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MIT DIR IN DER OASE DES GLÜCKS von CREWS, CAITLIN Seidiger Wüstenwind, eine Oase im Mondschein und sie in den Armen ihres Märchenprinzen! Für Cleo werden alle Träume wahr, als sie Sultan Khaled ihr Jawort gibt! In seinen dunklen Augen möchte sie versinken - da erkennt sie: Es ist nicht Liebe, was er von ihr will … SÜßE RACHE UNTER PALMEN von CHILD, MAUREEN Eine Insel, grün wie ein Smaragd, das Meer, blau wie ein Saphir, und ein Hotel, exquisit wie ein seltener Diamant. Für Rico King ist dieser Ort sein Paradies! Bis Teresa plötzlich vor ihm steht - die Frau, die ihn vor fünf Jahren verraten hat … ES WAR EINE TROPISCHE LIEBESNACHT ... von LAWRENCE, KIM Ein Foto-Shooting in der Karibik? Immer! Aber mit Alex Arlov an ihrer Seite? Für Angel steht fest: Dem herzlosen Milliardär, der sie nach einer Liebesnacht schneller verließ, als sie die Augen öffnen konnte, wird sie die kalte Schulter zeigen!
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Seitenzahl: 605
Caitlin Crews, Maureen Child, Kim Lawrence
JULIA SOMMERLIEBE BAND 26
IMPRESSUM
JULIA SOMMERLIEBE erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA SOMMERLIEBEBand 26 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2014 by Caitlin Crews Originaltitel: „Undone by the Sultan’s Touch“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban
© 2013 by Maureen Child Originaltitel: „Her Return to King’s Bed“ erschienen bei: Harlequin Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Ira Panic
© 2014 by Kim Lawrence Originaltitel: „A Secret Until Now“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Kristina Krüger-Barhoumi
Abbildungen: Troels Graugaard / Getty Images, GoodOlga / Thinkstock, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733705817
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY, CORA CLASSICS
Heiß wie die glühende Wüstensonne brennt das Verlangen in Sultan Khaled bin Aziz für seine junge Braut Cleo. Für ihn schmecken ihre Küsse süßer als jede orientalische Frucht. Mit ihr an seiner Seite will er sein zerstrittenes Land wieder versöhnen, dafür legt er Cleo sein Vermögen zu Füßen! Nur eines kann der stolze Khaled ihr nicht geben: sein Herz …
Der Duft tropischer Blüten berauscht Teresa fast ebenso wie der Anblick von Rico King. Auch dass er auf dieser Trauminsel ein Hotel zum Verlieben eröffnet hat, beeindruckt sie. Aber dass er sie für eine gerissene Juwelendiebin hält, ist wirklich unverschämt! Kann sie ihn mit leidenschaftlichen Küssen von ihrer Unschuld überzeugen?
Weißer Strand, Palmen und eine golden strahlende Sonne. Nie würde Alex Arlov seinen privaten Rückzugsort für Werbezwecke hergeben … wenn da nicht die umwerfend schöne Angel wäre. Damals hat er mit dem Model die Nacht seines Lebens verbracht! Der Gedanke, sie jetzt zu einem Fotoshooting auf seine Insel einzuladen, ist so gefährlich wie verführerisch …
Das Mädchen tauchte wie aus dem Nichts vor Cleo Churchills kleinem Mietwagen auf.
Geistesgegenwärtig trat sie auf die Bremse und hielt den Atem an, als das Gefährt in der schmalen Gasse der Hauptstadt von Jhurat schleuderte und kreischend zum Stehen kam.
Einen Herzschlag lang überkam sie Panik, dann versuchte sie, sich zu fangen. Hatte sie sich den Zwischenfall nur eingebildet? Die grelle Wüstensonne begann, hinter den malerischen historischen Gebäuden zu versinken, sodass die Schatten länger und fahl wurden. Im Gewimmel der Altstadtstraßen hatte Cleo sich verfahren, und nachdem sie sechs Monate durch Europa und Nahost gereist war, kam ihr eine Stadt fast wie die andere vor. Außerdem … warum sollte ein junges Mädchen sich ausgerechnet vor ihr Auto werfen?
Aber da war es, mit angstvoll aufgerissenen Augen und trotz der Schleier überraschend hübsch stand es am Beifahrerfenster – und schien unverletzt zu sein.
Gott sei Dank! war alles, was Cleo denken konnte.
„Bitte!“, flehte das Mädchen sie durchs offene Wagenfester an. „Helfen Sie mir!“
Cleo stand immer noch unter dem Schock des Fast-Unfalls und deutete mit bebender Hand zur Beifahrertür. „Alles in Ordnung?“, fragte sie, als das Mädchen die Tür aufriss und sich ins Wageninnere warf. „Sind sie verletzt? Brauchen Sie …?“
„Fahren Sie!“, schrie das Mädchen, als wären alle Teufel der Hölle hinter ihm her. „Bitte! Ehe …“
Cleo wartete weitere Erklärungen nicht ab. Sie war ihren eigenen Dämonen entkommen und wusste, was zu tun war. Wortlos gab sie Gas und blickte konzentriert auf die schmale Straße, die hoffentlich aus dem wirren Gassenlabyrinth um den Regierungssitz des Sultans von Jhurat herausführte. Das Mädchen neben ihr war atemlos und schien gerannt zu sein.
„Bei mir sind Sie sicher!“, versuchte Cleo, es zu beruhigen. „Alles wird gut.“
Unvermittelt trat ein Mann aus dem Schatten – direkt vor ihren Wagen – und zwang sie anzuhalten. Da sie ihn nicht überfahren konnte, unterdrückte sie eine Verwünschung und sah ihn fest an.
Er war groß und kraftvoll und wirkte gebieterisch, fast einschüchternd. Sein langes lockeres Gewand wies ihn als Einheimischen aus – einen reichen Einheimischen.
Die Sonne stand direkt hinter ihm, sodass Cleo sein Gesicht nicht richtig ausmachen konnte. Dennoch entging ihr nicht, wie drohend er sie ansah. Ein ungutes Gefühl beschlich sie.
Herrisch und hoch aufgerichtet stand er mitten auf der Straße, die Arme vor der Brust verschränkt – und wartete. Er schien nicht die Absicht zu haben, die Straße freizugeben, und sah sie grimmig an.
Cleo erschauerte. Die Situation wurde brenzlig. Sie bekam es mit der Angst zu tun.
Und da war noch etwas, das sie noch nie erlebt hatte.
Dann sagte der Mann zornig etwas auf Arabisch. Das Mädchen neben Cleo zuckte zusammen, als hätte er es geschlagen.
Cleos Magen verkrampfte sich. Jetzt gibt’s Ärger, dachte sie.
„Aussteigen!“, befahl der Mann.
Erst jetzt wurde Cleo bewusst, dass er nicht sie meinte. Er schien zu vermuten, dass sie die Sprache nicht verstand.
„Auf der Stelle!“
„Wer ist das?“, flüsterte sie dem Mädchen zu, ohne den Blick von dem Fremden zu nehmen, dessen herrische Erscheinung sie faszinierte.
Das Mädchen neben ihr gab einen rebellischen Schluchzer von sich. Als Cleo es endlich fertigbrachte, den Blick von dem bedrohlich anmutenden Mann abzuwenden, schürzte das Mädchen trotzig die Lippen, sodass es noch jünger wirkte.
„Das“, erwiderte es verbittert und sah den Mann an, der sich nicht von der Stelle rührte, „ist Seine Exzellenz, der Sultan von Jhurat.“
Ihre Lage war also noch viel schlimmer, als Cleo angenommen hatte.
„Ach du meine Güte!“, brachte sie matt hervor. Einen Sultan hatte sie sich anders vorgestellt. Er wirkte eher wie ein Kriegsengel, der Angst und Schrecken verbreitete. Was sollte sie tun? Ahnungslos war sie hier in eine heikle Situation geraten. „Warum sollte ein Sultan – der Sultan – Sie eine Gasse entlanghetzen?“
„Weil er ein Teufel ist.“ Das Mädchen schnitt ein Gesicht. „Und außerdem mein Bruder.“
Cleo schluckte und brachte kein Wort hervor.
Der Sultan stand einfach nur da und wartete.
Nun verstand sie, warum er sich so stolz und gebieterisch aufführte. Wieso er so stahlhart auftrat und so viel Autorität verströmte.
Cleo überlegte fieberhaft. Und seltsamerweise musste sie an Brian denken. Den Schwächling, der sie belogen und gedemütigt hatte. Der behauptet hatte, sie zu lieben, obwohl er nichts für sie empfand – und es in nichts mit der überwältigenden Ausstrahlung des Mannes aufnehmen konnte, der hier vor ihr stand.
Mit einer knappen Kopfbewegung bedeutete der Sultan ihnen auszusteigen.
Auf der Stelle!
Und Cleo vergaß den jämmerlichen untreuen Brian und seine Freundin, die er während der Verlobungszeit nebenbei gehabt hatte.
Das Dilemma, in dem sie sich jetzt befand, war genau, was ihre Eltern und die energischen Tanten in Ohio ihr prophezeit hatten. Dennoch hatte sie darauf bestanden, allein durch die Welt zu ziehen. Weil sie sich für klug und weltgewandt gehalten hatte. Alle hatten sie sie beschworen, auf die Rucksacktour zu verzichten. Vor ihren Problemen davonzulaufen sei keine Lösung. Damit würde sie sich höchstens neue einhandeln. Und genau das war jetzt passiert.
Der Sultan wartete immer noch – inzwischen sehr viel weniger geduldig.
