Kalter Sand - Anja Behn - E-Book

Kalter Sand E-Book

Anja Behn

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Beschreibung

Düster und eiskalt - Die Ostsse offenbart eine unheilvolle Vergangenheit. Kunsthistoriker Richard Gruben reist an die Ostsee, um der Vernissage seines Freundes Philipp Stöbsand beizuwohnen. Kaum angekommen, erfährt er von einem ungeklärten Verbrechen, das den kleinen Küstenort vor Jahren erschütterte. Ein junges Mädchen wurde erdrosselt, der einzige Verdächtige – Philipp. Gruben taucht immer tiefer in dessen verstörende Vergangenheit ein, ohne zu ahnen, wie nah ihm das Grauen gekommen ist.

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Anja Behn, geboren 1972 in Rostock, studierte Bauingenieurwesen und arbeitet in einer Rostocker Baufirma. Sie lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Mecklenburg.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

© 2018 Emons Verlag GmbH Alle Rechte vorbehalten Umschlagmotiv: mauritius images/Westend61/Thomas Jäger Umschlaggestaltung: Nina Schäfer, nach einem Konzept von Leonardo Magrelli und Nina Schäfer Umsetzung: Tobias Doetsch Lektorat: Lothar Strüh eBook-Erstellung: CPI books GmbH, LeckISBN 978-3-96041-326-4 Küsten Krimi Originalausgabe

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Für Volkmar und Oliver

Prolog

Vor sechs Jahren

Er drückte sie an sich, fühlte, wie sich ihre Brust an seiner rieb. Mit jeder Bewegung, jedem Atemzug spürte er sie deutlicher. Eine feste, apfelrunde Brust. Sogar der Duft ihres Shampoos verströmte den Geruch von Äpfeln. Grüne, säuerliche Äpfel. Granny Smith? Er inhalierte tief. Ja, er war sicher. Granny Smith. Er hatte diese Sorte nie vertragen. Schon der kleinste Bissen bescherte ihm taube Schlauchbootlippen. In null Komma nichts. Im Gegenzug dauerte es Stunden, bis die Schwellung wieder abgeklungen war. Seit jeher fasste er Granny Smith nicht an.

Er hätte auch sie niemals anfassen sollen.

Kurz hielt er inne, bog seinen gekrümmten Rücken nach hinten. Ein Schmerz durchzuckte die Lendengegend. Heiß und stechend. Er presste die Kiefer aufeinander, darauf bedacht, nicht laut aufzustöhnen. Die Nacht war zu still, die stickige, schwülwarme Luft nur vom Surren der Insekten erfüllt. Keuchend stolperte er weiter. Der Mond brach sich durch die schwere Wolkendecke, entblößte ihre milchweiße Haut. Den gebogenen Hals, die kleine Mulde unter ihrer Kehle, den leblos baumelnden Arm. Nur Sekunden, dann hüllte die Dunkelheit sie wieder ein und verbarg sein Vergehen.

Seine Muskeln zitterten, verkrampften unter der Last in seinen Armen. Dabei wog sie nicht viel, war federleicht. Sechzig Kilo würde er meinen. Eher weniger. Er versuchte, sich ihr Gewicht in Äpfeln vorzustellen. Kein Granny Smith. Boskop, den vertrug er. Sechs Äpfel waren etwa ein Kilo. Sechzig zehn. Dreihundertsechzig Äpfel sechzig. Er sah sie vor sich. Dreihundertsechzig reife, verwaschen rote Äpfel. Ein bittersüßer Brei schoss in seinen Rachen. Er schluckte angestrengt. In seinem ganzen Leben würde er keinen einzigen Boskop mehr essen können.

Er blieb stehen, ging mit einem heiseren Stöhnen in die Hocke. Das Hemd klebte nass an seinem Rücken. Von Schweiß und Grauen durchtränkt. Lautlos glitt ihr schlaffer Körper aus seinen steifen Armen. Er sackte auf die Knie, spürte die kühle Erde zwischen seinen schwitzenden Fingern. Er hob den Kopf und starrte in die Finsternis, bis das Mondlicht sie erhellte. Ein letztes Mal betrachtete er sie. Die tote Hülle im kalten Sand.

1

Die Abenddämmerung war bereits hereingebrochen, als der dunkelblaue Volvo das Ortsschild Dortmund passierte. Richard Gruben machte sich auf dem Fahrersitz gerade und lockerte seine verspannten Schultern. Er hatte für die Rückfahrt von Hamburg bis ins Ruhrgebiet über fünf Stunden benötigt. Auf halber Strecke war er wegen eines Unfalls in den Stau geraten. Ein umgestürzter Lkw hatte die Autobahn komplett blockiert. Sechzig Minuten hatte er ausharren müssen, ehe die Einsatzkräfte den Verkehr über den Nebenstreifen umgeleitet hatten. Nach dieser Tortur war er froh, endlich wieder zu Hause zu sein.

Richard spürte ein Kratzen im Hals. Hoffentlich hatte er sich keine Grippe eingefangen. Jetzt, Anfang November, hatten Erkältungsviren Hochsaison, und in einem Flughafenterminal wimmelte es bekanntlich nur so davon. Ohne hinzusehen, tastete er neben sich nach dem Traubenzucker in Henriks Kindersitz und zog mit den Lippen ein Dragee aus der Rolle. Sein Blick streifte die Uhr im Armaturenbrett. Viertel vor fünf. Vermutlich waren Henrik, Charlotte und ihr neuer Lebenspartner gerade im Landeanflug auf Lanzarote, wo sie die nächsten vierzehn Tage in der kanarischen Sonne entspannen wollten. Da Charlotte einen zweisitzigen Smart fuhr und das Auto ihres Freundes mit einem Motorschaden in der Werkstatt stand, hatte Richard sich angeboten, die drei zum Flughafen zu bringen.

Seitdem er vor einem knappen Jahr von Münster nach Dortmund gezogen war, hatte sich sein Verhältnis zu Charlotte deutlich entspannt. Der Umstand, nur ein paar Straßen voneinander entfernt zu wohnen, machte für sie als getrennt lebende Eltern vieles unkomplizierter. Vor allem für ihn. Durch die räumliche Nähe war Richard einfach flexibler, wenn sein zweijähriger Sohn unerwartet wegen Fieber oder Windpocken aus der Kita abgeholt werden musste und Charlotte mitten in einem Termin steckte. Was umgekehrt aber öfter der Fall war. Als freiberuflicher Gutachter und Experte für britische Kunst war er häufig gezwungen, kurzfristig seine Koffer zu packen und auf die Insel zu fliegen. Doch mittlerweile hatten Charlotte und er sich eingespielt, und Richard hoffte, Henrik würde in dreizehn Jahren von seinem Vater nicht nur als seinem Erzeuger reden.

Bei dem Gedanken drehte er den Kopf zum Kindersitz, in dem die schwarz-gelbe Plüsch-Emma seines Sohnes lag. Richard lächelte. Er hatte in seinen vierundvierzig Lebensjahren oft falsche Entscheidungen getroffen. Aber die, nach Dortmund zu ziehen, gehörte nicht dazu.

