Knochen- und Weichgewebeaugmentation in der Implantologie -  - E-Book

Knochen- und Weichgewebeaugmentation in der Implantologie E-Book

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Beschreibung

In seinem neuen Buch beschreibt der renommierte Autor die Methoden der vertikalen und horizontalen Knochenaugmentation mit autologem Knochen sowie das entsprechende Weichgewebemanagement in aktueller und umfassender Darstellung. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf Techniken, die in den letzten drei Jahrzehnten entwickelt, modifiziert und langfristig erfolgreich nachuntersucht wurden. Das Buch vermittelt ein grundlegendes Verständnis der biologischen Reaktion auf Knochentransplantate ebenso wie wissenschaftliche Hintergrundinformationen und technische Details zu anspruchsvollen chirurgischen Techniken. Es stellt ein einzigartiges Nachschlagewerk auf diesem Gebiet dar und kann Implantologinnen und Implantologen, Oralchirurginnen und Oralchirurgen sowie an Chirurgie interessierte Zahnärztinnen und Zahnärzte unterstützen, ihre chirurgischen Verfahren zu optimieren.

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Knochen- und Weichgewebe-

Augmentation

in der Implantologie

Fouad Khoury

Knochen- und Weichgewebe-

Augmentation

in der Implantologie

Mit Beiträgen von:

R. Gruber, Th. Hanser, Ph. Keeve, Ch. Khoury, J. Neugebauer, J. E. Zöller

Ein Buch – ein Baum: Für jedes verkaufte Buch pflanzt Quintessenz gememsam mit der Organisation „One Tree Planted“ einen Baum, um damit die weltweite Wiederaufforstung zu unterstützen (https://onetreeplanted.org/). 

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <https://dnb.ddb.de> abrufbar.

Quintessenz Verlags-GmbH

Ifenpfad 2–4

12107 Berlin

www.quintessence-publishing.com

© 2024 Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat, Herstellung und Reproduktionen:

Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

ISBN 978-3-86867-597-9

Geleitwort

Der Einsatz dentaler Implantate zum Ersatz fehlender Zähne ist eine gängige und akzeptierte Therapieoption. Der Erfolg und die langfristige Stabilität von Implantaten hängen direkt mit der Quantität und Qualität des Knochens und des umgebenden Weichgewebes zusammen. Zur Regeneration eines unzureichenden Knochenangebots werden in der Literatur verschiedene Verfahren und Materialien vorgeschlagen. Obwohl kein einzelnes Verfahren oder Biomaterial in jeder Situation optimal ist, gilt autologer Knochen nach wie vor als der Goldstandard, und die vorliegende Arbeit veranschaulicht dieses Mantra umfassend.

Prof. Dr. Fouad Khoury ist weltweit als Autorität auf dem Gebiet der Oralchirurgie und der dentalen Implantologie anerkannt. In einzigartiger Weise ist er sowohl begabter Praktiker als auch inspirierender Lehrer. Prof. Khoury ist Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor der Privatklinik Schloss Schellenstein in Olsberg sowie Professor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Münster.

Prof. Khoury ist ein erfahrener und außergewöhnlicher Chirurg, der seine Karriere der Entwicklung innovativer Techniken zur Augmentation von Kieferkammdefekten mit autologem Knochen gewidmet hat. Seine Kenntnisse der Biologie des Knochens gaben den Anstoß zur Entwicklung des Protokolls für die Schalentechnik, die oft auch als „Schalentechnik nach Khoury“ bezeichnet wird. Dieser Ansatz hat sich als eine sehr vorhersagbare Methode für die dreidimensionale Rekonstruktion des Ober- und Unterkiefers bewährt. Sein großes Vertrauen in autologen Knochen führte zur Entwicklung weiterer Verfahren zur Hartgewebsaugmentation, wie der Bohrkerntechnik – oft auch als „Karottentechnik“ bezeichnet – oder auch der Knochendeckelmethode. Zudem betont seine Behandlungsphilosophie, dass die Grundlage einer erfolgreichen Knochenaugmentation ein sorgfältiges Weichgewebemanagement ist.

Dieses herausragende neue Buch stellt Techniken für Routinebehandlungen, aber auch für einige der schwierigsten Fälle, denen ein Chirurg begegnen kann, vor.

Für das vorliegende Buch konnte Prof. Khoury ein Team von angesehenen Wissenschaftlern und erfahrenen Chirurgen als Mitautoren gewinnen. Das umfassende Verständnis der Knochenbiologie ist entscheidend für die Findung rationaler klinischer Entscheidungen. Diese Grundlagen zur Biologie der Knochenregeneration und zu den einzigartigen Eigenschaften von autologem Knochen stellt Prof. Reinhard Gruber in hervorragender Weise vor. In den darauffolgenden Kapiteln, die von Dr. Thomas Hanser, Dr. Philip Keeve, Prof. Charles Khoury, Prof. Jörg Neugebauer und Prof. Joachim Zöller verfasst wurden, werden klinische Themen besprochen. Auf alle relevanten Themen einschließlich Diagnosefindung und Behandlungsplanung, Weichgewebemanagement, Entnahme von autologem Knochen, komplexer Implantatprothetik, Risikofaktoren und Komplikationen wird dezidiert eingegangen. Dabei werden die Verfahren klar und präzise anhand hochwertiger Fotos und umfangreicher Literatur präsentiert. Zudem befassen sich viele der Kapitel mit den interdisziplinären Aspekten der Behandlung, die gerade bei der Therapie komplexer Fälle entscheidend sind.

Prof. Khoury ist einer der großzügigsten und bescheidensten Dozenten, denen ich in der Zahnmedizin begegnet bin. Jahrzehntelang hat er nicht nur seine Patienten sorgfältig behandelt, sondern sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrungen in Hörsälen und auf Konferenzen in aller Welt mit Studenten und Klinikern geteilt.

Zudem hat er sich der langfristigen Nachsorge samt Dokumentation seiner Fälle gewidmet, um seine Behandlungsphilosophie wissenschaftlich untermauern zu können. Das vorliegende Buch ist nur ein Beispiel für sein lebenslanges Engagement und seine Hingabe an die Lehre.

Es war mir eine besondere Ehre, Prof. Khoury im Laufe der Jahre als geschätzten Kollegen und Freund kennenzulernen. Wir teilen eine ähnliche Sichtweise auf die Bedeutung von autologen Transplantaten für vorhersagbare Augmentationen und langfristige Ergebnisse.

Ich möchte Prof. Khoury und seinen Mitautoren für ihre Beiträge und diese Leistung danken und ihnen gratulieren. Dieses hervorragende Werk wird sowohl für Studenten und Dozenten als auch für Praktiker bei der Behandlung ihrer Implantatpatienten ein unschätzbares Nachschlagewerk sein. Wir können uns glücklich schätzen, dass uns Prof. Khoury und sein Team ihr Fachwissen in diesem neuen Buch zur Verfügung stellen.

Craig M. Misch, D.D.S, M.D.S

im Mai 2021

Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Prothetik

Misch Implant Dentistry, Sarasota, Florida, USA

Außerordentlicher Professor der

University of Michigan, School of Dentistry

University of Alabama at Birmingham, School of Dentistry

University of Pennsylvania, School of Dental Medicine

University of Florida, College of Dentistry

Geleitwort zum ersten Buch

Die zahnärztliche Implantologie hat sich zu einem überaus zuverlässigen und ergebnissicheren klinischen Routineverfahren für all jene Fälle entwickelt, in denen ein in Höhe und Breite adäquates Knochenangebot gegeben ist. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht immer erfüllt. Gleichwohl wünschen heute auch Patienten, deren knöcherne Situation das Einbringen von Implantaten eigentlich nicht gestattet, eine Verbesserung der Funktion und der Ästhetik – ja sie erwarten diese sogar als selbstverständlich.

Dieses herausragende Lehrbuch stellt Behandlungstechniken sowohl für Routinefälle als auch für solche dar, die zu dem Schwierigsten gehören, was uns in der zahnärztlichen Praxis begegnet. Fouad Khoury ist einer der führenden Oralchirurgen und unter diesen zweifelsohne eines der größten Talente. Er verfügt über eine schier unerschöpfliche Erfahrung zu jedem klinischen Aspekt der Transplantatchirurgie und vereint diese mit unbestechlicher Wissenschaftlichkeit. Er verkörpert die ungemein seltene Mischung eines herausragenden Klinikers und eines begnadeten Lehrers.

Für das vorliegende Buch konnte Fouad Khoury ein wunderbares Team von Wissenschaftlern und Hochschullehrern als Mitautoren gewinnen, die ihre Erfahrung und ihr Wissen in gewinnbringender Weise mitteilen. Klar und präzise beschreiben sie ihre Behandlungstechniken und bieten umfangreiche Literaturhinweise am Ende eines jeden Kapitels. Zusätzlich beleuchten sie die interdisziplinären Aspekte der Behandlung – ein Umstand der besondere Beachtung verdient, da allzu viele Kollegen dazu neigen, die Probleme der Patienten nur aus ihrem spezialisierten Blickwinkel zu betrachten. Wir sollten nicht vergessen, ab und zu einen Schritt zurück zu treten und die Behandlung als einheitliches Ganzes zu begreifen, nicht nur als eine bloße Abfolge von Behandlungsschritten, so wichtig jeder einzelne von diesen auch sein mag.

Fouad Khoury ist einer der innovativsten Chirurgen, die ich kenne. Seit Jahrzehnten gehört er zur Avantgarde bei der Entwicklung neuer und kreativer Ideen für die Versorgung seiner Patienten. Seine Innovationen hat er immer rückhaltlos mit der Allgemeinheit geteilt. Dieses Buch ist ein weiteres Beispiel für sein lebenslanges Engagement als Lehrer.

