Julia Collection Band 194 - Carole Mortimer - E-Book

Julia Collection Band 194 E-Book

Carole Mortimer

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Beschreibung

Die berühmten Prince-Brothers spielen im Filmbusiness ganz vorne mit. Doch privat haben sie die perfekte Hauptdarstellerin noch nicht gefunden. Welche besondere Frau beschert Nik, Zak und Rik ein filmreifes Happy End?

Miniserie von Carole Mortimer

Das Herz führt Regie

Juliet ist auf den ersten Blick von Regisseur Nik Prince fasziniert, als sie ihm auf einer exklusiven Party in London begegnet. Stürmisch erwidert sie seinen heißen Flirt. Noch nie hat sie sich spontan so leidenschaftlich verliebt, aber offensichtlich nicht in den Richtigen. Versucht Nik über sie nur an die Rechte für ein Drehbuch zu kommen?

Verliebt wie nie zuvor

Die Reporterin Tyler kann ihr Glück kaum fassen, als sie das Angebot erhält, den umschwärmten Hollywood-Star Zak Prince eine Woche lang in London zu begleiten. Eine Exklusivstory über ihn ist die große Chance! Doch je mehr Zeit Tyler mit Zak verbringt, desto weniger will sie ihren Traummann jetzt noch in der Zeitung bloßstellen!

Zärtliche Eroberung in Paris

Vor fünf Jahren hatte Sapphire mit Drehbuchautor Rik Prince eine heiße Liebesnacht – nun sieht sie ihn in Paris wieder! Noch immer sehnt sie sich danach, in seinen Armen glücklich zu werden. Doch um nicht erneut verletzt zu werden, muss sie standhaft bleiben! Obwohl Rik alles daransetzt, sie erneut zu erobern …

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Seitenzahl: 602

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Carole Mortimer

JULIA COLLECTION BAND 194

IMPRESSUM

JULIA COLLECTION erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2024 in der Reihe JULIA COLLECTION, Band 194

© 2005 by Carole Mortimer Originaltitel: „Prince’s Passion“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Iris Pompesius Deutsche Erstausgabe 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1651

© 2005 by Carol Mortimer Originaltitel: „Prince’s Pleasure“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Iris Pompesius Deutsche Erstausgabe 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1658

© 2005 by Carol Mortimer Originaltitel: „Prince’s Love-Child“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Iris Pompesius Deutsche Erstausgabe 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1675

Abbildungen: AleksandarNakic / iStock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751525886

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Das Herz führt Regie

PROLOG

„Und was hat Ihr Autor diesmal zu meinem Angebot gesagt?“ Niks Stimme klang fast gelangweilt. Aber sein Gleichmut war nur gespielt und gehörte zu seiner Taktik, wenn er um die Filmrechte an dem bewegenden Buch von J. I. Watson verhandelte.

Er saß dem Verleger gegenüber und beobachtete unter halb gesenkten Augenlidern, wie unbehaglich James Stephens sich fühlte. Der Mann war Mitte fünfzig und hatte den Verlag vor zwanzig Jahren von seinem Vater übernommen. Zweifellos besaß er Erfahrung mit Autoren und wusste auch die vielen Sonderlinge unter ihnen zu nehmen. Aber das Verhalten dieses J. I. Watson schien selbst Stephens ein Rätsel zu sein.

Auch Nik verstand nicht, warum der Autor sich so zierte, ihm die Filmrechte zu verkaufen. Das Buch hatte, als es vor sechs Monaten erschien, einen Wirbel verursacht. Da lag eine Verfilmung doch nahe. Und träumte nicht jeder Autor davon? Besonders dann, wenn ein namhafter Produzent und Oscar-Preisträger wie er, Nikolas Prince, sich des Stoffes annehmen wollte?

Dieser J. I. Watson offenbar nicht. Denn von den vier Briefen, die Nik ihm schon geschrieben hatte, waren die ersten beiden unbeantwortet geblieben. Auf den dritten reagierte der Autor mit einer knappen, wenn auch höflichen Ablehnung. Und nun war Nik in den Verlag gekommen, um sich die Antwort auf den letzten vom Verleger persönlich abzuholen. Nach Stephens Gesichtsausdruck zu urteilen, würde er wieder kein Glück haben.

Seit zwei Monaten versuchte Nik nun schon, J. I. Watson kennen zu lernen. Das Warten nervte ihn zunehmend. Vor vier Wochen hatte er sich deshalb ohne Stephens Wissen an die Cheflektorin gewandt. Nachdem sie ein paar Mal zusammen gegessen und Wein getrunken hatten, rückte sie endlich mit dem Geständnis heraus, dass der Autor unter Pseudonym veröffentlichte und sein richtiger Nachname Nixon sei. Aber das helfe ihm kaum weiter, denn selbst sie wisse nichts über den Mann und halte nur über eine Postfachadresse mit ihm Kontakt. Nik musste ihr versprechen, niemandem davon zu erzählen und schon gar nicht zu verraten, wem er diese Informationen verdankte.

„Mein Angebot wurde wieder abgelehnt, oder?“, sagte Nik und zeigte seinen Ärger darüber.

„Ja“, bestätigte Stephens. Er war offensichtlich erleichtert, dass er die Absage nicht selbst formulieren musste.

„Was stimmt mit diesem Menschen nicht?“ Nik erhob sich und baute sich in voller Größe von ein Meter neunzig vor dem Schreibtisch des Verlegers auf. „Will er mehr Geld herausschlagen?“ Seine grauen Augen funkelten in dem männlich geschnittenen Gesicht, sein dunkles, widerspenstiges Haar unterstrich sein einschüchterndes Auftreten. „Ich werde ihm alles geben, was er verlangt, solange es den Rahmen des Machbaren nicht sprengt.“

Stephens zuckte die Schultern. Er war zwar schmächtig und hatte kaum noch Haare auf dem Kopf, aber seine klugen blauen Augen warnten die Umwelt, ihn nicht zu unterschätzen. „Ich werde Ihnen das Antwortschreiben zeigen.“ Er öffnete eine Schublade, zog einen Bogen Papier heraus und reichte ihn Nik.

Darauf stand nur ein einziger Satz. „Auch nicht, wenn Nik Prince persönlich darum bittet.“ Eine knappe, auf den Punkt gebrachte, unmissverständliche Absage.

Aber so irritierend sie auch war, Nik beschäftigte sich nicht weiter mit dem Inhalt des Satzes, denn er hatte die Absenderadresse entdeckt. An der Nummer erkannte er, dass das Postfach, von dem die Cheflektorin ihm erzählt hatte, hier irgendwo in London sein musste. Daran hatte James Stephens wohl nicht gedacht, als er ihm den Brief zum Lesen überlassen hatte …

Ohne Kommentar und mit ausdruckslosem Gesicht gab Nik den Briefbogen zurück. Er zweifelte nicht an der Loyalität des Verlegers. Wenn der Mann merkte, dass er die Anonymität seines Autors versehentlich preisgegeben hatte, indem er Nik die Postfachnummer hatte lesen lassen, würde er sich mit dem Schriftsteller umgehend in Verbindung setzen und ihn bitten, seine Adresse zu ändern.

„Haben Sie mit dem Mann persönlich über mein Anliegen gesprochen?“, fragte Nik.

„Nein. Wie sollte ich? Ich bin dem Autor noch nie begegnet“, gab Stephens zu.

„Was? Nicht einmal Sie kennen ihn?“ Nik war ehrlich überrascht. Er hatte sich all die Wochen geärgert, weil der Verleger so mauerte, wenn es darum ging, J. I. Watson zu treffen. Dass selbst Stephens nicht an ihn herankam, damit hatte Nik nicht gerechnet. Das Ganze nahm allmählich die Züge einer Farce an.

Der Verleger schnitt ein Gesicht. „Ich weiß nicht, wie der Mann aussieht und wie seine Stimme klingt. Wir haben nicht einmal miteinander telefoniert, sondern nur über den Postweg Mitteilungen ausgetauscht.“

„Unfassbar!“ Nik ließ sich wieder auf dem Stuhl nieder und blickte auf die Schreibtischplatte. Er verstand nicht, was das alles bedeutete. Bisher hatte er angenommen, dass wenigstens der Verleger den Autor kenne und die Postfachadresse nur für den Kontakt mit Verlagsangestellten eingerichtet worden sei. „Ich habe das geheimnisvolle Getue für einen Werbegag des Verlags gehalten.“

„Schön wär’s“, brummte Stephens. „Bei diesem Buch haben wir mehr reagiert als agiert. Es begann damit, dass uns das Manuskript vor fast achtzehn Monaten ungebeten zugeschickt wurde. Schließlich las es eine junge Lektorin. Weil ihr die Handlung gefiel und sie die Qualität des Stils erkannte, gab sie es an eine erfahrene Kollegin weiter. Der Roman brauchte nicht einmal drei Monate, bis er auf dem Schreibtisch der Cheflektorin landete.“ Und weil Nik ihn irritiert ansah, fügte er hinzu: „Das ist keineswegs lang für einen Text, den wir nicht bestellt haben.“

„Wenn Sie das sagen“, meinte Nik. Er war immer noch nicht darüber hinweggekommen, dass niemand aus dem angesehenen Verlagshaus den Schriftsteller kannte, der Millionen eingespielt hatte. Auch das wusste er von der Cheflektorin.

Stephens lehnte sich zurück. „Wir haben uns natürlich bei vielen Gelegenheiten bemüht, Mr. Watson persönlich kennen zu lernen. Aber ohne Erfolg. Jeder Versuch wurde rundweg abgelehnt.“

Kein Wunder, dass es so schwer war, mit dem Schriftsteller zu verhandeln, wenn der Mann nicht einmal bereit war, sich mit seinem Verleger zusammenzusetzen. Nik schüttelte verwundert den Kopf.