Die letzte Kreuzung kam in Sicht. Richard blinkte und bog kurz darauf in seine Straße ein. Nach fünfhundert Metern hatte er die Wohnanlage erreicht. Er parkte in der Tiefgarage, stieg aus und öffnete die Heckklappe. Dabei fiel ihm auf, dass er das Auto noch immer nicht bei der Zulassungsstelle umgemeldet hatte. Inzwischen dürfte ihm seine Müßigkeit ein saftiges Bußgeld eingehandelt haben. Er holte seinen schwarzen Wollmantel aus dem Kofferraum und zog ihn über. Dann griff er nach dem flachen Päckchen, das er heute früh auf dem Weg zu Charlotte bei der Packstation abgeholt hatte, und klemmte es sich unter den Arm. Richard verriegelte den Volvo und betrat den Fahrstuhl.

Wieder betrachtete er grübelnd den Namen des Absenders auf der Paketmarke. Philipp Stöbsand war einer seiner ältesten und besten Freunde. Während Richards Studienzeit in Münster hatten sie beinahe fünf Jahre zusammen in einer Wohngemeinschaft gelebt. Er hatte Kunstgeschichte studiert, Philipp eine professionelle Ausbildung zum Fotografen gemacht. Danach waren sie beide in Münster hängen geblieben und hatten sich häufig zum Sport verabredet oder ab und an auf ein Bier getroffen. Jedoch gestalteten sich die gemeinsamen Kneipenbesuche mit der Zeit immer schwieriger. Philipp war Alkoholiker. Ein Quartalssäufer. Mitunter rührte er monatelang keinen einzigen Tropfen an, bis er einen Rückfall erlitt und regelrecht abstürzte. In den letzten Jahren wurden die trockenen Phasen dann immer kürzer und die Abstürze heftiger, aber jegliche Versuche seinerseits, Philipp zu einem Alkoholentzug zu bewegen, blieben fruchtlos.

Wie er war auch Philipp nie verheiratet gewesen. Und von Kindern wusste Richard nichts. Doch bekanntermaßen konnten sich solche Dinge schneller ändern, als man dachte. Seit seinem Umzug hatte er Philipp Stöbsand nicht mehr gesehen. In den zurückliegenden elf Monaten bestand ihr Kontakt lediglich aus sporadischen, belanglosen Kurznachrichten per Handy. Allerdings hatte Philipp in keiner davon ein Päckchen erwähnt.

Die Fahrstuhltüren glitten auseinander. Richard schloss seine Wohnung auf, hängte den Mantel an die Garderobe, legte das Päckchen auf den Sofatisch und ging in die Küche. Gähnend begutachtete er den Inhalt des Kühlschranks und stellte fest, dass er dringend einen Supermarkt aufsuchen sollte, wenn er sich die nächsten Tage nicht allein von Eiern, Käse und Fruchtzwergen ernähren wollte. Schließlich nahm er eine überreife Banane aus dem Gemüsefach. Nach drei Bissen feuerte Richard sie in den Biomüll.

Im Wohnzimmer sank er erschöpft auf das Sofa. Mit gespreizten Händen fuhr er sich durch das dichte schwarze Haar, in dem sich wie in seinem Bart erste graue Strähnen zeigten. Für eine Weile schloss er die müden Augen und lauschte seinem Tinnitus nach. Dann öffnete er das Päckchen.

Drei Minuten später blätterte Richard ungläubig durch die Hochglanzseiten auf seinen Knien. Zerklüftete Steilküsten, urwüchsige Kiefernwälder, kilometerlange Sandstrände. Philipp hatte einen Bildband über die Ostsee herausgebracht. Für einen professionellen Fotografen war es sicher nicht ungewöhnlich, seine Arbeit in dieser Form zu präsentieren. Doch Philipp Stöbsand war Porträtfotograf, dazu ein sehr erfolgreicher. Zahlreiche Prominente aus Kunst und Politik hatte er in den vergangenen Jahren mit Image- und Pressefotos in Szene gesetzt. Das war es, womit er sich einen Namen gemacht hatte. Aber Landschaftsfotografie?

Dass es ausgerechnet die mecklenburgische Ostseeküste war, konnte Richard hingegen nachvollziehen. Philipp war auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst aufgewachsen und hatte immer noch Freunde in Gellerhagen. Bis vor wenigen Jahren besaß er sogar ein eigenes Haus in dem kleinen Urlauberort. Dennoch verwirrte Richard der plötzliche Genrewechsel.

Er riss den Briefumschlag auf, der mit in dem Päckchen lag. Darin war eine Einladung zu einer Vernissage in Gellerhagen, wo Philipp die Fotografien aus seinem Bildband in den kommenden drei Wochen auszustellen beabsichtigte. Richard drehte die Karte um und las die handschriftliche Nachricht: »Ich weiß doch, dass du eine Schwäche für die Ostsee hegst. Komm vorbei. Philipp.«

Er ließ sich tiefer in das Sofa sinken. Nachdenklich starrte er auf die geschwungenen Buchstaben. An seine letzten Besuche an der Ostsee hatte Richard weniger schöne Erinnerungen. Wenngleich er seine Panikattacken inzwischen besser kontrollieren konnte, gelang es ihm nicht, die erdrückenden Bilder zu vergessen, die ihn bisweilen im Schlaf überfielen. Zu viele menschliche Abgründe hatten sich vor ihm aufgetan. Aber trotz allem hatte Philipp nicht unrecht: Richard hegte eine Schwäche für diesen Landstrich.

Der Ort Gellerhagen fiel in den Zuständigkeitsbereich von Bert Mulsows Polizeirevier. Niederwiek und Gellerhagen lagen nur einen Katzensprung voneinander entfernt. Er schmulte auf das Datum in der Einladung. Übermorgen. Richard dachte nach. Für die nächsten vierzehn Tage war er kinderlos, und die Expertisen, die er auf seinem Schreibtisch hatte, könnte er auch in einem Hotelzimmer an der Ostsee fertig schreiben. Diese Vernissage wäre durchaus eine gute Gelegenheit, seinem alten Freund Mulsow einen Besuch abzustatten. Er zog sein Smartphone aus der Hosentasche und wählte Philipps Nummer. Nach dem dritten Klingeln ging er ran.

»Egal, was du vorbringen willst: Vergiss es!«

Richard musste grinsen. »Auch keine Lobeshymnen auf deinen Bildband?«

»In dem Fall darfst du dich gern äußern. Wir Künstler lechzen schließlich nach Bestätigung. Schieß los!«

»Tolle Fotos«, sagte Richard trocken.

Philipp lachte. »Eine sehr aufschlussreiche Interpretation, Professor Gruben. Herzlichen Dank!«

Richard merkte, wie er unweigerlich versuchte, den Tonfall seines Freundes zu ergründen. Er klang nüchtern.