Man kann Fouad Khoury und seine Mitautoren zu dieser herausragenden Arbeit nur beglückwünschen. Sie stellt die zu Papier gebrachte Summe eines ärztlichen Lebenswerkes dar. Wir dürfen sie betrachten, studieren und – das Wichtigste – bei der Behandlung unserer Patienten daraus schöpfen. Indem sie ihr Wissen darüber, welches Vorgehen Erfolg verspricht und welches nicht, mit uns teilen, haben Fouad Khoury und sein Team einen echten Beitrag zur Weiterentwicklung der Zahnheilkunde geleistet. Für all die aufgewandte Mühe sind wir ihnen zu großem Dank verpflichtet.

Prof. Dennis P. Tarnow D.D.S.

Direktor der Abteilung

für Parodontologie und Implantologie

am College of Dentistry der New York University

Vorwort

Die Rehabilitation mithilfe von dentalen Implantaten ist heutzutage eine zentrale Säule der restaurativen Zahnheilkunde. Seit den ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen in den frühen 1960er Jahren wurden viele Fortschritte gemacht, vor allem bei augmentativen Verfahren durch neue Materialien und Techniken. Die steigende Nachfrage von Patienten nach ästhetisch perfekter und funktioneller Rehabilitation, selbst in schwierigen anatomischen Situationen, hat zur Entwicklung unterschiedlicher Methoden geführt, die es heute ermöglichen, fast alle Patientenwünsche nach einer Versorgung zu erfüllen, die nicht nur der ursprünglichen anatomischen Situation gleicht, sondern auch sehr gute Langzeitergebnisse aufweist.

In den letzten 30 Jahren wurden verschiedene Techniken und Materialien für die Rekonstruktion alveolärer Defekte empfohlen, darunter autologer Knochen, allogene oder alloplastische Materialien. Obwohl die Entwicklung dieser Materialien, unter Verwendung der gesteuerten Geweberegeneration, von Tag zu Tag voranschreitet, sind die Reproduzierbarkeit und die Vorhersagbarkeit im Vergleich zu autologem Knochen, der nach wie vor der Goldstandard ist, immer noch begrenzt. Das Hauptproblem von xenogenen und allogenen Transplantaten, insbesondere in Blockform, ist ihr geringes Potenzial zur Revaskularisierung. Dies führt in der kontaminierten Mundhöhle zu Früh- und Spätkomplikationen und somit zum Misserfolg.

Die Überlegenheit von autologem Knochen gegenüber anderen Knochenersatzmaterialien wurde auf biologischer und immunologischer Basis sowie im klinischen Alltag nachgewiesen. Aufgrund seiner Transplantatmorphologie verfügt autologer Knochen über mechanische (kortikale) und osteogene (spongiöse) Eigenschaften, die eine frühe Revaskularisierung und einen funktionellen Umbau mit niedrigen Komplikationsraten ermöglichen, die von keinem Allograft, Xenograft oder alloplastischen Material erreicht oder gar übertroffen werden.

Durch das zunehmende Verständnis der biologischen Prozesse der Knochenheilung, einschließlich der Zellinteraktion, der Gefäßversorgung und des Knochenumbaus sowie durch Modifikationen der chirurgischen Methoden, ist es heute möglich, fast allen Patienten eine implantatgetragene Versorgung anzubieten. Der Alveolarfortsatz kann selbst bei starkem Knochenverlust sicher und reproduzierbar rekonstruiert werden, sodass nach der Planung eine sichere Implantatinsertion in prothetisch korrekter Position erfolgen kann. Dabei zeigen Implantate, die in regenerierten Knochen inseriert wurden, ähnliche Langzeitergebnisse und Erfolgsraten wie Implantate, die in ortsständigen Knochen inseriert wurden.

In den letzten drei Jahrzehnten wurden verschiedene Techniken für die Augmentation mit intraoralen Knochentransplantaten mit sehr vorhersagbaren Langzeitergebnissen entwickelt. Mithilfe dieser Methoden können fast alle Situationen, angefangen bei kleinen Defekten, die mit lokal gewonnenen Knochentransplantaten minimalinvasiv therapiert werden können, bis hin zur äußerst komplizierten 3D-Rekonstruktion des gesamten Ober- und/oder Unterkiefers, abgedeckt werden.

Dies ist das dritte Buch, das ich zum Thema Knochenaugmentation in der oralen Implantologie herausgegeben habe. Das erste wurde 2006 auf Englisch veröffentlicht und das zweite erschien 2009/2010 in mehr als 10 Sprachen. In diesem neuen Buch über Knochenaugmentation und Weichgewebemanagement in der oralen Implantologie liegt der Schwerpunkt vor allem auf Techniken, die in den letzten drei Jahrzehnten in unserer Klinik entwickelt, modifiziert und von unserem Team langfristig nachuntersucht wurden. Das erste Kapitel befasst sich mit der Biologie der Knochenheilung, insbesondere nach Augmentationen, und das zweite mit den Grundlagen der Diagnostik und Behandlungsplanung. Das Weichgewebemanagement in Zusammenhang mit Knochenaugmentationen ist ein sehr wichtiges Thema, das einen großen Einfluss auf den Erfolg der Augmentation hat. Aus diesem Grund nimmt das dritte Kapitel mit detaillierten Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu den verschiedenen Techniken eine Sonderstellung ein. Das zentrale Thema und der wichtigste Teil des Buches ist natürlich das vierte Kapitel über die sichere Knochenentnahme und vorhersagbare Augmentation bei allen Arten von Knochendefiziten. Dabei werden zunächst minimalinvasive Techniken zur Augmentation kleiner Knochendefekte und anschließend umfangreiche Knochenaugmentationsverfahren für schwerste dreidimensionale Knochendefizite beschrieben. Alle Techniken werden Schritt für Schritt anhand zahlreicher klinischer Bilder visualisiert, wodurch ein gutes Verständnis der beschriebenen Methoden ermöglicht wird. Die Langzeitstabilität der verschiedenen Techniken wurde sowohl mit Röntgenbildern als auch mit klinischen Bildern über einen Zeitraum von bis zu 27 Jahren dokumentiert. Das Buch enthält ein spezielles Kapitel mit dem Schwerpunkt auf unserem Restaurationskonzept für die Behandlung von Patienten nach umfangreichen autologen Augmentationsverfahren infolge komplexer, knöcherner Defekte. Die Verfahren werden Schritt für Schritt vom Provisorium bis hin zur definitiven Versorgung erklärt. Im letzten Kapitel werden mögliche Risiken und Komplikationen in Verbindung mit Augmentationsverfahren erörtert und der Umgang mit diesen Risiken sowie die Methoden zur Vorbeugung und Behandlung erläutert.

In diesem Buch möchte ich unser klinisches Wissen, das auf biologischen Prinzipien beruht, sowie unsere langjährigen Erfahrungen denjenigen vorstellen, die ihre klinischen Fähigkeiten und ihren wissenschaftlichen Hintergrund erweitern möchten, um ihren Patienten die bestmögliche Behandlung im Bereich der Knochen- und Weichgewebeaugmentation zu bieten.

Danksagung

Zunächst möchte ich mich bei all meinen Mitarbeitern für die hervorragende Zusammenarbeit und die hohe Qualität ihrer Arbeit bedanken. Darüber hinaus möchte ich mich bei allen meinen Alumni bedanken, nicht nur für ihre Hilfe bei der Behandlung komplexer Fälle, sondern auch für die präzise Dokumentation der Langzeitergebnisse, einschließlich der hervorragenden klinischen Bilder. Besonders hervorheben möchte ich meinen Mitarbeiter und Stellvertreter Dr. Thomas Hanser für seine Freundschaft und unermüdliche Loyalität. In den letzten 28 Jahren habe ich etwa 45 Postgraduierte und Assistenzärzte aus verschiedenen Ländern in unserem oralchirurgischen Weiterbildungsprogramm aufgenommen und bis zum Fachzahnarzt für Oralchirurgie begleitet. Diese Alumni sowie die aktuellen Mitarbeiter und Assistenzärzte sind neben Dr. Thomas Hanser u. a.: Dr. Friedrich Pape (Leiter der restaurativen Abteilung in Olsberg und verantwortlich für die meisten der in diesem Buch vorgestellten prothetisch behandelten Fälle), Dr. Frank Spiegelberg, PD Dr. Arndt Happe, Dr. Alessandro Ponte (Turin, Italien & Lugano, Schweiz), Dr. Klaus Engelke, Dr. Stefan Bihl, Dr. Frank Berger, Dr. Jochen Tunkel, Dr. Luca de Stavola (Padova, Italien), Dr. Pierre Keller (Strasbourg, Frankreich), Dr. Herman Hidajat, Dr. Jenny Schmidt, Dr. Şerif Küçük, Dr. Frank Zastrow, Dr. Joel Nettey-Marbel, Dr. Ayoub Alsifawo (Libyen), Dr. Alexander Friedberg, Dr. Ingmar Braun, Dr. Stefano Trasarti (Teramo, Italien), Dr. Romain Doliveux (Lyon, Frankreich), Dr. Marco Vuko Tokic (Kroatien), Dr. Thuy-Duong Do-Quang (Niederlande), Dr. Jan Jansohn, Dr. David Wiss (Wien, Österreich), Dr. Michael Berthold, Dr. Elisabeth Schmidtmayer, Dr. Philip Keeve, Dr. Valentin Loriod (Besançon, Frankreich), Dr. Erik Faragó (Budapest, Ungarn), Dr. Christopher Schmid, Dr. Andrea Savo (Rom, Italien), Dr. Oliver Dresbach, Dr. Kathrin Spindler, Dr. Alexander Zastera, Dr. Sarah Romer, Dr. Jan Wildenhof, Dr. Scott Wagner, Dr. Tristan Hampe, Dr. Ulrich Jacob, Dr. Christoph Polly und Dr. Sophia Hüggenberg. Mein besonderer Dank gilt meinem früheren Weiterbildungsassistent, Dr. Carsten Becker, für seine Hilfe bei der Digitalisierung analoger Abbildungen sowie für die hervorragenden Illustrationen einiger chirurgischer Techniken (siehe Kapitel 3). Darüber hinaus möchte ich dem gesamten Team der Privatklinik Schloss Schellenstein in Olsberg für die Hilfe und Loyalität in den vergangenen drei Jahrzehnten danken.

