Kloburger Leopoldimorde - Barbara Lechner-Chileshe - E-Book

Kloburger Leopoldimorde E-Book

Barbara Lechner-Chileshe

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Beschreibung

Der etwas schrullige Kommissar Wallner von der Mordkommission des LKA St.Pölten wird nach Klosterneuburg gerufen. Ein Politiker wurde auf der Pionierinsel an der Donau ermordet. Und das ausgerechnet zur Leopoldizeit! Ein weiterer Toter und eine Dame im Koma folgen... Wer ist der Giftmischer, der hier zu Leopoldi sein Unwesen treibt und Tollkirschen verteilt?

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Seitenzahl: 127

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Kloburger Leopoldimorde - Wallner ermittelt

Titel Seite

Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind komplett frei erfunden, daher wären Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen zufällig und unbeabsichtigt. Viele der Schauplätze und Lokale gibt es allerdings wirklich und sind als Institutionen in Klosterneuburg nicht wegzudenken, weswegen sie natürlich auch in diesem Kriminalroman Verwendung fanden.

1.

Wallner war noch unter der Dusche, als sein Handy lautstark die Titelmusik von „Mission Impossible“ von sich gab. Es war ein Einfall seiner Enkelin gewesen, diesen nervigen Klingelton auf sein Mobiltelefon zu laden und Wallner, der froh war, zumindest zu wissen, wie man mit dem neumodigen Ding, das ihm sein Schwiegersohn angedreht hatte, Gespräche führen zu können, hatte keine Ahnung, wie er das rückgängig machen konnte. Petra war ja außerdem auch sehr stolz darauf gewesen, gerade diesen Klingelton zu finden, denn mit ihren zehn Jahren bewunderte sie ihren Opa sehr und stellte sich seinen Beruf genauso spannend vor, wie er in amerikanischen Agenten- und Actionfilmen beschrieben wurde. Wallner war Kommissar im Landeskriminalamt Niederösterreich in St. Pölten und seit jeher Leiter der Mordkommission. Selbst Tatort- und Ermittlerteams in anderen Bundesländern schätzten seine Meinung und riefen ihn gerne zu Hilfe, wenn sie nicht weiterkamen. Wenngleich er in seiner langen Berufszeit bereits einige kuriose und interessante Fälle gelöst und vieles erlebt hatte, wäre vermutlich nichts davon spannend genug gewesen, um es in Hollywood zu vermarkten.

„Fixlaudon!“ Laut fluchend stellte Wallner das Wasser ab und stampfte pitschnass in die Küche, wo er das noch immer klingelnde Handy neben der Kaffeemaschine abgelegt hatte, in der der Filterkaffee tropfte. Selbst in punkto Kaffeemaschine weigerte sich der Kriminalbeamte strikt, ein neueres Modell anzuschaffen, denn es wäre ihm zu mühsam, seine Morgenroutine zu ändern und wieder ein Stück neue Technik erlernen zu müssen.

„Wallner!“, donnerte er ins Telefon, ohne vorher nachzusehen, ob er die Nummer kannte.

„Herr Wallner? Kapsdorfer hier“, antwortete eine ungewöhnlich piepsende Männerstimme. Unvergleichlich die Stimme des Landespolizeidirektors persönlich! Dann musste es wichtig sein! „Ich wollte Sie noch erreichen, bevor Sie ins Büro fahren. Wir brauchen Sie in einem Außeneinsatz. Es gibt einen Toten in Klosterneuburg“, erklärte Kapsdorfer. „Die Kollegen der Klosterneuburger Polizeiinspektion erwarten Sie bereits.“

„Wer ist tot?“, wollte Wallner wissen.