»Was soll ich sagen?«, fragte Richard. »Du weißt doch, dass sie gut sind.«

»Nichts anderes wollte ich von dir hören.«

Erneut blätterte er durch den Bildband auf seinen Knien. »Nur wieso um alles in der Welt Landschaftsfotografien?«

Für einen Moment blieb es am anderen Ende still. Er glaubte schon, Philipp hätte beleidigt aufgelegt, doch dann sagte er in hörbar ernsterem Ton: »Hör zu, Richard. Ich will dir nichts vormachen. Mein letztes richtig gut bezahltes Shooting liegt schon einige Monate zurück. Ich bin ziemlich klamm.«

Richard hielt mit dem Blättern inne. Er hatte keine Ahnung von Philipps Geldproblemen gehabt. Wie auch, wenn sie einander nur Kurznachrichten übers Handy verschickten? Augenblicklich meldete sich sein schlechtes Gewissen. »Das wusste ich nicht«, sagte er überflüssigerweise.

Philipp knurrte etwas wie »Kein Problem, alter Freund« und fuhr mit seiner Erklärung fort: »Du siehst, ich musste meine finanzielle Lage dringend verbessern. Da eine Jugendfreundin von mir einen Buchverlag in Gellerhagen hat, kam mir die Idee mit dem Bildband.«

»Verstehe.« Richard betrachtete die aufgeschlagene Seite, auf der eine blutrote Abendsonne am Horizont versank. »Aber du bist Porträtfotograf. Wieso hast du dich für einen Genrewechsel entschieden?«

»Ernsthaft, Richard? Geliftete Schauspieler und fade Politikervisagen?« Philipp lachte laut auf. »Niemand will das wirklich sehen und kaufen noch viel weniger. Das Geschäft mit der See läuft immer.«

Richard löste den Blick und sah zum Fenster, hinter dem es inzwischen stockdunkel war. Das Geschäft mit der See läuft immer. Diesen Satz hatte schon mal jemand zu ihm gesagt. Aber das war so lang her, dass es ihm vorkam wie aus einem anderen Leben.

»Für wann soll ich das Gästebett nun beziehen?«, holte Philipp ihn aus seinen Erinnerungen.

»Gästebett?«, fragte Richard verdutzt. »Ich dachte, du hättest dein Haus in Gellerhagen schon vor Jahren an einen Ferienhausvermieter verkauft.«

»Der aber ein sehr guter Freund von mir ist. Er stellt es mir für die Dauer der Ausstellung mietfrei zur Verfügung.«

»Du willst nach der Vernissage nicht zurück nach Münster fahren?«

»Ich habe mit dem Kunsthaus ein paar Führungen ausgehandelt. Schließlich muss ich ein Auge darauf haben, dass die Leute am Ende auch mit meinem Bildband unterm Arm hinausmarschieren.«

Um Philipps Auftragslage schien es wirklich schlecht zu stehen, wenn er Zeit für Führungen in einem Museum aufbringen konnte.

»Also, wann ziehst du bei mir ein?«

»Bist du sicher, dass ich dir nicht in die Quere komme?«

»Hm, lass mich überlegen. Da wir bei Frauen schon immer unterschiedliche Geschmäcker hatten, dürfte der Fall nicht eintreten.«

»Bezieh mir das Bett für morgen«, erwiderte Richard lachend.

»Hervorragend«, sagte Philipp überschwänglich. Er schien sich ehrlich zu freuen. »Unsere dreckigen Männergespräche haben mir gefehlt.«

Bald darauf beendeten sie ihr Gespräch. Richard schlug den Bildband auf seinen Knien zu. Gedankenversunken stierte er auf das Cover. Hoffentlich war diese Reise an die Ostsee nicht wieder eine seiner Entscheidungen, die er hinterher bereuen würde.

2

Richard Gruben stand an einem der mit weißen Hussen überzogenen Stehtische. Das Glas Prosecco vor ihm war unangetastet. Nachdem er mehrmals versucht hatte, der Frau vom Catering verständlich zu machen, dass er ein Glas Wasser wollte, hatte er schließlich resigniert abgewinkt und sie gebeten, den Prosecco einfach dorthin zu stellen. Allerdings war seine Chance, bei einer anderen Servicekraft erfolgreicher zu sein, mittlerweile gleich null. Richard spürte das dringende Verlangen, die Vernissage zu verlassen.

Die lärmende Menschenmenge, die sich in den drei Ausstellungsräumen des Gellerhäger Kunsthauses aneinanderdrängte, zermürbte ihn. Er hatte den Eindruck, dass sich niemand der anwesenden Gäste ernsthaft für Philipps Fotografien zu interessieren schien. Den Lachs-Canapés auf dem Büfett wurde weitaus mehr Beachtung geschenkt. Zum anderen schmerzte das Stimmengewirr in seinem tinnitusgeplagten Ohr. Richard sehnte sich nach der Stille und Abgeschiedenheit im Ferienhaus.

In der Innentasche seines Jacketts spürte er das Handy vibrieren. Er zog es heraus. Eine SMS von Bert Mulsow. Der Polizist hatte ihr Treffen morgen Mittag bestätigt und ein Restaurant in Gellerhagen vorgeschlagen. Richard überlegte, ob er zurückrufen sollte. Auch wenn Mulsow um diese Uhrzeit sehr wahrscheinlich über Bratkartoffeln und Spiegelei saß und ein störender Anruf ihm wenig gefallen dürfte, war es das Risiko wert, bei Mulsow durchzuklingeln. Ein paar Atemzüge in der kühlen Novemberluft würden nicht schaden, und das Telefonat bot ihm die Möglichkeit, dem Höllenlärm für einige Minuten zu entkommen. Kurz entschlossen steckte Richard das Handy zurück in sein Jackett. Mit einem aufgesetzten Lächeln quetschte er sich durch die von Alkohol und Hitze rot glänzenden Gesichter. Der Geruch von scharfem Rasierwasser und schwerem Parfüm raubte ihm fast den Atem. Gerade noch konnte er dem Arm eines eifrig gestikulierenden Schlipsträgers ausweichen, aber bald darauf schoss der nächste Ellenbogen auf ihn zu und stieß ihm hart gegen die Brust.

Im Foyer lichtete sich endlich die Menge. Richard atmete auf, erleichtert, diesem Irrsinn entkommen zu sein. Zügig durchschritt er die Eingangshalle, als sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter legte.

»Wollen Sie sich davonstehlen, Professor Gruben?«

Richard drehte sich um und blickte in das rotwangige Gesicht von Isa Wienke. Er hatte Philipps Verlegerin und Jugendfreundin bereits gestern bei einem ersten Rundgang durch die Ausstellung kennengelernt. Eine kleine, burschikose Frau mit kupferrotem Kurzhaarschopf, die etwa in seinem Alter war. Amüsiert sah sie aus hellgrünen Augen zu ihm auf.

»Um ehrlich zu sein, ich habe mit dem Gedanken gespielt«, erwiderte er schmunzelnd.

