Julia Ärzte zum Verlieben Band 23 - Meredith Webber - E-Book
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Julia Ärzte zum Verlieben Band 23 E-Book

Meredith Webber

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Beschreibung

DIESER CHARMANTE DR. DA COSTA! von GATES, OLIVIA
Alle lieben den attraktiven Chirurgen - nur seine Frau Jewel nicht. Seit ihrer Trennung glaubt die Ärztin sogar, ihn zutiefst zu hassen! Bis sie ihn in einem heißen Sommer in einer kleinen Klinik und umgeben vom Zauber des Regenwaldes wiedersieht ...

ZUM TRÄUMEN SCHÖN von WEBBER, MEREDITH
Ausgerechnet in dem Moment, als das Notfallteam von Crocodile Creek eine seiner dramatischen Rettungsaktionen vorbereitet, tritt die neue Schwester ihren Dienst an. Dr. McGregor vergisst fast seine Pflicht - denn vor ihm steht eine Frau zum Träumen

WUNDER DES LEBENS - WUNDER DER LIEBE von MCARTHUR, FIONA
"Ich bin Arzt, lassen Sie mich durch.!" Amanda ist zu mattschwach, um sich aufzurichten. Doch als sie den Fremden sieht, wird ihr Herz ganz leicht. Wie ein starker Engel erscheint er ihr, und tief in sich spürt siesie spürt genau: Er wird alles tun, um sie und ihr ungeborenes Baby zu retten ...

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Olivia Gates, Fiona McArthur, Meredith Webber

Julia präsentiert Ärzte zum Verlieben, Band 23

IMPRESSUM

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© 2007 by Olivia Gates Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Ralf Kläsener

© 2007 by Fiona McArthur Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Lydia Roeder

© 2006 by Meredith Webber Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Nicole Selmer

Fotos: Harlequin Books S.A.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBENBand 23 (5) - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format im 02/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-674-6

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

OLIVIA GATES

Dieser charmante Dr. Da Costa!

„Diesmal läufst du mir nicht davon, Jewel Johansson!“ Roque hat sich geschworen, seine Noch-Ehefrau zurückzuerobern. Die allerdings stellt sich stur. Doch so schnell gibt der smarte Chirurg nicht auf. In der Urwaldklinik werden sie zwar nur Kollegen sein, aber er hofft, dass so manche zärtliche Geste im Zauber des Regenwaldes Jewels Herz erweicht …

FIONA MCARTHUR

Wunder des Lebens – Wunder der Liebe

Als Arzt sagt man Stewart Kramer nach, er bringe die Sonne im Herzen seiner kleinen Patienten wieder zum Strahlen. Die junge Frau aber, um die er sich nach einem Zugunglück kümmert, weckt ganz andere Gefühle in ihm: Sie beschleunigt seinen Puls derart, dass er mit der ganzen Kraft seiner Liebe um ihr Leben und das ihres Babys kämpft.

MEREDITH WEBBER

Zum Träumen schön

Liebe auf den ersten Blick? Das ist verrückt! Dr. McGregor hatte bisher nur einen Traum: Kinderarzt in seiner schottischen Heimat zu werden. Seine Gefühle für Kate, die neue Schwester des Notfallteams, müssen ein vorübergehender Virus sein! Aber sie bleiben und werden stärker. Was, wenn er nun zwischen seiner Liebe zu Kate und seinem Traum wählen muss?

Olivia Gates

Dieser charmante Dr. Da Costa!

1. KAPITEL

„Wenn das nicht meine geliebte Ehefrau ist …“

Die tiefe, volltönende Stimme mit dem spöttischen Unterton ließ Jewel Johansson zusammenzucken.

Sie war gerade damit beschäftigt, eine Transportkiste zu packen, und fuhr nun hoch. Die Boote auf dem schlammigen rötlichen Wasser des Rio Solimões und die mit Stroh oder Wellblech gedeckten Hütten am Ufer verschwammen vor ihren Augen.

Nein, bitte nicht. Nicht er. Das konnte doch nicht sein!

Und doch war er es. Roque. Kein Zweifel. Die Stimme kannte sie unter Tausenden heraus.

Meine Ehefrau, hatte er gesagt. Nicht Exfrau.

Verschiedene Szenarien spulten sekundenschnell in Jewels Kopf ab. Und jedes brachte die Bitterkeit und Enttäuschung zurück, die sie längst überwunden zu haben glaubte.

Der Impuls, einfach wegzulaufen, sich gar nicht umzusehen, ob er tatsächlich da stand, war fast übermächtig. Sie wollte ihm nicht gegenübertreten, auf keinen Fall …

Stopp! Jetzt nicht die Nerven verlieren! Denk nach! Jewel wusste, dass Flucht keine Lösung war. Sie musste sich der Begegnung stellen.

Aber zuerst einmal galt es, den unerwarteten Schock zu überwinden und ihre Emotionen unter Kontrolle zu bringen. Das Beste würde sein, ganz normal mit ihrer Arbeit weiterzumachen. Also verstaute sie Medikamente und medizinische Ausrüstung in der Kiste.

Dann erst wandte sie sich mit der eindrucksvoll lässigen Körperhaltung, die sie als ehemaliges Model immer noch perfekt beherrschte, um. Sie schaute Roque an – konnte aber nicht verhindern, dass Tränen in ihr aufstiegen.

Die gleißende Vormittagssonne ließ sie blinzeln, und sie hob die Hand, um ihre Augen zu beschatten. Was würde wohl passieren, wenn ihre Blicke sich trafen? Aber das geschah nicht, denn seine Augen waren hinter den dunklen Gläsern einer Sonnenbrille verborgen.

Wieder einmal war er ihr gegenüber im Vorteil. Roque konnte sie sehen, ihr in die Augen schauen und ihre Gedanken und Gefühle erkunden. Er selbst jedoch verschanzte sich hinter einer Barriere aus getöntem Glas.