„Die Leiche wurde irgendwo an der Donau gefunden. Ansonsten hab ich auch noch nicht viele Infos. Herr Hauser, der Gerichtsmediziner, und die Kommissare Salzbacher, Grundig und Kollner müssten als Tatort-Team eigentlich bereits vor Ort in Klosterneuburg sein. Nicht nur ist der Tote ein stadtbekannter Politiker, sondern in Klosterneuburg fängt außerdem heute das jährliche Leopoldifest an, das tausende Besucher in die Stadt lockt. So machen sich dort natürlich jetzt alle Sorgen. A heikle Gschicht! Absolute Diskretion ist angesagt! Keine unüberlegten Kommentare gegenüber der Presse. Ist das klar?“, mahnte Kapsdorfer.

„Klar“, anwortete Wallner. „Ich hau mich gleich über die Häuser.“

„Moment noch, Herr Wallner! Nehmen Sie den Kommissar Blosch mit. Der ist schon am Weg zu Ihnen.“ „Muss das sein?“, fragte Wallner. Der junge Kollege Blosch war zwar sehr motiviert und übereifrig, aber auch richtig anstrengend, denn er hielt so gut wie nie den Schnabel, was dem selbst eher wortkargen Wallner ein Greuel war.

„Ja, es muss sein, nehmen Sie ihn unter Ihre Fittiche! Der Bub soll endlich Erfahrungen sammeln.“

„Na gut, dann machen wir uns eben zusammen auf den Weg“, resignierte Wallner seufzend.

Immer noch nass stampfte der Kommissar ins Schlafzimmer. Er beschloss einige Sachen einzupacken, denn so ein Mordfall konnte nicht in einem Tag gelöst werden und er hatte keine Lust, mehrere Tage lange zwischen Klosterneuburg und St. Pölten hin und her zu pendeln. Er verließ St. Pölten und die direkte Umgebung in letzter Zeit so gut wie nie. Außer, wenn es sein Beruf unbedingt verlangte. Meist war das zum Glück nicht der Fall, da die Außenstellen der Mordkommission, wie zum Beispiel die in Mödling, ja auch noch da waren und es meist reichte, denen notfalls telefonisch beratend zur Seite zu stehen. In Klosterneuburg war er allerdings regelmäßig, da sein alter Schufreund Wolfgang dort wohnte, zu dem der Kontakt nie abgebrochen war. Wolle war auch sein Treuzeuge gewesen. Er selbst war ein eingefleischter Junggeselle und unterrichtete Biologie und Informatik am Gymnasium in Klosterneuburg. Etwa einmal im Monat besuchte Wallner Wolfgang übers Wochenende, ohne seine Frau Irmi natürlich, denn die würde es nicht zu schätzen wissen, wenn sie wüsste, dass ihre Sauftouren durch die Klosterneuburger Gastronomiebetriebe meist erst blattlwach mit dem morgendlichen Frühschoppen endeten.

Fluchend durchsuchte Wallner das Schlafzimmer. Er hatte keinen Schimmer, wo seine etwa dreißig Jahre alte Lederreisetasche war, die er gerne für Dienstreisen verwendete. Ausgerechnet gestern war Irmgard mit ihrer besten Freundin Ursula in die Steiermark in die Therme Loipersdorf gefahren. Irmi hatte diesen Entspannungsurlaub für zwei Personen bei einem Kreuzworträtselwettbewerb in einer Frauenzeitschrift gewonnen und wollte eigentlich ihren Mann überreden mitzukommen. Doch keine zehn Pferde könnten Wallner dazu bewegen in eine Therme zu fahren! Eine ganze Woche lange im brunzwarmen Wasser zu weiken, mit Leuten seines Alters mit Hängebusen und runzligen Hintern nackt in der Sauna zu sitzen und sich vielleicht auch noch von Masseuren angrapschen zu lassen... Nein! Da konnte er sich echt Besseres vorstellen! So gesehen kam ihm der Auftrag in Klosterneuburg gerade recht. So musste er nicht selbst kochen und Irmi konnte sich nicht beschweren, wenn er die ganze Woche kein Geschirr wusch oder seine Wäsche überall liegen ließ. Blieb aber immer noch das Problem mit der verschwunden Reisetasche. Wallner versuchte seine Frau anzurufen, doch ihr Handy war wie immer ausgeschaltet. Eigentlich schleppte sie das rosa Glitzerding, das ausgemusterte Handy ihrer Tochter Paula, sowieso völlig umsonst in der Handtasche herum. Nachdem sie es nie einschaltete, lud sie es auch nie auf. So war der Akku immer leer. Selbst gestern abend hatte sie ihren Mann nach ihrer Ankunft in Loipersdorf vom Zimmertelefon des Hotels aus angerufen, obwohl es vom Mobiltelefon aus gratis gewesen wäre.

