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Charlie Stella

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Beschreibung

John Albano schlägt sich als Geldeinsammler für die New Yorker Cosa Nostra durch. Er kassiert die Tageseinnahmen, die beim Abspielen des von der Mafia produzierten Pornofilms und späteren Welthits Deep Throat in schmuddeligen Hinterzimmern anfallen. Bezahlt wird hauptsächlich mit 5-Dollar-Scheinen, die Johnny Porno (so nennt man den Mann, der diesen Job macht) in seinem Schrottauto durch die Gegend fährt.
Das erweckt Begehrlichkeiten, und so sind sie alle hinter Johnny Porno her: korrupte Cops, neurotische Killer, freischaffende Schurken, das FBI und seine sehr gierige Ex-Frau.
New Yorker Streetlife im Jahr 1973. Sehr komisch, gemein und knallhart.

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John Albano schlägt sich als Geldeinsammler für die New Yorker Cosa Nostra durch. Er kassiert die Tageseinnahmen, die beim Abspielen des von der Mafia produzierten Pornofilms und späteren Welthits Deep Throat in schmuddeligen Hinterzimmern anfallen. Bezahlt wird hauptsächlich mit Fünfdollarscheinen, die Johnny Porno (so nennt man den Mann, der diesen Job macht) in seinem Schrottauto durch die Gegend fährt.

Das erweckt Begehrlichkeiten, und so sind sie alle hinter Johnny Porno her: korrupte Cops, neurotische Killer, freischaffende Schurken, das FBI und seine sehr gierige Exfrau. New Yorker Streetlife im Jahr 1973. Sehr komisch, gemein und knallhart.

»Stella ist eine Art obszöner Ring Lardner, der eine knappe, hässliche Poesie in der Umgangssprache seiner Figuren findet, die er mit makelloser Präzision und Komik wiedergibt.« Washington Post Book World

Charlie Stella, geboren 1956 in Manhattan als Carmelo Pietro Stella, hatte ein bewegtes Leben als Fensterputzer, Tellerwäscher, Melonenpacker und Burger-Koch. Schon früh von George V. Higgins beeinflusst, lernte er als Theaterautor die Kunst des Dialogs. Er ist einer der ganz wenigen Autoren, die wirklich authentische Romane über die amerikanische Mafia schreiben können. Der Opernfan und Drummer Stella lebt heute als gefeierter Romancier mit seiner Frau Ann Marie Cucci-Stella in New York.

CHARLIE STELLA

JOHNNY PORNO

KRIMINALROMAN

Aus dem Amerikanischen von Andrea Stumpf

Herausgegeben von Thomas Wörtche

Suhrkamp

Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel Johnny Porno bei Stark House Press.

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2016

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4686.

© der deutschen Ausgabe Suhrkamp Verlag Berlin 2016

Copyright © 2010 by Charlie Stella

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

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Umschlagabbildung: Alan Schein Photography/Corbis

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur München

eISBN 978-3-518-74519-9

www.suhrkamp.de

1

John Albano befeuchtete seinen rechten Daumen und zählte ein dickes Bündel Fünfdollarscheine durch, während George Berg die Gründe auflistete, warum die Wochenendeinnahmen so mies waren.

»Freitag sollt es schütten, aber von wegen«, sagte Berg. »Hätt gut laufen müssen, aber nein. Vielleicht sind sie statt zu mir alle in die Hollywood-Schinken, keine Ahnung. Nachmittags kamen dann fünf, denen hab ich gesagt, sie sollen später wiederkommen, und zwei von denen sind nicht mehr aufgetaucht. Am Ende waren’s insgesamt neunzehn. Gestern war es den ganzen Tag bedeckt und ziemlich frisch, was an sich gut gewesen wär, nur haben da die Mets gegen die Pirates im Shea gespielt und im Yale Bowl oben in Connecticut die Giants gegen die Jets. Was mich das gekostet hat, zum Kotzen. Bei den drei Vorführungen kamen schlappe fünfundfünfzig Leute. Und heute hat’s wieder nach Regen ausgesehen, und ich hab sechs Vorführungen gemacht, die erste um neun, die letzte vor ’ner halben Stunde, und ich komm trotzdem nicht über hundert. Insgesamt hundertzweiundsiebzig das ganze Wochenende, davon achtundneunzig heute. Der Irre aus der Bar in Brooklyn führt sich auf, wenn’s nicht über zweihundert sind, aber was soll ich denn tun, wenn die Leute nicht kommen? Bei meinem Glück ist’s nächstes Wochenende auch noch schön. Dann sind sie alle draußen am Strand, und ich schwitz hier, weil ich nicht die Wahnsinnsquote mache. Wenn das passiert, wenn nächste Woche die Sonne scheint, dann kann ich’s gleich lassen. Warum sollt ich dann überhaupt den Projektor anwerfen?«

John sah auf, hundertdreißig Fünfdollarscheine hatte er bislang gezählt, und sagte: »Das musst du wissen, George. Vergiss nur nicht, in Brooklyn Bescheid zu geben, wenn du den Film nicht zeigst. Dann kann ich mir die Fahrt hier raus sparen.«

Sie standen vor dem Gemeindesaal in der East Gate Road in Massapequa, Long Island. Es war ein schwüler, wolkenverhangener Nachmittag. An Johns linkem Bein lehnte die Filmdose. Er unterbrach das Zählen, um sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn zu wischen.

»Ich mein ja nur«, sagte Berg. »Am Anfang kamen praktisch bei jeder Vorführung fünfzig, sechzig Leute. Aber jetzt ist Sommer und alle sind in Ferien, die Footballsaison fängt an, und ich kann froh sein, wenn ich genug Knete zum Tanken zusammenkrieg, obwohl ich mir hier den Arsch aufreiße.«

John war fast fertig mit Zählen. Berg hatte recht, viel war es nicht. In Brooklyn würde es Stunk geben, wenn er nachher das Geld vorbeibrachte. Wenn er es jemals dorthin schaffte, dachte er. Er hatte noch zwei Stationen vor sich.

»Die meisten haben ihn schon gesehen«, fuhr Berg fort. »Letzte Woche haben welche gefragt, ob ich den Anfang nicht auslassen und gleich zu den guten Stellen vorspulen kann.«

»Den Gefallen hast du ihnen hoffentlich getan«, sagte John.

»Ja, klar, aber nur damit sie schneller wieder draußen sind. Ein paar von denen holen sich auf dem Klo einen runter. Sobald sie weg sind, putzt meine Alte die Klos. Aber manchmal nimmt sie die Kinder mit und dann müssen die auch da drauf. Ekelhaft.«

John konnte sich nicht vorstellen, dass man seine Frau Klos putzen lässt, wo Horden verschwitzter Männer Pornos ansahen. Er schob den Gedanken beiseite.

»Ich weiß nicht, ob du dich an die Massen von Leuten erinnerst, als du noch Zuschauer gezählt hast«, sagte Berg. »Inzwischen tröpfeln sie nur noch rein. Wir brauchen was Neues, was Besonderes.«

John war fertig. »Achthundertsechzig«, sagte er, dann zählte er vierundzwanzig Fünfer ab und steckte sie in Bergs Brusttasche. »Minus hundertzwanzig macht siebenhundertvierzig.«

»Lächerlich, weiß schon«, sagte Berg. »Wir brauchen echt was Neues.«

Einer der Männer, der Eintritt für den Film bezahlt hatte, ging auf sie zu. Er war ein übergewichtiger Mann mit Glatze und dicker schwarzer Brille. Er blickte von George zu John. »Was ist mit dem anderen passiert?«, fragte er.