Dank gilt auch meinem früheren Partner an der Klinik in Olsberg, Dr. Joachim Schmidt, für seine Unterstützung in all den Jahren, aber auch dem ehemaligen Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Münster, Prof. Dr. mult. Ulrich Joos, sowie dem derzeitigen Direktor, Prof. Dr. Dr. Johannes Kleinheinz, für ihre Freundschaft und wissenschaftliche Unterstützung.

Mein aufrichtiger Dank gilt dem gesamten Team des Quintessenz Verlags, insbesondere Herrn Dr. Horst W. Haase, Herrn Christian Haase, Herrn Johannes Wolters und Frau Anita Hattenbach, für ihre Unterstützung und Geduld über die Jahre. Vielen Dank auch an Frau Avril du Plessis für die hervorragende englische Korrektur und Frau Viola Lewandowski für das Lektorat sowie an Frau Ina Steinbrück für das perfekte Layout.

Der wichtigste Dank gilt schließlich meiner Frau Michaela und meinen Kindern Chantal, Elias und Chérine für ihre Liebe, ihre große Unterstützung und ihr unendliches Verständnis.

Fouad Khoury

Olsberg, Weihnachten 2023

Herausgeber und Autoren

Herausgeber und Autor

Prof. Dr. Fouad Khoury

Direktor

Privatklinik Schloss Schellenstein

Am Schellenstein 1

59939 Olsberg, Deutschland

www.implantologieklinik.de

Professor

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Münster,

Waldeyerstr. 30

48149 Münster

Mitautoren

Prof. Dr. Reinhard Gruber

Professor für Orale Biologie

Universitätszahnklinik Wien

Sensengasse 2a, A-1090 Wien

Dr. Thomas Hanser

Stellvertretender Direktor

Privatklinik Schloss Schellenstein

Am Schellenstein 1

59939 Olsberg, Deutschland

Fachzahnarzt für Oralchirurgie

DG PARO-Spezialist für Parodontologie

Dozent

Goethe-Universität Frankfurt am Main

Dr. Philip L. Keeve

Fachzahnarzt für Oralchirurgie

Fachzahnarzt für Parodontologie

Fachzahnarzt Zentrum Weser

Süntelstraße 10–12

31785 Hameln

Prof. Dr. Charles Khoury DDS, DES, CES, DU, MS

Professor

Abteilung für Prothetik

St. Joseph Universität Beirut, Libanon

Prof. Dr. Jörg Neugebauer

Fachzahnarzt für Oralchirurgie

Praxis Dr. Bayer und Kollegen

von-Kühlmann-Str. 1

86899 Landsberg am Lech

Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller

Rösberger Str. 4

50968 Köln

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

Geleitwort zum ersten Buch

Vorwort

Herausgeber und Autoren

1 Biologie der Knochen-regeneration bei augmentativen Eingriffen

Reinhard Gruber

1.1 Einleitung

1.2 Die Knochenzellen

1.3 Biologie der Knochenregeneration

1.4 Autotransplantat-Resorption

1.5 Osteokonduktive Eigenschaften von Autotransplantaten

1.6 Osteogene Eigenschaften von Autotransplantaten

1.7 Osteoinduktive Eigenschaften von Autotransplantaten

1.8 Zusammenfassung

1.9 Literatur

2 Diagnostik und Planung des Augmentationsverfahrens

2.1 Einleitung

2.2 Patientenberatung

2.3 Anamnese

2.4 Spezifische Befunde

2.5 Wahl der Augmentationstechnik

2.6 Schlussfolgerung

2.7 Literatur

3 Weichgewebemanagement und Knochenaugmentation in der Implantologie

3.1 Einleitung

3.2 Die Grundlagen von Inzisionen, Nahttechniken und Weichteilheilung

3.3 Instrumente

3.4 Weichgewebemanagement vor der Augmentation

3.5 Weichgewebemanagement während Knochenaugmentation und Implantation

3.6 Weichgewebemanagement während der Implantatfreilegung

3.7 Weichgewebemanagement nach prothetischer Versorgung

3.8 Literatur

4 Mandibuläre Knochenblocktransplantate: Diagnostik, Instrumentarium, Entnahmetechniken und chirurgisches Vorgehen

4.1 Einleitung

4.2 Biologisches Verfahren zur mandibulären Knochentransplantation

4.3 Techniken und Methoden der intraoralen Knochenentnahme

4.4 Augmentationstechniken

4.5 Knochenremodeling und Volumenänderungen nach Transplantation

4.6 Schlussfolgerung

4.7 Literatur

Besonderer Anhang

A. Verwendung der Tuberositas maxillaris (MT) in der Technik der dentoalveolären Sofortversorgung (IDR)

B. Das palatinale Knochenblock-transplantat (PBBG)

C. Fallberichte von Alumnies

C.1 Vertikale Knochenaugmentation im anterioren Oberkiefer nach schwerer parodontaler Erkrankung

C.2 Dreidimensionaler Knochenaufbau im anterioren Oberkiefer nach traumatischer Verletzung

C.3 Bilaterale 3D-Knochenaugmentation im posterioren Unterkiefer

C.4 Vertikale Knochenaugmentation im posterioren Oberkiefer

C.5 Dreidimensionale Knochenaugmentation im posterioren Oberkiefer

C.6 Dreidimensionale Knochenaugmentation im Oberkieferfrontzahnbereich und minimalinvasive Augmentation im Unterkieferfrontzahnbereich

C.7 Dreidimensionale Knochenaugmentation im posterioren Oberkiefer mit der Tunneltechnik

5 Knochentransplantate von extraoralen Stellen

5.1 Einleitung

5.2 Knochenentnahme aus der Calvaria

5.3 Knochenentnahme aus der Tibia

5.4 Knochenentnahme aus dem Beckenkamm

5.5 Literatur

6 Distraktionsosteogenese: Klinischer und wissenschaftlicher Hintergrund der Geweberegeneration mittels Kallusdistraktion

6.1 Einleitung

6.2 Geschichtliche Entwicklung der Kallusdistraktion

6.3 Prinzipien der Kallusdistraktion

6.4 Distraktorsysteme

6.5 Chirurgisches Vorgehen

6.6 Distraktion in verschiedenen Bereichen

6.7 Schlussfolgerung

6.8 Literatur

7 Komplexe implantatgetragene Rehabilitation von der provisorischen bis zur definitiven Versorgung

7.1 Einleitung

7.2 Temporäre Restaurationen im Rahmen umfangreicher Kieferkammaugmentationen

7.3 Definitive implantatgetragene Restaurationen nach umfangreichen Kieferkammaugmentationen

7.4 Schlussbemerkungen

7.5 Literatur

8 Risikofaktoren und Komplikationen bei augmentativen Maßnahmen

8.1 Einleitung

8.2 Risikofaktoren

8.3 Intraoperative Komplikationen

8.4 Postoperative Komplikationen

8.5 Komplikationen im Rahmen der Implantatinsertion nach Knochenaugmentation

8.6 Komplikationen im Rahmen der Implantatfreilegung

8.7 Spätkomplikationen nach der prothetischen Restauration

8.8 Literatur

Sachregister

1

Biologie der Knochenregeneration bei augmentativen Eingriffen

Reinhard Gruber

1.1 Einleitung

Die regenerative Zahnheilkunde hängt entscheidend vom funktionellen Verständnis der Knochenbiologie – genauer gesagt der Knochenentwicklung, der Knochenmodellierung und des Knochenumbaus sowie der Knochenregeneration – in einem physiologischen, aber auch in einem pathologischen und pharmakologischen Kontext ab. Die Knochenbiologie beschreibt zudem die zelluläre und molekulare Regulation hinter dem Wolffschen Gesetz (form follows function), das später durch die Mechanostat-Theorie von Frost verfeinert wurde.44 Die Knochenbiologie ist ein molekulares und zelluläres System, das für die Evolution der Säugetiere wesentlich ist. Neben seiner Funktion als Verbindungsgerüst zu Sehnen und Muskeln und zum Schutz des Knochenmarks ist das Skelett ein Speicher für Kalzium und Phosphat, das über die Nabelvene und später über die Muttermilch in den Fötus und das Neugeborene transportiert wird. Das Verständnis des delikaten Zusammenspiels von knochenbildenden Osteoblasten und knochenabbauenden Osteoklasten – die im Konzert mit den in der Knochenmatrix befindlichen Osteozyten, den Blutgefäßen, die die jeweiligen Vorläuferzellen versorgen, und den ursprünglich dem Immunsystem zugeordneten Zellen agieren – liefert einen Teil der für den Fortschritt in der Medizin notwendigen Informationen.

