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In der neulateinischen Forschung wurden in den letzten Jahren vermehrt Versuche unternommen, das lange Zeit kaum beachtete Schultheater des 18. Jahrhunderts aufzuarbeiten. In dieser Gattung lassen sich nämlich gerade in der Zeit des Rückzugs des Lateinischen aus dem literarischen Diskurs interessante Transformationsprozesse beobachten. Das dramatische Werk des in der alten Südtiroler Bischofsstadt Brixen tätigen Weltgeistlichen Joseph Resch (1716-1782) bietet Einblicke in derartige Wandlungsphänomene: Es wurzelt einerseits in der humanistischen Schultheatertradition der Frühen Neuzeit, weist anderseits aber durch Charakteristika wie den verstärkten Einbezug der Muttersprache, den Rückgriff auf weltliche Stoffe und die Verwendung aufklärerischer Motive darüber hinaus. Der vorliegende Band stellt die erste weiterführende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Dramen dieses Autors dar und bietet zugleich Informationen zu ihrem kultur- und literarhistorischen Entstehungskontext.
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Seitenzahl: 424
Veröffentlichungsjahr: 2024
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[2]NeoLatina 31
Herausgegeben von Thomas Baier, Wolfgang Kofler, Eckard Lefèvre und Stefan Tilg
[4]Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.dnb.de abrufbar.
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch die Autonome Provinz Bozen – Südtirol, die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät und das Vizerektorat für Forschung der Universität Innsbruck, das Ludwig Boltzmann Institut für Neulateinische Studien sowie die Gesellschaft für Klassische Philologie Innsbruck.
DOI: https://doi.org/10.24053/99783823392309
© 2024 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 · D-72070 Tübingen
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Internet: www.narr.deeMail: [email protected]
ISSN 1615-7133ISBN 978-3-8233-8230-0 (Print)ISBN 978-3-8233-9230-9 (ePDF)ISBN 978-3-8233-0239-1 (ePub)
Vorwort
Stefan Zathammer / Egon Kühebacher
Leben und Wirken von Joseph Resch
Simon Wirthensohn / Stefan Zathammer
Die Dramen des Joseph Resch
Ein Überblick
Erika Kustatscher
Joseph Resch – Archivar und Historiker im Zeichen des Übergangs der Historie von der Erzählung zur Wissenschaft
Ludwig Fladerer
Joseph Reschs Historiendrama
Iugurtha
im Kontext des zeitgenössischen Jesuitentheaters
Stefan Zathammer
Sanctus Ingenuinus
–
Liebe deß Vatterlands
Ein Schismatiker als Diözesanpatron
Martin Bauer-Zetzmann
Saturn und seine Söhne
Joseph Resch als Mytheninnovator
Theresa Rothfuß
Joseph Reschs engagiertes Theater
Die allegorische
Rhetorica
(1751) und ein Versuch ihrer Deutung
Wolfgang Kofler
Peccator deicida
,
Pastor bonus
und
Pius Samaritanus
Drei Brixner Meditationsspiele von Joseph Resch
Simon Wirthensohn
Der ‚Theatermacher‘ bei der Arbeit
Verfahren produktiver Rezeption in Reschs Dramen
Robert Forgács
The Music in the Neo-Latin Plays of Joseph Resch and its context
Manuela Oberst
Anmerkungen zur (Schul-)Theatertradition oberschwäbischer Klöster und Stifte im 18. Jahrhundert
Jan Bloemendal
New Perspectives on Neo-Latin Drama
From Philology to Digital Humanities
Register
Der aus Hall in Tirol gebürtige Weltgeistliche Joseph Resch (1716–1782) gilt als einer der bedeutendsten Intellektuellen, die im 18. Jahrhundert in Tirol gewirkt haben. In der Forschung fand in der Vergangenheit weitgehend nur ein Aspekt seines Schaffens, nämlich das als Historiker und Begründer der Tiroler Kirchengeschichtsschreibung, Beachtung. Dass Resch als Präfekt und Lehrer am Hochfürstlichen Gymnasium in Brixen über viele Jahre hinweg auch im Bereich des Schultheaters tätig war, ist zwar bekannt, sein dramatisches Werk war bislang aber nur schwer zugänglich und auch nie Gegenstand ausgiebigerer wissenschaftlicher Untersuchungen – ein Schicksal, welches übrigens die meisten neulateinischen Dramatiker des 18. Jahrhunderts ereilt.
Eine Ausnahme bildet lediglich Karl Mutschlechners ungedruckte Dissertation Das Jesuitentheater in Brixen im 18. Jahrhundert aus den Jahren 1975/1976. In der Studie zur Tradition des neulateinischen Schultheaters in der alten Südtiroler Bischofsstadt werden auch mehrere Stücke aus der Feder Reschs überblicksartig besprochen. Die von Mutschlechner ausgesprochene Hoffnung, Reschs dramatisches Œuvre möge künftig Gegenstand weitergehender wissenschaftlicher Beschäftigung sein, wurde dann von Stefan Tilg aufgenommen, der im Rahmen der großangelegten Geschichte zur lateinischen Literatur Tirols (Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, 2012) eine Übersicht über den Theaterbetrieb am Brixner Gymnasium gibt und mit den Praemia Aureliani und dem Pastor bonus zwei Resch-Stück ausführlich vorstellt. An diese Vorarbeiten schloss im Zeitraum von August 2016 bis Dezember 2018 das von der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol geförderte und an der Universität Innsbruck angesiedelte Projekt Brixner Schultheater im 18. Jahrhundert: Edition und Übersetzung der neulateinischen Dramen von Joseph Resch an. Es verfolgte das Ziel, online verfügbare Editionen und Übersetzungen der Stücke zu erstellen, um so eine solide Grundlage für weitere Forschungen zu schaffen sowie Textmaterial für die Lehre an der Universität und der Schule zur Verfügung zu stellen.1
Im Rahmen des Projekts fand im November 2017 im Bischöflichen Institut Vinzentinum in Brixen auch eine Tagung mit dem Titel Joseph Resch als Dramatiker im Kontext des lateinischen Schultheaters im 18. Jahrhundert statt. [8]Die bei dieser Gelegenheit gehaltenen Vorträge bilden den Grundstock des vorliegenden Bandes, der durch weitere, im Nachgang des Projekts entstandenen Arbeiten ergänzt wurde. Er verfolgt das Ziel, alle Interessierten mit Grundinformationen zu Joseph Reschs auszustatten, auf einige Stücke gleichsam als Fallstudien näher einzugehen und das Corpus kultur- und forschungsgeschichtlich zu verorten.
Den Anfang machen Stefan Zathammer und Egon Kühebacher, die einen ausführlichen und die neuesten Forschungsergebnisse berücksichtigenden Überblick zu Reschs Biographie bieten. Im Anschluss daran stellen Simon Wirthensohn und Stefan Zathammer sein dramatisches Werk vor. Im nächsten Beitrag richtet Erika Kustatscher den Fokus auf Reschs Arbeit als Archivar und Geschichtsforscher.
Es folgen dann Aufsätze, die sich mit Reschs dramatischem Werk als solchem befassen. Ludwig Fladerer setzt das 1747 als Herbstspiel aufgeführte Historiendrama über den Numiderkönig Jugurtha in Beziehung zum zeitgenössischen Jesuitentheater. Gegenstand des Beitrages von Stefan Zathammer ist die Tragödie Sanctus Ingenuinus, in der der Brixner Diözesanheilige Bischof Ingenuin von Säben die Bühne betritt, eine Figur des Tiroler Heiligenhimmels. Die typologischen Beziehungen, die zwischen dem eigentlichen Handlungsstrang und den Chorpartien des Ludovicus verlaufen, stehen bei Martin Bauer-Zetzmann im Mittelpunkt. Zudem zeigt er anhand eines Beispiels, wie Resch in dem Stück den antiken Mythos innovativ umgestaltet. Theresa Rothfuß untersucht anhand der selbstreferentiellen Schulkomödie Rhetorica, wie Joseph Resch in seiner dramatischen Arbeit als Lehrer in Erscheinung tritt, während Wolfgang Kofler sich mit den noch zu Lebzeiten des Autors gedruckten Meditationsspielen beschäftigt. Einen neugierigen Blick über die Schulter des Autors bei dessen Arbeit wirft Simon Wirthensohn. Robert Forgács widmet sich schließlich Musikfragmenten, die sich zu den Dramen erhalten haben.
Den Abschluss des Bandes bilden zwei Beiträge zum Kontext, in dem Resch als Bühnenautor zu verorten ist. Manuela Oberst gibt einen Einblick in den nichtjesuitischen Zweig des neulateinischen Schultheaters im 18. Jahrhundert anhand des Theaterbetriebes in den Stiften und Klöstern Oberschwabens. Jan Bloemendal unternimmt einen Ausblick auf die Forschung zum neulateinischen Schultheater und die Chancen, die sich für diese in Zukunft aus den Möglichkeiten der Digital Humanities ergeben.