»Woran liegt’s? Am miserablen Büfett oder an der endlos langen Laudatio unserer Museumsleiterin?«

»An der Rudelbildung.« Richard nickte zu dem Raum, aus dem er eben geflohen war. »Ich bin wohl das, was man gemeinhin als einsamen und inzwischen auch grauen Wolf bezeichnet.«

»Oh, das kommt mir reichlich bekannt vor. So ein Exemplar habe ich auch zu Hause.« Lachend deutete sie mit dem Daumen in eine unbestimmte Richtung hinter sich. »Mein Mann Sven ist Natur-Ranger im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Nichts tut er lieber, als allein und schweigend mit dem Fernglas durch sein Revier zu streifen.«

»Ich kann nicht behaupten, dass es mir Ihren Mann unsympathisch macht.«

Sie rollte belustigt mit den Augen. »Für Außenstehende mag das alles nach furchtbar verwegenen Männerabenteuern klingen. Doch ich schätze, Sven kennt seine haarigen Fischotter und quäkenden Wasservögel besser als die eigene Ehefrau.«

Richard grinste, obwohl er nicht sicher war, ob sie tatsächlich nur spaßte. »Wie viele Hektar umfasst das Gebiet, für das Ihr Mann im Nationalpark verantwortlich ist?«

»In Zahlen kann ich das auf die Schnelle gar nicht so exakt sagen«, überlegte sie und zupfte dabei am Kragen ihres marineblauen Blazers. »Auf jeden Fall erstreckt sich Svens Revier von der Boddenseite bis hin zum Darßer Weststrand.«

»Dann ist Ihr Mann also schuld.«

»Schuld? Woran?«, fragte sie irritiert.

Richard machte eine umfassende Geste. »An Philipps plötzlichem Interesse an Landschaftsfotografie. Er hat mir erzählt, viele der Aufnahmen im Bildband stammen aus dem hiesigen Nationalpark. Insbesondere die Schwarz-Weiß-Fotografien vom Weststrand.«

»Ach das.« Sie winkte ab. »Glauben Sie mir, mein Mann trägt an vielem die Schuld, aber daran gewiss nicht.«

Isa Wienke hatte es zwar in scherzhaftem Ton gesagt, aber ihre Augen hatten dabei nicht gelächelt. Er beschloss, besser ein anderes Thema anzuschneiden.

»Habe ich es bei der Laudatio richtig verstanden? Das Kunsthaus wird durch einen privaten Verein unterhalten?«

»Das haben Sie«, bestätigte sie nickend. »Beim Bau wurden wir zwar durch Zuschüsse von Land und EU unterstützt, doch jetzt finanzieren wir uns allein durch selbst erwirtschaftete Erlöse aus dem Museumsbetrieb, regelmäßigen Veranstaltungen und einem kleinen Buchverkauf. Derzeit stellen wir Überlegungen an, eine Stiftung zu gründen.«

»Wir?«

»Ich bin Mitglied im Verein und arbeite hin und wieder als ehrenamtliche Museumsbegleiterin.« Isa Wienke legte den Kopf in den Nacken und musterte ihn fragend. »Ich kann Ihnen bei Gelegenheit gern mehr über unseren Verein erzählen, wenn Sie das Thema interessiert. Wie lange beabsichtigen Sie, in Gellerhagen zu bleiben?«

»So genau weiß ich das noch nicht.« Richard hob die Schultern. »Vermutlich, bis Philipp genug von meinen Marotten hat und mich im hohen Bogen rauswirft.«

»Sollten Sie beide anfangen, sich auf den Wecker zu gehen, kommen Sie gern auf einen Kaffee zu uns ins Kapitänshaus«, sagte sie lächelnd. »Mein Mann und ich wohnen im Bernsteinweg. Direkt am Saaler Bodden. Das Haus können Sie nicht verfehlen.«

Auf einmal huschten ihre Augen nervös an ihm vorbei. Richard wandte den Kopf zur Seite. Am Eingang erblickte er die nach vorn gebeugte Gestalt eines Mannes. Obwohl das ausgedünnte hellgraue Haar ihn um zehn Jahre älter erschienen ließ, vermutete Richard, dass er um die fünfzig war. Der dürre Körper in brauner Strickjacke und zerbeulter Jeans wirkte wie ein Fremdkörper zwischen all den durchgestylten Gästen. Mit aschfahlem Gesicht starrte der Mann auf Philipps Ausstellungsplakat in der Nähe der Eingangstür.

»Würden Sie mir einen Gefallen tun, Professor Gruben?« Isa Wienke berührte ihn leicht am Arm. Ihre Stimme war nun angespannt.

»Jederzeit.«

»Können Sie Philipp suchen und ihm ausrichten, dass ich ihn dringend sprechen muss?«

Er nickte. »Ja, sicher.«

»Danke«, murmelte sie wie geistig abwesend und ließ ihn stehen.

Richard sah Isa Wienke nach, wie sie hektisch um sich blickte und schließlich in der Menge untertauchte. Dann machte er sich auf die Suche nach Philipp.

Er fand ihn im Ausstellungsraum zu seiner Rechten. Philipp lehnte an einem Stehtisch und war angeregt in ein Gespräch mit der Museumsleiterin vertieft. Eine ältere, freundlich blickende Frau, deren Namen Richard jedoch entfallen war. Sie nippte an einem Rotwein, Philipps Finger umklammerten ein halb volles Glas Wasser. Zumindest ließ die Zitronenscheibe darin es vermuten. Das Jackett hatte er ausgezogen und die weißen Hemdsärmel leger aufgekrempelt. Wenngleich sich die Spuren des Alkohols in seinem Gesicht mit den Jahren eingegraben hatten, war Philipp Stöbsand immer noch von kräftiger, sportlicher Statur. Seine dunkelblonden Haare standen ihm wirr auf dem Kopf. Die freie Hand wedelte durch die Luft. Er schien aufgekratzt, aber nüchtern.

Philipp bemerkte ihn erst, als er unmittelbar vor ihm stand. »Ah, Richard! Wir haben gerade von dir gesprochen.« Er deutete mit dem Glas zu der Museumsleiterin. »Man ist hier schwer beeindruckt, dass ich mit einer Koryphäe wie dir befreundet bin.«

Die Frau lächelte Richard verlegen an. »Als Kunstliebhaberin habe ich selbstverständlich mitbekommen, dass Sie vor einiger Zeit Smiths ›Windflüchter‹ bei uns in der Gegend aufgestöbert haben.«

Er nickte nur stumm. Zu viele Gesichter waren mit dem Gemälde des deutsch-englischen Ausnahmekünstlers verbunden. Einige, die er vergessen wollte, andere, die er vergessen musste, weil er den Zeitpunkt verpasst hatte. Johanna war seit fünf Monaten verheiratet.