Es gilt, das Konzert zu orchestrieren, was im Kontext der Knochenbiologie die Zell-zu-Zell-Kommunikation umfasst. Diese Kommunikation kann grob in eine lokale und eine systemische Regulation unterteilt werden. Die lokale Regulation umfasst die Zellkommunikation über zytoplasmatische Verbindungen oder die Freisetzung von Signalmolekülen mit bestimmten Rezeptoren auf den jeweiligen Zielzellen. Die systemische Regulation bezieht sich auf das endokrine System, wobei Hormone oder Wachstumsfaktoren freigesetzt und über die Blutbahn zu den Zielzellen an anderen Stellen im Körper transportiert werden. Es ist faszinierend, sich vorzustellen, dass all die verschiedenen Ebenen – molekular, zellulär, Gewebe und Organ – koordiniert werden, mit dem gleichen Ziel der Homöostase. Im weiteren Sinne ist die Homöostase nicht nur die Aufrechterhaltung des Gewebes, sondern auch zur Wiederherstellung nach einer Verletzung relevant. Die zellulären und molekularen Mechanismen, die die Homöostase anstreben, sind jedoch empfindlich gegenüber Veränderungen, wie dem Abfall der Steroidhormone während der Menopause, der nicht nur ein verstärktes, sondern auch ein unausgewogenes Knochenremodeling bewirkt und letztlich zu Knochenverlust und postmenopausaler Osteoporose führt. Die mechanische Integrität, insbesondere des trabekulären Knochens, wird beeinträchtigt, und Fragilitätsfrakturen der Wirbelsäule und der Hüfte werden zu klinischen Kennzeichen der Erkrankung.107 Die postmenopausale Osteoporose ist nur ein Beispiel dafür, wie die Knochenhomöostase eine katabole Verschiebung erfährt, die zusammen mit altersbedingten Veränderungen zu einem fortschreitenden Knochenverlust im Laufe der Zeit führt.

Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt jedoch in der Erläuterung der Autotransplantat-Konsolidierung und in der Diskussion des klinischen Erfolgs dieser Therapie auf molekularer und zellulärer Ebene. Mit dem Schwerpunkt auf der Knochenaugmentation soll das Kapitel die wesentlichen Informationen zur Knochenregeneration ergänzen, die aus histologischen und biomechanischen Analysen gewonnen wurden.

Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass Osteoblasten den Knochen bilden40 und Osteoklasten ihn resorbieren.12,121 Die Osteozyten sind insofern wichtig, als sie die Meister der Regulation beim Knochenumbau sind.33 Die Blutgefäße sind ebenfalls wichtig, da sie als Quelle der Erneuerung und insbesondere als Transportmedium für die Vorläuferzellen der Osteoblasten und Osteoklasten dienen;78,134 sie sind auch in Bezug auf Entzündungen von Bedeutung und daher bei pathologischen Zuständen wie der entzündlichen Osteolyse relevant.55,84 In diesem Zusammenhang werden in diesem Kapitel klassische Fragen angesprochen, wie der Nachweis, dass Autotransplantate als „osteokonduktiv, osteogen und osteoinduktiv“ gelten,98 und die möglichen Mechanismen der Transplantatresorption.

1.2 Die Knochenzellen

Drei Zelltypen sind für den Knochen charakteristisch. Einleitend wollen wir daher die wesentlichen Aktivitäten der knochenbildenden Osteoblasten und der knochenresorbierenden Osteoklasten in Erinnerung rufen, wobei den Osteozyten als Koordinatoren des Knochenumbaues besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.

1.2.1 Osteoblasten

Osteoblasten entstehen aus mesenchymalen Stammzellen durch die Aktivierung einer Reihe von Transkriptionsfaktoren,62 an deren Expression teilweise Mitglieder der Knochenmorphogenetischen Protein-Superfamilie („Bone morphogenetic proteins“; BMPs) und die WNT Signalmoleküle beteiligt sind.81,99 Säume von Osteoblasten lagern das vorest nicht-mineralisierte Osteoid an der Knochenoberfläche ab und werden teilweie selbst vom Osteoid umgeben. Diese ehemaligen Osteoblasten werden folglich zu Osteozyten. Die Minerlisierung des Osteoids erfolgt mit zeitlicher Verzögerung. Osteoblasten sind an der membranösen und der endochondralen Ossifikation beteiligt. Zum einen werden die neurokranialen Knochen,21 einschließlich des Unterkiefers (außer dem Unterkieferkondylus) und des Oberkiefers sowie eines Teils des Schlüsselbeins, durch membranöse Ossifikation gebildet. Dabei handelt es sich um eine direkte Verknöcherung ohne knorpelige Zwischenphase. Das appendikuläre und axiale Skelett hingegen folgt einem endochondralen Verknöcherungsweg. Ein temporäres knorpeliges Gerüst wird von Chondrozyten gebildet, die hypertrophieren und letztlich mineralisieren. Nach Einsprossung der Blutgefäße wird unreifer Knochen auf die mineralisierte Knorpelmatrix angelagert und letztlich zu reifem Knochen umgebaut. 91

Rasch wachsender Geflechtknochen (Abb. 1-1) ist im Vergleich zum reifen Lamellenknochen elastischer und mechanisch weniger beständig, was auf den geringen Mineralisierungsgrad und das Fehlen einer spezifischen Ausrichtung der Kollagenfasern zurückzuführen ist. Bei Erwachsenen wird dieser Knochentyp bei Heilungsprozessen gebildet und ist der einzige Knochen, der in Abwesenheit eines bereits vorhandenen mineralisierten Gewebes wachsen kann. Der Geflechtknochen wächst rund um die Blutgefäße (Abb. 1-2). Lamellenknochen hingegen ist ein gut organisiertes mineralisiertes Gewebe. Kollagenfibrillen sind in parallelen Schichten verteilt, die eine Dicke von 3 bis 5 µm haben. Die Osteoidproduktion ist im Vergleich zu Geflechtknochen mit 1 bis 2 µm pro Tag vergleichsweise langsam, und es dauert etwa 10 Tage, bis eine gut definierte Mineralisierungsfront erreicht ist. Lamellenknochen benötigt eine vorbestehende Knochenoberfläche, um von Osteoblasten produziert zu werden, was bedeutet, dass er im Gegensatz zu Geflechtknochen nicht in der Lage ist, Defekte zu überbrücken.

Abb. 1-1Osteoblasten produzieren Knochen auf der Oberfläche eines Wirtsknochens. Die Knochenbildung erfolgt an der Oberfläche des vorhandenen Knochens (rosa). Neuer Knochen (dunkelviolett) wird von Säumen aus Osteoblasten ausgekleidet und in osteonalen Strukturen angeordnet. Osteoid (kaum gefärbt) ist Knochen, der noch nicht mineralisiert ist. Die Richtung der Knochenneubildung lässt sich durch das Einsprossen von Ausläufern in den Defektbereich erahnen.

Abb. 1-2Osteoblastensäume in den frühen Stadien der Knochenbildung. Die Knochenbildung ist die Folge der Osteoblastenaktivität. Osteoblasten dominieren das Bild, und nicht-mineralisierter Knochen (Osteoid) ist sichtbar.

Wenn die Osteoblasten nicht aktiv in der Osteoidproduktion sind, können sie zu Belegzellen differenzieren. Belegzellen bilden eine barriereartige Schicht zwischen dem Knochen und dem extrazellulären Raum, die für den Ionenaustausch verantwortlich zu sein scheint. Die Belegzellen können auch durch deren Kontraktion den Knochen freigeben und zudem die Osteoklastogenese unterstützen.

1.2.2 Osteozyten

Osteozyten zeichnen sich durch einen langsameren Stoffwechsel als Osteoblasten aus und weisen Verlängerungen der Zytoplasmamembran auf, die Osteozyten untereinander und mit den Oberflächenzellen durch Gap Junctions verbinden, wodurch ein dreidimensionales kanalartiges Netzwerk im mineralisierten Gewebe entsteht, das sich in den Osteonen besonders eindrucksvoll darstellt (Abb. 1-3). Die Diffusion von Nährstoffen und Ionen wird durch dieses Zellnetzwerk gewährleistet. Eine Grenze der Diffusion durch das kanalikuläre System besteht, welche etwa 100 µm beträgt. Die Osteozyten, die die Effektorzellen – die Osteoklasten und Osteoblasten – steuern,7,10,33 sind über dendritische Prozesse, die durch die Canaliculi verlaufen, miteinander verbunden. Das dichte, interkonnektive Netzwerk steht mit Blutgefäßen und den Zellen an der Knochenoberfläche in Verbindung, z. B. mit den Belegzellen, Osteoblasten und Osteoklasten. Wie kürzlich zusammengefasst wurde,15 enthält 1 mm3 Knochen etwa 20.000 bis 30.000 Osteozyten, von denen jeder 100 dendritische Fortsätze und einen Radius von etwa 70 nm hat. Für das gesamte Skelett lassen sich etwa 40 Milliarden (109) Osteozyten mit 20 Billionen (1012) Verbindungen und einer Gesamtlänge der dendritischen Prozesse von 200.000 km berechnen. Die Oberfläche und das Volumen des lakunokanalikulären Netzwerks betragen etwa 200 m2 bzw. 40 cm3.

Abb. 1-3Osteoklasten (knochenresorbierende Zellen), Osteoblasten (knochenproduzierende Zellen) und Osteozyten. Osteoklasten sind vielkernige Zellen, die ausschließlich in der Lage sind, Knochen zu resorbieren. Dieses Bild ist ein Detail aus Abb. 1-7; eine Gruppe von Osteoklasten resorbiert Knochen neben einem Saum von Osteoblasten, die neuen Knochen produzieren. Unterhalb der Osteoblasten ist ein Osteoid-Saum sichtbar. Osteozyten sind in den Knochen eingebettet. (Das Bild ist von Schweineknochen.)

