anfänger. Er kannte diese Strecke so gut wie die Theke seines Stamm-Pubs. Seit fünfzehn Jahren befuhr er sie unfallfrei, bei Wind und Wetter, sommers wie winters. Und gelegentlich war schon mal ein verwirrter Vogel mit seinem Bus kollidiert. Doch eine so massive Attacke von großen schwarzen Tieren hatte er noch niemals zuvor erlebt.

Obwohl Paddy sich für einen modernen Mann hielt und Aberglauben ihm fremd war, hatten ihn die Sagen und Legenden seines Volkes unterbewusst geprägt. Und darum fiel ihm sofort eine Erklärung für den Angriff ein, die ihm überhaupt nicht gefallen wollte.

Magie!

Wie alle anderen Tiere besaßen auch Stare einen sehr starken Selbsterhaltungstrieb. Ihr Instinkt verbot es ihnen eigentlich, sich mit Höchstgeschwindigkeit gegen eine fahrende Blechkiste zu werfen, wobei ihr Tod unausweichlich war. So etwas konnte höchstens als unglücklicher Zufall geschehen, als bedauerlicher Einzelfall.

Aber eben gerade war ein ganzer Schwarm auf die Frontscheibe zugerast – wie eine Gruppe von Kampfdrohnen auf dem Schlachtfeld!

Während Paddy diese Überlegungen durch den Kopf schwirrten, tat er alles, um den Bus ruhig auf der Fahrbahn zu halten. Das Verbundglas hielt noch, wenngleich es an mehreren Stellen geborsten war. Die Sicht hatte sich allerdings dramatisch verschlechtert.

Und das lag nicht nur an der kaputten Scheibe, sondern auch an dem Wetterumschwung. Schlagartig war es beinahe so finster wie in tiefster Nacht geworden. Regen prasselte auf das Dach. Es war so laut, als ob nicht Wassertropfen, sondern Kieselsteine hinabfielen.

Auch die Passagiere spürten, dass sie sich inmitten von unerklärlichen Phänomenen befanden. Sie redeten wild durcheinander, einige von ihnen weinten. Ein Mann verlangte lautstark, dass der Bus auf freier Strecke halten sollte.

Aber Paddy dachte gar nicht daran, diesen Wunsch zu erfüllen. Er spürte instinktiv, dass nur der starke Busmotor ihn und alle übrigen Anwesenden vor einem schrecklichen Schicksal bewahren konnte. Er war kein Experte für die Mythen seiner Heimat. Trotzdem erinnerte er sich daran, dass manche Spukgestalten nur Macht über einen bestimmten Fleck Erde hatten. Wenn es Paddy gelang, dieses Gebiet hinter sich zu lassen, konnte dies die Rettung sein.

Hoffnung keimte in ihm auf. Als er nämlich nun die Augen zusammenkniff und so gut wie möglich nach vorn spähte, glaubte er hinter den pechschwarzen Gewitterwolken ein kleines Stück vom blauen Himmel zu erkennen. Wie weit es wohl noch war, bis er die Unwetterfront hinter sich gelassen hatte? Fünf Meilen? Oder zehn? Er musste jedenfalls sein Bestes geben.

Er war ein Mann, der seinen Beruf sehr ernst nahm. Indem die Menschen ein Ticket kauften, vertrauten sie ihm sozusagen ihr Leben an. Im Normalfall ging alles gut, Unfälle von Linienbussen waren auf der grünen Insel eher selten. Und das trotz des teilweise schlechten Zustands der Straßen im County Cork.

Paddy hatte keine Ahnung, was die momentane Attacke ausgelöst haben konnte. Er war auf dieser Landstraße schon unzählige Male unterwegs gewesen, und niemals hatte es Probleme gegeben – weder mit anderen Autofahrern noch mit Wesen aus der Anderswelt.

Paddy nahm die rechte Hand vom Lenkrad, um sich zu bekreuzigen. Doch seine Geste der Gottesfurcht blieb fruchtlos. Denn im nächsten Moment ertönte ein derart schriller Misston, dass er beide Fäuste gegen seine Ohren pressen musste, um das Geräusch auch nur halbwegs ertragen zu können.

Paddy konnte nicht verhindern, dass der Bus im Straßengraben landete.

Fiona Cormick studierte Wirtschaft und Sport in Dublin. Sie wollte ein verlängertes Wochenende bei ihren Eltern in Limerick verbringen. Diese Überlandbuslinie hatte sie schon unzählige Male benutzt. Wenn man kein eigenes Auto hatte, dann waren die Busse das Mittel der Wahl.