Roque stieß einen leisen Pfiff aus. „Also hatten die Leute recht, die mir von dir erzählt haben“, sagte er. „Sie haben mir allerdings verschwiegen, dass du noch schöner geworden bist.“ Er sprach Englisch mit dem weichen portugiesischen Akzent des Brasilianers.

Was sollte diese Bemerkung denn nun wieder? Wollte er etwa mit ihr flirten?

Ohne den Blick von ihm zu wenden, beobachtete Jewel, wie er auf sie zukam. Dicht vor ihr blieb er stehen. Sein Knie berührte ihr Bein, seine Schulter ihre. Jewel fuhr zurück, als hätte sie sich verbrannt.

Roque hatte sich seit damals kaum verändert. Er strahlte immer noch die geschmeidige Eleganz eines Panthers aus und jene unerschütterliche Selbstsicherheit, die ihr so imponiert hatte. Zehn Jahre war das jetzt her. Achtundzwanzig war er bei ihrer ersten Begegnung gewesen. Zwei Jahre lang hatte sich für Jewel alles nur um ihn gedreht.

Er war immer noch schlank, seine Schultern waren im Lauf der Jahre jedoch breiter geworden, und er hatte ein paar Kilo Gewicht zugelegt. Aber das fiel nur ihr auf, weil sie ihn von früher kannte. Sein Gesicht hingegen war mit den Jahren eher markanter geworden.

Als er langsam die Sonnenbrille abnahm und Jewel seine faszinierenden Augen sah, schrillten sämtliche Alarmglocken in ihr.

„Nun, willst du deinen bedauernswerten verlassenen Ehemann nicht umarmen?“ Wieder dieser ironische Ton.

Lass dich nicht beeindrucken. Sag was! Jewel atmete tief ein. „Hallo, Roque“, erwiderte sie so gleichmütig wie möglich. „Was führt dich denn nach Tabatinga?“

Sie war erleichtert, dass sie die Worte herausgebracht hatte, ohne sich ihre Aufregung anmerken zu lassen.

„Hallo, Roque.“ Er ahmte ihren Ton nach. „Ist das alles, was du nach acht Jahren zu sagen hast, minha Jóia?“

Minha Jóia – mein Juwel. So hatte er sie in Anspielung auf ihren Vornamen immer genannt, wenn sie in seinen Armen gelegen hatte.

Was war nur mit ihr los? Warum waren ihr diese Erinnerungen plötzlich so klar und eindeutig präsent, als sei das alles erst gestern passiert? Es war doch längst vorbei und vergessen.

„Was mich nach Tabatinga führt …“ Er unterbrach sich und musterte sie forschend. Unwillkürlich folgte sie seinem Blick. Verflixt! Ihr dünnes olivgrünes T-Shirt klebte in der feuchten Hitze am Körper, und die Spitzen ihrer Brüste, die sich deutlich unter dem Stoff abzeichneten, verrieten, dass sie auf sein Erscheinen nicht so cool reagierte, wie sie ihm weismachen wollte.

Den Bruchteil einer Sekunde verharrte sein Blick auf ihren Brüsten, bevor er den Kopf hob und Jewel anschaute. „Was sollte mich schon hierher in den Urwald locken, wenn nicht der brennende Wunsch, dich wiederzusehen, minha Jóia?“

Wie kam er dazu, mit ihr zu flirten? Und das tat er, kein Zweifel.

Noch eine Veränderung registrierte Jewel bei ihm. Eine beunruhigende. Der Roque Aguiar Da Costa, den sie gekannt hatte, war liebenswürdig und charmant gewesen. Der Roque aber, der jetzt vor ihr stand, strahlte eine unübersehbare Aura von Härte und Autorität aus.

Nun, sie war kein Teenager mehr, der sich von Männern seiner Art beeindrucken ließ. Sie war dreißig, und fast zehn Jahre harter Arbeit hatten sie selbstbewusst und unabhängig gemacht. Roque störte sie bei den Vorbereitungen für ein Projekt, an dessen Planung sie ein Jahr gearbeitet hatte. Sie hatte nur den einen Wunsch, dass er sie in Ruhe weitermachen ließ.

„Dann bist du also 2500 Meilen von Rio de Janeiro bis hierher an die brasilianisch-kolumbianische Grenze gereist, um mich wiederzusehen? Nun, das hast du ja jetzt.“ Ihre Stimme klang kühl. „Oder kann ich sonst noch etwas für dich tun?“

„Eine Menge.“

Die Doppeldeutigkeit seiner Worte traf sie wie ein Schlag. Lass dich von ihm nicht einschüchtern. Hör auf, ihm Fragen zu stellen. Beende das Gespräch sofort.

Sie richtete sich so hoch wie möglich auf, was bei einer Größe von einem Meter und dreiundsechzig nicht sehr imponierend wirkte. Es störte sie, dass er sie weit überragte und sie zu ihm aufschauen musste. „Okay, Roque, schön, dich zu sehen. Was auch immer dich herführt, ich jedenfalls habe einen Job zu erledigen …“

Lautes Stimmengewirr unterbrach sie. Jewel fuhr herum und sah einen Lastwagen heranbrausen, der mit quietschenden Bremsen zum Stehen kam. Die dichte Staubwolke, die dabei aufgewirbelt wurde, brachte sie zum Husten. Eine Horde Menschen sprang von dem klapperigen Vehikel und kam unter lautem Rufen in einem kaum verständlichen Gemisch aus Portugiesisch und dem hiesigen Dialekt auf sie und Roque zugelaufen.

Jewel hörte aus dem ganzen Geschrei nur das Wort Schlange heraus. Offensichtlich war jemand von einer Giftschlange gebissen worden.

