Keltische Märchen und Sagen -  - E-Book

Keltische Märchen und Sagen E-Book

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Beschreibung

Die Kelten sind ein geheimnisvolles Volk, das Jahrhunderte vor Christus in zahlreiche Länder Westeuropas eingedrungen ist. Sie haben ein vielfältiges Erbe hinterlassen, darunter einen reichen Schatz an Mythen und Märchen. Tollkühne Helden aus dem Kreis um König Artus bevölkern diesen Kosmos ebenso wie Feen und Fabelwesen, die in einer Anderswelt leben. Die keltischen Märchen sind wie ihre Bilderwelt: grotesk und fabelhaft und bis ins Üppige verschlungen. Dieser Band versammelt Märchen aus Irland, Wales, Cornwall, Schottland und der Bretagne.

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Seitenzahl: 491

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Keltische Märchen und Sagen

Herausgegeben

von Erich Ackermann

Anaconda

Sämtliche Texte wurden, soweit nicht anders im Quellenverzeichnis vermerkt, vom Herausgeber übersetzt. Dieser Band ist eine leicht gekürzte Neuausgabe der bereits 2009 unter demselben Titel im Anaconda Verlag erschienenen Sammlung.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-641-27895-3V001

© 2021 by Anaconda Verlag, einem Unternehmen

der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: Iwan Jakowlewitsch Bilibin (1876–1942), »Wasserreich«,

Illustration zur altrussischen Sage »Wolga« (1928), Aquarell auf Papier,

Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg, Interfoto / fine art images

Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de

www.anacondaverlag.de

Inhalt

MÄRCHENAUS DEM ARTUS-KREIS

Kulhwch und Olwen

Herr Gawain und der grüne Ritter

Lanval

Die Verzauberung des Zauberers Merlin

BRETAGNE

Die Jagd nach dem weißen Eber (Guingamor)

Die Groac’h von der Insel Lok

Die Fee aus der Grotte von Corbière (Houle de la Corbière)

Die Prinzessin, die in eine Maus verwandelt wurde

Der kleine Vogel mit dem goldenen Ei

Bihanic und der Menschenfresser

Der goldgierige Jean

Wie die Stadt Is im Meer unterging

Die Steine von Plouhinec

Die Braut des Toten

IRLAND

Der kleine Sackpfeifer

Herr und Diener

Die Banshee von Bunworth

Das gebückte Mütterchen

Vom Luprechaun, dem Feenschuster

Der Phuka

Der Banschi-Brunnen

Die Stadt im Meer

Der Hexenmeister von Crunaan

O’Donoghues Dudelsack

Das Land der ewigen Jugend

Fionn im Land der Riesen

Die Königin von Sciana Breaca

Die Legende von Loch na Piasta, dem Drachenteich

Wie der Killarney-See entstand

St. Patrick und die Druiden

Lirs Kinder

Oisíns Jugend

Die drei Schwestern

Sculloge

Die goldene Schlafnadel (An Braon Suan or)

Die drei Kronen

Kathleen

Ein Abenteuer der Fenier

Die Höhlenfeen oder Die letzte Liebe der Etain

Condlas Jenseitsfahrt

WALES

Warum der rote Drache das Sinnbild von Wales ist

Elidore

Jolo ap Hugh, der verzauberte Fiedler

Die Zauberharfe

Yantos Jagd

Maen du yr Arddu, der schwarze Stein von Arddu

Owen Llawgoch mit seinen tausend Kriegern

Eilians Flucht

CORNWALL

Der Riese vom St. Michael’s Mount

Der Gespensterbräutigam

SCHOTTLAND

Der Elfenritter

Thomas der Reimer

Der Robbenfänger und der Wassermann

Tam Lin

Die Feen von Merlins Klippe

NACHWORT DES HERAUSGEBERS

QUELLENVERZEICHNIS

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

MÄRCHEN AUS DEM ARTUS-KREIS

Kulhwch und Olwen

KILYDD, der Sohn des Fürsten Kelyddon, wollte eine Frau nehmen, auf dass sie ihr Leben mit ihm teile, und seine Wahl fiel auf Goleudydd, die Tochter des Fürsten Anllawdd. Als sie unter einem Dach waren, begann das Volk zu beten, dass sie einen Erben bekämen und dank dieser Gebete wurde ihnen ein Sohn geboren. Aber im Augenblick, da sie ihn empfing, verfiel sie in Wahnsinn und floh jede Behausung. Als die Zeit der Entbindung kam, kehrte ihr gesunder Verstand zurück.

Einmal geriet sie an einen Ort, wo ein Schweinehirt seine Herde hütete, da kam sie aus Angst vor diesen Tieren nieder.

Der Hirt nahm das Kind und trug es an den Hof; man taufte es und gab ihm den Namen Kulhwch. Der Knabe war indessen von edlem Stamm und ein Vetter Arthurs. Man gab ihm eine Amme. Infolge dieser Ereignisse wurde die Mutter des Kindes, Goleuddydd, krank. Sie ließ ihren Gatten kommen und sprach: »Ich werde an dieser Krankheit sterben und du wirst eine andre Frau wollen. Aber die Frauen verschenken zuviel und du würdest deinen Sohn arm machen; daher bitte ich dich, dass du nicht eher heiratest, bis auf meinem Grabe ein Dornstrauch mit zwei Häuptern wächst.« Er versprach es ihr. Darauf rief sie ihren Hofmeister und bat ihn, ihr Grab Jahr für Jahr so instand zu halten, dass nichts darauf wachsen könne.

Die Königin starb. Der König sandte täglich einen Diener, um zu erkunden, ob etwas auf dem Grabe wachse. Nach sieben Jahren vernachlässigte der Hofmeister seine übernommene Verpflichtung. An einem Jagdtag begab sich der König auf den Friedhof; er wollte das Grab selbst sehen, denn er dachte daran, sich wieder zu vermählen: der Dornstrauch hatte darauf getrieben. Sogleich berief er eine Ratsversammlung, um zu erkunden, wo er eine Frau suchen solle. Einer der Räte sagte zu ihm: »Ich weiß eine Frau, die dir wohl geziemen würde. Es ist die des Königs Doyed.« Sie entschlossen sich, aufzubrechen und sie zu entführen. Sie töteten den König, nahmen seine Frau und seine einzige Tochter weg und bemächtigten sich seiner Länder.

Eines Tages ging die Königin spazieren. Sie begab sich in die Stadt zu einer alten Hexe, die keinen Zahn mehr im Mund hatte. »Alte«, sagte sie zu ihr, »willst du mir im Namen Gottes sagen, was ich dich fragen will? Wo sind die Kinder dessen, der mich gewaltsam entführt hat?« »Er hat keine«, sprach die Alte. »Wie unglücklich bin ich«, rief die Königin, »in die Hände eines kinderlosen Mannes gefallen zu sein!« »Dein Jammern ist unnütz«, versetzte die Alte, »es ist geweissagt, dass er einen Erben von dir haben wird, auch wenn er noch keinen andern hätte. Übrigens tröste dich, er hat einen Sohn.« Die Fürstin kehrte freudevoll heim und sprach zu ihrem Gatten: »Warum verbirgst du deine Kinder vor mir?« »Ich will es nicht länger tun«, sagte der König. Man holte den Sohn und brachte ihn an den Hof. Seine Stiefmutter sprach zu ihm: »Du tätest gut, eine Frau zu nehmen. Ich habe eine Tochter, die jedem Edlen der Welt geziemen würde.« »Ich habe noch nicht das Alter, mich zu verheiraten«, erwiderte er. Darauf rief sie: »So schwöre ich, dass du das Schicksal haben sollst, dass dein Leib nie eine Frau berühren wird außer Olwen, der Tochter des Yspaddaden Penkawr.« Der junge Mann errötete und die Liebe zu der Jungfrau durchdrang ihn durch und durch, obwohl er sie nie gesehen hatte. »Mein Sohn«, sprach der Vater zu ihm, »warum wechselst du die Farbe? Was bedrückt dich?« »Meine Stiefmutter hat mich verflucht, dass ich nie eine Frau haben werde, wenn ich nicht Olwen bekomme, die Tochter des Yspaddaden Penkawr.« »Das ist eine Kleingkeit für dich. Arthur ist dein Vetter. Suche ihn auf, damit er dir dein Haar ordne*, und erbitte das als Geschenk von ihm.« Der junge Mann bestieg darauf einen Renner mit apfelgrauem Kopf, der vier Winter zählte, er hatte kräftig gebaute Schenkel, seine Hufe glänzten wie eine Muschel, der Zügel war mit goldnen Kettengliedern im Maule eingefügt und er trug einen kostbaren goldenen Sattel. Kulhwch trug zwei wohlgeschärfte Wurfspieße aus Silber und ein gekrümmtes Schwert, das bis zur Spitze eine gute Elle maß, wenn man die Elle eines kräftigen Mannes als Maß nimmt, das war imstande, den Wind zu treffen und ihm Blut abzuzapfen: Es war geschwinder als der Fall des ersten Tautropfens von der Spitze des Schilfrohrs auf den Boden im Juni, wenn es am üppigsten ist. An seiner Hüfte hing ein Dolch mit goldnem Knauf und goldner Klinge mit einem Kreuz aus Gold und himmelblau emailliert, sein Kriegshorn war von Elfenbein. Vor ihm erlustigten sich zwei Windhunde mit weißer Brust und gesprenkeltem Fell, jeder trug um seinen Hals ein Band von Rubinen, das von den Schultern bis zu den Ohren reichte; der von links lief nach rechts, der von rechts nach links, so spielten sie vor ihm wie zwei Meerschwalben. Die vier Hufe seines Renners ließen vier Rasenschollen fliegen wie vier Schwalben in der Luft, bald höher, bald niedriger über seinen Kopf. Er hatte einen vierkantigen Purpurmantel umgeschlagen mit einem goldnen Apfel an jeder Ecke, deren jeder den Wert von hundert Kühen hatte. Auf seinen Hosen und seinen Steigbügeln vom Oberschenkel bis herab zu den Zehenspitzen trug er Gold im Werte von dreihundert Kühen. Kein Grashalm bog sich unter ihm, so leicht war der Tritt seines Renners, der ihn an den Hof Arthurs trug.

