Kliefken - eine Kurzgeschichte - Ralf Leussler - E-Book

Kliefken - eine Kurzgeschichte E-Book

Ralf Leussler

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Beschreibung

Nach Jahren ungestümer Brutalität sucht Kliefken in einem abgelegenen Ort Zuflucht vor seiner Vergangenheit. Von starken Kopfschmerzen geplagt driftet er immer mehr in einen Zustand heftiger Gemütswallungen ab. Als drei Frauen tot aufgefunden werden, zieht die abartige Weise, in der sie nach ihrem Tod hergerichtet wurden, das Interesse der Medien auf sich und droht, Kliefkens Vergangenheit zu enthüllen.

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Veröffentlichungsjahr: 2013

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Ralf Leussler

Kliefken - eine Kurzgeschichte

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Kliefken

Kliefken

eine Kurzgeschichte

 

 

Thomas Kliefken saß in einer der hintersten Reihen des gut gefüllten Gemeinschaftshauses, in welchem nahezu alle Einwohner des Dorfes versammelt waren, um einer Pressekonferenz beizuwohnen. Ungewöhnliche Ereignisse rechtfertigten den enormen Aufwand, der den Bürgermeister empfinden ließ, was sonst nur Popikonen auf der Schwelle zum Ruhm vorbehalten war, auch wenn der Anlass dazu kaum erschreckender sein konnte. Die Vertreter verschiedener TV-Sender und Printmedien waren, kurz nachdem die horrorhaften Vorfälle publik wurden, wie eine Plage in das unbekannte Nest eingefallen, das zwischen Bergen und Wäldern nicht einmal die Beachtung der Discountgiganten auf sich zog. Milch holte man hier von einem der Bauernhöfe und über dem Laden, der gleichzeitig Post und Optiker war, hing ein altes Schild mit der stolzen Aufschrift: Kolonialwaren.

Nun standen auf den Straßen und Gassen Übertragungswagen Stoßstange an Stoßstange. Weggeworfener Müll häufte sich in atemberaubend kurzer Zeit überall dort, wo sich Fernsehleute und Reporter breit machten. Die Rücksichtslosigkeit, mit der sie Parkplätze, Zufahrten und privates Gelände belagerten, um auf der Jagd nach einer Sensationsgeschichte die Einschaltquoten und Auflagen in die Höhe zu treiben, sprach Bände über menschliches Verhalten. Nicht besser waren einige findige Bürger, die gegen horrende Beträge Unterkünfte vermieteten, da es kein einziges Hotel im näheren Umkreis gab.

Zu Kliefkens linker Seite saß eine kleine, ältere Frau, deren weißes, fönfrisiertes Haar einen leichten Blaustich aufwies. Das Halstuch mit einer großen Brosche zusammengehalten und die obligatorische Handtasche auf den Knien, lutschte sie erbarmungslos an einem Bonbon, das ununterbrochen von der Zunge in ihrem Mund herumgeflippert wurde. Das Versagen ihrer Haftcreme steuerte zu der Geräuschvielfalt bei, indem es die saugenden, schmatzenden Laute durch das Klappern ihres Gebisses potenzierte.

Kliefken, leicht vorgebeugt und sich bei geschlossenen Augen die Stirn haltend, konnte seine Aufmerksamkeit schwer in eine andere Richtung lenken. Die Geräusche kratzten in ungewöhnlicher Weise an seinen Nerven. Der Gedanke, ihr die Hände um den faltigen Hals zu legen, um seiner Qual ein Ende zu bereiten, beruhigte ihn nicht, sondern stimmte ihn nur übellauniger. Gerade kam ihm die Geduld abhanden - er richtete sich in einer ruckartigen, aggressiven Weise auf -, als er von der anderen Seite angestoßen wurde. Die grünen Augen des Gärtners blitzten ihn vergnügt an. Eugen war Kliefkens Pendant. Schwarze Haare, lebenslustige Gesichtszüge, von drahtiger Gestalt, Schwarm der Teenies, Augenfang sämtlicher Hausfrauen, im Ort akzeptiert und respektiert von jedermann.

Eugen war der einzige Mensch, mit dem Kliefken ein ansatzweise freundschaftliches Verhältnis pflegte, seit er vor knapp einem Jahr hier abgetaucht war. Ab und zu tranken sie zusammen, spielten Billard im Nachbarort oder Schach im Wintergarten.

Sich nach Möglichkeit selten in der Öffentlichkeit sehen zu lassen, war Teil der Vorsichtsmaßnahmen, die Kliefken traf, um seiner Vergangenheit und den Leuten, die ihm Rache geschworen hatten, zu entfliehen. Wenn er für ein paar Tage fort musste – was immer sehr spontan und unter geheimnisvollen Umständen geschah -, war Eugen der Einzige, dem er die Aufsicht über seine Schäferhündin anvertrauen konnte. Von niemandem sonst hätte sich das Tier füttern lassen.