Osteozyten sind offensichtlich prädestiniert, die Knochenhomöostase auf lokaler und systemischer Ebene zu steuern. Zum Beispiel sind Osteozyten die Zellen, die fast ausschließlich Sklerostin produzieren, einen Inhibitor des Wnt-Signalwegs (Wingless-related integration site).129,130 Die molekulare Funktion wird deutlich, wenn man das Knochenwachstum betrachtet, einschließlich der Kiefer- und Gesichtsknochen bei Sklerosteose und Morbus van Buchem, die durch den Verlust der Sklerostin-Expression bzw. -Sekretion verursacht werden.128,130 Mausmodelle, denen Sklerostin fehlt, zeigen auch eine systemisch hohe Knochenmasse und eine Zunahme von Alveolarknochen und Zementum.77,82 Osteozyten sind auch eine Hauptquelle für RANKL, das für den physiologischen Knochenumbau und in pathologischen Situationen benötigt wird, z. B. bei Ovarektomie,45,94 sekundärem Hyperparathyreoidismus140 oder Glukokortikoid-Exzess.92 Mäuse, denen das aus Osteozyten stammende RANKL fehlt, widerstehen sogar dem Knochenverlust, der durch Schwanzsuspension verursacht wird.93 Kürzlich wurde aus Osteozyten stammendes RANKL als relevant für die entzündliche Osteolyse51 und die kieferorthopädische Zahnbewegung angesehen.109 Osteozyten steuern also die Knochenbildung und -resorption bei Gesundheit und Krankheit, einschließlich ihrer Expression von Sclerostin und RANKL.

1.2.3 Osteoklasten

Osteoklasten sind exklusiv in der Lage, Knochen zu resorbieren. Hämatopoetische Zellen, insbesondere solche der Monozytenlinie, bilden den Pool der Vorläuferzellen, die das Potenzial haben, Osteoklasten zu werden; ansonsten entwickeln sie sich zu Makrophagen oder dendritischen Zellen mit Schwerpunkt im Immunsystem. Die molekulare Signatur der Osteoklastogenese wurde vor fast zwei Jahrzehnten mit der Einführung des RANKL-OPG-Systems, des Agonisten und des entsprechenden Antagonisten entdeckt.23,61,118 Mausmodelle, denen RANKL73 oder der entsprechende Rezeptor RANK38 fehlt, entwickeln eine schwere Osteopetrose, die durch das Fehlen einer Knochenmarkshöhle und nicht durchgebrochene Zähne gekennzeichnet ist. Im Gegensatz dazu erwerben Mäuse, denen RANKL-OPG fehlt, eine fulminante Osteoporose.14,111 RANKL wurde als „Flaschenhals“ der Osteoklastenogenese angesehen. Reife Osteoklasten sind durch die Versiegelungszone charakterisiert, die die Osteoklasten an der mineralisierten Knochenoberfläche festklebt. Durch den extensiv gefalteten „Kräuselsaum“ werden die Protonen zur Senkung des pH-Werts und die Proteasen zum Verdau des Kollagens, hauptsächlich Cathepsin K, in den Raum gegenüber der freiliegenden Knochenmatrix transportiert.121 Osteoklasten gelten als „von großer Schönheit“18 und sind nicht nur „Knochenfresser“27, da sie wesentlich zur Knochenneubildung beitragen und mit dem hämatopoetischen System interagieren, einschließlich der Stammzellnische und den Immunzellen.

Die besondere Bedeutung der Osteoklasten im Zusammenspiel mit den anderen Knochenzellen manifestiert sich in den Umbaueinheiten. Die Howship-Lakunen sind nach außen überdacht und bilden die Bone Remodeling Compartments (BRC) des trabekulären Knochens.35 Im kortikalen Knochen hingegen definiert die multizelluläre Grundeinheit (basic multicellular unit; BMU) den Ort des Knochenumbaus (Abb. 1-4a und b).106 Hier erzeugen Osteoklasten einen Tunnel im kortikalen Knochen, der von den knochenbildenden Osteoblasten, rund um ein Blutgefäß, in konzentrischen Schichten neuen Knochens verschlossen wird, was in dem charakteristischen histologischen Bild der Osteone gipfelt (Abb. 1-5). Auch wenn die beiden Remodellierungskompartimente in ihrer Struktur nicht identisch sind, gibt es das gemeinsame Prinzip der Kopplung: Wenn die osteoklastische Knochenresorption beendet ist, wird die osteoblastische Knochenbildung eingeleitet. Präosteoklasten sind nicht nur für die Knochenerneuerung und das Remodeling wichtig, sondern auch für die Revaskularisierung des Knochens,137 wodurch sie möglicherweise die Einsprossung von Blutgefäßen an der Stelle der Knochenregeneration unterstützen.

Abb. 1-4Bildung von Osteonen durch grundlegende multizelluläre Kompartimente (BMU). Die BMU definiert den Ort des Knochenumbaus. (a) Durchtunnelung von kortikalem Knochen durch vielkernige Osteoklasten. (b) Dieses Bild ist charakteristisch für die Aktivität der knochenbildenden Osteoblasten mit einer Osteoidschicht, die die konzentrische Struktur der Osteone wieder aufbauen. (Das Bild ist von Schweineknochen.)

Abb. 1-5Osteon mit Osteozyten, die über ihre Canaliculi miteinander verbunden sind. Das Osteon ist eine funktionelle Knocheneinheit, die aus einem zentralen, mit Weichgewebe gefüllten Kanal besteht, um den herum konzentrisch Knochenlamellen angeordnet sind. Sie sind in der Substantia compacta des Knochens zu finden. Osteozyten sind über Canaliculi miteinander verbunden. Sie stehen über Canaliculi in Kontakt mit den Auskleidungszellen im zentralen Kanal. (Das Bild zeigt menschlichen Knochen nach einer Implantatentnahme.)

1.3 Biologie der Knochenregeneration

Die Knochenregeneration ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Knochenbiologie. Die Knochenregeneration funktioniert perfekt in dem Sinne, dass kein Narbengewebe gebildet wird, was im Gegensatz zur klassischen Hautwundheilung bei Erwachsenen steht, wo der Defekt mit einer kollagenreichen, aber zellarmen Matrix zurückbleibt. Dies ist in exzellenten Übersichtsarbeiten zur Knochenregeneration, insbesondere bei der Frakturheilung30,42 und der Wundheilung90,113,143 zusammengefasst. Beide Vorgänge beginnen mit der Bildung eines Blutgerinnsels, wobei die Gerinnungskaskade von Proteasen in der Bildung von Thrombin gipfelt, das Fibrinogen spaltet. Das Fibrin selbst baut sich zu einer transienten extrazellulären Matrix auf, in der Thrombozyten aktiviert werden und zusammen mit Erythrozyten Aggregate bilden. Wachstumsfaktoren und andere Moleküle werden freigesetzt und locken neutrophile Granulozyten in das Blutgerinnsel, um die Defektstelle zu reinigen. Später erscheinen Makrophagen im Blutgerinnsel. Um Raum für das Granulationsgewebe zu schaffen, das durch das Einsprossen von Blutkapillaren in das neue Gewebe und das gleichzeitige Auftreten von fibroblastischen Zellen gekennzeichnet ist, wird die Fibrinolyse eingeleitet. Die eindringenden Zellen setzen Aktivatoren für das im Blutgerinnsel gespeicherte Plasminogen frei – es ist Plasmin, das die Fibrinmatrix spaltet. Interessanterweise ermöglichen Mausmodelle, denen Fibrinogen fehlt, die Knochenregeneration,141 während solche, denen Plasminogen fehlt, eine beeinträchtigte Knochenregeneration zeigen.64 Diese Befunde unterstreichen die Bedeutung der Fibrinolyse über die Bildung der Fibrinmatrix.

Mausmodelle haben auch zum Verständnis der Bedeutung von Makrophagen bei der Knochenregeneration beigetragen, wie sie schon früh bei der Wundheilung gezeigt wurde. Die Depletion von Makrophagen und die genetische Veränderung der Zellen, um ihre Aktivität auszulöschen, führen zu einer gestörten Knochenregeneration, einschließlich der intramembranösen Ossifikation, die in der regenerativen Zahnheilkunde der relevantere Weg ist, verglichen mit der endochondralen Ossifikation, die typischerweise bei der Frakturheilung beobachtet wird.95,135 Die Rolle der Makrophagen ist jedoch nicht auf eine Defektsituation beschränkt. Zum Beispiel bilden Makrophagen während des Knochenumbaus eine Kappenstruktur über reifen Osteoblasten, was darauf hindeutet, dass sie über juxtakrine und einen parakrinen Mechanismus interagieren, der noch nicht vollständig aufgeklärt ist.25 Die klinische Bedeutung dieses Grundprinzips in der regenerativen Zahnheilkunde ist unklar, aber es eröffnet ein weites Feld für die Forschung, die Biomaterialien einbeziehen kann. Mausmodelle haben zudem den Beweis erbracht, dass zumindest eine vorübergehende Entzündung für die Knochenregeneration erforderlich ist, da z. B. der Knockout von TNFα24,48 und der Cyclooxigenase-2 (COX-2)142 eine beeinträchtigte Knochenregeneration verursacht. Außerdem scheinen in Knochen, denen BMP-2 fehlt, die frühesten Schritte der Frakturheilung blockiert zu sein,125 und es ist möglich, dass die lokale Entzündung die Expression von BMP-2 zumindest in vitro kontrolliert.46 Inwieweit Makrophagen an der für die Knochenregeneration erforderlichen Entzündung beteiligt sind, ist noch nicht untersucht worden. Auch hier sollte die klinische Relevanz dieser Beobachtungen mit Vorsicht interpretiert werden. Zum Beispiel sollten Schmerzmittel in der regenerativen Zahnheilkunde keine große Rolle spielen, da sie die Cyclooxygenasen nicht vollständig blockieren und nur vorübergehend eingesetzt werden.49 Die Knochenregeneration wird nicht beeinflusst oder gefährdet, wenn TNFα-Inhibitoren eingesetzt werden,122 wie in einer Situation chronischer Entzündung, einschließlich rheumatoider Arthritis und Colitis Ulcera. Daher sollten Befunde aus der Extremsituation eines Gen-Knockouts oder einer verstärkten Expression in Mausmodellen im klinischen Kontext vorsichtig interpretiert werden.