Schnell schüttelte Richard den Gedanken ab und sah Philipp an. »Deine Verlegerin sucht dich.«

»Worum geht’s?«

»Das hat sie nicht gesagt. Sie meinte nur, es sei dringend.«

Philipp verzog spöttisch das Gesicht. »Bei Isa ist immer alles dringend.«

»Sie können Ihren Freund ruhig begleiten, Herr Stöbsand«, versicherte die Museumsleiterin. »Wir haben doch so weit alles miteinander besprochen.«

Philipp machte eine theatralische Geste. »Papperlapapp! Isa kann warten. Es dürfte wohl auch im Interesse meiner Verlegerin sein, wenn das Kunsthaus eine meiner Arbeiten ankaufen möchte.« Er schaute auffordernd zu Richard. »Was meinst du? Welche Aufnahme sollte ich veräußern?«

Statt einer Antwort zuckte er nur unschlüssig mit den Achseln. Richard wusste, dass diese Frage rein rhetorisch gemeint war. Philipp Stöbsand befolgte grundsätzlich keine Ratschläge von Außenstehenden, die seine künstlerische Arbeit betrafen. Und auch in privaten Dingen hörte er selten auf das, was Freunde ihm nahelegten. Endlich einen Alkoholentzug zu machen, war nur ein Beispiel von vielen.

Philipp ließ nicht locker. »Nun komm. Sag schon!«

Richard tat ihm schließlich den Gefallen und blickte sich in dem Ausstellungsraum um. Erneut betrachtete er die Fotografien an den hohen Wänden. An einer großformatigen Schwarz-Weiß-Aufnahme vom Darßer Weststrand blieben seine Augen haften. Sie stammte aus einer kleinen Serie, die ihm bereits im Bildband aufgefallen war. Von Stürmen entwurzelte Bäume des angrenzenden Küstenwaldes lagen quer über den Strand verteilt. Eine urwüchsige Natur, die allein von Wind und Wellen gestaltet wurde. Doch was den eigentlichen Blick des Betrachters unweigerlich auf sich zog, war ein einziges farbiges Detail. Zwischen dem Totholz hatte sich ein blau gemusterter Schal verfangen, wie zufällig am Strand vergessen und vom Ostseewind dorthin getragen. Es war eine eindrucksvolle Bildkomposition.

Er streckte den Arm aus. »Die solltest du verkaufen.«

Philipp lächelte, beinahe traurig. »Ich wusste, dass du dich dafür entscheidest. Leider veräußere ich diese Aufnahmen nicht.«

»Schade«, meinte Richard. »Es sind wirklich deine besten Arbeiten.«

»Danke.«

»Wie bist du auf das farbige Detail gekommen? Auf den Schal?«

In Philipps eben noch wehmütiger Miene veränderte sich etwas. Er wirkte verstimmt, als hätte Richard ihn mit seiner Frage kritisiert. »Irgendetwas muss schließlich für den Colorkey-Effekt herhalten.«

»Herhalten?« Richard schob die Augenbrauen zusammen. »Ich kenne dich, Philipp. Du hast dich nicht grundlos für diesen Schal entschieden. Was hat es damit auf sich?«

»Herrgott noch mal, Richard! Was soll das?«, blaffte er gereizt. »Ich bin dir keine Rechenschaft über meine Arbeit schuldig.«

Konsterniert über den plötzlichen Anfall von Jähzorn, blickte Richard den Freund schweigend an. Wäre Philipp betrunken gewesen, hätte er sich sein Verhalten erklären können. Aber so?

Auch die Museumsleiterin schien irritiert. Betreten sah sie zu Boden. Doch Philipp fing an, sie wieder in ein Gespräch zu verwickeln, als wäre nichts gewesen. Noch einmal betrachtete Richard die Aufnahme vom Weststrand. Dabei fiel ihm der Mann aus dem Foyer ins Auge. Er stand nur drei, vier Schritte entfernt in der Menge und starrte wie paralysiert zu ihnen herüber. Das hagere, leicht eckige Gesicht war jetzt noch blasser. Schweißtropfen perlten von seiner Stirn. Scheinbar mühsam atmete er ein und aus, wobei sich die Strickjacke über dem mageren Brustkorb fest spannte.

Richard trat auf ihn zu und suchte seinen Blick. »Alles in Ordnung?«

Er reagierte nicht, so als hätte er ihn in dem Lärm nicht gehört. Er gab nur ein tiefes, röchelndes Keuchen von sich.

»Brauchen Sie Hilfe?«, versuchte Richard es erneut. Lauter und eindringlicher.

Nichts. Nur dieses atemlose Hecheln.

Er berührte den Mann am Jackenärmel. Zu seiner Verwunderung spannten sich darunter die sehnigen Arme hart an. Er stand offenbar extrem unter Strom. Richard drückte vorsichtig zu. Und erschrak, als der Kopf des Mannes blitzartig herumfuhr. Aber nicht wegen des eisigen, feindseligen Blicks, mit dem er ihm begegnete. Es war die erdrückende Hoffnungslosigkeit in seinen Augen, die ihn erschauern ließ.

Richard bemerkte, dass seine Hand noch auf dem Arm des Mannes ruhte. Rasch zog er sie zurück. »Entschuldigen Sie bitte. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«

»Sie gehören zu ihm, stimmt’s?« Seine Stimme klang wie harter, kalter Stahl.

Verwirrt schaute Richard ihn an. »Ich verstehe nicht…«

»Stöbsand, der widerliche Hundesohn«, spie er verächtlich und riss den Kopf wieder zum Stehtisch herum.

Die ersten Besucher begannen, mit gedämpften Stimmen zu tuscheln und den Mann voller Neugier anzustarren. Doch Philipp schien nichts davon mitzubekommen. Er unterhielt sich nach wie vor lebhaft mit der Museumsleiterin.

»Andreas!«

Richard sah sich um. Isa Wienke war urplötzlich aufgetaucht und packte den Mann von hinten ans rechte Handgelenk. Energisch versuchte sie, ihn wegzuziehen. »Bist du noch ganz bei Sinnen?«

»Halt dich da raus, Isa!« Er rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle.

Unbeirrt zerrte sie weiter an ihm herum. »Es reicht, Andreas. Komm jetzt endlich.«

»Lass mich!« Schnaubend machte er sich los und preschte auf Philipp zu.

»Dass du dich hierher traust!«, brüllte er.

Die Frau vom Museum blickte erschrocken, doch Philipp wirkte wenig überrascht. Richard schien es gar, als hätte sein Freund mit dieser Situation gerechnet. Nur ein Zucken um die Mundwinkel verriet eine gewisse Anspannung.

»Verschwinde, Schoknecht!«, sagte er mit fester Stimme.

