Jura für Kids - Nicola Lindner - E-Book

Jura für Kids E-Book

Nicola Lindner

0,0
11,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Warum muss man zur Schule gehen? Muss doch jeder selber wissen, ob er was lernen will. Warum darf man nicht bei Rot über die Straße? Kommt doch eh kein Auto. Bei solchen Fragen lautet die Antwort oft: Weil es im Gesetz steht. Aber wieso kriegt ein Mörder einen Rechtsanwalt, der ihm hilft, eine möglichst geringe Strafe zu bekommen? Ist das gerecht? Nicola Lindner hat einen anschaulichen Leitfaden durch unser Recht geschrieben, der die Welt der Paragraphen Kindern, Jugendlichen - und auch Erwachsenen - verständlich macht. Juristisches Wissen wird hier geschickt mit vielen Beispielen verknüpft. Denn Recht ist überall: Es begegnet uns vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Und es ist viel spannender, als man oft denkt!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Zum Buch

Jugendliche lesen keine Bücher, Jugendliche loaden down. Ausgeschnitten, eingefügt, fertig ist das Referat. Wozu also ein Buch? Ein Buch zum Thema «Recht»? Antwort: Weil unser Recht zu den wichtigsten und spannendsten Dingen zählt, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Nur wer unser Recht versteht, versteht auch unsere Gesellschaft, unsere Politik und natürlich unsere Rechtsprechung. Mit dem Downloaden einzelner Stichwörter ist es da nicht getan.

Kaum jemand weiß: Die Wahl zum Klassensprecher folgt den gleichen Regeln wie die Wahl zum Deutschen Bundestag. Kaum jemand versteht: Auch ein Mörder hat Rechte – etwa das Recht auf einen Verteidiger. Oder das Recht, nicht bis zu seinem Lebensende im Gefängnis sitzen zu müssen. Ungerecht? Falsches Recht? Oder doch gerecht?

Wer dieses Buch liest, weiß hinterher mehr über unser Recht als die allermeisten Erwachsenen. Versprochen.

Über den Autor

Dr. Nicola Lindner

Nicola Lindner

Jura für Kids

Eine etwas    andere Einführung in das Recht

C.H.Beck

Das Leben hat seine eigenen Regeln.

In Erinnerung an

Christina Baum (1969 bis 2014) Kirsten Baumann (1967 bis 2017)

Ihr fehlt.

1. Auflage in der Beck’schen Reihe. 2013 2., aktualisierte und erweiterte Auflage in C.H.Beck Paperback. 2015 3., aktualisierte und erweiterte Auflage in C.H.Beck Paperback. 2019

Originalausgabe

4., aktualisierte und erweiterte Auflage in C.H.Beck Paperback. 2022 www.chbeck.de

© Verlag C.H.Beck oHG, München 2013 Umschlagentwurf: geviert.com, Christian Otto Icons im Text: © schmid Grafikdesign, Dreieich Satz: Fotosatz Amann, Memmingen ISBN Buch 978 3 406 79411 7 ISBN eBook (epub) 978 3 406 79482 7 ISBN eBook (PDF) 978 3 406 79483 4

www.chbeck.deDie gedruckte Ausgabe dieses Titels erhalten Sie im Buchhandel sowie versandkostenfrei auf unserer Websitewww.chbeck.de.

Dort finden Sie auch unser gesamtes Programm

Inhalt

Vorwort zur vierten Auflage

Vorwort

1. Kapitel Recht – Was ist das?

I. Von Regeln und Gesetzen

1. Ohne Regeln herrscht Chaos

2. Je mehr Menschen, desto mehr Regeln

3. Aus einer Regel wird ein Gesetz

4. So sehen Gesetze aus

II. So entsteht ein Gesetz

1. Gesetze fallen nicht vom Himmel

2. Die Volksvertreter machen Gesetze

3. Von der Idee für ein Gesetz bis zu seiner Verkündung

a. Die Idee zu einem Gesetz

b. Drei Beratungen im Bundestag

c. Oft muss der Bundesrat zustimmen

d. Der Bundespräsident unterschreibt und verkündet

2. Kapitel Wie das Recht regiert

I. Wir leben in einem Rechtsstaat

1. In einem Rechtsstaat herrscht das Recht, sonst keiner

2. Alle müssen sich an das Recht halten – auch die Polizei

a. «Finaler Rettungsschuss»

b. Keine «Rettungsfolter»

