Karpaltunnelsyndrom - Samuel Kreitmeir - E-Book

Karpaltunnelsyndrom E-Book

Samuel Kreitmeir

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Beschreibung

Gehörst du zu den über 10 Prozent der Bevölkerung, die im Laufe ihres Lebens an einem Karpaltunnelsyndrom erkrankt sind?Wenn du an Schmerzen, Kribbeln oder Taubheit an der Hand oder den Fingern leidest, könnte das der Fall sein. Wird ein Karpaltunnelsyndrom diagnostiziert, wird den Betroffenen häufig zu einer Operation geraten. In manchen Fällen stellt die Operation tatsächlich das Mittel der Wahl dar, doch in anderen Fällen führt sie nicht zum gewünschten Erfolg und die Symptome bleiben nach der Operation bestehen oder kommen nach kurzer Zeit zurück.Der Physiotherapeut und Karpaltunnelexperte Samuel Kreitmeir erklärt in diesem Buch umfassend und verständlich,-was sich hinter der Diagnose Karpaltunnelsyndrom verbirgt-woher die Schmerzen und Empfindungsstörungen an der Hand kommen-wie du die Problematik ganzheitlich angehen kannst-wie du dein Karpaltunnelsyndrom nachhaltig loswerden kannstMit zahlreichen praktischen und leicht umzusetzenden Strategien und Übungen zeigt er, wie man sich von einem Karpaltunnelsyndrom befreien und endlich schmerzfrei werden kann.

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Samuel Kreitmeir

KARPALTUNNELSYNDROM

Samuel Kreitmeir

KARPALTUNNELSYNDROM

Ein Leitfadenzur Selbsthilfe

Wichtiger Hinweis

Die im Buch veröffentlichten Empfehlungen wurden von Verfasser und Verlag erarbeitet und geprüft. Der Inhalt dieses Buches beruht auf den persönlichen Erfahrungen des Autors. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors nicht zulässig. Das gilt gleichermaßen für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Publikation enthält Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben; für diese fremden Inhalte können wir keine Gewähr übernehmen. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung nicht erkennbar.

© 2023 by TW/Trainingsworld.com, ein Imprint der bodyLIFE Medien GmbH

bodyLIFE Medien GmbH, Ludwig-Erhard-Straße 2, 76275 Ettlingen

www.bodylife-medien.com, Telefon: +49 7243 7278-133, Mail: [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Abbildungen: © Samuel Kreitmeir