„Fahren Sie ihn einfach um“, stichelte das Mädchen neben ihr. „Mähen Sie ihn nieder.“
„Meine Güte, nein“, wisperte Cleo. „Das kann ich nicht tun.“
Auf einmal lief alles wie in Zeitlupe ab – die Luft schien stillzustehen. Es gab nur noch diesen Mann. Den Sultan. Cleo legte den Leerlauf ein. Neben ihr stöhnte das Mädchen frustriert auf, doch Cleo konnte nur gebannt auf den Mann vor ihrer Stoßstange blicken.
Reglos stand er da. Wachsam. Gefährlich.
Ein beklemmendes Gefühl übermannte sie. Furcht stieg in ihr auf. Es war, als wäre diese Begegnung vorbestimmt, als wäre alles, was nun kam, so unumstößlich und unerschütterlich wie die alten Gemäuer um sie her.
Wie der Mann vor ihrem Wagen. Der Sultan, der hier über alles herrschte. Der keine Schwäche zeigen durfte, das spürte Cleo.
Ohne auf die Forderungen des Mädchens einzugehen, schaltete sie den Motor ab, öffnete die Wagentür und stieg aus.
Nun reagierte der Sultan. Er nickte jemandem hinter Cleo zu, und Männer in Militäruniformen mit Maschinengewehren im Anschlag tauchten auf und umzingelten den Mietwagen.
Cleo verstand kein Wort von ihrem schnell gesprochenen Arabisch, alle schrien laut und scharf durcheinander. Irgendwie schaffte sie es, den Blick vom Sultan abzuwenden, der immer noch dastand und sie gebieterisch ansah.
Im nächsten Moment erschien neben ihr einer seiner Männer und streckte ihr die Hand hin. Sie zuckte zusammen und sah den Sultan an. Ihr war klar, dass sie diesen Leuten hoffnungslos ausgeliefert war.
Komischerweise fühlte sie sich dennoch besser als am Nachmittag zwei Wochen vor der Hochzeit, nachdem sie früher von der Arbeit nach Hause gekommen war und Brian mit seiner Freundin auf dem Fußboden seiner Eigentumswohnung in eindeutiger Situation angetroffen hatte.
Der Sultan sagte etwas, und ihr wurde bewusst, dass er sie meinte.
„Entschuldigung, aber ich habe Sie nicht verstanden.“ Cleo erkannte ihre eigene Stimme kaum.
Er hielt inne, und endlich konnte sie sein Gesicht besser ausmachen, weil die Sonne hinter den alten Gebäuden verschwand. Ihr rötlich goldener Schein rahmte ihn ein wie eine Götterfigur, und er wirkte nicht mehr ganz so hart und grausam.
Die ungewohnte Hitze muss mir zugesetzt haben, dachte Cleo beklommen.
Der Sultan richtete erneut das Wort an sie, und diesmal klang seine dunkle Stimme beherrscht. „Wissen Sie, wer ich bin?“
„Ja.“
Er nickte kurz. „Geben Sie meinem Mann Ihre Schlüssel.“
Sein Englisch war akzentfrei. Jetzt hätte Cleo ihn fragen können, was los sei, was er mit ihr vorhätte, doch merkwürdigerweise gehorchte sie stumm.
Folgsam öffnete sie die Hand, und der Uniformierte neben ihr nahm ihr die Wagenschlüssel ab. Immer noch stand sie ganz im Bann der gebieterischen Ausstrahlung des Sultans, dessen Gesicht nun nicht mehr im Schatten lag.
Wieso wagte sie kaum zu atmen? Warum hatte sie das Gefühl, die Knie würden unter ihr nachgeben? Was war nur auf einmal mit ihr los?
Seltsam benommen nahm sie das Geschehen um sich her wahr. Nach kurzer Besprechung schaltete ein Uniformierter den Motor ein und wendete den Wagen, dann verschwanden die Männer mit dem aufgebrachten Mädchen, und Cleo stand allein in der Gasse des fremden Landes – vor einem Mann, der so groß und mächtig war, wie es eigentlich nur in Büchern vorkam.
Endlich bewegte er sich … so geschmeidig wie ein Panther, der seine Beute taxiert. Cleo bekam Magenflattern, ihr wurde heiß. Wie angewurzelt stand sie da, während der Sultan langsam um sie herumging. Er hielt etwas in der Hand, und sie bemerkte, dass es ihre Brieftasche war, die sie im Wagen auf den Becherhalter gelegt hatte. Einer seiner Männer musste …
„Sehen Sie mich an“, befahl er ihr leise.
Cleo blickte ihm ins Gesicht – und konnte es zum ersten Mal genau betrachten.
Ein atemberaubender Mann …
Doch eigentlich war das nicht die richtige Bezeichnung. Dafür waren seine Züge zu scharf und markant. Sie erinnerten Cleo an die Bewohner abgelegener Bergdörfer, durch die sie auf ihren Reisen gekommen war – kompromisslos männlich, stolz und stahlhart. Sie wirkten wie aus Stein gemeißelt. Sein Haar war dicht und dunkel, den herausfordernden Blick und das kantige Kinn hätte Cleo Soldaten und Kriegern zugeschrieben – oder Schlägern. Kühne gerade Nase registrierte sie … feine Fältchen um die Augen, die verrieten, dass er irgendwann gelächelt haben musste. Aber das dürfte lange her sein.
Diesen Mann und den Softie Brian trennten Welten, wurde Cleo bewusst.
„Sie sind Amerikanerin.“ Das war keine Frage.
Der Sultan musterte sie nun kritisch von Kopf bis Fuß, und Cleo versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie durcheinander sie war. Zum lockeren T-Shirt trug sie eine derbe Hose und abgewetzte Stiefel, außerdem eine Jacke, um sich in diesem konservativen Teil der Welt zu bedecken – und auch zum Schutz gegen die schnell abkühlende Abendluft. Das lange Haar hatte sie locker zurückgewunden, doch im Laufe des Tages hatten sich Strähnchen befreit, sodass sie sehr viel jünger als fünfundzwanzig wirkte.
Der Sultan schlug ihre Brieftasche auf und warf einen Blick hinein. „Hier sind Sie von Ohio aber ziemlich weit entfernt“, bemerkte er.
„Ich reise als Rucksacktouristin.“ Seltsam, wie heiser ihre Stimme klang.
„Allein?“ Es war ratsam, das nicht zuzugeben. Doch als der Sultan von der Einreisegenehmigung in ihrer Brieftasche aufblickte, fühlte Cleo sich ertappt.
„Ja.“ Sie bemühte sich, normal zu sprechen. „Seit sechs Monaten. In zwei Wochen fliege ich nach Hause.“
Doch eigentlich wollte sie gar nicht zurück. Noch nicht. Vielleicht nie.
„Es könnte sein, dass ich Sie verhaften lasse“, ließ der Sultan sie wissen.
Entsetzt sah Cleo ihn an. „Wieso denn das?“
„Damit müssen Ausländer hier rechnen, die versuchen, ein Mitglied der Königsfamilie zu entführen“, erwiderte er locker.
Es wäre glatter Selbstmord, diesen Mann nicht ernst zu nehmen!
An so etwas hätte Cleo nicht mal im Traum gedacht. „Ich habe niemanden entführt. Ihre Schwester ist mir vor den Wagen gelaufen. Hätte ich sie etwa umfahren sollen?“ Sie bemerkte seinen ungläubigen Gesichtsausdruck und räusperte sich. „Ich wollte ihr nur helfen – und keinen Unfall riskieren.“
Einen Moment lang sah der Sultan sie seltsam an, sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
„Wovor sollte meine Schwester Ihrer Meinung nach davonlaufen?“, fragte er täuschend leise.
„Vielleicht, weil Sie sie verheiraten wollten … an einen politischen Verbündeten oder so …“
Das hatte Cleo aus den Romanen, die sie gelesen hatte. Der Sultan schien das zu wissen, wie der Ausdruck in seinen faszinierenden Augen vermuten ließ.
Er presste die Lippen zusammen und beobachtete sie auf eine Weise, die ihr durch und durch ging. Panik überkam sie.
„Sie haben eine blühende Fantasie, Ms Churchill.“
Es beunruhigte sie, dass er sie beim Namen nannte. Noch mehr, wie er sie ansah. Am liebsten wäre sie davongelaufen.
Doch sie tat es nicht. Seit sechs Wochen lief sie nun schon davon. Nicht zum ersten Mal wollte sie lieber pausieren. Doch darüber konnte sie jetzt nicht nachdenken. Mit seinen hypnotisierenden Augen schlug dieser Mann sie völlig in seinen Bann.
„Leider hat Ihre Schwester mir nicht verraten, vor wem sie geflohen ist“, erwiderte sie gefasst. Blieb ihr etwas anderes übrig, als sich zu fügen? „Sie ist mir direkt vor den Wagen gelaufen. Und dann tauchten Sie wie der Schurke in einem Horrorfilm auf – nur ohne Axt.“
Wieder dieser merkwürdige Blick. Der Sultan blinzelte, schien seinen Ohren nicht zu trauen.