»Welchem anderen?«, fragte John.

»Tommy Porno«, sagte der Glatzkopf. »Der sonst immer die Filme gebracht hat. Er sollte mir was besorgen. Ich hab ihm letzten Monat fünfzig Dollar gegeben und seither ist er nicht mehr aufgetaucht.«

»Tut mir leid, Kumpel«, sagte John. »Davon weiß ich nichts.«

»Wer sind Sie denn?«

John hatte sich vorgebeugt, um seine Schnürsenkel neu zu binden. Er sah den Glatzkopf verärgert an. »Wie bitte?«

»Ich frag ja nur.«

»Gut«, sagte Berg. »Du hast gefragt. Jetzt zieh Leine.«

»Ich hab ihm ’nen Fünfziger gegeben«, sagte der Glatzkopf. »Er sollte mir eine Kopie von dem Film besorgen.«

John sah Berg an. »Meint er das ernst?«

»Vielleicht ist er deswegen verschwunden«, sagte Berg, »weil er Leute abgezockt hat.«

»Ich hab ihm ’nen Fünfziger gegeben«, wiederholte der Glatzkopf.

»Den kannst du abschreiben«, sagte Berg. »Tommy DeLuca hat sich seit mehr als einem Monat nicht mehr blicken lassen. Ich an deiner Stelle würd’s einfach vergessen.«

Der Glatzkopf deutete auf John. »Deshalb hab ich ihn gefragt«, sagte er. »Vielleicht kennt er ihn ja.«

»Was Sie und Tommy DeLuca ausgemacht haben, geht mich nichts an«, sagte John. »Tut mir leid.«

Der Glatzkopf zog die Augenbrauen zusammen.

»Kapiert?«, sagte Berg. »Gut, dann lass dir jetzt ein Bier geben. Sag, es geht aufs Haus.«

Immer noch verärgert zog der Glatzkopf davon.

»Ich hoffe, ich hab nicht auch so einen Spitznamen«, sagte John.

»Tja, Pech«, sagte Berg. »Früher hat diese fiese Socke aus der Bar bei jedem Anruf gefragt, ob Tommy Porno schon da ist. Jetzt fragt er nach Johnny Porno.«

John verzog das Gesicht.

»Vergiss es«, sagte Berg. »Wen interessiert schon ein Name?«

»Mich zum Beispiel«, sagte John.

Berg zuckte mit den Achseln. »Was hat dieser Typ in der Bar eigentlich für ein Problem? Kommt rüber wie ein Quadratarschloch.«

»Nick Santorra«, sagte John. »Und ja, er ist ein Arschloch.«

»Wenn du mich fragst, ich glaub ja, dass Tommy DeLuca sein Spitzname gefallen hat. Hat jedes Mal einen Steifen gekriegt, wenn ihn wer Tommy Porno genannt hat. Der Dicke eben, der, den DeLuca übers Ohr gehauen hat. Ist wahrscheinlich nicht der Einzige. Vielleicht ist DeLuca deswegen verschwunden.«

»Hat Santorra mich echt so genannt – Johnny Porno?«

Berg zuckte mit den Achseln.

»Ich hab mit dem Kram nichts zu tun, außer dass ich ihn durch die Gegend fahre«, sagte John. »Ich hab den Film nicht mal gesehen.«

»Solltest du aber, ist echt unglaublich«, sagte Berg. »Die Frau, diese Linda Lovelace, hat keine besonderen Titten und ein, zwei schiefe Zähne, aber sie könnte selbst aus einem Strommast den Saft raussaugen. Das sollte man mindestens einmal gesehen haben, bevor man ins Gras beißt, damit man weiß, was einem entgangen ist.«

»Ist das der Spruch, mit dem du den Streifen an den Mann zu bringen versuchst?«

»Der plus dem, dass jeder mal seine Holde mitnehmen sollte, damit sie was lernt.«

»Himmel.«

»Damenabend könnte auch klappen. Oder eine Pärchenvorführung.«

»Danke, reicht schon«, sagte John. »Ich werd mir den Film trotzdem nicht anschauen oder meine Frau mitnehmen, sollte ich jemals wieder heiraten.«

»Wie du meinst«, sagte Berg. »Den Holzköpfen, die ihr Geld dafür ausgeben, sag ich jedenfalls, sie sollen den Streifen ›Peter Rabbit‹ nennen. Steht so auf der Filmdose, auch wenn’s falsch geschrieben ist.«

John ärgerte sich immer noch über seinen neuen Namen. »Was?«

Berg deutete auf die Filmdose. »Der Name da«, sagte er.

John schaute hin, sah aber nichts. »Was ist damit?«

Berg winkte ab. »Nichts«, sagte er. »Hör mal, du musst deinen Leuten sagen, dass ich nichts dafür kann, wenn die Einnahmen nicht mehr so toll sind.«

»Das sind nicht meine Leute, George.«

»Ehrlich, der Film wird langsam ranzig. Wir könnten was Neues brauchen. Der mit dem Ivory-Snow-Mädel wär gut. Ich hab ihn noch nicht gesehen, aber ich hab gehört, dass sie von ’nem Mandingo hergenommen wird, und dann gibt’s noch irgendwelche Orgien. Die Vögel, die den Rabbit-Film gesehen haben, finden den vielleicht auch gut.«

»Da bist du bei mir an der falschen Adresse«, sagte John. »Ich bin nur der Idiot, der sich das ganze Wochenende durch den Verkehr quält. Aber bei den lausigen Zahlen werden sie nächste Woche vielleicht jemand schicken, der dir auf die Finger schaut. Du wirst ihn nicht erkennen, also keine Tricksereien. Ich kann dir auch nicht sagen wann, weil sie’s mir nicht sagen werden, es könnt an beiden Tagen sein.«

»Soll das heißen, du glaubst, dass ich in die eigene Tasche wirtschafte?«

»Das soll heißen, dass ich dich nett genug finde, um dich zu warnen«, sagte John. »Als ich das erste Mal Zuschauer zählen musste, hab ich die Zahlen weitergegeben, ohne zu wissen, was ihr angebt. Damals wurden ein paar erwischt, die sich was abgezweigt haben, und die mussten in der Woche drauf mehr blechen. Der, bei dem das nächste Mal die Zahlen wieder falsch waren, hat sein Essen durch einen Strohhalm geschlürft, als ich ihn das nächste Mal gesehen hab.«

»Jetzt fängst du auch noch an mit Drohungen«, sagte Berg. »Super.«

»Hey, ich droh überhaupt niemand.«

Berg hob die Hände in die Luft. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich könnte im Moment nur drauf verzichten, dass mir einer hinterherschnüffelt.«

»Ich will dich nur warnen.«

»Ist angekommen«, sagte Berg. Da fiel ihm etwas ein, und er wurde sofort wieder munterer. »Hast du über meine Idee nachgedacht?«

»Welche Idee?«

»Von der ich letzte Woche erzählt hab. Wenn wir die Braut für eine Autogrammstunde bekämen, wär hier der Teufel los.« Er deutete mit dem Daumen über die Schulter zum Gemeindesaal. »Ich red mal mit dem Hausmeister, wedle mit ein paar Lappen und schau, ob er uns den Schuppen überlässt. Wenn du Linda Lovelace zu einer Autogrammstunde herschaffst, rennen sie uns die Bude ein.«

John schob einen Gummi über das Geldscheinbündel in seiner Hand. Er faltete es zusammen und stopfte es in seine Vordertasche.