Sie musste helfen. Sofort. Jewel setzte sich in Richtung Boot in Bewegung, auf dem sie bereits ihre medizinische Ausrüstung verstaut hatte. Aber Roque war ihr bereits voraus und sprang auf das Boot. Als sie ebenfalls mit einem Sprung an Bord hechtete, fing er sie in seinen starken Armen auf. Bevor sie protestieren konnte, ließ er sie los. „Geh mir aus dem Weg, Roque“, fuhr sie ihn an. Das war ihr Sanitätsboot. Er versperrte ihr den Zugang zum Deckshaus, in dem sie ihre medizinische Ausrüstung aufbewahrte.

Roque musterte sie amüsiert. „Nun mal langsam. Weißt du denn überhaupt, wo wir das Opfer des Schlangenbisses finden?“

Wir? Sie hatte sich wohl verhört. „Sie haben mich um Hilfe gebeten, nicht dich.“

Er hob die Brauen. „Da bist du dir sicher, obwohl du kein Wort verstanden hast?“

„Ja, das weiß ich ganz genau. Sie wenden sich immer an mich, wenn es Probleme gibt, seit sie wissen, dass ich dieses Projekt leite. Du brauchst dich nicht einzumischen, das ist völlig unnötig. Ich gehe davon aus, du hast wichtigere Dinge zu tun.“

„Findest du, es gibt Wichtigeres, als einem Menschen in Lebensgefahr zu helfen? Für was für eine Art von Arzt hältst du mich eigentlich?“

„Das ist mir egal. Geh mir aus dem Weg, Roque.“

Er schüttelte den Kopf. „Statt dankbar zu sein, dass du Hilfe bekommst, willst du mich wegjagen. Soll ich vielleicht über Bord springen?“

Ihre Aufregung legte sich allmählich. Obwohl sie wusste, dass es falsch war, antwortete sie: „Solange du mich nicht von der Arbeit abhältst, kannst du ruhig weiter hier herumstehen. Übrigens – warum sollte ich für dein unerwartetes Erscheinen dankbar sein? Als ich dich das letzte Mal sah, warst du Chirurg und kein Unfallarzt.“

Er verzog spöttisch den Mund. „Als ich dich das letzte Mal sah, standst du vor der Kamera eines Modefotografen und führtest Haute Couture vor.“

„Dein Gedächtnis scheint auch nicht mehr das beste zu sein. Bei unserer letzten Begegnung lag ich unter einem Röntgengerät und einem Computertomografen.“

Einen Augenblick herrschte Stille. Verflixt! Warum hatte sie sich dazu hinreißen lassen, die Vergangenheit anzusprechen? Das würde ihn ermutigen, weiterzureden.

Aber zu ihrer Überraschung sagte er nichts. Roque drehte sich um und ging zu der Reihe niedriger Holzschränke. Er rüttelte an einer der Türen, doch sie war verschlossen. „Wo sind die Schlüssel?“

Jewel bebte vor Wut, begann aber, in den Taschen ihrer Kakihose danach zu suchen. Woher wusste er überhaupt, wo was zu finden war? Trieb er sich schon länger hier herum und hatte ihr nachspioniert?

Da er sich nicht von der Stelle rührte, musste Jewel sich an ihm vorbeidrängen, um das Schränkchen aufzuschließen.

Ärgerlicher auf sich selbst als auf ihn, nahm sie verschiedene Medikamente aus dem Schrank und stopfte sie in ihre große Arzttasche. Roque warf einen Blick in die Tasche und ergänzte ihre Ausrüstung. Wütend wollte Jewel den Reißverschluss mit einem Ruck zuziehen, da griff er nach ihrem Handgelenk und hielt sie fest. Sofort versuchte sie, sich loszureißen.

Kühl und gelassen begegnete er ihrem flammenden Blick. „Die am häufigsten vorkommenden Giftschlangen in dieser Gegend sind die Jararaca, deren Gift eine gefährliche Blutvergiftung auslöst, und Surucucu Pico-de-Jacca, die die Atmung ihrer Opfer lähmt. Hast du das geeignete Gegengift zur Verfügung?“

Das wurde ja immer rätselhafter! Wie kam ein Großstadtchirurg dazu, sich mit den Schlangenarten im brasilianischen Urwald auszukennen?

Unmöglich konnte er so gut Bescheid wissen wie sie. Schließlich hatte sie einen Intensivkursus für Urwaldmedizin im Trainingszentrum in Manaus besucht.

Roque hatte seinen Griff nicht gelockert. Er wollte eine Antwort. Energisch riss Jewel sich los und zog den Reißverschluss zu. „Ich habe ein Antiserum gegen das Gift der Korallenschlange und außerdem ein Breitband-Antiserum.“

„Cro Fab nicht?“

Er kannte sich gut aus. Cro Fab war ein neues Breitband-Antiserum, das aus dem Blut von Schafen gewonnen wurde. „Wie stellst du dir das vor? Das Zeug kostet siebenhundert Dollar pro Ampulle. Die Global Aid Organisation, die unsere Expedition finanziert, kann so viel Geld nicht ausgeben.“

„Und hast du wenigstens Medikamente, die gegen den Schock wirken?“

Er musste sich diese Kenntnisse erst kürzlich angeeignet haben. Warum hätte er sich als Chirurg mit solchen Fragen beschäftigen sollen? Wieso wusste er, dass es bei der Anwendung von Breitband-Seren manchmal zu Schockreaktionen kam?

Jewel jedenfalls war auf alles vorbereitet. „Sicher, ich habe eine vollständige Ausrüstung“, ließ sie ihn wissen.

Doch er gab sich immer noch nicht zufrieden. „Wie steht’s mit einer chirurgischen Notausrüstung? Vielleicht brauchen wir die.“

„Hast du nicht zugehört? Ich sagte, ich verfüge über eine vollständige Ausrüstung.“

Ihre Verärgerung entlockte ihm nur ein gleichmütiges Achselzucken. „Ich als Chirurg verstehe darunter vielleicht etwas anderes als du als Internistin. Das bist du ja wohl, Jóia.“

Er wusste alles über sie. Doch jetzt blieb keine Zeit, sich darüber zu wundern.

