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Die Flimmerkatze in einer Hommage, die die Rückkehr von Twin Peaks 2017 vorwegträumte. Was soll nach all den Jahren passieren? Welche Geschichte soll erzählt werden? Inhalt Fernsehfassung: Kittylectric ist zurück! Einem geschwulstartigen Fremdgewebe auf der Spur, das die Figuren ihrer Lieblings- Fernsehserie ins Unglück zu stürzen droht, verschlägt es sie in die idyllische Kleinstadt Wikingberg unter der sich ein tiefer Abgrund verbirgt. Doch ist die Geschichte eine gänzlich andere.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Oliver Rennicke
Kittylectricund die
schwarze Löwin
Kinderwald Gruppe 2
»Das Leben ist ein großes Mysterium, hüte dich vor denen, die vorgeben, es zu verstehen!«
Prolog
»Der Tod! Da hinten, die dunkle Ecke hinter der Tür!«, flüsterte Kittylectric kopfüber von der Decke hängend, über den sterilen Gängen eines Berliner Krematoriums. »Hast du sonst niemanden, den du holen musst?« – Welche Leidenschaft er für meine Wenigkeit aufzubringen vermag! – »Da möchte man glatt meinen, du wärst in mich ver…«, unterbrach sie sich selbst, unernst, doch mit gedämpfter Stimme, als befürchtete sie, trotz allem von dem kalten Hauch im Nacken belauscht zu werden. Das Personal des Krematoriums störte ihre Anwesenheit hingegen herzlich wenig. Die unter ihr Vorbeihuschenden nahmen keinerlei Notiz von der unnatürlichen Besucherin. Einem verirrten Gespenst gleich wanderte sie durch festes Mauerwerk, mit dem Kopf durch die Wand, den Trick des Magiers in Vollendung versauend. Von Raum zu Raum – die Füße an der Tapete, nie am Boden – missbrauchte sie sein Heidenwerk zur gewöhnlichen Fortbewegung, ganz ohne Glanz, kein volles Haus, kein ›Jubel, Trubel, Heiterkeit‹. Kopfüber raste ihr Auge über lange Röhren hinweg – grelles Schlachthauslicht,flink fliegender Falter vorm Foyer –, vorbei an hohen Säulen, die zum Licht führten und geradewegs hinein in eine eisige Einäscherungsanlage. Und dann schließlich – schicksalhaftes Schließlich – holte sie den eigenen Körper ein, der auf hartem Boden von frostigen Nadelstichen unter der blanken Fußsohle gepiesackt wurde. Glatte, feste Haut hielt sie an ihren Leib gebunden, Bauchkribbeln zur Begrüßung – so stand sie zwischen den Verbrennungsöfen, ganzkörperbemalt in vermeintlichen Zebrastreifen – das Katzenohr zuckte aus pechschwarzem Pagenschnitt empor –, in einer Umgebung, die die meisten Menschen vor Kälte erschaudern ließ. Doch überraschenderweise war ihr nicht kalt zumute, ganz im Gegenteil: Tief im Innern erstrahlt eine Wärme, ein wonniges Fieber auf meiner glühenden Stirn, die eigene Schönheit, die aus der Überlastung heraus geboren wird. Gütig lächelnd führte sie drei junge Studenten einer Filmhochschule durch die geflieste, unbehaglich sterile Halle. Eine junge Regisseurin instruierte ihre beiden Kommilitonen, Kameramann und Tonangler, die sich auf ihr Wort hin entsprechend positionierten. Unmittelbar voraus, so unbehaglich nah, ragten die klobigen Verbrennungsöfen ehrfurchtgebietend – wie schwarze Monolithen – in die Höhe. »Da drüben, aus dem Blickwinkel bekommt ihr die Hauptbrennkammer am besten drauf«, meinte Kittylectric mit entsprechendem Fingerzeig. Selbstsicher stieg sie in einen geöffneten Eichensarg, der bereits auf einer Sargeinfahrmaschine vorm Ofentor zur Abfahrt bereitstand. »Mit der Kamera ein bisschen weiter runtergehen! Dann kommt der Kasten richtig zur Geltung.« »Bist du hier die Regisseurin oder ich?«, fuhr ihr die junge Studentin ruppig ins Wort. »Okay, leg dich jetzt endlich hin!« Und mit leicht gereiztem Seufzer: »Leg dich doch einfach nur hin! Und wir fahren dich rein, nur probeweise, schauen uns an, wie’s durch den Kontrollmonitor ausschaut!« – Brave Marionette, bist ja kein Mensch! Hypersensibles Miezeken, aber Tiere haben keine Seele, Klappe zu, Affe tot! Kittylectric tat geschwind, wie ihr geheißen – brave Marionette! Und als sie sich freiwillig in die beengte Kammer fahren ließ, begriff sie langsam, was dies für sie bedeutete, war sie doch drauf und dran, sich bei ihrer eigenen Einäscherung filmen zu lassen. Befremdlicherweise hörte sie sich selbst von außen, wie sie im Innern der Brennkammer Hinweise an das Kamerateam richtete: »Da, geht mit der Kamera frontal auf den Ofenschlitz, da habt ihr alles voll im Blick!« »Stimmt!«, hallte die Stimme des Kameramanns dumpf von außen zu ihr in die Kammer. »Okay, dann leg dich doch bitte endlich hin, damit wir anfangen können!«, ereiferte sich die Jungregisseurin. »Alles klar!«, gab Kittylectric folgsam zurück, den Daumen hoch, ein kindliches Lächeln zum Dahinschmelzen. Und kindlich lächelnd legte sie sich auf den Rücken, lang ausgestreckt, atmete flach, die schmalen Hände – Daumen an Daumen, Zeigefinger an Zeigefinger – um ihren Bauchnabel gepresst. Sie wartete, die Atmung unverändert ruhig, Leere im Kopf, Hitze im Ohr, Kühle in der Magengrube. Dann plötzlich, wie aus einer Betäubung erwachend, kehrten ihre Gedanken zurück. Erst jetzt wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie am Ende der Aufnahme nicht mehr da sein würde – da sein –, sich diese anzusehen, ihr eigenes Spiel auszuwerten.Erst jetzt fing sie an, an ihrem Körper zu hängen, ihn schätzen und lieben zu lernen. Ein Teil von ihr wehrte ab – sentimentale Trägheit, nichts als schmerzhaft faules Verweilen, Bequemlichkeit des alten Trotts – weiter muss es gehen, Katzen schlafen auch zu Lebzeiten stets mit einer Pfote im Jenseits, keine Zeit zum Verweilen! – Dieser Teil wollte ihrem Körper nicht nachtrauern, doch auch dieser Teil verstummte, als von außen der erste Schalter umgelegt wurde – Probedurchlauf, von wegen, mit mir könnt ihr’s ja machen! – und sie begriff, dass es von diesem Moment an kein Zurück mehr gab. Wie sich wohl Mata Hari gefühlt haben muss, kurz bevor sie von den Franzosen hingerichtet wurde?, schweifte sie noch einmal ab, mit einem tiefen Gefühl der Anteilnahme, immer von sich auf die anderen: Diesen Pfad haben so viele vor mir beschritten, werden so viele nach mir beschreiten. Eine Träne im Ozean! »Okay, dann lasst uns endlich beginnen!