3. «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser» – Die Gewaltenteilung

a. Die erste Gewalt macht die Gesetze – Die Gesetzgebung

b. Die zweite Gewalt führt die Gesetze aus – Die Verwaltung

c. Die dritte Gewalt kontrolliert – Die Rechtsprechung

d. Welche Gewalt hat die meiste Macht?

II. Auch Gesetze müssen Regeln folgen

1. Ist auch ein ungerechtes Gesetz gültig?

2. Keine schwammigen Gesetze – Gesetze müssen klar sein

3. Gesetze gelten nur für die Zukunft – Das Rückwirkungsverbot

4. Gesetze müssen die Grundrechte beachten

III. Nur der Staat darf bestrafen

1. Rache und Selbstjustiz sind verboten

2. Aber wehren darf man sich – Die Notwehr

3. Der Staat setzt das Recht für den Bürger durch

a. Mein Geld darf ich mir nicht selber holen

b. Die Blendung – ein Fall aus dem islamischen Recht

3. Kapitel Alles was Recht ist

I. Das Strafrecht: Gehe in das Gefängnis …

1. Was man alles nicht tun darf – Die Straftaten

2. Darum müssen Strafen sein

3. Wer bestimmt, wie ein Täter bestraft wird?

4. Geldstrafe oder Gefängnisstrafe?

a. Meistens verhängt der Richter eine Geldstrafe

b. Nur bei schweren Straftaten muss man ins Gefängnis

5. Wer 14 Jahre alt ist, kann bestraft werden – Das Jugendstrafrecht

6. Nicht so schlimm, aber doch verboten – Die «Owis»

II. Das Zivilrecht: Wenn zwei sich streiten

1. Da steht (fast) alles drin – Das Bürgerliche Gesetzbuch

2. Allgemeiner Teil – Mit deinem Taschengeld kannst du dir kaufen, was du willst!

3. Schuldrecht – Das Recht der Schuldverhältnisse

a. Wer etwas geschenkt bekommt, schließt einen Vertrag

b. Auch Kinder und Jugendliche können schadensersatzpflichtig werden

aa. Deliktsfähigkeit – § 828 BGB

bb. Ersatzpflicht aus Billigkeit – § 829 BGB

4. Sachenrecht – Mit deinen Sachen kannst du machen, was du willst!

5. Familienrecht – Alles rund um die Familie

a. Was passiert, wenn sich Eltern scheiden lassen?

aa. Zu wem kommen die Kinder?

bb. Der eine betreut, der andere zahlt

b. Was passiert, wenn es dir zu Hause nicht gut geht?

aa. Noch vor 100 Jahren durften Eltern ihre Kinder schlagen

bb. Das Jugendamt hilft

cc. Und was kannst du machen?

dd. Gesetze, die Kinderrechte stärken sollen

c. Wer heiratet, schließt einen Vertrag

aa. Keine «Kinderehe» und die «Ehe für alle»

bb. Die Ehe ist ein Vertrag und jede Leistung ist gleich viel wert!