Seufzend zog sich Wallner an und nahm kurzentschlossen ein großes Hofersackerl, in das er zunächst aus dem Allibert im Badezimmer seine Bartwichse, seine Zahnbürste und seine Zahnpasta einpackte und dann noch ein paar Hemden, zwei Unterleiberln, zwei Hosen, einige Socken, Unterhosen und ein paar seiner geliebten Stofftaschentücher hineinstopfte.

Wallners Kleidungsstil war einfach. Er hatte nur schwarze Socken, so passten immer alle zusammen. Wenn Irmi ihn einmal pro Jahr zwang, zum Einkaufen mitzukommen und er eine Hose fand, die passte und die er mochte, so kauften sie gleich mehrere davon ein. Seine bevorzugten Farben waren dunkelblau, schwarz braun und grau. Da sah man wenigstens keine Flecken. Seine weißen Rippunterhosen und -leiberln kaufte seine Frau meist im Supersparpack, wenn sie gerade irgendwo in Aktion waren. Nur bei den Überhemden hatte er eine etwas größere Auswahl, denn die kaufte Irmi auch gerne ein, wenn er nicht dabei war, um sie anzuprobieren.

Im Wohnzimmer schnappte sich Wallner noch sein Handyladekabel, bevor er seine Jacke überzog und Schlüssel, Geldbörse und seine dunkelbraunen Lederhandschuhe in die Jackentaschen stopfte und die dazupassende Lederkappe aufsetzte. Das Set war ein Geschenk von Paula gewesen. Für November war es zwar eigentlich noch nicht so kalt, doch seit Wochen regnete es ständig in Strömen und Wallner konnte es nicht leiden, wenn seine Glatze nass wurde. Schon mit vierzehn Jahren hatte Wallner seine ersten Kopfhaare verloren. Irgendwann hatte er einfach angefangen sie ganz abzurasieren, denn eine Frisur war nicht mehr möglich und ein Toupet kam für ihn sowieso nicht in Frage. Dafür war er umso stolzer auf seinen üppigen Schnauzer, den er hegte und pflegte und stets zwirbelte. Für seinen Schnurrbart hatte er mehr Pflegeprodukte zuhause als für den Rest seines Körpers und mindestens einmal in der Woche kramte er seinen eigenen Kosmetikspiegel hervor, um seine Gesichtsbehaarung mit einem speziellen Bartkamm zu kämmen, mit einer eigens angekauften Schere perfekt symmetrisch zu stutzen und mit Bartöl zu versorgen. Niemals ging er außer Haus, ohne vorher seine extraweiche bayerische Bartwichse aufzutragen, um für den Tag im wahrsten Sinne des Wortes in Form zu sein.

Gerade, als Wallner die Haustüre aufmachen wollte, klingelte es. Der junge Kommissar Blosch stand vor der Tür und fing sogleich zum Quasseln an: „Herr Wallner! Ist das nicht aufregend? Ein Politikermord. Ich freu mich, dass ich in meinen ersten Mordfall mit einem alten Hasen wie Ihnen zusammenarbeiten kann. Da kann ich sicher viel lernen! Wie fangen wir an? Fahren wir direkt zum Tatort?“

„Jetzt fahren wir erst einmal nach Klosterneuburg und dann werden wir sehen“, entgegnete Wallner etwas grantig. „Und, Blosch?“

„Ja, Herr Wallner?“

„In der Früh bin ich noch weniger gesprächig als sonst, also warne ich Sie lieber gleich...“

„Alles klar, Herr Wallner“, antwortete Blosch, während er eifrig wie ein Schulbub mit dem Kopf nickte.