«, ordnete die Studentin der Filmhochschule mit einem minimalistischen Kopfnicken an, woraufhin ein Angestellter des Krematoriums weitere Schalter betätigte, alles unwiderruflich in Gang setzte. Ein letztes Mal wandte sie sich der Katzenfrau in der Hauptbrennkammer zu: »Noch irgendwelche finalen Worte?« – Eigentlich schade um die Schmucke, sie war die Einzige ihrer Art, aber wer nimmt schon Notiz? Die größten Bücher wurden ungelesen den Flammen überantwortet. Ihren unruhigen Gedanken zum Trotz verharrte Kittylectric weiterhin in warmer, schläfrig schlummernder Trägheit. Ohne lange darüber nachzugrübeln, hob sie ihren Kopf, sprach wie eine Tonbandaufzeichnung: »Man sollte das Leben nicht allzu ernst nehmen! Es ist nun mal alles so, wie es ist!« Zu ihrer inneren Wärme gesellte sich bald ein mulmiges Gefühl in der Magengrube, ein paradoxer Widerspruch, ausgelöst vom Anwerfen des Ofens und dem damit verbundenen mechanischen Rumoren im Innern der Hauptbrennkammer. Vorsichtig hob sie den Kopf, riskierte einen Blick auf den vor ihr liegenden Körper, der schon bald nicht mehr sein würde. In diesem Augenblick hätte sie lieber alles abgeblasen, doch es war zu spät, ihre Handlungsbereitschaft wie gelähmt – im Bann einer fatalen Hypnose. Der Ofen wurde angeworfen, erwartungsvolles Schweigen – Augen und Münder weit geöffnet, das Staunen einer überraschten Jugend, die nichts mehr überraschen konnte. Die Ruhe vor einem alles verzehrenden Sturm lag summend in der Luft, wie unter einer Starkstromleitung. Dieses Summen wurde konkreter, schärfer, wandelte sich zu einem Pfeifen, zunächst leise und dumpf – wie durch eine Blechbüchse gefiltert –, dann stetig näher rückend. Alle Augen, sogar ihre eigenen, waren auf diesen Körper gerichtet – und doch fühlte sie sich in ihrer Kammer so allein und isoliert, als wäre sie der einzige Mensch auf Erden. Durch ein schmales Loch erspähte sie das junge Filmteam, das mit entsetzten, völlig verstörten Blicken an ihr haftete. Eigenartig, wenn man selbst in der Position des Bemitleideten steckt, empfindet man’s mitunter weniger schlimm als die Außenstehenden, bemerkte sie seltsam gelassen. Als sie so dalag und auf die Auslöschung ihrer Existenz wartete, geschah etwas Sonderbares: Déjà-vus-Erlebnisse, Empfindungen, Befremdungen aus lange vergessener Zeit kehrten zu ihr zurück, unbedeutende, nichtssagende Momente ihres früheren Lebens flackerten auf, damals wie heute zum Mitsprechen, jedoch aus einem veränderten, außenstehenden Blickwinkel: Das kleine Mädchen im Vergnügungspark, auf der Wasserrutsche, die kleine Hand eingeklemmt zwischen den Rillen einer Parkbank, alles zog an ihr vorüber und fühlte sich wieder genauso an wie in dem Moment, da sie es das erste Mal erlebte. Wenn ich diese seltsamen Momente als Kind durchlebte, war da bereits ein Teil von mir zugegen, der vom Ende aus zu meinem jüngeren Ich hinüberblickte. Zwei Zeiten begegnen sich an einer Kreuzung. Nein, vielmehr setzt die Zeit jetzt aus. Für mich gibt’s keine Zeit mehr, weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft. Eine kleine Katze, nur wenige Wochen alt, stand an der Einbiegung zu unserem Zuhause, sah Mama und mich auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen, wie wir mit unseren Fahrrädern warteten, bis die Straße frei wurde. Sie freute sich so sehr, uns zu sehen, dass sie blindlings auf uns zulief. Aus meiner kindlichen Sicht glaubte ich, sie würde schwebend im hohen Bogen an dem LKW vorbeispringen. Dann lag sie da, regungslos, tot, während ein Teil meiner Kindheit gleich mit ermordet wurde. Das Licht verschwindet, der Schmerz bleibt! Da wurde es dunkel um sie herum. Die Kammer des Verbrennungsofens hatte sie längst hinter sich gelassen. »In den Traum hineinstürzen. Nicht etwa sanft hineingleiten, tatsächlich stürzen«, wiederholte sie starr, motorisch – ein Mantra, das ihr den Weg durch die Dunkelheit wies. Schwache Konturen zeichneten sich ab, grauer Nebel. Wieder klangen die Worte so vertraut, doch wie von außen in ihren Mund gelegt. Da beschlich sie der Verdacht, dass noch jemand da war – da hinten im Geäst, schwarz auf trübem Grau –, eine andere Frau! – Eine Unbekannte, durch deren Augen sie in eine fremde Vergangenheit blickte: Orte flackerten auf, Gefühle von befremdlicher Intensität, Eindrücke, denen sie nicht lange standhalten konnte, die finsterer und mächtiger waren, als es ihrer eigenen Natur entsprach – so wunderschön, doch begleitet von einem unerträglichen Schmerz. Stimmlose Stimmen umkreisten sie, sprachen einen sich ständig wiederholenden Reim: »Wir machen ein Licht zu einem Kind aus Feuer und Traum, das will wohl jeder in diesem Raum. Wir machen ein Licht zu einem Kind aus Feuer und Traum, das will wohl jeder in diesem Raum.« … Es ist Tag, doch stockduster, durch die dichten Dächer aus Zweigen dringt kein Licht. In der Ferne, auf einer kleinen Lichtung, flimmern Sonnenstrahlen, verloren in der Schwärze. Und ich steh selbst so tief drin im dunklen Wald, will weg und kann nicht! Und denke ich darüber nach, wird mir plötzlich so kalt – wie wenn man wo wegwill und es nicht kann! Ist auch keine richtige Sonne da hinten, ein Zwielicht bestenfalls. Muss den Himmel sehen, muss dringend den Himmel sehen, der so ein sonderbares Licht aussendet! Da vorn zwischen den Bäumen! Aus der Schwärze bewegt sich was, sieht aus wie eine junge Frau. Sie ist wunderschön, obwohl ich ihr Gesicht nicht genau erkennen kann. Nein, sie bleibt unscharf, je näher sie kommt. Wer bist du, finstere Freundin? Ich spüre es, wir könnten Schwestern sein. Kein Echo, als würde ich mir selbst zuflüstern, mir beim Reden die Ohren zuhalten, eine warme, dickflüssige Substanz brummt tief im Ohr. »Was ist das für ein seltsamer Ort?«, frage ich sie. »Der dunkelste Wald der Erde«, spricht meine neue Freundin und sie meint es tatsächlich ernst. »Niemand weiß, wo er sich befindet. Diesen Flecken Natur hat seit Anbeginn der Zeit noch nie ein Mensch betreten.