4,99 €
Kinder der Nacht erzählt von den düsteren Seiten der goldenen 1920er Jahre, anhand von Geschichten aus dem wahren Verbrecherleben. Die Erzählungen stammen von Ernst Engelbrecht, einem Kriminalkommissar der Berliner Polizei, und Leo Heller, einem Redakteur beim Berliner 8-Uhr-Abendblatt, der auch als Chronist der Unterwelt bekannt wurde. Heller liefert eine lebendige Darstellung des Verbrechermilieus in Berlin. In diesem Band, der heute unzensiert und in normaler Schrift statt in Fraktur vorliegt, finden sich Berichte über: Verbrecherverstecke - Die Hafenkaschemme Opiumhöhlen - Das Hafenviertel von Neapel - Ein Streifzug durch St. Pauli - Die Reeperbahn in Hamburg - Das Café der Jünglinge - Der gute Ton in Verbrecherkreisen - Geheimnisse aus einem Irrenhaus Kattun - Die Bauernfänger von Berlin und vieles mehr.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Kinder der Nacht
Bilder aus dem Verbrecherleben
von
Kriminalkommissar Ernst Engelbrecht
und
Leo Heller
Oldtimertools-Verlag Diekholzen
Reprint der Auflage von 1926
Softcover ISBN 978-3-98979-315-6
Hardcover ISBN 978-3-98979-316-3
Ebook ISBN 978-3-98979-766-6
1. Auflage 2025er Reprint der Auflage von 1926
Titel: Kinder der Nacht
Untertilel: Bilder aus dem Verbrecherleben
Text: Engelbrecht, Ernst
Heller, Leo
Umschlag: © 2025 Copyright by Michael Kirchgässler
Verlag: Oldtimertools-Verlag,
Im Winkel 24,
31199 Diekholzen
www.oldtimertools-verlag.de
Kontakt: [email protected]
Druck: CPI Druckdienstleistungen GmbH,
Ferdinand-Jühlke-Straße 7, 99095 Erfurt
Verlagshinweis: Wir versuchen bei allen Titeln die Rechte vorher abzuklären, dies ist nicht bei allen Titeln möglich. Sollten es noch Eigentümer von veröffentlichten Titeln/Bildern und der daran gebundenen Rechte geben, so bitten wir um deren Meldung beim Verlag. Der Verlag erklärt sich bereit, den Inhabern der Rechte die üblichen Honorare und Vergütungen zu entrichten.
Vorwort zum Reprint
Liebe Leser und Freunde vergangener Wissensschätze,
Wir haben es uns zur herzlichen Aufgabe gemacht, die bibliophilen Juwelen der Vergangenheit für Sie erneut zugänglich zu machen. In einer Zeit, wo rasante Fortschritte und die Flut von Neuem oft das Alte in den Schatten stellen, sehen wir einen unermesslichen Wert darin, das reiche Erbe unserer Vorfahren zu bewahren und zu teilen. Durch den Reprint dieser Werke, begeben wir uns auf eine spannende Reise durch die Zeit, um die Wurzeln unseres Wissens und unserer Kultur erneut zu erforschen.
Der Prozess der Wiederbelebung dieser alten Werke ist sowohl eine Herausforderung als auch ein Privileg. Wir bemühen uns, die alte Schrift von Fraktur in die heute gebräuchliche Form zu übertragen, um Ihnen eine angenehme Leseerfahrung zu ermöglichen. Die sorg-fältige Aufbereitung jedes Reprints ist ein liebevolles Unterfangen, das darauf abzielt, die Authentizität und den Charakter des Originals zu erhalten.
Mit diesen Reprints wollen wir eine Brücke zwischen der Vergangen-heit und der Gegenwart schlagen. Sie ermöglichen uns, die Evolution von Ideen und das Fortschreiten von Wissen zu erkunden. In den Sei-ten dieser Werke finden wir die Saat der Ideen, die die Basis für unsere heutige Welt gebildet haben.