Wallner stieg seufzend in seinen Volvo und warf sein Hofersackerl auf den Rücksitz.

2.

Nach etwas über einer Stunde Fahrt über die S33 und die S5, auf der Kommissar Blosch natürlich nicht still war, sondern Unmengen an Fragen stellte, erreichten sie Klosterneuburg. Wallner wusste, dass er dann auf der B14 vor dem berühmten Stift links abbiegen musste, um in den oberen Teil der Stadt zu gelangen, wo sich die Polizeiinspektion befand. Er stellte fest, dass die Obere Stadt zum größten Teil bereits abgesperrt war. Die Zufahrt zum Rathaus mit dem großen Platz davor war nicht möglich, denn genau dort fand der jährliche Leopoldimarkt statt. Mehrere Holzstandln wurden dort gerade entlang der Straße im Nieselregen aufgebaut. Aber Wallner wollte ohnehin nicht in die abgesperrte Gasse abbiegen, sondern fuhr geradeaus zur Polizei in der Franz- Rumpler-Straße, wo er seinen Volvo parkte.

„Wissen Sie, dass das Leopoldifest ursprünglich zu Ehren des Todestages des Markgrafen Leopold III abgehalten wurde? Der Leopoldimarkt ist praktisch ein Nachläufer der traditionellen Wallfahrt nach Klosterneuburg. Noch vor dreihundert Jahren pilgerte alles, was Rang und Namen hatte, am fünfzehnten November hierher, um im Kloster bewirtet zu werden und auch an das Volk wurden Lebensmittel und Silberpfennige ausgeteilt. Habe ich heute früh schon gegoogelt. Wollen Sie mehr wissen, Chef?“ Blosch grinste voll Eifer.

„Nein, eigentlich nicht“, antwortete Wallner knapp.

Während er die Stiegen zur Polizeiinspektion hinaufschnaufte meldete sich Wallners Magen mit einem lauten Knurren, da er auf sein Frühstück verzichtet hatte. War Irmi nicht im Haus, so war er in der Regel sogar zu faul sich einfach ein Brot zu schmieren.

„Geh, Blosch?“

„Ja, Chef?“

„Tun sie doch was Nützliches und laufen Sie schnell zum Billa um die Ecke und besorgen Sie uns ein paar Extrawurstsemmeln“, gab Wallner in Auftrag. „Aber beeilen Sie sich, weil ich möchte eigentlich so schnell wie möglich zum Leichenfundort aufbrechen.“

„Gerne, Chef. Mit Gurkerln? Die wenigsten Leute wissen das ja, aber Gurkerln sind eigentlich sehr gesund. Obwohl der Sud oft sehr salzig ist, liefern sie Vitamin C und......“

„Fixlaudon! Natürlich mit Gurkerln!“, unter brach Wallner die Ausschweifungen des jungen Kollegen. Der drehte sogleich um und lief die Stiegen wieder hinunter.

„Wie ein Hunderl, dem man einen Knochen geworfen hat“, dachte Wallner und musste tatsächlich grinsen, während er seinen Schnauzer zwirbelte.

Wallner betrat die Klosterneuburger Polizeiinspektion. Eine junge Polizistin schien ihn schon zu erwarten.

„Grüß Gott. Sind Sie Chefinspektor Wallner?“, fragte sie. „Der bin ich. Und Sie sind?“, antwortete er.

„Oh, Entschuldigung, mein Name ist Gruber, Heidrun Gruber“, stellte sich die junge Dame mit hochrotem Kopf vor. „Mir wurde aufgetragen, auf Sie zu warten, um Ihnen den Weg zu zeigen. Die meisten anderen sind mit Ihren Kollegen aus St. Pölten am Tatort“, erklärte sie. „Na dann sollten wir auch aufbrechen“, entgegnete Wallner. „Und unterwegs können Sie mir gleich erzählen, was Sie über den Toten wissen. Wir nehmen meinen Wagen“, bestimmte er.

