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Jo ist Professor an der Uni Bremen. Mit seinen achtundfünfzig Jahren genießt er es, in seinen Seminaren von jungen Menschen umgeben zu sein, wobei er immer darauf bedacht ist, Abstand zu halten. Sein Lebensmotto nach Theodor Adorno ist: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen". Jo ist ein Feingeist, er liebt Musik und er hat sich in seinem Dasein behaglich eingerichtet. So könnte dieses Leben gemütlich weiter vor sich hin plätschern, wäre da nicht Joy, eine ehemalige Studentin aus Kolumbien. Mit ihrer Schönheit, aber vor allem mit ihrem Temperament und ihrer Lebenslust bringt sie den Professor gehörig durcheinander. Jo kommt gar nicht auf den Gedanken, dass Joy ihn attraktiv finden könnte, sie ist immerhin fast dreißig Jahre jünger als er. Und so beginnt ihre Liebe dort, wo andere enden: mit Missverständnissen, Zurückweisungen, Eifersüchteleien und handfesten Krächen. Humorvoll und lebensklug nimmt der Autor Hajo Lucke seine Leser mit auf eine kurzweilige Reise in das richtige Leben.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2013
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von Hajo Lucke
Joy und Jo
Liebesroman
Books on Demand
Dieses Buch verdanke ich meinen Kindern und Freunden.
„Und ich sage, hey du, du bist kein Narr Wenn du nein sagst, ist es nicht einfach, wie das Leben istMenschen fürchten das, was sie nicht kennenKomm mit auf die ReiseKomm mit auf die Reise“Shakira Isabell Mebarak Ripoll, aus „Gypsy“ (Zigeuner)
„Und es erscheint in meiner Erinnerung ein kleines Lächeln über das, was das Kind tut: Es hebt den Rock und uriniert sorglos durch das Fenstergitter.“
Fernando Vallejo
Prolog
Peter
Nara
ALEX
Bremer Rathaus
Glocke
Eifersucht
Glaube
Döse
Wohnung
Waldbühne
Freimarkt
Tagein tagaus
Schuhe
Geburtstag
Patrizia
Joy Perdita
Heirat
Hochzeit
Parkhotel
Jo Pablito
„Jo, ich wohne erst zwei Wochen bei dir. Ich liebe dich, aber ich will keine Abhängigkeit. Verstehst du das?“
„Nein, es ist doch nur ein Sommerkonzert in Luzern mit zwei Tagen Aufenthalt, Cluster-Musik und modernen Ansätzen von Komponisten ihrer Zeit. ‚Sir Simon Rattle dirigiert’.”
„Ich kann das nicht bezahlen!“
„Andere Paare fahren nach Mailand. Ich liebe große Orchester wie die Berliner Philharmoniker.“
Joy schwieg, er verstand sie nicht. Sie schüttelte ablehnend ihren Kopf.
„Bitte Joy, was ist wichtiger, ein herrliches Konzert oder Geld? Du bist doch eingeladen!“
Sie sah ihren zukünftigen Mann sorgenvoll an, erkannte, dass sie seine Impulsivität beachten und steuern musste. „Ich will mir nichts leisten, was ich nicht selbst bezahlen kann. Deine Einladungen nehme ich gerne an, sie müssen aber zu meinem Lebensstil passen.“
Langsam zog über das blaue Wasser ein rötlicher Schleier. Er kam aus dem im Dunkel liegenden Teil des Pools zu den feiernden Gästen an der Bar. Kaum beachtet, breitete er sich aus.
„Was ist das?“, fragte Frauke, die nicht tanzte, sondern den warmen Abend genoss. „Schau nicht hin“, antwortete ihr Mann, „sie probieren die Effekte für die Wassershow.“ Dann ging er zur Bar, ein neues Bier holen und um mit Gästen über den Tag im Hotel zu reden. Das Mittagessen war lauwarm, die Kellner kamen zu spät zum Nachschenken und der kalte Wind musste ohne ausreichende Decken am Strand ertragen werden.
„Ich schreibe Tagebuch“, prahlte ein Hamburger, „jeden Tag versagen die hier. Ich werde das Hotel verklagen!“ Er ergänzte laut: „Extra für diesen Urlaub eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Das muss sich auszahlen!“
Peter genoss die deutsche Gemütlichkeit und Lebensart. Leicht schwankend erreichte er mit seinem Bier den Platz am Pool, an dem seine Frau saß.
„Warum trinkst du nicht?“, fragte er. Ihr Glas war leer.