Die Themen, die in diesen Reprints behandelt werden, sind vielfältig und spiegeln die Neugier und die breite Palette des menschlichen In-teresses wider. Von den Naturwissenschaften bis zur Philosophie, von der Kunst bis zur Technik, diese wiederbelebten Werke bieten eine rei-che Quelle des Wissens und der Inspiration.
Aus wissenschaftlicher und dokumentarischer Verantwortung her-aus, haben wir die Texte in ihrer ursprünglichen Form belassen. Auch wenn manche Ansichten und Ausdrucksweisen heute überholt oder kontrovers erscheinen mögen, glauben wir fest daran, dass es von un-schätzbarem Wert ist, die Gedanken und die Sprache der Vergangen-heit in ihrem authentischen Kontext zu erleben.
Jeder Reprint ist eine Einladung, die Welt durch die Au-gen vergangener Ge-nerationen zu betrachten, ihre Heraus-forderungen, ihre Entdeckungen und ihre Träume zu ver-stehen. Es ist eine Gelegenheit, einen Moment innezuhaltenund die tiefe Verbindung zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft zu erkennen.
Wir hoffen, dass Sie durch die Seiten unserer neuen Reprints nicht nur Wissen, sondern auch Inspiration und eine tiefere Wertschätzung für das Erbe unserer Vorfahren finden werden. Es ist eine Ehre, diese Rei-se durch die Zeit mit Ihnen zu teilen und wir wünschen Ihnen viele erkenntnisreiche und bereichernde Stunden mit den Schätzen, die in diesen Reprints geborgen sind.
Ihr Michael Kirchgässler und
Ihr Team vom Oldtimertools-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Verbrecher-Schlupfwinkel. 1
Die Hafenkaschemme 7
Moderne Verbrecher. 12
Verbrecher-Spezialisten. 17
Nachtgestalten der Großstadt. 23
Opiumhöhlen. 28
Das Hafenquartier von Neapel. 33
Ein Streifzug durch St. Pauli. 38
Die Reeperbahn von Hamburg. 44
Die Hamburger Verbrecherwelt. 48
In der Nachtkaschemme. 52
Vom italienischen Volks- und Verbrecherleben. 57
Wett-Salons. 62
Die Spionin. 66
Das Ideal. 70
Das Weihnachtsfest des Ausgestoßenen. 76
Neapels alte und neue Camorra. 80
Das Stiftungsfest. 88
Leichenschmaus. 93
Die Kriminalpolizei hebt Spielklubs aus... 98
Witwenbund „Tugendrose.“ 104
Der Kaschemmen-Onkel auf Reisen. 109
Martha. 114
Im Zigeunerlager im Afrikanischen Viertel. 119
Das Café der Jünglinge. 123
Eine Versammlung Berliner Straßenmädchen. 128
Kaschemmendämmerung. 133
Der gute Ton in Verbrecherkreisen. 138
Berliner Schwof. 143
Bob. 148
Kabarett „Storchennest.“ 154
Zwischen Mitternacht und eins. 159
Aus den Geheimnissen eines Irrenhauses. 165
Kattun. 170
Die Bauernfänger von Berlin. 175
Kabarett. 180
Herrn Geheimrat Wilhelm Engelbrechtin Potsdamzugeeignet.
Die Verfasser.
Berlin,Winter 1925.
1
Verbrecher-Schlupfwinkel.
Das Publikum, das in den Tageszeitungen von der gelungenen Festnahme eines Kapitalverbrechers liest, ahnt nichts von all‘ den vielen und großen Schwierigkeiten, denen die Polizei bei der Verfolgung solcher Verbrecher begegnet. Nur selten vermag man sich im Publikum ein Bild von der anstrengenden Arbeit der Polizei zu machen, welche die planmäßige Verfolgung eines Kapitalverbrechers erheischt. Gerade der „schwere Junge“, der Gewohnheitsverbrecher, der schon oft mit der Polizei in Berührung gekommen ist, kennt die Einrichtungen der Polizei zu genau und ist mit ihrer Arbeit und den verschiedenen Methoden der Bekämpfung des Verbrechertums und vor allem der Ver-folgung der einzelnen Verbrecher gut vertraut und dadurch oft in der Lage, den gegen ihn geführten Schlägen auszuweichen und sein Verhalten der Tätigkeit der Polizei anzupassen. Bei der Verfolgung der Verbrecher kommt es oft zu einem stillen, aber trotzdem nicht weniger erbitterten Kampfe zwischen der Gewandtheit des Verbrechers und der Geschicklichkeit der Polizei, welche alle ihr zur Verfügung stehenden Hilfsmittel heranzieht, um des gesuchten Verbrechers habhaft zu werden.