Fiona hatte ihre Earbud Kopfhörer eingestöpselt und lauschte verträumt ihrer Lieblingsband, als der Bus plötzlich eine ruckartige Bewegung machte. Erschrocken schaute die zweiundzwanzigjährige Studentin aus dem Fenster und erblickte mehrere blutende schwarze Vögel, die offenbar gegen das Fahrzeug geknallt waren. Sie ve‍r‍en‍deten am Straßenrand, die gebrochenen Flügel flatterten bei dem vergeblichen Versuch, sich noch einmal in die Lüfte zu erheben.

Fionas Magen rebellierte bei dem makabren Anblick.

Der Platz neben ihr war unbesetzt. Sie schaute zu anderen Passagieren hinüber, die genauso irritiert waren wie sie selbst. Bei einigen handelte es sich zweifellos um Touristen. Die grüne Insel genoss schon seit vielen Jahren einen guten Ruf als Reiseziel für Urlauber, die sich nach Natur sehnten und außerdem eine Vorliebe für die keltische Mythologie hatten.

Fiona konnte hören, wie die Mitreisenden in verschiedenen Sprachen durcheinanderredeten: Deutsch, Spanisch, Chinesisch. Fiona wandte sich an eine alte Frau, die schräg vor ihr saß und von der sie wusste, dass sie ebenfalls eine Einheimische war. Die beiden hatten schon öfter denselben Bus benutzt.

»Was ist passiert?«

»Die Vögel sterben nicht freiwillig«, erklärte die betagte Irin mit zitternder Stimme. »Da steckt eine Turmhexe dahinter. Der Herr sei uns gnädig!«

Mit diesen Worten senkte sie den Kopf und faltete die Hände zum Gebet.

Fiona runzelte die Stirn. Eine Turmhexe? Natürlich hatte die Studentin von den Legendengestalten ihrer Heimat gehört – Herrscherinnen in verfallenen Wehrtürmen, die Seelen von toten Kriegern befehligten. Aber warum sollte ein solches Wesen – falls es überhaupt existierte – plötzlich und völlig grundlos Vögel zum selbstmörderischen Angriff auf einen Überlandbus treiben? Nein, so etwas konnte es nicht geben.

Fiona versuchte, sich von der Unruhe im Bus nicht anstecken zu lassen. Die anderen Passagiere erinnerten sie an einen aufgescheuchten Hühnerhaufen. Wenn die Leute ausrasteten und den Fahrer ablenkten, würde er am Ende noch die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren. Also versuchte die Studentin, sich wieder auf ihre Musik zu konzentrieren. Sie hoffte, dass sie trotz der Kollision mit den Vögeln si‍cher am Ziel ankommen würde.

Hatte es nicht vor vielen Jahren mal einen Hitchcock-Film gegeben, in dem Scharen von gefiederten Freunden eine ganze Kleinstadt terrorisiert hatten? Aber das war eben nur eine ausgedachte Geschichte gewesen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte. Oder?

Noch bevor Fiona länger über diese Frage nachdenken konnte, ertönte ein schriller Schrei. Dieser ging ihr dermaßen durch Mark und Bein, dass sie körperliche Schmerzen empfand. Ein Schlag mit einem Hammer auf den Kopf hätte ihr vielleicht weniger Qualen bereitet.

Und sie war nicht die Einzige, der es so ging. Die Studentin richtete sich auf und musste zu ihrem Entsetzen erkennen, dass der Fahrer das Lenkrad losgelassen hatte. Der Bus begann zu schlingern, stärker als zuvor. Und dann ging Fiona zu Boden, als das Transportmittel von der Straße abkam.

Der entnervende Ton wollte einfach nicht aufhören. Im Fahrzeuginneren breitete sich Chaos aus. Der Motor soff ab. Ein Passagier hämmerte verzweifelt gegen die vordere Tür, versuchte sie zu öffnen. Aber der Mechanismus funktionierte nicht mehr.

Vom Fahrer war momentan keine Hilfe zu erwarten. Er hatte den Fehler begangen, vorzeitig seinen Sicherheitsgurt zu lösen und war mit dem Kopf gegen die Frontscheibe geknallt, wovon ein großer Blutfleck zeugte. War er nur ohnmächtig oder bereits tot? Das konnte Fiona von ihrem Platz in der Mitte des Busses aus unmöglich einschätzen.

Der Fahrgast, der ein kariertes Holzfällerhemd trug, trat gegen die geschlossene Tür und stieß dabei wilde Flüche aus. Auch die anderen Menschen im Inneren der großen Blechkis‍te hatten sich von ihren Sitzen erhoben. Einige drängten nach vorn, andere zum hinteren Ausgang, der ebenso verschlossen war.

Ihre Versuche, aus dem verunglückten Fahrzeug zu entkommen, waren nach Meinung der Studentin sinnlos. Es brachte nichts, an den Türen zu rütteln oder dagegen zu treten. Sie hatte schon oft genug beobachtet, wie der Fahrer einen Knopf am Armaturenbrett drückte und daraufhin die Türen geöffnet oder geschlossen wurden. Und da der Mann hinter dem Lenkrad außer Gefecht war, musste jemand anders dies tun.