»Wenn sie so was überhaupt macht, dann wahrscheinlich nur in der Stadt, wo sie den Laden für zehn, fünfzehn Dollar pro Nase vollkriegen«, sagte John. »Nach Massapequa wird Linda Lovelace wohl kaum kommen. Das kannst du dir abschminken, George.«

»Ich mein ja nur, vielleicht könnten deine Leute sie ein bisschen drängen?«

»Ich hab dir schon gesagt, dass das nicht meine Leute sind.«

Berg hörte nicht zu. »Oder eine von den anderen Darstellerinnen«, sagte er, »die Kleine, die eine raucht, während der Typ sie leckt, oder die Krankenschwester mit den großen Titten. Die wär auch gut. Sämtliche Weiber aus dem Streifen würden hier einen Auflauf verursachen. Und es ist ja nicht so, dass sie nix dabei verdienen. Wir nehmen für jedes Autogramm einen Fünfer und drücken zwei davon an sie ab. Die Hälfte von den perversen Vögeln würd einen Fünfer springen lassen, wenn sie ihnen beim Pissen zuschauen dürften.«

John starrte Berg einen Moment an. Mit einem Seufzen dachte er an das, was aus seinem Leben geworden war. Vor nicht einmal einem Jahr hatte er noch fast fünfhundert die Woche verdient, der Tariflohn für Schreiner. Dann hatte er einen Vorarbeiter zu Boden geschlagen und war die Arbeit los gewesen. Seither hatte er alle möglichen Gelegenheitsjobs übernommen. Seit einem halben Jahr fuhr er für ein kleines nicht lizensiertes Taxiunternehmen und konnte mit Ach und Krach den Unterhalt für sein Kind zahlen, ganz zu schweigen von der Miete und dem Rest. Dann war er vor zwei Monaten in einer Bar wegen einer Frau in eine Schlägerei geraten, von der er nicht gewusst hatte, dass sie verheiratet war, und das hatte ihm den Wochenendjob eingebracht, bei dem er die Zuschauer zählte, die für fünf Dollar Eintritt eine Raubkopie von Deep Throat ansehen wollten. Als einer von denen, der die Einnahmen abholte, beim Abschöpfen erwischt wurde und spurlos verschwand, erhielt John sozusagen eine Beförderung. Jetzt bekam er fünfzig Dollar am Tag statt der fünfundzwanzig von vorher.

Die Filmrollen abliefern und wieder mitnehmen und die Einnahmen zählen war sehr viel mehr Arbeit und Verantwortung als Zuschauer zählen, aber bis sich etwas anderes ergab, musste John den Job machen. Manchmal würde er trotzdem am liebsten alles hinschmeißen, besonders wenn er Männer wie George Berg bei Laune halten musste.

»Beim Pissen zuschauen?«, sagte er. »Wie kommst du denn darauf?«

»Ernsthaft«, sagte Berg. »Die meisten, die Pornos schauen, sind pervers.«

»Kann sein, aber rechne lieber nicht mit deiner Autogrammstunde. Wie gesagt, die Frauen in den Filmen, Linda Lovelace und wie sie heißen, kommen bestimmt nicht hier raus und geben Autogramme.«

»Dann sollten sie sich einen Manager zulegen.«

»Klar«, sagte John.

»Doch, echt«, sagte Berg.

»Weißt du was?«, sagte John. »Wenn ich jemals Linda Lovelace oder eine von den anderen kennenlerne, werd ich ihnen ausrichten, dass du bereit wärst, sie zu managen.«

»Ich mein das ernst«, sagte Berg. »Das nennt sich Agent. Ich könnte das.«

»Dabei hat Willie Mays am Freitag seinen sechshundertsechzigsten Home Run gemacht«, sagte John. »Warum redest du nicht darüber?«

»Weil sie verloren haben.«

»Was?«

»Sie haben verloren. Die Mets haben verloren.«

»Na und? Der Mann hat die Sechshundertsechzigermarke geknackt. Da ist es doch egal, dass sie verloren haben.«

»Nicht wenn du auf sie gewettet hättest.«

»Mag sein.«

»Weißt du was«, sagte Berg. »Wenn Mays das nächste Mal in einem Spiel, auf das ich gewettet hab, einen Home Run macht, dann hoffentlich nicht, wenn sie schon verloren haben.«

»Ich muss los«, sagte John. »Sieh zu, dass du ein paar mehr Zuschauer kriegst.«

»Massapequa ist nicht so groß. Ich kann die Leute ja nicht aus dem Hut zaubern.«

»Ich sag nur, was sie dir ausrichten lassen. Mehr Zuschauer und weniger Rumjammern.«

»Jammer ich etwa?«

John antwortete nicht. Er dachte schon an das Arschloch in der Bar, dem er die Abrechnung geben musste und der das Geld im Schneckentempo nachzählte und ihn inzwischen hinter seinem Rücken Johnny Porno nannte. Der Typ nervte ihn seit dem ersten Tag.

»Mein Bruder redet schon an die vom Paketzentrum hin«, sagte Berg. »Könnte was werden. Außerdem kenn ich einen, der meint, dass ein paar Busfahrer interessiert sein könnten.«

»Klingt schon besser«, sagte John. »Ich ruf dich an, wenn ich mitkrieg, wen sie zur Überwachung herschicken.«

»Hoffentlich hör ich erst gar nichts von dir.«

»Kann gut sein, dass sie einen schicken, ohne dass ich es mitkriege. Vielleicht haben sie’s schon an diesem Wochenende gemacht. Wenn du sie schröpfst und sie Wind davon bekommen, stecken wir beide in Schwierigkeiten.«

John nahm die Filmdose und trug sie zum Auto. Er öffnete den Kofferraum und legte sie mit dem Gesicht nach oben rein. Quer darüber war ein Streifen geklebt. Darauf stand: »Peter Rabit«. Tatsächlich falsch geschrieben. Er klappte den Kofferraumdeckel zu, zündete sich eine Zigarette an und stieg ein. Er zog das Geldbündel aus der Hose, verstaute es in der kleinen Sporttasche, die er unter dem Fahrersitz hervorgezogen hatte, dann schob er sie wieder darunter und startete den Motor. Er drehte das Radio an, um die Verkehrsnachrichten zu hören.

Noch zwei Stationen am Ostufer, dann nach Brooklyn und das Geld abliefern, was nervte und mindestens zwei Stunden dauerte, und dann musste er endlich schlafen. Morgen war er für die Nachmittagsschicht eingeteilt. Außerdem hätte er gern noch Zeit für seinen Sohn und musste der Ex den Unterhalt für die letzten beiden Wochen geben.

Er war jetzt fünfunddreißig und hatte keinen vernünftigen Job in Aussicht. Er fragte sich, ob er besser nicht auf seine Mutter gehört hätte und genau wie sein Bruder zur Army gegangen wäre. Paul Albano hatte eine Militärlaufbahn eingeschlagen, war allerdings vor acht Jahren in Vietnam gefallen. John hatte immer noch Schuldgefühle, weil er sich nicht freiwillig gemeldet hatte.

Er dachte an seinen Bruder, als er losfuhr. Die Ampel an der Ecke schaltete auf Rot um. In dem Moment kamen die Verkehrsnachrichten, und er drehte lauter. Auf dem Southern State Parkway hatte es einen Auffahrunfall gegeben.

Die Nacht würde länger werden als gedacht.