Der Jüngling sprach: »Ist hier ein Pförtner?« »Ja!« »Und du? Möge deine Zunge nicht stumm bleiben: dein Gruß ist recht kurz.« »Jeden ersten Tag im Jahre mache ich Arthurs Pförtner, das ganze übrige Jahr tun das meine Stellvertreter: Huandaw, Gogigwc, Llaeskenym und Pennpingyon, der auf dem Kopf läuft, um seine Füße zu schonen, aber nicht in der Richtung des Himmels oder der Erde, sondern wie ein auf dem Boden des Hofes rollender Stein.« »Öffne die Tür!« »Ich werde sie nicht öffnen!« »Warum?« »Das Messer steckt im Fleisch und der Trunk ist im Horn. Man vergnügt sich in Arthurs Saal. Nur Söhne von Königen berühmter Reiche lässt man eintreten oder den Spielmann, der seine Kunst mitbringt. Man wird deinem Pferde und deinen Hunden zu fressen geben und dir wird man gekochte und gepfefferte Fleischschnitten anbieten und Wein bis zum Rande und süße Musik. Man wird dir Speise für dreißig Männer ins Gasthaus bringen, wo die Leute aus fernen Ländern essen und die, welchen es nicht geglückt ist, an Arthurs Hof Zutritt zu erlangen; es wird dir dort nicht schlechter gehen als bei Arthur selbst. Man wird dir eine Frau anbieten, auf dass sie bei dir liege, und die Freuden der Musik. Morgen in der Frühe, wenn der Palast sich öffnet vor der Schar, die heute herkam, wirst du als Erster eintreten und kannst deinen Platz wählen, wo du willst im ganzen Hofe Arthurs.« »Ich werde nichts von alledem tun«, sagte der Jüngling, »wenn du die Türe öffnest, ist es gut; wenn du nicht öffnest, werde ich deinem Herrn Schande zufügen und dir Missachtung, und ich werde drei Schreie ausstoßen an der Pforte, wie es keine tödlicheren gegeben hat von Cornwall bis Cumberland: alles, was es hier auf dieser Insel an schwangeren Weibern gibt, wird eine Frühgeburt haben; die andern werden von solchem Missbehagen überfallen werden, dass ihr Schoß sich umkehrt und sie nie wieder empfangen.« Glewlwyt Gavaelvawr antwortete ihm: »Du schreist vergebens gegen die Gesetze von Arthurs Hof, man wird dich nicht eher eintreten lassen, bis ich mit Arthur gesprochen habe.«

Glewlwyt begab sich in den Saal. »Gibt es etwas Neues am Tor?«, fragte Arthur. »Zwei Drittel meines Lebens sind vergangen wie zwei Drittel des deinigen. Ich war in Kaer Se und Asse, in Sal und Salach, in Lotor und Fotor, im großen und kleinen Indien, ich war bei der Schlacht der beiden Ynyr; ich war in Europa, in Afrika und auf den Inseln von Corsica, ich war bei Kaer Oeth und Anoeth; ich war bei Kaer Nevenhyr: Wir haben da neun mächtige Könige gesehen, schöne Männer, wahrhaftig! Aber nie sah ich einen so edlen Mann wie den, der im Augenblick an der Eingangspforte steht.« »Wenn du im Schritt gekommen bist«, versetzte Arthur, »so kehre im Lauf zurück. Alle, die das Licht schauen und die Augen öffnen und schließen, sollen Sklaven sein; die einen sollen ihn mit goldbeschlagenen Hörnern bedienen, die andern sollen ihm gekochte und gepfefferte Fleischschnitten darreichen, bis seine Speisen und sein Trunk bereit sind. Es ist schade, einen solchen Mann im Regen und Wind stehen zu lassen.« »Bei der Hand meines Freundes«, rief Kei, »wenn man meinem Rate folgte, würde man nicht die Gesetze des Hofes seinetwegen verletzen.« »Du bist auf falschem Wege, lieber Kei«, sagte Arthur, »wer uns in Anspruch nimmt, soll unsre Gunst genießen und umso größer wird unser Adel, unser Ruhm und unser Ansehen sein.«

Glewlwyt begab sich an das Tor und öffnete es dem Jüngling. Obwohl jedermann beim Eingang auf dem Steintritt abstieg, setzte Kulhwch keinen Fuß auf den Boden, sondern ritt mit dem Ross hinein. »Heil!«, rief er, »oberster Herr dieser Insel, Heil auch diesem ganzen Hause, diesen Gästen, diesem Gefolge, diesen Helden; jeder empfange diesen Gruß ebenso wie ich ihn an dich gerichtet habe. Möge dein Glück, dein Ruhm und dein Ansehen auf dieser ganzen Insel seinen Gipfel erreichen!« »Heil auch dir«, sagte Arthur, »setze dich zwischen zwei meiner Krieger, man wird dir die Zerstreuungen der Musik bieten und du wirst wie ein Fürst, wie ein künftiger Thronerbe behandelt werden, solange du hier bist. Wenn ich meine Geschenke unter meinen Gästen und den Leuten aus der Ferne austeile, will ich mit deiner Hand beginnen.« »Ich bin nicht hergekommen«, versetzte der Jüngling, »um Speise und Trank zu verschwenden. Wenn ich das Geschenk erhalte, das ich wünsche, so werde ich es anzuerkennen und zu rühmen wissen, wenn nicht, so trage ich deine Schande so weit, wie dein Ruf ergangen ist, in die vier Enden der Welt.« »Da du hier nicht Aufenthalt nehmen willst«, sagte Arthur, »so sollst du das Geschenk erhalten. Ich werde dir alles gern geben, was Kopf und Zunge nennt, so weit der Wind dörrt und der Regen netzt, so weit die Sonne sich dreht und das Meer umspannt und die Erde sich ausdehnt mit Ausnahme meines Schwertes Kaledvwlch, meiner Lanze Rongomyant; meines Schildes Gwyneb Gurthucher, meines Messers Karuwenhan und meiner Frau Gwenhwyvar; dafür rufe ich Gott zum Zeugen an!« »Ich will, dass du meine Haare ordnest.« »Das will ich tun.« Arthur nahm einen goldnen Kamm und eine Schere mit silbernen Griffen und kämmte ihm das Haupt. Darauf fragte er ihn, wer er sei. »Ich fühle, dass sich mein Herz gegen dich auftut; ich weiß, dass du aus meinem Blute bist, sage mir, wer du bist!« »Ich bin Kulhwch«, antwortete der Jüngling, »der Sohn Kilydds und der Goleuddydd.« »Es ist also wahr, du bist mein Vetter. Nimm alles, was du willst und du sollst es haben. Bei der Wahrheit Gottes und den Rechten dieses Reiches, ich will dir alles gern geben, was dein Kopf und deine Zunge nennt.« »Ich bitte, dass du mir hilfst, Olwen, die Tochter des Yspaddaden Penkawr zu gewinnen. Ich fordere sie von dir und von deinen Kriegern und um der Liebe aller Frauen dieser Insel willen, welche goldene Halsketten tragen.« Arthur sprach zu ihm: »Nie habe ich etwas von dieser Jungfrau gehört, von der du redest, noch von ihren Eltern. Doch will ich gern Boten auf die Suche nach ihr senden: gib mir nur Zeit.« »Gern, du hast ein Jahr von heute ab, Tag um Tag.«