Kurz nachdem sie beim Volvo angekommen waren, kam bereits Blosch angehechelt.

„Blosch, setzten Sie sich nach hinten und zücken sie Ihren Notizblock und einen Stift. Sie können gleich am Weg anfangen aufzuschreiben, was uns die Kollegin Gruber bereits berichten kann. Und nichts auslassen!“, kommandierte Wallner mampfend. Mit wenigen Bissen hatte er die erste Extrawurstsemmel mit extra vielen Gurkerln bereits verdrückt, bevor sie losgefahren waren. „Jawohl, Chef!“, antwortete Blosch, während er an einer Wienerwurstsemmel mümmelte.

„Ich erwarte von Ihnen, dass Sie für die Dauer unseres Einsatzes hier über alles Protokoll führen. Für Zeugenbefragungen müssen Sie natürlich extra Protokolle anfertigen und von den Befragten unterschreiben lassen“, befahl Wallner.

„So, Frau Kollegin Gruber“, fing Wallner an, während er den Volvo startete, nicht ohne vorher seinen Bart zu zwirbeln. „Jetzt erzählen Sie uns mal. Wer ist der Tote überhaupt?“

„Bei dem Opfer handelt es sich um einen stadtbekannten Politiker namens Anton Freiler. Er wurde heute Früh etwas abseits des Weges auf der Pionierinsel gefunden. Jeder wusste, dass Herr Freiler sehr sportlich war und jeden Tag in aller Herrgottsfrühe mit seinem Hund dort laufen ging“, erklärte Frau Gruber. „Freiler mit AI oder EI?“, mischte sich Blosch nun ein. „Und können Sie seine politische Stellung näher beschreiben?“

„Freiler mit EI, wie das Hühnerei“, antwortete die Polizistin. „Und Herr Freiler war Umweltstadtrat und außerdem Fraktionsobmann der Grünen. Gefunden wurde er von einem Spaziergänger, der ebenfalls mit seinem Hund unterwegs war. Er hat sofort den Notarzt verständigt, doch der konnte nur den Tod feststellen. Mehr weiß ich leider auch noch nicht, weil ich war ja auch noch nicht am Tatort“, fügte sie hinzu. „Mein Dienst hat ja erst um Acht begonnen.“

„Wie lange wohnen Sie schon in Klosterneuburg?“ fragte Wallner seine Kollegin.

„Mein ganzes Leben lang“, antwortete diese.

„Dann wissen Sie sicher sehr genau, was in der Stadt vorgeht“, stellte der Kommissar fest, während er durch die Unterführung von der Wiener Straße Richtung Gewerbegebiet fuhr.

„Ich denke schon“, antwortete die Polizistin, die sichtlich überrascht war, wie gut sich Wallner in Klosterneuburg auskannte, denn er schien genau zu wissen, wohin er fahren musste.

„Na dann sagen Sie mal, hatte der liebe Herr Freiler spezielle Feinde? Als Politiker doch bestimmt einige, oder?“

„Naja“, begann die Dame scheinbar zögerlich. „Freiler setzte sich gegen sämtliche geplante Bauprojekte ein, von denen in letzter Zeit sehr viele im Gespräch waren, da hat er sich sicher nicht nur Freunde gemacht. Ansonsten war er ein sehr umgänglicher Mensch, extrem umwelt- und gesundheitsbewusst und sportlich. Ich glaub, er ist sogar mal den Wienmarathon gelaufen. Gesellig war er auch natürlich, keine Stadtfeste in Klosterneuburg hat er jemals ausgelassen. Erst vor ein paar Tagen hab ich ihn beim traditionellen Martiniganslessen getroffen. Er hat zusammen mit anderen auch vor zwei Wochen den Weinhügelwandertag durch die Rieden organisiert.“

„Um welche Bauprojekte handelt es sich dabei?“, wollte Blosch wissen.