Roque griff nach der großen Tasche, die ein beachtliches Gewicht hatte. Kurzerhand entwand Jewel sie ihm und lief zu der kleinen Treppe, die an der Bordwand lehnte. Während sie mit der schweren Last auf der Schulter die wackeligen Treppenstufen hinabstieg, war er mit einem Satz auf den Landungssteg gesprungen und streckte ihr die Hand entgegen, um ihr zu helfen. Jewel ignorierte ihn, doch er griff einfach entschlossen zu und hob sie mitsamt ihrer Tasche auf die hölzerne Pier.

Das hatte nur Sekunden gedauert, und Roque hatte sie gleich wieder losgelassen. Aber ihre Haut prickelte, wo seine Hände sie berührt hatten. Lächerlich, diese Reaktion, schalt sie sich im Stillen.

Jewel überließ Roque die Tasche und lief zum Lastwagen. Ihre beiden Mitarbeiter Inácio und Madeline, ein Krankenpfleger und eine Krankenschwester, warteten bereits. Roque war trotz der schweren Tasche schneller als Jewel, sprang auf die Ladefläche und beugte sich zu ihr hinunter. Er nahm ihre Hände und zog sie mit einem Ruck hoch. Bevor sie noch festen Stand gefunden hatte, fuhr der Lastwagen mit durchdrehenden Reifen an. Eine gewaltige rötliche Staubwolke stieg auf.

Jewel wurde durch die plötzliche Beschleunigung nach hinten gerissen. Einen Moment lang fürchtete sie, rücklings von der Ladefläche zu stürzen, aber dann spürte sie wieder Roques Hände, die sie festhielten.

In Panik warf sie sich an seine Brust und klammerte sich an ihn. Unwillkürlich stieß sie einen leisen Schrei aus.

Roque drückte sie beruhigend an sich und führte sie vorsichtig zu einem Platz, wo sie sich setzen konnte. Jewel schaute ihn unsicher an, entdeckte in seinen Augen aber nur Sorge um ihr Wohlergehen.

Die widersprüchlichsten Gefühle stürmten auf sie ein. Hielt er sie jetzt für eine Memme, die ohne männliche Unterstützung nicht zurechtkam? So, wie sie damals gewesen war?

Sie musste anerkennen, dass er sie durch seine blitzschnelle Reaktion vor einem Sturz mit nicht absehbaren Folgen bewahrt hatte. Trotzdem wurde sie den Eindruck nicht los, dass er bei aller ehrlich gemeinten Fürsorge und Freundlichkeit ein heimliches Vergnügen an der Situation empfand.

Freundlichkeit? Dafür gab es zwischen ihnen keinen Anlass. Getrennt hatten sie sich damals im Streit. Warum also versuchte er jetzt so zu tun, als sei nichts gewesen?

Was hatte sein Benehmen zu bedeuten? Warum war er überhaupt hier? Und was wollte er von ihr? Womöglich brauchte er sie für seine Einbürgerung in die USA …

„Die Leute haben mir eben erklärt“, sagte Roque, „warum sie das Opfer des Schlangenbisses nicht zu uns gebracht haben. Der Vorfall liegt schon zwei Tage zurück. Das Opfer ist ihr Schamane. Sie fanden ihn im Dschungel, in Fieberfantasien.“

Jewel staunte, dass Roque mit dem Dialekt der Einheimischen offenbar keine Probleme hatte. „Dann war unsere Diskussion über das Antiserum völlig nutzlos“, erwiderte sie. „Du weißt bestimmt, dass es nur wirkt, wenn es innerhalb von vier Stunden nach dem Biss gegeben wird. Warum haben sie so lange gewartet, bis sie Hilfe holten? Warum haben sie überhaupt Hilfe geholt? Normalerweise verfügen die Urwaldbewohner über einen reichen Erfahrungsschatz in der Behandlung von Schlangenbissen.“

Roque zog die Brauen zusammen. „Diese Kenntnisse gehen auch hier langsam verloren, leider. Die Menschen sind mehr oder weniger Opfer der Zivilisation geworden. Innerhalb weniger Generationen hat sich ihre alte Lebensweise total verändert. Nur eins ist noch genauso stark wie früher – ihr Aberglaube. Deshalb haben sie sich nicht getraut, den Schamanen selbst zu behandeln oder zu uns zu bringen. Übrigens – sie haben mich gewarnt, dass wir von den Geistern bestraft würden, falls er stirbt.“

„Das kenne ich auch von anderen Stämmen.“

Roque lehnte sich gegen die Bordwand. „Und diese Drohungen ängstigen dich nicht?“

„Oh, die sind nicht ernst gemeint. Die Leute reden – aber sie tun nichts.“

„Die Kollegen im Militärkrankenhaus sehen das anders. Wegen der ständigen Todesdrohungen lehnen sie es ab, solche Fälle zu behandeln. Deshalb sind die Leute zu uns gekommen.“

Jewel überhörte das Wort „uns“ und schaute zu den Einheimischen hinüber. Sie wirkten keineswegs bedrohlich. „Vielleicht sind die Krankenhausärzte etwas zu ängstlich“, meinte sie.

