Jörg Zink. Eine Biographie - Matthias Morgenroth - E-Book

Jörg Zink. Eine Biographie E-Book

Matthias Morgenroth

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Beschreibung

Die tiefen Fragen des religiösen Lebens – Schätze entdecken und Überraschungen erleben

Man kann nur staunen über ein Leben voller tiefer Erfahrungen, Abenteuer, Kreativität und Mut: Jörg Zink ist ein authentischer, aufrechter Mann, der wie kaum ein anderer Theologe in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde und wird – als Macher vom »Wort zum Sonntag«, Gallionsfigur des Kirchentags, Bibelübersetzer, Pädagoge, einer der wichtigsten Sprecher der Friedensbewegung und als Umweltschutzaktivist ein Gründungsmitglied der Grünen. Der unkonventionelle theologische Denker hat oft das ausgesprochen, was viele – Pfarrer, Gemeindechristen und Kirchenferne – sich nicht zu sagen trauten. Seit Jahrzehnten zeigt er Wege zu einer glaubwürdigen Theologie und einem erfahrbaren Glauben.

Dieses Buch versteht sich als eine Einführung in sein umfangreiches Werk und als eine Begegnung mit Jörg Zink in vielen spannenden Lebensgeschichten aus neun Jahrzehnten.

  • Begegnung mit der Lebensgeschichte eines großen zeitgenössischen Protestanten
  • Mit ca. 30 Fotos auch aus dem Privatarchiv Jörg Zinks
  • Entstanden aus vielen persönlichen Gesprächen des Autors mit Jörg Zink

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Seitenzahl: 237

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Matthias Morgenroth

JÖRG ZINK

Eine Biographie

Gütersloher Verlagshaus

INHALT

EINLEITUNG.

Ein weites Herz

I. UNTER DEM HIMMEL. BILDER DER KINDHEIT – THEOLOGIE DER MYSTIK

Wegweiser.Erinnerungen an einen Traum

Prägungen.Die Freiheit der Wälder

Begegnungen.Momente für ein Leben

Ein Haus aus Sprache.Freunde aus Klang

Erfahrungsschätze.Die Zukunft des Christentums heißt Mystik

Freie Bürger des Reiches Gottes.Erfahrung kommt von Fahren

Aufrichten und Ausrichten.Die eigene Sprache finden

Sich ansprechen lassen und antworten können.Übersetzungen, Gebete, Nachdichtungen

II. AUFRECHT.ERFAHRUNGEN DES KRIEGES –POLITISCHE THEOLOGIE

Initiationen.Wiedergeburt aus Feuer und Wasser

Im Zeichen des Kreuzes.Zwischen Philosophie und Theologie

Andere Wege wagen.Wenn ihr nicht politisch werdet

Die Friedensbewegung.Dem Feind Freund werden

Die ökologische Frage.Die Trauer spüren

Schöpfungsglaube.Die Erde ist Gottes voll

Die schmale Gestalt aus Nazareth.Auf die Suche gehen

Auf den Spuren der Bibel.Im Nahen Osten unterwegs

Denke nicht klein, sondern groß!Grundlinien eines Jesus-Porträts

Absteigen und weit werden.Einer Bewegung folgen

Die Allianz der Zukunft.Lernende werden

III. REDEN.ÖFFENTLICH KIRCHE SEIN –ES GIBT NUR EINE WELT

Kirche jenseits der Kirchenmauern.Glaubwürdigkeit suchen

Öffentlich reden.Worte für alle finden

Eine andere Kirche suchen.Feiern auf dem Evangelischen Kirchentag

Gefühl fürs Leben lernen.Die Kinder- und Jugendfarm Haldenwiese

Die Zeit des Schreibens.Theologische Entwürfe

Es gibt nur eine Welt.Wie sich unsere Vorstellungen verändern

IV. ABSCHIEDE.REICH BESCHENKT ALT WERDEN

ANHANG

Wichtige Lebensstationen von Jörg Zink

Bücher in Auswahl

Textnachweis

Bildnachweis

EINLEITUNG

Ein weites Herz

Wildschwein, sagt er. Das sei sein Lieblingstier. Kein Schäfchen oder Esel, wie man bei einem bibelfesten Pfarrer vielleicht vermuten könnte. Wildschwein, sagt Jörg Zink. Damals, kurz vor seinem 80. Geburtstag, habe ich ihn danach gefragt. Wildschwein – das sei doch eigentlich kein ausgesprochen passendes Lieblingstier für einen Pfarrer. Und wie immer, wenn er ein Bild für sich in Anspruch nimmt, kann er es mit eigener Erfahrung füllen: Jörg Zink hat unglaublich viele Erfahrungen in seinem langen Leben gemacht, und er hat sie sich bewusst gemacht. Seine Erfahrung mit Wildschweinen erzählt er mir folgendermaßen: »Ich habe beim Zelten als junger Mensch gelegentlich aus Versehen auf einem Wildschweinpfad geschlafen, und ich habe erlebt, wie die Wildschweine mein Zelt beinah umgerissen haben. Und da habe ich eine große Sympathie für diese Tiere gefasst, die da durchs Unterholz preschen, immer die Nase am Boden.«