„Du hast mir nichts mitgebracht!“
„Werde bloß nicht schnippisch. Ich bin nicht dein Bimbo“, antwortete er aggressiv und rief laut nach der Bedienung: „Macker, siehst du nicht, dass meine Flamme nichts zu trinken hat? Schenk sofort nach, oder dein Trinkgeld kannst du dir am Arsch abwischen.“ Er zeigte eine Toilettenrolle, auf deren Blättern das Wort „Trinkgeld“ stand.
Frauke empfand Ekel vor ihrem Mann. Sie hasste sein Benehmen und sein Lieblingswort „Bimbo“. Abends lehnte sie seine wenigen Liebkosungen ab. Er stank nach Bier und sein Körper roch nach Schweiß.
Am ersten Abend kam er ungewaschen in das frisch riechende Hotelbett. Er legte sich auf sie und küsste ihren Mund. Schnell führte sie ihn ein. Dieser Urlaub war die letzte Chance für ihre Ehe.
Aber Frauke konnte seinen Bieratem nicht ertragen. Sie wand ihren Kopf ab. Sein Körper lastete schwer auf ihr. „Bitte, gehe duschen“, verlangte sie. Unwillig stand Peter auf.
„Sie ist schlank und ich habe einen muskulösen Bauch“, beschwerte sich Peter bei Freunden, „wenn ich sie will, soll ich vorher duschen. Danach bin ich nüchtern und habe keine Lust mehr.“
„Egal“, ergänzte er, wenn ein Thekennachbar zuhörte, „sie schläft bei meiner Rückkehr.“
Peter erhielt ein gefülltes Glas mit Bier. Der Betrunkene neben ihm sah ihn an. Peter schüttete sein Herz aus: „Du glaubst nicht, wie schön es früher war. In einer „Arabella“ habe ich sie entjungfert. Kennst du die „Arabella“? Das zuverlässigste Auto der Welt.“
Die Vorzüge seines geliebten Autos wurden erzählt. Sein Nachbar hielt mit einem Mercedes SLK dagegen.
Peter erlebte einen frustrierenden Tag. Morgens bestellte er Fotos von sich und seiner Frau am Meer und in der Hotelanlage vor Palmen und Poollandschaften. Eine halbe Stunde musste er lächeln. Hinter oder neben seiner Frau stehen und den Anweisungen des Fotografen folgen.
Er sah die Fotos auf einem Bildschirm an und war begeistert. Damit würde er seine Kollegen beeindrucken. Er in dieser südländischen Umgebung mit seiner hübschen Frau. Alle würden ihn beneiden. Er akzeptierte alle Fotos und das Angebot, diese in einem Album zu erhalten. In einer Stunde wäre alles fertig, wurde ihm versprochen.
Pünktlich traf er den Fotografen. „Alles fertig, wie gewünscht. Es sind wirklich tolle Fotografien von ihnen und Ihrer Frau, Sie sind sehr fotogen“, schwärmte der Fotograf. Er überreichte Peter das Album und verlangte seine Kreditkarte zur Bezahlung von hundertvierzig Euro.
„Willst du mich verarschen?“ Peter fühlte sich wie ein kleiner Junge, dem ein größerer sein Taschengeld abnehmen wollte. Unbeschreiblicher Hass stieg in ihm auf. Er schlug nicht zu. Er beherrschte sich.
Nach dem Mittagessen fuhr Peter mit einem Taxi nach Antalya. Der Fahrer hielt plötzlich. Ein Mann öffnete die Tür und bot Peter die kostenlose Fahrt zu Leder- und Schmuckfabriken an. Peter rülpste ihm seinen stinkenden Atem ins Gesicht.
In der Nähe vom Stadtgeschäft des Fotografen ließ er das Taxi warten. Er betrat wortlos den Laden und schlug der jungen Verkäuferin in das Gesicht. Sie prallte gegen eine Vitrine, die zerbrach. Der Fotograf hastete aus einem Hinterzimmer. Peter verprügelte ihn.
Dann zog er ihn am Schlips vom Boden. „Sehe ich dich im Hotel, schwimmt deine Leber im Pool!“ Er warf den Fotografen achtlos auf den Fußboden und ging grinsend zum Taxi zurück. Er war mit sich zufrieden. Sein Hass auf den Fotografen verflog. Er hatte es diesem unverschämten Bimbo gezeigt, dass niemand ihn betrügen durfte.