„Sie können mir das ruhig glauben“, sagte Stephens, weil er Niks Geste offenbar falsch verstanden hatte. „Über den Vertrag, unsere Änderungswünsche am Manuskript, von denen es übrigens nur wenige gab, über alles verhandelten wir nur schriftlich per Post.“

„Und was machen Sie mit den Fan-Mails? Lassen Sie ihm die alle als Ausdrucke zukommen?“, fragte Nik.

„Wir treffen gelegentlich eine Auswahl und schicken sie ihm, damit er einen Eindruck gewinnt, was seine Leserschaft über das Buch denkt. Natürlich keine gemeinen Stimmen. Die behalten wir ein.“

„Gemeine Stimmen?“ Nik zog die Brauen hoch.

„Beleidigungen, Morddrohungen.“ Der Verleger zuckte die Schultern. „So ein Erfolg, der über Nacht kommt, ruft Neider auf den Plan. Manche zeigen sich von ihrer miesesten Seite.“

Damit kannte Nik sich aus. Im Laufe der Jahre hatte er mehr als genug widerliche Briefe bekommen. Aber darüber wollte er jetzt nicht sprechen. Er kam auf einen Punkt zurück, der vielleicht wichtig für ihn war. „Der Vertrag. Sicher sind darin …“

„Die Klausel über die Film- und Fernsehrechte wurde herausgenommen“, unterbrach ihn Stephens. „Auf Wunsch des Autors, selbstverständlich.“ Seine blauen Augen blitzten schalkhaft.

„Natürlich.“ Niks Miene verfinsterte sich. Der Mann hatte allen Grund, sich zu amüsieren. Der Verlag hatte seine Schäfchen ins Trockene gebracht.

„Wir wollten das Buch unter allen Umständen veröffentlichen.“ Jetzt grinste Stephens ganz unverhohlen.

Sollte er! Nik war sicher, dass ein Manuskript wie „Kein gewöhnlicher Junge“ einem Verleger nur einmal im Leben ins Haus flatterte. Wer konnte ihm da verübeln, dass er zugegriffen und die Bedingungen des Autors akzeptiert hatte? Sonst wäre sicher ein Konkurrent bereit gewesen, auf alle Wünsche von Watson einzugehen.

Für Nik war das alles ohne Belang. Ihm ging es nur um die Verfilmung des Buches. Aber ohne die Einwilligung des Autors war das unmöglich.

„Wenn Sie jetzt enttäuscht sind“, sagte Stephens, „dann können Sie vielleicht nachvollziehen, wie es uns ergangen ist, als der Mann ablehnte, in der Öffentlichkeit aufzutreten, Interviews zu geben, Lesereisen zu machen, Bücher zu signieren und was es sonst noch alles an PR-Maßnahmen gibt. Watsons Öffentlichkeitsscheu hat uns wahrscheinlich Millionen gekostet.“

„Immerhin hat er Ihnen auch Millionen eingebracht“, erwiderte Nik. „Und wenn ich die Filmrechte bekäme, würde Ihnen das auch nicht gerade schaden.“

„Stimmt.“ Der Verleger lächelte. „Aber da Sie die Filmrechte nicht bekommen werden …“

„Wer sagt denn das?“, fiel ihm Nik ins Wort und erhob sich verärgert.

Der Verleger sah neugierig zu ihm hoch. „Mich würde interessieren, weshalb Sie sich eine Chance ausrechnen, mit dem Mann zu verhandeln. Er redet mit niemandem. Er redet nicht einmal mit uns, obwohl wir uns seit Monaten darum bemühen.“

„Mit mir wird er reden“, sagte Nik zuversichtlich. „Ich spiele nach anderen Regeln als Sie, Mr. Stephens.“ Nun, da er die Postfachnummer kannte, glaubte Nik, diesen Watson oder Nixon ausfindig machen zu können. „Mit einem Nein habe ich mich übrigens noch nie abgefunden“, fügte er harsch hinzu.

Das würde er auch diesmal nicht tun. J. I. Watson sollte das bald merken.

1. KAPITEL

„Danke für die Einladung, Susan“, sagte Jinx lächelnd, nachdem sie von der Gastgeberin ins Haus gebeten worden war.

Susan umarmte die Freundin. „Bitte sei nicht so höflich, Jinx. Ich weiß doch, dass du es dir lieber zu Hause mit einem Buch gemütlich gemacht hättest und nur gekommen bist, weil ich dich bei unserem letzten Treffen so sehr darum gebeten habe.“

Die beiden Frauen kannten sich schon seit ihrer Schulzeit. Susan war inzwischen mit einem Steuerberater verheiratet und hatte zwei kleine Kinder, auf die jetzt das Kindermädchen aufpasste, damit sie die Party zum fünften Hochzeitstag ihrer Eltern nicht störten.

„Ich freue mich, dass du da bist, Jinx. Ohne meine Brautjungfer wäre dieses Fest nur halb so schön.“ Susan küsste ihre Freundin auf die Wange, bevor sie sie kritisch musterte. Die zierliche Jinx trug ein elegantes schwarzes Kleid, das wunderbar zu ihrem langen feuerroten Haar passte. „Verrate mir doch bitte, weshalb du von Mal zu Mal jünger aussiehst, während ich mich mehr und mehr zur Matrone entwickele.“

„Hör auf mit den Schmeicheleien“, sagte Jinx und überreichte Susan einen Strauß blass orangefarbener Rosen. Er sah fast so aus wie damals der Brautstrauß.

„Oh, wie hübsch!“ Susan strahlte. „Sag mal, wie geht es Jack?“

Jinx lächelte mit traurigen Augen und zuckte hilflos die Schultern. „Keine Veränderung.“ Für ein ausgelassenes Fest waren die Probleme ihres Vaters wirklich nicht der geeignete Gesprächsstoff. „Wo steckt denn dein Göttergatte?“

„Hier bin ich, meine Liebe.“ Leo war hinter seiner Frau hervorgetreten, nahm Jinx in den Arm und küsste sie herzlich. „Wir könnten immer noch zusammen durchbrennen. Was meinst du?“, scherzte er und kassierte dafür einen liebevollen Klaps von seiner Frau.

„Die Stimmung scheint ja gut zu sein“, sagte Jinx und deutete in Richtung der Wohnzimmer, aus denen Stimmengewirr, Gläserklirren und Gelächter drangen.

„Wir haben sogar einen Überraschungsgast.“ Susan hakte ihre Freundin unter und schob sie durch den Flur. „Sagt dir der Name Stazy Hunter etwas?“

Allerdings! Über sechs Monate waren die Innenarchitektin und die Verschönerung der repräsentativen Räume Susans Gesprächsthema gewesen. Natürlich wusste sie noch, dass die bekannte Stazy Hunter den Traum aus Gold und Terrakotta entworfen hatte.

Susan wartete die Antwort nicht ab. „Wir sind Freundinnen geworden. Deshalb habe ich Stazy und ihren Mann Jordan auch eingeladen. Vor einer Stunde rief sie an und fragte mich, ob sie ihren Bruder mitbringen dürfe. Der sei unerwartet zu Besuch gekommen. Ich hatte natürlich nichts dagegen. Und nun rate mal, wer Stazys Bruder ist!“

„Schatz, du weißt doch, dass Jinx sich für solche Leute nicht interessiert“, sagte Leo und legte den Arm um die Schultern seiner Frau. „Dieser Mann ist weder Universitätsprofessor noch Archäologe, sondern nur …“

„Sprich nicht so abfällig über ihn, Leo“, fiel ihm Susan ins Wort. „Er ist einfach umwerfend. Anziehend wie ein Magnet. Das kannst du mir glauben, Jinx.“

„Und ich?“, meldete sich Leo.

„Du natürlich auch, Liebling.“

„Aber diesen Kerl findest du wohl noch ein bisschen umwerfender und erotisch anziehender als mich, oder?“, maulte er.

„Na ja. Mit dir bin ich verheiratet. Das ändert vieles.“

„Wenn du meinst.“ Er wandte sich an Jinx. „Bitte brenn mit mir durch.“

Jinx lachte. „Ach, Leo, ohne deine Frau würdest du es doch keinen Tag aushalten.“

Er schüttelte den Kopf. „Doch, solange sie für berühmte Filmregisseure schwärmt.“

Jinx’ Augen weiteten sich. „Stazy Hunters Bruder ist Regisseur?“

„Ja. Aber nun musst du uns entschuldigen. Es hat wieder geklingelt.“ Susan drückte ihrer Freundin den Arm, nahm ihren Mann bei der Hand und zog ihn mit sich zurück zur Haustür.

Als Jinx den Wohnraum betrat, stand sie plötzlich einem Mann gegenüber. Ihr war sofort klar, dass er derjenige war, den Susan als erotischen Magneten bezeichnet hatte.

Trotz ihrer hochhackigen Pumps musste sie zu ihm aufschauen. Er musterte sie mit silbergrauen Augen, sein streng geschnittener Mund zeigte dabei nicht einmal den Anflug eines Lächelns.

Das also war der berühmte Nik Prince! Früher Schauspieler, nun erfolgreicher Filmregisseur, der Älteste von drei Brüdern, denen gemeinsam die angesehene amerikanische Filmgesellschaft PrinceMovies gehörte.

Ihre veilchenblauen Augen verschleierten sich, sie hob das Kinn und stellte sich kampflustig seiner abschätzenden Musterung. Für einen Moment traten die Stimmen, das Gelächter, die Musik in den Hintergrund, und die Welt bestand nur aus ihm und ihr. Aus seinen grauen und ihren blauen Augen.