« »Wir sind doch aber hier!«, widerspreche ich ungläubig, unbedacht – ›wir sind doch aber hier‹! Zwischen Laub und Moos verläuft ein Sandweg – doch wo kommt er her, wer hat ihn angelegt, wenn nie ein Mensch zuvor hier war? Nach wenigen Metern stürzt er schwindelerregend steil in eine bewaldete Schlucht hinab. In der Ferne bleibt es dunkel, weit und breit kein Himmel zu erkennen. Auch wenn ich die Wiese auf der Lichtung in greifbarer Nähe zu spüren glaube, führt kein Weg dorthin. Eine schwarze Wand in alle Richtungen, einmal komplett ringsum, unverkraftbarer Grusel krallt sich tief unter meine Rippen, wenn ich bloß an ein Betreten der dunkelsten Bereiche denke. Wo sich der Sandweg heimtückisch steil in die Schlucht hinabstürzt, hellt sich’s zu einem leichten Grau auf, doch je mehr man bei dieser trügerischen Aufhellung vom Wald zu erkennen meint, desto kälter mutet alles an. Die schwarze Wand versetzt mich in permanente Alarmbereitschaft, peitscht meine Furcht bis zum Kreislaufkollaps. »Hilfst du mir bei meinem Bericht?«, spricht mich meine finstere Freundin aus heiterem Himmel an und reicht mir einen Fragebogen herüber. »Ja klar!«, bleibe ich unbesorgt, unbedacht. »Ich glaube, wir sind uns hier nicht zufällig begegnet, an diesem Ort, im dunkelsten Wald der Erde.« »Eigenartig«, bemerke ich und spreche offen, »obwohl wir zu zweit sind, fühle ich mich in deiner Nähe sogar noch kälter.« »Aber nur, weil du mein Gesicht nicht erkennen kannst!« – und sie verwies auf ihren Fragebogen: »Versuch es dir gut einzuprägen, schnell, wirst bald alles wieder vergessen haben!« »Aber was sind das für komische Fragen?«, werfe ich einen besorgten Blick aufs Klemmbrett und lese bei kaum vorhandenem Licht:
…… im dunkelsten Wald der Erde beginne ich meinen Bericht. Anders als all meine bisherigen Buchveröffentlichungen als dokumentarisches Dossier gehalten, ohne persönliche Wertung, einfacher Stil, kurze Sätze … … allein oder doch zu zweit – Moment mal, wusste sie, dass sie mich hier treffen würde? – Jeder für sich, und doch am selben Ort, denn im Wald sieht jeder etwas Persönliches, was für den anderen nicht sichtbar ist!
…… zentraler Gegenstand der Untersuchung sei die Beziehung zwischen Wald und Tod(!)… … zu klären sind folgende Fragen: … warum fürchten Menschen den Wald? (am Beispiel eines besonders dunklen/„des dunkelsten“) … in diesem Zusammenhang – und bei Tageslicht: Haben bestimmte Wälder eine negativere Ausstrahlung auf Menschen als andere? Wenn ja, woher kommt diese Negativität? In welcher Beziehung steht sie zum Menschen selbst? …… und noch tiefer in den Wald vordringend: Manche glauben, dass es für jeden Menschen einen bestimmten Baum auf dieser Erde gibt, „Seelenbaum“ – poetischer Ausgangspunkt für einen tiefer greifenden, tief ergreifenden Forschungsansatz: Existiert eine nachweisbare Beziehung zwischen ******* und Holz? Dahingehend sei die Verbindung von Baum und Papier zu überprüfen, *** und dem gedruckten Wort im Buch. ****** als Energieform und ***** im Innern des Menschen, die organische Materie antreibt. *********** für das Wissen der Welt und ********* konserviert im Holz? …… was sagt der Wald über das kollektive Gedächtnis aus? …… und noch tiefer drin, irgendwann in die „schwarzen Bereiche“ vordringend: … Respekt und „das Ernähren von Angst“? … *** ***** und die Beziehung zwischen Geist und Elektrizität? … der Urwald vom Beginn der Menschwerdung … … Warum *** ***** **? …
»Moment mal! Ist dieser Wald etwa – gefährlich?« – und schon wird mir wieder so kalt. »Was denkst du?«, antwortet meine Freundin wenig hilfreich, wenig berührt, mit einer Gegenfrage: »Woher dieses mulmige Gefühl? Warum die permanente Alarmbereitschaft wider die Vernunft? Ja, ich seh’s in deinen Augen, du fängst an, es zu verstehen. Nirgendwo auf der Welt fühlt sich eine alte Seele so einsam wie unter Menschen. Jeden Gesprächsverlauf hat sie bereits erlebt und bleibt vom Gesprächspartner zumeist Lichtjahre entfernt. Vielmehr blickt sie hinter die Fassade, wo jedes Gespräch einem Kampf gleichkommt, einem Duell – wer zwingt wem die eigene Negativität auf! Der Wald ist für alte Seelen hingegen ein Ort mit vielen Erinnerungen, wo sich in der Stille geliebte Seelen wiedertreffen lassen. Doch birgt dieser Ort eine große Gefahr, denn was für die Alten Nähe und Geborgenheit bedeutet, ist für junge Seelen pures Gift. Umso schöner für die alte Seele, umso größer das Leid, das in der jungen, unerfahrenen brennt.« Ja, jetzt sehe ich es und wünschte, es wäre dunkler, dunkel genug, es nicht zu sehen. »Da sind Gesichter! Das halte ich nicht aus, da sind tatsächlich Gesichter in den Bäumen?« »Du fürchtest, was in den Bäumen ist, alle fürchten an deinem Punkt den Baum, das Offensichtliche, was niemand auszusprechen wagt! Niemand achtet auf das, was unterm Laub liegt, auf den Keller darunter, den Keller unterm Wald. Alle sind da unten!« »Die Erde ist hier ganz schwarz!« »Sie fürchten den Wald, weil im Wald die Wahrheit über uns verborgen liegt!« Als ich mich aufrichte, sehe ich das Gesicht meiner Freundin plötzlich gestochen scharf vor mir! Und ich sehe – nur für den Bruchteil einer Sekunde, und nur in der morbiden Dämmerung – ihre Augen und den Schmerz darin. Nie zuvor hab ich eine solche Angst verspürt wie in dem Moment, da ich meine eigene Mutter nicht mehr wiedererkannte! Auf der Lichtung angelangt, erblicke ich zum ersten Mal den Himmel. Plötzlich ist tiefste Nacht. Die Sterne funkeln in so merkwürdig unterbrochener Anordnung, abstrakte Umrisse von gigantischen Ausmaßen, einen Körper formend,weiblich und finster glitzernd, als wären alle Sterne nur ihretwegen da – ein schwarz funkelnder Diamant! Von meiner mitternächtlichen Waldbekanntschaft fehlt überraschend jede Spur, sie ist verschwunden, wie sie mir erschienen ist. Ich wage einen erneuten Blick zum Himmel – und als hätte ich es vorher geahnt, sehe ich, was diese merkwürdige Anordnung