Abbildungen S. 19 und S. 72: © Larissa Kreitmeir

Abbildung S. 13 © u3d, www.shutterstock.com

Abbildung S. 14 © Salah Ait Mokhtar, www.unsplash.com

Fotografien: © Tobias Bader

Cover: © Carlos Amarillo, www.shutterstock.com

Redaktion: Lara Radlewski, Rainer Weber

Korrektorat: Rainer Weber

Umschlaggestaltung: Tobias Prießner, Sankt Blasien

Satz: Daniel Förster, Belgern

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print: 978-3-949966-02-6

ISBN E-Book (PDF): 978-3-949966-03-3

ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-949966-04-0

Inhalt

Vorwort

Danksagung

1 Das Karpaltunnelsyndrom

1.1 Definition

1.2 Anatomie des menschlichen Nervensystems

1.3 Anatomischer Verlauf des Mittelarmnervs mit möglichen Engstellen

2 Ursachen

2.1 Idiopathisches Karpaltunnelsyndrom

2.2 Wachstum, Haltung und Statik

2.3 Zusammenhang des KTS mit der modernen Lebensweise (Haltung, Ernährung, Atmung, Stress)

2.4 Schwellungszustände verursacht durch berufliche oder sportliche Aktivitäten

2.5 Verletzungen

2.6 Raumforderung durch Lipome, Ganglien und Osteophyten

2.7 Stoffwechsel und hormonelle Faktoren

2.8 Schwangerschaft

2.9 Rheumatologische Erkrankungen

2.10 Anatomische Engstelle im Karpaltunnel

3 Differentialdiagnosen

3.1 Pronator-Teres-Syndrom

3.2 Thoracic-Outlet- und Thoracic-Inlet-Syndrom durch Engstellen an den Skalenuslücken

3.3 Zervikale Radikulopathie an der Halswirbelsäule

3.4 Engstelle zwischen der ersten Rippe und dem Schlüsselbein

3.5 Problematiken anderer periphärer Armnerven

3.6 Polyneuropathie

4 Behandlung

4.1 Notwendigkeit einer Behandlung

4.2 Medikamentöse Behandlung

4.3 Schiene

4.4 Operation

4.5 Physiotherapie

4.6 Osteopathie

4.7 Akupunktur

4.8 Wärme- und Kältetherapie

4.9 Ernährung und Nahrungsergänzung

5 Übungen

Teil 1: Vorbereitende Übungen

Teil 2: Gezielte Mobilisation für die Handgelenke und die Unterarmmuskulatur

Teil 3: Eigenmassage mit Hilfsmitteln

Teil 4: Nervengleitübungen

Teil 5: Abschließende Dehnung

Anmerkungen

Über den Autor

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn du dich entschieden hast, dieses Buch zu lesen, dann sicher nicht ohne Grund. Vielleicht brauchst du das hier zusammengestellte Know-how, um jemandem zu helfen, wahrscheinlicher ist aber, dass du selbst mit einem Karpaltunnelsyndrom (KTS) kämpfst – mit jener weit verbreiteten Nervenstörung an der Hand, die zu Schmerzen, Kribbeln und Taubheit im betroffenen Bereich führen kann und es oft auch tut.

So oder so: Dieses Buch umfasst alles, was du zur Selbsthilfe brauchst.

Bevor ich jedoch genauer auf die Details des KTS eingehe, möchte ich zuerst ein Fallbeispiel aus der Physiotherapiepraxis mit dir teilen, das mich mit dazu bewegt hat, dieses Buch zu schreiben.

Ein schlanker und sportlicher Patient mittleren Alters betritt meine Praxis mit Taubheit und Schmerzen an der Hand und am Unterarm. Er ist Kfz-Mechaniker und kann aufgrund dieser Beschwerden seit einem halben Jahr nur noch eingeschränkt arbeiten. Immer häufiger wacht er nachts von den Schmerzen auf und fühlt sich am Tag darauf wie gerädert. Auf ärztliches Anraten unterzog er sich drei Monate zuvor einer Operation am sogenannten Karpaltunnel. Nachdem sich die Problematik nach der Operation kurzfristig gebessert hatte, leidet der Patient nun wiederholt an den gleichen Symptomen. Nach gezielten Tests und Bewegungsprüfungen bestätigt sich das diagnostizierte Einklemmungsphänomen am Mittelarmnerv. Zudem zeigen sich entlang des Nervenverlaufs mehrere Engstellen, was ein möglicher Grund dafür ist, dass der Patient nur eine kurzfristige Linderung nach der Operation verspürte. Zwar wurde durch den Eingriff mehr Platz für den Nerv im Karpaltunnel geschaffen, jedoch wird der Nerv an zusätzlichen Stellen in seinem Verlauf eingeengt.

Ich behandelte den Patienten entlang der Muskulatur, der Faszien und der Blutgefäße, die diesen Nerv umgeben. Nach der dritten Behandlung zeigte sich eine deutliche Besserung der Symptome.

Die Behandlungen in Kombination mit den geeigneten Übungen führten nach zwei Monaten zu einer Ausheilung des KTS, die bis heute (eineinhalb Jahre später) andauert. Hätte die Operation in diesem Fall durch adäquate therapeutische Maßnahmen und Eigenübungen verhindert werden können? Diese Frage stellte sich mein Patient im Nachhinein.