Peter ging erst nach dem abendlichen Büfett zu seiner Frau. Er wollte nicht zu spät zum Abendessen kommen, vielleicht waren die besten Speisen schon von anderen Gästen aufgegessen oder sein Stammplatz neben dem Grill belegt.
Er war gutgelaunt. Das Essen, Rippchen und Schweinesteaks vom Grill, aß er von vier Tellern. Dazu trank er Bier und einen Schnaps zur Verdauung. Alles war „all inclusive“. Schade, dass er nicht wagte, noch einen Teller in sein Zimmer zu tragen. Andere Gäste erzählten ihm stolz, ihr Kühlschrank wäre schon voll, aber er besaß nicht den Mut.
Langsam ging er zur Poolbar, in der Frauke auf ihn wartete. Er unterhielt sich mit ihr über den Rückflug nach Deutschland am nächsten Tag, er wollte ihre Bestätigung, dass sie die Koffer gepackt hatte.
Frauke hörte die Frösche quaken. Sie vernahm die saugenden Schlürfgeräusche der Umwälzpumpen. Sie hasste ihren Mann, der ohne sie am letzten Urlaubstag in die Stadt gefahren war. Diese Woche sollte ihre Beziehung retten. Ihre Tochter wohnte bei ihrer Oma. Ihr Mann betrank sich jeden Abend. Er benahm sich ekelig. Nach Bier und Schweiß stinkend, versuchte er mit ihr zu schlafen. Es wurde eine Katastrophe. Sie ertrug ihn nicht. Sie bat ihn zu duschen.
Als er aus dem Badezimmer kam, nackt und fett, stellte sie sich schlafend. Er legte sich in das Bett, ohne sie zu berühren. Frauke wartete bis seine Atemzüge ruhiger klangen. Sie ging in das Bad und duschte. Dabei berührte sie sich zärtlich. Sie fragte sich: „Warum nutzt er nicht seine letzte Chance?“
Sie betrat das Hotelzimmer und hörte sein lautes Alkoholikerschnarchen, frei gestrampelt lag er auf dem Bett. Sie sah seinen Körper. Im Zimmer roch es nach seinen Ausdünstungen. Eine laute Blähung erklang.
Frauke nahm ihre Bettdecke, legte sich auf die Couch und konnte nicht einschlafen.
Nara besuchte überraschend Jo. „Abschiednehmen“, sagte sie und lachte.
„Ich fahre für vier Tage nach Wien. Meine Schwester ist dort.“
Sie zog ihren Mantel und ihre Stiefel aus und ging wie gewohnt in die Küche, um aufzuräumen.
„Du hast ja schon alles erledigt.“
„Ich wusste nicht, dass du kommst.“
Nara nahm sich ein Glas gekühltes Wasser und ging in das Wohnzimmer. „Puh, ich öffne mal die Fenster. Hier ist keine gute Luft.“
„Ich habe geraucht“, antworte Jo.
„Wie gefällt dir meine neue Haarlänge?“
Jo fiel an Nara keine Veränderung auf.
„Ich habe fünf Zentimeter einflechten lassen. Fühle doch mal an meinem Kopf“, forderte sie ihn auf.
Nara drehte sich vor dem Spiegel und betrachtete ihre neue Haarlänge.
„Es hält nur ein paar Monate“, erklärte sie, „dann muss ich sie wieder entfernen lassen. Nun sag schon, wie findest du meine Haare?“
Jo fiel nur auf, dass die Haare unterschiedlich lang waren.
„Schön“, antwortete er. „Und hier sind deine richtigen Haare.“ Jo zeigte auf die kürzeren Strähnen an ihrem Kopf.
„Nein, meine Haare sind doch schulterlang“, rief Nara. Sie funkelte ihn mit ihren schönen Augen an. „Wir haben uns nur ein paar Tage nicht gesehen und du vergisst, wie ich aussehe!“
Jo stand neben ihr. Sollte er sagen, dass ihn ihre Haarlänge nicht interessierte? Ihm war das Gefühl wichtig, sie zu spüren. Er war aufgeregt, wenn sie ihn besuchte, schwitzte und duschte mehrmals, bevor sie kam, kämmte sich ausgiebig seine wenigen Haare. Manchmal bekam er Angst, sexuell zu versagen. Er war dreißig Jahre älter als sie.