der Sterne und damit all die Dunkelheit, das Zwielicht – weder Tag noch Nacht, nun tiefste Nacht – tatsächlich verursacht: Da ist ein Baum, der alles überragt, was auf dieser Welt existieren kann, jeden Wolkenkratzer, jeden Berg, der sich in den Nachthimmel auftürmt, zwanzig Kilometer oder mehr – oh je, vermutlich mehr! –, der mir den Atem raubt, im wahrsten Sinne die Kehle zuschnürt. Ich sehe ihn so weit weg, seinen gigantischen Stamm, und doch sehe ich nicht seine Krone! Ich höre sie, bevor ich sie spüre, die Stiche im Herzen, höre – ohrenbetäubend schmetternd – Geigen, die wie Blitze einschlagen! Gebirgsmassiv aus Holz und weit darüber hinaus – oh je, vermutlich weit darüber hinaus! Es ist wahr, es ist alles wahr! Nein, ich träume, das kann unmöglich real sein! Angst habe ich, dass es doch kein Traum ist. Höre meinen Atem sich überschlagen – was passiert nur mit mir? Ich habe Angst um mich, um das, was mit mir nicht stimmt – was mit mir nicht mehr stimmt! … Ein kleiner Junge, der irritierenderweise Ava hieß, lag in seinem Bett und träumte, träumte vom Wald. Hinterm Haus fiel ein hügeliger Hain steil ab, so kalt und dämmernd graugrün. Ein moosbedeckter Pfad führte den Träumer ins lichtundurchlässige Tal – immer tiefer hinab – zu einer bewaldeten Schlucht, einem Ort, der auch im Traum nicht wirklich sicher war. Überall dicht gedrängte Bäume und Sträucher, dorniges Gestrüpp, irgendwann derart steil, dass sich der Träumer auf allen vieren vorwärtszubewegen gezwungen sah. Weiter unten war die Dunkelheit noch kälter und die Kälte noch dunkler. Da hörte er ihre Stimme – oder war’s die eigene: »Ich spüre die Distanz zum Haus, wie sie wächst, spüre die Distanz zu den Lebenden!« Zutiefst erschrocken riss Ava die Augen auf, sprang aus seinem Bett und schlich in den Flur, vor Kälte bibbernd, auf seinem gruseligen Weg zum Badezimmer – alles schläft! Mama und Papa sind so weit weg! Einzige Lichtquelle bot der schmale Strahl seiner Taschenlampe, hin und wieder unterbrochene Kontakte zur Batterie. Im stockdusteren Badezimmer angelangt, den Toilettendeckel hochgeklappt – in tiefster Nacht bei mir zu Hause, kleine Taschenlampe, brenn! – spürte er einen eisigen Hauch im Nacken und vernahm ein leises Seufzen hinter seinem Rücken. Aus heiterem Himmel begann es in der Badewanne zu plätschern – ist der Wasserhahn etwa schon wieder defekt? Mit einer Gänsehaut beim Wasserlassen fuhr er zur Wanne herum, ganz langsam, als wüsste er bereits im Vorfeld um den Schrecken, der ihn jeden Augenblick ereilen würde. Wie betäubt sah er eine große bemalte Frau in der Wanne liegen, dunkle Haare, kreidebleich, mit schwarz verschmierter Farbe im Gesicht, auf ihrem ganzen Körper, der sich seitlich in der Wanne zusammenkauerte. Vor allem auf ihren schaurigen Augen, ihren faszinierenden Augen, die ihn über den Rand der Wanne hinweg anstarrten, ihn intensiv durchleuchteten. Das Licht seiner Taschenlampe flackerte schwächlich, drohte jeden Augenblick der Dunkelheit zu erliegen. Wasser rieselte auf ihre merkwürdig glatte Zebrahaut, eine Haut, die er nie zuvor erblickt hatte. Sie hielt ihre Hand nach ihm ausgestreckt, da setzte die Taschenlampe aus. Das ist die Frau aus der tiefen Schlucht! Hab sie aus meinem Traum mit hinaufgeholt und sie zu unserem Haus geführt, stürmte der Junge verängstigt in sein Zimmer, verkroch sich tief unter der Bettdecke und schwor, kein Wort über die nächtliche Besucherin zu verlieren, zu niemandem. Mit der Furcht des Jungen und der Erkenntnis, in seiner Welt nichts verloren zu haben, riss es Kittylectric ruppig rabiat aus diesem falschen Ort heraus, als hätte sie nie wirklich in der Wanne gelegen – bloß ein Trugbild, eine Täuschung, Geist erschafft Materie. Die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit drohen in früher Kindheit mitunter gefährlich zu verschwimmen.
Eindringlinge
»Das Medium Film wird der Magie dahinter nur selten gerecht«, bemerkte Filmsheriff Arimar, als er in seinem Büro eine kleine Denk- und Kaffeepause einlegte. An seiner Seite Hilfssheriff Egon. Dampfende Tassen in warmen Händen, synchronisiertes Pusten. »Sie haben Tina Aumont meist wie eine normale Schauspielerin besetzt, benutzt oder nicht mal das, der Willkür talentfreier Sadisten ausgesetzt. Hast du mal L’urlo von Brass gesehen?« »Ich schau mir zur Unterhaltung keine Tötung von Tieren an. Ich weiß, dass viele das nicht stört, dass manche das sogar lustig finden«, winkte Hilfssheriff Egon ab. »Ja, hässlich, aber genau, was ich meine – wie eine schwarze Orchidee, die aus einem Misthaufen sprießt. Da konnte man es sehen, einmal, ganz kurz, nur bei Standbild und nur, wenn man es wusste!« »Konnte man was sehen?« »In ihren Augen! Ach, hätt’ sie sich doch bloß nicht für diesen Dreck hergegeben!« »Konnte man was sehen?« Doch der Sheriff reagierte nicht. In seine Gedanken vertieft, hatte er nicht einmal bemerkt, dass der Hilfssheriff das Büro bereits verlassen hatte. »Sie hat in diesem schrecklichen Film ihre Seele gelassen, zumindest einen entscheidenden Teil eingebüßt. Ach, wäre sie doch bloß bei den Fotos geblieben!« Hab ihren Hilferuf vernommen. Im Traum wandere ich mit Tina durch die Nacht, zwei Schlafwandler Hand in Hand, wenn alle anderen Träumer unbeweglich in ihren Betten liegen. ›Hey Moon!‹ hallt verzückend in weiter Ferne, Molly Nilsson und John Maus im harmonischen Duett. Und wenn Tina im Traum bei mir ist, dann ist sie auch nicht weit, die große Unnatürliche. Ich kann sie durch Traumtinas Augen hindurch sehen. Doch niemals, wenn ich wach bin. »Wernigerode? Klingt überhaupt nicht nach Kanada!