In meinem Beruf als Physiotherapeut und als Osteopath in Ausbildung habe ich sehr viel Erfahrung mit der Behandlung »eingeklemmter« Nerven gesammelt. Ein Nerv sollte sich gegenüber den benachbarten körperlichen Strukturen wie Blutgefäßen, Organen, Muskeln und Knochen frei bewegen können. Ist das nicht der Fall, ist der Nerv in seiner Gleitfähigkeit in Bezug zur Umgebung eingeschränkt und kann durch bestimmte Bewegungen überdehnt, gereizt oder eingeklemmt werden. Es ist auffallend, dass die meisten Patienten mit einer eingeschränkten Nervengleitfähigkeit auch eine eingeschränkte Mobilität der umliegenden Blutgefäße aufweisen. Ein beträchtlicher Teil meiner Therapie besteht deswegen aus der Lockerung dieser eingeschränkt beweglichen Blutgefäße und des Nervs zu den umgebenden Strukturen.

Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Situationen, in denen eine Operation nicht nur zu empfehlen, sondern unabdingbar ist. Doch wie kannst du selbst einschätzen, welche Maßnahmen für dich die richtigen sind? In den folgenden Kapiteln findest du heraus, worum es sich bei einem Karpaltunnelsyndrom genau handelt und wodurch es entstehen kann. Ich beschreibe dir außerdem häufige Krankheitsbilder am Arm, die ähnliche Symptome wie ein KTS hervorrufen, aber eine andere Behandlung erfordern. Du wirst erfahren, mit welchen Übungen und Strategien du deine Beschwerden lindern und dich von deinem KTS dauerhaft befreien kannst.

Die regelmäßige Ausführung von adäquaten Eigenübungen stellt einen entscheidenden Faktor für einen nachhaltigen Therapieerfolg dar. Ich führe dich Schritt für Schritt an die Übungen heran und setze den Fokus dabei sowohl auf die richtige Position der beteiligten Körperpartien als auch auf die richtige Dosierung beim Dehnen. Hierbei kommt es vor allem darauf an, den betroffenen Nerv möglichst schonend und sanft zu mobilisieren. Wendet man zu viel Kraft bei den Übungen an, entsteht im umliegenden Gewebe eine Schutzspannung, die den Nerv weiter einengen kann. Bei einer sanften Ausführung entspannt sich hingegen das Gewebe meistens bereits nach wenigen Minuten und der Nerv bekommt anschließend wieder mehr »Platz«. Dies führt zu einer verbesserten Durchblutung des Nervs und damit zu einer Regeneration der eingeklemmten Nervenanteile.

Dieses Buch soll dir hilfreiche Bausteine zu einer ganzheitlichen Selbsthilfe an die Hand geben. Es ersetzt aber keine physiotherapeutische oder osteopathische Behandlung, welche ich dir bei einem bestehenden KTS als gleichzeitige Maßnahme ans Herz lege. Anhand einiger Beispiele aus meinem beruflichen Alltag werde ich dir einen anschaulichen Einblick in die Thematik des KTS und die Möglichkeiten der therapeutischen Vielfalt verschaffen. Die Namen der Patientenbeispiele sind dabei frei von mir gewählt und haben keinen Bezug zu den Personen in der Realität. Ich bemühe mich in meinem Buch um eine genderneutrale Sprache, da mir die Gleichstellung und Gleichberechtigung aller Menschen am Herzen liegt. Um dir einen optimalen Lesefluss zu ermöglichen, habe ich die Quellenangaben am Ende des Buches aufgelistet. Für den Nervus medianus verwende ich auch die Bezeichnungen »Mittelarmnerv« und »Medianusnerv«, um einer häufigen Wortwiederholung des Begriffes vorzubeugen. Nun wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen und einen nachhaltigen Erfolg beim Auflösen deiner Schmerzen an der Hand!

Euer Samuel

Danksagung

Ich danke Nico für den gedanklichen Anstoß, meine Erfahrungen und Überlegungen zum Karpaltunnelsyndrom in schriftliche Form zu bringen.