»Soweit ich informiert bin, ist das eine öffentliche Veranstaltung. Du kannst mich nicht rauswerfen.«

Philipps rechte Hand ballte sich zur Faust. »Ich sage es dir noch einmal: Zieh Leine!«

»Wieso?« Der Mann stieß ein höhnisches Lachen aus. »Hast du Angst, die Leute könnten schockiert darüber sein, was der feine Herr Stöbsand für einer ist?«

Die Sehnen an Philipps Unterarm traten wie dicke Taue hervor. »Halt’s Maul, Schoknecht!«

»Nein! Die können die Wahrheit genauso aushalten, wie ich es muss.« Mit der Hand griff er in seine Jacke, zog eine rote Hundeleine heraus und knallte sie auf den Stehtisch. »Philipp Stöbsand ist ein perverses Drecksschwein, das meine Annika kaltblütig erdrosselt hat.«

3

Nur noch wenige Kilometer Landstraße lagen vor ihr. Jette Herbusch schaltete einen Gang höher und beschleunigte das Tempo. Kaum ein Auto kreuzte an diesem windigen, farblosen Novembermorgen ihren Weg. Die Herbstferien waren vorüber, und mit ihnen hatte auch der letzte große Urlauberansturm die Ostseeküste verlassen. Sie lenkte ihren Blick nach links, über die von tiefen Furchen durchzogene Ackerfläche. Dichte, regenverhangene Wolken trieben pfeilschnell am Horizont und tauchten die Halbinsel in ein trübes Dämmerlicht. Doch Jette verspürte beim Anblick der bleigrauen Trostlosigkeit eine ungeheure Erleichterung. Sie betäubte ihre Erinnerungen. Die Erinnerungen an jenen heißen, trockenen Sommer, der eine schmerzliche Lücke in ihr Leben gerissen hatte. Das triste Novemberwetter machte ihr die Rückkehr leichter.

Hinter der nächsten Biegung entdeckte sie auf der linken Seite den Parkplatz, der zum Gellerhäger Kunsthaus gehörte. Sie setzte den Blinker und bog in die Zufahrt ein. Nur ein Auto parkte um diese frühe Stunde am Museum. Jette stellte ihren altersschwachen Nissan in einiger Entfernung von der Straße ab und schaltete den Motor aus. Nach der fünfstündigen Fahrt ohne eine einzige Pause war sie müde und ihr Rücken völlig verkrampft. Mit Anfang vierzig steckte man Hunderte Autobahnkilometer eben nicht mehr spurlos weg. Sie sehnte sich nach Bewegung und frischer, klarer Luft. Doch Jette konnte nicht. Reglos saß sie da und lauschte dem Heulen des Windes. Sie brauchte noch einige Minuten, um diesen Ort zu betreten, die quälenden Gedanken wieder zuzulassen.

Durch das Seitenfenster betrachtete sie die fünf ineinandergeschobenen kubusartigen Baukörper des Museumsgebäudes. Die rotgoldene Metallfassade schimmerte stumpf im herbstdunklen Licht. Im Vergleich zu den Aufnahmen, die Jette aus den Medien kannte, wirkte das Kunsthaus in natura völlig unspektakulär. Schmucklos und zurückhaltend. Aber etwas anderes hätte auch nicht an die mecklenburgische Ostseeküste gepasst. Sie versuchte sich zu erinnern, was damals an dieser Stelle gestanden hatte. Es fiel ihr nicht ein. Sie war an zu vielen Orten gewesen, und die vergangenen sechs Jahre hatten die Flut von Bildern nach und nach in ihrem Kopf gelöscht.

Eine Windböe schreckte sie auf. Kraftvoll rüttelte sie an dem Kunststoffbanner, das an der straßenseitigen Fassade des Museums angebracht war. Weiße, schnörkellose Buchstaben auf blauem Grund. Auch wenn Jette sehr genau wusste, für wessen Ausstellung hier geworben wurde, fühlte sie beim Lesen einen Stich in der Magengegend. »Faszination Ostsee– Philipp Stöbsand«.

Wie lange hatte sie nach diesem Namen gesucht? Sich nichts sehnlicher gewünscht, als dem hässlichen Dämon in ihrem Kopf endlich ein Gesicht zu geben? Sechs Jahre. Sechs lange Jahre, in denen Wut, Verzweiflung und der ewige Schmerz ihr Leben bestimmt hatten. Jetzt hatte sie ihn gefunden. Sie war kurz vor dem Ziel.

Es gab eine Zeit, da hatte Jette nicht mehr daran geglaubt und hätte es fast aus den Augen verloren. Damals lebte sie einfach weiter. Funktionierte. Irgendwie. Sie suchte nicht mehr so verbissen, richtete nicht mehr jeden Gedanken darauf. Und beinahe hatte sie vergessen. Wollte vergessen. Nur dass er sich von selbst zu erkennen geben würde, damit hatte Jette nicht gerechnet.

Sie drehte sich zur Rückbank um und öffnete das Seitenfach ihrer Reisetasche. Suchend tastete sie darin umher, bis sie den zusammengefalteten Zettel zu fassen bekam. Wahrscheinlich hätte sie den Weg zu Isa Wienkes Buchverlag problemlos an der nächsten Ecke in Erfahrung bringen können, doch sie hatte sich die Wegbeschreibung zur Vorsicht ausgedruckt. Sie wollte nicht fragen. Nicht auffallen. Womöglich zu früh Erinnerungen wecken. Bevor sie dem Monster gegenübertrat, wollte sie besser vorbereitet sein. Jette schaute auf ihre Armbanduhr. Viertel vor neun. Wenn sie Glück hatte, war die Verlegerin bereits in ihrem Büro. Sie beschloss, die paar Meter zu Fuß zu gehen. Das Auto konnte sie später holen. Hier würde es niemanden stören, niemand würde es überhaupt beachten.

Ein kalter Windstoß fuhr durch die weiten Maschen ihres Strickpullovers, als Jette zügig die Straße überquerte. Am Hotel »Petermann« hielt sie kurz inne, knöpfte ihren grünen Parka bis unters Kinn zu und stülpte die Strickmütze über die kinnlangen dunkelblonden Haare. Mit schnellen Schritten lief sie durch den morgendlichen, fast menschenleeren Ort, den Blick auf das graue Pflaster geheftet. Auf Höhe der weitläufigen Pferdekoppel gegenüber dem Supermarkt hörte sie das Scheppern einer Autotür. Jette wandte den Kopf zur anderen Straßenseite.

Auf dem Parkplatz sah sie neben einem blauen Volvo einen hochgewachsenen Mann. Er trug einen schwarzen Wollmantel, das dunkle, mit grauen Strähnen durchzogene Haar hing ihm vom Wind zerzaust in der Stirn. Was genau sie dazu veranlasste, ihren Schritt zu verlangsamen, konnte sie nicht sagen. Vielleicht war es die Geste, mit der er sich über den Bart strich. Vielleicht auch das Lächeln, das sich beim Blick auf das Handy in sein Gesicht stahl. Jette wusste nur, dass sie irgendetwas störte. Doch sie kam nicht darauf.

Er steckte das Telefon in die Hosentasche, brachte den leeren Einkaufswagen zurück und setzte sich in das Auto. Einen Moment später verließ er den Parkplatz. Dabei konnte Jette einen kurzen Blick auf sein Profil werfen. Nein, sie kannte den Mann nicht, hatte ihn nie im Leben gesehen. Grübelnd sah sie dem davonfahrenden Wagen nach. Ihre Augen streiften das Nummernschild, und im gleichen Atemzug wusste sie, was sie irritierte. Eine nebulöse Ahnung stieg in Jette auf. Der Mann gehörte zu ihm.