6. Erbrecht – Was passiert, wenn deine Oma stirbt?

III. Das Öffentliche Recht

IV. Das Völkerrecht

4. Kapitel Das höchste Recht

I. Als dein Opa ein kleiner Junge war

II. Deutschland soll es wieder besser gehen – die Entstehung des Grundgesetzes

III. Unser Grundgesetz

Erster Teil: Die Grundrechte

a. Die Menschenwürde

b. Die Religionsfreiheit

c. Die Meinungsfreiheit

d. Die Kunstfreiheit

e. Das Eigentum

Zweiter Teil: So ist unser Staat organisiert

a. Wie der Bundestag gewählt wird

b. Der Bundestag wählt seinen «Chef» und dann den Bundeskanzler

c. Der Bundeskanzler bestimmt die Regierung

d. Wer ist «Chef» von Deutschland? – Der Bundespräsident

e. Der Bundesrat hat auch was zu sagen – 16 Bundesländer mischen mit

f. Verfassungswidrig! – Das Bundesverfassungsgericht

5. Kapitel Hier wird Recht gesprochen

I. Die ordentlichen Gerichte

II. Auch Richter können sich irren – Die Überprüfung von Urteilen

1. Die Amtsgerichte – «kleine Fische»

a. Strafrichterin oder Strafrichter

b. Zivilrichterin oder Zivilrichter

c. Der Bürger braucht keinen Anwalt

d. Berufung zum Landgericht

2. Die Landgerichte – «große Fische»

a. Das Landgericht als Strafgericht

b. Das Landgericht als Zivilgericht

c. Vor das Landgericht nur mit einem Anwalt!

3. Das Oberlandesgericht überprüft

4. Der Bundesgerichtshof

a. Der Weg zum BGH ist schwer

b. Fünf Richter entscheiden

III. Gerichte der besonderen Gerichtsbarkeit

6. Kapitel Berufe im Namen des Rechts

I. So wird man Jurist

II. Der Richter

1. Richter entscheiden Streitigkeiten

2. Der gesetzliche Richter

3. Ein typischer Arbeitstag eines Zivilrichters

4. Der Richter spricht «im Namen des Volkes»

5. Die Göttin Justitia und die Neutralität des Richters

6. Warum Richter Roben tragen

7. Richter sind unabhängig

8. Hat kein Recht studiert – Der Schöffe

9. Der Schiedsrichter

III. Rechtsanwälte

1. Warum gibt es Rechtsanwälte?

2. Rechtanwälte als Strafverteidiger

3. Und wenn man sich keinen Rechtsanwalt leisten kann?

4. Der Rechtsanwalt muss schweigen – Das Anwaltsgeheimnis

5. Rechtsanwälte verhindern Streitereien

IV. Der Staatsanwalt

1. Liegt eine Straftat vor?

2. «Ich erstatte Anzeige!»

3. Der Staatsanwalt hat einen Helfer – Die Polizei

4. Unschuldige gehören nicht «hinter Gitter»

5. Staatsanwälte brauchen eine Erlaubnis des Richters

6. Nicht, dass der Beschuldigte entwischt – Die U-Haft

7. Staatsanwälte klagen an

8. Staatsanwälte vollstrecken das Urteil

V. Andere juristische Berufe

1. Juristen im Gefängnis

2. Juristen in Unternehmen

a. Darf man «Drückebergern» kündigen? – Das Arbeitsrecht

b. Wie darf ich meine Nudeln nennen? – Das Wettbewerbsrecht

c. Hilfe, es brennt! – Juristen als Feuerwehr

3. 1001 Behörde – Juristen in der Verwaltung

7. Kapitel Recht in der Schule

I. Schulrecht

II. Entscheidungen des Lehrers sind grundsätzlich hinzunehmen

1. Mündliche und schriftliche Noten sind nicht überprüfbar

2. Zeugnisse und das Abitur sind in engen Grenzen überprüfbar

III. Bauchfreie Tops und knappe Röcke …

IV. Handys in der Schule

V. Täuschungshandlungen

1. Handys

2. Falsche Angabe der geschriebenen Worte

VI. «Pädagogische Maßnahmen» und Ordnungsmaßnahmen

VII. Schuleschwänzen

VIII. Cybermobbing

1. Straftaten mit dem Handy

a. SMS

b. Tonaufnahmen

c. Bildaufnahmen

2. Die Polizei ermittelt

3. Wie wird der Täter bestraft?

8. Kapitel Recht ganz praktisch

I. Ein Strafverfahren: Adam und die gefährliche Körperverletzung

II. Ein Zivilverfahren: Der misslungene Urlaub

9. Kapitel Recht im Alltag

I. Gekauft! Brötchen, Jeans und Onlinehandel

1. «Don’t touch the Brötchen»