Während sie sich betrachteten, begann ihre Haut ein Eigenleben zu führen. Sie spürte im Rücken die kitzelnde Fülle des roten Haares, die schmeichelnde Seide des Kleides auf Taille, Hüften und Oberschenkeln. Von diesem Mann ging eine fast animalische Anziehungskraft aus. Sein schwarzer Abendanzug und das schneeweiße Hemd wirkten wie eine nur dünne zivilisatorische Hülle. Jede Faser ihres Körpers reagierte auf seine Gegenwart. Als sein Blick hinab zu ihren Brüsten glitt, empfand sie das wie eine zarte Berührung.

Dann lächelte er. Amüsierte er sich über sie? Spürte er, welche Wirkung er auf sie hatte? Die Art, wie er die sinnlichen Lippen verzog, kam ihr zynisch und viel zu selbstbewusst vor. Dieser Mann war annähernd vierzig und erfahren. Jedenfalls wusste sie von zahlreichen Affären mit bekannten Damen aus der Filmwelt. Das brachte Jinx zur Vernunft und bannte die Zauberkraft seiner Augen. Sie verzog spöttisch den Mund.

„Und?“, fragte sie.

Er zog die dunklen Brauen hoch. „Was, und?“

Seine Stimme war tief und ein wenig heiser. Der amerikanische Akzent verlieh ihr einen erotischen Unterton. Wenn sie dem lauschte, vernahm sie eine andere Botschaft hinter seinen belanglosen Worten. Und die war ganz eindeutig zweideutig.

Sie hielt seinem Blick stand. „Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“, fragte sie.

Nun lächelte er breit. Seine Zähne waren ebenmäßig und weiß. Um Augen und Mund bildeten sich Fältchen. „Jedem Mann würde dieser Anblick gefallen.“

„Ich habe aber Sie gefragt“, konterte Jinx.

Nik Prince machte einen Schritt auf sie zu, bis er gefährlich dicht vor ihr stand, sie den Duft seines Aftershave einatmete und meinte, die Wärme seines Körpers zu spüren.

„Ja, mir gefällt, was ich sehe. Aber das wissen Sie ja selbst“, sagte er heiser. „Was halten Sie davon, wenn wir uns entschuldigen und von hier verschwinden?“

Jinx blinzelte vor Schreck über dies offene Angebot nach so kurzer Bekanntschaft. Bei Nik Prince mussten Frauen wohl auf einiges gefasst sein. Schaute er denn nicht hin, wen er vor sich hatte? Sie war kein Partygirl, das sich von Männern abschleppen ließ. Sie ging nicht einmal gerne auf Partys. Sie war nur hier, weil Susan und Leo ihre Freunde waren.

„Finden Sie nicht, dass es unhöflich gegenüber den Gastgebern wäre, wenn wir uns so schnell gemeinsam verabschiedeten?“

Er schaute teilnahmslos in Richtung Haustür, wo das Paar neue Gäste begrüßte. „Ich kenne die Gastgeber nicht, und sie kennen mich nicht. Mir kann es egal sein, was sie denken.“

Die Antwort passte zu dem, was Jinx von diesem Mann gehört hatte. Er galt als kompromisslos bei der künstlerischen Arbeit, als dickköpfiges Oberhaupt seiner Geschwister, als erfolgreicher, aber bindungsscheuer Frauenheld. Kurzum, als skrupelloser Machtmensch.

Außerdem war er ganz und gar nicht ihr Typ. Oder? Sie hatte lange nichts mehr für einen Mann empfunden. Wusste sie eigentlich noch, wie ihr Typ aussah?

Sie zuckte die Schultern. „Das zeigt Ihre Einstellung zu großzügig gewährter Gastfreundschaft.“

Er senkte übertrieben schuldbewusst den Kopf. „Den Tadel habe ich wohl verdient“, sagte er und lächelte sie an.

Dieses offene Lächeln entwaffnete sie. Jinx wurde bewusst, wie atemlos sie war und wie schwach sie sich auf den Beinen fühlte. Es ärgerte sie.

„Gut“, sagte sie bissiger als beabsichtigt und trat einen Schritt zurück, um seiner Nähe zu entkommen. „Und nun entschuldigen Sie mich bitte, Mr. Prince.“ Mehr brachte sie nicht heraus, denn er griff nach ihr. Sie spürte die Wärme seiner starken Hand auf ihrem Arm, und ein Schauer durchlief sie. Ihr blieb die Luft weg, ihre Augen weiteten sich.

„Sie wissen offensichtlich, wer ich bin. Aber ich kenne nicht einmal Ihren Namen“, sagte er leise, während sie ihn verdutzt ansah. Dann neigte er den Kopf zur Seite. „Lassen Sie mich raten. Wie eine Joan sehen Sie nicht aus. Auch nicht wie eine Cynthia. Vielleicht …“

„Sagen Sie bloß, diese Anmache funktioniert normalerweise?“, fuhr Jinx dazwischen. Wenn sie diesen Mann nicht rasch in die Schranken wies, konnte er ihr gefährlich werden.

Ihr Spott erschütterte Nik Prince kein bisschen. Er trat sogar wieder näher, und seine Augen glänzten vor Vergnügen. „Ob Sie es glauben oder nicht, Anmache habe ich nicht nötig.“

Sie glaubte ihm. Natürlich. Bei diesem Mann standen die Frauen wahrscheinlich Schlange. „Was auf das Gleiche hinausläuft“, bemerkte sie trocken.

Die schlagfertige Zurechtweisung quittierte er mit einem anerkennenden Lächeln. „Ich bitte um Nachsicht, wenn ich mich ungeschickt verhalte. Es ist eine Weile her, seit ich für mich werben musste“, entgegnete er ironisch.

„Trotzdem möchte ich Sie bitten, meinen Arm loszulassen, wenn Sie nichts dagegen haben“, sagte sie, nachdem sie vergeblich versucht hatte, sich selbst zu befreien.

„Aber ich habe etwas dagegen“, antwortete er rau und streichelte mit dem Daumen ihr Handgelenk.

„Dagegen habe ich nun wieder etwas“, fuhr sie ihn an. „Und jetzt muss ich wirklich Susans Eltern begrüßen.“ Sie war froh, die vertrauten Gesichter zwischen den anderen Gästen entdeckt zu haben.

Nik Prince ließ ihren Unterarm los und fasste nach ihrem Ellenbogen. „Warum stellen Sie mich nicht vor? Dann erfahre ich dabei vielleicht Ihren Namen.“

Sie sah ihm gerade in die Augen. „Ich heiße Juliet.“

Für einen Moment schien er überrascht, als hätte er mit etwas anderem gerechnet. Aber dann gewann sein schauspielerisches Talent wieder Oberhand. Er wiegte den Kopf. „Das hört sich schon ziemlich passend an.“

„Hm, aber machen Sie sich keine Mühe, für mich den Romeo zu spielen, Mr. Prince.“

„Schade. Dann aber Nik, bitte.“

„Nik“, wiederholte sie.

„Danke!“ Er schien zufrieden. „Und was machen Sie so, Juliet?“

„Wieso machen?“, fragte sie misstrauisch.

„Berufsmäßig, meine ich. Oder bin ich in ein Fettnäpfchen getreten, weil Sie gar nicht berufstätig sind?“

Es ärgerte sie, weil er sich offen amüsierte. „Um Ihre Frage zu beantworten, Mr. Nik, ich unterrichte. Und zwar Geschichte. An der Universität von Cambridge.“ Sie versuchte, den Stolz darüber zu unterdrücken und ihrer Stimme einen gleichgültigen Klang zu geben. Er durchschaute sie trotzdem und kräuselte die Lippen.

„Um ganz genau zu sein, ich habe mich für ein Jahr beurlauben lassen. Sechs Monate davon sind bereits um“, gab sie zu.

„Dann haben Sie bestimmt promoviert, und ich müsste Sie Doktor – wie eigentlich? – nennen.“

„Stimmt. Und nun endschuldigen Sie mich. Ich bin zwar allein gekommen, aber das heißt ja nicht, dass ich den ganzen Abend hier allein verbringen möchte.“

„Ich leiste Ihnen gerne Gesellschaft.“

Verärgert runzelte sie die Stirn. „So habe ich das nicht gemeint. Und das wissen Sie auch.“

„Wirklich?“

Sie ignorierte seinen gespielt unschuldigen Gesichtsausdruck. „Ja!“

„Ich verstehe.“ Er sah sich um. „Und zu welchem der ungefähr zwanzig anwesenden Herren gehören Sie?“

Ihr stieg das Blut in die Wangen. Sie gehörte zu niemandem. Sie war achtundzwanzig Jahre alt und ungebunden. Wahrscheinlich würde sie es immer bleiben.

Mit einem Ruck straffte sie die Schultern und schüttelte seine Hand ab. „Das geht Sie gar nichts an, Mr. Prince“, sagte sie, drehte sich um und marschierte davon. Doch bei jedem Schritt, den sie tat, spürte sie den Blick von Nik Prince auf ihren schwingenden Hüften.

Nik beobachtete verwundert, wie die Rothaarige zwischen den anderen Gästen verschwand.

Verdammt. Das hatte er nicht gut gemacht. Seine Verführungskunst musste in letzter Zeit eingerostet sein. Jedenfalls hatte sie bei Juliet, Jinx, Nixon versagt. Sollte deshalb alles vergeblich gewesen sein?

Er hatte einen Mann engagiert, um das Postfach bewachen zu lassen, und von ihm erfahren, dass es täglich um zwölf Uhr dreißig von einem Mädchen geleert wurde. Als Nik sich dann selbst auf die Lauer gelegt hatte, fand er heraus, dass es sich keineswegs um ein Mädchen, sondern um eine mädchenhaft zierliche Frau handelte. Verkleidete sie sich absichtlich mit Jeans, T-Shirt und Baseballkappe? Wahrscheinlich.