Der vorliegende Band wäre ohne die Unterstützung vieler Institutionen und Personen nicht möglich gewesen. Hier seien zuerst die Autoren genannt, die uns ihre Beiträge zur Verfügung gestellt haben, dann das Bischöflichen Institut Vinzentinum und dessen Direktor Christoph Stragenegg sowie das Priesterseminar Brixen, die als Projektpartner auch Mitorganisatoren der Tagung [9]waren. Tillmann Bub und sein Team vom Narr Francke Attempto-Verlag haben sich große Verdienste bei der Drucklegung des Bandes erworben, der vom Vizerektorat und der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck und – wie das gesamte Projekt – von der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol bezuschusst wurde. Ihnen allen gebührt ein großes Dankeschön.
Innsbruck, im November 2024
Wolfgang Kofler, Simon Wirthensohn, Stefan Zathammer
Die im Rahmen des Projekts erstellten Dokumente sind abrufbar unter der Adresse https://www.uibk.ac.at/projects/schultheater-resch/.
Zu Leben und Wirken von Joseph Resch sind in der Vergangenheit schon eine Reihe von Darstellungen erschienen.1 Seine zweifellos großen Verdienste, die er sich auf dem Feld der Kirchengeschichte erworben hat, haben dazu geführt, dass Resch lange Zeit in erster Linie als der großer Tiroler Historiker und Kirchengeschichtsschreiber gesehen wurde,2 viele andere Aspekte seines Schaffens hingegen lediglich bescheidene Randnotiz blieben. Dieser Umstand schlug sich auch im biographischen Schrifttum nieder, in dem der Fokus ganz auf den historiographischen Arbeiten lag. Der vorliegende Aufsatz möchte eine kompakte Zusammenschau dessen bieten, was heute in der Sekundärliteratur und in den gedruckten Quellen an belegten Informationen zum Leben Reschs bekannt ist.
Joseph Resch wurde am 3. September 1716 in Hall in Tirol geboren.3 Er stammte aus einfachsten Verhältnissen, der Vater Martin war als Salzwäscher der Haller Saline tätig, die Mutter Maria, geborene Mayr, war Hausfrau. Durch Vermittlung des adeligen Priesters Andreas von Wenzel, Kanonikus in Augs[12]burg und Brixen, kam der junge Knabe Resch schon im Alter von zehn Jahren in die Domschule von Brixen.4
Die Anfänge dieser Institution lassen sich nicht mit Sicherheit datieren,5 es war aber wohl schon im 6. oder 7. Jahrhundert, als sich der Bischofssitz noch auf dem Säbener Klosterfelsen oberhalb von Klausen befand, dass dort eine kleine Lehranstalt in der Art einer Domschule eingerichtet worden war; für das 11. Jahrhundert ist das Bestehen einer solchen in Brixen jedenfalls urkundlich belegt.6 Die Schülerschaft bestand in den frühen Jahren vornehmlich aus adeligen Knaben, die auf ihren Dienst als Kanoniker an der Kathedralkirche vorbereitet werden sollten, dazu wurden sie in Religion, Grammatik, Choralgesang und der Berechnung des kirchlichen Festkalenders unterwiesen und hatten den Chordienst in der Kathedralkirche zu besorgen. Kern des Unterrichtes bildeten, wie in mittelalterlichen Domschulden die Regel, auch in Brixen die sieben freien Künste.7
An der Spitze der Anstalt stand ein aus dem Kreise der älteren Domherrn gewählter sogenannter ,Scholasticus‘, der die Aufsicht über die Scholaren führte und diesen zusammen mit einigen Subalternen den Unterricht erteilte; in ältester Zeit wohnte auch er noch in Gemeinschaft mit den Schülern. Dass die Domkanoniker im Laufe des 13. Jahrhunderts allmählich von ihrer gemeinschaftlichen Lebensweise abrückten, hatte auch Auswirkungen auf die innere Gestalt der Domschule. Der Scholasticus gab die gemeinsame Wohnung mit den Schülern auf und begnügte sich fortan mit der Oberaufsicht, den eigentlichen Unterricht ließ er an seiner statt von von ihm berufenen Hilfskräften, denen ein Schulmeister (magister scholae, später auch praefectus) an die Spitze gestellt war, abhalten.8
Die Schülerschaft zerfiel in drei Gruppen: Choralisten, einfache Präbendisten und externe Schüler. Die Choralisten hatten die Hauptlast des liturgischen Dienstes zu tragen, sie waren verpflichtet, den ganzen Chordienst (ausgenommen die Mette) zu versehen. Dafür kamen sie aber in den Genuss von gemeinsamer Wohnung, Unterricht und Verpflegung im Schulhaus. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurde ihre Zahl auf acht beschränkt. Die Präbendisten hatten an gewöhnlichen Tagen nur an der Konventsmesse, der Vesper und der Komplet teilzunehmen. Die Externisten hatten wohl nur in [13]ältester Zeit Chordienst zu verrichten, sie mussten aber für den Unterricht ein kleines Entgelt entrichten.9 Die Öffnung der Schule auch für Jungen aus den niedrigeren und ärmeren Gesellschaftsschichten brachte im Laufe der Zeit eine stark gesteigerte Schülerzahl mit sich – in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren es rund 70 Knaben10 –, so dass in den engen Räumlichkeiten, die die Schule am Kreuzgang belegte, schon bald nicht mehr alle Zöglinge untergebracht und noch weniger ohne Entgelt in Kost, Quartier und Unterricht aufgenommen werden konnten. Der Großteil der Knaben musste deshalb nicht nur ein Schulgeld entrichten, sondern war auch gezwungen, sich selbst Wohnung in der Stadt bei Bürgerfamilien zu nehmen, und stand so außerhalb der Unterrichtszeiten ohne offizielle Aufsicht; ein Zustand, der zu allerlei Unsitten und Missbrauch in der Brixner Schülerschaft führte. Resch lernte als junger Chorknabe diese prekäre Situation selbst kennen und verwendete später große Mühen darauf, dieser Abhilfe zu schaffen.11
Im Laufe der Zeit wurden zwar mancherlei Versuche zur inneren Reform und Verbesserung der Domschule unternommen, u.a. wurde mehrmals versucht, in Brixen eine Niederlassung der Jesuiten zu errichten und diesen auch die Leitung der Schule zu übertragen,12 auch hatte man mehrmals erwogen, die benachtbarten Häuser zwecks der baulichen Erweiterung der sehr beengten Schulgebäude zu kaufen. Einschneidende und nachhaltige Veränderungen erfuhr die Lehranstalt aber erst unter der Regierung von Fürstbischof Christoph Anton von Spaur (reg. 1601–1613), der es sich zur Pflicht gemacht hatte, nach den Vorgaben des Konzils von Trient (1545–1563) eine Besserung der Ausbildung für die angehenden Kleriker herbeizuführen. In der Domschule wurden nun fünf Gymnasialklassen eingerichtet; von der Einführung der Poetik- und Rhetorikklasse musste, obwohl mehrmals in Angriff genommen, jedoch aus Ressourcengründen (vorerst) abgesehen werden, so dass die Lehranstalt letztlich doch eine reine Grammatikschule blieb. Ab 1638 war auch das Amt des Schulpräfekten regelmäßig von dem des Chormeisters getrennt. Der Unterricht wurde nach einem von Weihbischof Simon Feuerstein (1597–1623), der selbst das Collegium Germanicum in Rom besucht hatte, ausgearbeitetem, an der jesuitischen Ratio studiorum ausgerichteten Lehrplan gehalten; an den Jesuitengymnasien orientiert waren auch die vorgeschriebenen Unterrichtsmaterialien, deren Kern die Lehrbücher eines Jakob Gretser (1562–1625), Jacobus Pontanus (1542–1626) und Emmanuel Alvarus (1526–1582) bildeten. [14]Als wesentliche Erweiterung der Unterrichtsgegenstände scheint zu dieser Zeit zudem das Griechische auf, das schon in der untersten Grammatikalklasse gelehrt wurde.13