Roque schüttete den Kopf. „Sie haben keine Angst, sie sind nur vorsichtig. In dieser Gegend ist man auf sich allein gestellt. Die paar Hundert Mann der brasilianischen Grenzkontrollen müssen 850 Kilometer Grenze zwischen Brasilien, Kolumbien und Peru kontrollieren. In dem Gebiet siedeln über einhunderttausend Menschen. Es gibt jede Menge Rauschgiftschmuggler, Wilddiebe und illegalen Fischfang. Da ist es verständlich, dass sie sich nicht auch noch um solche heiklen humanitären Fälle kümmern.“

Jewel wusste das alles, wunderte sich aber über Roques Detailkenntnisse. Sie zuckte die Achseln. „Ich habe nur aus meiner eigenen Erfahrung gesprochen.“

„Vielleicht hattest du bisher Glück, weil du mit deinen Behandlungen erfolgreich warst.“

„Das war nicht immer der Fall. Aber mir ist trotzdem nie etwas passiert. Eigentlich glaube ich, dass diese Drohungen nur so etwas wie ein Ritual darstellen. Ich habe die Menschen hier immer freundlich erlebt und dankbar für jede Hilfe.“ Sie lächelte verschmitzt. „Du siehst ja, ich lebe noch.“

Beinahe erschrocken hielt sie inne, als sie den Ausdruck in seinen Augen bemerkte. Klopfenden Herzens folgte sie der Bewegung seiner Hand, die er auf ihre linke Wange legte. Er berührte die feine Narbe, die sich von der Augenbraue bis zu ihrem Wangenbein zog. Ganz plötzlich waren die Erinnerungen wieder da. So hatte Roque sie auch damals tröstend gestreichelt. Seine Liebkosungen hatten sie regelmäßig dahinschmelzen lassen vor Lust, sodass ihr Widerstand jedes Mal schnell zusammenbrach. Sie hatte sich dafür gehasst.

Jetzt schob er die Finger in ihr Haar. Wieso ließ sie das geschehen? Warum prickelte ihre Haut plötzlich so unsagbar wonnevoll?

Jewel rührte sich nicht.

„Du redest so, als würdest du dich schon lange hier in der Gegend aufhalten“, raunte er ihr zu. „Ich weiß aber, dass du erst seit einer Woche hier bist.“

Was wusste er noch alles über sie? Sie drückte sich an die Holzwand des Lastwagens und versuchte, die schmerzende Stelle in ihrem Nacken zu kneten. „Ich war schon in anderen Regenwaldgebieten. Vermutlich sind die Gegebenheiten überall ziemlich gleich.“

Ohne zu fragen, schob er ihre Hand beiseite und begann, ihren Nacken zu massieren. „Du irrst dich. Das Grenzgebiet von Brasilien und Kolumbien ist ein besonders gefährliches Terrain. Und die Menschen, die hier leben, sind durch die ständige Gefahr für Leib und Leben misstrauisch und unberechenbar geworden.“

Seine Fingerspitzen hatten exakt die Stelle gefunden, von wo der Schmerz ausstrahlte – Jewel spürte, wie sie sich allmählich entspannte. Aber sie spürte auch noch etwas anderes, etwas, von dem sie angenommen hatte, es gehöre der Vergangenheit an.

„Glaubst du wirklich, die Leute meinen ihre Drohungen ernst?“, fragte sie.

Roque schnaubte verächtlich. „Es ist mir egal, wie ernst sie es meinen. Ich werde wegen des idiotischen Aberglaubens keinen Mann sterben lassen. Und ich lasse auch nicht zu, dass sie dir etwas antun.“

Sofort läuteten bei Jewel wieder die Alarmglocken. Diese plötzliche Ritterlichkeit kam doch nicht von ungefähr, dafür musste es einen Grund geben. Einen Grund, den sie nicht kannte. „Ach, heißt das, du beziehst diese Drohungen nicht auf dich?“

„Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, minha Jóia.“

„Und von mir nimmst du an, ich könnte das nicht?“

„Nicht so gut wie ich.“ Bevor sie wütend auffahren konnte, griff er nach ihrer Hand. „Ich bin vorbereitet, wie du gleich merken wirst …“ Er führte ihre Hand unter seine Baumwolljacke bis zu seinem Gürtel – Jewel zuckte zurück, als sie die Pistole im Gürtelhalfter ertastete. Eine ziemlich große Pistole …

Sie riss erschrocken die Augen auf. „Bist du etwa in Militär- oder Geheimdienstoperationen verwickelt?“

„Nein, ich finde es nur unverantwortlich, ohne Vorsichtsmaßnahmen in so gefährliche Gegenden zu reisen.“

„Für unsere Expedition wurden uns bewaffnete Wächter zugeteilt. Sie folgen uns dort hinten in dem Jeep.“

Roque warf einen flüchtigen Blick über die Schulter zurück und sah Jewel dann amüsiert an. „Du meinst also, ich soll um Hilfe rufen, wenn die Situation brenzlig wird?“

Bei dem Gedanken, dieser große, starke Mann könne irgendwann tatsächlich um Hilfe rufen, musste selbst sie lachen. Roque stimmte ein, wurde aber gleich wieder ernst. Man könnte meinen, die Jahre der Trennung hätte es nie gegeben. Die Spannung, die bisher zwischen ihnen geherrscht hatte, wich von einer Sekunde zur anderen dem Gefühl alter Vertrautheit. Jewel war so gefangen von der Präsenz dieses Mannes, dass sie die neugierigen Blicke ihrer beiden Assistenten gar nicht bemerkte.

Roques kehliges Lachen hatte in ihr die Erinnerung an die Leidenschaft, die sie einmal für ihn empfunden hatte, geweckt. Auf einmal knisterte die Atmosphäre förmlich vor unausgesprochenen Emotionen.

„Wir sind da, Leute.“ Madelines Ruf katapultierte Jewel in die Wirklichkeit zurück. Der Lastwagen hatte auf einer Lichtung angehalten. Mindestens ein Dutzend Männer und Frauen in billiger westlicher Kleidung und mit bemalten Gesichtern umringten das Fahrzeug. Sie fuchtelten aufgeregt mit den Händen in der Luft herum und forderten die Ankömmlinge auf, sich zu beeilen.

Roque erlebte nicht zum ersten Mal eine solche Situation. Er hatte dabei mit hervorragenden jüngeren Medizinern zusammengearbeitet – aber manchmal auch mit Stümpern. Er als der ältere, erfahrene Arzt trug die Verantwortung für die Behandlung des Kranken. Ob Jewel sich im Ernstfall bewähren würde, wusste er nicht. Sie schien eine solide medizinische Ausbildung durchlaufen zu haben und hatte außerdem im Schulungszentrum der GAO an speziellen Kursen für den Einsatz in Krisenregionen teilgenommen. Aber wie gut sie in der Praxis war, würde sich erst noch herausstellen.