Arthur sandte Boten nach allen Richtungen bis an die Grenzen seines Reiches aus auf die Suche nach der Jungfrau. Nach Ablauf eines Jahres kamen die Boten zurück und hatten nicht mehr über Olwen erfahren können als am ersten Tag. »Jeder«, sprach Kulhwch, »hat sein Geschenk erhalten, nur ich erwarte noch das meinige. Ich werde also gehen und werde deine Ehre mit mir nehmen.« »Prinz«, rief Kei, »du tadelst Arthur ungerechter Weise. Komm mit uns, wir wollen uns nicht von dir trennen, bis du selbst erkannt hast, dass die Jungfrau sich nirgends auf der Welt findet oder dass wir sie wenigstens nicht gefunden haben.« Mit diesen Worten erhob sich Kei. Kei hatte die Eigenschaft, dass er neun Tage und neun Nächte unter Wasser bleiben konnte, er blieb neun Tage und neun Nächte ohne Schlaf, einen Schwertstreich Keis konnte kein Arzt heilen; er war ein kostbarer Mann, dieser Kei: Wenn es Kei gefiel, wurde er so groß wie der höchste Baum des Waldes, oder wenn der Regen am dichtesten fiel, dann blieb alles, was er in der Hand hielt, trocken, so groß war seine natürliche Wärme. Diese diente sogar seinen Gefährten als Brennstoff, wenn die Kälte am heftigsten war. Arthur rief Bedwyr, der niemals zögerte, an einer Sendung teilzunehmen, zu welcher Kei auszog. Niemand kam ihm auf der ganzen Insel im Laufe gleich und obwohl er nur eine Hand hatte, verspritzten drei Krieger nicht mehr Blut auf dem Kampfplatz als er allein, seine Lanze verursachte eine Wunde beim Eintritt, aber neun, wenn man sie herauszog. Arthur rief ferner Kynddelic den Führer: »Geh«, sagte er, »mit dem Prinzen zu dieser Unternehmung.« Kynddelic war kein schlechterer Führer in einem Lande, das er niemals gesehen hatte, als in seinem eigenen. Arthur rief Gwrhyr Gwalstawt Jeithoedd, weil er alle Sprachen verstand. Er rief Gwalchmei, den Sohn Gwyars, der niemals von einer Sendung heimkam, ohne sie vollbracht zu haben; er war der beste Fußgänger und der beste Reiter, er war ein Neffe Arthurs, der Sohn seiner Schwester. Arthur rief weiterhin Menw, den Sohn Teirgwaedds: im Falle, dass sie in ein heidnisches Land kämen, konnte er auf sie einen Zauber werfen der Art, dass sie von niemandem gesehen wurden, während sie selbst alles sahen.

Sie wanderten, bis sie auf eine weite Ebene kamen, in welcher sie ein festes Schloss bemerkten, das schönste der Welt. Sie wanderten bis zum Abend, und als sie ganz nahe dabei zu sein glaubten, waren sie ihm doch nicht näher als am Morgen. Sie wanderten zwei Tage, sie wanderten drei Tage, und kaum konnten sie es erreichen. Als sie davor standen, bemerkten sie eine Herde Schafe, von der sie weder Anfang noch Ende sahen. Vom Gipfel eines Hügels aus hütete sie ein Schäfer, bekleidet mit einem Mantel aus Fellen; ihm zur Seite lag eine Dogge mit gesträubten Haaren, größer als ein neun Winter alter Hengst. Sie hatte die Eigenschaft, dass sie nie ein Lamm verlieren ließ, geschweige denn ein größeres Tier. Man ging nie ohne Wunden oder sonst einen ärgerlichen Unfall an ihr vorbei; alles, was es an trockenem Holz und Gesträuch in der Ebene gab, verbrannte ihr Atem bis zum Boden. »Gwrhyr«, sagte Kei, »geh, sprich mit dem Mann da unten!« »Kei«, erwiderte der, »ich habe nur dahin zu gehen versprochen, wohin du selbst gehst.« »Gehen wir also zusammen hin«, sagte Kei. »Habt keine Furcht«, sagte Menw, »ich werde einen Zauber auf den Hund legen, damit er niemandem etwas tun kann.« Sie begaben sich zu dem Hirten und sagten zu ihm: »Bist du reich, Hirt?« »Gott wolle nicht, dass ihr jemals reicher wäret als ich.« »Bei Gott, wenn du der Herr bist …« »Ich habe keinen anderen Fehler, der mir schaden könnte, als meine eigne Habe.« »Wem gehören diese Schafe, die du hütest und das Schloss dort unten?« »Ihr seid wahrhaftig ohne Verstand; man weiß im ganzen Universum, dass das Schloss dasjenige des Yspaddaden Penkawr ist.« »Und du, wer bist du?« »Kustennin, der Sohn des Dyvnedic, und um meiner Habe willen hat mich mein Bruder Yspaddaden Penkawr in diese Lage versetzt. Und ihr selbst, wer seid ihr?« »Boten Arthurs, hierhergekommen, um Olwen, die Tochter des Yspaddaden Penkawr zu freien.« »O, ihr Leute, Gott schütze euch! Um alles in der Welt, tut das nicht! Niemand ist lebendig zurückgekehrt, der diese Bitte gestellt hat.«

Als der Hirt sich erhob um fortzugehen, gab ihm Kulhwch einen goldenen Ring. Er versuchte, ihn anzustecken, aber da er ihm nicht passte, steckte er ihn an den Finger seines Handschuhs und ging ins Haus. Er gab den Handschuh seiner Frau zur Aufbewahrung. Sie zog den Ring ab und wie sie ihn beiseitelegte, sagte sie: »Woher kommt dieser Ring? Nicht oft tust du so guten Fund!« »Ich war gegangen«, entgegnete er, »um Meernahrung zu suchen, da sah ich plötzlich eine Leiche mit der Flut dahertreiben. Nie habe ich eine schönere gesehen: von ihrem Finger streifte ich diesen Ring.« »Das Meer lässt keinem Toten seine Schätze. Zeige mir doch diese Leiche!« »Frau, du wirst den bald hier sehen, dem dieser tote Leib gehört.« »Wer ist es?« »Kulhwch, der Sohn des Kilydd, er ist gekommen, um Olwen als Frau zu verlangen.« Sie schwankte zwischen zwei Gefühlen: Sie freute sich bei dem Gedanken an die Ankunft ihres Neffen, des Sohnes ihrer Schwester, und sie war traurig, da sie bedachte, dass sie nie einen von denen hatte lebendig wiederkommen sehen, welche gegangen waren, eine ähnliche Bitte zu stellen. Als sie zum Hof des Hirten Kustennin gelangten, hörte sie sie kommen und eilte ihnen freudig entgegen. Kei riss ein Stück Holz aus einem Haufen, und im Augenblick, als sie vor ihn trat, um ihn zu umarmen, legte er das Scheit zwischen ihre Hände. Sie drückte es so fest, dass es einem gedrehten Stricke glich. »Ach, Frau!«, rief Kei, »wenn du mich so gedrückt hättest, wäre niemand mehr versucht gewesen, sich in mich zu verlieben: deine Liebe ist gefährlich!«

Sie traten in das Haus und man bediente sie. Nach Ablauf einiger Zeit, da jedermann herausging um zu spielen, öffnete die Frau eine Steinkiste, welche neben dem Herde stand und ein Jüngling mit krausen blonden Haaren kam daraus hervor. »Es ist schade«, sagte Gwrhyr, »einen solchen Burschen zu verstecken, und ich bin sicher, dass es nicht seine eigenen Fehltritte sind, die man so an ihm rächt.« »Das ist nur der Rest«, erwiderte die Frau, »Yspaddaden hat mir 23 Söhne getötet und ich habe keine Hoffnung, ihn eher zu retten als die andern.« »Er soll mir Gesellschaft leisten«, sagte Kei, »und man soll ihn nicht töten, wenn nicht gleichzeitig mit mir.« Sie setzten sich zu Tisch. »Weshalb seid ihr gekommen?«, fragte die Frau. »Um für diesen Jüngling um Olwen zu freien.« »Um Gott! Da man euch im Schloss noch nicht gewahrt hat, so kehrt unverzüglich um!« »Gott weiß, dass wir nicht eher umkehren, als wir die Jungfrau gesehen haben.« »Kommt sie her«, sagte Kei, »dass wir sie sehen können?« »Sie kommt jeden Samstag her, um sich den Kopf zu waschen. Sie legt alle ihre Ringe hier in ein Gefäß und nie kommt sie, um sie zurückzuholen noch schickt sie nach ihnen.« »Wird sie herkommen, wenn man sie ruft?« »Gott weiß, dass ich nicht meinen eigenen Tod will, dass ich denjenigen nicht täuschen werde, der auf mich vertraut; nur wenn ihr mir euer Wort gebt, dass ihr ihr kein Leid antun wollt, werde ich sie kommen lassen.« »Wir geben es«, entgegneten sie.