Captain Edward Kaprowski, seit zwei Monaten Leiter der neuen NYPD Organized Crime Unit, die zu einer Taskforce des Staates New York gehörte, traf Lieutenant Detective Neil Levin vor dem Cadillac-Händler an der Hillside Avenue. Kaprowski war einunddreißig, ein kleiner, gedrungener Mann mit blonden Haaren und Knopfaugen. Er warf seine Kippe auf ein Kanalgitter und sah zu, wie sie verschwand. Dann deutete er auf einen Bauschuttcontainer am Ende einer langen Einfahrt, um den ein Polizeiabsperrband gespannt war.

»Da haben sie die Leiche abgeladen«, sagte er. »Seit mindestens fünf Wochen tot, frisch ist was anderes, außerdem fehlen beide Hände. Dafür steckte die Brieftasche des Mannes in seiner Gesäßtasche, alles drin außer dem Geld: Führerschein, Sozialversicherungskarte, ein paar andere Ausweise. Thomas Nicholas DeLuca, Spitzname Tommy Porno. Einer von Eddie Ventos Leuten. Laut Gerichtsmediziner wurde die Leiche erst letzte Woche hierher verfrachtet. Reichlich merkwürdig, dass sie die Leiche die ganze Zeit woanders gelagert haben.«

Levin arbeitete undercover für Internal Affairs und gleichzeitig in Kaprowskis Truppe, er war einundvierzig Jahre alt und seit zwölf Jahren dabei. Er sah zu dem Container. »Beide Hände fehlen?«

»Abgehackt«, sagte Kaprowski. »Wahrscheinlich gleich nachdem sie ihn geschnappt haben und bevor sie ihm zwei Kugeln hinters Ohr verpasst haben, das ist die offizielle Todesursache.«

»Wegen eines Pornos?«

»Wegen des Eintrittsgelds für den Porno, das der Blödmann der Mafia geklaut hat.«

»Wie viel?«

»Keine Ahnung. Muss nicht viel sein. Sobald das in der Zeitung steht, hält es die anderen Schwachköpfe, die den Film vertreiben, für einige Zeit davon ab, die Mafia zu schröpfen.«

»Ein Exempel.«

»Sie bringen einen um und deponieren die Leiche an einer Stelle, wo sie gefunden werden muss – anders lässt sich das nicht erklären. Die abgehackten Hände sind ein deutlicher Hinweis.«

Levin zeigte auf den Container. »Warum hier?«

»Eddie Vento hat seinen Cadillac hier gekauft. Zufall? Auf dem Papier arbeitete DeLuca für einen Bauunternehmer, der zum engeren Kreis von Vento gehört. Hat am Anfang Zuschauer gezählt, ist dann zum Geldeintreiber aufgestiegen und konnte wahrscheinlich der Versuchung nicht widerstehen, etwas für sich abzuzweigen. Es heißt, dass er bei der halben Stadt in der Kreide stand. Hauptsächlich bei Buchmachern. Gegen ein Kartenspiel hin und wieder haben die Jungs nichts, aber mehr nicht.«

»Eine Woche, sagt der Gerichtsmediziner?«

»Fünf, sechs Tage. Längstens eine Woche. Wenn du näher rangehst, kannst du’s riechen. Zum Teil hatten sich die Eingeweide schon aufgelöst. Ich wunder mich sowieso, dass die Leiche bei der Hitze nicht schon längst gemeldet wurde, Wahnsinnsgestank.«

Kaprowski führte Levin wieder um die Ecke. »Sie wohnen drüben in Bayside, oder?«, fragte er.

»Ja, in einer Seitenstraße vom Bell Boulevard«, sagte Levin. »Mehr als das Haus ist mir von meiner kurzen Ehe nicht geblieben, allerdings musste ich noch einen zweiten Kredit aufnehmen, um meine Ex auszuzahlen.«

»Wie lange waren Sie verheiratet?«

»Zwei Jahre, sechs Monate und zehn Tage, und ihr Anwalt hat dafür gesorgt, dass ich für jede einzelne Minute bezahle.«

»Kinder?«

Levin sah ihn verwirrt an. »Nein. Warum?«

»Leben Sie allein?«

Sie waren an dem Autohändler vorbeigegangen. Abrupt blieb Levin stehen. »Ja«, sagte er. »Aber das wissen Sie doch alles. Was soll die Fragerei?«

»Das nennt man Smalltalk«, sagte Kaprowski. »Die meisten, die was zu verbergen haben, plaudern es beim Smalltalk aus.«

»Sie haben mich vor drei Wochen selbst mit ins Boot geholt«, sagte Levin. »Wenn Sie mir nicht trauen, können Sie mich gern wieder rausschmeißen. An meinem freien Tag hätt ich was Besseres zu tun.«

Kaprowski fing wieder an zu gehen. Er machte Levin ein Zeichen, mitzukommen.

»Egal was die Schreiberlinge verzapfen, ist zumindest diese Einheit noch sauber«, sagte Kaprowski. »Wenigstens was Korruption angeht. Das wird nicht so bleiben, aber bis die Mafia was spitzkriegt, weiß keiner von uns. Mehr undercover geht nicht, und deshalb plaudern wir hier, damit ich sehe, wie sehr Sie hinter der Operation stehen. Ich kann niemand brauchen, der nicht voll hinter der Operation steht.«

»Mag schon sein, Captain, aber ich bin hier derjenige, der sich in die Schusslinie begibt. Schlimm genug, dass ich bei Internal Affairs arbeite und korrupte Cops auffliegen lasse und dabei die wenigen Freunde, die ich hab, verliere. Ich jage Cops, die gemeinsame Sache mit der Mafia machen und dadurch mehr Macht haben als jeder normale Cop. Wenn Ihnen das nicht genügt, dann weiß ich auch nicht.«

»Mir ist Ihre Lage völlig klar, Detective. Völlig. Weshalb Sie sich’s bei Internal Affairs auch nicht vermasseln dürfen. Sie arbeiten weiter wie gehabt, nur dass Sie jetzt zuerst zu mir kommen, bevor Sie zu denen gehen. Ich muss damit rechnen, dass einer von IA schon auf der Gehaltsliste der Mafia steht.«

»Die Informationen sollen gefiltert werden?«

»Wenn ich es für nötig halte, ja.«

»Was ist mit dem FBI? Soweit ich weiß, muss eine Taskforce mit denen zusammenarbeiten.«

»Die Zusammenarbeit ist eine Einbahnstraße. Oder haben Sie schon mal erlebt, dass das FBI denen von IA freiwillig Informationen überlassen hat?«

»Nein.«

»Eben, aber was die können, können wir auch. Solang mir keiner auf die Finger klopft, können sie lange warten, bis ich sie auch nur an dem Fall riechen lasse.«

Sie erreichten die nächste Kreuzung. Kaprowski deutete auf einen Bauarbeitertrupp, der einen neuen Bordstein verlegte.