Mausmodelle unterstützen ebenfalls die Rolle von BMP-2 während der Knochenregeneration.125 Molekulare Screening-Ansätze haben eine lange Liste von Wachstums- und Differenzierungsfaktoren aufgedeckt, die während der Knochenregeneration, insbesondere bei der Frakturheilung, differentiell exprimiert werden und eine wichtige Rolle bei der Knochenbildung spielen.54 Beispielsweise haben BMP-4126 und BMP-7127 keinen Einfluss auf die Frakturheilung, aber die Wnt-Signalisierung ist entscheidend für die Knochenregeneration, basierend auf der Beobachtung mit einem Sclerostin-Antikörper und Sclerostin-Knockout-Modellen.4 Der Hedgehog-Signalweg spielt ebenfalls eine kritische Rolle für Osteoblasten während der Frakturreparatur.6 Während es offensichtlich das orchestrierte Zusammenspiel eines großen Spektrums lokaler und systemischer Signale ist, das die Osteoblastogenese und damit die Knochenregeneration antreibt, gibt es Wachstumsfaktoren wie BMP-2, die nicht nur unterstützend, sondern auch essenziell für die richtige Knochenregeneration und damit wahrscheinlich auch für die Transplantatkonsolidierung sind.

In Anbetracht des komplexen Zusammenspiels von Immunzellen, Endothelzellen, Osteozyten und Osteoklasten bei der Kontrolle der Knochenbildung sind jedoch noch viele molekulare Mechanismen zu entdecken. Die Histologie hat Einblicke in die Defektstellen gegeben und gezeigt, dass Osteoklasten bereits einige Tage nach der Verletzung aktiv sind und dass die Knochenbildung durch Osteoblasten 10 Tage nach der Implantatinsertion in einem Schweinemodell deutlich sichtbar ist.131 Der neue Knochen wächst ziemlich schnell, mit etwa 10 µm pro Tag, und sprießt in den Defektbereich ein. Anschließend bildet sich an der Oberfläche des gewebten Knochens lamellarer Knochen, der insgesamt unabhängig von Osteoklasten ist und sich somit in einer rein anabolen Phase befindet, bis das Knochenremodeling eingeleitet wird. Schließlich werden der Geflechtknochen und der primäre lamelläre Knochen durch sekundären lamellären Knochen ersetzt, was die letzte Phase der Knochenregeneration darstellt, und der Knochenumbau übernimmt. Was die Histologie überzeugend zeigt, ist, dass der neue Knochen in einen Bereich wächst, der reich an Blutgefäßen ist, ohne diese jedoch zu berühren.131 In Anbetracht der drei Möglichkeiten der Osteoblasten – ein Osteozyt zu werden, eine Belegzelle zu werden oder abzusterben – scheint ein Nachschub an neuen Osteoblasten, um die Knochenregeneration voranzutreiben, unabdingbar. Die unmittelbare Nähe der Osteoblasten hat immer auf Blutgefäße als Quelle der mesenchymalen Vorläuferzellen hingedeutet, aber es gab kaum Beweise. Heute haben fortgeschrittene Mausmodelle diese Hypothese unterstützt, indem sie z. B. gezeigt haben, dass nur ein bestimmter Typ von Endothelzellen (H-Typ) mit osteogenen Vorläuferzellen assoziiert ist, die den Perizyten ähneln, aber vielleicht eine eigene Population darstellen.78,134 Blutgefäße in den wachsenden Röhrenknochen sind reich an osteogenen Vorläuferzellen und sind prädestiniert, da sie den differenzierenden Marker Osterix exprimieren.78 Blutgefäße im Knochenmark tragen diese Zellpopulation jedoch nicht. Unter der Prämisse, dass die Knochenregeneration (bis zu einem gewissen Grad) die Knochenentwicklung nachbildet, liegt die Vermutung nahe, dass diese osteogenen Blutgefäße auch in die Defekte nach Implantatinsertion oder Knochenaugmentation einsprossen. Außerdem unterstützen Prx1-Cre-Mausmodelle die Rolle des Periosts als reiche Quelle osteogener Zellen. Diese Zellen können nach einer Verletzung effizient zur Knorpel- und Knochenbildung beitragen.41 Diese Erkenntnisse müssen nun auf höhere Tiere übertragen und ihre klinische Relevanz bestimmt werden.

Wenn die Gesamthypothese stimmt, ist die Bildung dieses Subtyps von Endothelzellen, die die osteogenen Zellen tragen, essenziell für die Knochenregeneration und damit auch für die regenerative Zahnmedizin. Seit den Pionierbefunden mit Parabiose-Experimenten22 gibt es jedoch gute Hinweise darauf, dass Blutgefäße die Vorläuferzellen der Osteoklasten liefern. Hier wird das Knochenmark bestrahlt und damit die Osteoklastenbildung beeinträchtigt; sie wird jedoch wiederhergestellt, wenn der Kreislauf an eine vitale Maus angeschlossen wird, sodass die Osteoklastenvorläufer über die Blutbahn transportiert werden müssen. Zusammengenommen sind die Blutgefäße also der Schlüssel für die Osteoblastogenese und Osteoklastogenese – und damit auch für die Knochenregeneration.

1.3.1 Osseointegration von Zahnimplantaten

Aus präklinischen histologischen Untersuchungen am Minipig131 und am Unterkiefer-Eckzahn,9 aber auch durch die Messung der Implantatstabilität im klinischen Umfeld,108,132 ist bekannt, dass innerhalb der ersten Woche die Resorption des periimplantären Knochens das Geschehen dominiert, bevor die Knochenbildung einsetzt (Abb. 1-6). Dieser frühe katabole Prozess ist für den Abbau des mikrogeschädigten nekrotischen Knochens erforderlich, der durch absterbende Osteozyten gekennzeichnet ist. Nach etwa 1 Woche sind die Osteoklasten verschwunden und hinterlassen eine osteophile Oberfläche, auf der neuer Knochen abgelagert wird (Abb. 1-7).9,131 Kleine Defekte, wie sie zwischen dem lokalen Knochen und den Gewinden der Implantate entstehen, werden mit neuem Knochen überbrückt. Diese relativ kleinen Abstände werden als Sprungdistanzen bezeichnet.11 Die primäre Ausbildung des Geflechtknochens zeigt ein typisches Bild mit Blutgefäßen in der Mitte eines offenen Rings aus neuem Knochen (Abb. 1-8). Dieses Bild stützt die Annahme, dass der Ursprung der für die Knochenbildung benötigten Zellen auf perizytischen Vorläuferzellen der einsprossenden Blutgefäße beruht.78,134 Dieser Knochen ist unreif und wird als Geflechtknochen bezeichnet.9 Später wird der Geflechtknochen durch lamellären Knochen verstärkt, der später modelliert und umgebaut wird.

Abb. 1-6Zahnimplantat nach 5 Tagen Osseointegration in einem Schweinekiefer, aus einer Studie von Vasak et al.131 Fünf Tage nach der Implantation ist der Knochen in der Nähe der Implantatoberfläche fragmentiert, gequetscht und hitzegeschädigt (dunkelrosa). Die Osteozyten in der Umgebung sind tot oder sterben ab. Osteoklasten (weiße Sternchen) graben Knochenkanäle, die aus den vorhandenen Knochenkanälen (Osteonen) sprießen, um den beschädigten Knochen zu erreichen und zu resorbieren. Sie sind dabei, den am meisten geschädigten Knochen in der Nähe des Implantats zu erreichen und werden ihn bald abtragen.

Abb. 1-7Zahnimplantat nach 10 Tagen Osseointegration in einem Schweinekiefer, aus einer Studie von Vasak et al.131 Zehn Tage nach der Implantation haben schwache Trabekel aus neuem Knochen den beschädigten alten Knochen bereits ersetzt. Der neue Knochen wächst weiter. Scharen von Osteoklasten resorbieren den verbleibenden beschädigten Knochen.

Abb. 1-8Zahnimplantat nach 10 Tagen Osseointegration in einem Schweinekiefer, aus einer Studie von Vasak et al.131 Dynamik der frühen Knochenbildung in den Gewindegängen eines Implantats. Neuer Knochen (violett) wächst sowohl auf der Implantatoberfläche als auch auf Fragmenten des alten, nicht resorbierten Knochens (hellrosa). Erythrozyten (dunkelblau) zeigen das Vorhandensein von Blutgefäßen an.

Die Modellierung bezieht sich auf die funktionellen Anpassungen, die auf der Reaktion des Knochens auf biomechanische Reize gemäß dem Wolffschen Gesetz und der Mechanostat-Theorie von Frost basieren.44 Wir beginnen heute zu verstehen, wie Knochenzellen mechanische Energie wahrnehmen und in biologische Signale übersetzen. Diese Signale entkoppeln vorübergehend das Remodeling-Gleichgewicht von Osteoblasten und Osteoklasten, da sonst keine strukturelle Veränderung der Knochenanatomie möglich ist.96 Das Remodeling sorgt also für den Erhalt der Knochenqualität und den langfristigen Implantaterfolg. Nach aktuellen Hypothesen werden die bei Belastung entstehenden nekrotischen Knochenareale durch Osteoklasten resorbiert und umgehend durch Osteoblasten ersetzt, was ursprünglich von Frost44 postuliert wurde und inzwischen durch das apoptotische und nekrotische Absterben von Osteozyten erklärt wird.65,66 Osseointegration ist also nicht nur der Übergang von mechanischer Primärinstabilität zu biologischer Sekundärstabilität durch Knochenregeneration;86 sie erfordert auch den kontinuierlichen Erhalt der Knochenqualität durch Remodeling. Regeneration und Remodeling unterliegen nicht notwendigerweise den gleichen Regulationsmechanismen; so kann z. B. die Knochenbildung während der frühen Frakturheilung ohne die resorptive Aktivität von Osteoklasten erfolgen,50,85 während das Knochenremodeling strikt auf der gekoppelten Wirkung von Osteoklasten und Osteoblasten beruht.112 Was für die Osseointegration gilt, wird auch bei der Transplantatkonsolidierung – der Osseointegration von Autotransplantaten – beobachtet.

1.3.2 Autogene Knochentransplantate

Auch wenn es eine lange Tradition gibt, autologen Knochen als Goldstandard zu betrachten, muss diese Behauptung präzisiert werden. Die Knochentransplantation geht auf das Jahr 1879 zurück, als ein Knochentransplantat bei einem 3-jährigen Jungen mit großem Oberarmknochenverlust eingesetzt wurde.36 Aus orthopädischer Sicht sind Berichte wie der von Albee aus dem Jahr 19302 lesenswert. Von den Pioniertagen bis heute bestand die primäre Intention der Knochentransplantation darin, den Ersatz von fehlendem Knochen bei Defekten kritischer Größe zu ermöglichen.103 In der Implantologie wurden ab den 1980er Jahren Knochentransplantate, die aus dem Darmbein und dem Unterkiefer entnommen wurden, verwendet, um die alveoläre Atrophie des Ober- und Unterkiefers rückgängig zu machen.124 Zu dieser Zeit wurde auch die Knochenregeneration mit Autotransplantaten mit denen verglichen, die mit Knochenersatzmaterialien behandelt wurden.

Präklinische Untersuchungen an Unterkieferdefekten von Schweinen zeigten überzeugend, dass nach 2 Wochen in Anwesenheit von autologen Knochenspänen im Vergleich zu Knochenersatzmaterialien fast doppelt so viel Knochenneubildung stattgefunden hatte;16,59,60 dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass autologe Knochenspäne die Knochenneubildung unterstützen. In demselben Modell, in dem Defekte mit kortiko-zellulären Blöcken, die mit einer Knochenfräse, einem Knochenspatel, einer Piezochirurgie und einer Knochenaufschlämmung partikuliert wurden, gefüllt wurden, beschränkte sich die Knochenbildung nach 1 Woche auf die Ränder des Defekts und betrug insgesamt 3 bis 4 % neuen Knochens; in der Mitte des Defekts wurde keine Knochenbildung beobachtet.100 Knochenspäne, die etwa 20 bis 30 % der Fläche ausfüllten, wurden in erheblichem Maße von Osteoklasten bedeckt.100 Nach 2 Wochen hatte die Knochenbildung zugenommen und bedeckte 20 bis 30 % der Defektfläche, während innerhalb von nur 1 Woche 20 bis 40 % der Knochenspäne resorbiert wurden.100 Diese dynamische Phase der Transplantatresorption, gefolgt von einer umfangreichen Knochenneubildung, setzt sich nach 4 und 8 Wochen fort, wenn auch insgesamt langsamer. Die geringe Resorption und das günstige osteogene Potenzial von autologem Knochen wird durch die Untersuchungen des Herausgebers dieses Buches unterstützt.

1.3.2.1 Knöcherne Lidtechnik

Bereits 1987 berichtete Khoury über seine klinischen Daten zur knöchernen Deckeltechnik bei der apikalen Wurzelresektion von Unterkiefermolaren.71 In einer weiteren Studie berichtete er über seine prospektiven Daten zu dieser Technik in der präimplantären und implantologischen Chirurgie.67 Der knöcherne Deckel ist eine kortikale Knochenplatte, die durch Schneiden und Luxieren von Teilen des Unterkiefers gewonnen wird (siehe Kapitel 4). Der kortikale Knochendeckel kann zudem in zwei Hälften geteilt werden, die als knöcherne Platte (stabilisiert durch Mikroschrauben) verwendet werden, die die Knochenpartikel an Ort und Stelle hält und so das Augmentations- und Implantationsgebiet formt (siehe Kapitel 4). Beim Wiedereintritt 3 Monate später zeigte die durchschnittliche Breite des Alveolarkamms nach dem Einsetzen des knöchernen Deckels einen Verlust von nur 0,5 mm, was etwa 7 % der ursprünglichen Dimension entspricht, was auf eine gute Volumenstabilität schließen lässt.

1.3.2.2 Split Bone Block (SBB)-Technik

Basierend auf den Prinzipien der Knochendeckeltechnik entnahm Khoury mit der MicroSaw monokortikale Knochenblöcke, vor allem aus dem retromolaren Bereich.69 Die Knochenblöcke wurden in Längsrichtung gespalten und mit einem Knochenschaber ausgedünnt, wobei gleichzeitig autologe Knochenspäne gewonnen wurden. Die dünnen Knochenblöcke wurden dann im Abstand zum Alveolarkamm mit Mikroschrauben stabilisiert, um Alveolarkämme mit ausreichendem Volumen und Dicke, insbesondere für die vertikale Knochenaugmentation, wiederherzustellen und eine spätere Implantation in der prothetisch erforderlichen Position zu ermöglichen. Der Raum zwischen den dünnen Knochenblöcken und dem verbleibenden Alveolarkamm wurde mit den autologen Knochenspänen aufgefüllt. Nach 3 Monaten wurden die Implantate in den augmentierten Bereich eingesetzt70,72 (siehe Kapitel 4). Nach weiteren 3 Monaten der Einheilung wurde freigelegt und die Höhe und Breite des transplantierten Bereichs gemessen. Gleichzeitig wurden mit Trepanfräsern Bohrkerne aus dem geplanten Implantatbereich für die Histologie entnommen (Abb. 1-9). Die mittlere Knochenresorption betrug zum Zeitpunkt der Implantatinsertion im Falle der vertikalen Augmentation im posterioren Oberkiefer 3,9 % in der vertikalen und 7,2 % in der horizontalen Dimension. Nach 10 Jahren Beobachtungszeit betrug die mittlere vertikale Knochenresorption, die auf den Röntgenbildern gemessen wurde, 8,3 %. Die vor der Implantation im zweizeitigen Ansatz gewonnenen Bohrkerne zeigen größere (Abb. 1-10a bis c) und kleinere (Abb. 1-11a bis c) Knochenspäne, die nun in den neuen Knochen integriert sind. Auffallend ist, dass die Knochenoberfläche nicht von vielkernigen Zellen besetzt ist. Die Knochenneubildung ist offensichtlich, sodass der augmentierte Bereich ideal erscheint, um den Prozess der Osseointegration von Zahnimplantaten zu unterstützen. Dies erklärt die Langzeitstabilität des vertikalen augmentierten Bereichs mit den osseointegrierten Implantaten.

Abb. 1-9Biopsie aus der Split Bone Block (SBB)-Technik. Der Raum zwischen den dünnen Knochenblöcken und dem verbleibenden Alveolarkamm wurde mit den abgeschabten autogenen Knochenspänen aufgefüllt. Nach 3 Monaten wurden die Implantate im transplantierten Bereich inseriert.70,72 Nach 3 Monaten der Einheilung wurden Knochenbohrer aus dem geplanten Implantatlager für die Histologie entnommen. In diesem Bild ist der neue Knochen violett gefärbt, während der alte, unberührte Knochen und die transplantierten Knochenspäne rosa sind.

Abb. 1-10a bis cNeue Knochenbildung auf der Oberfläche der transplantierten Knochenspäne. Bei der SBB-Technik füllen abgeschabte autogene Knochenspäne den Raum zwischen den kortikalen Knochenblöcken. Nach 3 Monaten wurden einheilende Knochenkerne aus dem zukünftigen Implantatlager entnommen. Der neue Knochen ist lila gefärbt, während die transplantierten Knochenspäne rosa sind. Beachten Sie die Zementlinien des transplantierten Knochens, die Anzeichen für ein vorheriges Knochenremodeling sind. Osteozyten-Lakunen sind entweder leer oder gefüllt.

Abb. 1-11a bis cNeue Knochenbildung auf der Oberfläche der transplantierten Knochenspäne. Abgeschabte Knochenspäne können verschiedene Formen haben und sogar Knochenstaub ähneln. Bei der SBB-Technik sind die Knochenspäne nach 3 Monaten der Einheilung von neuem Knochen bedeckt und es sind keine offensichtlichen Anzeichen von Resorption sichtbar.

1.3.2.3 Knochenkerntechnik

Für kleine Augmentationen wird die Knochenkerntechnik empfohlen. Die Entnahme eines Knochenkerns erfolgt mit Trepanfräsen unterschiedlichen Durchmessers, im Durchschnitt jedoch 3,5 mm Außen- und 2,5 mm Innendurchmesser (siehe Kapitel 4). Die Knochenkerne werden zusammen mit Knochenspänen zur Augmentation des Knochens unmittelbar nach der Implantation verwendet. Dieser trabekuläre Knochenkern kann analog zur kortikalen Knochenplatte verwendet werden und bietet eine kleine knöcherne Unterlage für die Knochenpartikel, die wiederum mit Mikroschrauben stabilisiert werden müssen. Nach 3 Monaten Einheilzeit werden die Implantate und der transplantierte Knochen freigelegt und die Breite des transplantierten Bereichs gemessen. Knochenkerne, die vollständig innerhalb der knöchernen Konturen transplantiert wurden, wiesen 3 Monate postoperativ keine Resorption auf, während in den meisten Fällen Knochenkerne, die teilweise außerhalb der knöchernen Konturen transplantiert wurden, eine partielle Resorption des Knochens außerhalb der knöchernen Konturen zeigten.67 Ähnlich wie bei der Knochendeckeltechnik verlor die durchschnittliche Breite des mit dem trabekulären Knochenkern rekonstruierten Bereichs beim Wiedereintritt 3 Monate später nur 0,3 mm, was etwa 13 % der ursprünglichen Dimension entspricht, was wiederum auf eine gute Volumenstabilität schließen lässt. Was wir aus diesem Ansatz lernen können, ist, dass in einem klinischen Szenario die Resorption sowohl der kortikalen Knochenplatten als auch der trabekulären Knochenkerne gering ist und dass die Knochenspäne nach 3 Monaten gut in den neu gebildeten Knochen integriert sind.67–69 Insgesamt ermöglichen und unterstützen Autotransplantate in dieser speziellen Indikation möglicherweise sogar das Auftreten einer natürlichen Knochenbildung, die vom Knochenbett der Empfängerregion und vielleicht auch von den transplantierten Autotransplantaten ausgeht. Darüber hinaus und interessanterweise bleibt das augmentierte Volumen mit einer Resorption von etwa 7 bis 13 % nach 3 Monaten recht stabil.