Das junge Mädchen kam. Sie war mit einem Hemd von flammend roter Seide bekleidet; um den Hals trug sie eine Kette von rotem Gold, geschmückt mit kostbaren Perlen und Rubinen. Ihr Haar war gelber als die Ginsterblüte, ihre Haut weißer als der Schaum der Welle, ihre Hände und Finger waren glänzender als der Trieb des Wasserklees, der mit seiner dreiblätterigen Blüte aus der Mitte des kleinen Beckens emportaucht, das eine sprudelnde Quelle bildet; der Blick eines Falken nach einer Mauserung war nicht klarer als der ihre. Ihr Busen war weißer als der eines Schwanes, ihre Wangen waren roter als der Purpur der Rosen. Man konnte sie nicht anblicken, ohne ganz und gar von Liebe zu ihr durchglüht zu werden. Vier weiße Kleeblüten entstanden unter ihren Sohlen, wo sie ging, daher hieß sie Olwen: die weiße Spur.

Sie trat ein und setzte sich auf die Hauptbank neben Kulhwch. Als er sie erblickte, ahnte er, dass sie es sein müsse: »Jungfrau«, rief er, »dich also liebte ich. Du musst mit mir kommen, um mir und dir eine Sünde zu ersparen. Seit Langem liebe ich dich.« »Das kann ich keinesfalls«, erwiderte sie, »mein Vater hieß mich mein Wort geben, dass ich nicht ohne seine Einwilligung von hier fortgehe, denn er darf nur bis zu dem Augenblick leben, da ich mit einem Gatten davongehe. Was ist, ist. Indes kann ich dir einen Rat geben, wenn du dich herablassen willst, mich zu hören. Geh und bitte meinen Vater um meine Hand; versprich ihm, dass er alles, was er dir auftragen wird, ihm zu besorgen, haben soll und du wirst auch mich bekommen. Wenn du ihm in irgendetwas widersprichst, wirst du mich nie bekommen und kannst dich überdies glücklich schätzen, wenn du mit heiler Haut davonkommst.« »Ich werde ihm alles versprechen und werde alles bekommen.«

Sie ging in ihre Wohnung und die andern erhoben sich, um ihr ins Schloss zu folgen. Sie töteten die neun Wächter, welche die neun Türen bewachten, ohne dass ein einziger eine Klage hören ließ, und die neun Doggen, ohne dass eine heulte, und traten geradewegs in den Saal. »Heil«, sagten sie, »Yspaddaden Penkawr, im Namen Gottes und der Menschen!« »Und ihr, weshalb seid ihr gekommen?« »Wir sind gekommen, um Olwen, deine Tochter, zu freien für Kulhwch, den Sohn des Kilydd.« »Wo sind meine Taugenichtse von Dienern? Richtet die Heugabeln unter meinen beiden Brauen auf, die mir über die Augen gefallen sind, damit ich meinen zukünftigen Schwiegersohn sehen kann.« Hierauf sagte er zu ihnen: »Kommt morgen wieder und ihr werdet eine Antwort erhalten.« Als sie gingen, ergriff Yspaddaden Penkawr einen der drei vergifteten Wurfspeere mit der Hand und schleuderte ihn hinter ihnen her. Bedwyr ergriff ihn im Fluge, warf ihn zurück und zertrümmerte ihm die Kniescheibe. »Verflucht, grausamer Schwiegersohn! Ich werde mein ganzes Leben lang beim Gehen die Folgen davon spüren ohne Hoffnung auf Heilung. Dies vergiftete Eisen tat mir so weh wie der Biss einer Bremse. Verflucht sei der Schmied, der es hämmerte und der Amboss, auf dem es geschmiedet ward.«

Sie schliefen diese Nacht bei Kustennin dem Hirten. Am folgenden Tag begaben sie sich in großem Prunk und mit sorgfältig gekämmtem Haar ins Schloss, traten in den Saal und sprachen: »Yspaddaden Penkawr, gib uns deine Tochter. Wir werden dir ihre Mitgift bezahlen. Weigerst du dich, so wird es dir das Leben kosten.« »Ihre vier Urgroßmütter«, entgegnete er, »und ihre vier Urgroßväter sind noch am Leben, ich muss mich erst mit ihnen besprechen.« »Gut, gehen wir essen!« Als sie gingen, ergriff er einen der zwei Wurfspeere, welche ihm in Reichweite waren und warf ihn hinter ihnen her. Menw ergriff ihn im Fluge, warf ihn zurück und traf ihn mitten auf die Brust. »Verflucht, grausamer Schwiegersohn«, rief er, »dies harte Eisen brennt wie der Biss des großen Blutegels. Verflucht sei der Ofen, wo es geschmolzen wurde und der Schmied, der es hämmerte. Wenn ich einen Hügel ersteigen will, werde ich von nun an kurzen Atem haben, Magenschmerzen und Übelkeit.« Sie gingen essen.

Am folgenden Tag, dem dritten, kamen sie wieder an den Hof. »Wirf uns keinen Pfeil mehr nach«, sagten sie, »wenn du nicht deinen eigenen Tod willst.« »Wo sind meine Diener«, sprach Yspaddaden Penkawr, »richtet die Heugabeln unter meinen Brauen auf, die mir über die Augen gefallen sind, damit ich meinen zukünftigen Schwiegersohn sehen kann.« Sie erhoben sich. In diesem Augenblick ergriff Yspaddaden Penkawr den dritten vergifteten Wurfspeer und warf ihn mit aller Kraft hinter ihnen her. Kulhwch ergriff ihn, warf ihn mit aller Kraft zurück und durchbohrte ihm den Augapfel, sodass das Geschoss hinten beim Kopf wieder heraustrat. »Verflucht, grausamer Schwiegersohn«, rief er, »solange ich lebe, wird meine Sehkraft die Folgen spüren; wenn ich gegen den Wind gehe, wird mein Auge tränen, ich werde Kopfweh haben und Schwindel bei jedem Neumond. Verflucht sei die Esse, wo es geglüht ward. Die Wunde von diesem vergifteten Eisen hat mir so wehgetan, wie der Biss eines tollen Hundes.« Sie gingen essen.

Am nächsten Tag kamen sie wieder an den Hof und sprachen: »Wirf uns nun keine Geschosse mehr nach, dir erwächst daraus doch nichts als Wunden und Pein und Unannehmlichkeit, es wird dir noch schlechter gehen, wenn du dabei beharrst. Gib uns deine Tochter, sonst stirbst du um ihretwillen.« »Wo ist der, welcher um meine Tochter anhält? Komm her, dass ich deine Bekanntschaft mache!«

Man hieß Kulhwch auf einem Sitz ihm gegenüber Platz nehmen. »Bist du es«, sagte Yspaddaden Penkawr, »der um meine Tochter freit?« »Ich bin es«, antwortete Kulhwch. »Gib mir dein Wort, dass du nichts Ungesetzliches tun wirst. Wenn ich das habe, was ich dir angeben werde, so sollst du meine Tochter haben.« »Gern, gib an, was du willst.« »Um mein Haar zur Hochzeit zu richten, brauche ich den Kamm, die Schere und das Rasiermesser, die sich zwischen den beiden Ohren des Ebers Twrch Trwyth befinden. Er wird sie nicht gutwillig geben und zwingen kannst du ihn nicht.« »Wenn das dich schwer dünkt, für mich ist es eine Kleinigkeit.« »Wenn du das bekommst, so gibt es etwas anderes, was du nicht bekommen wirst: Drutwyn, den kleinen Hund des Greit, Eris Sohn. Man kann den Twrch Trwyth nicht ohne ihn jagen.« »Wenn das dich schwer dünkt, für mich ist es eine Kleinigkeit.« »Wenn du das bekommst, so gibt es etwas anderes, was du nicht bekommen wirst: einen Koppelriemen aus dem Bart des Dillus Varvawc. Es gibt keinen andern, um den Hund des Greit damit zu halten, und man darf ihm die Haare nur Stück für Stück mit einer Holzzange ausziehen, solange er noch am Leben ist. Nie, solange er lebt, wird er sich das antun lassen. Wenn man sie ihm nach seinem Tod ausreißt, hat der Koppelriemen keinen Wert: er wird brüchig.« »Wenn das dich schwer dünkt, für mich ist es eine Kleinigkeit.« »Wenn du das bekommst, so gibt es etwas anderes, was du nicht bekommen wirst: es gibt keinen andern Jäger, der mit diesem Hund umgehen kann als Mabon, den Sohn Modrons, der seiner Mutter in der dritten Nacht nach seiner Geburt geraubt wurde, und man weiß nicht, wo er ist, ob er lebt oder tot ist.« »Wenn das dich schwer dünkt, für mich ist es eine Kleinigkeit.« »Wenn du das bekommst, so gibt es etwas anderes, was du nicht bekommen wirst: das ist das Schwert des Gwrnach Gawr. Der Twrch Trwyth kann nur mit diesem Schwert getötet werden. Niemals wird er es dir gutwillig geben und zwingen kannst du ihn nicht dazu.« »Wenn das dich schwer dünkt, für mich ist es eine Kleinigkeit.« »Vorausgesetzt, dass du Glück hast, so wirst du doch auf der Suche nach diesen Dingen Tag und Nacht ohne Schlaf zubringen, nie wirst du all dies bekommen und meine Tochter auch nicht.« »Ich werde Rosse haben, ich reite; mein Herr und Vetter Arthur wird mir all das verschaffen, ich werde deine Tochter bekommen, und du wirst das Leben verlieren!« »Gut, geh jetzt. Du brauchst meine Tochter nicht mit Speise und Trank zu versorgen, solange die Suche dauert. Wenn du die Kleinodien bringst, soll meine Tochter dir gehören.«