In die nach diesen Vorgaben eingerichtete Anstalt trat also auch der junge Joseph Resch 1726 als Sängerknabe ein. Nach Abschluss des fünfklassigen Gymnasiums wechselte Resch wahrscheinlich an das Innsbrucker Jesuitengymnasium, um dort die Poetik- und die Rhetorikklasse zu besuchen. Zwar haben sich aus diesen Jahren keine Schülerlisten erhalten – mit letzter Sicherheit lässt sich sein Schulbesuch in Innsbruck daher nicht nachweisen. Es ist jedoch belegt, dass begabte Brixner Schüler nach dem Abschluss der Grammatikschule an die Lehranstalten der Jesuiten nach Innsbruck, München oder Dillingen entsandt wurden, um die für ein Studium notwendigen Humanitätsklassen zu besuchen.14 Für einen Innsbrucker Schulbesuch Reschs spricht außerdem, dass er die Brixner Schule bereits im Sommer 1731 abgeschlossen haben müsste, aber erst für das Studienjahr 1733/1734 als Student der philosophischen Fakultät an der Universität Innsbruck immatrikuliert ist.15 Als Schüler des Jesuitengymnasiums dürfte Resch – womöglich zum ersten Mal – mit dem Phänomen Schultheater in Kontakt gekommen sein.16 In Innsbruck gab es in dieser Zeit rege Schultheateraktivitäten, die beachtlichen Zuschauerzuspruch erfuhren.17 In den frühen 1730er-Jahren war hier der Schwabe Anton Claus (1691–1754) als Schulchorag tätig, dessen Theaterspiele später gedruckt wurden und auf das späte lateinische Schuldrama stilbildend wirkten. Für Resch war Claus nachweislich ein bedeutendes Vorbild: Seine erste Tragödie, Iugurtha, ist maßgeblich von Claus’ Dramen beeinflusst.18
In den Jahren 1733 bis 1735 scheint Resch als Hörer an der philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck auf, bis 1739 ist er dann als Student der Theologie in den Matrikeln verzeichnet.19 Von der Absicht getragen, in den geistlichen Stand einzutreten, kehrte er im Herbst 1739 wieder nach Brixen zurück, wo er als Alumnus in das dortige Seminar aufgenommen wurde. Noch im selben Jahr erhielt er die niederen Weihen, 1740 folgte das Subdiakonat. [15]1741 empfing er das Diakonat und wurde im nämlichen Jahr auch zum Priester geweiht.20
Nach der Priesterweihe wurde Resch als sog. ,Supernumerarius‘ klassifiziert – das waren jene Neupriester, die beim damals starken Nachwuchs nur mit Glück eine zunächst unbezahlte Arbeitsstelle bekamen. Seinen ersten Arbeitsplatz erhielt er als Kooperator in Stilfes bei Sterzing, wo als Pfarrer Graf Johann Karl von Recordin (1698–1781) wirkte, der in der Folgezeit Domdekan von Brixen sowie Propst von Innichen war und auch zum infulierter Propst von Regensburg ernannt wurde. Resch gelang es, die dauerhafte Gunst dieser angesehenen Priesterpersönlichkeit, die ihm über viele Jahre hinweg mancherlei Unterstützung angedeihen ließ, zu erwerben.21
Doch sollte in Stilfes nicht lange seines Bleibens sein, schon nach einem Jahr wurde ihm eine Aufgabe im Schuldienst zugewiesen. Wenngleich Reschs Wirken in der Seelsorge nicht von langer Dauer war, so sollte sie ihm im Übrigen trotzdem zeitlebens teuer sein. Gleich zwei Mal (1758 und 1772) bewarb er sich um die Pfarre in Taufers im Pustertal, kam aber beide Male knapp nicht zum Zuge.22 Und als ihm nach Schulschluss im Herbst 1756 übergangsweise die Pfarre von St. Andrä bei Brixen übertrugen wurde, soll er bei seiner Abberufung von dieser Stelle mit Beginn des neuen Studienjahres nicht ohne ein gewisses Bedauern davon geschieden sein.23 Auch in späteren Jahren war er, wie seine frühen Biographen zu berichten wissen, ein gern aufgesuchter Beichtvater in der Tiroler Bischofsstadt, galt als weithin bekannter und guter Prediger, insbesondere soll ihm aber in seinem geistlichen Dienste auch die Obsorge für die Armen und Kranken der Stadt ein teures Anliegen gewesen sein.24
1742 wurde Resch also nach Brixen zurückgeholt, wo ihm die Präfektur und das Lehramt für eine Klasse (Syntax maior) an der Domschule übertragen wurde; zum Unterhalt war damit das kleine Benefiziat zur Hl. Katharina unter der Orgel verbunden. Rund 20 Jahre, bis 1761, wirkte er als fleißiger und gewissenhafter Lehrer und Erzieher.25 Dabei wäre Reschs Berufung an die Domschule beinahe an einem seit vielen Jahrzehnten vor sich hin schwelenden [16]Streit zwischen Fürstbischof und Domkapitel in den Fragen der Finanzierung und Bestellung des Lehrkörpers gescheitert. Bischof Kaspar Ignaz von Künigl (reg. 1702–1747) widersetzte sich zunächst der Berufung Reschs entschieden, weil das Domkapitel diese ohne die dafür erforderliche bischöfliche Zustimmung betrieben habe und weil die Saläre des Präfekten und Magisters von der bischöflichen Hofkammer beglichen würden. Er wollte nur zugestehen, dass der junge Priester bis Neujahr seine Stelle an der Schule ausüben dürfe, dann aber wieder als Hilfspriester in die Seelsorge nach Stilfes zurückkehren müsse. Eine Einigung zwischen den beiden Streitparteien scheint in Reschs Fall aber dann doch recht schnell gefunden worden zu sein, denn am 19. Juni 1743 konnte er jedenfalls als anerkannter Präfekt des Hochfürstlichen Gymnasiums in Rom um die Zulassung der Marianischen Kongregation ansuchen.26
Mit den von Resch während seiner beinahe zwanzigjährigen Tätigkeit als Lehrer und Präfekt angestoßenen Reformen wurde die in vielen Bereichen noch mittelalterlich geprägte Domschule, der es insbesondere an den beiden Humanitätsklassen mangelte, zu einem vollständigen, den Erfordernissen der Zeit entsprechenden Gymnasium ausgebaut. Ein besonderes Anliegen war ihm die Verbesserung und Erweiterung des Unterrichtes. Mathematik und Geographie wurden neu unter die zu lehrenden Fächer aufgenommen, 1748 wurde die Poetik-27 und zwei Jahre später die Rhetorikklasse28 eingeführt. Allein, wegen des chronischen Geld- und Platzmangels, unter dem die Domschule seit vielen Jahrzehnten litt und der durch die ständigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen Fürstbischof und Domkapitel noch verstärkt wurde, ging die Erneuerung des Instituts anfangs nur sehr schleppend voran und Resch sah sich allerlei Hindernissen und Schwierigkeiten gegenüber, so dass er sich, um seine Reformvorhaben nicht zu gefährden, zeitweise sogar gezwungen sah, den Unterricht in der Poetik- und Rhetorikklasse unentgeltlich (ex sola charitate impulsus) abzuhalten.29 Dass der Eifer und die Bemühungen des jungen Priesters keinen leichten Stand hatten und er mitunter auch herbe Rückschläge hinnehmen musste, davon zeugt etwa anschaulich die 1751 als Herbstspiel aufgeführte Schulkomödie Rhetorica, die auf humorvolle Weise die Schwierigkeiten bei der Einführung der Rhetorikklasse, die schon kurz nach ihrer erstmaligen Eröffnung wieder vor dem Aus stand, reflektierte.30 Der etappenweise Ausbau der Schule lässt sich anhand der Periochen der Herbstspiele [17]dieser Jahre deutlich nachverfolgen. In der Tragödie Sanctus Ingenuinus, gegeben im September 1749, trat schon ein Schüler aus der Poetikklasse auf, ebenso im Agamemnon ein Jahr später. Dass die Reformbestrebungen zeitweise auch Rückschläge hinnehmen mussten, lässt sich aus der Perioche des Adiatorix, des Herbstspiels des Jahres 1752, ersehen. Darin ist nun wieder die Syntaxis maior als oberste Klasse angeführt. Im Schuljahr 1753/1754 scheint schließlich der schrittweise Ausbau der Domschule zu einem vollständigen Gymnasium abgeschlossen gewesen zu sein. Die Perioche der Praemia Aureliani (Herbstspiel 1753) verzeichnete wieder eine Poetikklasse und die Tragödie Ludovicus, die im September 1754 zum Schulschluss gegeben wurde, führte nun alle sechs regulären Klassen auf.31