Jörg Zinks Arbeitszimmer in Möhringen bei Stuttgart liegt selbst unten, im Souterrain, erdverbunden. Mit Büchern ausgetäfelt. Mehrere Schreibtische, um die Arbeit möglichst effektiv und gründlich erledigen zu können: Einen für die täglich zu erledigende Arbeit, für Koordination und Organisation, einen für dasjenige Projekt, das als Nächstes fertiggestellt werden muss, und einen für die Entwicklung neuer Ideen. Sein persönliches Unterholz. Wie gemacht für einen, der Wildschweine mag.

So sollen doch Pfarrer sein, so sollen doch Menschen sein, die dieser »schmalen Gestalt« des Mannes aus Nazareth folgen, Menschen, die sich von Gott geliebt und damit in diese Welt geschickt wissen, sagt Jörg Zink, und wieder bin ich fasziniert von der Treffsicherheit, Klarheit und dem Unkonventionellen dieses Mannes mit den weißen Haaren und den buschigen Augenbrauen: »Ich stelle mir einen Pfarrer so vor, dass er nicht irgendwo herumfliegt, sondern mit der Nase am Boden wie ein Wildschwein durch das Unterholz trabt, dort wo die Menschen sind. Und dass er sich im Unterholz nicht von einer großen Organisation leiten lässt, sondern wie ein solches Wildschwein seinen eigenen Weg suchen muss und ihn dann auch konsequent geht.« Einen Weg zum Leben. Einen Weg zu dem, den wir Gott nennen. Einen spirituellen Weg für Fußgänger, nicht für Überflieger, nicht für Meister. Einen Weg für dich und mich.

Nach und nach fällt mir es erst auf, hier im Souterrain, in Jörg Zinks Denkgehölz, wie selbstverständlich präsent er war in der Kirchengemeinde, in der ich aufgewachsen bin, in meiner Familie, in meinem eigenen Glaubensleben – mir, dem 50 Jahre Jüngeren. Kleine Zink-Bücher in allen Farben am Bücherstand, zigmal verschenkt an Weihnachten, manchmal halbspöttisch mit dem Etikett »kitschig« und »was Frommes« versehen. Meine Eltern, die das »Wort zum Sonntag« im Fernsehen nicht verpassen wollten, damals, als es um die Pershing II und den Nato-Doppelbeschluss und irgendwie auch um Leben und Tod ging. Ein Schwarz-Weiß-Film über das Abendmahl, den wir im Konfirmanden-Unterricht von einem surrenden Projektor aus an die Wand geworfen bekommen haben und in dem ein noch längst nicht weißhaariger Pfarrer mit schwäbischem Akzent uns 13-Jährige anhand von Michelangelos Abendmahlsdarstellung in die biblische Welt hineingenommen hat. Eine Schallplatte, die läuft, während wir die Beerdigung eines Freundes vorbereiten, und auf der der Liedermacher Siegfried Fietz den aaronitischen Segen vertont hat, den Jörg Zink neu interpretiert hat. »Die letzten sieben Tage der Erde«, ein tief aufrüttelnder Text über die Selbstabschaffung des Menschen aus meinem Religionsbuch, Autor wieder Jörg Zink, den ich mir schon als Kind immer wieder vorgetragen habe, sozusagen als persönlichen Klagepsalm. Später dann einige Gespräche auf Kirchentagen, Interviews, die ich für den Hörfunk aufgenommen habe. Was mögen andere mit ihm verbinden? Ich höre, dass viele Jörg Zink auf ihre Weise kennengelernt haben und ihre ganz persönlichen Geschichten mit ihm assoziieren. Und ich höre, dass er vielen Mut gemacht hat.