„Meine Schwester ist sechzehn“, sagte er endlich. Beherrscht. „Sie weigert sich, ins Internat zurückzukehren. Da bekam sie einen Tobsuchtsanfall und ist Ihnen vor den Wagen gelaufen.“
„Sie hat mich um Hilfe angefleht.“ Trotzig warf Cleo den Kopf zurück, obwohl sie nicht wusste, zu was dieser Mann fähig war. „Deshalb denke ich nicht daran, mich für meine Hilfe zu entschuldigen – egal wie sehr Sie sich darüber aufregen.“
Kühl und gleichgültig betrachtete er sie einen Moment lang, und bei Cleo schrillten Alarmglocken. Er ist der Sultan – mach bloß keine Dummheiten! Er konnte mit ihr machen, was er wollte, das wussten sie beide. Sich mit einem Mann wie ihm anzulegen war das Dümmste, was sie tun konnte – außer Brian zu vertrauen.
„Sie dürfen sich glücklich schätzen, dass ich Ihre Entschuldigungen nicht brauche“, erwiderte der Sultan in einem Ton, der sie warnte. „Aber ich fürchte, Sie müssen trotzdem mitkommen.“
Khaled bin Azis, weiterhin Sultan von Jhurat – vorausgesetzt, er konnte sein Land unter Kontrolle halten –, stand im Privatsalon des alten Palastes, in den seine Wachen die Amerikanerin gebracht hatten, und überlegte, wie er jetzt vorgehen sollte.
Seine Schwester war in ihre Räume geführt worden. Dort würde sie den Vormittag über bleiben, bis seine Wächter sie persönlich im Internat auf dem Lande abgeliefert hatten und dafür sorgten, dass die Lehrer sie nicht aus den Augen ließen. Natürlich verstand er, warum Amira sich so kindisch aufführte. Sie war noch zu jung, um zu begreifen, dass sie mit ihrem Verhalten Probleme von unübersehbaren Folgen auslösen konnte.
Nur zu gut erinnerte er sich, wie er als Sechzehnjähriger gegen alles und jeden rebelliert hatte, seinen Aufrührerdrang jedoch nicht ausleben durfte. Als Thronanwärter hatte er bereits damals ein hohes Maß an Verantwortung tragen müssen.
„Hier geht es nicht um dich“, hatte sein Vater ihm schon als Achtjährigem eingetrichtert. „Nur Jhurat ist wichtig. Finde dich damit ab.“
Inzwischen hatte Khaled längst gelernt, seine Wünsche und Gefühle zu verdrängen. Zu viel stand auf dem Spiel. Vor allem ging es um Handelsabkommen mit westlichen Mächten, die ihn gern als Barbaren und Ahnungslosen hinzustellen versuchten. Doch auf diese Handelsbeziehungen war Jhurat angewiesen, um der grassierenden Armut zu entrinnen, unter der viele Nachbarstaaten litten. Und fast wäre es auch mit Jhurat so weit gekommen, weil sein geistig verwirrter Vater sich halsstarrig gegen alle Modernisierungsbestrebungen gestemmt hatte.
„Wenn du die Grenzen freigibst, öffnest du die Büchse der Pandora“, hatte sein Vater ihn in einem lichten Moment gewarnt. Jetzt verstand Khaled, was er damit gemeint hatte.
Obwohl Amira von alldem nichts ahnte, hätte er ihr den Hals umdrehen können. Weil sie ihn knietief in unlösbare Probleme verwickelt hatte. Mit denen hatte er sich jetzt allein herumzuschlagen, nachdem er vorzeitig die Herrschaft übernehmen musste, weil sein Vater zusammengebrochen und für unzurechnungsfähig erklärt worden war. Weil es niemand anderen gab.
„Cleo Churchill ist eine harmlose Touristin aus einfacher Familie“, bemerkte sein Sicherheitsminister hinter ihm und blickte auf den Tablet-PC in seinen Händen. „Ihr Vater ist Elektriker, die Mutter arbeitet als Sprechstundenhilfe im Vorort einer Provinzstadt. Das Mädchen hat zwei Schwestern, eine ist mit einem Mechaniker verheiratet, die andere mit einem Lehrer. Keine Kontakte zu einflussreichen Stellen.“
„Aha“, Khaled sprach mehr zu sich selbst. „Aber sie könnte eine von den berüchtigten Frauenrechtlerinnen sein. In Harvard habe ich die Erfahrung gemacht, dass Amerikanerinnen sich wie graue Mäuschen einbilden, besondere Werte oder Stärken zu verfechten, die ihre Kultur angeblich so wichtig machen.“
Etwas von ihm entfernt saß sein graues Mäuschen auf einer Couch, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, die Hände vors Gesicht geschlagen. Hoffentlich fing sie jetzt nicht zu weinen an.
Khaled war nicht entgangen, dass sie Angst hatte, als er sie in den Palast verfrachtet hatte. Fast tat es ihm inzwischen sogar ein bisschen leid, dass er ihr trotziges Auftreten in der Gasse einfach ignoriert hatte, als sie sich von der grauen Maus in etwas Interessanteres verwandelt hatte. Vielleicht hätte er sie nicht ganz so hart anfassen sollen.
Aber Gefühle konnte er sich nicht leisten. Für Reue war hier kein Platz. So war es immer gewesen. Nur Jhurat war wichtig.
„Sie ist viel herumgereist“, fuhr Nasser fort und verzichtete auf Vermutungen. Das war einer der Gründe, warum er seit der gemeinsamen Jugendzeit Khaleds rechte Hand und bester Freund war. „Vor einem halben Jahr ist sie nach Schottland geflogen und reist seitdem kreuz und quer durch die Weltgeschichte. Offenbar legt sie ein Sabbatjahr ein, nachdem sie ihr Studium vor einiger Zeit erfolgreich abgeschlossen hat. Sie dürfte eine von denen sein, die sich selbst finden wollen.“
Khaled nahm den ironischen Ton seines Beraters auf. „Stattdessen hat sie mich gefunden. Armes Mäuschen.“
„Machen Sie sich ihretwegen keine Gedanken“, riet Nasser ihm. „Mit dem Mädchen werden wir spielend fertig, erst recht, da anscheinend kein Hahn nach ihm kräht.“
„Werden Sie auch mit unseren Feinden fertig, die mich wegen meiner Familiensituation aus dem Palast verjagen wollen?“ Es wurde gemunkelt, Khaled könnte wie sein Vater vorzeitig in geistige Umnachtung fallen. Und wie sollte er das Gegenteil beweisen? Khaled verdrängte den Gedanken. „Sicher ist bei den Medien längst durchgesickert, dass eine Amerikanerin im Palast festgehalten wird. Das lässt sich nicht vertuschen.“
„Mit den Medien werden wir fertig.“
„Unseren vielleicht.“ So hatte sein Vater die Dinge gehandhabt – und was war daraus geworden? Mit diesen Problemen musste er, Khaled, sich jetzt herumschlagen. Aber würde er es schaffen? Konnte das überhaupt jemand? Dennoch war es seine Pflicht – sein Schicksal – alles zu versuchen, um sich durchzusetzen. „Und was ist, wenn die Medien den Zwischenfall international ausschlachten? Und das werden sie tun.“
Khaled kannte seine Feinde. „Wie stehen wir vor der Weltöffentlichkeit da, wenn man mich als Ungeheuer hinstellt, das ahnungslose Amerikanerinnen von der Straße weg verhaftet?“
Schon jetzt war ihm klar, wie sich so etwas auf internationale Verträge auswirken würde, die er dringend brauchte, um neue Aufträge für die einheimische Wirtschaft an Land zu ziehen. Ganz zu schweigen von dringend benötigten internationalen Kapitalströmen, die der wachsende Tourismus mit sich brachte, seit er die Grenzen wieder geöffnet hatte. Damit konnte er das Rad zu seinen Gunsten drehen. Und Jhurat endlich in eine neue Zukunft führen.
Rückfälle konnte er sich nicht leisten. Schon gar nicht jetzt.
„Das Volk will nicht in die Steinzeit zurückfallen“, bemerkte Nasser finster. „Die Leute wollen ihre Bedarfsgüter und technischen Errungenschaften jetzt kaufen – von den Gehältern, die neue Arbeitsplätze mit sich bringen – egal, was der Dummkopf behauptet.“
„Der Dummkopf“ war Talaat, der Kopf der Widerstandsbewegung, die Khaled den Herrschaftsanspruch auf das Sultanat streitig machte. Vermutlich würde er, Khaled, früher oder später in den Geisteszustand verfallen wie sein Vater, war ihre Kampfparole. Wollen wir dafür unser Land aufs Spiel setzen? trumpfte Talaat ständig in den Medien auf.
Talaat war Khaleds Cousin mütterlicherseits. Als Jungen hatten sie miteinander gespielt. Fast lachhaft, dass sein eigener Cousin zu seinem schlimmsten Gegenspieler geworden war. Von jeher hatte seine Abstammung Khaled das Leben schwer gemacht. So auch Amiras heutiger Auftritt.
„Talaat ist es egal, was die Leute wollen“, erklärte Khaled schroff. „Ihm geht es nur um die Macht.“
Nasser antwortete nicht. Leider stimmte das. Um was es wirklich ging, zählte nicht, falls Talaats Hetzpropaganda bei den richtigen Stellen auf fruchtbaren Boden fiel.
Khaled lächelte abschätzig. Bei der derzeitigen kritischen Lage durfte sich das Ganze auf keinen Fall zum nächsten Internethype entwickeln. Es fehlte nicht viel, um die öffentliche Meinung gegen ihn aufzuwiegeln. Mit ihren Kickstarterkampagnen und Internet-Apps konnten die Amerikaner Bürgerunruhen in fernen Ländern zu einem Videospiel machen, mit dem sie sich auf der Couch amüsierten. Nichts machte mehr Spaß, als ein allgemeiner Aufschrei beim kleinsten Anlass gegen Länder wie Jhurat.