An diesem Tag wanderten sie bis zum Abend und gewahrten schließlich eine große Festung, die größte der Welt. Sie sahen einen schwarzen Mann daraus hervortreten, der war größer als drei Männer dieser Welt zugleich. »Woher kommst du, Mann?«, fragten sie ihn. »Aus dem Schlosse, welches ihr dort unten seht.« »Wem gehört es?« »Ihr seid wahrhaftig ohne Verstand, jeder Mensch in der Welt weiß, wer der Herr dieses Schlosses ist: es ist Gwrnach Gawr.« »Welchen Empfang bereitet er den Fremden, die im Schlosse absteigen?« »Fürst, Gott schütze euch! Niemals hat jemand in diesem Schlosse genächtigt, der lebend wieder herausgekommen wäre. Man lässt hier nur den Handwerker eintreten, der seine Kunst mitbringt.« Sie wandten sich zum Schloss. »Ist hier ein Pförtner?«, sagte Gwrhyr. »Ja! Und du, möge deine Zunge nicht stumm bleiben in deinem Munde; warum redest du mich an?« »Öffne das Tor!« »Ich werde nicht öffnen!« »Warum öffnest du nicht?« »Das Messer ist im Fleisch und der Trunk im Horn, man erlustigt sich im Saale des Gwrnach Gawr, nur dem Handwerker, der seine Kunst mitbringt, öffnet man die Türe in dieser Nacht.« Da sprach Kei: »Pförtner, ich weiß eine Kunst!« »Welche?« »Ich bin der beste Schwertfeger in der Welt.« »Ich will es Gwrnach Gawr sagen und dir seine Antwort mitteilen.«

Der Pförtner trat ein. »Gibt es etwas Neues am Tor?«, sagte Gwrnach Gawr. »Ja, an der Türe ist eine Schar, die Einlass begehrt.« »Hast du sie gefragt, ob sie eine Kunst mitbringen?« »Ich habe es getan, und der eine von ihnen behauptet, dass er ein guter Schwertfeger ist. Brauchen wir ihn?« »Seit langer Zeit suche ich vergeblich nach einem, der mir mein Schwert reinigte. Lass ihn eintreten, da er eine Kunst mitbringt.« Der Pförtner ging, die Türe zu öffnen. Kei trat ein und begrüßte Gwrnach Gawr. Man hieß ihn ihm gegenüber Platz nehmen. »Ist es wahr, Mann«, sagte Gwrnach Gawr, was man von dir sagt, dass du Schwerter fegen kannst?« »Ich kann es und sogar gut«, erwiderte Kei. Man brachte ihm Gwrnachs Schwert. Kei zog unter seiner Achselhöhle einen bläulichen Wetzstein hervor und fragte ihn, was er vorzöge, ob er das Stichblatt weiß oder blau polieren solle. »Mach, was du willst«, erwiderte Gwrnach, »tu, als ob das Schwert dir gehörte.« Kei reinigte die Hälfte des Schwertes und gab es ihm in die Hand mit den Worten: »Gefällt dir das?« »Mehr als irgendetwas in meinen Ländern, wenn es ganz so wäre. Es ist schade, dass ein Mann wie du ohne Gefährten ist.« »Herr, ich habe einen, wenn er auch diese Kunst nicht mitbringt.« »Wer ist es?« »Der Pförtner soll hinausgehen. Dies sind die Zeichen, an denen er ihn erkennen soll: Die Spitze seiner Lanze wird sich vom Schaft lösen, sie wird dem Winde Blut abzapfen und dann wieder auf den Schaft herabkommen.«

Das Tor wurde geöffnet und Bedwyr trat ein. »Bedwyr«, sagte Kei, »ist ein tüchtiger Mann, obwohl er diese Kunst nicht versteht.« Es entstand eine große Erörterung unter den draußen Gebliebenen anlässlich des Eintrittes Keis und Bedwyrs. Einem von ihnen, einem jungen Mann, Goreu, dem Sohn des Hirten Kustennin, gelang es einzudringen, und da sich seine Gefährten an ihn anschlossen, durchquerte er die drei Höfe und gelangte ins Innere des Schlosses. Seine Gefährten sagten zu ihm: »Da du dies getan hast, bist du der Erste unter den Menschen.« Darauf zerstreuten sie sich in die verschiedenen Stockwerke und töteten die, welche sich dort aufhielten, ohne dass der Riese es merkte.

Als das Schwert instand gesetzt war, gab es Kei Gwrnach in die Hand, ob es ihm gefiele. »Die Arbeit ist gut«, sagte der Riese, »sie gefällt mir.« »Es ist die Scheide«, sagte Kei, »die das Schwert verdorben hat. Gib mir sie, damit ich die Holzverkleidungen wegnehme und durch neue ersetze.« Er nahm die Scheide in eine Hand und das Schwert in die andere; und, den Arm über den Kopf des Riesen ausgestreckt, als ob er das Schwert in die Scheide stecken wolle, wandte er sich gegen ihn und ließ ihm den Kopf von den Schultern fliegen. Sie verwüsteten das Schloss, nahmen an Reichtümern und Kleinodien mit, was ihnen passte und nach Ablauf eines Jahres, Tag für Tag, gelangten sie mit dem Schwert des Gwrnach Gawr an Arthurs Hof. Sie erzählten Arthur ihr Abenteuer. Dieser fragte sie, was nun geschehen müsse. »Es ist am besten«, entgegneten sie, »zuerst Mabon, den Sohn Modrons, zu suchen.«

Sie wanderten, bis sie zur Amsel von Cilgwri gelangten und Gwrhyr, der die Sprache der Tiere verstand, fragte sie: »Im Namen Gottes, weißt du etwas von Mabon, dem Sohn Modrons, den man in der dritten Nacht nach seiner Geburt zwischen der Wand und seiner Mutter weggeführt hat?« »Als ich das erste Mal hierherkam«, sagte die Amsel, »stand hier der Amboss eines Schmiedes und ich war damals erst ein junger Vogel. Auf dem Amboss wurde nichts gearbeitet, nur meinen Schnabel wetzte ich allabendlich darauf, und jetzt ist er so abgenutzt, dass er nur noch die Größe einer Nuss hat. Aber Gott strafe mich, wenn ich je etwas von dem Manne gehört habe, nach dem ihr mich fragt. Indessen werde ich tun, was die Gerechtigkeit gebietet und was ich den Boten Arthurs schuldig bin. Es gibt eine Art von Tieren, die Gott vor mir geschaffen hat: zu ihnen werde ich euch führen.«

Sie gingen bis zu dem Ort, wo sich der Hirsch von Redynvre aufhielt. »Hirsch von Redynvre, wir sind als Boten Arthurs zu dir gekommen, weil wir kein Tier kennen, das älter wäre als du. Sag, weißt du etwas von Mabon, dem Sohn Modrons, der seiner Mutter am dritten Tag nach seiner Geburt entführt wurde?« »Als ich das erste Mal hierherkam«, sagte der Hirsch, »war ich erst ein Spießer und es gab keinen andern Baum hier als eine junge Eichenpflanze; die Eiche ist ein Baum mit hundert Ästen geworden und ist gefällt, nur verrottete und verfaulte Reste sind von ihr geblieben: Obwohl ich die ganze Zeit über hier war, habe ich nichts von dem gehört, nach dem ihr fragt. Indessen, da ihr Boten Arthurs seid, werde ich euch zu einem Tier führen, das Gott vor mir geschaffen hat.«

Sie kamen an den Ort, wo sich die Eule von Kwm Kawlwyt aufhielt. »Eule von Kwm Kawlwyt, wir sind Boten Arthurs. Weißt du etwas von Mabon, dem Sohn Modrons, der seiner Mutter am dritten Tag nach seiner Geburt weggenommen wurde?« »Wenn ich es wüsste, würde ich es euch sagen. Als ich das erste Mal hierherkam, war das ganze Tal, das ihr hier seht, von Holz bedeckt. Es kam eine Menschenrasse, die den Wald umhieb. Ein zweiter Wald keimte und dies ist der dritte. Seht ihr meine Flügel? Es sind nur noch zusammengeschrumpfte Stummel. Gut, von dieser Zeit bis heute habe ich nie von dem Mann reden hören, nach dem ihr fragt. Ich werde indessen, ihr Boten Arthurs, euer Führer sein bis zum ältesten Tier der Welt und dem, das am meisten herumkommt, dem Adler von Gwernabwy.«