»Kaum hatten sie das Komitee gebildet, tauchten die Jungs vor meinem Haus auf.«

»Die da?«

»Kaputte Bordsteine«, sagte Kaprowski. »Letzte Woche waren die Bordsteine vor meinem Haus noch kaputt. Sahen genauso aus wie vor zwei Jahren, als ich das Haus gekauft hab. Am nächsten Tag hat genau der Trupp da meinen Bordstein ausgebessert.«

Er blieb stehen und zeigte auf einen gedrungenen Mann mit rotem Halstuch. »Ich hab den Vorarbeiter, die Schwabbelbacke mit dem Tuch, gefragt, wer das beauftragt hat, und er sagt, dass er den Auftrag gekriegt hat, an dieser Adresse den Bordstein auszutauschen. Ich hab mir nichts dabei gedacht, bin davon ausgegangen, dass sie von der Stadt kommen. Dann kriegt meine Frau einen Anruf von so einem Itaker, der behauptet, ein Freund von Carmine Correlli zu sein, nennt am Telefon ehrlich den Namen, und sagt, er hofft, dass die Männer, die sie geschickt haben, gut gearbeitet hätten und ob sonst noch was am Haus gemacht werden müsste, er hätte gesehen, dass die Stufe vorm Haus einen Riss hätte, sie würden gern kommen und das in Ordnung bringen. Für lau.«

»Wann war das?«

»Letzte Woche.«

»Die verschwenden keine Zeit.«

»Meine Frau hat im Büro angerufen, mir von dem Anruf erzählt, und ich bin sofort heim und mit einem Vorschlaghammer zu dem neuen Bordstein. Jetzt ist er wieder kaputt. Wenn die Stadt mir eine Strafe aufbrummt, lass ich selbst jemand kommen. Sonst bleibt er eben kaputt. Seitdem lass ich diesem kleinen Arschloch keine Ruhe. Ich kenn einen, der weiß, an welcher Baustelle der Trupp gerade arbeitet, dann tauch ich da auf und geh ihm so richtig auf den Sack.«

»Sie wissen, dass der Typ, für den IA sich interessiert, Eddie Vento abschirmt, oder?«

»Sean Kelly«, sagte Kaprowski, »dieses elende Stück Scheiße. Ja, ich weiß.«

»Es gab noch einen, Hastings, der war früher bei der Drogenfahndung, musste aber seinen Hut nehmen. Wir vermuten, Kelly hat dafür gesorgt, dass er seine Pension behalten durfte, aber wir wissen nicht wie, was wiederum heißt, dass irgendein hohes Tier sein Okay gegeben haben muss. IA geht davon aus, dass Kelly angeworben wurde, weil Hastings zu viel Aufmerksamkeit auf Eddie Vento gelenkt hat. Hastings hat in Bars und bei Glücksspielen die Hand aufgehalten und wurde in Ventos Bar in Williamsburg zusammengeschlagen. Der Witz an der Sache ist, dass der Mann, der Hastings die Fresse poliert hat, jetzt den ersetzt, der zuletzt die Filme rumgekarrt und die Kohle eingesammelt hat. Wird Johnny Porno genannt.«

»Sympathischer Name«, sagte Kaprowski. »Sie sollten ihn ins Leichenschauhaus einladen und ihm seinen Vorgänger zeigen. Dann überlegt er’s sich vielleicht noch mal.«

»Meinen Sie?«

»Wieso läuft er eigentlich frei rum, wenn er einen Cop verprügelt hat?«

»Angeblich hatte Vento in der Bar eine Kamera installiert, weil Hastings einen seiner Barmänner erpresst hat. Das Letzte, was das NYPD braucht, ist ein Film, auf dem zu sehen ist, wie einer der eigenen Leute einen Mafialaden abkassiert.«

»Hat Kelly den Fickfilm aufgespürt?«

»Letzte Woche, aber wir haben noch nichts deswegen unternommen. Diese Woche soll’s so weit sein. Ich schätz mal, dass Vento Kelly irgendwen serviert. Einen, dessen Verhaftung niemand wehtut, die aber Kelly wie einen guten Cop dastehen lässt.«

Kaprowski starrte zu dem gedrungenen Mann mit dem roten Tuch, der zurückstarrte. »Was für eine Scheiße, diese Filmsache«, sagte er, ohne den Blick von dem Mann abzuwenden.

Levin wartete, wer von den beiden zuerst wegsehen würde. Mit einem Lächeln stellte er fest, dass der Bauarbeiter sich geschlagen gab und abwendete.

»Dieser Film ist für die Mafia wie eine zweite Prohibition«, sagte Kaprowski. »Man sollte doch glauben, dass sie seit der Knapp-Kommission was dazugelernt hätten. Die Kommission war doch nur eine Showveranstaltung und währenddessen ging’s munter weiter.«

»Frank Serpico hat Cops, die sich ihre Pfoten schmutzig machen, wenigstens daran erinnert, besser aufzupassen«, sagte Levin.

»Und das NYPD hat ein paar Köpfe rollen lassen und weitergemacht wie gehabt. Genau deshalb will ich, dass wir möglichst lang unter dem Radar fliegen. Früher oder später wird es weitere Cops wie Kelly geben, die den Laufburschen von Eddie Vento und all den anderen Scheißkerlen spielen. Wir werden dem Ganzen nur ein Ende machen, wenn wir lange genug unsichtbar bleiben, so dass sie sich nicht wegducken können, sobald wir zum ersten Schlag ausholen.«

»Hört sich ziemlich ehrgeizig an.«

»Wenn diese Einheit ihre Sache gut macht, will ich eine vom FBI unabhängige Abteilung gegen das organisierte Verbrechen gründen können.«

»Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen?«

»Kann sein, aber sonst wär diese Einheit die reinste Hirnwichse, und da hab auch ich Besseres zu tun.«

»Wenn ich meine Kippa dabeihätte, würd ich jetzt zur Synagoge gehen und ein Gebet aufsagen.«

Kaprowski drehte sich zu Levin. »Wenn Sie mich hier provozieren wollen, können Sie’s vergessen. Ich bin Pole, meine Frau ist Sizilianerin und mein bester Freund ist Jude. Er ist nicht hinterm Geld her und meine Frau ist gläubig, sehr sogar.«

»Na schön. Und nur damit Sie’s wissen, ich bin nicht gläubig.«

»Ich auch nicht, auch wenn’s meiner Mutter das Herz bricht. Sie ist immer noch drüben, in Krakau. Glaubt doch glatt, dass der Kardinal von Krakau eines Tages Papst wird. Stellen Sie sich mal vor, ein polnischer Papst.«

»Dann könnte ja auch ein Jude Präsident werden.«

»So in etwa«, sagte Kaprowski.

Die beiden gaben sich zum Abschied die Hand.

2

Nancy Kirsk-Albano-Ackerman erholte sich noch von ihrem Orgasmus, als Louis Kirsk mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Badezimmer trat. Nancy lag auf dem Bett. Noch einmal zuckten ihre Arme und sie spürte, wie ihr die Farbe langsam wieder aus dem Gesicht wich.

»Alles okay?«, fragte Louis.

Nancy holte tief Luft und nahm das Zigarettenpäckchen vom Nachttisch. Sie sah Louis an, musterte seinen langen, schlanken Körper, dann wanderte ihr Blick zu seinen strahlend blauen Augen. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er band seine langen, aschblonden Haare mit einem Gummi zusammen. Duane Allman, dachte sie manchmal, unrasiert sah er genau aus wie Allman.

»Du hattest grade echt ’ne ziemlich rote Birne«, sagte er.

Nancy zog eine Zigarette aus der Packung, zündete sie mit dem Feuerzeug an, dann setzte sie sich auf und seufzte.

»Wahn-sinn«, sagte sie. »Das war fantastisch, Baby. Absolut fantastisch.«

Louis zwinkerte seiner Ex zu. »Das sagen sie alle«, sagte er und sah, wie ihr das Lächeln verging.