Oder auch ohne Anlass, dachte Khaled grimmig.
Also musste er sich sehr genau überlegen, was mit der fotogenen Amerikanerin geschehen sollte, die Amira dummerweise über den Weg gelaufen war. Was für Storys würde diese Cleo Churchill auftischen, wenn sie frei war? Und wer würde ihr glauben? Was könnten seine Feinde daraus machen, wenn sie die junge Frau in die Hände bekämen? Und das würden sie. So lief es immer.
Im rückwärtigen Teil des Salons wurde Cleo Churchill unruhig. Sie richtete sich im Sessel auf, und Khaled betrachtete sie interessiert. Als er sie aus dem Wagen beordert hatte, war sie erstaunlich energisch und selbstbewusst aufgetreten.
Ein Gedanke begann, Gestalt anzunehmen.
Die junge Frau war ein Geschenk des Himmels. Ein sehr attraktives sogar! Nicht zuzugreifen konnte er sich nicht leisten. Zierliche Figur, registrierte er … große Augen und feine Züge. Ihr volles Haar, das sie im Nacken notdürftig gebändigt hatte, schimmerte in wechselnden Rot-, Braun- und Karamelltönen.
Hübsch, dachte er und bewegte sich unruhig. Zu hübsch.
Elegant und unvergesslich … mit diesem Gesicht und der biegsamen Figur. Aber scheußlich männlich gekleidet. Während des Studiums in England und den Staaten hatte er den Westernlook nie gemocht, schon gar nicht bei einer Frau.
Khaled war ein konservativ denkender Mann. Frauen sollten sich ihrer Rolle entsprechend geben. Er liebte griffige weibliche Rundungen und volle Brüste und hielt nichts von jungenhaften knochigen Figuren, die einem Mann nichts zu bieten hatten. Frauen, die ihm scheue Blicke zuwarfen, gaben ihm das Gefühl, stark zu sein. Er mochte anschmiegsame, sittsam bescheidene Wesen nach alter Tradition – nicht Westerngirls wie dieses Mädchen. Und wie aufsässig diese Cleo Churchill ihn auf der Straße angesehen hatte! Sie hatte nicht mal den Anstand besessen, ihn um Gnade anzuflehen.
Widerstand konnte er nicht vertragen.
Aber ihre Augen waren ungewöhnlich. Mehr als ungewöhnlich. In der schmalen Gasse hatten sie die Sonne widergespiegelt. Sie waren von einem strahlenden hellen Gold, das an alte Schätze erinnerte. Khaled verstand selbst nicht, wieso diese Augen ihm nicht aus dem Kopf gingen.
Es war, als verfolgten sie ihn. Als hätte diese Cleo sich auf geheimnisvolle Weise in sein Herz geschlichen, obwohl er außer ihrem politischen Wert für sein Land nichts an ihr finden dürfte.
Rastlos lief Khaled im Salon auf und ab. Ob es ihm gefiel oder nicht, hier ging es um Politik und Macht und das Schicksal des Landes.
Sein Entschluss war gefasst.
„Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, Ms Churchill.“ Er ließ seinen eingerosteten Charme spielen und raffte sich sogar zu einem Lächeln auf.
„Da ich auf diese Entschuldigung angewiesen bin, nehme ich sie an“, erklärte Cleo kühn.
Ihre Blicke trafen sich. Der Klang ihrer eigenen Stimme kam ihr in dem eleganten Raum fremd vor – oder lag das an diesem Mann?
„Die bedauerliche Szene auf der Straße scheint Sie geängstigt zu haben, Ms Churchill.“
Wieder strahlte sie ihn auf diese unwiderstehliche Art an, und etwas Merkwürdiges geschah mit Khaled.
Ja, die junge Frau konnte ihm nützlich sein. Für sein Land würde er alles tun. Sogar das. Erst recht das! Vielleicht ist sie mein Geschenk des Schicksals.
Umgänglich lächelnd setzte er sich in einen Sessel Cleo gegenüber.
Wie ein verschrecktes Mäuschen saß sie da – zart und ein bisschen verloren inmitten der farbenfrohen Prunkkissen. Umgeben von mächtigeren und schärferen Klauen, als sie sich vorstellen konnte. Er beugte sich etwas vor und bemerkte, dass ihre Augen sich weiteten. Sie atmete schneller.
Aber nicht aus Furcht.
Sie reagierte auf ihn als Mann.
Gut. Auch das konnte sich als nützlich erweisen.
Verrückt, aber ihm wurde heiß, als sie sich die Lippen befeuchtete, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Dann runzelte sie die Stirn. Auch das gefiel ihm. Mehr als gut für ihn war. Auf einmal war es Khaled ganz einfach, freundlich zu lächeln.
Die Sache begann, ihm Spaß zu machen.
Der Mann, der den Salon betrat, war Furcht einflößend und atemberaubend, aber es war ein anderer als der, den Cleo auf der Straße erlebt hatte. Nicht nur weil er sich umgezogen hatte.
Dieser Sultan von Jhurat lächelte, als er sich zu ihr setzte. Er wirkte erstaunlich verändert, der grimmige Ausdruck war verschwunden, er war umwerfend.
Cleos Herz begann unruhig zu pochen.
„Bitte, nennen Sie mich doch Khaled“, sagte er umgänglich und lehnte sich zurück. Zum eleganten schwarzen Hemd trug er eine lockere schwarze Hose, dennoch erschien er ihr nicht weniger gefährlich als in der Altstadtgasse. Es war, als hätte er den Säbel lediglich gegen ein blankes Messer vertauscht – die bedrohliche Schärfe war geblieben. Ein Mann wie er war Cleo noch nie begegnet.
Fast könnten sie Freunde sein. Doch dafür war er zu überwältigend … zu kolossal.
„Also gut – Khaled.“
Er sah aus, als könnte er tausend Brians zum Frühstück verspeisen und immer noch hungrig sein. Obwohl es im Salon angenehm kühl war, wurde Cleo heiß.
Um ihn nicht ansehen zu müssen, blickte sie sich um. Es half nichts. Sie konnte sich nicht entspannen, egal wie viele Kissen die einladenden Sofas schmückten, in wie viel Gold die hohen Decken und Wände, die erlesenen Wandleuchter erstrahlten – und egal wie wohlwollend der Sultan sie jetzt anlächelte.
„Soll das heißen, Sie wollen mich nicht mehr verhaften?“, fragte Cleo forsch.
Nun lachte er schallend. Das hätte sie nicht erwartet. Ihr war, als wäre sie abgestürzt und müsste erst wieder zu sich kommen.
„Ich habe wohl etwas übertrieben reagiert“, gab er heiter zu. „Aber das haben ältere Brüder nun mal so an sich.“
Er nickte einem unsichtbaren dienstbaren Geist zu, von denen es in dem Prachtbau mit den schweren Kristalllüstern und den mit kostbaren historischen Wandteppichen geschmückten Räumen wahre Heerscharen zu geben schien. Tatsächlich erschienen Diener mit würzig duftendem Tee und einer verführerischen Auswahl an Süßigkeiten, Knabbergebäck und Nüssen auf einem goldenen Tablett.
Ein unwiderstehliches Friedensangebot!
Dann winkte der Sultan die Diener fort und schenkte ihr Tee ein, als wäre es das Natürlichste von der Welt, dass er sie persönlich bediente.
Sie – Cleo Churchill aus dem Vorort von Columbus in Ohio, der so etwas noch nie passiert war. Schon gar nicht ihr, der gedemütigten, betrogenen Verlobten. Was für eine schrecklich alltägliche, langweilige Person musste sie sein, dass ein Durchschnittstyp wie Brian sie bedenkenlos hintergangen hatte!
Was sie in den letzten Stunden erlebt hatte, kam ihr so unwirklich vor, dass sie sich wiederholt gezwickt hatte, um sich zu vergewissern, dass sie sich das alles nicht nur einbildete.
Gebannt verfolgte Cleo, wie der mächtige Sultan ihr Tee in eine kostbare zarte Tasse einschenkte. Sie schluckte. Gleich würde sie aufwachen …
„Tee?“, bot er ihr so charmant an, dass sie völlig verwirrt war.
Es war fast, als wollte er mit ihr flirten … was natürlich absurd war. Sie war viel zu realistisch, um sich etwas Unmögliches zu wünschen. Oder?
Cleo ignorierte die verrückte kleine Stimme, die ihr zuflüsterte, nach allem, was sie wegen Brian durchgemacht hatte, verdiene sie etwas Unmögliches. Etwas Wildes, Wunderbares …
„Ich möchte Sie nicht aufhalten“, sagte sie und nahm die Tasse höflich entgegen. „Sicher haben Sie viele offizielle Pflichten.“
„Keine, die so dringend wären, dass ich sie nicht aufschieben könnte, um einen schlimmen Irrtum wiedergutzumachen.“ Khaled lehnte sich zurück und betrachtete sie interessiert. „Ich möchte mich für meine Schwester entschuldigen, Ms Churchill. Amira hat Sie in eine Familienangelegenheit hineingezogen und damit in eine scheußliche Lage gebracht. Das ist unverzeihlich.“
„Cleo. Nennen Sie mich Cleo, wenn ich Sie Khaled nennen soll.“ Seinen Namen auszusprechen war, wie ein verlockendes Stück Bitterschokolade zu kosten.
In seinen Augen blitzte es auf. „Ist das die Kurzform von Cleopatra?“, fragte er herausfordernd.
Schön wär’s! Liebend gern hätte Cleo sich in alles verwandelt, was diesem Mann gefiel. Ihr Herz jagte, sie hätte nicht sagen können, warum sie so empfand.