«, sagte der Sheriff laut, vor sich die Karte an der Tafel, dabei mit ausgestrecktem Zeigefinger einen Waldpfad nachzeichnend. Erst jetzt bemerkte er, dass er allein im Zimmer war, erst jetzt bemerkte er das Zimmer selbst: Die Wände, Schränke und beinahe alle Oberflächen des Büros waren stimmig mit demselben Eschenholz verkleidet. Der Blick aus den Fensterfronten bot ein dichtes Nadelwaldpanorama, ein dunkelgrünes, schaurig spitzkantiges Silhouettenspiel im Dämmerlicht, das die Innenbeleuchtung des Büros umso wärmender auf die hellen Holzflächen fallen ließ. Arimar stand in der Mitte des gemütlichen Dienstzimmers, pustete an seinem heißen Kaffeebecher, die kleinen Fähnchen auf der Karte im Blick. Die wenigen roten Fahnen standen für Tatorte, an denen Gewaltverbrechen verübt wurden, die blauen, sich in jüngster Zeit vermehrt anhäufenden, für Vorfälle und Sichtungen unerklärlichen Ursprungs, die mitunter in direkter Verbindung zu den roten Fähnchen standen. Über die Karte schweifend, stieß ihm ein einzelnes blaues Fähnchen gesondert ins Auge. Es steckte tief in dem größten Waldabschnitt des Bezirks, einem heiligen Hain, der seine indigenen Wurzeln betraf. Ein spiritueller Pfad, der tief in die eigene Vergangenheit zurückreichte. Und wenn Tina im Traum bei mir ist, dann ist sie auch nicht weit, die große Unnatürliche. Ich kann sie durch Traumtinas Augen hindurch sehen. Doch niemals, wenn ich wach bin! Als erster indigener Sheriff war Arimar seit nunmehr dreißig Jahren in der vermeintlich ›kanadischen‹ Kleinstadt tätig, einem einsam isolierten Ort, den der Wald gänzlich von der Außenwelt abschnitt, einem Ort, der im Grunde überall auf der Nordhalbkugel hätte liegen können, wo es dichte Wälder gab und Berge die Baumgrenze nicht überschritten. So war es denn auch wenig verwunderlich, dass zwischen angeblichem Standort und tatsächlichem Drehort eine Distanz von achttausendeinhundert-dreiunddreißig Komma neun Kilometern bestand. Arimars Pfad durch diese Wälder reichte wesentlich weiter zurück, als die Bürger seiner Gemeinde ahnten. In über einhundertachtzig Jahren hatte er viele geliebte Menschen kommen und gehen sehen. Man meint, es wäre eine Ewigkeit, aber dann geht’s irgendwann immer rasanter, die Jahrzehnte wandern nur so dahin, verschwimmen ineinander – schneller noch mit Menschen an der Seite, die man liebt, die man verfallen und sterben sieht. – Und nun ließ ihn ausgerechnet dieses kleine blaue Fähnchen aus einem Jahrhundert währenden Schlaf erwachen. »Dieser Ort!«, flüsterte er stimmlos, als befürchtete er in seinem eigenen Büro belauscht zu werden – nicht von Egon. – Vor einhundertundzwanzig Jahren bin ich an diesem Ort, in diesem Wald, zum ersten Mal gestorben. Seit dieser Erfahrung bin ich nicht mehr bei euch gewesen. Die Jahre ziehen nur so an einem vorüber, wenn man in einem regelmäßigen Trott feststeckt. Tote Zeit, in der man altert und sich doch nicht verändert. Und jetzt, jetzt kommt es mir wiederum vor, als wäre es erst gestern gewesen! … Mit geschlossenen Augen ging Arimar auf Reisen. Alte Meditationstechniken – von jungen Drehbuchautoren erdacht – öffneten ihm die Pforten, die reale Außenwelt rückte in den Hintergrund. Bald erwachte die Vergangenheit zum Leben – wenn auch eine falsche, lediglich im Film existente: Eben noch im Büro, fand sich der ›Sheriff‹ im nächsten Augenblick auf einem Schlachtfeld wieder, nur war er hier kein Sheriff, war ja noch nicht mal missioniert. Weite, saftige Wiesen, umgeben von dichtem Nadelgehölz und übersät von akiremanischen Indigenen, genauer gesagt von Indigenen des nördlichen Akiremas, die entweder in Kämpfe auf Leben und Tod verwickelt waren oder bereits niedergestreckt im Gras ihren heidnischen Göttern ins Antlitz blickten. Auch hier bot sich ein reißerisch verklärtes Bild durch ›bleiche‹ Linsen, fernab jeglicher Relevanz. Als gecasteter Häuptling eines angeschlagenen, hoffnungslos unterlegenen Stamms sah sich Arimarauf der tragischen Verliererseite stehen. Mitten im Getümmel hielt ihm sein getreuer Freund, ein graubärtiger, europäischer Fallensteller namens Karl, den Rücken frei – und gleichzeitig den Produzenten, die befürchteten, dass sich ihr Publikum mit Arimar allein nicht würde identifizieren können – ›Immerhin gab’s da schon mal einen Karl, der sich auf den Umgang mit Barbaren verstand!‹ Während unzählige Krieger karikaturistisch mit Pfeil und Bogen, Tomahawk und Messer kämpften, war Karl als einziger Schütze mit einer Schrottflinte bewaffnet, einer alten Winchester, mit der er keine Sekunde von Arimars Seite wich. Aufgrund seiner korpulenten Statur in den ungepflegten Trapperlumpen, seiner weißgrauen Behaarung, die unmittelbar in eine angewachsene Fellmütze überzugehen schien, wurde er von Arimars Familie liebevoll ›Graubär‹ genannt. Nach letzten verzweifelten Angriffsversuchen ordnete Häuptling Arimar den Rückzug über eine höher gelegene Lichtung an. Gemeinsam mit Karl bildete er die Speerspitze, die sich verteidigend vor die eigenen, teils stark angeschlagenen Reihen stellte. Von gegenüberliegender Seite näherte sich Arimars Erzfeind, Häuptling Black Chief vom furchteinflößenden Stamm der schwarzen Nebelbisons – oder auch Schwarznebelschleier –, jenen Unheilsbringern, denen nachgesagt wurde, dass sie mit Nekromantie im Bunde stünden. Tatsächlich waren sie die filmischen Dämonen ganz anderer Eindringlinge, die Abgründe eines ganz und gar parasitären Denkens. Pechschwarze Kriegsbemalung auf pechschwarz gefärbter Kriegsbekleidung, die ihre Opfer bereits aus der Ferne das Fürchten lehrte. Mediale Ureinwohner der Unterhaltungsindustrie, gekommen, das Unfassbare, Unaussprechliche, Unbegreifliche über die Jahrhunderte hinweg zu relativieren. Als ein undurchdringlich dichter, stets geschlossen auftretender Schwarznebelschleier durchstreiften sie die Wälder und begruben jeden unter sich, der sich ihnen in den Weg stellte, sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielt. Keine Siedlung wurde von den Nebelbisons verschont. Der Tod ritt immer mit, immer auf ihrer Seite. Soldaten hatten sich ihnen zum Kampf gestellt, ohne dass auch nur eine Seele aus diesen Zusammentreffen zurückgekehrt wäre, um davon Bericht abzulegen. Viele blieben spurlos verschwunden, wievom Erdboden verschluckt. Die Mütter wussten dahingehend umso ausführlichere Schauermärchen über die Bisonreiter zu erzählen, eine abschreckender und beunruhigender