Über einen zu schreiben, der selbst mit klarer, treffsicherer und poetischer Sprache sehr viel Autobiographisches zu Papier gebracht hat, mag vielleicht überflüssig erscheinen. Aber gerade weil die Zahl der Bücher in seinem langen Leben beinah ins Unüberschaubare gewachsen ist, könnte doch, so unsere Hoffnung, ein weiteres Buch, dieses nämlich, Türöffner sein. Türöffner zum Weiterlesen in eine weite Gedankenwelt. Eine der weitesten, denen ich im Raum der Theologien der Gegenwart begegnet bin. Jörg Zink hat, auch nachdem er sich von seinen öffentlichen Auftritten zurückgezogen hat, sehr viel zu sagen, für Menschen, die auf der Suche sind nach einem glaubwürdigen Christentum, nach eigenen, begehbaren Wegen zeitgemäßer Spiritualität, nach einer zukunftsfähigen Kirche, nach einem Dialog der Religionen, nach Auswegen aus einer globalen Krise der Zerstörung der Welt, nach neuen Bildern von Religion, Christentum, Kirche, Gott, Jesus, Geist.

Jörg Zink in seinem Arbeitszimmer Mitte der 1970er Jahre.

Jörg Zink in seinem Arbeitszimmer 2012.

Drei Kreise wird dieses Buch ziehen, um im Spiegel einer aufregenden Lebensgeschichte nicht weniger aufregende Gedanken über Gott und die Welt zusammenzustellen. Erstens: Die Erfahrungen der Kindheit und Jugend Jörg Zinks führen direkt zu den Büchern des Alters, die sich unter dem Stichwort »Mystik« um ein großes Thema herum versammeln: Wie kann Gott als ein lebendiger, erfahrbarer, naher, heutiger Gott beschrieben werden? Denn die alten Bilder von Gott sind zu klein geworden. Zweitens: Die Erfahrungen und Begegnungen des Krieges lassen Jörg Zink auf eine sehr neue, direkte Art nach Jesus fragen, nach dem Urbild für ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit. Jörg Zinks Mystik ist eine politische, und sein Leben ein sehr politisches. Drittens: Die vielfältigen Arbeitsfelder als Pfarrer, die Konsequenzen aus beiderlei Denken, dem mystischen und dem politischen, haben Jörg Zink immer in die Öffentlichkeit geführt, als Medienpfarrer genauso wie als Bibelausleger auf dem Kirchentag. Ein dritter Kreis widmet sich daher seinem öffentlichen Wirken und einem sehr praktischen theologischen Denken und führt zu der Frage, wie denn heutiges Reflektieren über Religion mit dem modernen Weltbild wieder zusammengedacht werden kann. Anders gesagt: Der erste Teil umkreist neue Bilder von Gott, der zweite Teil das Zentrum der Verkündigung Jesu, der dritte den Geist, den das dritte christliche Jahrtausend braucht.

Jörg Zink hat auf seine Weise und mit den unterschiedlichen Medien, die er sich zu eigen gemacht hat, unzählige Menschen geprägt und er hat damit auch ein Stück protestantischer Kirchen- und Theologiegeschichte geschrieben. Nicht als Lehrstuhlinhaber. Nicht als Bischof in Amt und Würden. Sondern als einer, der sich in aller Freiheit über Gott und die Welt Gedanken macht, in der Freiheit, die viele in den Amtskirchen vermissen. Als einer, der selbst ein Suchender geblieben ist. Der weiß, dass es auch gar nicht anders sein kann.

Natürlich war er dadurch seiner Kirche oft unbequem. Er hat sich eben bei den vielen unterschiedlichen Tätigkeiten und durch seine vielen theologischen Gedanken weniger von ihr, sondern vielmehr von ihrem Gründer leiten lassen, von Jesus. Und von seinen eigenen Erfahrungen und seiner eigenen Vernunft. Davon ausgehend hat er seinen Weg gesucht. Er hat dabei ausgesprochen, was viele und zunehmend mehr Menschen denken, was aber in »der Kirche« in »der Theologie« nicht oder nur hinter vorgehaltener Hand zu hören ist: Warum soll man denn mit der Bergpredigt nicht die Welt gestalten können? Mit welcher Chuzpe setzt man sich denn in den Kirchen über die Weisungen hinweg, die Jesus den Menschen mitgegeben hat? Warum soll man denn, wenn Gott ein Gott aller Menschen ist, annehmen, er sei nur den Christenmenschen nahe – und den anderen Religionen die Wahrheit absprechen? Warum soll man denn, wenn Gott ein lebendiger Gott ist, annehmen, er habe nur damals zu biblischen Zeiten zu den Menschen gesprochen – und sei nun verstummt? Was ist denn mit der eigenen religiösen Erfahrung? Und warum sollten die verfassten Kirchen, die spät, sehr spät entdeckt haben, dass die Aufgaben des 21. Jahrhunderts Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung lauten, warum sollten sie meinen, sie seien mit dem Programm weltweit glaubwürdig? Stand das christliche Abendland, standen Kirchen unterschiedlicher Konfessionen nicht jahrhundertelang für das Gegenteil: für Krieg, Ausbeutung und Zerstörung der Welt?