Aber hatte sie das nicht schon einmal erlebt? Bei einem Mann, der es in nichts mit Khaled aufnehmen könnte? Ein zweites Mal durfte es nicht geben.
„Nein.“ Sie stellte ihre Tasse ab, ohne den Tee probiert zu haben, weil sie befürchtete, er könnte auf den kostbaren Teppich schwappen. „Meiner Mutter gefiel der Name.“
Wieder betrachtete er sie einen Moment, und ihr fiel das Atmen schwer. „Mir auch“, sagte er.
Verwirrt senkte Cleo den Blick. „Sie sprachen von Ihrer Schwester“, versuchte sie, ihn abzulenken.
„Ich bin für Amira verantwortlich.“ Erstaunlich, wie weich sein Ton jetzt klang. „Unsere Mutter starb, als meine Schwester noch klein war. Deshalb fühle ich mich ihr gegenüber fast wie ein Vater und bedaure, nicht so für sie da gewesen zu sein, wie ich es mir gewünscht hätte. Der Gesundheitszustand meines Vaters hat sich in letzter Zeit besorgniserregend verschlechtert, sodass ich mich zunehmend den Staatsgeschäften widmen musste. Das ist keine Entschuldigung, aber ich konnte die Situation nicht ändern. Daran mag es auch liegen, dass Amira ständig über die Stränge schlägt.“
„Um ein junges Mädchen kann man sich nicht rund um Uhr kümmern“, erwiderte Cleo nachdenklich. „In Amiras Alter fühlt man sich schnell im Stich gelassen und missverstanden – zu Recht oder nicht.“
„Es täte ihr gut, eine Freundin zu haben. Sie braucht jemanden, den sie mag, dem sie sich anvertrauen kann. In mir sieht sie nur den herrischen Bruder, der über sie bestimmt und alle Entscheidungen trifft. Verständlich, dass ihr das verhasst ist. Sicher findet sie mich ebenso frustrierend wie ich sie.“
Verlegen blickte Cleo auf ihre abgewetzte Hose, die sie auf der Rucksacktour durch zahlreiche Länder begleitet hatte. Sie war wie ein Teenager gekleidet – obwohl sie keiner mehr war. Erst hier in Khaleds Palast, in Gegenwart dieses vornehmen Mannes, wurde ihr bewusst, wie unansehnlich und wenig weiblich sie wirken musste. Nachdem sie ein halbes Jahr durch Welt zigeunert war, sah sie staubig und vernachlässigt aus, da sie ihre Sachen meist nur notdürftig in Jugendherbergen und Hotelbecken durchgewaschen hatte.
Du lässt dich gehen, Cleo, hatte Brian ihr vorgeworfen, um seine Treulosigkeit herunterzuspielen. Dabei sind wir noch nicht mal verheiratet. So hatte ich mir meine Ehefrau nicht vorgestellt.
Und ich wollte keinen Ehemann, der mich betrügt, Brian. Ab jetzt sind meine verwaschenen Jeans meine Sache, hatte sie ihn angefahren.
Ihr wurde bewusst, dass Khaled etwas gesagt hatte. Sie blickte auf und sah, dass er sie beobachtete. In seinen Augen lag ein seltsamer Ausdruck, der sie erschauern ließ.
Und irgendwie verstand sie auf einmal, warum sie so stark auf diesen Mann reagierte.
Brian war ein verwöhnter Junge, während Khaled ein aufregender Mann war, der immer nur das Beste gehabt hatte und überall von Schönheit umgeben war. Selbst sein Tee war etwas Besonderes. War es verrückt, dass sie sich wünschte, so schön und besonders zu sein wie die Dinge, die er gewöhnt war?
Dass er sie ansah und sie schön fand?
Natürlich war das verrückt! Was musste der Sultan von Jhurat von ihr halten, nachdem schon der biedere Brian sie hässlich gefunden hatte?
„Bei Teenagern heilt die Zeit fast alles.“ Cleo ballte die Finger zur Faust, um ihre verwahrlosten Nägel zu verbergen. Auch peinliche Situationen verblassten mit der Zeit. Doch bei ihr gab es laufend neue Peinlichkeiten. „Ich spreche aus Erfahrung, das dürfen Sie mir glauben.“
Sie ärgerte sich über sich selbst. Brian verdiente keinen Platz mehr in ihren Gedanken!
„Sind Sie deshalb so lange durch die Welt gereist?“, fragte Khaled nach kurzem Schweigen. „Um sich Zeit zu nehmen?“
„Ich bin schon seit einer Weile kein Teenager mehr.“ Wollte sie, dass er die Frau in ihr sah? Aber warum? Vorsichtig bewegte Cleo sich im Sessel, um den Druck in ihrer Brust zu lockern. „Und herumgereist bin ich wohl eher, um mir zu beweisen, dass ich erwachsen geworden bin.“
„Wieso wollten Sie sich das beweisen?“, fragte der Mann, der garantiert niemandem je etwas beweisen musste.
Niemand würde es wagen, diesen Mann zu hintergehen.
„Ich hatte einen guten Job in einer angesehenen Personalvermittlungsagentur, eine Familie und Freunde, eigentlich alles, was man vom Leben erwarten kann. Bei mir lief alles, wie es sein sollte.“ Das klang ziemlich langweilig. „Aber irgendwann wollte ich mehr“, gestand Cleo ihm schulterzuckend.
„Mehr?“
Mehr, als sie nach einer geplatzten Verlobung in einer Kleinstadt voller mitleidiger Blicke erwartete. Vor allem mehr als den Schwächling, den sie fast geheiratet hätte. Sehr viel mehr als Brian!
„Klingt dumm, nicht wahr?“
Auf keinen Fall durfte sie Khaled gestehen, warum sie aus Brians Eigentumswohnung schnurstracks in ein Reisebüro gerannt war. Damit hätte sie verraten, wie blind und naiv sie gewesen war. Und beides war der Sultan bestimmt nicht.
Mitleid hätte sie nie mehr ertragen.
Khaled lächelte. „Das kann ich so nicht beantworten.“
„Mein ganzes Leben war damals praktisch vorprogrammiert.“ Brian hatte die Verlobung nicht lösen wollen. Doch Cleo hatte darauf bestanden. Und der gute Brian war nicht der Einzige gewesen, der gefunden hatte, sie hätte seinen „kleinen Ausrutscher“ etwas zu sehr hochgespielt. „Das Leben ist nun mal kein Märchen“, hatte seine Schwester Marnie ihr klarzumachen versucht.
Cleo rang sich ein Lächeln ab. „Es wäre kein schlechtes Leben gewesen, und ich hätte damit wohl zufrieden sein können. Das sind viele. Außerdem bin ich in meinem Heimatort verwurzelt, und das bedeutet viel.“
„Dennoch waren Sie nicht glücklich.“ Einen Moment lang betrachtete Khaled sie, und Cleo hätte sich seinem eindringlichen Blick am liebsten entzogen, der viel zu viel zu entdecken schien. „Vielleicht wollten Sie lieber Flügel haben als Wurzeln.“
Es traf sie wie ein Blitz, dass ein Mann wie er sie so gut verstand. Da Cleo nicht wusste, was sie daraus machen sollte, sprach sie schnell weiter. „Also beschloss ich, etwas Großes zu tun.“ Am liebsten wäre sie damals im Erdboden versunken, und wegzufliegen war das Nächstbeste gewesen. Impulsiv wollte sie auffahren, dann fiel ihr ein, wie schmutzig ihre Fingernägel waren, und sie ließ die Hände schnell sinken. „Die Welt ist ja wirklich groß.“
„Sagt man jedenfalls.“
Machte der Sultan sich über sie lustig?
„Und ich wollte mehr“, fuhr sie entschlossen fort.
Zwei Tage, nachdem sie Brian mit seiner Freundin erwischt hatte, war sie in die große weite Welt hinausgeflogen. „Leider verstehen Leute, die mit ihrem kleinen Leben zufrieden sind, so etwas falsch.“
„Die meisten führen nur ein kleines Leben“, bemerkte der Sultan.
Cleo vergaß sich und lachte schallend. „Woher wollen ausgerechnet Sie das wissen?“
Befremdet sah er sie an.
Sie dachte nicht daran, sich zu entschuldigen. „Lachen Sie ruhig“, platzte sie heraus. „Es wird Sie nicht umbringen.“
In seinen Augen blitzte es auf, und ihr Herz schlug schneller. „Sind Sie sich dessen sicher?“
Irgendwie brachte Cleo kein Wort hervor.
„Aber Sie haben recht“, fuhr Khaled amüsiert fort. „In meinem Leben gibt es viele Dinge, aber nichts davon ist wirklich klein.“
Mit einer lockeren Handbewegung bedeutete er ihr fortzufahren. Und Cleo tat es. Was hatte sie zu verlieren? Ins Wasser gesprungen war sie schon. Jetzt brauchte sie nur noch zu schwimmen.
„Als ich die Flugtickets kaufte, war mir doch ein bisschen komisch zumute.“ Das war nur die halbe Geschichte. Von den Dingen, die Brian ihr vorgehalten hatte, brauchte der Sultan nichts zu wissen. Sie sei hart und kalt und wirklichkeitsfremd – das sei ihr Problem. Stimmte das? Vielleicht sah Khaled sie ja auch wie Brian. Unsicher blickte sie den Sultan an. „Aber wer sagt, man müsste sich für jemanden entscheiden? Oder für etwas? Viele glauben, sie fühlen sich besser, wenn sie etwas tun, das man nicht zurücknehmen kann. Ich will mich nicht festlegen.“
Nun lächelte Khaled tatsächlich, zwar eher nachsichtig, aber das war schon etwas. Und dann lächelte er noch einmal. Als hätte sie etwas Poetisches gesagt, statt ihrem Herzen etwas zu freimütig Luft zu machen.