Dem Priester Resch lag auch das Seelenheil seiner Schüler sehr am Herzen. Der zwar schon unter Fürstbischof Sigmund Alfons von Thun (reg. 1663–1677) begründeten, um die Mitte des 18. Jahrhunderts aber arg vernachlässigten Marianischen Kongregation wurde durch ihm neues Leben eingehaucht und sie konnte im Jahre 1754 dann sogar der großen römischen angeschlossen werden.32 Für seine Schüler, die zum ganz überwiegenden Teil in der Stadt zerstreut untergebracht und außerhalb der Schulzeit ohne Aufsicht waren, wurde infolge der unnachgiebigen Bemühungen Reschs ein eigenes Haus eingerichtet, das im Jahre 1756 bezugsfertig war. Als das diözesane Priesterseminar in Brixen in das Spital zum Hl. Kreuz auf der Insel verlegt wurde, erreichte Resch, dass dessen alte Räumlichkeiten, die am Kreuzgang in unmittelbarer Nachbarschaft zur Domschule gelegen waren, dieser zur Benützung abgetreten wurden. So entstand mit dem sogenannten ‚Cassianeum‘ ein regelrechtes Konvikt, in dem nun die Zöglinge des Gymnasiums alle unter einem Dach vereint gemeinschaftliche Unterbringung, Verpflegung und Unterricht erhielten.33
Für den Unterricht in den oberen Klassen verfasste Resch in diesen Jahren auch drei Schulbücher: Ars metrica (Augsburg 1748), Phraseologia poetica (Linz 1749) und Compendium prosodiae Latinae universae (Venedig 1750). Diese drei aufeinander aufbauenden und einander ergänzenden Lehrbücher bildeten zusammen genommen eine Einführung in die lateinische Vers- und Dichtungslehre.34 Mehrfach neu aufgelegt fanden sie auch über die Tiroler Landesgrenzen hinaus Verwendung.35
Seine schulischen Tätigkeiten waren es auch, die den Anstoß für Reschs dramatische Arbeiten gaben. Unter seiner Ägide erlebte das Schultheater am [18]Brixner Gymnasium eine späte Blüte mit einem regelmäßigen Spielbetrieb. Bereits 1746, vier Jahre vor der Einführung der üblicherweise mit den Schulschlussaufführungen betrauten Rhetorikklasse, ist ein erstes Herbststück dokumentiert. In der folgenden Zeit ist (mit Ausnahme der Jahre 1755 und 1760) bis zum Ende von Reschs pädagogischen Verpflichtungen im September 1761 aus jedem Schuljahr ein Herbststück nachzuweisen. Daneben sind drei Meditationsspiele überliefert, die Resch von den Sodalen in der Schülerkongregation aufführen ließ. Resch war nicht nur für die Bereitstellung des Dramentextes, sondern auch für die Inszenierung der Theaterstücke zuständig. Auch die logistische Organisation der Aufführungen, die Verwaltung von Ausgaben und Einnahmen sowie die Koordination von externem Personal wie Komponisten und Musiker dürfte zu seinen Obliegenheiten gehört haben.36
Von einschneidender Bedeutung für Reschs wissenschaftliche Tätigkeit war der 1745 begonnene Neubau des Brixner Domes. Beim vorangegangenen gänzlichen Abbruch des gotischen Gotteshauses rettete er die heute im Kreuzgang und an den Außenwänden des Domes angebrachten Grabsteine. Den drohenden Verlust der zahlreichen unschätzbaren historischen Monumente vor Augen, unternahm es Resch, diese zu sammeln und der Nachwelt zu erhalten. Die Ausbeute dieser Sammlung, vermehrt durch Inschriften aus vielen Kirchen der Diözese, die damals barockisiert wurden, wobei Inschriften als Quellen geschichtlicher Forschungen vor der Vernichtung gerettet wurden, edierte Resch später unter dem Titel Monumenta veteris ecclesiae Brixinensis (Brixen 1765). Elf Jahre später erfolgte als Ergänzung das Supplementum ad monumenta (Brixen 1776).37
Sein Erstlingswerk auf dem Gebiet der Geschichtswissenschaft war eine kleine, Fürstbischof Leopold von Spaur zur Inthronisation gewidmete Geschichte der Säbener Bischöfe bis zum Tod Albuins im Jahre 1006 (Gloria filiorum patres eorum, Brixen 1748).38 Am Schluss wird vom Autor zwar für das kommende Jahr ein Folgeband, der die Brixner Oberhirten behandeln sollte, versprochen,39 ein solcher ist letztlich aber nie erschienen.
Sein historiographisches Hauptwerk ist die zweibändige Beschreibung des geschichtlichen Werdens der Diözese Brixen unter dem Titel Annales ecclesiae Sabionensis nunc Brixinensis. Der erste Band, wenngleich schon 1755 fertig[19]gestellt, erschien 1757 in Augsburg. Resch widmete ihn dem gelehrten Papst Benedikt XIV. (reg. 1740–1758), der mit einem persönlichen Schreiben auf diese Würdigung reagierte.40 Der Band behandelt die ersten fünf christlichen Jahrhunderte. Einer Untersuchung und Erwähnung wert erachtet Resch dabei alle historischen Ereignisse, soweit sie nur irgendwie mit Tirol bzw. dem Gebiet der Diözesen Brixen und Trient in Verbindung stehen. Nur zwei Jahre später erschien (wieder in Augsburg) der zweite Band der Annalen. Gegenstand waren nun die folgenden drei Jahrhunderte. Ausführlich widmet sich Resch dabei der Person des Hl. Ingenuin (6. Jahrhundert), der um die Mitte des 18. Jahrhunderts zusammen mit dem der Brixner Tradition nach ersten Bischof von Säben, dem Hl. Kassian von Imola (4. Jahrhundert), im Zentrum einer vom Trientner Weltgeistlichen Girolamo Tartarotti (1706–1761) angestoßenen Streitfrage stand.41 Aus der Polemik selbst, in der auf Brixner Seite zur Verteidigung der beiden heiligen Bischöfe zunächst der Tiroler Polyhistor Anton Roschmann (1694–1760) und dann der Franziskaner Benedetto Bonelli (1704–1783) auftrat, hielt Resch sich, obschon auch er ein Vertreter der alten Brixner Tradition war, jedoch heraus.42 1767 erschien schließlich der letzte Teil der Annalen, der der Geschichte der Kirche von Säben des 9. und 10. Jahrhunderts bis zum Tode des Bischofs Albuin im Jahre 1006 gewidmet war.43
Um all dies zu Papier bringen zu können, muss Resch in diesen Jahren ein schier unglaubliches Arbeitspensum bewältigt haben. Er begann, wie seine frühen Biographen berichten, seine Studien schon in den frühen Morgenstunden und setzte sie bis tief in die Nacht hinein fort. Neben den zahlreichen Verpflichtungen in Administration und Lehre am Gymnasium widmete sich der Haller Gelehrte mit akribischem Fleiß seinen historischen Forschungen. Während der Schulferien unternahm er auf der Suche nach Urkunden und Handschriften in den großen Bibliotheken und Archiven weite Reisen durch [20]Italien und seine Tiroler Heimat,44 wobei er mit Erfolg seine historischen und geographischen Kenntnisse mehrte und mit gelehrten Männern und kirchlichen Würdenträger bekannt wurde, mit denen er mitunter einen regen Briefwechsel unterhielt; so etwa mit Kardinal Christoph Anton Migazzi, Joseph von Spaur, zuerst Fürstbischof von Seckau und dann von Brixen, dem Schriftsteller und Philologen Jacopo Faccioalti in Padua, dem Tiroler Polyhistor Anton Roschmann, dem Jesuiten Ignaz Weitenauer, dem Franziskaner Benedetto Bonelli in Trient u.a.m.45 Von 1748 bis zu ihrem Ende 1756 war Resch Mitglied der Academia Taxiana in Innsbruck; während ihrer Sitzungen wurde gelegentlich auch aus seinen Werken vorgelesen – so wurden etwa 1751 Auszüge aus den Meditationsspielen dargeboten, 1755 wurde aus den Annales vorgelesen.46 Daneben gehörte der Haller Priester auch der Accademia degli Agiati, der gelehrten Roveretaner Gesellschaft, an. Die Akademie der Wissenschaften zu München ernannte ihn 1762 zum Ehrenmitglied und nahm ihn 1777 als wirkliches Mitglied auf.47
Am 10. Oktober 1759 wurde er an der Universität Padua nach erfolgreichen Prüfungen und Diskussionen von 84 Doktoren zum Doktor der Theologie promoviert.48 Er suchte nun um ein vakant gewordenes Kanonikat im Brixner Dom an, das ihm schon von Papst Clemens XIII. (reg. 1758–1769) versprochen worden war.49 Allein das Kanonikat bekam schließlich nicht er, sondern es wurde dem jungen Diakon Franz Anton von Buol übertragen, der gar nicht zur Diözese Brixen gehörte, sondern aus Konstanz stammte, und Resch hatte das Nachsehen.50