Gwrhyr sagte: »Adler von Gwernabwy, wir Boten Arthurs sind gekommen, um dich zu fragen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn Modrons, weißt, der am dritten Tag nach seiner Geburt seiner Mutter entführt wurde.« »Es ist schon lange her«, versetzte der Adler, »dass ich hierherkam; bei meiner Ankunft stand hier ein Felsen, von dessen Spitze aus ich jeden Abend die Gestirne anpickte, jetzt ist er nur noch eine Spanne hoch. Seitdem bin ich hier, aber nie habe ich etwas von dem Mann gehört, nach dem ihr fragt. Indessen, als ich einst Nahrung in Llynn Llyw suchte, schlug ich meine Klauen, als ich an den Teich kam, in einen Salm, von dem ich dachte, er solle mir lange zur Nahrung dienen; aber er zog mich in die Tiefe und nur mit großer Mühe konnte ich mich von ihm befreien. Ich machte mich nun mit meinen Verwandten eilends auf den Weg, um ihn in Stücke zu reißen, aber er schickte mir einen Boten, um sich mit mir zu verständigen und kam auch selbst, um mir fünfzig Brocken Fleisch von seinem Rücken zu bringen. Wenn er nichts von dem weiß, den ihr sucht, so kenne ich niemanden, der es wissen kann. Jedenfalls will ich euch zu ihm führen.«

Als sie an den Teich gekommen waren, sagte der Adler: »Salm von Llynn Llyw, ich bin mit den Boten Arthurs zu dir gekommen, um dich zu fragen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn Modrons weißt, der am dritten Tag nach seiner Geburt seiner Mutter entführt ward.« »Alles, was ich weiß, will ich euch sagen. Ich steige mit jeder Flut am Ufer empor bis zu den Mauern von Kaer Loyw und dort habe ich das größte Leid meines Lebens kennengelernt. Um euch davon zu überzeugen, mögen zwei von euch auf meinen Rücken steigen, einer auf jede Schulter.« Kei und Gwrhyr stiegen auf die Schultern des Salms, sie gelangten zu den Mauern des Gefängnisses und hörten von drinnen Klagen und Jammern. »Welche Kreatur«, sagte Gwrhyr, »klagt in dieser Steinbehausung?« »Weh, Mann, der, welcher hier ist, hat Grund, sich zu beklagen: es ist Mabon, Modrons Sohn. Niemand ward grausamer in ein so enges Gefängnis eingeschlossen als ich.« »Hast du Hoffnung, durch Gold und Silber, durch die Reichtümer dieser Welt befreit zu werden oder nur durch Kampf und Schlacht?« »Alles, was ich erreichen kann, wird durch Kampf erreicht werden.«

Sie gingen und kehrten zu Arthur zurück, dem sie mitteilten, dass Mabon, Modrons Sohn, gefangen sei. Arthur berief die Krieger dieser Insel und brach nach Kaer Loyw auf, wo Mabon eingekerkert war. Kei und Bedwyr stiegen auf die Schultern des Fisches, und während Arthurs Soldaten das Schloss stürmten, legte Kei eine Bresche in die Wände des Kerkers und trug den Gefangenen auf seinem Rücken davon. Die Leute fuhren fort, sich zu schlagen, und Arthur kehrte mit dem befreiten Mabon heim.

Eines Tages, als Kei und Bedwyr auf dem Hügel Pumlummon saßen, inmitten des größten Windes der Welt, und um sich blickten, bemerkten sie rechts in der Ferne eine große Rauchwolke, welche der Wind auch nicht eine Kleinigkeit abzulenken vermochte. »Bei der Hand meines Freundes«, sagte Kei, »dort unten ist das Feuer eines Diebes.« Sie wandten sich eilends nach der Richtung des Rauches und näherten sich vorsichtig, bis sie Dillus Varvawc gewahrten, der gerade dabei war, einen Eber zu kochen. »Das ist der größte der Diebe«, sagte Kei, »er ist Arthur immer entkommen.« »Kennst du ihn?«, fragte Bedwyr. »Ich kenne ihn, es ist Dillus Varvawc. Es gibt auf der Welt keinen Koppelriemen, der Drutwyn halten kann, den kleinen Hund des Greit, des Sohnes Eris, außer einem solchen, der aus dem Barte dieses Mannes gefertigt ist, den du dort siehst. Aber er taugt nichts, wenn man ihm nicht Haar um Haar seines Bartes mit hölzernen Zangen auszieht, solange er noch am Leben ist; wenn er tot ist, wird das Haar brüchig.« »Was sollen wir also tun?« »Lassen wir ihn sich erst an diesem Fleisch vollfressen, er wird dann schlafen.«

Während er aß, verfertigten sie hölzerne Zangen. Als Kei sicher war, dass er schlief, grub er unter seinen Füßen das größte Loch der Welt, dann gab er ihm mit unglaublicher Gewalt einen Stoß und drückte ihn in das Loch, bis sie ihm seinen ganzen Bart mit der Holzzange ausgerissen hatten. Darauf töteten sie ihn vollends und gingen beide mit dem Koppelriemen, der aus dem Bart des Dillus Varvawc gefertigt war, nach Kelli Wic in Cornwall. Sie gaben Arthur den Riemen und dieser erwarb Drutwyn, den kleinen Hund des Greit, des Sohnes Eris, zum Dank dafür, dass er die Auslieferung Greits durch Gwynn, der ihn gefangen hatte, durchsetzte.

Hierauf schickte Arthur den Menw aus, um nachzusehen, ob die Kleinodien noch zwischen den beiden Ohren des Twrch Trwyth seien, denn es war unnütz, mit ihm zu kämpfen, wenn er seine Kleinodien nicht mehr bei sich trüge. Jedenfalls war es sicher, dass er da war: er hatte soeben den dritten Teil von ganz Irland verwüstet. Menw ging auf die Suche nach ihm und traf ihn in Ergeir Oervel in Irland. Menw verwandelte sich in einen Vogel, flog auf das Lager des Ebers und suchte ihm die Kleinodien wegzunehmen, aber er bekam nur eine seiner Borsten. Der Eber erhob sich hastig und gebärdete sich so, dass ein wenig von seinem Gift Menw erreichte; von da ab ging es ihm nie mehr gut. Arthur vereinigte nun alles, was es an Kämpfern auf den drei britischen Inseln gab und fuhr mit diesem Heere nach Irland. Es gab bei seiner Ankunft Furcht und Zittern. Die Heiligen von Irland kamen bei seiner Landung, um ihn um Schutz anzuflehen. Er gewährte es ihnen und sie gaben ihm ihren Segen. Die Leute von Irland begaben sich zu ihm und boten ihm Lebensmittel dar. Er ging vor bis Ergeir Oervel, wo sich der Twrch Trwyth mit seinen sieben Frischlingen befand. Man ließ von allen Seiten die Hunde auf ihn los. Die Irländer kämpften an diesem Tag mit ihm bis zum Abend und nicht weniger als der fünfte Teil von ganz Irland wurde dadurch verwüstet. Am folgenden Tag kämpfte das Gefolge Arthurs mit ihm, aber sie erhielten nur Schläge und trugen keinen Erfolg davon. Am dritten Tag leitete Arthur selbst einen Kampf gegen ihn ein, der neun Tage und neun Nächte dauerte, aber es gelang nur, einen seiner Frischlinge zu töten. Die Leute Arthurs fragten ihn nun, was dies für ein Eber sei. Er sagte ihnen, dies sei ein König, den Gott seiner Sünden wegen so verwandelt hätte.

Arthur sandte Gwrhyr, der suchen sollte, sich mit dem Tier zu verständigen. Gwrhyr ging in der Gestalt eines Vogels hin und ließ sich auf dem Lager nieder, wo er sich mit seinen sieben Frischlingen befand. »Bei dem, der dir diese Gestalt gegeben hat«, sagte er zu ihm, »wenn du und die deinen reden können, so bitte ich, dass einer von euch komme, um mit Arthur zu verhandeln.« Grugyn Gwrych Ereint, dessen Borsten wie Silberfäden waren, sodass man ihrem Funkeln durch Wald und Feld folgen konnte, gab ihm diese Antwort: »Bei dem, der uns diese Gestalt gegeben hat! Wir werden nichts davon tun; wir werden nicht mit Arthur reden. Gott hat uns schon Leids genug getan, indem er uns diese Gestalt verlieh; wenn wir die nicht hätten, so würden wir gegen euch kämpfen.« »Erfahrt, dass Arthur mit euch wegen des Kammes kämpft, wegen des Messers und der Schere, die sich zwischen den beiden Ohren des Twrch Trwyth befinden.« »Nur mit dem Leben«, antwortete Grugyn, »bekommt man diese Kleinodien. Morgen früh werden wir von hier fortgehen; wir werden in Arthurs Land ziehen und ihm so viel Übel tun, wie wir können.«