Das Telefon klingelte. Während sie Sex gemacht hatten, hatte es ständig geklingelt. Louis ignorierte es auch jetzt und sah auf die Uhr. Dann drehte er sich zum Schrank, und das Handtuch glitt von seinen Hüften. Er schnappte sich eine Unterhose, beugte sich vor und stieg hinein.

»War das wieder deine Freundin?«, fragte Nancy. Sie zog die Decke hoch. »Die lässt nicht locker, was?«

»Kommt eben aus dem Mittleren Westen«, sagte Louis. »Will Schauspielerin werden. Sie hat ein Buch über Marilyn Monroe gelesen und glaubt jetzt, dass sie das auch kann.«

»Ist sie überhaupt schon einundzwanzig?«

Louis zog seine Hose an. Setzte ein falsches Grinsen auf. »Sehr witzig«, sagte er. »Hast du schon mit deinem anderen Ex gesprochen?«

»Worüber?«

Louis nervte es, wenn sich Nancy dumm stellte, nur damit er sich weiter mit ihr unterhielt. Es wurde langsam spät, und er musste sie aus der Wohnung kriegen. Außerdem musste er wissen, ob ihr Geschiedener mal wieder mit den Taschen voller Fünfer bei ihr auftauchte. Die letzten beiden Monate hatte sie dauernd gejammert, dass sie immer mit Fünfern einkaufen gehen musste.

»Du weißt genau, was ich meine«, sagte er, setzte sich auf die Bettkante und streifte die Socken über. »Die Sache, von der du erzählt hast.«

Nancy formte ein Rauchwölkchen. »Was für ’ne Sache?«

Er beugte sich vor und griff nach seinen Stiefeln, kam aber nicht dran und musste aufstehen. »Dieser Porno, Deep Throat. Du hast erzählt, dass John für jemanden aus Brooklyn arbeitet, der was mit dem Porno zu tun hat, und dass er deswegen dauernd nach Long Island rüberfährt. Die Fünfer, die er dir zahlt.«

»Ach, das«, sagte Nancy und verdrehte die Augen.

Louis rieb sich genervt übers Gesicht.

»Er führt irgendwelche Strichlisten«, sagte Nancy. »Das hat er jedenfalls gesagt. Dafür kriegt er angeblich die Fünfer, und die gibt er mir.«

»Klingt eher so, als sammelt er das Eintrittsgeld ein, wenn er so viel Bares rumschleppt. Was meint er überhaupt damit, Strichlisten führen?«

»Hat irgendwas damit zu tun, wie viele Leute den Film anschauen. Er zählt die Zuschauer, schätz ich mal. Vielleicht sammelt er inzwischen auch die Kohle ein, keine Ahnung. Was geht dich das überhaupt an?«

»Vielleicht war es gar nicht meine Freundin, als es vorhin geklingelt hat.«

»Wer denn sonst, dein Buchmacher?«

»Zum Beispiel.«

Nancy kniff die Augen zusammen. »Hast du dir wieder Geld geliehen?«

»Warum gehst du eigentlich nicht zur Polizei«, sagte Louis. »Würdest gut reinpassen. Immer erst mal falsche Verdächtigungen ausstreuen.«

»Und, wie viel schuldest du ihm?«

»Geht dich nichts an, außer dass dein Ex mir aushelfen könnte. Kommt er also dieses Wochenende mit dem Unterhalt oder nicht?«

»Ja. Er ist sowieso schon zwei Wochen im Verzug.«

»Vielleicht sollte ich dabei sein.«

»Er mag dich nicht, Louis. Das weißt du.«

»Beruht ganz auf Gegenseitigkeit, aber Geschäft ist Geschäft.«

»Wovon du allerdings nichts verstehst. Außerdem ist da noch Nathan. Du kannst John nicht im Haus von meinem Mann angehen, wenn er danebensteht. Streng doch mal dein Hirn ein bisschen an.«

Für den spöttischen Ton hätte er ihr beinah eine geknallt. Louis wollte John an dem Tag abfangen, an dem er das Eintrittsgeld eingesammelt hatte, am besten am Schluss der Tour, wenn seine Taschen voll waren.

»Wann hat er denn Besuchstag beim Sohnemann?«, fragte er.

Nancy drückte ihre Zigarette aus. »Warum?«

»Vielleicht interessiert’s mich, ob du mit ihm auch noch bumst.«

»Gegen deine Eifersucht hab ich ja nichts, aber doch nicht wegen John. Es weiß jeder, dass wir uns nicht ausstehen können.«

»Wann zahlt er für das Kind? An welchem Tag?«

»Sonntags«, sagte Nancy. »Wenn er kommt. Letzte Woche ist er nicht aufgetaucht. Er schuldet mir jetzt zwei Wochen.«

»Vormittags oder nachmittags? Wenn er kommt.«

»Bevor er angefangen hat, am Wochenende zu arbeiten, ist er vormittags gekommen. Jetzt kommt er irgendwann. Seit wann interessierst du dich eigentlich für John?«

Louis ignorierte die Frage. »Hat er das Geld dabei?«

»Was? Nein, hab ich doch gesagt, er ist nicht mal aufgetaucht.«

»Ich mein das andere Geld, die Kohle, die er einsammelt.«

»Woher soll ich das wissen? Außerdem wird er mit dir sowieso nicht über den Unterhalt reden. Er wird über nichts reden, was mit seinem Sohn zu tun hat.«

»Nur, dass er nicht pünktlich für ihn zahlt und keine Zeit für ihn hat, nach dem, was du so erzählst.«

»Weil er pleite ist und zwei Jobs hat«, sagte Nancy. »Aber das ändert nichts dran, sein Sohn kommt immer an erster Stelle. John würde alles stehen und liegen lassen, sogar einen Koffer voll Geld, wenn sein Kind ruft.«

»Ach ja?«

»Er wird mit dir nicht über den Unterhalt reden, Louis.«

Sie kapierte es nicht, die dumme Kuh. »Sicher?«

Sie beugte sich zum Nachttisch, wo der Aschenbecher stand. »Sicher nicht«, sagte sie. »Und Gott sei Dank hat er damals, als ich noch mit ihm verheiratet war, nichts von uns beiden mitgekriegt. Er hätte dich umgebracht.«

»Hätt’s ja versuchen können«, sagte Louis. Er zog die Schnürsenkel fest und stand auf. »Wenn er dauernd so viel Bargeld rumschleppt, sollte er sich echt nicht mit dem Unterhalt verspäten. Mit dem Job von seinen neuen Freunden müsst er doch eigentlich flüssig sein.«

»John mag die Leute, für die er arbeitet, nicht, und selbst jetzt kommt er mit der Kohle kaum hin. Trotz dieser Filmsache muss er immer noch einen anderen Job machen. Hab ich dir eigentlich erzählt, dass ich eine kenne, die den Regisseur kennt?«

»Wer?«

»Eine Frau, die zum selben Friseur geht wie ich. Sharon Dowell. Ziemliches Flittchen. Lässt nichts anbrennen. Geht schon stramm auf die fünfzig zu und versucht, wie zwanzig auszusehen. Im Salon heißt es, dass sie mit Mafiosi schläft. Nachdem sie wirklich keinen auslässt, kann das schon stimmen.«

»Besonders zu mögen scheinst du sie ja nicht.«

»Ich kenn sie kaum. Wir haben uns nur ein paarmal kurz unterhalten.«

»Und sie kennt den Regisseur von dem Film?«

»Behauptet sie. Er war mal Friseur.«

»Wie, ’ne Tunte?«

»Sharon meint, nein. Eher bi.«

Louis sah sie interessiert an. »Die Alte hat ihn gefickt?«

»Sie hat wahrscheinlich jeden schon mal gefickt, aber mach dir keine Hoffnungen. Sie ist nicht dein Typ, Louis, glaub mir. Zu alt. Wenn ich mich recht erinnere, magst du sie lieber jung.«

Louis streckte beide Daumen in die Höhe.