2
In vielen Fällen wird der Verbrecher sich den Verfolgungen seitens der Polizei dadurch zu entziehen suchen, daß er den Schauplatz seines Verbrechens schnell verläßt und sich in einer anderen Stadt, in welcher er persönlich nochunbekannt ist, vor weiteren Nachstellungen verbirgt. Hierbei wird er meistens die Großstadt bevorzugen, weil er in ihr schneller untertauchen kann und den ihm etwa begegnenden Schwierigkeiten der polizeilichen Anmeldung usw. besser aus dem Wege zu gehen vermag. Die Flucht nach der Großstadt ist aber absolut nicht immer die Regel, im Gegenteil bevorzugen ganz gerissene Ver-brecher mit besonderer Vorliebe gerade die kleine Stadt und die Mittelstadt namentlich dann, wenn ihnen die erforderlichen gefälschten Ausweispapiere zur Verfügung stehen. Es ist schon vorgekommen, daß Raubmörder und andere Kapitalverbrecher sich jahrelang unter falschem Namen gerade in kleineren Städten aufgehalten, einen bürgerlichen Beruf ausgeübt und sich sogar in den Ruf eines ehrlichen Bürgers zu setzen verstanden haben. Inzwischen suchte die Polizei sie vergeblich in allen Großstädten des In- und Auslandes. In den meisten Fällen kann aber der verfolgte Großstadtverbrecher von der Großstadt nicht lassen und versucht, sich hier vor der verfolgenden Polizeibehörde zu verbergen. Dieses starre Festhalten an alten Gewohnheiten ist gerade bei dem Verbrecher besonders häufig zu finden. Es fällt ihm schwer, sich von seiner Verkehrsgegend und Umgebung zu trennen, und dieses wird ihm oft zum Verhängnis.
Dem Verbrecher bieten wohl in jeder größeren Stadt eine ganze Anzahl von Wohnquartieren Unterschlupf. Fehlt dem verfolgten Verbrecher die Möglichkeit, bei einem alten Komplizen oder Freunde ein vorläufiges Unterkommen zu finden, so muß er sich
3
auf andere Weise eine „Bleibe“ suchen. Diese bieten ihm die vielen fragwürdigen Hotels, deren Zimmer sonst meistens nur stundenweise vermietet werden, und in denen der Wirt so gefällig ist, von einer polizeilichen Anmeldung des Gastes abzusehen. Kommt die Polizei gelegentlich mal zu einer Kontrolle in dasHotel, dann ist der Wirt findig genug, diesen unangemeldeten Schlafgast schnell unsichtbar zu machen. Diese Art Hotels steht auch sehr oft im direkten Zusammenhange mit dem Verbrechertum. Hier wird die Diebesbeute hingeschafft, verteilt oder dem Wirt übergeben, der sie entweder selbst kauft oder aber auch so lange im sicheren Verwahr hält, bis die ersten Nach-forschungen der Polizei nach den Einbrechern oder Räubern im Sande verlaufen sind, und er es wagen darf, sie nach und nach an den Mann zu bringen. Jede Großstadt hat derartige „Hotels“ aufzuweisen.