2. Gekauft ist gekauft – der Hintern bleibt dick

3. Amazon und Co.- oder: «Ich überleg’s mir noch mal»

II. Erwischt! Was passiert, wenn man eine Leistung «erschleicht»

III. Abgewiesen! Die freiwillige Selbstkontrolle: FSK

IV. Kontrolle! Begegnungen mit der Polizei

1. Den Ausweis bitte!

2. Stopp, bitte anhalten!

3. Durchsuchung!

4. Bitte pusten!

5. Mitkommen!

10. Kapitel Recht gesprochen

I. Strafrecht – Wozu Menschen fähig sind

1. Wenn Raserei zu Mord wird – Der «Ku’damm-Raser-Fall»

2. Versuchter Mord in 89 Fällen – Rosenmontagsumzug in Volkmarsen

3. Müll darf man nicht wegnehmen – «Containern» verboten

4. Wahrsagerin im Gefängnis

5. «Rose-Rosahl»

6. «Katzenkönig»

7. «Sirius-Fall»

II. Zivilrecht – worüber man sich alles streiten kann

1. Chanelle legt für dich die Karten

2. Wenn einer eine Reise tut …

a. Zu viele Pinkelpausen

b. Schnarchender Sitznachbar

c. Das fehlende Doppelbett

d. Grüne Haare

3. Pippi Langstrumpf

4. Hinweispflichten

a. Jeden Tag Lakritze

b. Großes Fischsterben

c. Zu Risiken und Nebenwirkungen von Bier

III. Verwaltungsrecht – Wenn sich der Bürger mit dem Staat streitet

1. Sexualkunde

2. Feuerwehrkosten

3. Kirmesverbot

4. Keine Kostenübernahme für eine Schönheitsoperation nach Gewichtsabnahme

5. «Corona-Entscheidungen»

a. Keine Aussetzung der Abiturprüfung

b. Hochzeitsfeier nur im kleinen Kreis

c. Kein Abstandsgebot auf Kutschen

d. Kein Mehrbedarf für FFP2-Masken

e. Verkaufsverbot für Silvesterböller

Sachregister

Vorwort zur vierten Auflage

Kaum ist eine neue Auflage gedruckt, ist sie nicht mehr auf dem neuesten Stand. Anfang 2020 traten die Briten aus der Europäischen Union aus. Sie hat jetzt nur noch 27 Mitgliedsstaaten. Kurz darauf kam das Coronavirus und stellte unser gesamtes Leben auf den Kopf: durch Ausgangssperren, Coronatests, Homeschooling, Lockdown, Maskenpflicht, Quarantäne, Schulschließungen. Wo viel eingeschränkt wird, gibt es viele Klagen. Den Verwaltungsgerichten ist in den letzten beiden Jahren nicht langweilig geworden. Einige ihrer Entscheidungen finden sich im Kapitel «Recht gesprochen». Im September 2021 fanden dann die Bundestagswahlen statt – 736 Abgeordnete sitzen nun im Parlament, so viele wie nie zuvor. Und dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte – ein Krieg in Europa. Im Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine. Ein glatter Bruch des Völkerrechts und die bittere Erkenntnis, dass das Völkerrecht ein stumpfes Schwert ist.

Hoffen wir, dass der Krieg bald beendet und das Virus aus unserem Leben verschwunden sein wird.

Frankfurt am Main, im Mai 2022

Nicola Lindner

Vorwort

Vielleicht hast du dir einmal die Frage gestellt, ob ein Jugendlicher ins Gefängnis muss, wenn er einen Mitschüler «abrippt»? Oder ob man zur Polizei gehen muss, wenn man weiß, dass ein Mitschüler mit Drogen dealt? Oder ob ein Polizist den Entführer eines Kindes foltern darf, um das Leben des Kindes zu retten? Oder ob eine Türkin mit Kopftuch an einer Schule unterrichten darf?