als die vorhergehende. So warnten sie die Kinder davor, sich zu weit von der Gruppe zu entfernen, allein zu tief in den Wald zu laufen, ermahnten sie, unverzüglich um ihr Leben zu rennen, sollte sich ihnen ein schwarzer Reiter nähern. Eines Tages hatte es die Schwarznebelschleier in Arimars Territorium verschlagen und es kam, wie es kommen musste – eiskalt erwischt, die eigene Familie! Mir ist, als steckte der Pfeil noch immer tief in meiner Brust! Keiner war auf eine Konfrontation mit den Todesboten vorbereitet oder ihnen auch nur annähernd im Kampf gewachsen. Geliebte Schwestern und Brüder, warum nur dieser frühe Abschied? Euer magisches Licht, so sinnlos aus dieser Realität geblasen! Grausam zerstört, was man nicht zerstören darf! Was man nie, nie, nie zerstören darf! Jung und alt ließen ihr Leben, ganz gleich, wie viele oder wie wenige Jahre sie zählten, ab in den unterhaltsamen Filmtod, hübsch grausam und unbedeutend, bei Popcorn und Cola. Am moosbegrünten Rand der Tannen stand Arimars größter Albtraum, der hünenhafte Black Chief, geduldig lauernd. Zum Greifen nah, der gewaltige Bisonschädel, der den Anschein einer Körpergröße von weit über drei Metern erweckte – als stünde ihm kein Mensch, sondern wahrhaftig ein Dämon gegenüber. Alle Oberflächen fraßen das Licht – schwarz auf schwarz – und ließen kaum Konturen im Gegenlicht der Sonne erkennen. Einzig und allein die weißglühenden Augen und Zähne stachen aus der pechschwarzen Kriegsbemalung hervor und forderten Arimar – mit einem provozierenden Grinsen – zum Kampf heraus. An der Seite des Chiefs kauerte der schneeweiße AKINFACE OHRM, ein europäischer Filmschamane, der die Gabe besaß, in allen Menschen ihre entsprechenden Tierpersönlichkeiten zu erblicken, wenn er ihnen nur lange genug ins verängstigt gepeinigte Antlitz starrte. Dabei hielt sich OHRM stets vom Kampf fern. Wie ein teilnahmsloser Beobachter blieb er außen vor und schob einzelne Perlen von einem Ende seiner Kette zum gegenüberliegenden. Kaum jemand wagte es, die Hand gegen den schneeweißen Tod zu erheben – und die wenigen, die es doch versuchten, sollten keine Gelegenheit bekommen, sich ihm bis auf Reichweite zu nähern. Arimars Wut über das sinnlose Verbrechen überstieg seine Furcht, vernebelte seinen Verstand. Ohne einen Augenblick des Zögerns stürmte er auf den todbringenden Zottelfellriesen zu. Mit dem Tomahawk in der Hand holte er aus, doch der Hüne wich gelassen einen Schritt zur Seite, wieder und wieder, als wüsste er stets im Voraus, wohin sein nächster Schlag zielte. Karl fasste OHRM mit seiner alten Winchester ins Auge, doch ehe er sich’s versah, machte ihm ein teergeschwärzter Pfeil einen Strich durch die Rechnung. Ein weiterer Pfeil bohrte sich in seinen Rücken, noch einer quer durch die Wange. Mit weit aufgerissenen, ebenso überrascht wie schockiert starrenden Augen ging der Graubär zu Boden. Das saftige Moos fing ihn auf. Angesichts seiner Körpermasse fühlte sich der Waldboden unwirklich gepolstert, geradezu widerlich weich an, im Kontrast zu dem harten Holz zwischen seinen Zähnen – als wäre der Wald ein lebendiges, atmendes Wesen. Arimars Aufmerksamkeit wanderte zu seinem Freund, der angeschlagen im Moos lag – der Bruchteil einer Sekunde, der dazu führte, dass sein Gegenüber zum fatalen Gegenschlag ausholte. Arimar wusste nicht, wie ihm geschah, als er die Härte der Axt zwischen seinen Rippen ertastete. Ohne es zu begreifen, fiel er auf die Knie, versackte gleichsam im weichen Moos – und der Körper verweigerte jeglichen Befehl. Seine größte Sorge galt jedoch weniger den eigenen, bedenklich schwerwiegenden Verletzungen als vielmehr den geliebten Hinterbliebenen, den wenigen, für die noch eine Hoffnung zur Flucht bestand. Als die schwarzen Todesboten tiefer in den Wald und somit in Richtung seines Heimatdorfes vorrückten, kehrte allmählich Ruhe auf der Lichtung ein. Hier gab es nichts mehr zu holen, keine Leben mehr auszulöschen. Alles, was jetzt noch atmete, war zerbrochen, irreparabel beschädigt. Grässlich hohe Schreie verhallten in der Ferne, irgendwo hinter den Bäumen. Dann wurde es still im Wald, gespenstisch still. Kein Vogel sang, kein Blatt raschelte, kein Windhauch säuselte durchs Geäst. Nur dieser unbestimmte Brummton im Ohr, in der Erde, über der ganzen Welt. Arimar blickte zu Karl, der ihn zitternd, mit weit hervorstehenden Augen anstarrte. Großes Bedauern lag in diesem Blick, das Schuldeingeständnis, den besten Freund und alle, die ihre Hoffnung auf ihn gesetzt, bitter enttäuscht zu haben. Unverhofft tauchte eine einzelne, allein umherirrende Fremde – der schlammbedeckte Schatten einer Frau – hinter einem umgestürzten Baum auf. Auf leisen Sohlen beugte sich die Unheimliche über Karl, nahm seinen Kopf auf ihren Schoß und streichelte ihm durch sein zerzaustes Haar. Karls Schüttelfrost legte sich unter ihrer Hand und er schloss die Augen. Diesem Bild des alten Freundes, der friedlich in ihren Armen einschlief, wohnte etwas Erhabenes inne, als hätte ihm die geheimnisvolle Fremde einen giftigen Stachel gezogen, ihm mit ihrer bloßen Berührung jeglichen Schmerz genommen. Behutsam legte sie Karls Kopf auf ein weiches Bett aus Moos, ergriff ihren Bogen und sprang drahtig gewandt in eine kauernde Angriffshaltung. Barfüßig – dabei absolut geräuschlos – wandelte sie dem sterbenden Häuptling entgegen, mit bedrohlicher Miene, Pfeil und Bogen unermüdlich gespannt. Unschlüssig darüber, ob es seinem todesnahen Delirium zuzuschreiben war, meinte der Häuptling, ihre Pfeile im Schatten hell aufleuchten zu sehen, wie von funkelnden Blitzen durchzuckt. Dann kam die Erinnerung wieder und ein Schleier des Vergessens fiel von ihm ab: Er war dieser Fremden schon einmal begegnet – doch war sie Freund oder Feind? Die schwarzen Streifen unter ihren Augen verdeutlichten unmissverständlich, dass sie sich auf dem Kriegspfad befand. Ihr Name war Arimala und sie kam von weit hinter der Wachtraumschlucht – aus den unpassierbar schwarzen Bereichen des Schattenwalds. »Du müsstest inzwischen tot sein!