4

Richard Gruben fuhr auf das Grundstück im Lotsenweg ein. Durch die Frontscheibe betrachtete er die jagenden schwarzen Wolken über dem Reetdach. Die schirmartigen Kronen der Kiefern beugten sich im Wind. Es sah nach einem weiteren nasskalten, stürmischen Novembertag aus. Er parkte neben dem schwarzen Mercedes, nahm die Einkaufstüte vom Beifahrersitz und verriegelte das Auto. Mit eingezogenem Kopf lief er durch die kalte Morgenluft auf das Ferienhaus zu. In der Diele schälte Richard sich aus seinem Mantel und blieb lauschend am Treppenabsatz stehen. Absolute Stille. Aus den Zimmern unterm Dach war kein einziger Laut zu vernehmen. Philipp schlief noch immer seinen Rausch aus.

Nachdem er das dritte Glas Whiskey geleert und seinen Vorschlag, besser zu Hause weiterzufeiern, als spießig abgetan hatte, war Richard gegangen. Wie der Großteil der Vernissage-Besucher auch. Kurz nach dreiundzwanzig Uhr hatte Isa Wienkes Mann ihn mit seinem Geländewagen ins Ferienhaus gebracht. Wie es ihnen gelungen war, Philipp, stramm, wie er war, die steile Holztreppe hinaufzumanövrieren, war Richard auch jetzt noch ein Rätsel. Oben hatten sie ihn in Hemd und Hose aufs Bett gelegt und bloß die Schuhe abgestreift. In den frühen Morgenstunden hatte Richard ihn dann vom Nebenzimmer aus fluchend ins Bad stolpern und sich lautstark übergeben hören. Auch wenn er an diese Geräusche aus ihrer gemeinsamen WG-Zeit noch gute Erinnerungen hatte, kamen sie ihm heute sehr befremdlich vor.

Richard ging in die Küche. Er stellte die Einkaufstüte auf der Arbeitsplatte ab und schaltete den Wasserkocher ein. Anschließend räumte er die Lebensmittel in den Kühlschrank und schüttete die Brötchen in einen Korb. In einem der Schränke fand er eine Stempelkanne. Er häufte Kaffee hinein und brühte ihn mit dem sprudelnden Wasser auf. Dann setzte er sich mit Tasse und Kanne an den eckigen Tisch am Fenster. Er zückte das Smartphone und tippte eine kurze Antwort an Charlotte, deren Nachricht am Supermarkt eingegangen war. Hotel und Wetter hielten, was der Reiseveranstalter versprochen hatte, und sein Sohn amüsierte sich prächtig. Richard goss sich von dem Kaffee ein. Nach dem ersten, heißen Schluck drifteten seine Gedanken wieder zu der Vernissage ab.

Noch immer hatte er nicht realisiert, was da eigentlich vor sich gegangen war. Die hasserfüllten Blicke und Worte des Mannes, Isa Wienkes vergebliches Bemühen, die nahende Katastrophe aufzuhalten, und letztlich Philipps impulsiver Gewaltausbruch. Richard konnte sich nicht erinnern, seinen Freund je so erlebt zu haben. Weder nüchtern noch volltrunken hatte er jemandem Schläge angedroht, geschweige denn sie verteilt. Doch gestern Abend hatte er zugeschlagen. Bei klarem Verstand und unter den entsetzten Blicken hundert anwesender Menschen. Was war zwischen Philipp und diesem Mann in der Vergangenheit vorgefallen, dass er derart die Kontrolle über sich verlor?

Als Richard letzte Nacht schlaflos im Bett gelegen und den Geräuschen aus dem Badezimmer gelauscht hatte, hatte er sein Gehirn nach dem Namen Schoknecht durchforstet. Aber nichts. Philipp hatte ihn nie erwähnt. Zumal Richard der Name sicher nicht entfallen wäre, wenn jemand Philipp des Mordes bezichtigt hätte. Doch nun war er selbst Zeuge geworden, wie dieser Andreas Schoknecht mit solch einer Behauptung auf seinen Freund losgegangen war. Und dafür musste es einen Grund geben.

Richard stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo sein iPad auf dem Esstisch lag. Noch während er zurück in die Küche schlenderte, gab er bereits die ersten Suchbegriffe in das Kästchen unter dem farbigen Schriftzug ein: Mord, Gellerhagen, Annika, Schoknecht. Der erste Eintrag, den die Suchmaschine ausspuckte, war ein sechs Jahre alter Online-Artikel einer hiesigen Lokalzeitung:

Gellerhagen. Eine Joggerin machte in den frühen Sonntagmorgenstunden einen grausigen Fund. In einem Abschnitt des Darßwalds fand sie einen leblosen Körper. Bei der Leiche handelt es sich um die fünfzehnjährige Schülerin AnnikaS. aus Gellerhagen. Die Polizei geht von einem Gewaltverbrechen aus. Ein Tatverdächtiger ist bereits in Haft– ein neununddreißigjähriger Mann aus Münster.

Erschüttert starrte Richard auf die Zeilen. Für ihn bestand kein Zweifel daran, dass es sich bei dem ermordeten Mädchen um die Annika handelte, von der Andreas Schoknecht gesprochen hatte. Sehr wahrscheinlich war sie seine Tochter. Noch weniger bezweifelte er, dass der genannte Tatverdächtige aus Münster Philipp war. Das Verbrechen lag sechs Jahre zurück, Anfang Mai war er fünfundvierzig geworden. Es wären zu viele Zufälle auf einmal. Trotzdem wollte sein Verstand nicht fassen, was er da las: Philipp hatte als Verdächtiger in einem Mordfall in Haft gesessen.

Richard setzte sich wieder an den Küchentisch, klickte zurück zur Suchmaschine und öffnete einen weiteren Artikel. Er war nur wenige Tage später auf der Seite einer überregionalen Zeitung erschienen:

Rostock/Gellerhagen. Im Mordfall AnnikaS.(15) konnte sich der Verdacht gegen PhilippS.(39) nicht erhärten. Der Mann wurde gestern aus der U-Haft entlassen. Die polizeilichen Ermittlungen dauern an.

Während sein Kopf auf Hochtouren arbeitete, fand er noch drei weitere Einträge. Im letzten, jüngeren Datum hieß es:

Rostock. Der brutale Mord an der Schülerin AnnikaS. in Gellerhagen beschäftigt die Polizei weiter. Es gebe derzeit keine neuen Erkenntnisse, sagte ein Sprecher der zuständigen Polizeibehörde am Freitag auf Anfrage.

Richard klappte den Schutzdeckel der Hülle herunter und legte das iPad auf die Fensterbank. Allmählich begann er zu verstehen, worum es gestern bei dem Zwischenfall im Museum gegangen war. Andreas Schoknecht verdächtigte Philipp offenbar weiterhin, seine Tochter getötet zu haben. Dabei schien es den Mann wenig zu kümmern, dass sich der Verdacht gegen ihn nicht erhärten konnte. Irgendetwas musste Schoknecht Anlass geben, dass er auch Jahre später von Philipps Schuld überzeugt war. Aber was? Den Berichten hatte Richard nicht entnehmen können, wie genau das Mädchen zu Tode gekommen war, doch er hatte die Worte »pervers« und »erdrosselt« noch gut in den Ohren. Annika Schoknecht war vermutlich das Opfer eines Sexualtäters geworden. Wie, um Himmels willen, passte Philipp da hinein? Welche Beweise konnte man gegen ihn vorbringen, die Rechtfertigung für eine vorübergehende U-Haft waren? Richard nahm an, dass es für alles eine einleuchtende Erklärung gab. Nur nicht dafür, wieso Philipp ihm die ganze Geschichte bis heute verschwiegen hatte.