„Sie sind keine gewöhnliche junge Frau, Cleo“, sagte er, und sie schmolz unter seinem Blick dahin. In diesem Moment hätte sie alles dafür gegeben, damit er sie weiter so ansah … als wäre sie wunderbar. „Für mich sind Sie sogar eine faszinierende Frau.“
Ach, wie sehr wünschte sie sich, dass er sie wunderbar fand – mehr, als sie sich eingestehen wollte! Und sie hätte schwören können, dass er es wusste. Das verriet ihr die Art, wie dieser harte Mann sie anlächelte.
„Danke“, erwiderte sie schlicht.
„Sie sagten, Sie wollten nur noch zwei Wochen herumreisen.“ Erstaunlich, dass er sich daran erinnerte. Sie nickte und sah ihn erwartungsvoll an. „Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, Cleo. Und ich hoffe, Sie lassen ihn sich durch den Kopf gehen.“
„Natürlich.“ Sie wartete und wagte kaum zu atmen.
„Verbringen Sie diese letzten beiden Wochen hier“, schlug er ihr vor.
Er beugte sich vor, und Cleo hatte das Gefühl, ihre Brust müsste vor Glück zerspringen, als er ihre Hand nahm. Seine Wärme und Stärke schienen sich auf sie zu übertragen, breiteten sich wie eine Droge in ihr aus. Sie fühlte sich benommen und wie berauscht.
Er konnte ihrer so sicher sein, als hätte er sie doch noch in eine Zelle gesperrt.
Dann sah er ihr in die Augen, und sie hätte schwören können, dass ihm ebenso wilde, verrückte Dinge vorschwebten wie ihr.
Einen Moment lang gab es nur sie beide.
„Bleiben Sie bei mir“, sagte er leise.
Und Cleo wäre nicht im Traum eingefallen, seine Bitte abzulehnen.
Wenig später fand Cleo ihren abgetragenen Rucksack in den Räumen vor, die man ihr für die Dauer ihres Aufenthalts zugewiesen hatte – ein letzter Hauch von Wirklichkeit inmitten des Märchens aus tausendundeiner Nacht, in dem sie aus heiterem Himmel gelandet war. Was Khaled beiläufig als ihre Räume bezeichnet hatte, war eine palastartige Luxussuite, die den Märchen entnommen zu sein schien, über die ihre Schwester sich lustig gemacht hatte.
Die Wände leuchteten in warmen Rottönen, das mächtige breite Bett schmückten Kissen in Edelsteinschattierungen, darüber wölbte sich ein Himmel wie eine Traumerscheinung. Den Boden bedeckten kostbare weiche Teppiche mit fantasievollen, harmonisch aufeinander abgestimmten Mustern und Farben. Die Türen bestanden aus gitterähnlichen kunstvoll geschnitzten dunklen Hölzern und führten auf einen langen Balkon mit Blick auf den Palastgarten hinaus. An den Wänden hingen erlesene Kunstwerke, und die Decken und Bögen zierten komplizierte Mosaikarbeiten.
Außerdem standen Cleo ein Salon, ein Ankleideraum und ein begehbarer Schrank zur Verfügung, der so groß war wie die meisten Apartments bei ihr zu Hause – dazu ein luxuriöses Bad, in dessen Wanne Cleo glatt schwimmen könnte, wenn ihr danach war.
Eine beflissene Bedienstete namens Karima umschwirrte Cleo, als wäre sie eine Prinzessin, und half ihr am ersten Abend in die Badewanne. Danach brachte sie ihr das schönste Gewand, das Cleo je gesehen hatte.
„Das gehört mir nicht“, wehrte sie ab und tastete über den seidigen dunkelblauen Stoff, der sich an ihren sträflich rauen Händen ungewohnt anfühlte. „Das kann ich nicht …“
„Der Sultan besteht darauf“, betonte Karima. Keine Widerrede! hieß das wohl.
Wenn sie hierblieb, nahm Cleo sich während der himmlischen Augenblicke im Luxusbad vor, musste sie Khaled klarmachen, dass er ihr nichts zu befehlen hatte.
Als sie jedoch später am Abend in seinen privaten Speisesaal geführt wurde, kam sie sich vor wie in einer anderen Welt. Es fiel ihr schwer, sich vor Augen zu halten, dass alles das kein Traum, sondern Wirklichkeit war.
Das lange königsblaue Seidengewand, das der Sultan ihr geschickt hatte, war kostbarer als alles, was sie je getragen hatte. Es gab ihre Schultern frei und fiel ihr wie ein seidiger Schleier bis zu den nackten Füßen in den Silbersandaletten. Das Haar hatte sie gewaschen und offen gelassen, sodass es ihr bei jeder Bewegung schimmernd um die Schultern floss. Karima hatte ihr sogar zartes Lipgloss gebracht. Noch nie hatte Cleo sich so sinnlich und weiblich gefühlt.
Der Sultan erwartete sie im kleinen Speisesaal, in dessen Mitte eine Wasserfontäne plätscherte. Die Fenster gingen auf einen blühenden Innenhof hinaus, von dem exotische Düfte hereinströmten.
Wieder war Khaled schwarz gekleidet, nur trug er jetzt Hemd und Jackett, sodass Cleo auch seine weltoffene Seite kennenlernte.
Als er sich ihr zuwandte, blieb sie stehen und musste daran denken, wie oft Brian vergeblich versucht hatte, eine elegante Frau aus ihr zu machen. Diese atemberaubende Verwandlung hätte sie nicht für möglich gehalten. Vorsichtig bewegte sie sich auf ihn zu, während der Sultan sie eingehend von Kopf bis Fuß musterte.
Dann blickte er ihr ins Gesicht, und Cleo war selig, als sie den bewundernden Ausdruck in seinen Augen sah. Er sagte ihr, dass er sie schön fand, von ihr ebenso fasziniert war wie sie von ihm.
„Danke, dass Sie mir Gesellschaft leisten, Cleo“, sagte er warmherzig, als spürte er ihre Unsicherheit. „Ich bin sehr viel traditionsverwurzelter als die meisten heutzutage und finde nichts hinreißender als eine Frau in einem schönen Kleid.“
Wie konnte sie anders, als ihn anstrahlen?
Als Khaled ihr einladend die Hand reichte, warf sie die letzen Bedenken über Bord und ergriff sie.
„Sie dürfen mir nicht ständig Geschenke machen, Khaled“, hielt Cleo ihm einige Tage später gespielt streng vor.
Er hatte sich daran gewöhnt, morgens lange und ausgiebig mit ihr zu frühstücken, obwohl ihm die Zeit dazu eigentlich fehlte. Diesen Luxus gestattete er sich nun. Es machte ihm Spaß, in der kleinen sonnenüberfluteten Frühstücksnische mit Cleo inmitten von Kissen zu sitzen und zu beobachten, wie sie aufblühte und mit jedem Schluck Kaffee mehr aus sich herausging.
Tagtäglich wurden sie vertrauter miteinander. Manchmal berührte Khaled wie unabsichtlich ihre Hand, einen Arm, ihr Bein und beobachtete fasziniert, wie sie erschauernd einatmete. Heute zupfte er sie sogar sanft am Pferdeschwanz, und der Ausdruck in ihren Augen verriet, dass sie wusste, was in ihm vorging.
Längst ging es ihm nicht mehr ums Spiel, um die erregende Jagd. Er wollte mehr.
„Es gefällt mir besser, wenn du dein Haar offen trägst“, bemerkte er sinnlich und sah, dass Cleo errötete. Wieso fiel es ihm bei dieser Frau zunehmend schwer, sich zu beherrschen? Natürlich wusste er, wie er vorgehen musste. Er durfte sie nicht drängen, musste sie geschickt dazu bringen, es selbst zu wollen. „Dann schimmert es wie Seide.“
„Khaled.“ Sie griff sich ins Haar und ließ die Hand sinken. „Das nehme ich dir nicht ab.“
„Wir sind hier in Jhurat.“ Er wollte sie herausfordern und genoss es, wie sie mitspielte.
„Ja, sicher.“
„Und bin ich nicht der Sultan von Jhurat?“
„So munkelt man“, bemerkte sie trocken, und er musste lachen. Erstaunlich, wie gut es ihm gelang, sie aus der Reserve zu locken.
Es macht das Spiel so viel reizvoller, flüsterte eine kleine innere Stimme – als wäre er wie andere Männer. Als bliebe ihm eine andere Wahl.
„Deshalb kann ich tun, was ich möchte.“ Er zuckte die Schultern. „Es macht mir Freude, dir etwas zu schenken, Cleo.“ Sanft ließ er einen Finger über ihre Wange gleiten, und etwas geschah mit ihm, als sie erbebte. „Möchtest du mir noch eine Freude machen?“ Er wartete ihre Antwort nicht ab. „Sei vorsichtig, was du jetzt sagst. Hier gelten bestimmte Gesetze.“
Wie erhofft, lachte Cleo erheitert.
Er konnte mit sich zufrieden sein. Die Amerikanerin gehörte ihm.
„Ist Ihnen klar, dass Sie ihr das Herz brechen werden?“, warnte Nasser ihn eines Abends, als er Khaled bei einem intimen Abendessen mit Cleo stören musste.