Herzlichen Dank an meine Mutter Daniela und an Sophia für die wertvollen Stunden des Lektorats.

Lieben Dank an Tobias für die tollen Fotos und deren Bearbeitung.

Vielen Dank an Birgit und Simon für die organisatorische Unterstützung.

Vielen Dank an Lutz und sein Dozententeam für die vielen genialen Fortbildungsstunden, die mein Verständnis für die Zusammenhänge innerhalb des menschlichen Körpers geschult haben.

Besonderen Dank an Larissa für die beiden präzisen anatomischen Illustrationen.

Zu guter Letzt bedanke ich mich bei meinen Patientinnen und Patienten für ihr Vertrauen und die gute Zusammenarbeit auf dem Weg ihrer Genesung.

1

Das Karpaltunnelsyndrom

1.1 Definition

Ein Karpaltunnelsyndrom bezeichnet Schmerzen und Gefühlsstörungen an bestimmten Bereichen der Hand und Finger, die durch eine Reizung des Mittelarmnervs auf Höhe des Handgelenks ausgelöst werden. Der Mittelarmnerv (Nervus medianus) verläuft an der Unterseite des Handgelenks in einem Kanal, der durch die Handwurzelknochen und ein darüber liegendes Band (Karpalband) gebildet wird. Dieser Kanal ist der Karpaltunnel. Gemeinsam mit dem Nervus medianus befinden sich zudem neun Beugesehnen der Unterarmmuskulatur in diesem Tunnel. Entsteht innerhalb dieser Passage eine Druckerhöhung, kann diese den Medianusnerv einengen und zu den beschriebenen Schmerzen oder Missempfindungen in dem von ihm versorgten Gebiet kommen.1 Der Mittelarmnerv ist an der Hand sowohl für die vielen Tätigkeiten des Daumens als auch für die Beugung des Zeige- und Mittelfingers zuständig. Außerdem versorgt er die Empfindung der Haut des Daumens sowie des Zeige-, Mittel- und eines Teils des Ringfingers.2

Versorgungsgebiet des Nervus medianus an der Haut

Kommt es zu einer Einengung des Nervus medianus im Karpaltunnel, kann dies Schmerzen und Missempfindungen an diesen Hautarealen auslösen. Die versorgte Muskulatur kann abgeschwächt werden oder sogar ganz ausfallen. Dies führt dazu, dass die betroffene Person Gegenstände nicht mehr richtig festhalten kann. Das typische Bild einer Medianuslähmung ist die »Schwurhand«. Durch den Ausfall der Beugemuskeln an Daumen, Zeige- und Mittelfinger bleiben diese Finger gestreckt, wenn die betroffene Person versucht, eine Faust zu machen. Dies gleicht der Handstellung wie beim Leisten eines Schwurs. Für eine Druckerhöhung innerhalb des Karpaltunnels gibt es mehrere Ursachen. Ein unbehandeltes KTS kann zu einer Rückbildung der Daumenmuskulatur, zu Ausfallerscheinungen der Hand- und Fingerkraft sowie zu dauerhaften Missempfindungen und Schmerzen führen. Welche Ursachen zu einem KTS führen können und was du dagegen unternehmen kannst, beschreibe ich in den folgenden Kapiteln.

1.2 Anatomie des menschlichen Nervensystems

Wie unser menschliches Nervensystem aufgebaut ist, wird verständlich, wenn man die embryonale Entwicklung und das spätere Wachstum betrachtet. Jeder Mensch entsteht aus einer befruchteten Eizelle, aus der sich im Laufe des Wachstums innerhalb des Mutterleibs viele weitere Zellen entwickeln. Diese Zellen bekommen verschiedene Aufgaben und werden spezialisiert. Manche von ihnen erfüllen bereits nach wenigen Wochen eine Pumpfunktion und werden später das Herz bilden. Andere Zellen entwickeln sich zu Nervenzellen und bilden das spätere Gehirn und das Rückenmark. Der heranreifende Mensch ähnelt zu Beginn einer Art Wurm, aus dem mit der Zeit die Ärmchen und Beinchen wachsen. Innerhalb dieser Gliedmaßen wachsen auch die Nervenzellen mit, sie entspringen dem Rückenmark.3