Wenn dich diese und ähnliche Fragen interessieren, dann ist dieses Buch für dich geschrieben. Aber auch für Sie, lieber erwachsener Leser, der Sie sich mit dem Recht vielleicht noch nicht näher beschäftigt haben, dürften sich viele neue Blickwinkel ergeben – vorausgesetzt es stört Sie nicht, geduzt zu werden. Und für diejenigen, die Recht studieren möchten, könnte es auch nützlich sein, einen Blick hineinzuwerfen. Dann weiß man, was einen erwartet. Und das ist ziemlich spannend.

Ich entschuldige mich bei meinen Kindern dafür, dass ich ihnen die Zeit für dieses Buch genommen habe. Umso mehr danke ich meinen beiden großen «Testlesern» für ihre Hilfe. Meiner Freundin Kirsten Baumann danke ich für ihre wertvollen Anregungen aus der Sicht einer Nichtjuristin. Über den Augenblick hinaus gilt mein besonderer Dank meinem langjährigen Lebensgefährten Jörg Risse, der nicht nur die Idee zu diesem Buch hatte, sondern mich auch mit Rat und Tat unterstützt hat. In Dankbarkeit dafür, dass es sie gibt, widme ich dieses Buch meinen Kindern Julius, Karoline, Björn und Malte.

Frankfurt am Main, im Januar 2013

Nicola Lindner

1. Kapitel Recht – Was ist das?

Möglicherweise hast du schon einmal eine Straftat begangen. Vielleicht bist du in einen Bus oder eine Straßenbahn eingestiegen ohne eine Fahrkarte zu kaufen. Dann wärst du ein Schwarzfahrer gewesen und hättest dir «Leistungen erschlichen». Oder du hast eine gute CD mehrmals kopiert und sie an Mitschüler verkauft. Dann hättest du gegen das Urheberrechtsgesetz verstoßen, du hättest nämlich «Raubkopien» verkauft. Oder du hast dir schon einmal selbst eine Entschuldigung für die Schule geschrieben und sie mit dem Namen deiner Eltern unterschrieben. Dann hättest du eine Urkundenfälschung begangen. Oder du warst schon einmal als Graffiti-Sprayer unterwegs. Dies wäre eine Sachbeschädigung gewesen.

In allen Fällen hättest du gegen das Recht verstoßen. Ein Recht, das du konkret gar nicht kennst. Und trotzdem weißt du, dass man nicht «schwarzfährt», keine Raubkopien verkauft, keine Unterschriften fälscht oder keine Sachbeschädigung begeht. Aber was ist das genau, dieses Recht, an das wir uns alle halten müssen, von dem wir aber keine Ahnung haben, wo es steht und was es genau bedeutet?

I. Von Regeln und Gesetzen

Jeder Mensch kommt jeden Tag mit dem Recht in Berührung. Auch du. Als Fahrradfahrer musst du vor der roten Ampel anhalten. Das sagt dir eine Rechtsvorschrift, nämlich die Straßenverkehrsordnung. Wenn du ein Computerspiel haben willst, dann musst du es bezahlen, sonst begehst du einen Diebstahl. Du musst zur Schule gehen, das schreibt dir das Schulgesetz vor. Und du darfst kein Taschenmesser haben, das du nur mit einer Hand öffnen kannst oder das über eine feststehende Klinge verfügt. So steht es im Waffengesetz. Es gibt also eine Vielzahl an Rechtsvorschriften, die für dich gelten, ohne dass du sie überhaupt kennst. Es gibt auch viele Berufe, die sich mit dem Recht beschäftigen. Vielleicht kennst du einen Rechtsanwalt, eine Staatsanwältin oder einen Richter. Jedenfalls hast du schon einmal von diesen Berufen gehört. Und dass diese Berufe mit dem Recht zu tun haben und dass das Recht irgendwo in Gesetzen steht, das hast du schon mitbekommen. Wenn nicht, dann wirst du es in diesem Buch noch erfahren. Vielleicht haben dir deine Eltern auch schon einmal erklärt, dass ein Rechtsanwalt anderen Menschen hilft, damit sie zu ihrem Recht kommen. Oder, dass ein Staatsanwalt die Aufgabe hat, Straftaten zu ermitteln und anzuklagen. Und dass dann ein Richter oder eine Richterin entscheidet, ob der Angeklagte tatsächlich ins Gefängnis muss und wenn ja, für wie lange. Das ist alles richtig. Wenn du aber wirklich verstehen willst, was eine Rechtsanwältin, ein Staatsanwalt oder ein Richter genau machen, welche Funktion sie in unserem Land haben und warum auch ein Mörder einen Rechtsanwalt hat, der für seine Rechte kämpft, dann musst du dir etwas mehr Zeit nehmen.