Khaled warf seinem Berater einen kühlen Blick zu, während sie durch die weitläufigen Prunkgänge des Palastes zu einer unverhofft angesetzten Besprechung mit dem Sicherheitsrat gingen. Wieder einmal hatte Talaad versucht, in der Provinz Unruhen anzustiften.
„Ich weiß, dass du dich ihretwegen sorgst“, erwiderte Khaled schärfer als beabsichtigt. „Aber ich kann dich beruhigen. Ich weiß genau, wie weit ich gehen darf. Und wo ich aufhören muss.“
„Ich frage mich nur, ob Sie so weit gehen müssen“, beharrte der besonnene Nasser. „Auf weniger stürmische Weise könnten Sie Ihr Ziel auch erreichen.“
„Verliebte hält keine Macht der Welt zurück“, wehrte Khaled ab. „Die vernünftigsten Menschen lassen sich zu Dummheiten hinreißen, wenn es sie erwischt hat. Die Verliebtheit verfliegt schnell, wenn die Wirklichkeit sie einholt.“
Mit Gefühlen belaste ich mich nicht, versuchte Khaled sich einzureden. Er hatte sich im Griff und behielt einen klaren Kopf. So mancher hätte bei der süßen unschuldigen Cleo schwach werden können. Für ihn war das Ganze nur ein Spiel.
Als sie seine Schwester in ihren Wagen ließ, war sie zur Figur in einem Schachspiel geworden, das Khaled spielen musste – und gewinnen würde.
„Noch gefährlicher ist verschmähte Liebe“, ermahnte ihn sein Beraterfreund. „Und das wissen Sie auch.“
„Cleo ist nicht wie meine Mutter.“ Gereizt rieb Khaled sich die Stirn. Daran wollte er nicht erinnert werden. Das Land war in Gefahr. Dafür musste er sich voll einsetzen. „Mein Kätzchen darf sich nicht eines Tages erheben und uns mit seinen Krallen überraschen, um sich damit selbst zu zerstören.“
Nasser verneigte sich leicht und hielt ihm die Tür zum Besprechungssaal auf.
„Ich bin nicht wie mein Vater“, hielt Khaled ihm schroff vor. „Ich weiß, was ich tue.“
„Wie Sie meinen, Euer Exzellenz“, erwiderte Nasser ehrerbietig.
Das war keine Antwort.
Aber Khaled blieb keine andere Wahl.
Selbst wenn es eine andere Möglichkeit gegeben hätte, musste er so handeln. Doch Nassers Worte ließen ihn nicht los. Weil er egoistisch war – wie sein Vater. Wenn er allein war, gestand er es sich ein.
Aber das änderte nichts.
Sein Vater hatte in voller Absicht gehandelt. Für ihn, Khaled, gab es keine andere Wahl, keine Entschuldigung. Er würde Cleo vor dem Schlimmsten bewahren, dem Schicksal seiner Mutter – aber konnte er sie auch vor sich schützen?
Wenn nicht, war er ein Ungeheuer.
Einige Abende später schlenderte Khaled mit Cleo durch den mondüberfluteten Palasthof. Im milchigen Licht wirkte sie wie in Silber getaucht, fast feenhaft. Und als sie ihn anlächelte, nachdem er sich abschätzig über ein dummes Buch geäußert hatte und Cleo anderer Meinung war, ging ihm dieses Lächeln durch und durch.
In den zwei Wochen hatte er eine Schönheit aus ihr gemacht. Es wurde Zeit, dass sie ihm ganz gehörte, auch wenn ihn das zum Ungeheuer machte.
Seit er ihr gesagt hatte, ihr Haar gefiele ihm offen besser, hatte sie es nicht mehr zurückgebunden. Und sie wehrte sich auch nicht mehr dagegen, dass er ihr Kleider und kleine Dinge schenkte. Je länger er sie beobachtete, umso erstaunlicher verwandelte sie sich vom derben Westerngirl in ein herrlich weibliches Wesen, mit dem er sich wunderbar unterhalten konnte. Manchmal begehrte Cleo sogar auf und widersprach ihm. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer wurde er: Sie war die vollkommene Frau für ihn.
Mit der Figur, ihrer natürlichen Anmut würde sie weltweit als Schönheit gefeiert werden. Ihre Romanze würde die Leute ins Schwärmen bringen – besser konnte er es sich gar nicht wünschen.
Außerdem hatte Cleo offenbar Feuer gefangen. Sie ging mehr und mehr auf ihn ein, schien sich stark zu ihm hingezogen zu fühlen – obwohl sie keine Ahnung hatte, was er vorhatte.
Es überraschte Khaled selbst, wie er auflebte, wie lebendig er sich fühlte, wenn er mit ihr zusammen war. Dennoch konnte er sich Gefühle nicht leisten – die sie beide zerstören würden.
Er musste Cleo an den Rand der Klippe bringen – abstürzen durfte sie nicht.
„Du hörst mir nicht zu“, hielt sie ihm vor und verdrehte vorwurfsvoll die Augen. „Das gilt in unserer beider Kultur als ungezogen, findest du nicht?“
Du wirst ihr das Herz brechen, hatte Nasser ihn gewarnt. Aber Khaled hatte nie vorgegeben, ein edler Mensch zu sein. Er war zu allem entschlossen.
Und ach so egoistisch!
„Du wagst es, einem Sultan Vorhaltungen zu machen?“, versuchte er im Mondlicht, mit ihr zu flirten.
Er nahm ihre Hand, und sein Verlangen wurde übermächtig. War er verliebt? Er begehrte Cleo mehr, als er sich gestatten durfte.
Doch er musste sich beherrschen.
Weil ihm nichts anderes übrig blieb. Weil er nicht wie sein Vater war.
„Ich wage es“, versicherte sie ihm kühn, und er lächelte.
„Komm her“, flüsterte er und zog sie an sich.
Und Cleo schmiegte sich an ihn und atmete erregt, sah ihn im Mondlicht so verlangend an, dass er ihr nicht widerstehen konnte.
Er versuchte es nicht einmal.
„Wenn du so tollkühn bist, küss mich“, forderte er sie heraus.
Er spürte, dass sie erschauerte. Als sie verheißungsvoll den Kopf zurückbog, erlag er dem lockenden Ausdruck in ihren Augen, dem Verlangen, das ihn durchflutete. Er wollte sie spüren, sie besitzen wie noch nie etwas in seinem Leben.
Selbst wenn er die Kontrolle verlor.
Als Cleo sich auf Zehenspitzen erhob und ihn verklärt ansah, war es um ihn geschehen. Sie war so begehrenswert und weiblich, so wunderschön mit dem seidigen offenen Haar und duftete nach Jasmin. Er wollte sie spüren, sie besitzen …
Erbebend drängte sie sich an ihn, und er hielt sie umfangen, versuchte den magischen Augenblick hinauszuziehen. Nur ein Kuss, sagte er sich und beugte sich über sie.
Und dann begann das Dunkle, das Raubtier in ihm zu brüllen, hungrig und unbezähmbar …
Ihre Lippen fanden sich, und alles in ihm schmolz dahin …
Verlangen durchzuckte Khaled wie ein Feuerstrahl – es traf ihn unerwartet und gnadenlos, die Knie drohten unter ihm nachzugeben.
So etwas hatte er noch nie erlebt – sein Herz raste, das Blut kochte in seinen Adern, er gierte nach mehr.
Mehr von Cleos Lippen, ihrem Duft, ihrem Sein. Mit ihrem herrlichen Körper presste sie sich an ihn und elektrisierte ihn. Aus dem Kribbeln wurde Hämmern, ein Taumel, der alles auslöschte. Benommen nahm Khaled wahr, dass Cleo leise stöhnte, er versank in der Wärme ihrer Lippen, die sie weich auf seinen bewegte.
Der Kuss war Enthüllung und Verdammnis zugleich. Khaled konnte nichts mehr denken. Er vergaß, was er vorhatte und wer er war, warum er dieses Spiel begonnen hatte und wie es weitergehen sollte.
Er war nur noch Mann. Und wahnsinnig lebendig. Ungeduldig schob er die Finger in ihr Haar, drückte ihren Schoß an seine pulsierende Härte.
Dann überrumpelte er sie einfach.
Er küsste sie suchend, verlor sich mit der Zunge in den Tiefen ihres Mundes, der ihn mit nie geahnten erotischen Genüssen lockte. Sie schmeckte nach Honig, und er wollte mehr – sie fühlen, sie hochheben, ihre Schenkel um sich spüren. Cleo einfach nehmen. Hier und jetzt. Die Begierde in seinem Blut war wie ein Strudel, der ihn unaufhaltsam mit sich zog.
Der Kuss wurde ungestümer, immer leidenschaftlicher. Khaled verlor sich im Mahlstrom der Ekstase, Cleo gehörte ihm. Ihm. Sie drängte ihm entgegen, erkundete und schmeckte ihn … raubte ihm den letzten Rest Verstand.
Noch lange nicht genug! schrie es in ihm. Er konnte nicht genug von ihr bekommen.
Das war kein langsamer sinnlicher Tanz, wie er ihm vorgeschwebt hatte. Und sehr viel mehr als ein Vorspiel. Es war wie eine Feuersbrunst, ein Flächenbrand, eine dunkle gefährliche Macht, die außer Kontrolle geriet. Er konnte nicht anders … gab sich einfach dem Feuersturm hin, den Cleo in ihm entfesselte – den er insgeheim erträumt hatte …
Khaled hätte nicht sagen können, wann er Cleo zu einer Steinbank gezogen hatte. Erregt zog er sie zu sich auf den Schoß, sodass sie auf ihm saß und seine Härte spüren konnte.