Embryo

Stoßdämpfer

Sie stellen die »Elektrokabel« dar, welche für die Bewegungsimpulse und das Berührungsempfinden zuständig sind. Der Mensch schraubt sich so bis zum Ende seines Wachstums aus seiner Körpermitte heraus. Diese Verdrehung hat zum einen einen evolutionären Hintergrund, da sich die Extremitäten (Arme und Beine) in der Entwicklung der Säugetiere gedreht haben.4 Zum anderen bietet sie einen Vorteil an Stabilität, da ein in sich gedrehter Körper zumeist widerstandsfähiger ist als ein gerader. Aus diesem Grund werden Federn in Stoßdämpfern von Fahrzeugen verwendet. Der menschliche Körper kann nach dem gleichen Prinzip, durch die gedrehte Ausrichtung der Arme, Stürze und Stöße abfedern. Mithilfe dieses Mechanismus werden die empfindlichen Nerven im Arm geschützt, die für dessen Funktion essenziell sind.

Doch wie genau funktionieren nun die »menschlichen Elektrokabel«? Die Nervenzellen besitzen im Ruhezustand eine negative elektrische Ladung, die Ruhepotenzial genannt wird. Kommt es zu einem Reiz wie beispielsweise einer Änderung der Temperatur, des Drucks oder des pH-Werts, bricht das Ruhepotenzial zusammen. Durch diesen Vorgang entsteht eine positive Ladung, die Aktionspotenzial genannt wird. Dieses bildet die Grundlage der elektrischen Reizweiterleitung. Denn durch die Umkehrung der elektrischen Ladung in der Zelle, die mit dem Aktionspotenzial geladen ist, entsteht ein Ungleichgewicht zur benachbarten Zelle. Dieser Ladungsunterschied löst dort wieder ein Aktionspotenzial aus. Dadurch entsteht ein Ausgleichsstrom, der die Information von A nach B bringt. Periphere Nerven, zu denen der Mittelarmnerv zählt, besitzen meist eine markscheidehaltige Außenschicht, die Myelinschicht genannt wird. In ihr sind meist Schnürringe eingebaut, die die Leitungsgeschwindigkeit um das etwa Hundertfache erhöhen. Die Aktionspotenziale springen von Schnürring zu Schnürring und können so einen großen Teil der Wegstrecke im wahrsten Sinne des Wortes überspringen.5 Kommt es im Verlauf des Mittelarmnervs zu einer Druckerhöhung, kann die elektrische Signalübertragung im Nerv gestört werden. Bei einer dauerhaften Druckeinwirkung kann die Nervenhülle Schaden nehmen, was zu einer verlangsamten oder fehlerhaften Reizweiterleitung im Nerv führen kann.

1.3 Anatomischer Verlauf des Mittelarmnervs mit möglichen Engstellen

Für das Verständnis des Karpaltunnelsyndroms ist der Verlauf des Nervus medianus, so der medizinische Fachbegriff für den Mittelarmnerv, von Bedeutung. Er entspringt zunächst aus mehreren Nerven aus dem Rückenmark, die sich nach dem Verlassen der Halswirbelsäule zu einem Geflecht zusammenschließen, dem Plexus brachialis oder Armplexus. Er verlässt die Halswirbelsäule an den Nervenöffnungen der Wirbelsegmente C5, C6, C7, C8 und TH1.