»Außerdem reißt sie ziemlich die Klappe auf«, sagte Nancy. »Ziemlich. Scheint aber wirklich Beziehungen zur Mafia zu haben. Vielleicht durch diesen Filmfritzen, keine Ahnung, die Mädchen im Salon meinen jedenfalls, dass er Beziehungen hat.«

»Klar, jeder hat über fünf Ecken Beziehungen«, sagte Louis. »Und sie vögelt echt mit diesem Regisseur?«

»Hat so geklungen. Aber keine Ahnung, sie schmeißt gern mit Namen um sich. Behauptet, dass sie mit einem von den Vignieris gefickt hat, dem im Gefängnis, glaub ich.«

»Wenn sie den alten Vignieri gefickt hat, dann hat sie Beziehungen.«

»Keine Ahnung. Jedenfalls hatte ich irgendwann mal keine Lust mehr auf ihr Gequatsche und hab sie mit dir eifersüchtig gemacht. Ich hab ihr erzählt, dass du wie Duane Allman aussiehst. Ich wette, die hat einen feuchten Fleck auf dem Stuhl hinterlassen.«

»Schandmaul.«

»Tu nicht so.«

»Wie hat John diesen Filmjob überhaupt gekriegt? Weißt du das?«

»Hatte irgendwie mit ’ner Schlägerei in einer Bar zu tun. Keine Ahnung.«

»Hat er Beziehungen? Von seiner Familie her oder so?«

Nancy verdrehte die Augen. »Bitte. John ist ein Spießer. Der Bruder von seiner Mutter hatte was mit der Mafia zu tun und irgendwann haben sie seine Leiche gefunden, aber das ist ewig her.«

»Die Männer, für die er arbeitet, gehören jedenfalls dazu.«

»Wie gesagt, er hat was von einer Schlägerei erzählt. Frag ihn doch selbst, wenn’s dich so interessiert.«

»Kannst du nicht für mich rausfinden, wie viel Geld er immer dabeihat, wenn er dir den Unterhalt abliefert?«

»Wenn ich ihn das frage, sagt er nur, dass mich das einen Dreck angeht. Dir wird er dasselbe sagen.«

»Ruf ihn doch mal an.«

»Wenn dir das so wichtig ist und wenn du dann endlich aufhörst, mich zu nerven, kann ich’s ja probieren. Er hat mir die Nummer von der Bar gegeben, wo er am Wochenende zu erreichen ist. Die ist in Brooklyn. Williamsburg, glaub ich. John hat gesagt, dass ich ihn da anrufen soll, wenn irgendwas ist.«

»Wie heißt die Bar?«

»Weiß ich nicht mehr. Irgendwas mit ›Fast‹. Ich geb dir die Nummer.«

»Wetten, das ist ’ne Mafiabar.«

»Du wettest doch auf alles.«

»Und gewinne auch.«

»Nur dass du deinem Buchmacher Geld schuldest.«

Louis hielt inne und starrte sie an.

»Was denn?«

»Ich weiß nicht mehr genau«, sagte er, »aber haben wir uns nicht scheiden lassen, weil du manchmal so eine dumme Fotze bist?«

Nancy zündete sich eine frische Zigarette an. Er wusste, sie hasste das F-Wort, was er sich gerne zunutze machte, wenn sie ihm Vorwürfe wegen seiner Wetterei machte. Normalerweise brachte sie das F-Wort sofort zum Schweigen.

»Und?«, sagte er.

»John ist ständig pleite, was soll also dabei rauskommen, wenn du da bist und er das Geld vorbeibringt, das er nicht hat«, sagte Nancy. »Wie gesagt, er ist zwei Wochen im Rückstand. Er gurkt in diesem verbeulten Buick rum, und ich glaub, das letzte Mal hab ich ihn vor zwei Jahren mit einem neuen Hemd gesehen.«

»Dann kauf ihm eins.«

»Haha.«

Wieder klingelte das Telefon. Nancy verzog das Gesicht. Louis zog den Stecker. »Bitte«, sagte er. »Zufrieden?«

»Tut mir leid«, murmelte Nancy. »Tut mir echt leid, dass ich herfahre, dein Geschirr spüle, deine Wäsche wasche und dir dann einen blase und mich von dir ficken lasse.«

»Über Letzteres hast du dich nicht beklagt, als du die Beine breitgemacht hast.«

Sie starrten sich an, bis Louis auf die Uhr sah.

»Musst du nicht gleich deinen Sohn abholen?«

»Da will mich wohl einer loswerden«, sagte Nancy. »War die Klingelei eben ein Zeichen von der nächsten Marilyn Monroe, der kleinen Miss Ohio? Darf sie dir jetzt zu Diensten sein?«

»Es war Oklahoma, und sie war Zweite.«

»Ist doch egal.«

»Ich muss endlich los, Nan. Ich wollte dich nur an deinen Sohn erinnern, von dem du immer sagst, dass du mal Ferien von ihm brauchst, obwohl er dauernd bei seiner Grandma ist. Ist er da jetzt auch?«

»Leck mich, Louis. Er ist ein paar Tage die Woche für ein paar Stunden bei ihr. Und Johns Mutter muss man auch erst mal aushalten. Die alte Schachtel ist nur nach Queens gezogen, um mir auf die Pelle zu rücken.«

»Wobei es ganz praktisch ist, die Brut bei ihr abzuladen, wenn’s grad passt, was?«

Nancy rutschte zum Bettrand, dann stand sie auf und ging zum Badezimmer. »Ich geh duschen«, sagte sie. »Arschloch.«

Louis gab ihr einen Klaps auf den Hintern, als sie an ihm vorbeiging.

Nancy blieb stehen. »He, das tut weh«, sagte sie.

Louis zwinkerte ihr zu. »Das magst du doch«, sagte er.

Nancy konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.

Louis gefiel der knackige Hintern seiner Ex und auch sonst sah sie ziemlich gut aus. Mit ihren fünfunddreißig hatte sie nach wie vor einen flachen Bauch und feste Brüste.

»Red mit ihm«, sagte er. »Krieg raus, wie viel Geld er für seinen Boss einsammelt.«

»Warum hab ich nur den Eindruck, du würdest was aushecken?«

»Weil ich’s tu.«

»Du solltest dich vor John wirklich in Acht nehmen.«

»Er ist nur eifersüchtig«, sagte Louis. »Wahrscheinlich weiß er, dass ich gerne mal in deiner Grotte vorbeischau. Ist immer wieder ein Erlebnis.«

»Du bist herzlich eingeladen, öfter einen Abstecher zu machen.«

»Könnte passieren«, sagte er und zwinkerte noch einmal. »Wenn du rausfindest, wie viel dein Ex jede Woche einsammelt, tu ich das vielleicht wirklich.«

Es war kurz nach elf, als John an einem Diner hielt. Seit zwei Stunden knurrte ihm der Magen und inzwischen hatte er Kopfweh. Er sagte der Frau an der Kasse, er wolle am Tresen sitzen, und wählte den letzten Barhocker, gleich bei der Küche.