Die Frischlinge durchschnitten das Meer in der Richtung auf Kymrien. Arthur bestieg mit seinen Soldaten sein Schiff Prytwen und folgte ihnen mit den Augen. Der Twrch Trwyth landete in Porth Kleis in Dyvet. Arthur rückte in dieser Nacht bis Mynyw vor. Man teilte ihm am andern Tag mit, was geschehen war. Er traf sie, wie sie im Begriff waren, das Hornvieh von Kynnwas Kwrr zu töten, nachdem sie schon alles vernichtet hatten, was es in Deu Gleddyv an Menschen und Tieren gab. Bei Arthurs Ankunft entfloh der Twrch Trwyth bis Presseleu. Arthur begab sich mit seinem Heere dorthin. Am nächsten Morgen trafen mehrere Leute Arthurs auf ihn, er tötete viele von ihnen und dann verlor man seine Spur. Endlich gelang es, die Frischlinge zu stellen. Der Twrch Trwyth kam ihnen zu Hilfe: seit sie das irische Meer überschritten hatten, hatte er sich nicht mehr bei ihnen befunden. Menschen und Hunde fielen über ihn her, aber er entkam wieder. Nun berief Arthur alle Krieger gegen ihn an die Mündung des Havren und sprach zu ihnen: »Der Twrch Trwyth hat mir viele Leute getötet. Ich schwöre bei der Tapferkeit meiner Krieger: er wird nicht nach Cornwall gehen, so lange ich lebe. Ich will ihn nicht länger verfolgen, ich will Leben gegen Leben setzen. Ihr aber, seht, was ihr zu tun habt!«

Sein Plan war, einen Teil der Leute mit Hunden wegzuschicken, um ihn gegen den Havren zu treiben; dort wollte er ihm mit auserlesenen Kriegern den Weg versperren. Mabon verfolgte ihn mit Drutwyn; als er an den Havren kam, stürzte sich Arthur mit seinen Kriegern auf ihn, sie ergriffen ihn zuerst bei den Füßen und tauchten ihn in den Fluss, sodass ihm das Wasser über den Kopf ging. Mabon spornte seinen Hengst und nahm ihm das Rasiermesser und die Schere weg, aber bevor er ihm auch den Kamm nehmen konnte, berührten die Füße des Ebers Land und nun konnte weder Mann noch Hund noch Ross ihm folgen, bis er in Cornwall war. Arthur folgte ihm, aber was sie bisher hatten ausstehen müssen, war nur ein Spiel im Vergleich zu dem, was noch übrig blieb, um ihm den Kamm wegzunehmen. Schließlich gelang es unter großen Opfern und mithilfe Mabons, des Hundes Drutwyn und des Schwertes des Gwnach Gawr. Darauf verjagte man den Eber aus Cornwall und trieb ihn ins Meer. Man erfuhr nie, wohin er sich gewendet habe. Arthur aber kehrte nach Kelli Wic zurück, um zu baden und sich von seinen Mühen auszuruhen.

Darauf kehrte Kulhwch in Begleitung von Goreu, dem Sohn des Kustennin und aller derer, die dem Yspaddaden Penkawr übel wollten, mit den Wunschdingen an dessen Hof zurück. Goreu rasierte ihn und nahm ihm Haut und Fleisch bis zu den Knochen weg, von einem Ohr bis zum andern. »Bist du rasiert, Mann?«, sagte Kulhwch zu ihm, »gehört deine Tochter jetzt mir?« »Sie gehört dir, aber du brauchst mir nicht dafür zu danken; danke Arthur, der dir dazu verholfen hat. Mit meiner vollen Einwilligung hättest du sie niemals erhalten. Der Augenblick ist für mich gekommen, dass ich sterben muss.« Darauf packte ihn Goreu, der Sohn Kustennins, bei den Haaren, zerrte ihn in den Kerker und schnitt ihm den Kopf ab, den er auf einen Pfahl im Hof pflanzte. Darauf nahm er Besitz von dem Schloss und seinen Ländereien. Diese Nacht lag Kulhwch bei Olwen, und er hatte keine andere Frau als sie während seines ganzen Lebens. Die andern aber zerstreuten sich und jeder kehrte in sein Land zurück. So erhielt Kulhwch Olwen, die Tochter des Yspaddaden Penkawr.

Herr Gawain und der grüne Ritter

ARTHUR, der größte König der Briten, feierte, umgeben von den Rittern seiner Tafelrunde, das Weihnachtsfest in Camelot. Die Helden saßen bei Tisch und unter Trompetengeschmetter wurden die Speisen aufgetragen. Kaum aber war das erste Gericht umhergereicht, als ein neuer Lärm sich erhob: ein furchtbarer Ritter, der größte, den die Welt je gesehen, sprengte in die Halle. Schwer und wuchtig war er gebaut vom Genick zu den Lenden, und seine Glieder waren groß und lang. Dieser Mann war ganz in Grün gekleidet: grün waren seine enganliegenden Kleider, grün sein pelzgefütterter Mantel. An den Füßen trug er Sporen von reinem Gold, sein Sattel war bestickt mit Vögeln und Schmetterlingen und rings an Steigbügeln und Sattelbogen leuchteten grüne Edelsteine. Mächtiger Haarwuchs umwallte des Ritters Schultern und sein großer Bart hing wie ein Busch vor seiner Brust. Auch das Ross, auf dem er ritt, war von grüner Farbe, in seine Mähne waren Golddrähte verflochten und seinen Schweif zierte ein grünes Band, an dem goldene Glöckchen erklangen. Doch trug der Ritter weder Helm noch Harnisch, kein Schild deckte seine Brust, nur einen Friedenszweig hielt er in der Hand und in der andern eine Axt von grünem Stahl mit rasiermesserscharfer Schneide.

Der grüne Ritter trieb sein Ross in die Halle und ritt auf den Hochsitz zu, ohne jemandem wehzutun, aber auch ohne Gruß. Das erste Wort, das er aussprach, war: »Wer ist das Haupt dieser Versammlung? Ich möchte ihn sehen und mit ihm reden.« Er ließ seine Augen umhergleiten, indem er den Mächtigsten suchte. Die Leute im Saale erstaunten sehr, als sie den grünen Mann auf grasgrünem Rosse sahen, und verstummten plötzlich, als seien sie in Schlaf verfallen, teils aus Furcht, teils aus Höflichkeit.

Arthur betrachtete vom Hochsitz aus dieses Abenteuer und begrüßte den Fremden freundlich: »Willkommen hier, Ritter! Ich bin Arthur, der Herr dieses Hauses. Steige ab und verweile, auf dass wir erfahren, was dein Wille ist.« »Nicht ist’s mein Auftrag«, entgegnete der Ritter, »dass ich hier verweile. Ich suche die Mutigsten von allen, die Waffen tragen, die würdigsten Ritter der Welt, um sie zu erproben. Der hohe Ruhm dieses Hofes führte mich her, und an dem Zweige, den ich trage, seht ihr, dass ich in Frieden nahe, denn wollte ich Krieg, so hätte ich Speer und Schild nicht daheim gelassen. Seid ihr so kühn, wie alle Welt euch nennt, so stellt euch mir!« »Wenn ihr Kampf begehrt, Herr Ritter«, sprach Arthur, »so soll es euch daran nicht fehlen.« »Nach Kampf begehre ich nicht, denn auf den Bänken dort sitzen nur bartlose Knaben. Wäre ich in Waffen und auf hohem Ross: Hier ist kein Mann, der sich mit mir messen könnte. Eine andere Weihnachtsgabe erbitte ich mir von diesem Hofe. Ringsumher sehe ich tapfere Krieger: ist einer so kühn, mir einen Streich zu geben, um ihn wiederzubekommen? Ich will ihm meine Axt dazu geben und seinem Streich standhalten. Jahr und Tag gebe ich ihm Frist, dann will ich ihm den Schlag zurückgeben.«

Hatten die Männer zuerst schon über den fremden Ritter gestaunt, so hielt jetzt erst recht Furcht ihre Zunge im Zaum. Der Ritter richtete sich in seinem Sattel auf, rollte seine roten Augen umher, zog seine grünen Brauen zusammen und strich seinen Bart, eine Antwort erwartend. Da sich niemand fand, der mit ihm reden wollte, rief er lachend: »Was? Ist das Arthurs Hof, dessen Ruhm durch so manche Reiche drang? Traun, der Ruf der Tafelrunde wird vernichtet durch ein Wort der Sprache eines Mannes, denn alle zittern vor Furcht, ohne dass ein Streich getan ist.« Dabei lachte er so laut, dass vor Scham das Blut in Arthurs Antlitz stieg und er so zornig wurde wie der Sturm. »Ich weiß niemand«, sagte er, »der deine großen Worte scheut. Gib mir deine Axt, ich will deinen Wunsch erfüllen.«

Arthur ergriff die Axt und wirbelte sie herum; der andere aber stand mit ernster Miene vor ihm, indem er seinen Bart strich. So ruhig, als habe er eben einen Trunk Wein erhalten, streifte er seinen Mantel ab. Gawain, der Neffe des Königs, der neben der Königin saß, rief seinem Oheim zu: »Es ziemt sich nicht, dass Ihr selbst dies Abenteuer besteht, während so viele kühne Ritter an Eurer Tafel sitzen. Ich bin der Schwächste, ich weiß es wohl, doch rollt in meinen Adern Euer Blut und darum bitte ich Euch: lasst mich den grünen Ritter bestehen!« Alle in der Runde murmelten Beifall und baten den König, Gawain das Spiel zu überlassen. Dieser kniete vor dem König nieder und ließ sich wappnen. Arthur segnete ihn und hieß ihn, an Herz und Hand ruhig zu bleiben.