1. Ohne Regeln herrscht Chaos

Zum Glück bist du nicht allein auf der Welt. Du bist Sohn oder Tochter deiner Eltern, Bruder oder Schwester deiner Geschwister, Enkelkind deiner Großeltern, Schüler deiner Schule, Patient deines Zahnarztes, Torwart deiner Fußballmannschaft, Fahrradfahrerin im Straßenverkehr und so weiter. Mit all diesen Menschen zusammen bildest du eine Gemeinschaft. In Deutschland leben etwa 83 Millionen Menschen. Bei so vielen Menschen ist es klar, dass nicht jeder das machen kann, was er will. Sonst ginge es drunter und drüber. Also muss es Regeln geben. Vorschriften, an die sich jeder halten muss. Das klingt einleuchtend. Richtig klar wird es aber erst, wenn man begreift, wie eine Gemeinschaft überhaupt funktioniert. Dazu verkleinern wir unsere große Gemeinschaft auf eine «Mini-Gemeinschaft».

Stell dir vor, du lebst auf einer einsamen Insel mit dem Namen Urangatonga. Auf der Insel steht eine Palme, am Ufer liegt ein kleines Boot, und dann denken wir uns noch eine Bananenstaude hinzu, damit du nicht verhungerst. Deine Eltern musst du dir wegdenken, du lebst nämlich allein auf dieser Insel. Und das hat durchaus Vorteile. Du stehst morgens auf, wann du willst, du gehst in keine Schule und schreibst keine Diktate. Wenn du eine Banane gegessen hast, wirfst du die Schale hinter dich in den Sand. Und abends gehst du schlafen, wann du es für richtig hältst. Kurz: Du tust und lässt, was du willst. Auf deiner Insel gibt es keine Regeln.

Du brauchst auch keine Regeln. Denn egal, was du tust, du störst niemanden. Zwar könntest du Regeln aufstellen, etwa die, auf der Insel keinen Lärm zu machen. Gegen diese Regel könntest du aber jederzeit verstoßen. Auf deiner Insel gibt es niemanden, den es stört, wenn du trotzdem Lärm machst. Daher spricht man bei so einer «Regel» nicht von einer wirklichen Regel- unter Regeln versteht man Vorschriften, die für mehrere Menschen gelten. Deine «Regeln» gelten aber nur für dichdu kannst dich an sie halten oder auch nicht.

Die Situation ändert sich, als deine Eltern und dein kleiner Bruder zu dir auf die Insel ziehen. Das erste, was deine Mutter sagt, ist: «Wie sieht es denn hier aus? Überall liegen Bananenschalen rum!» Und du sagst: «Wieso, das stört mich nicht.» Und deine Mutter sagt: «Aber mich stört das, so geht das nicht weiter! Stell’ dir vor, jeder von uns würde seine Bananenschalen in den Sand werfen. Vor lauter Schalen könnten wir uns am Strand nicht mehr richtig sonnen.» Kurzerhand baut deine Mutter aus Blättern einen Korb und stellt die Regel auf, dass alle Inselbewohner ihre Schalen in diesen Korb werfen müssen. Damit bist du nicht einverstanden: «Ich habe keine Lust, jedes Mal, wenn ich gemütlich in der Sonne sitze, aufzustehen, zum Korb zu rennen und die Schale reinzuwerfen. Wie umständlich. Mach ich nicht.»