Ende des Jahres 1760 begann Reschs unglückliches Bemühen um eine Professur an der Universität Innsbruck. Einem Tagebucheintrag vom Dezember zufolge war er dort als Professor für polemische Theologie und Kirchengeschichte vorgesehen und sollte gleichzeitig auch das Amt des Direktors des kaiserlichen Gymnasiums in der Stadt am Inn übernehmen.51 Aus dem Eintrag [21]geht hervor, dass Resch in dieser Position Ferdinand Kopf (1729–1810) nachfolgen sollte, der für die Pfarre Mils bestimmt worden war. Resch wurde aber offenbar falsch informiert: Kopf hatte neben der Oberaufsicht über das akademische Gymnasium nicht die Professur für Polemik, sondern jene für Heilige Schrift inne.52 Letztlich verließ der erst fünf Jahre zuvor auf diese Kanzel berufene und erst seit jenem Jahr mit der Aufsicht über das Gymnasium betraute Professor seinen Lehrstuhl nicht und Resch konnte die neue Stelle nicht antreten.53
Im Jänner 1761 wurde ihm aber das erste Troyloische Benefizium an der Brixner Kathedrale, eine etwas bessere Pfründe, zugesprochen.54 Nur wenig später, am 11. Juli 1761, wurde Resch als Professor für Polemik und Kirchengeschichte an der Universität Innsbruck berufen. Anton Gallus Weyeter (1723–1779), der seit 1753 das Lehramt für Polemik innehatte,55 war entlassen worden, weil er widderrechtlich die Ehe einer jungen Frau mit einem protestantischen Offizier eingesegnet hatte. Resch war sich der Sache diesmal ganz sicher, gab nun seinen Posten am Brixner Gymnasium auf und reiste nach Innsbruck. Dort – er hatte sogar schon seine Antrittsvorlesung56 verfasst – musste er eine bittere Enttäuschung erleben. Die genauen Umstände lassen sich nicht mehr mit Sicherheit rekonstruieren, Weyeter hatte inzwischen jedenfalls Verzeihung für seine Verfehlung erlangt und den Lehrstuhl wiederbekommen, Resch wurde mit dem Versprechen, auf die nächste frei werdende Lehrkanzel berufen zu werden, vertröstet. Er kehrte nun enttäuscht nach Brixen zurück, wo seine Stelle am Gymnasium inzwischen schon nachbesetzt worden war. Glücklicherweise hatte Resch sein Benefizium nicht aufgegeben, und mit der bescheidenen Bezahlung, die damit verbunden war, musste er nun leben.57
[22]Zu einer leichten Besserung kam es, als ihn im Jahr 1762 Fürstbischof Leopold Graf Spaur zu seinem Hofkaplan58 und zum Direktor des völlig verwahrlosten Diözesanarchivs ernannte.59 Resch erschloss und inventarisierte das Archiv systematisch – ein unschätzbares Verdienst, stellte es doch die letzte große Bestandsaufnahme vor der Teilung im Zuge der Säkularisation des geistlichen Hochstiftes Brixen im Jahre 1803 dar.60 Von nicht wenigen, besonders schwer lesbaren Urkunden, fertigte er durch eigenhändige Abschrift Kopien an. Im Jahre 1766 wurde er zudem Professor der Heiligen Schrift am Brixner Priesterseminar.61 Als solcher stellte er für seine Hörer eine zur damaligen Zeit vielfach verwendete Evangelienharmonie zusammen (Harmonia sanctorum evangeliorum, s.l. 1771), deren Vorrede kunstvoll aus Bibelzitaten zusammengesetzt ist.62
Da seine Werbung um ein Kanonikat an der Kathedralkirche erfolglos geblieben war, bemühte er sich um eines am Kollegiatstift im Kreuzgang, kam jedoch auch hier nicht zum Zuge. Im Herbst 1768 verlieh ihm endlich Papst Clemens XIII. ein Kanonikat am Kollegiatstift Innichen. Sicherlich war dabei als Hauptvermittler der als Dekan von Stilfes bereits erwähnte Karl von Recordin am Werk, der seit 1747 Propst von Innichen und seit 1755 gleichzeitig infulierter Propst von Regensburg war.63
Dieses Kanonikat war zwar kein gut dotiertes und brachte kaum Einkommen, nun standen Resch aber die reichen Archivbestände des knapp tausend Jahre alten, schon im Jahre 769 vom bayrischen Herzog Tassilo III. gegründeten Stiftes zu den Heiligen Candidus und Korbinian offen. Als Ergebnis dieser Studien erschien im Jahre 1772 eine seinem alten Gönner, dem Grafen Johann Karl von Recordin gewidmete Edition von 92 mit vielen historischen Notizen und Kommentaren versehenen Urkunden zur Geschichte des Stiftes Innichen sowie ein Verzeichnis der Pröpste des Stiftes seit dem 12. Jahrhundert (Aetas millenaria ecclesiae Aguntinae in Norico sive Inticensis in Tyroli, Brixen64). Um dieselbe Zeit veröffentlichte Resch auch eine Geschichte des Bistums Chur in deutscher Sprache (Annales ecclesiae Curiensis, Brixen 1770).65
[23]Obwohl ihm 1770 der Regensburger Fürstbischof, Anton Ignaz Reichsgraf von Fugger-Glött (reg. 1769–1787) die Ernennung zum wirklichen geistlichen Rat, eine ehrenvolle und gut bezahlte Stelle, anbot, zog es Resch vor, in der Heimat zu bleiben. Wenig später verlieh ihm der Brixner Fürstbischof die nämliche Würde66 und 1775 erhielt Resch die gut bezahlte Pfründe zur Hl. Katharina, damals eine der besten in der ganzen Diözese, und wurde gleichzeitig zum fürstbischöflicher Hofbibliothekar ernannt.67
Anfang Februar 1782 war Resch anlässlich des vierzigstündigen Gebets nach Klausen zu einer Kanzelrede gebeten worden. Am 9. Februar wurde er, an einer schweren Lungenentzündung erkrankt, während der Predigt ohnmächtig und am 15. Februar 1782 starb er fünfundsechzigjährig in seiner Brixner Wohnung. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Kirche der Kapuziner in Brixen.68
In Erinnerung blieb Resch der Nachwelt insbesondere wegen seiner Leistungen auf dem Gebiet der Tiroler Kirchengeschichte und so nimmt es auch nicht wunder, dass der Epitaph, den man ihm zu Gedenken anlässlich des 50. Todestages in der Kirche des Priesterseminars errichtete, den Haller Priestergelehrten als de historia patria optime merit[us], als „um die vaterländische Geschichte höchst verdient“, rühmt. Reschs Bedeutung für die Tiroler Geschichtsforschung erschöpft sich indes nicht nur in seinen der Öffentlichkeit vorgelegten Werken, sondern liegt insbesondere auch an den Vorarbeiten, die er auf dem Gebiet der Quellenerfassung und -kritik geleistet hat. Ohne Rückgriff auf die von Resch geschaffenen Grundlagen und den umfassenden Materialsammlungen, die er aus ganz Tirol und den benachbarten Ländern zusammengetragen hat, wären die Arbeiten seiner Nachfolger – der sogenannten ‚Brixner Historikerschule‘69 –, wie die eines Stefan von Mayrhofen (1751–1848), Ignaz Paprion (1752–1812), Johannes Rosbichler (1750–1804) und nicht zuletzt die neun massive Bände füllenden Beyträge zur Geschichte der bischöflichen Kirche zu Säben und Brixen in Tyrol (Brixen 1821–1835) Franz Anton Sinnachers (1772–1836) nicht möglich gewesen.70
Ammann, Hartmann: Geschichte des k.k. Gymnasiums zu Brixen a.E., Bd. 1, Brixen 1901.
Falkner, Andreas: Geschichte der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck 1740–1773, Innsbruck 1969 (Veröffentlichungen der Universität Innsbruck, Bd. 34).
Freiseisen, Johannes: Rückblick auf die dreihundertjährige Geschichte des Priesterseminars in Brixen mit Berücksichtigung der Bischofs- und Stadtgeschichte, Brixen 1908.
Gelmi, Josef: „Pietas et Scientia“. 400 Jahre Priesterseminar Brixen. 1607–2007, Brixen 2007.
Gelmi, Josef: Leben und Wirken von Joseph Resch. Ein Pionier der Tiroler Kirchengeschichte, Der Schlern 93, 2019, 67–73.
Grass, Franz: Der Brixner Geschichtsforscher Dr. Joseph Resch und seine Innsbrucker Antrittsvorlesung von 1761. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte Tirols, in: Franz Grass (Hg.): Festschrift Landeshauptmannstellvertreter Prof. Dr. Hans Gamper, Bd. 3, Innsbruck 1962, 167–194.
Grass, Franz: Gloria ecclesiae Brixinensis. Der Brixner Geschichtsforscher Dr. Joseph Resch. Seine Innsbrucker Antrittsvorlesung. Ein Beitrag zur Geschichte der historischen Theologie und der Geschichtsforschung in Tirol, in: Franz Grass (Hg.): Studien zur Sakralkultur und kirchlichen Rechtshistorie Österreichs, Innsbruck / München 1967 (Forschungen zur Rechts- und Kulturgeschichte, Bd. 2), 181–213.
Grass, Nikolaus: Benediktinische Geschichtswissenschaft und die Anfänge des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 68, 1960, 470–484.