Von besonderer Bedeutung bei der Fahndung nach Verbrechern sind für die Polizeibehörden die Massenquartiere, in denen ohne Förmlichkeit jeder Gast, der zahlen kann, ein Unterkommen für die Nacht findet. Die Art der Unterkunft hängt hier nur von der Höhe des Preises ab, den der Obdachsuchende zu zahlen, imstande ist. Hier kann der Gast sich ein Einzelzimmer geben lassen, kann im großen Schlafraum ein Bett bekommen und hat auch Gelegenheit, ein Bett mit einem Leidensgefährten zu teilen. Wer nicht über genügende Geldmittel verfügt, um seinem ruhebedürftigen Körper Bettruhe zu gönnen, bekommt für wenige Pfennige einen Stuhl, auf dem er sitzend, allenfalls, wenn er Glück hat, sein müdes Haupt auf einen Tisch stützend, ausruhen darf. Selbst auf der Erde wird oft jeder Fleck ausgenützt, denn viele, denen selbst die Ermietung eines Stuhles ein unmöglicher
4
Luxus ist, begnügen sich mit dem harten Bretterfußboden. Diese Leute sind es ja auch meistens gewöhnt und schlafen oft dicht aneinander gepfercht besser als verwöhnte junge Damen in ihren Seidenbetten. Daß der Gast auch für diese harte Ruhestätte auf dem Fußboden seinen Obolus an den Wirt zu entrichten hat, ist selbstverständlich. Unnachsichtlich weist der gewinnsüchtige Wirt den völlig zahlungsunfähigen Gast aus seinem Hause. Mag der dann dort hingehen, wo es nichts kostet, in die Parkanlagen, in einen Neubau oder Wartesaal.
Es liegt auf der Hand, daß diese Massenquartiere nicht gerade verlockend sauber sind. Die Gäste nehmen ja keine Rücksicht aufeinander, der eine bringt Ungeziefer mit, der andere leidet an einer ansteckenden Hautkrankheit, und Flure und Treppen werden von den Gästen ohne Rücksichtnahme verunreinigt. Der Zustand der Toiletten, sofern solche überhaupt vorhanden sind, spottet jeder Beschreibung. Das Großstadtpublikum, welches durch Zeitungsberichte von einer gelegentlichen Aushebung solcher Massenquartiere erfährt, kann sich wohl niemals eine richtige Vorstellung davon machen, welch entsetzliche Höhlen diese Quartiere oft darstellen. Es ist unverständlich, daß es Menschen gibt, die wochen-, ja monatelang solche Höhlen zu ihren Wohnquartieren wählen. In schmutziggrauen Betten liegen nackte Burschen, welche ihr Hemd vorher ausgezogen haben, um es vor Ungeziefer zu schützen. Und eine Atmosphäre herrscht in dem Raum, daß man wahrhaftig darin zu ersticken, fürchten muß.
Weit empfehlenswerter, vom sanitären Standpunkte aus, sind die städtischen Einrichtungen, wie das „Asyl für Obdachlose“ und andere unter behördlicher Aufsicht stehende Einrichtungen.
5
Bedauernswert sind auch die, welche gezwungen sind, hier ein Unterkommen zu suchen. Hier finden sie aber wenigstens eine saubere Lagerstätte und große, luftige Räume.
Der Verbrecher, welcher in diesen Massenquartieren für seine Sicherheit fürchtet, nächtigt im Sommer in den Parkanlagen undim Winter in den Wartesälen der Bahnhöfe, oder aber er hält sich tage- und nächtelang in irgendeiner der zahlreichen Keller-kaschemmen auf, in denen sich des Nachts das Verbrechertum ein Rendezvous gibt. Einzelne Kaschemmen bieten dem verfolgten Verbrecher auch beim Eindringen der Polizei die Möglichkeit, noch im letzten Augenblick durch eine Hintertür oder durch Kellergänge zu verschwinden und sich der Festnahme durch die Polizei zu entziehen.
Die Ermittelung der Verbrecher wird auch besonders dadurch noch erschwert, daß viele von ihnen, vor allem gerade die besonders gefährlichen Verbrecher, sich im Besitz falscher Ausweispapiere befinden. Bei polizeilichen Kontrollen der Kaschemmen und Schlafsäle wird der gesuchte Verbrecher oft genug mit solchen „Flebben“ „durchrutschen“, bis ihn aber doch einmal sein Schicksal erreicht und ihn für immer oder längere Zeit im Zuchthause verschwinden läßt. Der Handel mit solchen falschen Ausweisen blüht ja überall. Für Geld kann man heute falsche Papiere jeder Art bekommen, die oft auf echten Formularen so geschickt gefälscht sind, daß niemand imstande ist, sie als Fälschung zu erkennen.