„Puuuh... also wie gesagt, da gab es mehrere, wie zum Beispiel ein Golfplatz in Weidling, die neue Wohnhausanlage am Buchberg oder das riesige Hotelprojekt in Kritzendorf. Bewilligt wurde aber dank Freiler soweit ich weiß keines davon“, antwortete Frau Gruber.

Vorbei am Merkur steuerte Wallner seinen Volvo durch die Garnisonstraße zur Magdeburggasse, die direkt über eine Brücke zur Pionierinsel führte. Schon sah er mehrere Polizeiautos und den alten Mercedes seines Kollegen Kollner. Bevor er ausstieg, warf Wallner noch einen prüfenden Blick in den Rückspiegel, um zu sehen, ob sein Schnauzer symmetrisch gezwirbelt war.

3.

„Walle! Da bist du ja endlich!“, rief Fritz Kollner aus, als Wallner und Bosch zum Tatort kamen. „Oh, Herr Blosch! Lässt man Sie endlich an der Front mitkämpfen?“

Fritz Kollner war im gleichen Alter wie Wallner, aber optisch genau das Gegenteil seines Chefs. Er hatte richtig fülliges, dunkles Haar, das immer perfekt in Form geföhnt und nur von ein paar silbrig-grauen Strähnen durchzogen war. Kollner war fast zwei Meter groß und eher schlacksig, während Wallner einen kleinen und stämmigen Körperbau hatte. Selbst Irmgard schwärmte ihrem Mann nach jeder Betriebsfeier vor, wie fesch sein Kollege trotz hohem Alter doch war, was Wallner nicht unbedingt freute.

„Fritz, was haben wir?“, fragte Wallner, um keine Zeit zu verlieren.

„Im Prinzip sind wir hier so gut wie fertig“, meinte Kollner. „Herr Hauser hat den Leichnam bereits vor einer Stunde zum Abtransport freigegeben. Er gibt uns Bescheid, wenn er erste Ergebnisse bei der Obduktion hat. Viel ist hier nicht zu finden. Es hat erst vor einer Stunde aufgehört zu wascheln. Der Typ muss echt ein Sportfanatiker gewesen sein, wenn er bei dem Hundswetter laufen gegangen ist.“

„Schreiben Sie mit, Blosch!“, erinnerte Wallner den jungen Kollegen. „Detaillierte Notizen können später immer hilfreich sein“, fügte er hinzu. „Also, Fritz. Bis jetzt weiß ich immer noch nicht, warum man hier von einem unnatürlichem Tod ausgeht, nachdem ich die Leiche nicht gesehen hab?“

„Der Tote hatte eine Kopfverletzung. Vermutlich ein Schlag auf den Kopf, denn er lag mit dem Gesicht voran im Gatsch und die Verletzung war am Hinterkopf.“ „Wenn es den ganzen Morgen gewaschelt und gestürmt hat, dann könnte es ja auch sein, dass er von einem runterfallenden Ast erschlagen wurde?“, fragte Wallner nach.

„Unwahrscheinlich“, meinte Kollner. „Wir haben keinen Ast oder anderes gefunden, das groß und robust genug gewesen wäre, um so eine Kopfverletzung zu verursachen. Der Hauser geht auch eher von einem härteren, möglicherweise metallischen Gegenstand als Tatwaffe aus. Wenn der Schlag überhaupt die Todesursache war, denn.... Was sowohl dem Notarzt, als auch ihm sofort aufgefallen ist waren die unnatürlich stark erweiterten Pupillen.“

„Fixlaudon! Vergiftet und Erschlagen?“, fragte Wallner und stieß einen kurzen Pfiff aus „Da wollte jemand dann aber sehr sicher gehen“, fügte er hinzu und zwirbelte seinen Schnauzer besonders eifrig.