Zumindest war er davon überzeugt gewesen, als er ihr zum Parkplatz gefolgt war. Nachdem sie den Wagen aufgeschlossen und die Post hineingeworfen hatte, nahm sie nämlich die Kappe ab und schüttelte das feuerrote Haar, bis es ihr in Wellen auf den Rücken fiel. Danach schleuderte sie die Kopfbedeckung zu den Briefen und zog eine maßgeschneiderte Jacke über das Shirt. Noch ein bisschen Lippenstift, und der durchschnittlich aussehende Teenager mauserte sich zu einer eleganten und schönen jungen Frau.

Der ging er mit gehörigem Sicherheitsabstand nach, bis sie ein italienisches Bistro betrat, wo sie mit einer attraktiven Blondine zu Mittag aß. Später, als er eine der Kellnerinnen aushorchte, erfuhr er deren Namen: Susan Fellows. Da hatte sein Charme offenbar noch funktioniert.

Um herauszufinden, wer Susan Fellows war, hatte er ein paar Mal mit seiner Schwester Stazy sprechen müssen. Die lebte mit Mann und Baby in London und kannte Gott und die Welt in der Stadt. Von Stazy hatte er auch erfahren, mit wem Susan zum Essen gewesen war, nämlich mit ihrer guten Freundin Jinx Nixon.

Danach war es einfach gewesen herauszufinden, dass Jinx’ Vater Jackson Ivor Nixon hieß, Professor für Geschichte war und die Französische Revolution sein Spezialgebiet. Nik musste also nur zwei und zwei zusammenzählen, um zu dem Schluss zu kommen: Jackson Ivor Nixon war J. I. Watson, der Autor von „Kein gewöhnlicher Junge“.

Sogar, warum der Mann es vorzog, anonym zu bleiben, fand Nik heraus. Nixon war nämlich ein renommierter Fachautor auf seinem Gebiet. „Kein gewöhnlicher Junge“ dagegen war aus der Sicht eines Zwölfjährigen geschrieben, der an den Rollstuhl gefesselt ist und schließlich zum Helden wird. Dieser Stoff, der Jung und Alt rührte und begeisterte, war nicht gerade einer, mit dem der Wissenschaftler Nixon in Verbindung gebracht werden wollte.

Daraufhin hatte Nik sich an die Fersen seiner Tochter geheftet. Das war wenig ehrenwert von ihm, gestand er sich ein. Genauso wenig wie der Versuch, sie zu erobern, als sie vorhin zur Party ihrer Freunde erschienen war. Obwohl er zugeben musste, dass es ihm Spaß gemacht hatte. Sie war eine verdammt attraktive Frau.

Leider hatte er sie nicht einmal beeindrucken können. Aber es war ja noch nicht aller Tage Abend. Geduld gehörte zwar nicht zu seinen Stärken, wenn er mit kapriziösen Schauspielern und Schauspielerinnen drehte, aber wenn er wirklich etwas wollte, ging ihm nie die Puste aus. Und die Filmrechte an „Kein gewöhnlicher Junge“ wollte er unbedingt bekommen. An dem Buch, das der Vater von Jinx geschrieben hatte …

„Was hast du vor, großer Bruder?“ Stazy hakte sich bei Nik ein und schaute ihn neugierig an. „Streite nicht ab, dass du etwas im Schilde führst“, warnte sie ihn. „Ich sehe es dir an der Nasenspitze an. Du hast ein Auge auf die Rothaarige geworfen, sobald sie den Raum betrat.“

Stazy konnte er selten etwas vormachen. Seit ihrer Geburt hatte er eine Schwäche für seine siebzehn Jahre jüngere Schwester. Auch sie hatte rotes Haar, überragte aber die zierliche Jinx Nixon. Nach der Heirat mit Jordan Hunter und der Geburt ihres Babys war sie noch selbstbewusster geworden. Ihr etwas abzuschlagen fiel Nik immer schwerer.

„Wenn ich es mir recht überlege“, sagte sie, „sah es fast so aus, als hättest du auf diese Frau gewartet. Was hat das zu bedeuten, Nik?“

„Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, Schwesterherz.“ Er tätschelte ihre Hand.

„Aber ich kann nicht anders.“

Er seufzte. Wenn Stazy etwas am Wickel hatte, dann verfolgte sie es bis zum bitteren Ende. Und seit sie glücklich verheiratet war, glaubte sie offenbar, ihren älteren Brüdern würde es auch guttun, sich auf ewig zu binden. Weil am nächsten Tag ihr kleiner Sohn Sam getauft werden sollte, waren alle drei nach England gekommen. Wahrscheinlich wollte sie die Chance nutzen und sich als Ehestifterin versuchen …

„Es ist nichts“, murmelte er.

„Wirklich?“ Sie zog die Brauen hoch.

„Wirklich!“

Das Letzte, was er wollte, war, dass seine Schwester sich für Jinx Nixon interessierte. Ein Treffen mit dem Vater dieser Frau zu erwirken stellte sich schon ohne Stazys kupplerische Ambitionen als anstrengend heraus.

Seine Schwester gab nach. „Gut, dann komm mit mir, und sag auch ein paar anderen Leuten Guten Abend.“

Während der nächsten Stunden behielt Nik jedoch Jinx Nixon unauffällig im Auge. Mit Genugtuung beobachtete er, dass sie mit keinem der Männer lange sprach. Auch nahm er es als gutes Zeichen, dass sie es peinlich vermied, ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Darf ich Sie nach Hause fahren?“

Jinx fuhr herum und schaute ihn irritiert an. Er hatte beobachtet, wie sie sich der Tür näherte. Offenbar dachte sie an Aufbruch.

„Was sagten Sie?“

Er trat näher und verstellte ihr den Weg, so dass sie abseits der anderen standen. „Ich fragte, ob ich Sie nach Hause bringen darf“, wiederholte er und hoffte, dass sein Schwager und Stazy ihm ihr Auto für ein paar Stunden überlassen und ein Taxi nehmen würden.

Jinx schüttelte den Kopf, so dass ihr fliegendes Haar im Kerzenschein wie Kupfer aufleuchtete. „Ich bin mit dem Wagen hier. Danke!“

Er nickte. „Aber Sie werden sich nicht ans Steuer setzen.“

„Wieso nicht?“ Sie schaute ihn mit großen Augen an. Wie tiefblau sie waren, und wie hell und zart ihre Haut wirkte! An ihrem Hals entdeckte er eine pulsierende Ader und hatte plötzlich das Bedürfnis, diese Stelle zu küssen.

„Sie haben zwei Gläser Wein getrunken.“ Er räusperte sich. „Das heißt, Sie liegen oberhalb der Grenze des Erlaubten.“

„Sie haben mitgezählt?“ Ihre Wangen röteten sich vor Ärger.

„Nehmen Sie es nicht persönlich. Das ist so ein Tick von mir. Der Mann neben dem Kamin zum Beispiel hat eine ganze Flasche Champagner allein getrunken und ist gerade dabei, eine zweite zu köpfen. Die Brünette an seiner Seite, vermutlich seine Begleiterin, wird ihn wohl oder übel fahren müssen. Sie hat nur drei Gläser Orangensaft getrunken und ist ziemlich sauer auf ihn. Aber der Mann mit dem Rücken zum Fenster …“

„Es reicht, ich bin im Bilde“, fuhr Jinx ihn an. „Aber trotzdem …“

„Was?“

Sie wirkte verletzt. „Ich mag es nicht, wenn ich beobachtet werde.“

„Dagegen gibt es nur ein Mittel. Sie müssen unauffälliger werden. Aber das wird Ihnen mit diesem Gesicht und dieser Figur kaum gelingen.“

Offenbar wusste sie nicht, ob sie seine Bemerkung als Schmeichelei oder als Beleidigung nehmen sollte. Wohl deshalb ging sie darüber hinweg. „Egal, jedenfalls lehne ich Ihr Angebot ab, mich nach Hause zu bringen.“

Die Abfuhr kränkte sein Selbstbewusstsein, obwohl er mit einem Nein hätte rechnen müssen. Juliet Nixons Verhalten ihm gegenüber war insgesamt nicht gerade entgegenkommend. Blieb ihm nur der Trost, dass sie auch allen anderen Männern reserviert begegnete. Nur mit dem Gastgeber hatte sie sich länger unterhalten und dabei viel gelacht. Konnte es sein, dass sie eine Affäre mit dem Mann ihrer besten Freundin hatte? Solche Spielchen mochte er nicht. In Verbindung mit Jinx war ihm der Verdacht geradezu unangenehm. Dabei kannte er offiziell nicht einmal ihren vollen Namen, wusste nur, dass ihre engsten Freunde sie Jinx nannten.

Und zu denen wollte er bald gehören. Um Jinx zu veranlassen, ihn mit ihrem Vater bekannt zu machen, damit er ihm einen Vorschlag für das Abtreten der Filmrechte unterbreiten konnte. So einfach war der Plan.

Wenn Jinx Nixon nur ein bisschen weniger hübsch und nicht so sexy wäre, hätte er es einfacher, ihn zu verfolgen.

Er hatte vorgehabt, sie zu umgarnen. Das war zwar ein gemeiner, aber ein immerhin nützlicher Plan. Zu dem gehörte allerdings nicht, dass er sich von dieser Frau angezogen fühlte. Wenn er sie nur ansah, regten sich schon seine Sinne. Und wenn er ihr nahe kam und ihren Duft atmete, erwachten sogar heftige Wünsche in ihm.

2. KAPITEL

„Warum darf ich Sie eigentlich nicht nach Hause bringen?“, fragte Nik.