An Selbstvertrauen schien es ihr nicht zu mangeln. Sofort nachdem sie in die Hütte des Schamanen Qirmaco geschlüpft waren, hatte sie mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. Sie hatte weder auf Roques Anweisungen gewartet noch ihn um Rat gefragt. Tatsächlich agierte sie so, als sei Roque gar nicht anwesend. Sie schien zu glauben, dass Chirurgen von Notfallmedizin ohnehin nichts verstanden – im Gegensatz zu ihr.

Roque verzichtete darauf, auf sein Recht als ranghöherer Arzt zu pochen. Er kümmerte sich besser um Qirmacos geschwollenes Bein, bevor die Schwester Madeline O’Brien übernahm.

Kurzentschlossen hockte er sich ans Fußende von Qirmacos Lager und winkte Madeline, ihm zu helfen. Dabei registrierte er, wie Jewel ihre Anweisungen in fließendem Portugiesisch an Inácio weitergab.

Erstaunt horchte er auf. Was für eine Entwicklung! Vor fast zehn Jahren hatte sie nicht mehr als zwei Dutzend Worte auf Portugiesisch sagen können.

Offensichtlich hatte sie die Sprache nach ihrer Trennung intensiv gelernt. Wieso? Er schüttelte irritiert den Kopf.

Doch er sagte nichts und untersuchte das Bein des Schamanen, das Madeline inzwischen freigelegt hatte. Der Anblick, der sich Roque bot, war der Albtraum jedes Unfallchirurgen – ein grotesk angeschwollener und rotblau verfärbter Oberschenkel. Die Ursache dafür war sofort zu erkennen – eine viel zu stramm angelegte Aderpresse, die die Blutzirkulation unterbrochen hatte.

Wer auch immer dem Mann das Bein abgebunden hatte, um zu verhindern, dass das Schlangengift sich im Körper ausbreitete, wusste nicht, dass eine Aderpresse nur half, wenn sie innerhalb einer Minute nach dem Biss der Giftschlange angelegt wurde. Das Gift hatte sich also längst im Körper des Schamanen verbreitet. Und die Aderpresse hatte ihm nur unerträgliche Schmerzen bereitet und diese monströse Schwellung hervorgerufen.

„Schere!“ Madeline reichte sie ihm sofort. Mehrere Dorfbewohner, die sich mit in die Hütte gedrängt hatten, um zu beobachten, was die Weißen mit ihrem Schamanen anstellten, verfolgten misstrauisch, wie er die Schnur durchschnitt, die Qirmacos Bein abgeschnürt hatte. Roque sog scharf die Luft ein, als er sah, dass die stramm gezogene Schnur eine tiefe, blutige Wunde in den Oberschenkel gegraben hatte. Fast schien es, als käme jede Rettung zu spät.

Zum Teufel mit bösen Vorahnungen! Und zum Teufel mit den Dorfbewohnern, denen offenbar alle Kenntnisse ihrer Vorfahren in der Behandlung von Schlangenbissen abhandengekommen waren.

Roque fluchte im Stillen. Aber er hatte trotzdem Verständnis für diese Menschen. Der Kontakt mit der Außenwelt hatte sie entwurzelt. Kenntnisse, die ihren Vorfahren das Überleben gesichert hatten, waren längst verloren. Die meisten Schamanen waren über siebzig. Nachfolger gab es keine. Wenn die alten Männer wegstarben, dann würden diese Menschen völlig hilflos sein.

Und hier lag Qirmaco, einer der alten Schamanen, den die Dummheit seiner eigenen Stammesbrüder womöglich das Leben kostete.

Madeline deutete besorgt auf die starke Blutung der Wunden. Aus Qirmacos Mund und Nase floss ebenfalls Blut. Roque konnte auch ohne Inácios gemurmelten Hinweis, der Blutdruck sei gefährlich niedrig, erkennen, dass der Schamane an akuten Durchblutungsstörungen litt. Das Schlangengift hatte offensichtlich den Gerinnungsfaktor des Blutes massiv vermindert.

„Könnte es helfen, ihm ein Antiserum zu injizieren?“, wandte sich Roque mit gedämpfter Stimme an Jewel. Berechtigte Frage, denn das Antiserum bewirkte normalerweise, dass die Blutgerinnung wieder funktionierte.

„Nein, nicht so lange Zeit nach dem Biss.“

Roque nickte – Jewel kannte sich also aus. Er nannte Madeline eine Reihe von chirurgischen Instrumenten, die er brauchte. Es war nötig, mehrere Einschnitte in die verkrampfte Muskulatur des Beines zu machen, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen. Madeline suchte die Instrumente rasch heraus und legte sie auf ein sauberes Tuch. Aus dem Augenwinkel registrierte Roque, wie Jewel das batteriebetriebene Absauggerät absetzte, mit dem sie die Atemwege des Patienten frei gemacht hatte.

Dreißig Sekunden später hatte sie Qirmaco einen Beatmungsschlauch in die Luftröhre geschoben und presste über den Atemsack in rascher Folge große Mengen von Sauerstoff in die Lunge des Schamanen.

Roque war beeindruckt über die routinierte Schnelligkeit, mit der sie handelte.

„Wie ist sein Blutdruck?“, fragte sie Inácio.

„Seine Venen sind völlig zusammengefallen.“

„Okay, dann legen wir eine Kanüle an seine Hauptvene in der Brust. Er braucht dringend Flüssigkeit, er ist völlig ausgetrocknet.“

Roque runzelte die Stirn. Eine Kanüle in der zentralen Vene war eine wirksame, aber nicht ungefährliche Maßnahme. Er würde es vorziehen, mit einem kleinen Schnitt die Vene am anderen Fuß des Patienten zu öffnen und die Kanüle dort anzulegen.