Hochenegg, Hans: Nachlese zu Joseph Resch, Der Schlern 42, 1968, 205–207.
Huter, Franz / Haidacher, Anton (Hg.): Die Matrikel der Universität Innsbruck, Bd. 1: Matricula philosophica, Teil 2: 1701–1735, Innsbruck 1954.
Kleyntjens, Josef: Die Jesuiten in Bressanone, Der Schlern 19, 1938, 16–19.
Kollmann, Johann (Hg.): Die Matrikel der Universität Innsbruck, Bd. 2: Matricula theologica, Teil 3: 1735/1736–1754/1755, Innsbruck 1983.
Kompatscher, Gabriela / Korenjak, Martin: Sprachdidaktik, Poetik, Philologie, in: Martin Korenjak / Florian Schaffenrath / Lav Šubarić / Karlheinz Töchterle (Hg.): Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Bd. 2, Wien / Köln / Weimar 2012, 797–806.
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Mutschlechner, Karl: Das Jesuitentheater in Brixen im 18. Jahrhundert, ungedr. Dissertation (Università degli studi di Padova), Padua 1975/1976.
[25]Nössing, Josef: Die Anfänge der modernen Tiroler Geschichtsschreibung oder das Problem mit der geschichtlichen Wahrheit, Der Schlern 71, 1997, 363–371. (= Nössing 1997a)
Nössing, Josef: La storiografia austriaco-tirolese e Girolamo Tartarotti, in: Atti della accademia Roveretana degli agiati VIII/VII, 1997, 127–140. (= Nössing 1997b)
Pertramer, Adolf: Die Domschule von Brixen, Der Schlern 26, 1952, 233–236.
Probst, Jacob: Beiträge zur Geschichte der Gymnasien in Tirol, Innsbruck 1858.
Resch, Joseph: Gloria filiorum patres eorum (Prov. 17, 6), id est series et continuata successio Episcoporum Sabionensium hodie Brixinensium una cum historia eiusdem ecclesiae cathedralis, Brixen 1748.
Resch, Joseph: Dr. Joseph Resch. Biographische Skizze zum 150. Todestag des berühmten vaterländischen Historikers, Der Schlern 13, 1932, 170–177.
Rosbichler, Joseph: Das Institut der Chorknaben in Brixen, in: Der Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol, Bd. 3, Innsbruck 1808, 172–185. (= Rosbichler 1808a)
Rosbichler, Joseph: Joseph Resch, in: Der Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol, Bd. 3, Innsbruck 1808, 39–58. (= Rosbichler 1808b)
Sauser, Ekkart: Resch, Joseph, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 8, 1994, 56–57.
Schaffenrath, Florian: Das Gründungsepos der Römerstadt Aguntum von Joseph Resch, Daphnis 41, 2012, 263–274.
Sinnacher, Franz Anton: Beyträge zur Geschichte der bischöflichen Kirche zu Säben und Brixen in Tyrol, Bd. 1, Brixen 1821.
Stolz, Otto: Geschichte und Bestände des staatlichen Archives (jetzt Landesregierungs-Archives) zu Innsbruck, Wien 1938 (Inventare österreichischer staatlicher Archive, Bd. 6).
Strobl, Oswald: Geschichte des Kollegiatkapitels Innichen von 1690 bis 1785, ungedr. Dissertation (Leopold-Franzens-Universität Innsbruck), Innsbruck 1973.
Šubarić, Lav / Schaffenrath, Florian / Kennel, Patrick: Geschichtsschreibung, in: Martin Korenjak / Florian Schaffenrath / Lav Šubarić / Karlheinz Töchterle (Hg.): Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Bd. 2, Wien / Köln / Weimar 2012, 726–777.
Tilg, Stefan: Die Entwicklung des Jesuitendramas vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Eine Fallstudie am Beispiel Innsbruck, in: Reinhold F. Glei / Robert Seidel (Hg.): Das lateinische Drama der Frühen Neuzeit. Exemplarische Einsichten in Praxis und Theorie, Tübingen 2008 (Frühe Neuzeit, Bd. 129), 183–199.
Tilg, Stefan: Theater, in: Martin Korenjak / Florian Schaffenrath / Lav Šubarić / Karlheinz Töchterle (Hg.): Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Bd. 2, Wien / Köln / Weimar 2012, 660–700.
Tinkhauser, Georg: Geschichte der alten Domschule oder des Knabenseminars zum hl. Cassian in Brixen, Katholische Blätter aus Tirol 12, 1854, 649–661, 673–686, 697–712.
Weiler, Edith (Hg.): Die Matrikel der Universität Innsbruck, Bd. 2: Matricula universitatis, Teil 1: 1755/1756–1763/1764, Innsbruck / München 1968.
[26]Wirthensohn, Simon: Anton Claus. Leben und Werk. Studie zum späten Jesuitentheater, Berlin / Boston 2019 (Frühe Neuzeit, Bd. 221).
Zathammer, Stefan: Resch, Joseph (lat. Josephus Reschius) (1716–1782), in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 46, 2023, 1099–1110.
Das Fundament der biographischen Angaben zu Resch bilden die Lebensbeschreibungen von Rosbichler 1808b und Sinnacher 1821, III–XXII. Deren Faktengerüst ist im Wesentlichen auch die Grundlage für die späteren Darstellungen. Kürzere Überblicksdarstellungen zu Leben und Wirken Reschs bieten daneben Mitterrutzner 1882; Resch 1932; Grass 1962, 167–183 (dort 167 Fn. 1 bietet eine Übersicht zur älteren biographischen Sekundärliteratur, um einige Literaturhinweise erweitert wieder abgedruckt bei Grass 1967); Kühebacher 1982; Gelmi 2019; jüngst Zathammer 2023. Sinnacher 1821, XLVI–LXIV druckte als Anhang zu seiner Biographie Auszüge aus Reschs lateinischem Tagebuch (in der Folge als TB abgekürzt) ab.
Stellvertretend für das Urteil vieler sei hier die Aussage des großen modernen Tiroler Historikers Otto Stolz zitiert, der Resch „einen Bahnbrecher in der tirolischen Geschichtsforschung“ (Stolz 1938, 72) nennt.
Fälschlich wird in der Sekundärliteratur oft (so auch noch Sauser 1994 und wieder bei Gelmi 2019) das kleine Dorf Heiligkreuz (weiland Gampas) bei Hall in Tirol als Geburtsort genannt (vgl. Hochenegg 1968, 205).
TB Oktober 1753 (Sinnacher 1821, XLIX); vgl. Rosbichler 1808b, 39; Sinnacher 1821, IV.
Zur Geschichte der Brixner Domschule und des daraus hervorgegangenen Hochfürstlichen Gymnasiums s. Rosbichler 1808a; Tinkhauser 1854; Ammann 1901; Pertramer 1952; Gelmi 2007, 49–53.
Vgl. Rosbichler 1808a, 174; Tinkhauser 1854, 674–675.
Vgl. Tinkhauser 1854, 676–677.
Vgl. Ammann 1901, 5–6.
Vgl. Tinkhauser 1854, 680–682; Ammann 1901, 7–8.
Vgl. Ammann 1901, 8.
Vgl. Rosbichler 1808b, 43–45.
Vgl. Mutschlechner 1975/1975, 16–25. Zur ‚Brixner Jesuitenfragen‘ s. auch ausführlich Kleyntjens 1938.
Vgl. Tinkhauser 1854, 697–702; Ammann 1901, 11–18. Zum Lehrplan s. auch Probst 1858, 116–117.
Vgl. Mutschlechner 1975/1976, 26.
Vgl. Huter / Haidacher 1954, 177 (Nr. 3288).
Mutschlechner 1975/1976 verzeichnet für die 1720er-Jahre in Brixen keine Aufführungen.
Vgl. Tilg 2008, 194–197.
S. dazu den Beitrag von Simon Wirthensohn in diesem Band. Zu Anton Claus s. auch Wirthensohn 2019.
Vgl. Huter / Haidacher 1954, 177 (Nr. 3288); Kollmann 1983, 152 (Nr. 1010).
Vgl. Strobl 1973, 230.
Vgl. Kühebacher 1982, 435.
TB April 1758 (Sinnacher 1821, LII); TB Jänner 1772 (Sinnacher 1821, LXII).
TB September 1756 (Sinnacher 1821, LI); vgl. Sinnacher 1821, XII.
Vgl. Sinnacher 1821, V–VI. Als etwa 1773 in Brixen die Cholera ausbrach, wäre Resch wegen seiner barmherzigen Sorge um die Kranken der Seuche beinahe selbst zum Opfer gefallen. Siehe TB Februar 1773 und April / Mai 1773 (Sinnacher 1821, LXII–LXIII).
Zu Reschs Tätigkeit am Hochfürstlichen Gymnasium vgl. Rosbichler 1808b, 39–45; Sinnacher 1821, V–XIII; Tinkhauser 1854, 703; Ammann 1901, 23–26.