Jinx lächelte schadenfroh. Ihr gefiel, dass die Ablehnung ihn fuchste. „Susans Eltern wohnen nicht weit von mir entfernt. Sie haben angeboten, mich mitzunehmen.“

Die Hartnäckigkeit dieses Mannes war wirklich erstaunlich. Aber eigentlich brachte alles an diesem Mann sie aus der Ruhe. Deshalb hatte sie auch den ganzen Abend versucht, seine Anwesenheit zu übersehen. Und trotzdem war sie sich jeder seiner Schritte bewusst gewesen.

Überhaupt hatte ihr noch kein Mann so viel innere Aufmerksamkeit abgenötigt wie dieser Nik Prince. Das lag natürlich vor allem an den Briefen, die sie vom Verlag erhalten hatte. In denen bat er um ein Treffen mit dem Autor von „Kein gewöhnlicher Junge“, weil er mit ihm über die Filmrechte sprechen wollte. Und dann war da noch etwas, was sie so sehr aufregte, dass sie es am liebsten ignoriert hätte. Sie fühlte sich zu Nik Prince körperlich hingezogen.

Wahrscheinlich dominierte er schon wegen seiner Größe und Bedeutung jede Gesellschaft. Und dann kam noch seine starke Persönlichkeit hinzu. Aber das alles war es nicht, was sie zum Glühen brachte und ihre Sinne aufstachelte. Sie konnte sich diese Wirkung einfach nicht erklären. Bisher hatte sie so etwas noch nicht erlebt. Und sie hoffte, dass es ihr nicht noch einmal widerfahren möge.

„Wenn Sie nicht gerade in Cambridge unterrichten, wo genau leben Sie dann?“

„In London“, sagte sie und war auf der Hut.

Er seufzte. „London ist groß.“

„Im Südwesten.“ Sie machte es ihm nicht leicht und wich seinem Blick aus.

Es kam ihr immer weniger wie ein Zufall vor, Nik Prince auf dieser Party zu treffen. Weder Susan noch Leo kannten ihn. Außerdem wirkte er ganz und gar nicht wie einer, der es nötig hatte, von seiner Schwester auf ein Fest mitgeschleppt werden zu müssen, um einen geselligen Abend zu verbringen.

Nein, sie glaubte schon lange nicht mehr an Zufälle. Und Nik Prince’ Anwesenheit war sicher auch keiner. Sie wusste nur nicht, wie viel er wusste. Aber offenbar genug, woher und durch wen auch immer, um ein Zusammentreffen mit ihr zu arrangieren.

War er darauf vorbereitet gewesen, dass es zwischen ihnen erotisch knisterte?

Merkwürdigerweise bezweifelte sie es.

Er lächelte bedauernd. „Offenbar haben Sie nicht die Absicht, mir zu sagen, wo Sie wohnen.“

„Richtig.“ Mehr hatte sie dem nicht hinzuzufügen.

„Dann sollte ich also das Beste aus der gemeinsam verbleibenden Zeit machen“, sagte er trocken.

„Wie meinen Sie das?“, fragte sie misstrauisch.

Er zuckte die Schultern. „Im Nebenzimmer spielt Musik. Lassen Sie uns tanzen.“

Wozu sollte das führen? Und wollte sie ihm überhaupt so nahe kommen? Die Wärme seines Körpers spüren? Ihre Hand in seine legen? Seinen Atem auf ihrer Schläfe fühlen?

„Haben Sie Angst vor mir?“, fragte er vielsagend.

Jinx straffte sofort den Rücken, obwohl ihr klar war, dass er auch Provokationen benutzte, um an sein Ziel zu kommen. Doch sie wollte nicht klein beigeben. „Bestimmt nicht, Mr. Prince. Ich zögere, weil ich aus der Übung bin. Es muss Jahre her sein, seit ich das letzte Mal getanzt habe.“

„Mit dem Tanzen ist es wie mit der Liebe“, erwiderte er. „Man vergisst nicht, wie es geht.“

Ihre Versuche, dem Gespräch einen harmlosen Anstrich zu geben, blieben offenbar vergeblich. Er war wild entschlossen, Intimität herzustellen. „Na, dann sollte ich eigentlich keine Probleme damit haben.“ Sie drehte sich um und steuerte auf das Esszimmer zu, wo ein Quartett Tanzmusik spielte. Sollte er doch seine eigenen Schlüsse aus ihrer letzten Bemerkung ziehen.

Ein paar Minuten später stellte sie fest, dass ihre Scheu, mit Nik Prince zu tanzen, berechtigt gewesen war. Er ignorierte alle Anstandsregeln, die für zwei Fremde galten. Er legte eine Hand um ihre Taille, die andere auf ihren Rücken und zog sie fest an sich, bis ihre Körper fast miteinander verschmolzen. Anfänglich versuchte sie noch, sich gegen ihn zu stemmen. Doch Nik umfasste ihren Hinterkopf, bis sie wie von selbst ihre Stirn gegen seine Schulter lehnte. Dann drückte er den Mund auf ihr Haar.

„Sie riechen nach Blumen“, flüsterte er. Sein warmer Atem streifte ihr Ohr.

„Maiglöckchenseife“, sagte sie.

Er lachte leise in sich hinein. „Sind Sie immer so romantisch?“

„Und Sie?“

„Ich glaube nicht, dass ich einen Hang dazu habe“, gab er zu. „Aber vielleicht ändere ich mich ja noch.“

Das Tanzen war keine gute Idee gewesen, dachte Jinx. Mit jedem Schritt stieg die körperliche Spannung zwischen ihnen. Sie spürte, wie sich seine Brust hob und senkte, ihr Herz klopfte immer schneller. Der Druck seiner Oberschenkel erregte sie.

„Ich will dich“, stöhnte Nik und knabberte an ihrem Ohrläppchen.

Jinx liefen Schauer über den Rücken. Abwechselnd heiße und eiskalte. Gleichzeitig zerbrach sie sich den Kopf darüber, wie sie dieser verfänglichen Situation entrinnen konnte, bevor sie außer Kontrolle geriet.

„In der Tür steht eine Frau, die uns beobachtet“, sagte sie und hoffte, ihn damit abzulenken. „Ist das eine Freundin von Ihnen?“

„Nein, meine Schwester Stazy.“ Er hob nicht einmal den Kopf, sondern küsste die kleine Grube unter ihrem Ohr.

„Woher wollen Sie das denn wissen? Sie schauen ja nicht einmal hin“, versuchte es Jinx weiter. Ihre Stimme klang höher als sonst. Sie strengte sich an, ihren Körper davon abzuhalten, sich an Nik zu schmiegen, weil seine Zunge den zarten Rand ihres Ohres liebkoste.

Nik lachte leise. „Stazy versucht sich als Ehestifterin. Sie will wahrscheinlich herausfinden, ob Sie als Frau für ihren ältesten Bruder in Betracht kommen. Ich bin übrigens ihr Liebling.“

Jinx blieb wie angewurzelt stehen und sah ihn ungläubig an. Das bereute sie aber sofort, denn er war wirklich der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Und wie er sie anschaute! Seine Augen glitzerten wie Silber. Vor Verlangen. Nach ihr.

Sie schnappte nach Luft. „Ich halte es für das Beste, wenn wir jetzt aufhören.“ Sie trat einen Schritt zurück, spürte, wie widerwillig er sie freigab. In seinem Blick lag Bedauern.

„Warum kommen wir nicht auf meinen ersten Vorschlag zurück? Dann könnten wir in privater Atmosphäre weitermachen.“

„Vielleicht bei mir?“, fragte Jinx.

„Gute Idee.“ Er nickte siegesgewiss.

„Aber ich habe nicht die Absicht, Sie mit zu mir zu nehmen“, spottete sie. „Sie müssen mich missverstanden haben. Ich habe gesagt, dass wir aufhören müssen, Nik. Und zwar mit dem Versteckspiel.“

Seine Augen schimmerten plötzlich nicht mehr silbrig, sondern waren von undurchdringlichem Grau. „Versteckspiel?“, wiederholte er gedehnt.

Sie verzog den Mund. „Ich weiß, wer Sie sind. Und Sie wissen, wer ich bin. Obwohl ich noch keine Ahnung habe, wie Sie das herausgefunden haben. Es wäre also lächerlich, wenn wir das Spiel weiter trieben.“

Seine grauen Augen wechselten so schnell den Ausdruck, dass sie nicht mehr lesen konnte, was in ihm vorging.

„Damit“, fügte sie hinzu, „gibt es auch keinen Grund mehr, den Verführer zu mimen.“

„Mimen?“ Er klang wütend. „Glauben Sie wirklich, ich könnte mich durch reine Willenskraft zu Ihnen hingezogen fühlen?“

„Ich glaube, Sie können alles durch reine Willenskraft, wenn Sie ein Ziel verfolgen“, gab sie zu. „Leben Sie wohl. Susans Eltern brechen auf und nehmen mich mit. Und bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal wiederholen, dass es beim Nein bleibt, Mr. Prince. Es gibt keinen Film.“

Er presste die Lippen zusammen. „Ich hätte lieber von Ihrem Vater persönlich eine Antwort.“

Sie sah ihn eine Weile nachdenklich an, bevor sie den Kopf schüttelte. „Unter den gegebenen Umständen wird das nicht gehen“, sagte sie vorsichtig.

„Und was heißt das?“

Sie schaute ihm fest in die Augen. „Mein Vater ist kein gesunder Mann, Mr. Prince.“

„Aber ich brauche doch nur eine Unterschrift von ihm.“

Sie lächelte. „Auf einem Vertrag, der Ihnen exklusiv die Filmrechte an ‚Kein gewöhnlicher Junge‘ gewährt?“

„Ja“, sagte er, und sie war froh, dass er wenigstens ehrlich genug war, sein wahres Interesse an ihr nicht zu leugnen.