Fiona versuchte, nach vorn zu gelangen, um die Ausgänge freizumachen. Allerdings fiel es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Der dissonante Ton hatte nämlich immer noch nicht aufgehört. Allein die Aussicht, dem Geräusch entkommen zu können, spornte sie an.

Plötzlich geschah etwas noch Seltsameres. Der schrille Krach verstummte. In der Studentin keimte Hoffnung auf, die sich allerdings als trügerisch erwies. Denn nun wurde die Vordertür aufgesprengt – allerdings anders, als Fiona es sich hätte vorstellen können. Die beiden Türflügen verbogen sich, als eine grauenvolle Gestalt von außen in den Bus eindrang.

Fionas Herz schien für einen Moment auszusetzen. Das Wesen erinnerte entfernt an eine magere alte Frau. Und doch konnte es sich nicht um einen Menschen handeln, das spürte die Studentin ganz deutlich. Die bleiche Haut war straff wie ein Trommelfell über das Skelett gespannt. Rote Augen schienen das Feuer der Hölle in sich zu haben. Der Mund ähnelte eher dem Maul eines Tiers, und die spitzen Zähne konnten gewiss jeden Knochen mühelos durchtrennen.

Das Gruselwesen war einen Kopf größer als der bullige Kerl in dem Holzfällerhemd, der eben noch nach draußen zu entwischen versucht hatte. Nun aber stand er direkt neben dem leblosen Fahrer. Der Anblick des Eindringlings schien ihn in eine Schockstarre versetzt zu haben.

Das Wesen drehte seinen widerlichen Schädel einmal von links nach rechts. So als ob es sich vergewissern wollte, wie viele Passagiere sich überhaupt in dem Bus befanden. Wer weiter vorn stand oder saß, hatte die Gestalt schon im Blickfeld.

Die nervöse Unruhe, die bisher ge‍herrscht hatte, schlug in blanke Panik um.

Der rechte Arm der Kreatur schoss vor. Holzfällerhemd wäre gut beraten gewesen, wenn er sich zurückgezogen hätte. Doch die Angst hatte ihn gelähmt, seine Beine an der Bewegung gehindert. Und nun war es zu spät. Der Arm sah dünn und mager aus, die ihn umspannende Haut erinnerte an die einer Toten, die schon länger im Sarg gelegen hatte. Kraft oder Stärke hätte man dem Wesen nicht zugetraut. Doch nun packte es den Mann an der Kehle und hob ihn hoch.

Fiona konnte sich nicht abwenden, obwohl sich ihr Magen in eine Eisgru‍be zu verwandeln schien und sie am ganzen Körper zu zittern begann. Die Kreatur hielt den gewiss hundert Kilo wiegenden Kerl am ausgestreckten Arm.

Nun endlich setzte sein Überlebenswille ein. Er begann verzweifelt, mit den Beinen zu strampeln und mit den Armen zu rudern. Es gelang ihm sogar, das Wesen einige Male mit seiner Faust zu treffen. Eine Wirkung blieb allerdings aus.

Der schrille Ton setzte erneut ein. Er stammte aus dem Körper der Kreatur, worüber Fiona sich nicht wunderte. Diese Gestalt war offensichtlich für den ganzen Unfall verantwortlich. Sie musste auch dafür gesorgt haben, dass die Vögel durchdrehten und sich gegen die Busscheibe warfen.

Das Monster rammte den Kopf seines Opfers mit voller Wucht gegen die metallene Decke des Busses. Einmal, zweimal. Die Studentin hielt sich bereits die Ohren zu. Und doch kam es ihr so vor, als ob das Geräusch des berstenden Schädels sie für den Rest ihres Lebens bis in ihre Träume verfolgen würde.

Der Körper des Mannes erschlaffte, Blut sickerte aus seinen Nasenlö‍chern und aus seinem Mund.

Das Wesen ließ ihn fallen wie ein Spielzeug, an dem es das Interesse verloren hatte. Und es gab ja noch weitere Menschen, die der Kreatur hilflos ausgeliefert waren.

Es kam langsam den Mittelgang entlang. Eile schien es nicht zu kennen. Es stammte vermutlich aus einer Dimension, wo Zeit keine Rolle mehr spielte. Oder es ergötzte sich an seiner Wirkung, die es auf die Passagiere ausübte.

Die Studentin wog ihre Chancen ab, obwohl die Panik auch sie zu überwältigen drohte. Gegen diese mystische Gestalt zu kämpfen war sinnlos – jedenfalls für sie. Dafür musste man jemanden finden, der solchen Kreaturen die Stirn bieten konnte. Also musste sie fliehen.