Der Verbrecher kann sich in den vorgeschilderten Verbrecher-quartieren, wenn ihm das Glück hold ist, eine ganze Zeit hindurch den Verfolgungen der Polizei entziehen. Oft gelingt es der Polizei, in kurzer Zeit seiner habhaft zu werden. Meistens ist
6
dann seine Festnahme der geschickten Tätigkeit der Polizei oder der Aufmerksamkeit des Publikums zu verdanken, manchmal läßt aber auch ein Zufall den verfolgten Verbrecher in die Netze der Polizei geraten, die dann schnell zugreift und ihn seiner Aburteilung zuführt.
7
Die Hafenkaschemme
Dicht an den Landungsbrücken des Hafens liegt sie. In einem der verräucherten, schmucklosen, alten Steinkästen, die sich zwei oder drei Stockwerke hoch in der Hafenstraße erheben. Ringsherum, in den Häusern daneben und gegenüber, überall Seemannshotels, Matrosenkneipen und Destillen niederer und niederster Art. Die Straße unsauber, Scharen schmutziger Kinder spielen ihre lärmenden Spiele, ein Lumpenhändler ruft seine Kundschaft herbei, und betrunkene Männer schieben sich schäkernd an üblen, alten Jüngerinnen der Göttin Venus vorbei.
Die Klänge eines abgeleierten Grammophons dringen auf die Straße, dazwischen auch mal Klaviergeklimper und rohes, heiteres Lachen und lautes Kreischen von Dirnen.
Drinnen, in der Kaschemme, eine buntgewürfelte Gesellschaft. Alle möglichen Sprachen schwirren durcheinander, der Eine sucht den Anderen zu überschreien. Betrunkene Gesellen torkeln am Büffet umher und fordern lallend erst bettelnd, dann drohend ein neues Glas Branntwein. Was kümmert es sie, wenn sie einmal wieder betrunken sind, haben sie doch lange, nüchterne Monate anstrengender Seefahrt hinter sich. Und jetzt sind sie mal frei,
8
haben Geld, und der Schnaps schmeckt so gut. Wie herrlich deucht sie das Leben! Genießenwollen sie, genießen und sich schadlos halten für diese Monate notwendiger Enthaltsamkeit! Das wollen auch die anderen Seeleute, die sich auf den Bänken und Stühlen herumrekeln und mit den neben ihnen sitzenden Mädchen ihre rohen Späße treiben. Nur in anderer Art! Und seltsam, man versteht sich hierin, die deutsche Dirne versteht den brasilianischen oder chinesischen Seemann. Die Liebe ist international und dementsprechend auch ihre Sprache. Wenn man hier überhaupt von Liebe zu reden vermag! Denn nie habe ich wüstere, schrecklichere Megären gesehen als diese alten, schmutzigen Hafendirnen, die sich wahllos jedem Seemann an den Hals werfen. Für ein paar Mark oder auch nur Groschen!
An einem der hintersten Tische führen einige Männer flüsternd eine Unterhaltung. Der „Glückstädter Karl“, ein alter Bauern-fänger, ist gerade dabei, zwei jungen, unerfahrenen Seeleuten ihre Ersparnisse abzunehmen. Draußen an der Landungsbrücke hat er sie kennengelernt und angesprochen. Ob sie ein gutes Lokal wissen wollten, wo man gut und billig äße. Und vertrauensvoll hatten die beiden Seeleute die Führung angenommen und sich mit Karl angebiedert. Karl hatte sie eingeladen, dann sie den Karl, und so ging es weiter, bis die beiden todmüde und betrunken kaum noch die Augen offen halten können und Karl eine leichte und sichere Beute werden.
Um den großen Mitteltisch der Kaschemme drängen sich die Gäste. Südamerikaner, Chinesen, Italiener, Russen, Norweger, Engländer und auch einige deutsche Seeleute! Man hat ja Geld, darf auch mal ein Spielchen riskieren, denn die Versuchung lockt ja so sehr! Ein Berg von Silber- und Papiergeld türmt sich vor