Zum Wildschwein kommt noch ein zweites Lieblingstier Jörg Zinks – die Wildgans. Und beide zusammengenommen sind wunderbare Bilder für zwei sich inspirierende Seiten eines außergewöhnlichen Mannes. Das Wildschwein, so könnte man sagen, steht für eine erdverbundene Arbeit im mehrfachen Sinn: für ein radikales Eintreten für unsere Erde; für eine Ethik, die nichts vorgibt außer dies: vom hohen Ross herabzusteigen, um unten, am Boden, zum Mit-Menschen zu werden; für die Kraft von unten, aus dem Unterholz, die notwendig ist, um die Welt zu verändern. Und die Wildgans zeigt den weiten Freiheitsraum seines Denkens; den Raum der religiösen Erfahrungen; die Grenzüberschreitung in jede Richtung, die er gewagt hat und durch die er für manche – eben auch für manche Theologen – zum Ärgernis geworden ist.

Grenzüberschreitend waren auch Jörg Zinks Arbeitsfelder. Seine Kanzeln waren die Kirchentage, war das Fernsehen, waren Filme, die er gemacht hat, war das »Wort zum Sonntag«, das ihn für Jahrzehnte zu Deutschlands bekanntestem Seelsorger gemacht hat, waren die Bücher, in denen er immer wieder, aber immer wieder neu Themen umkreist, mit denen sich spirituell Suchende, selbstdenkende Christen auseinandersetzen: Wie können wir beten, wenn wir es eigentlich nicht (mehr) können? Wie können wir feiern, wenn wir die Gottesdienste nicht mehr als frohes Fest erleben? Wie können wir die Bibel lesen, wenn uns die Texte abgestumpft erscheinen? Wie Erfahrungen mit Gott machen? Wie Ökumene leben? Lieben? Trauern? Wie andere Religionen als Partner verstehen?

Jörg Zinks Arbeitseffektivität haben viele bewundert. Sein Arbeitstag begann stets um 4 Uhr früh, vor dem Frühstück, bevor die vier Kinder und seine Frau Heidi aufwachten, bevor Telefon und Post ihn ablenken konnten. Sein Tagesablauf war strikt geplant, um die Zeit möglichst optimal zu nutzen: Weiterarbeiten bis zum Mittagessen, dann ein Mittagsschlaf, bei dem ihn keiner stören durfte, dann weitere Arbeit bis in den frühen Abend hinein, wechselnd zwischen den Schreibtischen, unterbrochen durch Besuche von Mitarbeitern oder auch Ratsuchenden oder durch andere Arbeiten in Haus, Werkstatt und Garten. Man könnte sagen: Jörg Zinks Produktion funktionierte wie eine kleine, flexible, möglichst effektive Fabrik. Über 250 Einzeltitel zuzüglich Audio, Video und E-Books sind entstanden, viele sind in mehrere Sprachen übersetzt worden. Die Bibel hat Jörg Zink neu übertragen, um jenseits der kirchlich eingebürgerten Sprache die Botschaft Jesu wieder lebendig werden zu lassen – Mitte der 60er Jahre wurde ein solches Unterfangen als Sakrileg an Luthers prägender Sprache harsch angefeindet. Gebete für Kinder und Familien hat er geschaffen, damit Beten nicht ein Nachplappern leerer Formeln ist. Er war einer der wichtigen Sprecher der Friedensbewegung, als man ziemlich real und sehr bedrohlich in militärischen Planspielen Europa zum Schauplatz eines Atomkriegs machte. Er war einer der allerersten, die den Ruf »Schöpfung bewahren« als unbedingte, existentielle und religiöse Forderung formulierten, soll der Planet Erde überlebensfähig bleiben. Und in den vergangenen 30 Jahren hat er schließlich immer wieder für beide geschrieben, für die Zukunft des Christentums, das anders werden muss, ganz anders, soll es glaubwürdig überleben, und für den Einzelnen, der sich selbst und seiner Erfahrung trauen lernen soll, auf dass die Welt nicht untergehe. Für eine Kirche ohne Gerede von einer einzufordernden angeblich christlichen Moral, ohne Profilneurose und Abgrenzungsdiskussionen zwischen den Konfessionen und Religionen, ohne ängstliches Auslegungsmonopol des angeblichen Willens Gottes, von dem man ach so viel zu wissen meint. Und für den Einzelnen, der selbstbewusst, aufrecht unter dem Himmel, seine spirituelle Kraft suchen und finden muss, der wissen muss: Auf ihn kommt es an, nicht auf irgendwelche Oberen. Und der, auf diese Weise befähigt und mit der Geistkraft des Lebendigen verbunden, loszieht, die Welt zu ändern, auf dass sie nicht untergehe.