Der Abend war übel gewesen und schien nicht aufhören zu wollen. Wegen eines Unfalls auf dem Southern State Parkway hatte er die Meadowbrook über Long Island genommen, wo er an einer Nachtbaustelle hängenblieb; drei Fahrbahnen, die zu einer zusammengeführt worden waren. Die Autos waren gekrochen. Als er es schließlich zum Long Island Expressway schaffte, war wegen der Wochenendheimkehrer von den Hamptons gar nichts mehr gegangen.

Dann hatte sich John in der Bar zusammenscheißen lassen müssen. Eines Tages würde er dem Typen die Fresse polieren. Nick Santorra machte einen auf harter Hund, ohne dass was dahintersteckte. Ein schlechter Abklatsch von Sonny Corleone, hatte John gedacht, als sie sich kennenlernten.

»Was soll’n das sein?«, hatte der Idiot vorhin gefragt, nachdem er die Einnahmen nachgezählt hatte.

»Die Männer sagen, dass der Film nicht mehr so gut läuft«, hatte John ihm erklärt. »Praktisch jeder hat ihn schon gesehen.«

»Oder sie schöpfen uns ab«, sagte Santorra. »Oder du. Vielleicht hast du auch irgendwo gehalten und dir eine neue Klimaanlage gekauft. Heiß genug wär’s ja. Vielleicht sollt ich mal zu deiner Karre raus und im Kofferraum nachschauen?«

John hatte den Typen angestarrt. Das war der Moment, in dem er ihm am liebsten eine reingehauen hätte.

»Von mir aus«, hatte er nur gesagt. »Es ist der zehn Jahre alte Buick mit der eingedellten Stoßstange auf der anderen Straßenseite.«

Santorra hatte den Barmann angegrinst. »Ein Schlaumeier«, hatte er gesagt. »Ich sag dir was, Schlaumeier. Du kannst nächste Woche auch gleich noch Zuschauer zählen.«

»Wie soll das gehen? Ich hab sieben Stationen auf der Liste. Ich kann nicht bei allen sieben auf einmal sein.«

Da war Santorra rot angelaufen. Er sah zu den Zetteln, die an den einzelnen Geldbündeln befestigt waren, und deutete auf das von George Berg aus Massapequa. »Bei dem fängst du an«, hatte er gesagt. »Danach gehst du zum Zweitschlechtesten.«

»Wenn er mich sieht, wird er kaum was abzweigen«, hatte John gesagt.

»Keine Sorge. Wir schicken noch wen, den du nicht kennst. Falls ihr beide uns anschmiert, du und dieser Berg.«

John hätte am liebsten laut gelacht. Der Mann redete Unsinn. Wollte sich nur aufplustern. »Von mir aus«, hatte er gesagt.

Dann war er gegangen.

Als er in Brooklyn fertig war, war es zu spät, um seinen Sohn zu besuchen. Er hatte von der Bar aus angerufen und sich von seiner Exfrau anhören müssen, dass er mit dem Unterhalt im Rückstand war und sein Kind nicht besuchte und was er sich überhaupt einbildete, so spät bei ihr anzurufen?

Irgendwann hatte John einfach aufgelegt. Dafür würde er sich zwar wieder anscheißen lassen müssen, wenn er ihr morgen das fällige Geld brachte, aber wenigstens blieb ihm so noch etwas von dem Abend. Als er vor dem Diner am Queens Boulevard anhielt, freute er sich auf einen Teller Suppe, eine Tasse Kaffee und vielleicht eine Portion Leber mit Zwiebeln.

»Kein schöner Abend?«

John hatte den Kopf in die Hände gestützt und die Kellnerin nicht bemerkt.

»Oh«, sagte er. »Ja, kann man so sagen.«

Die Kellnerin lächelte. »Was darf’s denn sein?«

»Suppe, nur keine Hühnersuppe. Danach Leber mit Zwiebeln. Und vielleicht eine Tasse Kaffee.«

»Die Leber würd ich lieber lassen. Die sieht aus wie Schuhsohle.«

John war froh über den Tipp. »Danke«, sagte er. »Dann einen Hamburger Deluxe.«

Die Kellnerin zwinkerte ihm zu. »Kommt sofort.«

Sie drehte sich um, um eine Tasse Kaffee einzuschenken, und John starrte auf ihren Hintern. Schnell wendete er den Blick ab, als sie sich wieder zu ihm drehte und die Tasse auf den Tresen stellte. Dann sah er ihr nach, als sie mit wiegenden Hüften zur Küche ging und hinter der Schwingtür verschwand.

Sie hatte ihn schon einmal bedient. Auf ihrem Namensschildchen stand Melinda. Sie musste ungefähr sein Alter haben; Mitte dreißig, schätzte John. Sie hatte kurze blonde Haare und leuchtend blaue Augen, hübsch. Es gefiel ihm, dass sie ihm in die Augen sah, wenn sie mit ihm redete. Er hatte keinen Ring an ihrem Finger gesehen und fragte sich gerade, wie ihre Geschichte wohl aussah, als er von der Kasse hinter ihm wütende Stimmen hörte.

John blickte in den Spiegel hinter den Kaffeemaschinen. Sah nach einem Streit über eine Rechnung aus. Zwei Männer redeten aufgebracht auf die Frau hinter der Kasse ein. John glaubte, einen von ihnen zu kennen, dann verstellte ihm eine Kellnerin den Blick.

Der Streit wurde laut. John erkannte eine der Stimmen. Sonny Corleone höchstpersönlich. Nick Santorra mit Verbaldünnpfiff.

»Wundert mich das?«, murmelte John.

»Fick dich doch selbst«, brüllte Santorra.

John sah sich im Spiegel zusammenzucken. Er drehte den Kopf und warf einen Blick über die Schulter zur Kasse.

»Bitte verlassen Sie das Lokal«, hörte er die Kassiererin sagen. »Die Rechnung wird Ihnen erlassen. Sie stören unsere Gäste.«

»Ihre Gäste sind mir scheißegal«, brüllte Santorra.

»Bitte, Sir, gehen Sie.«

Und sie gingen.

»Dieses Pack nervt.«

John drehte sich wieder um. Es war die Kellnerin, Melinda. Sie stellte eine kleine Schüssel Coleslaw und einen Teller Gemüsesuppe vor ihn auf den Tresen.

»Hoffentlich brennt dem seine Frau mit dem Klempner durch«, sagte sie.

»Dem Klempner?«

»Oder dem Pizzaboten. Dem Gärtner, wenn sie einen haben. Der Versicherungsvertreter würd’s auch tun. Völlig egal.«

John streckte seine Hand aus. »Ich heiße John«, sagte er.

Sie deutete auf ihr Namensschildchen. »Du kannst vermutlich lesen«, sagte sie.

»Hübscher Name«, sagte er. »Und ja, mich nervt dieses Pack auch. Mehr, als du denkst.«

3

Eddie Vento hatte beide Füße auf dem Schreibtisch, als Tommy Burns in der Tür des Büros erschien. Vento legte die Racing Form beiseite, die aufgeschlagen auf seinem Schoß gelegen hatte, und nahm die Füße vom Tisch.

»Tommy, mein Junge«, sagte er. »Mein Lieblingsire.«

Vento trat hinter dem Schreibtisch hervor, ignorierte die ausgestreckte Hand, umarmte ihn und hob ihn ein paar Zentimeter in die Höhe. »Bist du sicher, dass dein Pa kein Italiener ist?«, sagte er. »Es gibt ’ne kleine Regeländerung. Wir müssen nur ein ›i‹ an deinen Nachnamen hängen, dann bist du dabei.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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