«, bemerkte die Schattenwanderin nüchtern, als sie sich vor Arimar auf einem umgestürzten Baum ausstreckte, ihre bedrohlich bemalten Augen auf die klaffende Wunde in seiner Brust richtete. Auch der Häuptling wagte einen Blick auf die Verletzung. Ein Todesstoß zweifelsohne– kann man nicht überleben. Doch bis auf einen bleiernen Schmerz beim Einatmen – und ein leicht mulmiges Kribbeln darunter – schien alles unverändert – bin doch noch immer da! »Du hast vollkommen recht!«, stimmte er der Fremden zu und begann, entkräftet zu husten. »Eigentlich müsste ich längst tot sein!« »Dein erstes Mal?«, balancierte sie auf allen vieren über den umgestürzten Baum – wie eine Katze. Arimar begann sich über ihre wahren Beweggründe zu wundern. Gedanken kreisten um die Worte, die er kurz darauf über seine Lippen brachte: »Das erste Mal!« Die Worte dumpf und unwirklich, erschaudernd in ihrer Absurdität, doch dahinter lauerte eine tiefe, unumstößliche Wahrheit: Ja, es ist wahr!So fühlt es sich also an, als wäre ich versehentlich auf eine Schlange in den hohen Gräsern getreten. Nicht schön, doch der Schreck lässt mit der Erkenntnis nach. Schon damals besaß er eine tiefe Verbindung zum Wald und den darin verborgenen Energien. Auch das Geheimnis seines nunmehr einhundertachtzig Jahre währenden Lebens lag darin begründet. Sie brauchen mich, um die Geschichte voranzutreiben. Doch ich bin nicht echt, bloß das Produkt ihrer Phantasie. Geist erschafft Materie! »Du fühlst dich verwirrt!«, sprach die Schattenwanderin mit beruhigendem Timbre. »Versuch deinen Blick auf das Wesentliche zu konzentrieren! Erinnere dich daran, wie wir uns das erste Mal begegnet sind!« Der sterbende Häuptling blickte ihr tief in die Augen. Obwohl sie nichts mit seiner Heimat verband, teilte sie doch dasselbe Geheimnis – wir werden noch gebraucht! – Und obwohl sich ihre Pfade in über einhundertachtzig Jahren nur sehr selten kreuzen sollten, einte sie ein tiefes mystisches Band, eine Entität, die hinter ihrem Schattendasein steckte. Mochten auch Tausende und Abertausende Kilometer zwischen ihnen liegen, so spürte der eine doch stets die Präsenz des anderen, spürte den inneren Kompass, der ihn unaufhörlich antrieb, einem unbekannten Ziel entgegenzustreben. Ihren Worten Folge leistend, schloss Arimar die Augen, horchte tief in sich hinein. Lose Momentaufnahmen verdichteten sich zu einer Abfolge und ließen ihn weiter in der Zeit zurückreisen.
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Vor nunmehr einhundertsiebenundzwanzig Jahren – sieben Jahre vor seiner tödlichen Verletzung – machte Arimar eine folgenschwere Entdeckung, die sein weiteres Leben für immer verändern sollte – und die doch bis zu seinem Tod im Unterbewusstsein verborgen blieb. Es war ein Morgen wie jeder andere. Die grauen Gewitterwolken hingen vielleicht ein wenig tiefer über den Baumkronen,aber dem maß der Häuptling keine große Bewandtnis bei. Die anderen Familienmitglieder waren ihm bereits weit vorausgeeilt, als er eher beiläufig einen verborgenen Pfad auf seiner alltäglichen Route zur gräsernen Flur erspähte, einen niedrigen, durch dichtes Dornengeäst gebildeten Tunnel, der sich bislang gänzlich seiner Aufmerksamkeit entzogen hatte. Obwohl er den stacheligen Pfad aus Brombeerranken nicht kannte, unmöglich wissen konnte, was ihn im Innern erwartete, kroch er zielstrebig voran. Schon nach wenigen Schritten, die von seinem ursprünglichen Weg abwichen, vernahm er eine dunklePräsenz, die er sich nicht erklären konnte und die ihn immer tiefer ins Geäst lockte. So ließ er die entfernten Rufe seiner Familie außer Acht und begab sich, wie unter Trance, in unbekanntes Terrain. An einer ersten Gabelung, die den ohnehin recht beengten Pfad in zwei noch engere Dornentunnel unnatürlich gewachsener Brombeerranken untergliederte, huschte sie wie ein Gespenst an ihm vorüber – war’s Täuschung, Schlafmangel? – und er hatte sofort begriffen, dass sie es war, die dunkle Präsenz, die ihn anlockte. Hinter einer weiteren Gabelung aus stacheligen Verwucherungen wurde der Raum unverhofft großflächig, über ihm erstreckte sich ein Kuppeldach aus scharfzähnigen Ranken. Er richtete sich auf, hob den Blick zur geheimnisvollen Fremden. Unbesonnen war er ihr zu dieser sonderbaren Behausung gefolgt, einem aus Ästen gebauten Großzelt unter einer Dornenkuppel. Dahinter lag ein Dachsbau, der unter den Wurzeln einer krakenartigen Esche in die Tiefe hinabführte. Die Krakenesche selbst ragte bis an die Decke der Dornenkuppel, vielmehr schienen ihre Verästelungen unmittelbar in die Brombeerranken überzugehen – als wäre das gesamte undurchdringliche Areal, mit all seinen labyrinthischen Gängen und Verzweigungen, letztlich diesem einen Baum in seiner Mitte entsprungen. – Nein, dies ist keine Anlage, die von Menschen erbaut wurde! Ich befinde mich nach wie vor in meinen vertrauten Wäldern und doch fühlt sich dieser Ort an, als hätte ich soeben eine andere Welt betreten. Arimar wusste nicht, welche Bewandtnis hinter dem Bau steckte, doch er spürte, dass etwas Widernatürliches vor sich ging. Eine plötzliche Kälte überkam ihn und ehe er sich’s versah, fehlte von der geheimnisvollen Fremden jede Spur. Arimala hatte sich vor seinen Augen in grauen Rauch aufgelöst, etwas Vergleichbares hatte er nie zuvor erblickt – dabei waren ihm schon so manche Naturphänomene untergekommen, die ihm hinterher niemand glauben wollte, der nicht selbst als Zeuge zugegen war. Verunsichert starrte er auf den schweren, tief über der Erde liegenden Nebel, der wie ein träges Lebewesen an ihm vorüberzog und gemächlich im Dornengewirr entschwand. »Dies ist die älteste Behausung der Erde und du bist einer der wenigen, denen das Privileg zuteilwird, sie mit eigenen Augen zu sehen!