Jörg Zink ist ein Anfänger gewesen – und geblieben. Das ist wohl eines seiner Geheimnisse. Er war ein Pionier in den Arbeitsfeldern, die er beackern durfte. Er hat miterfunden, wie Film und Religion zusammengehen könnten. Er hat mit Langspielplatten und Fotos experimentiert, den religiösen Buchmarkt über Jahrzehnte geprägt. Er ist Gründungsmitglied der Grünen. Er ist immer schon weiter, in Gedanken weiter, als es das behäbige theologische Nachdenken an den Universitäten erlaubt. Er ist dadurch ein Kirchenkritiker, der darin aber nicht bei Vorwürfen endet, sondern weiterschreitet, im Bewusstsein, selbst Kirche zu sein. Auf niemanden warten zu müssen. Auf keinen Bischof. Keinen Theologen. Und schon gar keinen Papst. Die Kirche besteht aus Laien, einfach aus Menschen, das sagt er immer wieder. Und deswegen werde er zu jeder Art von Leitung einer Kirche immer ein distanziertes Verhältnis haben. Weil jede Führung Rücksicht nimmt auf das Bedürfnis der Menschen, eine Autorität vor sich zu sehen und einer Autorität zu gehorchen. Dann aber gehorche man einer Kirchenleitung – und nicht dem, was wir von Jesus Christus hören. »Dann steht der Bischof an der Stelle des Christus, und das ist gefährlich. Denn bis jetzt hat niemand kühnere Gedanken über die Gotteserkenntnis gesagt als Jesus. Und er geht uns mehr an.«

Jörg Zink, der Mystiker, der politische Theologe, der Jesus-Anhänger, Jörg Zink, der Seelsorger, Pfarrer, Dichter, Ratgeber, Prediger, Maler, Fotograf, Schreiner, Bastler, Gärtner und Vater – was wäre er auf diesem seinem Weg gewesen ohne die leise Liebesgeschichte, die sich im Hintergrund seiner Arbeit immer auch erahnen lässt. Jörg Zink hat vielen mittelalterlichen Mystikern, mit denen er im geistigen Austausch ist, eine Erfahrung voraus, eben diese Liebesgeschichte mit seiner Frau Heidi. Er ist geerdet im Hier und Jetzt, im Familienleben, mit Kindern und Enkeln gesegnet, mit einem geliebten Menschen gemeinsam auf dem Weg durch die Jahre. Heidi und Jörg Zink sind über Jahrzehnte gemeinsam unterwegs gewesen, sie hat ihn begleitet, von Podium zu Podium, in die Wüste, zum Meer, in seine Denk- und Erfahrungsräume. Wohl kaum ein Text ist entstanden ohne ihr Gegenüber und ihr Denken im Dialog. Beide sind sie gemeinsam alt geworden – und beide leuchten, strahlen eine Kraft aus, die auch eine gemeinsame ist. Jörg Zink ist eben ein Mensch in Beziehung in jeder Hinsicht, und seine Theologie ist eine Theologie der Beziehung zu Himmel und Erde.

Wie sollen nun die Beziehungen, Gedanken und Erfahrungen dieses Mannes, die er selbst in so vielen Büchern verdichtet hat, noch einmal komprimiert werden können auf 200 Seiten? Ich will versuchen, einige wichtige Bilder nachzuzeichnen, Lebensbilder aus der Kindheit, aus der Welt des Krieges und aus einem Leben als öffentlich agierender Theologe. Und zugleich Verbindungslinien ziehen zu Jörg Zinks zentralen Gedankengängen. Es sind Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus neun Jahrzehnten.

I. UNTER DEM HIMMEL.BILDER DER KINDHEIT –THEOLOGIE DER MYSTIK

Wegweiser. Erinnerungen an einen Traum

Manche Wege gehen nicht zu Ende, jedenfalls nicht auf dieser Erde. So schreibt Jörg Zink über seine Eltern. Seine Mutter stirbt, als er zwei Jahre alt, sein Vater, als er drei Jahre alt ist. Manche Wege gehen nicht zu Ende, jedenfalls nicht auf dieser Erde, sie sind .

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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