„Den Vertrag werden Sie nie bekommen, Mr. Prince.“

„Warum nennen Sie mich nicht Nik, verdammt noch mal?“, brauste er auf. „Alles andere wirkt doch inzwischen lächerlich.“

Wenn er darauf anspielte, was während des Tanzes zwischen ihnen geschehen war, dann war in der Tat jede Förmlichkeit zwischen ihnen unangebracht.

„Mr. Prince oder Nik, mir ist egal, wie ich Sie nenne.“ Sie zuckte die Schultern. „Es ändert nichts am Nein.“

„Wie ich James Stephens schon sagte, ich akzeptiere kein Nein“, warnte er sie.

Sie zog scharf den Atem ein, als er den Namen des Verlegers nannte. Natürlich, wer sonst sollte Nik verraten haben, dass J. I. Watson in Wirklichkeit J. I. Nixon hieß?

„Dann hat Stephens also den Mund nicht gehalten?“, fragte sie.

„Unsinn. Er ist Profi und würde sich so etwas nie leisten.“

Das war immerhin etwas. Bei einer anderen Antwort hätte sie die Genehmigung für die Veröffentlichung des zweiten Manuskripts zurückziehen müssen.

Irgendjemand aus dem Verlag musste aber geplaudert und die vertrauliche Information an Nik weitergegeben haben. Aber wer?

„Bitte erklären Sie mir doch, warum Sie sich mit einem Nein nicht abfinden können“, fragte sie nachdenklich.

„Weil mein großer Bruder dieses Wort einfach nicht versteht“, warf eine Frauenstimme ein.

Jinx sah sich um und entdeckte Stazy Hunter, die sich jetzt neben ihren Bruder stellte. Sie war sehr hübsch und hatte fast genauso rotes Haar wie Jinx. Überhaupt machte sie einen viel netteren Eindruck als ihr Bruder.

„Stimmt nicht“, sagte Nik. „Ich bin einfach nur Optimist und nicht Pessimist.“

Jinx konnte es gleichgültig sein, was er war oder nicht. „Ich muss mich jetzt verabschieden.“ Sie schenkte Stazy Hunter ein Lächeln, warf Nik Prince einen warnenden Blick zu und ließ die beiden stehen.

Nik musste mit ansehen, wie Jinx sich einem älteren Ehepaar anschloss. Was konnte er noch tun? Diese Frau mitsamt ihrem Wissen über J. I. Watson einfach aus seinem Leben verschwinden lassen? Oder zusehen, dass er die Party mit ihr gemeinsam verließ?

„Bitte tu mir einen Gefallen, Stazy“, bat er seine Schwester.

Sie schaute ihn überrascht an. „Natürlich, wenn es mir möglich ist.“

„Dann überrede bitte ganz schnell deinen Mann zum Aufbruch.“

„Aber es ist doch noch recht früh“, sagte sie verblüfft. „Wie soll ich das Susan und Leo erklären?“

„Sag ihnen irgendetwas.“ Nik hatte es eilig, denn Jinx und das Ehepaar verabschiedeten sich bereits von den anderen. „Dass euer Haus brennt. Oder dass du sofort deinen Mann verführen musst.“

„Aber ich habe es nicht nötig, Jordan zu verführen“, protestierte Stazy.

Nik zuckte zusammen. „Okay, dann denk dir selbst einen Grund aus. Rasch! Bitte!“

„Ich habe kapiert.“ Stazy hob beschwichtigend die Hände. „Du hast noch etwas vor heute Abend.“

„Richtig.“ Er ließ Jinx nicht aus den Augen. „Bitte trödele nicht, Stazy!“ Jinx bewegte sich Richtung Haustür.

„Bin schon verschwunden.“

Die Geschwindigkeit, mit der seine Schwester und sein Schwager sich von den Gastgebern verabschiedeten, zeigte, dass seiner Schwester eine gute Ausrede eingefallen war. Nun musste er handeln.

„Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.“ Er eilte an Jinx’ Seite, gerade noch bevor sie die Haustür öffnete, nahm sie am Ellbogen und nickte dem älteren Ehepaar freundlich zu. „Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich mich anschließe. Meine Schwester und mein Schwager mussten Hals über Kopf aufbrechen. Ein Notfall. Eigentlich wollten Sie mich im Hotel absetzen …“

Das Paar wechselte einen kurzen Blick, dann versicherte ihm Susans Mutter, dass genügend Platz im Auto für ihn sei.

Nik hatte mit der Hilfsbereitschaft der älteren Herrschaften gerechnet. Nun konnte ihm nur noch Jinx einen Strich durch die Rechnung machen. Er schaute sie bittend an und drückte unwillkürlich ihren Arm etwas fester.

In ihren veilchenblauen Augen flammte Zorn auf, obwohl sie äußerlich ruhig blieb. Dann wandte sie sich an das Ehepaar. „Na ja. Es ist ja nicht so weit. Nik und ich könnten eigentlich auch zu Fuß gehen.“

„Bist du dir sicher, Jinx?“ sagte Susans Mutter. „Es sind bestimmt ein paar Kilometer.“

„Ja, aber der Abend ist mild.“ Sie entzog Nik ihren Arm und hakte sich bei ihm ein. „Ein Spaziergang an frischer Luft wäre doch ganz schön. Was meinen Sie, Nik?“ Ihre Stimme klang zuckersüß, und sie lächelte übertrieben.

Er ahnte, dass bald ein Sturm über ihn hereinbrechen würde. Aber er wollte sich auf alles einlassen, solange sie nicht einfach verschwand. „Ja, ein Spaziergang wird uns guttun“, stimmte er zu, obwohl er gar keine Lust hatte, nachts durch London zu laufen. Das einzig Verlockende daran war das Ziel: Jinx’ Zuhause, das sie mit ihrem Vater teilte.

Aber würde sie ihn dorthin mitnehmen? Vorhin hatte es nicht den Eindruck gemacht.

„Kommen wir irgendwann über eine Brücke?“, fragte er, nachdem sie eine Weile schweigend gegangen waren. Immer noch eingehakt, obwohl Jinx ein paar Mal versucht hatte, ihren Arm zurückzuziehen.

„Über mehrere“, antwortete sie kurz angebunden.

„Dachte ich es mir doch.“ Wahrscheinlich hatte sie vor, ihn über ein Geländer ins Wasser zu stoßen.

„Keine Sorge, ich bin nicht gewalttätig.“

„Aber insgeheim wären Sie es gerne.“

„Zugegeben.“

„Ich habe gehört, dass einige Leute Sie mit Jinx ansprechen.“

„Ja, so nennen mich enge Freunde“, sagte sie steif.

Offenbar konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie sich einmal näherkämen, während er davon fest überzeugt war. Aber er machte nicht den Fehler, jetzt darüber zu sprechen, sondern fragte stattdessen: „Wie sind Sie zu diesem ungewöhnlichen Spitznamen gekommen?“

Sie warf ihm einen spöttischen Seitenblick zu. „Sie wechseln das Thema, ja?“

„Aus Sicherheitsgründen.“ Er musste sich das Lachen verkneifen bei der Vorstellung, von der kleinen, zarten Jinx über eine Brüstung gestoßen zu werden. Er wog wahrscheinlich fast doppelt so viel wie sie und überragte sie um mehr als Haupteslänge. Dass sie es trotzdem versuchen würde, konnte er nicht ausschließen.

Sie zuckte die Schultern. „Während der Schulzeit zogen meine Klassenkameraden das J meines Vornamens mit dem Nachnamen Nixon zusammen, so dass …“ Sie unterbrach sich, schaute ihn fest an und sagte: „Machen Sie sich keine Hoffnungen. Ich nehme Sie nicht mit zu mir nach Hause.“

Damit hatte er sich bereits abgefunden. So verbissen, wie der Vater in den vergangenen Monaten seine Identität verborgen hatte, bestand dazu keine Chance. Die Tochter würde es gewiss nicht wagen, ausgerechnet ihn mit nach Hause zu bringen und die beiden Männer miteinander bekannt zu machen.

„Sie erwähnten vorhin, Ihr Vater sei nicht gesund …?“

Ihr Gesicht wurde ausdruckslos, und sie versteifte sich. „Mag sein, ja.“

„Doch wohl nichts Lebensbedrohliches, hoffe ich.“

„Kommt drauf an, was Sie unter lebensbedrohlich verstehen.“

Nik schoss durch den Kopf, dass der Erfolg von „Kein gewöhnlicher Junge“ vielleicht nicht gut zu den wissenschaftlichen Leistungen eines Jackson I. Nixon passte. Er war da zwar ganz anderer Meinung, die Leser des beliebten Buches wohl auch, aber was wusste er schon von der Fachwelt der Historiker?

„Unter lebensbedrohlich versteht man gewöhnlich, dass eine Krankheit auf einen frühzeitigen Tod hinausläuft“, sagte er bitter.

„Mr. Prince oder Nik, halten Sie sich von meinem Vater fern!“, warnte sie ihn und sah wildentschlossen aus.

„Aber ich möchte doch nur …“

Sie blieb unter einer Straßenlaterne stehen und stemmte die Fäuste in die Hüften. „Ich weiß, was Sie möchten.“ Ihre Augen blitzten vor Zorn. „Sie möchten das Buch verfilmen. Um damit Ihre Sammlung von fünf Oscars mit einem weiteren zu vergrößern.“

Jede Art von Aufregung stand ihr gut, fand er. Wenn sie nicht so widerborstig wäre, könnte er versuchen, sie anders aufzuregen.