«, drang eine kribbelnd vibrierende Stimme an ihn heran, derart nah und direkt, dass sie ihn aufgescheucht herumwirbeln ließ. Anstelle der Schattenwanderin standen ihm nunmehr, wie aus dem Nichts, drei seltsam gekleidete Gestalten gegenüber, eine exklusive Versammlung, der er unfreiwillig beiwohnte, bestehend aus einem gekrümmten Großmütterchen, die ihre Augen stets unter schlammiggrauem Haar verbarg, einem übergroßen, korpulent gebauten Mann, der ihn an seinen Freund Karl erinnerte, das Gesicht hinter absonderlich weißer und roter Kriegsbemalung versteckt. Und dann war da noch dieser Mann, diese gelben Schlangenaugen, die hinter einem schwarzen Mantelkragen hervorblitzten, einen ungewöhnlich hohen Hut wie einen Schornstein auf dem Kopf. »Du wirst sie hierher führen!«, durchbrach der Gelbäugige mit einer leichten Verbeugung das Eis und trat unmerklich näher an ihn heran, lächelte, ohne dass sich die Freude auf seinen Gegenüber übertrug. Seine spitzen Zähne versetzten Arimar in erhöhte Alarmbereitschaft. Er behielt den gewandten Sonderling genau im Auge, während dieser, in zunehmend engeren Kreisen, um ihn herumscharwenzelte. »In einhundertsiebenundzwanzig Jahren!« »Hab keine Sorge, mein lieber Junge, sie wird gut auf dich achtgeben!« Das krächzende Großmütterchen im toten Winkel übersehen, wurde er sich ihrer Nähe umso schreckhafter gewahr, als sie unvermittelt an seinem Ohr klebte. »Wirst sie leicht erkennen, weil sie nicht in diese Welt gehört, weil sie anders aussieht als alle anderen!« Der beschmierte Riese stand nur rum, stumm rum, unbeweglich, teilnahmslos, was Arimar nur umso mehr verunsicherte. »Die Jahrhunderte werden dir fortan nichts mehr anhaben können«, fügte der Gelbäugige zu seiner Rechten hinzu. »Du wirst sie einfach durchwandern, als Schatten, als Geist, der unter den Menschen wandelt, bis sie in diese Welt geboren wird.« »Wir haben sie in der Dunkelheit über sich hinauswachsen lassen. Uns hat sie gehasst, was gut war, denn wir haben eine Funktion erfüllt, doch dich, mein lieber Junge, dich wird sie lieben, und das …« – Großmütterchen lachte krächzend auf – »ja, das ist eine wesentlich heiklere Angelegenheit!« »Du wirst sie hierher führen, zur ältesten Behausung der Erde, in genau einhundertsiebenundzwanzig Jahren!« »Bist doch so ein lieber, guter Junge, hilfst ihr rausfinden, was mit ihrer verschwundenen Mutti passiert ist!« »Da unten!«, verwies der Gelbäugige auf den übergroßen Dachsbau, auf ein abgrundtiefes Loch unterm Baum. »Wir können dort nicht hin! Und du darfst mit niemandem darüber sprechen!« »Darfst keine anderen Seelen hierher führen!« Die gelben Augen, die aus den Schatten wie Nachtlichter auffunkelten, übten eine geradezu hypnotische Wirkung auf den Häuptling aus. Mit ausgestreckter Hand vorm Mund pustete der Magier ein staubig glitzerndes Pulver in Arimars Richtung, woraufhin sich die Dornenkuppel um ihn herum zu drehen, gespenstisch zu entwirren begann. … »Wir haben wieder einen!«, wirkte eine dumpfe Stimme von außen auf den ›Sheriff‹ ein – Egon?Nicht, bleib weg von hier! – und die wild wuchernden Ranken begannen sich erneut untereinander zu verknoteten. Und dann – Peng! – Klinke in der Hand, mit dem Kopp durch die Wand – befand sich Arimar wieder im Büro des ›Sheriff’s Departments‹, wieder im Hier und Jetzt. Der Blick wanderte benommen durch den Raum, über die Karte hinweg auf das einzelne blaue Fähnchen, das in eben jenem Territorium seiner einstigen Heimat steckte, wo er den Gauklern vor all diesen Jahren begegnet war, wo sich ›die älteste Behausung der Welt‹ noch immervor den Augen der Welt verborgen hielt. »Wir haben wieder einen!«, wiederholte Hilfssheriff Egon mit Nachdruck. Aufbruchsbereit stand er an der aufgerissenen Tür zum Büro – Klinke in der Hand, mit dem Kopp durch die Wand – »Schätze, wir brauchen bald mehr blaue Fähnchen!«, und buhlte mit jungenhaftem Schalk in den Augen um die Gunst seines Vorgesetzten. »Okay, dann fahr schon mal den Wagen vor!«, sah der Sheriff zu Egon auf, der ihm enthusiastisch den Daumen hochhielt und daraufhin schnurstracks das Büro verließ. Arimar ging zum Waffenschrank. Auch wenn er seine Dienstwaffe in der Vergangenheit nie auf einen Menschen hatte abfeuern müssen, gingen die Einsätze, in denen er sie mit sich führte, doch immer häufiger bösartig aus – als läge eine negative Energie in der Luft, die stets den schlimmsten Fall heraufbeschwor. Eine Schreckensnachricht jagte die nächste – und alles erscheint mir plötzlich so unwirklich! Als wäre mein Leben, das alles hier, nichts weiter als eine ausgedachte Fernsehserie! Nach kurzem Zögern schnappte er sich den Revolver und verschloss den Waffenschrank, blieb kurz an der Tür stehen, kehrte wieder um, schloss den Schrank auf und legte den Revolver zurück. »Was mach ich hier bloß!«, fing er an, sich über sich selbst zu wundern. »Das ist doch Wahnsinn!« … Die Scheinwerfer des Polizeijeeps – neunzehnhundertachtundachtziger Ford Bronco XLT – leuchteten den Weg durch die Nacht. Vor ihnen lag eine gespenstisch leergefegte Landstraße. Der weiße Mittelstreifen schlängelte sich über den schwarzen Asphalt. Links und rechts wucherte dichtes Nadelgehölz bis an den Fahrbahnrand. »Wir hätten doch außenrum fahren sollen!«, krallte sich Hilfssheriff Egon nervös am Lenkrad fest. Sheriff Arimar saß auf dem Beifahrersitz, die Karte auf dem Schoß, die Funkstrecke in der Hand. »Weißt doch, was hier neuerdings nachts los ist, gerade in diesem Abschnitt!«, grinste Egon verschwörerisch, obgleich es nichts zu grinsen gab. In seiner Euphorie zog er das Tempo rasant an, ohne es selbst zu bemerken. »Hast sie doch gehört, all die Zeugenaussagen! Können doch nicht alle kollektiv spinnen!« Den Fuß vom Gas, ging er viel zu schnell in die Kurve, bekam diese nur um Haaresbreite, vorbei an einem gelben Warnschild mit einer schwarzen Figur darauf, deren Schultern und Kopf weit übers Schild hinausragten – ›ACHTUNG! RIESENGEFAHR!‹ Weiter unten lichtete sich der Wald, die Scheinwerfer huschten über das Ortseingangsschild, auf dem in großen Lettern der Name
›WIKINGBERG‹
kurzzeitig hell aufleuchtete, gleichsam als Titel der Serie fungierte, gefolgt von einem frei in der Luft schwebenden Warnhinweis: