Knigge für Mörder - Doris Köhler - E-Book

Knigge für Mörder E-Book

Doris Köhler

4,9

Beschreibung

Das idyllisch gelegene Schloss Schönebeck im Norden von Bremen wird für die junge Nachwuchskommissarin Rena Dangers zu einem Ort der Bewährung. Um ihrem Schauspieler-Freund Conny zu gefallen, nimmt sie hier an einem Knigge-Seminar teil und plagt sich zwischen lauter piekfeinen Leuten mit strengen Benimmregeln herum. Was niemand wissen darf: Rena pfeift auf Knigge und ermittelt in Wirklichkeit undercover, denn im Schloss ist eine junge Frau verschwunden. Auch Renas Tante Hannah mischt sich gemeinsam mit ihren Freundinnen aus der Alten-WG in die verzweifelte Suche ein. Im Schlosskeller stolpert sie über eine tote Frau. Doch bevor Renas Chefin den Fall offiziell übernehmen kann, verschwindet die Leiche wieder. Hat es sie überhaupt gegeben?

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Seitenzahl: 325

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Doris Köhler

Knigge für Mörder

Bremen-Krimi

1

»Wer ist da?«, fragte Hannah benommen. Sie stand barfuß im Flur und der Telefonhörer in ihrer Hand fühlte sich so befremdlich an wie ein toter Fisch.

»Mechthild!«, die Stimme klang verzweifelt, aber unbekannt. »Hannah, meine Tochter, sie meldet sich einfach nicht.«

Mechthild? Hannahs Gedächtnis verweigerte noch immer jedes Erkennen.

»Ich weiß wirklich nicht …«, Hannah kaute die Worte, weil ihr Mund noch nicht ganz wach war. Der Anruf hatte sie aus einem wirren, langsam verblassenden Traum geholt.

»Hannah, bitte. Mechthild aus dem Seminar Mathedidaktik. In Erfurt! Daran musst du dich doch erinnern!«

»Erfurt?« Gab es ein Erfurt in ihrer Vergangenheit? Hannah kramte verwirrt in den aufblitzenden Fetzen ihrer Lehrerinnen-Geschichte. Einer zwängte sich nach vorne und brachte ihr Bilder von schwitzenden Teilnehmern in einer Art Gewächshaus. Und das Gesicht einer Frau. Da war sie endlich: Mechthild. Eine kleine, runde, weiche Frau, die verdammt giftig werden konnte, wenn einer der wenigen männlichen Seminarteilnehmer Witze über die weibliche Logik machte.

»Du warst aus Güstrow, stimmt’s?«

»Hannah, Birte ist in Bremen. Sie hat einen Job bekommen – Gasuhren ablesen. Sie hat nicht angerufen – das tut sie sonst jeden Abend. Heute nicht. Sie geht nicht ans Handy – ausgeschaltet. Ich kann sie nicht erreichen!« Mechthild weinte jetzt fast.

»Was für eine Birte?«, Hannahs Gehirn arbeitete noch zu langsam, um einen Zusammenhang zu erkennen.

Mechthild knurrte. »Meine Tochter, Hannah. Birte ist meine Tochter!«

»Wie alt ist sie denn?« Eigentlich wollte Hannah das gar nicht wissen.

»Achtundzwanzig, aber …«

Hannah unterbrach sie. »Also eine erwachsene Frau, dann hat sie vielleicht einfach einen Mann …«

»Auch dann hätte sie mich angerufen«, Mechthilds Stimme klang ungehalten. »Sie weiß doch, dass ich mir Sorgen mache.«

»Bist du nicht ein bisschen überängstlich?«

»Bitte, kannst du nicht mal nachsehen?«

»Wo denn?« Warum fragte sie das bloß? Wollte sie wirklich mitten in der Nacht durch Bremen laufen und eine Unbekannte suchen?

»Auf einem Campingplatz am See, ganz in der Nähe von der Uni. Da muss ihr Wohnwagen stehen.«

»Wohnwagen?«

»Ihr kleines Wägelchen! Sie wohnt jetzt direkt am Wasser, hat Birte gesagt.« Mechthilds Stimme klang nun drängend.

»Du willst, dass ich mitten in der Nacht auf einen Campingplatz gehe, einen Wohnwagen suche und die Leute darin wachklopfe?«

»Ich weiß nicht mehr weiter! Die Polizei will erst nach 48 Stunden was unternehmen!«

Hannah schwankte zwischen Mitleid und Abwehr. Sie hörte die Verzweiflung aus Mechthilds Stimme, wollte ihr nur zu gerne helfen. Aber nächtliches Herumschleichen auf einem Campingplatz konnte nicht wirklich hilfreich sein.

»Mechthild, bitte beruhige dich. Es wird sich sicher alles aufklären. Vielleicht war sie einfach müde und wollte nicht telefonieren. Oder sie hat jemanden getroffen und ist noch ein Bier trinken mit ihm.«

»Ich weiß nicht, sie könnte doch trotzdem anrufen oder wenigstens eine SMS schicken.« In Mechthilds Stimme hatte sich ein zweifelnder Unterton geschlichen.

Hannah beschloss, diese Unsicherheit zu nutzen. »Jetzt stell dir mal vor, ich finde ihren Wohnwagen tatsächlich. Ich klopfe höflich an und hole sie aus ihrem wohlverdienten Schlaf. Sie öffnet und vor ihr steht eine Fremde, die behauptet, ihre Mutter habe sie geschickt. Was glaubst du wohl, was sie mit mir macht?«

Hannah hörte ein nachdenkliches »Hm« und dachte schon, sie hätte gewonnen. Doch dann holte Mechthild Luft.

»Aber ich habe solche Angst um Birte. Vor einem halben Jahr ist jemand handgreiflich geworden und wollte ihre Tasche stehlen. Kurz darauf haben zwei Männer die Gelegenheit genutzt und sie im Keller bei der Arbeit betatscht. Und im Duschgebäude auf einem Campingplatz wurde sie vor einem Monat fast vergewaltigt. Das waren jetzt schon drei schlimme Erlebnisse in so kurzer Zeit!«

So schnell wollte Hannah nicht nachgeben. »Aber wenn wirklich etwas passiert wäre, dann wüsstest du es doch. Birte hätte dich längst angerufen!«

Hannahs Einwände schienen Mechthild nicht zu beeindrucken.

»Und wenn jemand sie auf dem Campingplatz überfallen hat? Es ist Herbst, der muss doch fast leer sein …« Mechthild schwieg einen Augenblick. »Seit Birte wieder bei mir wohnt, sind wir uns so nah«, ihre Stimme war ganz leise geworden. »Ich fühle, dass was nicht stimmt. Ich fühle, sie ist in Not. Hannah, bitte, bitte, tu doch was.«

Hannah schluckte. Mechthilds Angst war spürbar. Sie wollte ihr ja gern helfen, aber sie wollte auch schrecklich gern zurück in ihr warmes Bett. Ihr kam eine Idee, wie sie Mechthild helfen konnte und trotzdem nicht in die Nacht hinausmusste.

»Ich kann versuchen, meine Nichte Rena zu erreichen. Sie ist seit einem Jahr Kommissarin in Bremen. Sie wird wissen, was zu tun ist.«

Mechthilds Stimme wurde hoffnungsfroher. »Dann soll sie unbedingt zu diesem Campingplatz an der Uni fahren. Ich versuche jetzt, Birtes Chef zu erreichen. Der muss mir sagen, wo sie zuletzt eingesetzt war.«

»Aha?!« Hannah hatte keine Ahnung, was Mechthild eigentlich vorhatte. Aber wenn sie sich richtig erinnerte,war Mechthild genau die Richtige, jemanden nachts aus dem Bett zu holen und ihn dazu zu bringen, Nachforschungen anzustellen. Als sie damals in Erfurt nach einer ausgiebigen Kneipentour die Türen zum Gästehaus verschlossen fanden, war es Mechthild, die erst den Seminarleiter aus dem Bett klingelte, um die Nummer des Hausmeisters zu erfragen, und dann den Hausmeister aufscheuchte, der ihnen schließlich brummend und schimpfend die Tür aufschloss.

Hannah hörte ein Klicken. Mechthild hatte bereits aufgelegt, vermutlich, um den Chef ihrer Tochter anzurufen. Und nun? Das Gespräch war beendet, ohne dass sie nach der Nummer von Mechthild gefragt hatte. Und an ihren Nachnamen konnte sie sich beim besten Willen nicht erinnern.

2

»Bitte!«, murmelte Conny, während er an Renas Ohrläppchen knabberte. Es kribbelte. Und es kribbelte nicht nur am Ohr.

»Ich will aber nicht«, hauchte Rena.

Conny knabberte weiter. »Ach, komm doch!«

Rena befürchtete, dass ihr Widerstand dahinschwinden könnte und wand sich aus seiner Umarmung. Conny legte den Kopf schief und schaute sie an wie ein Dackel, der um ein Leckerli bettelt. Rena lachte auf und wehrte sich nicht, als Conny sie wieder zu sich zog, um ihr Ohrläppchen erneut in die Reichweite seiner Zähne zu bringen. Doch sie drehte den Kopf weg.

»Sei nicht so verbissen«, nuschelte Conny.

Rena lachte. »Wer beißt denn hier?«

Sie drehte sich aus seinen Armen, schob ihn ein Stück zurück und sah ihm in die Augen.

»Conny, was soll ich da?«

Er versuchte es erneut mit dem Dackelblick, doch Rena verkniff sich das Lachen, das wieder aufsteigen wollte.

»Ich möchte einfach, dass du auch bei diesem Teil meines Lebens dabei bist.« Conny senkte den Kopf und sah sie von unten an – die Steigerung des Dackelblicks.

Damit hatte er sie herumgekriegt, vor sechs Wochen bei ihm einzuziehen. Was war so wichtig an dieser verdammten Einladung? Sie versteifte sich ein wenig. Er schien zu spüren, dass sie aus ihrer anfangs nachgiebigen Stimmung glitt. Nun sah er sie direkt an, gradlinig, ohne Pose.

»Als Falk kann ich zwar nicht dein Freund sein, aber ich möchte dich bei mir haben.«

Rena seufzte. »Das ist so schizophren!«

Conny nickte. »Aber so ist es nun einmal. Schau, Daniel kommt gleich. Er kümmert sich um meine Maske. Bitte zieh dich um, mach dich fein.«

Rena sah ihn zweifelnd an. »Okay, ich ziehe mich um, das heißt aber nicht, dass ich mich schon entschieden habe.«

Conny nickte, vermutlich rechnete er sich Chancen aus.

Es klingelte und Rena verzog sich in ihr Zimmer. Lange musste sie nicht überlegen, was für einen Abend bei einer reichen Industriellenwitwe passend wäre. Sie besaß nur ein Kleid, das annähernd chic aussah. Ein schlichtes schwarzes Etuikleid. Conny hätte ihr gerne einen Berg schöner Kleider geschenkt, das wusste sie. Doch im Grunde machte sie sich nichts aus Mode. Kleidung musste praktisch und dem Wetter angemessen sein.

Manchmal, ganz selten, wenn sie mit Conny ausging, verglich sie sich verstohlen mit den anderen Frauen in den Restaurants. Doch die kurzen Anfälle, sich tolle Outfits zuzulegen, verloren sich spätestens, wenn sie vor einem der angesagten Modegeschäfte stand. Allein der taxierende Blick der Verkäuferinnen, die potenzielle Kundinnen schnell in jene aufteilten, die man anlächelt, und in jene, denen man nur einen reservierten Blick gönnte, hielt sie davon ab, einzutreten. Und jedes Mal fand sie, dass das schwarze Kleid durchaus genügte, und drehte wieder um. Und außerdem konnte sie bei den meisten Gelegenheiten ihre Jeans tragen. Die Kneipen im Viertel waren nicht so elitär.

Rena legte die schwere silberne Kette um, die Conny ihr zu ihrem letzten Geburtstag geschenkt hatte, und Strass-Ohrhänger. Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel. Ihre braunen Locken verrieten, dass sie erfolglos versucht hatte, sie zu bändigen. Das Kleid sah dank ihrer schlanken, sportlichen Figur ganz passabel aus. Schwarze, nicht allzu hohe Pumps rundeten ihre Garderobe ab. Besser ging’s nicht. Das war alles an Eleganz, was aus ihr herauszuholen war. Mehr hätte sie nur durch wesentlich längere Beine erreichen können, aber mit ihren einsfünfundsechzig war sie kein Typ für den Laufsteg.

Sie lief die Treppe hinab und traf im Esszimmer auf Daniel, der dabei war, Conny in Falk zu verwandeln. Rena hatte Daniel bei einer kleinen Feier zum Ende der dritten Staffel desDämonenjägerskennengelernt. Seine weiche, manchmal etwas aufgesetzt schwule Art hatte ihr gefallen.

Er setzte mit einem Pinsel dunkle Schatten unter Connys Augen. Als er sie bemerkte, blickte er kurz auf.

»Hallo, Schönheit!«, säuselte er ihr entgegen. Daniels Standardbegrüßung für alle Frauen.

Rena setzte sich dazu und verfolgte, wie durch geschickte Striche Connys Wangen begannen, verhärmt auszusehen.

»Hat Conny schon mal erzählt, dass ich es war, der ihm die Hauptrolle imDämonenjägerverschafft hat?«

Rena horchte auf. Conny erzählte nie viel über Falks Vergangenheit. Meistens redete er über Schwerter, seine Leidenschaft.

»Na, lass mal, das interessiert doch niemanden«, versuchte Conny Daniel zu bremsen.

Rena schenkte ihm ein rachsüchtiges Grinsen. »Das will ich hören!«

Daniel widmete sich Connys Augenbrauen, klebte winzige Toupets daran und färbte alles schwarz.

»Wir waren ja schon lange befreundet. Er sollte für denDämonenjägervorsprechen. Gesucht wurde ein Schauspieler für eine düstere, tragische Gestalt, für den Helden Darker. Er war nervös …«

Von Conny kam ein Schnauben.

Daniel blickte auf und grinste. »Er war sehr nervös. Schließlich sah er mit seinen blonden Haaren – damals trug er sie noch etwas länger – und seinem Engelsgesicht nicht gerade aus wie ein tragischer Held. Ich kam auf die Idee, ihn für das Vorsprechen etwas herzurichten. Man kann von diesen Castingleuten nicht erwarten, dass sie sich vorstellen können, wozu ein guter Maskenbildner fähig ist.«

Er trat einen Schritt zurück und betrachtete Connys Augen. Mit einem sehr dünnen Pinsel korrigierte er einen Schatten an der Nasenwurzel.

»Er trat also mit Bärten, schwarzer Langhaarperücke und einem hageren Gesicht auf. Er gab als Künstlernamen Falk Denaro an, legte seine Stimme etwas tiefer … und bekam die Hauptrolle! Die hatten ja nur seine Bewerbungsfotos und waren begeistert von seiner Wandlungsfähigkeit.« Wieder prüfte er Connys Gesicht aus einigem Abstand. Er schien zufrieden und griff zu einer Perücke mit langen, schwarzen Haaren.

»Und mich stellten sie auch gleich ein!« Stolz klang in seiner Stimme mit. »Ich bin sozusagen der Schöpfer von Falk Denaro, dem Star derDämonenjäger-Serie!«

Conny brummte irgendetwas Unverständliches.

»Und hast du ihm auch geraten, seine Verkleidung als Falk beizubehalten?«, wollte Rena wissen.

Daniel lachte. »Nein, das warseineEntscheidung. Schon nach der zweiten Folge war er ein begehrtes Opfer kreischender Teenies. Wenn er aber als Conny Normalo das Studio verließ, kümmerte sich niemand um ihn.«

»In meiner Freizeit bin ich Conny Sanders, der Alleininhaber vomEdlen Ritter.Manche Leute bezeichnen mich zwar als Waffenhändler, weil ich Morgensterne, Streitäxte und Schwerter verkaufe. Aber ich habe keine Probleme mit Paparazzi oder hysterischen Fans.« Connys Stimme klang, als müsse er sich rechtfertigen.

Daniel lachte. »Und als Nebeneffekt musste das merkwürdige Verschwinden von Falk Denaro nach den Dreharbeiten sehr geheimnisvoll wirken, was Fans und Presse bis heute zu wilden Spekulationen treibt.«

Rena nickte. Als sie Conny kennenlernte, war er für sie ein sympathischer junger Mann mit blondem, kurzem Haar. Er flirtete ungeniert vom ersten Augenblick an mit ihr, führte sie chic aus, war witzig und charmant. Manchmal kam er ihr etwas unbekümmert vor. Aber waren das nicht alle Männer? Erst durch Zufall entdeckte Rena, dassihrConny der Star einer Serie war, die schon seit drei Jahren in Bremen produziert wurde. An düsteren Schauplätzen wie dem Industriehafen schlugen die beiden HeldenDarkerundBarflyauf Styroporsäulen ein, die in der Film-Nachbearbeitung durch grüne, sabbernde Monster oder schwarze Dämonen ersetzt wurden. Nacht für Nacht retteten die beiden Helden die alte Hansestadt vor finsteren Bedrohungen.

AuchRena mochte diese Serie und schwärmte wie viele weibliche Fans heimlich für Falk Denaro. Die Augen waren das Einzige, das Conny und Falk gemeinsam hatten. Doch das erkannte Rena erst, als sie begriff, dass die beiden ein und dieselbe Person waren. Seitdem hatte sie das Gefühl, eigentlich mit zwei Männern eine Beziehung zu haben.

Daniel klebte die Bärte an, einen Schnurrbart, der an Zorro erinnerte, und einen kurzen Spitzbart am Kinn. Er prüfte sein Werk und schien zufrieden. Er wandte sich Rena zu. »Soll ich dir noch eben die Schlupflider und den kleinen Knick in der Nase wegschminken? Das Grübchen könnten wir betonen und den Mund etwas voller machen, die Augen ausdrucksstärker und …«

Rena hob die Hand. »Nix da! Wenn ich für dieses blöde Essen nicht schön genug bin, bleibe ich zu Hause.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

Daniel trat einen Schritt zurück und musterte sie mit zusammengekniffenen Augen von oben bis unten.

»Wie alt bist du?«

Rena stemmte die Hände in die Seiten. »Siebenundzwanzig. Warum?«, fragte sie drohend.

Auf Daniels Gesicht erschien ein breites Grinsen. »Reg dich ab, Schönheit. Du siehst blendend aus, höchstens wie sechundzwanzigeinhalb. Aber hier oder da …« Er zeigte auf Renas Nase.

»Lass das, Daniel«, schaltete sich nun auch Conny ein, der sich vermutlich wieder Hoffnungen machte, dass Rena doch mitkäme.

Daniel schien seine Absicht zu begreifen. »Ach, Kindchen, du musst einfach mitkommen. Das Essen bei der alten Worms ist immer umwerfend.«

»Ich verstehe nur nicht, warum ich nicht als Falks Freundin mitgehen kann.« Rena merkte, dass sie wie ein trotziges Kind klang. Sie kannte den Grund nur zu gut.

Conny, nein inzwischen Falk, beugte sich zu ihr hinüber. »Ach, Rena. Willst du dein Gesicht etwa tagelang auf den Titelseiten der Yellow Press sehen? Diana Grollmann, ihres Zeichens Klatschreporterin, wird heute Abend nämlich mit von der Partie sein. Sie ist eine Busenfreundin von Melinde Worms, das wäre für sie der Artikel des Jahres! Überschrift: Die Frau an Falk Denaros Seite.«

»Dann bleibe ich eben doch weg. Ich liebe Conny, aber was habe ich im Leben von Falk Denaro zu suchen?«

»Du hörst dich schon genauso schizophren an wie ich, weißt du das?«

Rena bemerkte, dass Daniel sich vorsichtig in den Hintergrund geschoben hatte. Er wollte wohl nicht wieder in die Schusslinie geraten.

»Ich komme mir auch schizophren vor, wenn ich dir gegenübersitze, aber so tun muss, als wären wir nicht zusammen«, grollte Rena. »Meinst du nicht, dass wir sowieso irgendwann damit aufhören müssen?«

»Das kann sein, aber dann wirstduauch entscheiden müssen, ob du bei der Polizei bleibst.«

Wie kam er denn darauf? »Was?«

»Glaubst du, die Kripo kann sich eine Kommissarin leisten, die erst mal Autogrammwünsche entgegennehmen muss, bevor sie Zeugen befragen oder Verdächtige verhaften kann? Oder die bei jeder heimlichen Verfolgung auffliegt, weil sie auf der Straße als meine Freundin erkannt wird?«

Rena dämmerte, dass Conny recht hatte. Mit Conny konnte sie eine Beziehung haben und trotzdem ihrem Beruf nachgehen, mit Falk nicht.

»Mist!«

»Du sagst es. Das ist nun mal unsere Verstrickung in mein Doppelleben – auch wenn ich das genauso wenig mag wie du. Wenn die Serie irgendwann abgesetzt wird, kann Falk sterben, aber so lange …«

Nun mischte sie Daniel wieder ein. »Ich wüsste da eine Lösung!«

Conny und Rena hoben ruckartig die Köpfe und sahen ihn an.

»Kindchen, wenn wir dich Mona nennen, ein bisschen auf Vamp schminken, eine blonde Perücke, ein kleines bisschen mehr Absatz, ein Kleid, das …«

»Nein!«, wie aus einem Mund stoppten Rena und Conny Daniels Vorschlag.

Er riss die Augen auf und streckte abwehrend die Hände aus. »War ja nur ein Vorschlag.«

Conny wandte sich wieder Rena zu. »Es wird sicher ein netter Abend bei Frau Worms. Sie ist die Hauptsponsorin der Serie. Es ist wichtig!«

Er betrachtete sich im Spiegel und schien mit Daniels Werk zufrieden. Vorsichtig, um die Bärte nicht zu gefährden, küsste er sie auf den Mund.

»Sieh es doch mal so: Du hast mit Conny den besten Liebhaber Bremens und bist auch noch heimliche Geliebte von Falk Denaro. Jede, aber auch wirklich jede Frau würde dich ben…« Er duckte sich, um der Bürste auszuweichen, die Rena nach ihm warf. Beide lachten.

Conny stand auf und ging auf Rena zu. Mit seiner dunkleren Falk-Stimme raunte er Rena zu: »Hey Süße, wenn sich die Worms als Dämon entpuppt, werfe ich mit Steakmessern nach ihr. Oder soll ich mein Schwert mitnehmen?«

Rena zog mit beiden Händen an ihren Locken und mimte die Rasende. »Aaaah! Alle Schwerter bleiben hier!«

»Schade«, kam es gedehnt von Conny.

Daniel sprang zu Rena und begann, an ihren Haaren zu zupfen. »Wenn ich etwas Spray und dort vielleicht ein bisschen Schaum …«

»Daniel, bitte!«, unterbrach ihn Conny.

Rena wich aus. »Ich habe einfach den Eindruck, dass Falk immer öfter in Connys Leben schwappt. Und in meines auch.«

»Es ist mein Job, Rena. Und er wird gut bezahlt. Das Essen bei Frau Worms läuft sozusagen unter Überstunden.«

»Und, Kindchen«, mischte sich nun auch Daniel wieder ein, »vergiss nicht, du darfst meine Freundin spielen. Ich darf meinen Mann nicht mitbringen, die Worms würde durchdrehen. So weit geht ihre Liebe zu den Künstlern denn doch nicht. Deshalb tun wir beiden Hübschen uns zusammen. An meiner Seite wirst du einen wunderbaren Abend erleben!«

Rena sah ihn misstrauisch an. »Na gut. Ich spiele mit. Ich hasse nur diese förmlichen Geschäftsessen. Ich fühle mich immer fehl am Platz.«

Conny schüttelte den Kopf: »Es wird ein kleines, legeres Essen, entspann dich!«

3

Rena fand schnell heraus, dass das einzig Legere an diesem AbendimEssen zu finden war: Crème légère. Schon vorher, beim Schräge-Blicke-auf-ihr-Kleid-Aushalten hatte sie sich weit fortgewünscht, daran hatte auch Connys ausdrückliches Kompliment nichts geändert. Natürlich war ihr schwarzes Kleid keine Designer-Klamotte und sie hatte auch keine Tonne Goldschmuck um den Hals gewickelt wie eine der Freundinnen von Frau Worms, aber sie fand sich eigentlich ganz passend gekleidet.

Der Raum, in dem Frau Worms ihre Gäste empfing, machte auf Rena den Eindruck einer Wartehalle. Gefliester Boden, zwei geschwungene Treppen, eine Doppeltür im Hintergrund, die nur angelehnt war und durch die Geschirrklappern drang. Auf einigen Säulen präsentierten sich bunte Vasen, vermutlich chinesisch, vermutlich teuer. Rena bemühte sich, Abstand zu ihnen zu halten. Womöglich hätte sie mit ihrer großen Tasche unter dem Arm sonst noch eine dieser Kostbarkeiten vom Sockel gerissen. Allerdings stand sie so fast immer in der Mitte des Raumes und fühlte sich beobachtet.

Daniel hatte sich gleich nach ihrer Ankunft an einen gut gekleideten jungen Mann herangemacht und ihn in ein Gespräch verwickelt. Und Falk wurde sofort von zwei jungen Mädchen belagert, die ständig kicherten. Ab und zu warf er ihr heimlich einen Verständnis heischenden Blick zu.

Endlich öffnete sich die Doppeltür und ein Ehrfurcht einflößender Butler lud sie mit einer dezenten Handbewegung zu Tisch. Auf der Schwelle blieb Rena gebannt stehen. Der Raum schwelgte in Gold, Silber und Kristall. Golden schimmernde Vorhänge verdunkelten die Fenster, Kronleuchter machten Kerzen in silbernen Leuchtern Konkurrenz, silberne Platzteller und glänzendes Besteck brachen gleißend das Licht.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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