Aber wie? Vor der hinteren Tür stauten sich die Verzweifelten, die aus der Todesfalle entkommen wollten.

Die weißhaarige Horrorgestalt kam unaufhaltsam näher. Sie war mit einem langen einstmals weißen Nachthemd bekleidet. Ob man sie einst in diesem Kleidungsstück beerdigt hatte? Es wirkte jedenfalls altmodisch, war zudem fadenscheinig. An mehreren Stellen wies das Hemd Löcher auf, man konnte den skelettartigen Leib darunter sehen.

Fiona riss sich von dem Anblick los. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis das Wesen sie erreicht hatte. Momentan stürzte es sich auf einen dicken Mann, der sich nicht schnell genug von seinem Sitz hatte erheben können. Die Studentin wollte gar nicht wissen, was es mit ihm machte. Seine Entsetzensschreie waren schlimm genug.

Fionas Hand zitterte. Trotzdem schaffte sie es, den Nothammer zu packen, der sich in einer Aufhängung neben der Fensterscheibe links von ihr befand. Sie schlug mit ganzer Kraft gegen das Glas. Ihr erster Vorstoß war nicht stark genug gewesen, aber die Todesangst verlieh ihr ungeahnte Kräfte. Beim zweiten Versuch zersplitterte die Scheibe. Fiona zog ihre Kapuzenjacke aus, wickelte sie um ihren linken Arm und beseitigte damit die Splitter.

»Hierher!«, rief sie ihren Mitpassagieren zu, bevor sie ihre Muskeln anspannte und durch das nun glaslose Fenster nach draußen kroch.

Sie rutschte an der Karosserie des Busses hinab und blieb auf einer Grasnabe liegen. Im nächsten Moment kam sie taumelnd wieder auf die Beine. Erst jetzt merkte sie, dass ihr Gesicht tränenüberströmt war. Ihr Körper und ihre Seele hatten eindeutig auf das Entsetzen reagiert, mit dem sie so plötzlich und unerwartet konfrontiert wurde.

Ein Schrei zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Eine blonde Frau, vielleicht ein paar Jahre älter als Fiona selbst, war ihrem Beispiel gefolgt.

Die Blonde versuchte, sich durch das Fenster zu stemmen. Offenbar war sie nicht so beweglich wie die sportliche Studentin. Fiona streckte ihr die rechte Hand entgegen, um ihr bei der Flucht zu helfen.

Die Kreatur hatte offenbar andere Pläne. Die Miene der Blonden spiegelte grenzenloses Erschrecken wider, als sie sich am Fensterrahmen festzukrallen versuchte. Es war sinnlos, und den Grund konnte Fiona sich denken: Die Horrorgestalt zog ihr Opfer an den Beinen in den Bus zurück.

Die Studentin begriff, dass sie aktuell nichts mehr für die anderen Menschen in der Todesfalle tun konnte. Sie musste überleben – wie sonst hätte sie der Welt davon berichten können, was sich hier gerade zutrug?

Fiona begann zu laufen. Sie rannte und rannte. Obwohl sie schon einige Marathons hinter sich gebracht hatte, begann sie nach wenigen Minuten unter Seitenstichen zu leiden. Dies war kein Wettbewerb, bei dem es um eine schöne Medaille ging. Der Preis war ihr eigenes Leben.

Sie vergaß ihre Umgebung, verlor jedes Gefühl für Zeit. Irgendwann brannten ihre Lungen wie Höllenfeu‍er, und erschöpft ließ sie sich auf den frisch gepflügten Acker fallen.

Ein Stück weit von ihr entfernt zog ein Bauer auf seinem Traktor neue Furchen in den Boden. Er schien zu spüren, dass etwas mit dieser jungen Frau nicht stimmte.

Der Landwirt brachte die Maschine zum Stehen, sprang von dem Schlepper herunter und eilte auf die Studentin zu.

Sie klammerte sich weinend an ihn, als ob sie ihn nie wieder loslassen wollte ...

Ich war am Abend zuvor aus Tschechien zurückgekehrt, wo ich es in der Nähe des Dorfes Lestkov mit einer Geister-Kirche voller Gespenster-Nonnen zu tun bekommen hatte, die dem Teufel gedient hatten.

Der Fall steckte mir noch in den Knochen, vor allem, weil ein Kind dabei ums Leben gekommen war, und noch immer nagte das an mir, weil ich mich schuldig am Tod dieses Jungen fühlte. Er war offenbar von einer höllischen Macht besessen gewesen, vielleicht sogar vom Teufel selbst, denn sein Gesicht war entstellt gewesen und hatte Asmodis' Fratze gezeigt. Dennoch hatte ich den Jungen retten wollen – doch als das Kind mit meinem Kreuz in Berührung gekommen war, war es in Flammen aufgegangen und verbrannt!