Durch die angelehnte Tür hörte er im Dachgeschoss schwere Schritte über den Flur schlurfen. Richard erhob er sich von seinem Stuhl und holte Wurst und Käse aus dem Kühlschrank. Als er anfing, die Scheiben auf einen Teller zu legen, erschien Philipp im Türrahmen.

»Für mich kein Frühstück, nur Kaffee.«

Richard musterte den Freund aus dem Augenwinkel. Er trug eine dunkle Anzughose, dazu Oberhemd und Krawatte, war glatt rasiert und der hölzerne Duft seines Duschgels umwehte ihn. Doch seine frische, tadellose Aufmachung konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie dreckig es ihm ging. Leicht aufgedunsene Wangen umrahmten seine spröden Lippen. Das Weiß in den Augen war blutunterlaufen. Sein Teint wirkte wächsern und leblos, einer Totenmaske gleich.

Und er hatte eine kräftige Alkoholfahne.

Als Philipp die Kühlschranktür aufzog, um eine Flasche Mineralwasser herauszunehmen, bemerkte Richard das Jackett unter seinem Arm. »Du willst weg?«, erkundigte er sich mehr argwöhnisch als neugierig.

Der grüne Schraubverschluss knirschte geräuschvoll. »Um elf hat sich eine Besuchergruppe angemeldet.«

»Hältst du es für klug, heute eine Führung zu machen?« Es war sicher nicht im Interesse des Kunsthauses, dass er mit einer Fahne vor die Besucher trat. In Philipps dürfte es noch weniger sein.

»Es wird sich schon niemand groß an meinem Anblick stören«, brummte er, wie stets gut gemeinte Ratschläge ignorierend. »Gestern Abend war die Ausstellungseröffnung. Da kann es durchaus vorkommen, dass der Künstler beim Feiern zu tief ins Glas guckt.«

Mit der Hüfte lehnte Philipp sich gegen die Arbeitsplatte, hob die Flasche an die Lippen und trank mehrere Schlucke, wobei sein Adamsapfel gleichmäßig auf und ab hüpfte.

Richard langte nach einer weiteren Tasse und stellte sie zusammen mit dem Wurstteller auf den Tisch. »Nun, die Feierstimmung war ziemlich schnell dahin«, meinte er und setzte sich auf seinen Platz zurück.

Die Hand mit dem Wasser sank schlagartig herab.

»Bitte, Richard! Komm mir jetzt nicht wieder damit.« Entnervt knallte Philipp die Flasche auf die Arbeitsplatte und warf das Jackett über eine Stuhllehne. »Ich habe heute Morgen echt keinen Bock auf dieses Willst-du-nicht-endlich-einen-Entzug-machen?-Gedöns.«

»Ich rede von Andreas Schoknecht.«

Philipp schaute für einen Augenblick verdutzt auf ihn hinunter, dann winkte er achtlos ab. »Schoknecht ist selbst schuld, wenn er da aufkreuzt und Ärger sucht.«

»Der Mann ist verzweifelt.«

»Der Mann ist nicht ganz richtig im Kopf.« Er tippte sich gegen die Stirn.

»Und wieso hast du dann derart die Beherrschung verloren?«

»Weil ich diesen Schwachsinn allmählich nicht mehr ertrage.« Philipp nestelte fahrig an seiner Krawatte. Als er den Knoten endlich gelockert hatte, atmete er hörbar aus. »Klar, die Sache mit seiner Tochter wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Doch das im Kunsthaus ging eindeutig zu weit. Schoknecht gehört weggesperrt. Nicht ich.«

»Was genau ist überhaupt passiert?«, tat Richard ahnungslos. Er hielt es für ratsamer, seine morgendliche Recherche im Internet zu verschweigen. Es würde Philipps Laune nicht unbedingt anheben. Außerdem wollte er es gern von ihm selbst hören.

»Annika war Schoknechts Tochter. Sie wurde nach dem Strandfest umgebracht. Das ist jetzt sechs Jahre her.«

»Eine private Feier am Strand?«

»Nein, eine jährliche Veranstaltung der Gellerhäger Kurverwaltung. Du weißt schon, Kinderbelustigung, Livemusik und Feuerwerk. Das überall ewig gleiche Programm.« Philipp kam zum Tisch und füllte sich Kaffee in seine Tasse. »Ich war derzeit im Sommerurlaub hier.«

»Du meinst, hier im Ferienhaus?«

»Genau. Zumal es mir da noch selbst gehörte.« Er lehnte sich wieder an. »Jedenfalls muss Annika nach dem Fest zu irgendeinem geilen Bock ins Auto gestiegen sein. Sie wird wohl keine Lust verspürt haben, sich von ihm begrapschen zu lassen, und der Kerl hat sie aus Frust mit ihrer Hundeleine erwürgt.«

»Was heißt mit ihrer Hundeleine?«

»Schoknechts Köter war noch ein Welpe. Annika war recht häufig mit ihm unterwegs. An dem Abend muss sie die Leine in ihrer Tasche dabeigehabt haben.« Er pustete kurz in den Kaffee, ehe er weitersprach. »In den frühen Morgenstunden wurde ihre Leiche dann im Darßwald gefunden. Ganz in der Nähe eines Parkplatzes. Das Mädchen war gerade mal fünfzehn.«

Philipp führte die Tasse zum Mund. Richard wartete darauf, dass er mit seinen Ausführungen weiter ausholen würde, doch er stierte nur laut schlürfend auf den Fliesenboden.

»Und was hast du mit all dem zu tun?«, hakte er deshalb nach.

»Ich saß als Hauptverdächtiger in U-Haft.« Philipp schaute ihn angriffslustig an. »Schockiert?«

Natürlich war er das, doch Richard schüttelte den Kopf. »Ich bin verwundert, dass du nie davon erzählt hast.«

»Weil es nichts darüber zu erzählen gibt. Ich war es nicht. Basta! Die Polizei hatte den Falschen verdächtigt.«

»Wie ist man überhaupt auf dich gekommen?«

Philipp machte eine ausschweifende Geste, wobei Kaffee über den Tassenrand schwappte. »Du weißt doch, wie das läuft. Wenn die Kleine und irgendein dahergelaufener Kerl stundenlang an der Theke stehen, erinnert sich später niemand mehr daran. Aber sobald der Herr Promifotograf ein paar Worte mit ihr wechselt, behalten die Leute das in Erinnerung.«

»Dann hast du das Mädchen also gekannt?«