Vgl. Ammann 1901, 22–23.
TB November 1748 (Sinnacher 1821, XLVII).
TB November 1750 (Sinnacher 1821, XLVII–XLVIII).
TB November 1750 (Sinnacher 1821, XLVIII).
Wie sich die Entwicklung der Schule in den Periochen und in den Stücken niederschlug, dazu s. den Beitrag von Thresa Rothfuß in diesem Band.
Vgl. Mutschlechner 1975/1976, 28–30.
TB Februar 1754 (Sinnacher 1821, XLIX–L).
TB September 1756 (Sinnacher 1821, LI–LII).
Vgl. Kompatscher / Korenjak 2012, 99–100.
Vgl. Rosbichler 1808b, 40; Sinnacher 1821, VI, IX.
In den Manuskripten seiner Dramen in der Bibliothek des Brixner Priesterseminars sind mitunter Notizzettel eingelegt, die Kostenaufstellungen aus Reschs Feder enthalten.
Vgl. Kühebacher 1982, 436. Zu Reschs historiographischem Werk s. überblicksartig Šubarić / Schaffenrath / Kennel 2012, 756–761; ausführlich Grass 1962.
TB April 1748 (Sinnacher 1821, XLVI–XLVII).
Resch, Gloria filiorum patres eorum 40.
TB November 1757 (Sinnacher 1821, LII); abgedruckt bei Sinnacher 1821, LXVII als Anlage Nr. 3.
Der Streit weitete sich im Laufe der Zeit auch auf andere kirchengeschichtliche Themen aus. Beinahe im Jahrestakt erschienen Streitschriften und Erwiderungen. Vgl. Nössing 1997a 365–371; Nössing 1997b.
Vgl. Sinnacher 1821, IX–X; Nössing 1997a, 365–371; Nössing 1997b, 135–137; s. dazu auch den Beitrag von Stefan Zathammer in diesem Band.
Gedruckt wiederum in Augsburg, ist er bisweilen als der dritte, in manchen Drucken auch als der zweite Band betitelt, je nachdem, ob der erste Band in zwei Teile abgeteilt wird oder nicht (vgl. Rosbichler 1808b, 47–48 Fn. 7, 52 Fn. 10; Resch 1932, 175 Fn. 20). Resch arbeitete in späteren Jahren noch an einer Fortsetzung der Annales, das Manuskript, behandelnd den Zeitraum von der Wahl Adalberts 1006 bis 1024, blieb aber nur Fragment (vgl. Šubarić / Schaffenrath / Kennel 2012, 760).
Vgl. Rosbichler 1808b, 49–50; Sinnacher 1821, X–XI; Grass 1962, 171–174. TB September 1750 (Sinnacher 1821, XLVII) etwa erwähnt eine Reise nach Italien, Venedig und Verona, TB September 1759 (Sinnacher 1821, LIII) wieder eine nach Italien und Felters.
Eine lange Liste von Reschs Korrespondenzpartnern bieten Rosbichler 1808b, 50 und Sinnacher 1821, XXVI–XXVII.
Vgl. Grass 1962, 170–171.
Vgl. Sinnacher 1821, XXV.
TB Oktober 1759 (Sinnacher 1821, LIII).
Nach dem Aschaffenburger Konkordat wurden die in den Monaten Jänner, März, Mai, Juli, September und November freigewordenen Pfründe vom Papst, die anderen durch freie Wahl des Kapitels besetzt (vgl. Resch 1932, 174 Fn. 17).
TB Februar und April 1761 (Sinnacher 1821, LIV–LV).
TB Dezember 1760 (Sinnacher 1821, LIV).
Vgl. Weiler 1968, LV–LVI, XCVIII; Falkner 1969, 179.
Vgl. Sinnacher 1821, XV–XVI; Grass 1962, 175–176. Über die Wendung und den Ausgang dieser Berufung finden sich in den bei Sinnacher 1821 abgedruckten Tagebuchaufzeichnungen keine Angaben.
TB Juli 1761 (Sinnacher 1821, LIV).
Vgl. Weiler 1968, C.
Eine Ausgabe mit deutscher Übersetzung besorgte Grass 1962, 184–195.
TB Juli 1761 (Sinnacher 1821, LV–LVI); vgl. Ammann 1901, 26; Falkner 1969, 184–186. Hinter beidem, dem Verlust des schon versprochenen Kanonikats wie der im letzten Augenblick widerrufenen Berufung, sah Resch das Werk der Jesuiten (vgl. TB April 1761 [Sinnacher 1821, LV] und Juli 1761 [Sinnacher 1821, LV–LVI]). Dass diese unglücklichen Wendungen tatsächlich auf Betreiben der Jesuiten ihren Lauf nahmen, ist indes wenig wahrscheinlich und als These kaum haltbar (vgl. Falkner 1969, 186).
TB Mai 1762 (Sinnacher 1821, LVI).
TB Juli 1762 (Sinnacher 1821, LVI).
Vgl. Gelmi 2007, 138.
TB November 1766 (Sinnacher 1821, LVIII).
Vgl. Rosbichler 1808b, 52–53; Freiseisen 1908, 41–47; Gelmi 2007, 138–140.
TB September 1768 (Sinnacher 1821, LIX–LX); vgl. auch Strobl 1973, 230–232; Kühebacher 1982, 438.
Der eigentlichen Urkundenedition ist ein kunstvoll gestaltetes Kurzepos über die Gründung der Römerstadt Aguntum vorgeschaltet, s. dazu Schaffenrath 2012.
Vgl. Šubarić / Schaffenrath / Kennel 2012, 760–761.
TB Jänner 1771 (Sinnacher 1821, LXI–LXII).
TB August 1775 (Sinnacher 1821, LXIII).
TB Februar 1782 (Sinnacher 1821, LXIV), dieser Eintrag wurde von Jeremias Käsbacher, einem Brixner Kapuziner, hinzugesetzt (vgl. Sinnacher 1821, LXIV). Ein Auszug des Testamentes ist abgedruckt bei Rosbichler 1808b, 57 Fn. 17. Obwohl Reschs Bezahlung immer bescheiden war, hinterließ er ein Ersparnis von 2000 Gulden. Entsprechend seinem lateinisch verfassten Testament stand die Hälfte davon seinen Geschwistern zu, der Rest war größtenteils zur Pflege der Kranken in Brixen bestimmt (vgl. Rosbichler 1808b, 56–57; Sinnacher 1821, XXIX–XXX).
Zur „Brixner Historikerschule“ s. Grass 1960, 478–479.
Vgl. Grass 1962, 179–180; Šubarić / Schaffenrath / Kennel 2012, 761.
Das überlieferte dramatische Werk von Joseph Resch umfasst 16 Stücke, die im Zeitraum zwischen 1745 und 1761 entstanden sind. Das Corpus setzt sich aus 13 Schuldramen und drei Meditationsspielen zusammen. Letztere sind gedruckt überliefert; elf Schuldramen sind in Form von Bühnenmanuskripten erhalten, Scanderbegi victoria ist nur in einer Rohfassung, Sanctus Lucanus nur als Perioche auf uns gekommen. Sämtliche Textzeugen werden in der Bibliothek des Priesterseminars Brixen aufbewahrt.1 Zwei weitere Theaterstücke, die im Jahr 1747 in Brixen aufgeführt wurden, wurden von der älteren Forschung als Stücke aus anderer Feder identifiziert.2
Die Schuldramen des Autors, dessen Schaffen vorliegender Band gewidmet ist, wurden allesamt am Schuljahresende im Rahmen der Preisverleihung an die besten Schüler aufgeführt. Diese Praxis der ludi autumnales („Herbstspiele“) war an den frühneuzeitlichen Schulen ein festes Ritual im Jahresablauf. Die Aufführungen, die aufwändig inszeniert und in den Interludien von Musik begleitet waren, boten den Knaben die Möglichkeit, die im Laufe des Schuljahres erworbenen Fertigkeiten in der Beherrschung des Lateinischen zu demonstrieren. Wie im 18. Jahrhundert vielerorts üblich, wurden tragende Rollen aber häufig nicht mit Schülern besetzt, sondern von externem Personal verkörpert, das höhere Professionalität gewährleistete. Mit Ausnahme der Jahre 1755 und 1760 sind von 1746 bis zum Ende von Reschs Lehrtätigkeit in Brixen 1761 sämtliche Herbstspiele erhalten geblieben oder wenigstens noch als Perioche überliefert.