„Nun, dann sollst du dir endlich merken, wer ich bin.“
Nara nahm Jo an die Hand und zog ihn zum Teppich. Sie tanzte eng mit ihm zu der leisen Musik des Radiosenders aus der Bremer Schlachte, bevor sie ihn auf den Boden zog. Mit ihrem Oberschenkel rieb sie an seiner Hose. Dann zog sie erst ihn und dann sich aus. Er sah ihre kleinen festen Brüste. Sie presste ihn an sich, und er ertrank in ihren Augen, spürte ihre Hände, ihren Körper, die fester werdenden Bewegungen, das Zucken und seine Entspannung.
Bevor Jo seinen geliebten Espresso trank, schlenderte er über den Markt auf dem Bremer Domshof. Hier roch es nach seiner Kindheit. Der Duft von exotischen Früchten, Gewürzen und frischen Blumen rief Träume wach und erinnerte ihn an Erlebnisse mit von Parfüm benetzten Frauen. Jo war ein Geruchsmensch.
In den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts war er mit seiner Großmutter auf diesen Markt gegangen. Wenn die Händler ihre Marktbuden schlossen, warfen sie unbrauchbare Waren in Abfallbehälter. Glücklich konnten seine Oma und er braune Bananen, welken Kohl, angefaulte Äpfel und Birnen einsammeln. Jo vergaß nie den süßen Geschmack des braunen Fruchtfleisches der Bananen.
Jo saß in seinem Lieblingscafe. Er blickte zum Bremer Dom und den mit historischen Gebäuden umsäumten Domshof.
„Hallo, Herr Professor, darf ich Ihnen noch etwas bringen?“ Jo sah die Bedienung an.
„Ja, gerne. Bitte noch einen Espresso.“
Die Bedienung verschwand. Jo überlegte, welche seiner Studentinnen sie sein könnte: Große klare Augen, negroides Äußeres und lange schwarze, hochgebundene Haare. Er konnte sie nicht einordnen, obwohl er sicher war, sie zu kennen.
Joy freute sich. Endlich saß ihr Professor, den sie schon längere Zeit ansprechen wollte, aber nicht konnte, da ihr ein anderer Bedienungsbereich zugewiesen war oder er in Begleitung meist junger Frauen kam, alleine an einem Tisch. Trotzdem wunderte sie sich, dass er sie nicht erkannte.
Als die Bedienung den Espresso mit einem Glas Leitungswasser brachte, fragte Jo: „Entschuldigen Sie meine Vergesslichkeit. In welchem Semester sind Sie?“
Ein freundliches Lächeln. „Herr Professor, ich habe mein Studium vor zwei Jahren erfolgreich beendet. Sie waren mein Prüfer. Erinnern Sie sich an die Masterarbeit über die touristische Nutzung der Naturschutzgebiete in Kolumbien?“
Vom Nebentisch rief ein junger Mann: „Hallo, wir wollen seit zehn Minuten bezahlen!“
„Entschuldigen Sie mich“, hauchte Joy und ging.
Jo fiel ihr Name sofort ein. Er träumte nicht mehr von seiner Kindheit. Er erinnerte sich an die Semester mit der selbstbewussten Joy.
Bei der ersten Vorlesung war sie ihm aufgefallen. In seinem Masterstudiengang gab es viele Studenten von reichen Ausländern. Sie kamen aus China, Asien und Südamerika, selten aus Indien, Pakistan und Nordafrika. Ihre Eltern zahlten für das Zertifikat ihrer Kinder über zehntausend Euro pro Semester. Das Institut war der Universität Bremen angeschlossen und beschäftigte ausgewählte Professoren aus ganz Deutschland.
Die Studenten, meist hoch motiviert, erlebten sehr straffe Vorlesungen in Englisch. Nach jeder Einheit schrieben sie Klausuren, die sie öffentlich verteidigen mussten. Trotzdem erreichten viele den Abschluss. Ein System von Zusatzangeboten und die persönliche Betreuung der Professoren, erlaubten den schwächeren Studenten, ihren Nachholbedarf an Wissen aufzuholen oder das Studium zu verlängern.
In den ersten Tagen des Semesters verwirrte ihn Joy. Sie blickte ihn verträumt an. Am Anfang dachte er, sie würde nicht zuhören. Dann kamen von ihr Fragen, die bewiesen, dass sie gedanklich mitarbeitete.
Langsam gewöhnte er sich an ihre starren, träumenden Augen. Er wich ihnen aber aus, sie irritierten ihn.
Später blickte er bewusst zurück, erkannte ihre dunkelbraunen Augen, oft geschminkt. Irgendwann lächelte sie ihn plötzlich an, streckte