„Vielleicht sollte ich mich geschmeichelt fühlen, weil Sie von meinen Oscars wissen …“

„Vielleicht aber auch nicht.“

„Ein sechster Oscar wäre schön“, gab er zu. „Aber verdammt viel lieber würde ich die Nacht mit Ihnen verbringen.“

Sie fand nicht sofort eine Erwiderung. Ihre vollen einladenden Lippen öffneten sich stumm, die Wangen glühten, ihre Brüste hoben und senkten sich, sie atmete schwer. „Als ob das zur Wahl stünde“, fuhr sie ihn an und hob das Kinn.

Nik war erfahren genug zu erkennen, dass sie sich zu ihm ebenso hingezogen fühlte wie er sich zu ihr. Doch sie wollte es nicht wahrhaben.

„Ich habe es nicht im Sinne von entweder oder gemeint“, gab er zu, zog sie an sich und strich ihr mit dem Daumen über den Schmollmund. „Du willst mich genauso wie ich dich, Jinx“, sagte er.

Ihre Augen waren fast schwarz geworden, ihre geöffneten Lippen bebten, durch den dünnen Stoff ihres Kleides zeichneten sich ihre Brüste ab. Nik sah, dass sie erregt war. Dabei hatten sie sich noch nicht einmal geküsst!

Er konnte dem Verlangen, sie in die Arme zu nehmen, nicht länger widerstehen, wollte ihren Körper an seinem spüren, ihr zeigen, wie begehrenswert sie war. Er neigte den Kopf und küsste sie.

Und seine so wohl geordnete Welt stürzte ein.

Es war wie Ertrinken.

Alle Frauen, die er jemals gekannt hatte, lösten sich unwiederbringlich in nichts auf. Für ihn gab es nur noch Jinx. Ihre Wärme, ihren Duft, den Geschmack ihrer Lippen.

Diese zierliche, dickköpfige Frau hatte von seiner Seele und seinem Körper Besitz ergriffen.

3. KAPITEL

Was geschah hier eigentlich?

Jinx konnte sich nicht dagegen wehren, versuchte es nicht einmal. Nik küsste sie, als wollte er sie sich einverleiben, als wollte er mit ihr ganz und gar verschmelzen. Sein Körper drängte sich an sie, verlangend, fordernd, bis sie nichts anderes im Sinn hatte, als sich die Kleider vom Leib zu reißen und sich ihm hinzugeben. Jetzt, sofort, hier auf der Stelle. Ihre Begierde drohte sie zu überwältigen, sie verlor die Kontrolle über sich.

„Lass uns in ein Hotel gehen!“ Nik hatte sich von ihren Lippen gelöst, umfasste ihr Gesicht und schaute sie mit glitzernden Augen an. „Ich weiß nicht, was du mir antust, Jinx Nixon, aber wenn ich dich nicht bald lieben darf, verbrenne ich.“

Er presste sie an sich, so dass sie seine heftige Erregung spürte. „Weißt du, was ich meine?“

Sie wusste es. Ihr ging es ebenso. Fast schmerzhaftes Verlangen durchströmte sie, machte sie nachgiebig und willig.

Aber sie konnte nicht so einfach mit einem Mann in ein Hotel gehen. Besonders nicht mit diesem Mann. Auch wenn sie ihm vertraute und sich nach ihm sehnte, wusste sie doch, dass sie sich vor ihm in Acht nehmen musste. Dafür gab es Gründe, von denen er nicht einmal etwas ahnte.

„Bitte nicht“, bat Nik, als er spürte, wie sie sich innerlich von ihm entfernte. Er zog sie wieder an sich, versuchte, den Moment festzuhalten. „Ich weiß doch, dass du mich auch begehrst“, stöhnte er.

Oh, ja, sie begehrte ihn. Aber dieser Schwäche konnte sie nicht nachgeben. Sie hatte zu viel zu verlieren.

Sie gab sich einen Ruck und nahm Abstand. „Bekommst du alles, was du begehrst, Nik?“ Sie seufzte.

„Meist“, gab er zu und ließ die Arme sinken.

„Dann täte Selbstverzicht dir sicher ganz gut.“

„Du zwingst mich dazu, auf dich zu verzichten“, behauptete er. „Es gibt Männer, die krank werden, wenn man sie bis an den Rand treibt, wie du mich getrieben hast, Jinx.“

„Frauen kann das auch passieren, habe ich gehört“, entgegnete sie trocken, obwohl ihr Körper sich immer noch nicht beruhigt hatte. Aber seit sie nicht mehr in seinen Armen lag, war es leichter, seinen und ihren Wünschen zu widerstehen.

„Warum willst du dann nicht …?“

„Es wäre ein Fehler“, rief sie verzweifelt. „Verstehst du denn nicht?“

Nein, er verstand offenbar nicht. Sein Blick blieb verständnislos. Sie musste deutlicher werden.

„Du bist der allerletzte Mann auf der Welt, mit dem ich mich einlassen würde“, stieß sie hervor.

Da erstarrte er, sein Ausdruck wurde wachsam, um seinen Mund legte sich ein grimmiger Zug. „Weil ich das Buch verfilmen will?“

„Genau deshalb!“

„Verdammt!“

„Hör auf zu fluchen, Nik. Es nützt nichts.“

„Vielleicht nicht, aber ich fühle mich danach verdammt besser.“

Sie lächelte kalt. „Ja, sicher. Aber ändern wirst du damit nichts. Denn ich bin nicht so dumm, mit dir in ein Hotel oder sonst wohin zu gehen. Und schon gar nicht habe ich die Absicht, dich mit zu mir nach Hause zu nehmen.“

„Du bist wirklich die sturste …“

„Und wenn du versuchen solltest, mir zu folgen“, unterbrach sie ihn, „werde ich die Polizei rufen. Kannst du es dir leisten, wegen Stalking verhaftet zu werden?“

„Kannst du es dir leisten, auf diese Weise die Privatsphäre deines Vaters zu stören?“, höhnte er. „Ich bin ja kein Unbekannter, Jinx. Wenn ich verhaftet werde, ist das ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Presse.“

Natürlich hatte sie nicht vergessen, dass Nik eine berühmte Persönlichkeit war. Es war ein Grund von vielen, weshalb sie sich um jeden Preis von ihm fernhalten wollte.

„Das ist dein Problem, nicht meines“, tat sie seinen Einwand ab. „Ich werde meinen Vater vor der Öffentlichkeit schützen. Oder wofür, glaubst du, ist das Pseudonym gedacht?“ Sie blitzte ihn warnend an.

Nik runzelte die Stirn. „Was fehlt deinem Vater eigentlich?“

„Halte dich fern von uns!“ Sie wandte sich ab.

„Und wenn ich das nicht kann?“, forderte er sie heraus.

Sie zuckte zusammen. „Dann mach dich auf etwas gefasst!“

„Verdammt noch mal! Er hat ein Buch geschrieben. Er, ihr beide müsst doch damit gerechnet haben, dass es ein Bestseller wird.“

„Natürlich haben wir nicht damit gerechnet“, widersprach Jinx. „Schreiben ist eine sehr persönliche Angelegenheit.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wer konnte schon ahnen, dass ‚Kein gewöhnlicher Junge‘ so einschlägt?“

„Bist du nicht ein bisschen zu selbstsüchtig, Jinx? Du versuchst, deine ablehnende Haltung durchzusetzen. Aber solange ich nicht mit deinem Vater gesprochen habe, weiß ich nicht, wie dein Vater zu einer Verfilmung steht.“

Jinx sah zu ihm auf, und Tränen glitzerten in ihren tiefblauen Augen. „Warum lässt du uns nicht endlich in Ruhe?“, fragte sie mit erstickter Stimme.

„Weil ich das nicht kann.“

Eine Träne rollte ihr über die Wange, und sie wischte sie weg. „Ich würde am liebsten alles ungeschehen machen.“

„Hör auf, Jinx“, drängte er. „Das viele Geld, das dein Vater mit dem Buch verdient, kommt doch auch dir zugute. Ich könnte mir vorstellen, dass dein Kleid nicht eben billig war. Und die Diamantohrringe …“

„Es reicht!“, schrie sie. „Das habe ich mir alles selbst gekauft. Von meinem eigenen Geld. Dafür habe ich gearbeitet.“

„Wenn du es sagst …“

„Ich lüge nicht!“

„Dann ist ja alles in Ordnung.“

Misstrauisch sah sie ihn an. Er gehörte nicht zu den Männern, die sich zurückpfeifen ließen. Das erkannte sie am Ausdruck seiner Augen. Außerdem hatte er viel Zeit und Mühe investiert, um sie heute Abend kennen zu lernen. Es würde sie überraschen, wenn er nachgäbe.

„Wenn du mir folgst, werde ich die Polizei einschalten“, warnte sie ihn noch einmal.

„Ich glaube dir aufs Wort.“

„Und?“

„Ich werde mir etwas anderes ausdenken müssen“, sagte er, ohne zu zögern.

Das würde er zweifelsohne versuchen und wahrscheinlich sogar Erfolg damit haben. Wie der heutige Abend bewies, war ihm jedes Mittel recht.

„Ich muss gehen“, sagte sie kühl.

„Nur zu.“ Er zuckte die Schultern.

Sein schroffes Verhalten zeigte, dass das, was sie vor wenigen Minuten noch miteinander erlebt hatten, keine Rolle mehr spielte. War das nicht genau das, was sie wollte …?

Sie nickte, bevor sie sich umdrehte und davonging. Diesmal spürte sie seinen Blick nicht im Rücken. Warum sollte er ihr auch nachschauen? Er hatte sein Ziel nicht erreicht, sie war nutzlos für ihn geworden. Was würde Nik wohl sagen, wenn er die ganze Wahrheit erfuhr?

Er war alles andere als stolz auf sich. Nik fühlte sich unwohl in seiner Haut, als er Jane Morrow gegenübersaß. Die hübsche blonde Cheflektorin unternahm nicht einmal den Versuch zu verbergen, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Während sie miteinander sprachen, ließ sie keine Gelegenheit aus, ihn wie zufällig zu berühren.