Bevor es zu einem großen Streit kommt, schlägt deine Mutter vor, über diese Frage abzustimmen – Korb ja oder nein? «Ganz klar: Nein», brummst du. «Ganz klar: Ja», brummen dein Vater und deine Mutter, und dein Bruder sagt nach kurzem Zögern: «Ok, dann machen wir das halt so.» Du wirfst deinem Bruder einen bösen Blick zu und murmelst was von Verräter, aber das Ergebnis ist klar: 3 zu 1 für die Korbregel. Du konntest dich leider nicht durchsetzen, und so bleibt es dabei, Bananenschalen müssen in den Korb geworfen werden.

Sobald zwei und mehr Menschen zusammenleben, brauchen sie Regeln. Was auf der Insel die Korbregel ist, sind bei euch zu Hause die Regeln, schmutzige Wäsche in den Wäschekorb zu werfen und die Schuhe an der Haustür auszuziehen. Das sind aber nur Regeln, die innerhalb einer bestimmten Familie gelten. In der nächsten Familie gelten wieder ganz andere Regeln – aus deiner Sicht weniger strenge. Da räumt die Mutter die Wäsche hinter einem her, und man kann mit Straßenschuhen durchs Haus laufen. Und es gibt mehr Taschengeld, und man darf abends länger aufbleiben. Zu ärgerlich, dass man ausgerechnet in der Familie wohnt, in der nichts, aber auch gar nichts erlaubt ist.

2. Je mehr Menschen, desto mehr Regeln

Wenige Menschen können sich schnell auf einige Regeln einigen. Je mehr Menschen es gibt, desto schwieriger wird eine solche Einigung.

Auf Urangatonga ist es wunderschön. So wunderschön, dass auch andere Menschen kommen, um hier zu wohnen. Jeden Tag landen mehrere Boote am Strand. Nach kurzer Zeit sind es Hunderte von Menschen. Sie bringen Surfbretter, Radios, Grills und Limokisten mit. Einer hat sogar ein aufblasbares Partyzelt dabei.

Ihr seid entsetzt. Mit der Ruhe und Ordnung ist es vorbei. Limoflaschen liegen herum, Musik schallt über die halbe Insel, man stolpert über herumliegende Surfbretter, und Bananenschalen liegen im Sand. Deine Familie und du, ihr wisst nicht, was ihr tun sollt, ihr wisst noch nicht einmal, wie diese Menschen heißen. Und wenn ihr sie bittet, die Limoflaschen wieder zurück in die Kisten zu tun, bekommt ihr als Antwort: «Keine Lust.» Aber nicht nur ihr, sondern auch einige andere neue Inselbewohner finden die Situation auf der Insel chaotisch. Einer ist sogar in eine Scherbe getreten und hat sich schwer am Fuß verletzt. Er schimpft: «Ist denn hier alles erlaubt? Muss ich mir das gefallen lassen?»

Ihr habt alle den gleichen Gedanken – es müssen Regeln her. Mehr Regeln als früher. Aber wie macht man Regeln für viele Menschen? Und was passiert, wenn sich nicht alle daran halten?

Einer der ersten Menschen, die erkannt haben, dass man Regeln braucht, war der babylonische König Hammurapi. Und das schon vor 3800 Jahren. Er ließ seine Gesetze in Steinstelen einmeißeln und stellte sie an mehreren Orten im babylonischen Reich auf. Der sogenannte Codex Hammurapi bestand aus nur 8000 Wörtern. Geregelt wurde das, was die Menschen – damals wie heute – beschäftigte. Geregelt wurde das Ehe- und Erbrecht, das Miet- und Sachenrecht, das Kaufvertragsrecht oder das Strafrecht. Das Gesetz enthielt auch Regeln zum Sklavenrecht, schließlich war der Sklavenhandel damals gang und gäbe. Damit sich jeder an das Gesetz hielt, sagte König Hammurapi, er sei von Gott dazu beauftragt worden. Außerdem behielt das Gesetz so auch nach seinem Tod seine Wirkung. Historiker sind sich einig, dass der Codex Hammurapi 1500 Jahre lang für die Rechtsprechung eine Rolle spielte. Einer dieser Gesetzessteine ist bis heute gut erhalten. Er ist etwa 2,2 Meter hoch und befindet sich im Louvre in Paris. Du kannst ihn dir also ansehen.