Als Cleo wollüstig aufstöhnte, konnte er sich nicht mehr beherrschen. Das Mondlicht tauchte sie in silbernen Schein, und er sah den verlangenden Ausdruck in ihren schönen Augen – nacktes Begehren, das sie magisch zueinanderzog.
Wieder suchte er ihren Mund, und wieder überrollte ihn dieses unsägliche Verlangen, sie zu besitzen. Auf der Stelle. Wieder und wieder. Bis der Bann gebrochen war. Bis sie im Rausch der Leidenschaft seinen Namen schrie. Bis dieser Wahnsinn sie beide umbrachte.
Als Cleo ekstatisch den Kopf zurückbog, bedeckte er ihr Kinn, das Gesicht, den Hals mit Küssen, suchte den Ansatz ihres Kleides.
Auf einmal gab es für Khaled kein Halten mehr. Von jeher hatten weibliche Rundungen ihn fasziniert, doch als er den Stoff beiseiteschob, raubte der Anblick ihrer kleinen festen Brüste mit den harten Spitzen ihm den Atem.
„Khaled“, seufzte sie sehnsüchtig.
Er streichelte ihre Brust, und Cleo schloss die Augen, atmete bebend ein.
Sie war ein Wunder. Und er würde sie besitzen. Er presste sie enger an sich, und sie bewegte sich wiegend auf ihm, trieb ihn zum Äußersten – dann hörte er sie scharf einatmen, sah, dass ihr Gesicht sich rötete – als hätte sie …
Er konnte nicht anders, beugte sich über die andere Brust und sog ihre Spitze tief in sich hinein.
Als Cleo sich aufbäumte und aufstöhnend in sich zusammensank, wurde ihm bewusst, dass er sich mit dieser Frau Probleme eingehandelt hatte.
Ermattet und beschämt kam Cleo wieder zur Besinnung. Sie saß nicht mehr rittlings auf Khaleds Schoß, sondern lag in seinen Armen. Und spürte, dass er nun anders war … unerwartet distanziert.
Was musste er jetzt von ihr denken? Dass sie ein Flittchen war und so sexsüchtig, dass sie zum Höhepunkt kam, wenn er auch nur ihre Brustwarze küsste? Entsetzt über sich selbst erschauderte sie. Mit ihrem traurigen Mangel an Selbstbeherrschung hatte sie den wunderbaren Traum der letzten beiden Wochen zerstört.
Sie wagte nicht, Khaled anzusehen.
Wütend auf sich selbst, platzte Cleo schließlich heraus: „Entschuldige, aber gehört es zu deinen Regeln, dass der Sultan unberührbar ist? Das hättest du mir sagen sollen.“
„Ach Cleo, du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ Ihre Hemmungslosigkeit hatte ihn nur noch mehr erregt. „Du hast dich in meinen Armen fallen lassen, dich völlig vergessen. Das ist das Natürlichste von der Welt.“
Verlegen richtete Cleo sich auf und entzog sich ihm. Er versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Das Toben der Sinne klang immer noch in ihr nach. Benommen zupfte sie sich das Kleid zurecht. Wenn sie bedeckt war, würde das Ganze sich in Luft auflösen und alles wieder wunderbar sein.
Doch ihr Körper ließ sich nicht überrumpeln. Ihre Brustspitzen prickelten immer noch, und die Hitze zwischen ihren Beinen war wie ein Nachbeben nach dem Vulkanausbruch.
„Ich habe das nicht gewollt, Khaled“, gestand sie ihm steif.
Reglos saß er neben ihr auf der Steinbank, im Mondlicht wirkte er wie eine Statue – kraftvoll, unerschütterlich und kalt. Cleo dachte daran, wie leidenschaftlich er sie geküsst, sie an sich gepresst hatte, und etwas geschah mit ihr …
„Wie viele Liebhaber hast du schon gehabt?“, fragte Khaled nach einer Weile.
Sie zuckte zusammen, als hätte er ihr einen Kübel Eiswasser übergestülpt.
„Wie bitte?“ Brian … Er war der Einzige, mit dem sie geschlafen hatte, aber als Liebhaber konnte sie ihn beim besten Willen nicht bezeichnen. Schon gar nicht jetzt.
„Wie viele?“
„Darauf muss ich dir nicht antworten“, erwiderte sie stolz. „Das geht dich nichts an. Warum interessiert es dich überhaupt?“
Einen Augenblick lang sah Khaled sie nur an, und Cleo wurde bewusst, wie kühl die Nachtluft geworden war. Erschauernd verschränkte sie die Arme vor der Brust.
Erst nach einigen Augenblicken hatte sie sich wieder so weit gefangen, dass sie etwas sagen konnte.
„Darauf kann ich dir nicht antworten, sonst würde alles noch peinlicher werden.“
Um Khaleds Lippen zuckte es. „Soweit ich weiß, ist noch niemand an Peinlichkeiten gestorben“, erwiderte er amüsiert.
Na gut. Cleo beschloss, den Spieß einfach umzudrehen. „Und wie viele Geliebte hattest du?“, fragte sie kühn.
„Genug.“ Wieder sah er sie so seltsam an. „Aber leider kann ich deine Antwort nicht akzeptieren.“
„Aha. Das klingt verdächtig nach doppelter Moral“, hielt sie ihm locker vor.
Khaled zuckte nur die Schultern. „Mag sein. Ich war nie sehr emanzipiert. Trotzdem möchte ich es wissen.“
Das sagte er, als hätte er ein Recht darauf, persönliche Dinge von ihr zu erfahren. Sein Ton, seine selbstverständliche Art veranlassten Cleo, sich zu fügen.
„Einen“, gab sie widerstrebend zu. „Wir kannten uns seit der Collegezeit und wollten heiraten.“ Sie schnitt ein Gesicht. „Aber dann haben wir es doch nicht getan.“
„Und wann war das?“, fragte Khaled. Steif saß er da und wartete auf ihre Antwort.
Am liebsten hätte Cleo sich in Schweigen gehüllt. „Vor einem halben Jahr“, gestand sie ihm zögernd.
Einen Moment lang zeigte seine Miene keine Regung.
Dann streifte er ihr das Haar hinters Ohr und sah sie forschend an. „Aha. Er genügte dir nicht. Du wolltest mehr.“
Wieder fuhr sie auf. „Vielleicht. Aber dann habe ich ihn zwei Wochen vor der Hochzeit in einer eindeutigen Situation mit seiner Freundin erwischt.“
Es machte sie wütend, dass Khaled eine Braue hochzog – gleichzeitig schämte sie sich. Und brauste aus einem ihr selbst nicht erklärlichen Grund auf.
„Falls du dich fragst, warum, verrate ich es dir.“ Sie wollte es schnell hinter sich bringen. Khaled würde mitleidig reagieren, und sie musste nicht mehr so tun, als könnte diese märchenhafte Begegnung gut enden. „Er hielt mir vor, frigide zu sein.“
Doch Khaled verhielt sich ganz anders, als sie erwartet hatte. Er wirkte traurig, aber auch irgendwie gefährlich. Zart strich er ihr über die Wange. Wollte er sich entschuldigen? Als er ihr Kinn umfasste und ihr in die Augen blickte, konnte Cleo sich nicht rühren.
„Du magst vieles sein“, sagte er leise, beunruhigend eindringlich. „Aber frigide bist du nicht – wie wir beide gerade bewiesen haben.“
Nun hätte Cleo sich ihm entziehen, irgendetwas tun müssen – doch sie sah ihn nur gebannt an. Die Spannung zwischen ihnen wuchs. Was mochte in ihm vorgehen? Er blickte sie weiter so seltsam an, und um seinen Mund lag ein grausamer Zug.
Sie wollte nicht, dass sie so auseinandergingen. Weil sie ihn begehrte. Dennoch stand Brian zwischen ihnen – der nur ein jämmerlicher Schwächling war.
„Alle rieten mir, ihn trotzdem zu heiraten“, gestand sie Khaled kämpferisch. „Heutzutage Treue zu erwarten, sei naiv und dumm. Ich sei wirklichkeitsfremd und hinge romantischen Träumereien nach, die längst überholt seien.“
„Keine Sorge, Cleo“, erwiderte Khaled, ohne sie freizugeben. Sie fühlte sich benommen – in einem seltsamen Schwebezustand. „Für mich ist Treue wichtiger als alles andere. Und da ich hier der Sultan bin, entscheide ich, was wirklichkeitsfremd ist.“
Verrückte Gedanken stürmten auf Cleo sein, die sie nicht zu Ende denken konnte. Etwas in Khaleds Ton, seinem Blick war merkwürdig. Normalerweise sagte er so etwas eher scherzhaft.
„Meinst du deine Treue oder meine?“, flüsterte sie. „Das dürfte nicht das Gleiche sein. Männer haben da oft eine gewisse Doppelmoral.“
Khaled brummelte etwas, das wie eine Verwünschung klang, und gab sie frei.
Sollte sie jetzt enttäuscht sein? Sie spürte den Druck seiner Finger immer noch auf ihrer Haut und sehnte sich nach seinen Berührungen.
„Du bringst mich noch um, mein Kätzchen“, sagte er so leise, dass sie im ersten Moment glaubte, sich verhört zu haben.“
„Ich bin kein Kätzchen.“ Das ließ sie nicht auf sich sitzen. „Wenn mich das nächste Mal jemand betrügt, bringe ich ihn um!“