Da er nicht zum zentralen Nervensystem, dem Gehirn oder dem Rückenmark gezählt wird, gehört er zur Gruppe der peripheren Nerven, also Nerven in der Peripherie des Körpers. Der Plexus passiert gemeinsam mit der Arteria subclavia (Schlüsselbeinarterie) die seitlichen Halsmuskeln Musculus scalenus anterior und Musculus scalenus medius (vorderer und mittlerer Rippenhaltemuskel). Er verläuft weiter hinter dem Schlüsselbein zur Vorderseite der Achsel. Auf diesem Weg zweigt er sich in die fünf Hauptnerven des Arms auf: Nervus axillaris, Nervus musculocutaneus, Nervus radialis, Nervus medianus und Nervus ulnaris. Die entscheidende Bedeutung für das Karpaltunnelsyndrom kommt dabei dem Nervus medianus zu. Er verläuft an der Innenseite des Oberarms und zieht mittig an der Innenfläche des Ellenbogens zum Unterarm. Dort zieht er durch den Musculus pronator teres in die Tiefe des Unterarms, wo er zwischen den Muskelbäuchen des oberflächlichen und tiefen Fingerbeugers eingebettet ist. Von dort geht es weiter zur Oberfläche und Richtung Handgelenk, auf dessen Höhe er eine knöcherne Passage durchzieht, den Karpaltunnel. Dieser ist wie eine »Halfpipe« gebaut und zur Unterseite des Handgelenks hin mit dem Karpalband überzogen. Innerhalb dieses Tunnels verlaufen zusätzlich neun Sehnen von Beugemuskeln des Unterarms: vier Sehnen des Musculus flexor digitorum superficialis (oberflächlicher Fingerbeuger), vier Sehnen des Musculus flexor digitorum profundus (tiefer Fingerbeuger) und die Sehne des Musculus flexor pollicis longus (langer Daumenbeuger).

Plexus brachialis

Strukturen innerhalb des Karpaltunnels

Der Mittelarmnerv versorgt motorisch die Beugemuskulatur des Unterarms, große Teile der Daumenmuskulatur und einen Teil der Handmuskeln. Gleichzeitig ist er für das Gefühl der Haut an Daumen, Zeige-, Mittel- und der inneren Hälfte des Ringfingers zuständig. Zu diesem Versorgungsgebiet gehört ebenfalls die daumenseitige Hälfte der Hand. Aus diesem Grund spürt eine Person, die von einem KTS betroffen ist, die Beschwerden an genau diesen Bereichen der Hand und den Fingern. Typischerweise kommt es dabei zur Taubheit der Fingerspitzen an Daumen, Zeige- und Mittelfinger und zu einem eingeschränkten Gespür an den restlichen Hautarealen dieser Finger.6 Bei einem schwerwiegenden KTS mit Ausfallerscheinungen der Muskulatur kommt es zur Abschwächung oder Lähmung der beschriebenen Hand- und Fingermuskulatur. Dadurch ist kein vollständiger Faustschluss mehr möglich. Versucht die Person, eine Faust zu bilden, bleiben Daumen, Zeige- und Mittelfinger gestreckt. Es handelt sich dabei um das bereits erwähnte Schwurhandphänomen. Bei einem lang andauernden KTS mit Ausfallerscheinungen kommt es zur Rückbildung der betroffenen Muskulatur. Diese wird als Atrophie des Daumenballens bezeichnet.

Liegt der Mittelarmnerv behutsam zwischen weichen Muskelbäuchen eingebettet, kann er optimal seine Arbeit verrichten. Diese besteht darin, sowohl Bewegungssignale vom zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) zur Muskulatur zu leiten als auch Sinnesreize der Haut zum ZNS zu schicken. Allerdings gibt es entlang seines Verlaufs auch einige »Nadelöhre« an bestimmten Stellen des Körpers. An diesen Stellen durchquert der Nervus medianus Durchtrittspforten zwischen Muskelbäuchen, zieht durch Muskeln hindurch oder nahe an Knochen vorbei. An diesen Engstellen kann es aufgrund verschiedener Faktoren zu einem erhöhten Druck auf den Nerv kommen.

Mögliche Engstellen im Verlauf des Plexus brachialis und des Nervus medianus