Wann werden Regeln zum Gesetz? Wenn überwacht wird, dass die Regeln eingehalten werden, und sie zwangsweise durchgesetzt werden, wenn sich jemand nicht daran hält.

3. Aus einer Regel wird ein Gesetz

In Deutschland herrscht kein König, der bestimmt, was Recht und Gesetz ist. Deutschland ist ein demokratisches Land. Der Begriff Demokratie kommt vom griechischen Wort «demos», und das heißt Volk. Demokratie heißt, dass die Macht vom Volk ausgeht: Das Volk bestimmt, was Recht ist. Und das Volk ist unsere Gemeinschaft, es sind wir alle – du, deine Eltern, die Bäckersfrau, deine Lehrerin und ihr Mann, dein Zahnarzt und der Müllmann. Jetzt kann man aber nicht jeden Einzelnen fragen, welche Gesetze erlassen werden sollen und mit welchen Gesetzen er einverstanden wäre. Das wäre sehr unpraktisch. Ständig würde jemand an der Tür klingeln und fragen: «Guten Tag, was meinen Sie: Sollen Autos auf der Autobahn so schnell fahren dürfen, wie sie wollen?» Da würde der Eine sagen: «Ja, das wäre eine super Sache, man kommt heutzutage nicht recht voran.» Und der Nächste würde sagen: «Nein, auf keinen Fall, diese rücksichtslosen Autofahrer sollten eins hinter die Ohren kriegen.» Und der Dritte würde sagen: »Ist mir egal, ich fahre sowieso nur Fahrrad.»

Es können also nicht alle Menschen dauernd über Regeln diskutieren und neue Regeln beschließen. Daher wählen die Mitglieder einer großen Gemeinschaft, in unserem Fall die Bürger von Deutschland, einzelne Mitglieder aus, die alle anderen bei der Schaffung von Regeln vertreten. Diese gewählten Mitglieder nennt man Volksvertreter. Volksvertreter deshalb, weil sie bei ihrer Arbeit das gesamte Volk vertreten. Ihr Beruf ist es, über Regeln zu diskutieren und Regeln zu beschließen. Die Regeln, die sie machen, sind Gesetze.

Deine Mutter nimmt ein Blatt Papier und schreibt auf, welche Regeln sie wichtig findet. Eine davon ist die Regel, dass leere Limoflaschen in die Kiste gestellt werden müssen. Eine weitere ist, dass man Musik nur leise hören darf. Werner, einer der neuen Inselbewohner, liest sich die Regeln deiner Mutter durch. «Alles Quatsch», sagt er, «du hast hier gar nichts zu sagen.»

Werner hat Recht. Niemand hat deiner Mutter das Recht gegeben, Regeln aufzustellen, an die sich alle halten müssen. Deshalb würden die Inselbewohner diese Regeln nicht beachten.

Werner beruft eine Versammlung ein. Alle Inselbewohner sollen nach Sonnenuntergang am Bootssteg erscheinen. Als alle da sind, fragt er: «Leute, wer soll hier die Regeln machen? Sie (er meint deine Mutter) oder ich?» Mehr als die Hälfte stimmt für deine Mutter. Werner ist enttäuscht, kann es aber nicht ändern.

Deine Mutter ist jetzt Volksvertreterin, sie vertritt das Inselvolk. Die «Gesetze», die sie macht, gelten für alle Inselbewohner.

4. So sehen Gesetze aus

Gesetze werden nicht nur auf ein Blatt Papier geschrieben. In Ländern wie Deutschland gibt es ein bestimmtes Verfahren, nach dem Gesetze erlassen werden. Dieses Verfahren sehen wir uns im nächsten Kapitel näher an.