Gawain nahm die Axt und trat vor seinen Gegner. »Wie heißt der Ritter?«, fragte der Grüne. »Gawain ist es«, antwortete der gute Held, »der dich zu diesem Schlage lädt, was auch kommen möge; und der über Jahr und Tag einen andern von dir hinnehmen will, mit welcher Waffe es auch sei, doch von sonst niemand auf der Welt.« »Bei Gog«, sagte der Fremde, »es gefällt mir wohl, dass ich von deiner Hand, Herr Gawain, den Schlag erhalten soll, den ich hier suchte. Doch zuvor sollst du mir dein Wort verpfänden, dass du mich aufsuchen willst, dir den Lohn für den Streich zu erholen, den du mir heute vor dieser tapferen Schar austeilen sollst.« »Wo soll ich dich suchen«, sagte Gawain, »ich kenne deinen Namen nicht, noch deinen Hof. Nenne mir deinen Namen und ich werde dich aufsuchen, das schwöre ich dir bei Gott.« »Ich werde ihn dir sagen«, versetzte der Grüne, »sobald ich den Schlag empfangen habe. Doch nun lass sehen, wie du zuhaust!«

Der grüne Ritter beugte ein wenig das Haupt, legte seine langen Locken über den Scheitel zurück und bot den bloßen Nacken dem Schlage dar. Gawain packte die Axt und ließ sie auf den Nacken des Grünen fallen, sodass die scharfe Schneide die Knochen durchdrang und das Haupt vom Rumpfe trennte. Das Blut drang aus dem Körper, doch der Ritter strauchelte nicht noch fiel er, sondern er eilte vorwärts, ergriff seinen Kopf und nahm ihn hastig auf. Dann ging er zu seinem Pferde, ergriff den Zügel und stieg in den Sattel, indem er den Kopf an den Haaren in der Hand hielt. Er wandte seinen blutigen Rumpf um und hielt das Antlitz dem Mutigsten am Hochsitz entgegen. Das Haupt erhob seine Augenlider und sprach: »Schau zu, Gawain, dass du rechtzeitig mich aufzusuchen gehst, wie du versprochen hast. Bei der grünen Kapelle sollst du den Streich zurückerhalten, den du eben ausgeteilt hast. Komme zur grünen Kapelle oder heiße ein Feigling!« Stolz wandte er die Zügel und sprengte, seinen Kopf in der Hand haltend, aus dem Tor der Halle, sodass das Feuer der Kieselsteine unter den Hufen seines Rosses hervorbrach. Niemand erfuhr, woher er kam und wohin er ging.

Das Jahr verging und zog in seiner Zeiten Wechsel rasch vorüber. Am Allerheiligentag bewirtete Arthur die Herren und Damen seines Hofes zu Ehren seines Neffen, um dessentwillen alle in großen Sorgen waren. Nichtsdestoweniger suchten sie durch scherzhafte Worte Herrn Gawain aufzuheitern. Früh am Morgen nahm Gawain seine Waffen, verabschiedete sich von Arthur und seiner Tafelrunde und eilte auf Nimmerwiedersehen, wie alle glaubten, davon. Er ritt durch die Königreiche von England, sein Ross als einzigen Gefährten und niemand, mit dem er Zwiesprache halten konnte, als Gott allein. Schließlich gelangte er in die Wildnis von Wirral, wo wenige wohnen, die Gott und die Menschen lieben. Überall fragte er nach dem grünen Ritter und seiner Kapelle, aber alle schüttelten die Köpfe und sagten, sie hätten im Leben noch keinen solchen Mann gesehen. Durch Klippen klomm er und Ströme hemmten seinen Weg, mit Schlangen und Wölfen hatte er zu kämpfen, aber schlimmer als alles war der eiskalte Wintersturm. Fast erschlagen vom Hagel schlief er in seinem Harnisch auf nacktem Fels.

Am Weihnachtsmorgen ritt er durch einen wilden Wald von uralten Eichen. Die Hasel- und Hagdornsträucher, die dort standen, waren ganz mit Moos überzogen, und auf ihren Ästen saßen traurige Vögel und piepten erbärmlich vor Hunger und Kälte. Gawain richtete ein heißes Gebet zu Gott und zur Jungfrau, dass er eine menschliche Wohnung erreichen möge. Kaum hatte er sich bekreuzigt, als er vor sich auf einem Hügel im Walde eine Burg erblickte. Er trieb sein Ross an und befand sich bald vor dem Haupttor. »Guter Mann«, sagte er zu dem Wächter, der auf dem Wall erschienen war, »möchtest du zu dem Herrn dieses Hauses gehen und Herberge für mich erbitten?« »Ja, bei St. Peter«, erwiderte der Wächter, »wohl weiß ich, dass Ihr hier willkommen seid.« Sogleich rasselte die Zugbrücke herunter und die Pforten öffneten sich, den Ritter aufzunehmen. Viel Edelinge hasteten herbei, ihn willkommen zu heißen. Sie nahmen ihm Helm, Schild und Schwert ab und manch stolzer Held drängte sich vor, ihm Ehre zu erweisen. Sie führten ihn in die Halle, wo ein helles Feuer auf dem Herd flackerte. Darauf kam der Herr des Schlosses aus seinem Gemach. »Willkommen«, sprach er, »an diesem Ort! Was Ihr hier seht, steht in Eurem Willen und unter Eurer Gewalt, betrachtet es als Euer Eigentum!«

Gawain betrachtete seinen Gastfreund, der ein gewaltiger Recke zu sein schien, sein Bart war breit und biberfarbig, sein Antlitz glühend wie Feuer. Er dankte ihm für seinen Gruß und folgte ihm in ein prächtig ausgestattetes Gemach, wo er seinen Waffenrock ablegte und reiche Feierkleider anzog. Bald war eine Tafel gedeckt und man setzte sich zum üppigen Mahl. Nach dem Essen wurden viele Fragen an Gawain gerichtet und er sagte seinen Namen und dass er zum Hofe Arthurs gehöre. Als der Schlossherr das hörte, lachte er vor Freude und alle die Leute im Saal bezeigten ihr Vergnügen. Nach dem Mahl gingen sie zur Kirche, die Abendvesper zu hören, und dazu erschien auch die Gattin des Gastgebers, umgeben von ihren Mägden. Sie war noch schöner als die Königin Guenevra, ihr Kopfschmuck strahlte von Perlen, Brust und Hals lagen bloß und strahlten heller als Schnee, der auf Hügel fällt, Gawain begrüßte sie und bat sie, ihm zu erlauben, dass er ihr diene.

Als die Weihnachtsfeier vorüber war, wünschte Gawain das Schloss zu verlassen, doch der Hausherr bestand darauf, dass er noch bleiben solle, und fragte ihn, was ihn kurz vor Weihnacht vom Arthurshof vertrieben habe. »Herr«, sagte Gawain, »ein hoher Auftrag und ein eiliger trieb mich vom Hofe. In ganz England suche ich nach einem Ort, den ich nicht zu finden vermag, und darum bitte ich Euch, Herr, dass Ihr mir der Wahrheit gemäß sagt, ob Ihr je von der grünen Kapelle hörtet und von dem grünen Ritter, dem sie gehört. Ich schwor, am Neujahrstag dort zu sein, und nur drei Tage noch fehlen bis dahin, lieber aber möchte ich sterben als mein Wort nicht halten.« Lachend erwiderte der Herr: »Grämt euch nicht weiter, ich will Euch zur rechten Zeit die grüne Kapelle zeigen, sie ist nur zwei Meilen von hier fern. Darum verweilt noch die drei Tage hier und lasst es Euch Wohlergehen!« Da wurde Gawain froh. »Ich danke Euch, Herr! Nun, da mein Schicksal zur Neige geht, will ich bleiben und Euren Willen tun.« »Gut«, sprach der Schlossherr, »wenn Ihr meinen Willen tun wollt, so gewährt mir eine Bitte.« »Ihr habt hier zu befehlen.« »Ihr seid ermüdet von der Reise. So bleibt nach Eurem Gefallen bis zur Messezeit auf Eurem Zimmer. Dann geht mit meinem Weib zum Mahl und freut Euch ihrer Gesellschaft, bis ich heimkehre. Ich selbst nämlich werde mich früh erheben und zur Jagd reiten.« Gawain gelobte ihm, alles das zu tun. »Noch weiter«,