Über die Spielstätte, an der die Stücke aufgeführt wurden, lassen sich heute nur mehr vage Vermutungen anstellen. Die engen Räumlichkeiten der Brixner [28]Domschule vermochten wohl keinen Theatersaal zu beherbergen. Als möglicher Aufführungsort kommt deshalb der Theatersaal in der fürstbischöflichen Hofburg in Frage. Der Teil des Gebäudekomplexes, der diesen einst beherbergte, wurde allerdings um die Mitte des 19. Jahrhunderts umgestaltet, so dass sich von ihm keine wahrnehmbaren Spuren mehr erhalten haben.3
Die meisten der Schuldramen aus Reschs Feder lassen sich der Gattungsbezeichnung „Tragödie“ zuweisen. Darunter verstanden die Zeitgenossen nicht zwangsläufig ein Stück mit negativem Ausgang – in der Tat weist keines von Reschs Dramen ein ‚tragisches‘ Ende auf, die Stücke schließen sogar durchwegs in positiv-feierlicher Stimmung, wie es dem festlichen Rahmen der Aufführungen entsprach. Zentrales Charakteristikum einer tragoedia im 18. Jahrhundert war vielmehr das Vorführen eines ernsten, überindividuell bedeutenden Konflikts ungewissen Ausgangs, der von mehrheitlich historischen oder mythologischen Figuren von hohem sozialen Rang bestritten wurde.4
Das erste dieser (mit Ausnahme von Adiatorix) fünfaktigen Stücke, das Resch zur Aufführung brachte, war im Herbst 1746 ein Drama über den Numiderfürsten Jugurtha.5 Der Dramatiker folgte damit dem Trend zeitgenössischer Schulchoragen, pagane antike Stoffe auf die Bühne zu bringen.6 Im Gegensatz zu den späteren Schuldramen hat sich zu diesem Stück weder eine Perioche noch das Titelblatt des Manuskripts erhalten. Der originale Titel ist somit verloren. Basierend auf Sallusts historischer Monographie Bellum Iugurthinum, die an den frühneuzeitlichen Schulen zur Schullektüre gehörte,7 stellte Resch hier die letzten Tage der Herrschaft des Jugurtha dar. Der Protagonist versucht verzweifelt, die von den Römer belagerte Stadt Cirta zu halten, durch den Verrat eines Soldaten wird diese jedoch eingenommen. Jugurtha selbst wird von seinem Schwiegersohn Bocchus verraten und an den römischen Offizier Sulla ausgeliefert. Der Fall des Tyrannen wird als gerecht dargestellt, der Sieg der Römer in der Figur des Marius gefeiert. Das Stück steht offensichtlich in der Tradition der senecanischen Tragödien. Typische Seneca-Motive wie Tyrannei, Brudermord oder auch das Auftreten des Geistes eines Ahnen tauchen auf, auch in sprachlicher Hinsicht fallen die vielen Seneca-Bezüge auf.
[29]1747 brachte Resch zum ersten Mal ein Stück auf die Bühne, das mit seinen lokalhistorischen Interessen in Zusammenhang stand. Der Geistliche widmete sich in dieser Zeit intensiven Studien über die Geschichte seiner Heimatdiözese. Im Folgejahr erschien sein erstes historiographisches Werk Gloria filiorum patres eorum, in dem er die Geschichte des Bistums Säben bzw. Brixen von ihren Anfängen bis ins frühe 11. Jahrhundert nachzeichnete. Protagonist des Herbstspiels von 1747 war der Hl. Lukan, der in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts Bischof von Säben gewesen sein soll. Die Vita des Heiligen ist in Reschs Gloria filiorum patres eorum umfassend dargestellt, wobei sich etliche Formulierungen aus dem argumentum der Perioche wiederfinden.8 Das Stück mit dem Titel Sanctus Lucanus, Sabionae apud Brixentas episcopus dürfte also ein ‚Nebenprodukt‘ von Reschs historiographischen Studien gewesen sein. Es führt vor, wie der betagte Bischof Lukan, der infolge einer Verleumdung an den päpstlichen Hof zitiert wird, in Rom Wunder vollbringt, vom Papst daraufhin für unschuldig befunden wird und wieder den Heimweg antritt. Der Verlust des Textmanuskripts dürfte schon lange zurückliegen, bereits Mutschlechner konnte nur noch auf die Perioche zurückgreifen.9
Auch das 1748 als Herbstspiel gegebene Stück musste vom Publikum wieder mit Lokalgeschichte in Zusammenhang gebracht werden. Albuinus tragoedia ruft Assoziationen zum Hl. Albuin wach, der als Bischof im späten 11. Jahrhundert den Bischofssitz vom Säbener Klosterfelsen nach Brixen verlegt hatte und im 12. Jahrhundert gemeinsam mit dem Hl. Ingenuin zum Schutzheiligen der Diözese avancierte. Der Effekt dürfte beabsichtigt sein, mit der Handlung des Stücks hat der Bistumsheilige aber nichts zu tun. Sie dramatisiert eine Episode aus Paulus Diaconus’ Historia Langobardorum:10 Bei der Schlacht auf dem Asfeld im Jahr 552 tötete der Langobardenprinz Alboin den Sohn des Gepidenkönigs Turisind, Turismod. Weil er jedoch die Rüstung des getöteten Feindes nicht vorweisen konnte, wurde Alboin trotz dieser Heldentat von seinem Vater nicht als Tischgenosse anerkannt. Alboin begab sich daher zu Turisind, bat um die Rüstung des Toten und wurde für seinen Mut belohnt. Resch änderte die Fabel an zentralen Stellen ab: Gravierende Unterschiede zur historiographischen Darstellung bestehen zum einen darin, dass Alboin sich in Reschs Stück nicht freiwillig zu Turisind begibt, sondern – von seinem Vater wegen Insubordination verstoßen – inkognito als Schutzflehender beim Gepidenkönig vorspricht, zum anderen darin, dass der Titelheld schlussendlich von Tursind nicht nur begnadigt, sondern sogar als Ziehsohn anstelle des toten [30]Turismod in die eigene Familie aufgenommen wird. Diese Eingriffe ermöglichten es Resch, die Handlung in der Perioche allegorisch zu deuten: Turismod repräsentiere den für die Menschen gestorbenen Christus, Alboin den sündhaften Menschen, Turisind den gnädigen Gott.
Das Herbstspiel des Jahres 1749 bildete den Abschuss und Höhepunkt der lokalgeschichtlichen Stücke: Auf die Bühne gelangte Sanctus Ingenuinus.11 Das Schauspiel knüpft an die in der Langobardengeschichte des Paulus Diaconus überlieferte Episode von der Vermittlertätigkeit der Bischöfe von Säben und Trient, Ingenuin und Agnellus, rund um die Belagerung der bei Trient gelegenen Langobardenfestung Ferruge im fränkisch/byzantinisch-langobardischen Krieg von 590 an.12 Die Fabel des Sanctus Ingenuinus setzt mit dem Beginn der Belagerung der Burg ein, die am Ende des ersten Aktes auch erobert wird. Die siegreichen Franken verfallen in einen taumelnden Siegesrausch und kennen mit den besiegten Langobarden kein Mitleid. Dem grausamen Übermut der Sieger tritt jedoch Bischof Ingenuin als strahlendes Gegenbild entgegen. In selbstloser Opferbereitschaft bietet er dem Frankenkönig Childebert sein Leben für die Schonung und Freilassung der langobardischen Kriegsgefangenen an. Gegen die Bezahlung eines hohen Lösegeldes ist der König gewillt, auf Ingenuins Vorschlag einzugehen. In seiner Verzweiflung wendet sich der heiligmäßige Bischof an Gott. Sein Flehen bleibt im Himmel nicht unerhört: In letzter Sekunde trifft – einem deus ex machina gleich – ein Bote des bayerischen Herzogs Theodonis mit dem geforderten Lösegeld ein.
1750 kehrte Resch zu antiken Sujets zurück: Das Stück Agamemnon suimet victor ist sein einziges Drama, das die klassische Mythologie aufgreift.13 Zur Bühnenhandlung ausgebaut ist darin die Agamemnon-Chryseis-Episode im ersten Gesang der Ilias, wobei der homerische Plot einige Änderungen erfährt. Agamemnon besteht zunächst darauf, die Tochter des Apollo-Priesters Chryses als Kriegsgefangene zu behalten, obwohl das griechische Heer für diesen Frevel von Apollo mit einer verheerenden Seuche gestraft wird. Auf die Versuche seiner griechischen Gefährten, ihn zur Vernunft zu bringen, reagiert er vorerst unnachgiebig. Schließlich erklärt er sich bereit, das Mädchen freizulassen, aber nur unter der Bedingung, dass Achill ihm zur Entschädigung dessen Kriegsgefangene Briseis überlasse, was zu einem für beide Seiten bedrohlichen Zerwürfnis führt. Zuletzt sieht der Protagonist seinen Fehler ein und entlässt die Gefangene in die Freiheit, um sein Heer nicht weiter zu schwächen. Das Stück greift das im kontemporären Schuldrama häufige Motiv der Selbstüber[31]