„Warum versuchst du es nicht mit einem Venenschnitt?“, wandte Roque ein.

Jewel schaute nur kurz zu ihm hoch. „Ich will sein gesundes Bein nicht auch noch belasten. Die zentrale Vene gibt uns außerdem bessere Möglichkeiten, schnell und präzise zu reagieren, falls nötig. Aber das weißt du ja sicher.“

„Wenn wir ihm vorher eine Dosis Antibiotikum und Tetanus spritzen, wird die Auswirkung auf sein gesundes Bein minimal sein …“

„Aber sie ist trotzdem gegeben.“

„Ein Venenschnitt ist viel unproblematischer“, beharrte er.

„Nicht in diesem Fall. Möglicherweise verliert er ein Bein. Deshalb möchte ich das andere unversehrt lassen.“

So einfach ließ er sich nicht überzeugen. „Was du vorhast, ist ein Job für einen Chirurgen.“

Sie funkelte ihn an. „Warum kümmerst du dich nicht um die Leute draußen und lässt mich in Ruhe meine Arbeit machen? Ich werde hier sehr gut ohne dich fertig.“

Mit diesen Worten wandte sie ihm den Rücken zu und beugte sich wieder über den Patienten. Roque beobachtete sie aufmerksam, bereit, jederzeit blitzschnell einzugreifen. Madeline hatte die Brust des Kranken sterilisiert und mit einem sauberen Tuch abgedeckt, das nur eine kleine Stelle frei ließ. Roque registrierte fasziniert, wie Jewel mit einer Sicherheit, die nur von langer Übung herrühren konnte, die lange Injektionsnadel in die zentrale Vene schob. In weniger als einer Minute hatte sie den Katheter gelegt und befestigt.

Roque merkte, dass er unwillkürlich den Atem angehalten hatte, und stieß nun die Luft aus. Gerade wollte er Jewel empfehlen, Qirmaco eine Dosis Mannitol zu verabreichen, um die Venen zu weiten, als er bemerkte, dass sie schon dabei war, genau das zu tun.

Natürlich hatte er bereits vor seiner Anreise in Erfahrung gebracht, dass Jewel Ärztin geworden und seit drei Jahren in verschiedenen Regionen Brasiliens für die GAO tätig war. Aber es gab solche und solche Ärzte – Jewel schien jedoch zu den guten zu gehören, soweit er das bisher beurteilen konnte.

Immer noch irritiert, fragte er sich, wie ein ehemaliges Top-Model, die seelisch verletzte junge Frau, die er geheiratet hatte, zur Medizin gekommen war.

„Sind Sie bereit, Dr. äh …“

Roque sah Madeline an. Er hatte noch gar keine Zeit gehabt, sich vorzustellen. Inácio und sie hatten wohl aus Jewels Verhalten geschlossen, dass sie einander kannten, und ihn akzeptiert.

„Dr. Aguiar Da Costa. Aber nennen Sie mich Roque.“ Er suchte Jewels Blick – und da war es wieder, dieses Gefühl unwiderstehlicher Anziehung. Neun Jahre lang hatte er sich einzureden versucht, er habe sich das damals nur eingebildet …

„Ich werde einen Muskeleinschnitt machen, um den Nerv, der das Bein verkrampfen lässt, zu unterbrechen. Willst du mir dabei assistieren, Jóia?“

Ihre Augen blitzten. Was dachte sie? Dass er sie auf die Probe stellen wollte?

Nach kurzem Nachdenken nickte Jewel. Madeline machte ihr sofort Platz und reichte ihr ein Paar steriler Handschuhe und eine Atemmaske.

Jewel hockte sich auf die andere Seite des Patienten und sah Roque an. „Welchen Nervenknotenpunkt willst du unterbrechen?“

„Welchen würdest du nehmen?“

Ihre Brauen schossen in die Höhe. „Was soll das werden? Ein Test?“

„Wenn ich mich auf deine Hilfe verlassen soll, wäre es doch gut zu wissen, wie viel du davon verstehst, oder nicht?“

„Wir haben keine Zeit für solchen Unsinn“, zischte sie.

„Oh, bisher haben wir keine Zeit verloren. Es ist erst acht Minuten her, seit wir hier hereingekommen sind.“

Jewel nahm ihm die Injektionsspritze aus der Hand. „Wie wäre es mit einer kurzen Demonstration? Vielleicht kann ich dir ja noch etwas über den Eingriff bei einem zentralen Nervenknoten beibringen.“

Roque spürte, wie sein Puls sich erneut beschleunigte. „Zeig es mir.“

Das tat sie. Und demonstrierte ihm damit ihr überragendes Können.

Nachdem sie das lokale Betäubungsmittel injiziert hatte, benutzten beide die Wartezeit, bis die Wirkung eintrat, um das Verbandszeug und die Pflasterstreifen bereitzulegen, die sie nach der Operation brauchen würden. Dann begann Roque mit der Operation.

Zuerst machte er einen circa zwölf Zentimeter langen Einschnitt auf der Außenseite des Oberschenkels, dann wiederholte er den Schnitt auf der Innenseite. Das sollte verhindern, dass die angespannten Muskeln einseitig belastet würden.

Jewel tupfte das Blut und die austretende Wundflüssigkeit ab. Sie wusste in jeder Sekunde genau, was er brauchte, und reagierte sofort. Roque warf ihr über den Rand seiner Atemmaske hinweg einen gleichermaßen erstaunten wie bewundernden Blick zu.

Es war offensichtlich, dass sie das hier nicht zum ersten Mal tat. Sie hatte Erfahrung mit solchen Operationen. Beachtlich in so wenigen Jahren …

Schließlich hatte Roque den Eingriff abgeschlossen. „Und was nun?“ Er wusste, dass die nachoperative Versorgung solcher Patienten selbst für erfahrene Internisten nicht unproblematisch war. Warum nur konnte er es nicht lassen, Jewel erneut auf die Probe zu stellen?