Die letzten sechs Tage hatten Nik noch stärker enttäuscht als die vergangenen zwei Monate.

Immer verzweifelter war er auf die Suche nach Jinx’ Adresse gegangen. Im Telefonbuch gab es einige J. Nixons, aber die oder der richtige war nicht darunter.

Von Jackson Nixons anderem Verleger, bei dem er seine wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlichen ließ, hatte Nik erfahren, dass Professor Nixon kürzlich umgezogen sei und seine neue Adresse noch nicht mitgeteilt habe. Und selbst wenn sie ihm bekannt wäre, er sie Nik nicht weitergeben würde.

Auch die Suche nach Jinx war im Nichts verlaufen. Die Universität von Cambridge hatte es abgelehnt, irgendwelche Informationen über Dr. Juliet Nixon herauszugeben, ihm aber angeboten, Briefe weiterzuleiten. Das half ihm nicht weiter.

Unfruchtbar war auch ein Besuch gewesen, den er zwei Tage nach dem Fest Susan Fellows abgestattet hatte, eines angeblich verlorenen Manschettenknopfes wegen. Susan war freundlich, verhielt sich aber, was ihre Freundin anging, mehr als bedeckt.

Von Stazys Freunden schien Jinx niemand zu kennen, geschweige denn ihre Adresse. Nik hatte sich im Kreis gedreht und auf seine einzige Informationsquelle zurückgegriffen: Jane Morrow, Cheflektorin beim Stephens Verlag.

Eigenartig, dass er vor vier Wochen keinerlei Skrupel gehabt hatte, mit dieser Frau aus Berechnung zu flirten, und es ihm jetzt widerstrebte, diesen Flirt fortzusetzen. Jane schien nichts dagegen zu haben. Außerdem war sie sehr attraktiv. Aber der Grund, weshalb er mit ihr ausging, war auch diesmal wieder alles andere als ehrenvoll.

Das Wort oder seine gegenteilige Bedeutung hatte er noch nie auf sich angewandt. Er hatte immer vorausgesetzt, dass er ein ehrbarer Mann war. Aber sein Verhalten in den vergangen Wochen war gewiss mehr als zweifelhaft. Und seit er Jinx kannte, grenzte es geradezu an Besessenheit.

Jinx!

In den vergangen Tagen hatte er viel zu oft an sie gedacht, daran, wie es sich anfühlte, sie im Arm zu halten. Und viel zu selten an ihren Vater und den Film, den er nach dem Buch drehen wollte.

„… habe ich wirklich gute Neuigkeiten für Sie.“

Er schenkte Jane Morrow seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie sprach aufgeregt. Ihr knabenhaft schlanker Körper geriet in Bewegung.

„Erzählen Sie doch“, forderte er sie auf.

„Heute Morgen traf das zweite Manuskript von J. I. Watson ein“, platzte sie heraus und strahlte vor Stolz, ihm das erzählen zu können. „Es liegt beim Verleger, so dass ich nur kurz hineinschauen konnte. Was ich gelesen habe, ist vielversprechend. Ich rechne wieder mit einem Erfolg. Obwohl es selten vorkommt, dass ein zweites Buch mit dem ersten mithalten kann.“

„Ist es eine Fortsetzung?“

„Genau. Im Titel deutet nichts darauf hin, aber die Protagonisten sind dieselben, und …“

Während sie weitersprach, wanderten Niks Gedanken wieder zu Jinx.

Ob sie wusste, dass ihr Vater ein zweites Buch geschrieben hatte? So, wie sie reagierte, wenn sie auf den finanziellen Erfolg angesprochen wurde, wäre es ihr vermutlich lieber, ihr Vater ließe die Finger vom Federhalten oder von der Tastatur des Computers.

Wenn er doch einmal mit dem Autor sprechen könnte! Aber Jinx schirmte ihn ab.

„Verlangt er wieder die gleichen Vertragskonditionen?“, stichelte er, weil er wusste, dass Jane das Verhalten des Autors genauso rätselhaft vorkam wie dem Verleger.

Wahrscheinlich wusste er inzwischen mehr als Stephens und seine Cheflektorin. Nämlich, dass Nixon mit Vornamen Jackson Ivor hieß.

Jane verzog das Gesicht. „Keine Öffentlichkeit. Keine Interviews, keine Signierstunden! Genau. Obwohl es diesmal noch eine interessante Fußnote gibt.“ Sie brach ab und schaute ihn herausfordernd an. Offenbar wollte sie ihn auf die Folter spannen.

Nik wurde unruhig. „Ja?“

„Nun, der Passus ist wirklich eigenartig“, sagte sie und griff nach seiner Hand. „Diesmal werden Sie namentlich erwähnt, Nik.“

Er versteifte sich. „Ich?“

„Ja. In der Fußnote verbittet sich der Autor, dass Briefe von Nik Prince an ihn weitergeleitet werden.“ Sie schaute ihn nachdenklich an. „Wahrscheinlich haben Sie ihn mit ihren wiederholten Bitten um die Filmrechte verärgert.“

Das konnte nicht sein. Wie denn, wenn er den Mann nicht einmal kannte? Er hatte wohl kaum Jackson, sondern seine Tochter gegen sich aufgebracht. Nik war sich sogar sicher, dass es sich um einen sehr persönlich motivierten Ärger handelte.

Er und Jinx reagierten sehr heftig aufeinander. Unter anderen Umständen wäre ihr Zusammentreffen der Beginn einer leidenschaftlichen Affäre geworden. Leidenschaftlicher als alle bisherigen. Da war er sich sicher. Jinx musste ähnlich empfunden haben.

Jacksons beharrliche Ablehnung einer Kontaktaufnahme hatte Nik einzig und allein Jinx zu verdanken.

Das wiederum festigte seinen Einschluss, nicht aufzugeben. Weder der Vater noch seine bildschöne Tochter sollten sich vor ihm in Sicherheit wiegen. Und deshalb war es wichtig, Jinx zu erobern. Der Gedanke gefiel ihm in jeder Hinsicht.

Auch deshalb zögerte er, Jane Morrows Einladung anzunehmen, noch einen Kaffee in ihrem Apartment zu trinken, nachdem er sie nach Hause gebracht hatte. Er ahnte, dass der Kaffee nur vorgeschoben war und das Ganze auf etwas anderes hinauslaufen sollte. Aber er war den ganzen Abend schon auf ihre Anspielungen und vertraulichen Berührungen nicht eingegangen und hatte es auch jetzt nicht vor. All seine erotischen Wünsche konzentrierten sich auf eine zarte Person mit feuerrotem Haar und veilchenblauen Augen.

Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Vielleicht ein anderes Mal. Ich habe morgen früh einen wichtigen Termin und muss ausgeschlafen sein“, redete er sich heraus. Er wollte Jane nicht kränken.

Sie legte eine Hand auf seine Brust und schaute verführerisch zu ihm auf. „Ich kann ja den Wecker stellen“, sagte sie.

„Es geht wirklich nicht, Jane.“ Er lächelte, um seiner Ablehnung die Härte zu nehmen.

„Und warum nicht?“ Ihr Lächeln verschwand. „Weil ich meinen Zweck bereits erfüllt habe?“, fragte sie, und ihre Augen blitzten vor Zorn.

Damit kam sie der Wahrheit sehr nah, wie sich Nik mit schlechtem Gewissen eingestand. Außerdem missfiel ihm der besitzergreifende Ton dieser Frau. Ein paar Einladungen zum Essen gaben ihr nicht das Recht, ihn so zu bedrängen. „Es tut mir wirklich leid, aber …“

„Sicher nicht so, wie es mir leidtut.“ Ihre Stimme klang scharf vor Wut.

Das bestärkte ihn in dem Entschluss, dass eine engere Beziehung zu dieser Frau ein Fehler gewesen wäre.

Dennoch war ihm klar, dass er nicht wollte, weil Jinx mit ihren bezaubernden Augen und ihren verführerischen Lippen ihm den Kopf verdreht hatte. Wie gut, dass Jane Morrow nicht wusste, dass ausgerechnet J. I. Watsons Tochter ihn daran hinderte, auf ihr Angebot einzugehen. Sie war nämlich schon verärgert genug auf ihn. Teufel auch, dachte er.

Janes Gesicht hatte sich unschön verzerrt. „Ich hätte wissen müssen, dass ein Nik Prince sich nicht wirklich für mich interessiert, sondern nur dafür, was ich ihm über den geheimniskrämerischen Autor J. I. Watson erzählen kann.“ Sie schüttelte angewidert den Kopf und durchsuchte hektisch ihre Handtasche nach dem Haustürschlüssel. „Aber ich will Ihnen noch einen letzten Tipp mit auf den Weg geben“, zischte sie und steckte den gefundenen Schlüssel ins Schloss. „Vielleicht scheut Watson deshalb das Rampenlicht, weil er, um es freundlich auszudrücken, ein paar weibliche Neigungen hat.“

Nik horchte auf. Ihm hatte schon eine Entschuldigung auf den Lippen gelegen, doch nun war er neugierig geworden und kniff die Augen zusammen. „Wie kommen Sie denn darauf?“

Sie blieb an der Tür stehen und zuckte die Schultern. „Die letzten beiden Briefe rochen entschieden nach Damenparfüm. Aber vielleicht hat er ja eine, die für ihn die Post erledigt.“

„Können Sie den Duft beschreiben?“ War es vielleicht Jinx’ Maiglöckchenparfüm? überlegte er.

„Nein, bestimmt nicht!“, entrüstete sich Jane. „Sie sind wirklich so, wie sie in der Presse dargestellt werden“, warf sie ihm wütend vor.