Zu seiner großen Erleichterung bewältigte sie auch diese Aufgabe ohne Schwierigkeiten. Routiniert und ruhig tat sie genau das Richtige – sie säuberte die Wunde und legte eine Drainage, damit die Flüssigkeit abfließen konnte. Dann wurden die Wundränder mit starken Klebestreifen zusammengezogen und das Bein verbunden.

Zu seiner Erleichterung bekam Roque von Inácio die Bestätigung, auf die er gehofft hatte. Qirmacos Blutdruck hatte sich zufriedenstellend erhöht, und sein Herz schlug regelmäßig. Auch in seinem verletzten Bein war die Durchblutung wieder in Ordnung.

Roque trat aus der Hütte und verkündete den versammelten Dorfbewohnern die frohe Nachricht. Dieselben Leute, die erst kurz zuvor düstere Drohungen ausgestoßen hatten, jubelten ihm nun zu.

Zwei Stunden später kehrten Roque, Jewel und ihre beiden Helfer, beladen mit allen möglichen exotischen Geschenken, zum Lastwagen zurück. Roque hielt sich neben Jewel, wie die ganze Zeit während des spontanen Festes, das die Dorfbewohner anlässlich des Operationserfolgs ausgerichtet hatten. Erst jetzt bemerkte er ihre Erschöpfung. Sie atmete schwer, und über ihrer Oberlippe zeigte sich ein feiner Schweißfilm.

Nachdem er ihr geholfen hatte, sich hinzusetzen und gegen die Seitenwand der Ladefläche zu lehnen, schaute sie zu ihm hoch. „In zwei, drei Tagen müssen wir noch einmal hierher, um die Wunden zu nähen und neu zu verbinden. Es darf nicht zu einer Wundinfektion kommen – oder Schlimmerem.“

Schlimmerem? Damit konnte sie nur eine Amputation meinen. Obwohl er sonst recht gut in der Lage war, die Heilungschancen von Patienten einzuschätzen, fühlte Roque sich in diesem Fall verunsichert.

Er versuchte, seine Antwort so optimistisch wie möglich klingen zu lassen. „Jóia, ich denke, der Schamane wird noch lange durch den Urwald laufen können.“

„Das nehme ich auch an.“ Sie holte tief Luft und brachte hervor: „Es war gut, dich bei uns zu haben, Roque.“

Diese Bemerkung hätte ihn eigentlich freuen sollen, aber er empfand sie wie eine kalte Dusche. Sie brachte die Erinnerung an seine Gefühle zurück, als Jewel ihn damals ohne ein Wort der Erklärung verlassen hatte.

Nach einer lastenden Pause klang seine Stimme kühl und gepresst. „Ich war also in deinen Augen tatsächlich mal nützlich? Vor neun Jahren hast du mir bereits einmal klargemacht, wozu ich tauge – Sex und eine Ehe. Der Sex war zu deinem Vergnügen, damit konntest du vor deinen Freundinnen prahlen. Und die Ehe mit mir hast du benutzt, um dich an deinen hochnäsigen Eltern und deinem miesen Exverlobten zu rächen. Du hast den Mann geheiratet, mit dem du sie alle am meisten ärgern konntest.“

Er sah, wie ihr Gesicht kreidebleich wurde.

Als sie ihm antwortete, klang ihre Stimme tonlos. „Es war ja zu erwarten, dass wir wieder anfangen zu streiten. Zum Glück werden wir einander nicht sehr viel länger ertragen müssen.“

„Was macht dich da so sicher?“

Sie sah ihn kühl an. „Die paar Tage, die es dauert, bis es Qirmaco wieder besser geht, können wir uns so gut wie möglich aus dem Weg gehen. Übrigens hast du mir immer noch nicht verraten, was dich eigentlich hierherführt.“ Sie lächelte herablassend. „Aber behalt es ruhig für dich. Es interessiert mich im Grunde gar nicht.“

„Nur ein bisschen neugierig, nicht wahr? Ich bin sicher, du hast dir schon Gedanken gemacht.“

Jewel zuckte die Achseln. „Kaum. In dieser Gegend treiben sich eine Menge Leute herum – Chirurgen gehören allerdings normalerweise nicht dazu.“

Sie gab sich ganz cool. Aber er spürte die unterschwellige Spannung, die zwischen ihnen herrschte.

Roque drehte sich um und stieß mit dem Knie an ihre Hüfte. Sofort rückte sie von ihm ab. Als er ihr die Hand auf den bloßen Arm legte, fing ihre Haut sofort an zu prickeln.

„Ist dir nicht in den Sinn gekommen, ich könnte mich danach sehnen, dich wiederzusehen, Jóia? Vielleicht möchte ich auch einfach nur hier arbeiten? Genau das ist der Fall. Ich bin hier, um mich an der Expedition zu beteiligen.“

Sie lachte ungläubig auf. „Lass den Unsinn. Auf keinen Fall wirst du an einer meiner Expeditionen teilnehmen.“

Roque bedachte sie mit einem triumphierenden Lächeln. „Da hast du recht. Ich werde nicht einfach bloß an deiner Expedition teilnehmen, ich werde sie leiten.“

2. KAPITEL

„Überrascht?“

Roque registrierte, wie ihre Miene versteinerte und ihr Körper erstarrte. Dann plötzlich entspannte Jewel sich. Offenbar hielt sie seine Worte für einen Witz, für den Versuch, sie auf den Arm zu nehmen. „Netter Versuch, Roque. Du weißt, dass es für mich absolut inakzeptabel ist, dich als Leiter meiner Expedition anzuerkennen.“

„Stört dich der Begriff ‚Leiter‘ vielleicht? Wie wäre es mit ‚Chef‘? Ich persönlich würde das gute alte ‚Boss‘ bevorzugen. Aus deinem Mund würde das wunderbar klingen …“

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