Knochenresorption tritt auch nach Zahnextraktion auf, wie in Eckzahnmodellen5 und klinischen Fällen berichtet wurde,104 und wenn die knöcherne Wand dünn ist, verschwindet sie sogar, wahrscheinlich aufgrund der fehlenden Gefäßversorgung.26 Die Fragen sind ebenso spannend wie wichtig: 1) Warum werden transplantierte Autografts resorbiert? 2) Warum erfolgt diese Resorption je nach Größe und Anatomie des Autotransplantats teilweise, aber nicht vollständig? 3) Warum ist es schwierig, das Ausmaß der Resorption vorherzusagen?

Es gibt sicherlich viele Gründe für die Knochenresorption – einige sind bekannt wie z. B. der Einfluss der Muskelaktivität, andere sind noch unbekannt. Bei humanen Sinusaugmentationen mit rein autologen Transplantaten gehen innerhalb von 6 Monaten etwa 40 % des Knochenvolumens verloren, wahrscheinlich durch den Atemdruck auf die Sinusschleimhaut, die den transplantierten und nicht mechanisch widerstandsfähigen trabekulären Knochen bedeckt,31,47,101 ähnlich wie in einem Hundemodell.102 Bei Patienten mit Alveolarspalte zeigten transplantierte Beckenknochen vergleichbare Knochenresorptionsraten von weniger als 40 % innerhalb von 6 Monaten.39,136 Auf zellulärer Ebene ist die Resorption autologer Knochenspäne durch Osteoklasten innerhalb von 1 Woche bei dem oben erwähnten Unterkieferdefekt vom Schwein besonders deutlich.100 Es scheint, dass transplantierter Knochen, der eine Nekrose erfährt, zur Resorption neigt – ähnlich wie lokale Knochenbereiche mit Mikrorissen, die einen Ermüdungsschaden erleiden und durch Remodeling ersetzt werden.107

1.4 Autotransplantat-Resorption

Es muss mindestens einen Mechanismus geben, der die Resorption des transplantierten Knochens steuert. Eine mögliche Erklärung könnte die Funktion von Osteozyten sein, die ubiquitär im Knochen vorhanden sind und ein kohärentes Netzwerk bilden.15 Osteozyten können die Bildung von knochenresorbierenden Zellen steuern, indem sie RANKL exprimieren,89,138,139 ein zentraler Agonist der Osteoklastogenese.118 Darüber hinaus gibt es immer mehr Hinweise aus der Mausforschung, dass sterbende Osteozyten die Osteoklastogenese signifikant fördern.120 Die Resorption von Alveolarknochen nach Zahnextraktion, Implantation und frühen Stadien der Transplantatkonsolidierung nach Knochentransplantation kann ebenfalls mit Osteozyten in Verbindung gebracht werden. In allen Fällen ist das Knochengewebe von den Blutgefäßen getrennt, und daher ist die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Osteozyten durch passive Diffusion eingeschränkt oder sogar unmöglich. Folglich sterben die Osteozyten ab und fördern über einen molekularen Mechanismus die Expression von RANKL durch die benachbarten Osteozyten, die wiederum die Osteoklastogenese einleiten können.65,66 Die von den absterbenden Osteozyten freigesetzten Moleküle können über einen C-Typ-Lektin-Rezeptor auch die Empfindlichkeit der Osteoklastenvorläufer gegenüber RANKL erhöhen. Wichtig ist, dass beim entlastungsinduzierten Knochenverlust auch die absterbenden Osteozyten über ihre Expression von RANKL die Knochenresorption verstärken.17 Demnach ist die Knochenresorption, vermutlich auch in der Zahnmedizin, an absterbende Osteozyten gebunden und schreitet nicht unkontrolliert voran. Es liegt jedoch die Vermutung nahe, dass absterbende Osteozyten nicht nur die osteoklastogene Resorption, sondern auch den Reparationsprozess durch Knochenneubildung als normale physiologische Reaktion des Remodellings vorübergehend fördern können. So folgt auf den anfänglichen Schub der Knochenresorption, der an Implantatstellen131 und bei Knochentransplantationen100 auftritt, die Einwanderung osteogener Vorläuferzellen, die sich an der Oberfläche des Wirtsknochens, der Autotransplantate und auch auf Biomaterialien, einschließlich Zahnimplantaten, zu knochenbildenden Osteoblasten entwickeln.131

Elegante präklinische Studien an Mausmodellen stützen die Hypothese durch Experimente, in denen die Apoptose der Osteozyten nach der Präparation eines Implantatbetts analysiert wurde, z. B. erzeugen Bohrer eine Zone von toten und absterbenden Osteozyten um die Osteotomie29, die in Abhängigkeit vom Eindrehmoment zunimmt.19 Die pharmakologische Unterdrückung der Apoptose kann auch die Knochenatrophie nach der Extraktion in einem Rattenmodell reduzieren.105 Daher besteht die Strategie, niedrig-invasive Bohrerdesigns zu entwickeln, die eine geringe Hitze und mechanische Reibung auslösen, mit dem Gesamtziel, die Lebensfähigkeit der Osteozyten zu erhalten.1,28 In einer bovinen Femora können Testbohrer 47 °C erreichen, insbesondere nach wiederholter Anwendung,20 was Experimenten mit Polyurethanschaumblöcken ähnelt,43 einer Temperatur, die in einem Rattenmodell Osteozytenschäden und RANKL-Expression verursacht.37 Die Schneidenergie wird in Wärme umgewandelt.80 Die durch das Bohren erzeugten Knochenspäne80 folgen vermutlich der Achse sterbende Osteozyten – RANKL-Expression und werden von Osteoklasten entfernt, bevor die osteokonduktiven Eigenschaften zum Tragen kommen. Daher scheint es relevant, beim Setzen von Implantaten, bei der Extraktion von Zähnen und wahrscheinlich auch bei der Entfernung von Knochentransplantaten besonders auf atraumatische Verfahren zu achten, mit dem übergeordneten Ziel, die Vitalität der Osteozyten zu erhalten. Zum Beispiel zeigten die meisten Biopsien zum Zeitpunkt der Implantatinsertion bei freien Fibula- oder Beckenkammknochentransplantaten teilweise oder ganz nekrotischen Knochen.58 Auch bei freien Fibulatransplantaten nach einer Unterkieferrekonstruktion gibt es eine begrenzte Atrophie.57,110 Es stellt sich die Frage: Wie viel vitaler Knochen ist für das Überleben des Transplantats notwendig?

1.5 Osteokonduktive Eigenschaften von Autotransplantaten

Nach den Lehrbüchern hat autologer Knochen die folgenden Eigenschaften: „osteokonduktiv, osteogen und osteoinduktiv“.3 Mit dem Begriff „osteokonduktiv“ wird die Eigenschaft beschrieben, dass sich an der Oberfläche neuer Knochen bilden kann.3 Daher können osteokonduktive Materialien nicht nur als Leitschiene für die Knochenregeneration in einem Defekt kritischer Größe dienen, sondern auch bei der Knochenaugmentation. Es ist zudem ein, wenn auch ungewöhnlicher, Begriff für die Eigenschaft von Implantatoberflächen, die die Anlagerung neuen Knochens ohne die Bildung einer fibrösen Schicht ermöglicht.3,34 Osteokonduktivität benötigt demnach zunächst eine Oberfläche. Sobald der transplantierte Knochen teilweise resorbiert wurde, wird die verbleibende Knochenoberfläche wieder osteokonduktiv.100 Transplantierter Knochen, der nach der anfänglichen Resorptionsphase übrig bleibt, dient als Führungsschiene. Klinisch ist es daher üblich, autologen Knochen unter Berücksichtigung der Teilresorption zu dimensionieren. Der Grund, warum autologer Knochen in den ersten Wochen nach der Transplantation in einem Schweineunterkieferdefekt16 deutlich mehr Knochenneubildung zulässt als Knochenersatzmaterial, bleibt Spekulation, aber es ist nicht sonderlich überraschend, dass Osteoblasten und ihre mesenchymalen Progenitoren die mineralisierte Oberfläche mögen, die sie selbst produziert haben. Zusammenfassend kann die Eigenschaft osteokonduktiv für autologen Knochen durch die Histologie bestätigt werden.

1.6 Osteogene Eigenschaften von Autotransplantaten

Autotransplantate enthalten lebensfähige Osteoprogenitorzellen, im Gegensatz zu Allotransplantaten und Knochenersatzmaterialien xenogenen und synthetischen Ursprungs. Per Definition bedeutet osteogen, dass die bei der Transplantation mitgebrachten Zellen aktiv an der Knochenbildung teilnehmen, d. h. osteogene Vorläuferzellen der mesenchymalen Linie differenzieren nach der Transplantation zu Osteoblasten und bilden neuen Knochen. Zahlreiche In-vitro-Studien haben gezeigt, dass osteogene Zellen aus Explantatkulturen von Knochentransplantaten, insbesondere aus trabekulärem, aber auch aus kortikalem Knochen, generiert werden können.56,115 Das Schlüsselexperiment, das die Osteogenität bewies, bezog sich auf die Transplantation an ektopische Stellen. Diese Forschung fand in den 1970er Jahren statt, als Gray und Elves Isotransplantate aus dem Ilium52 und der Femurdiaphyse,53 z. B. in den Rücken von Ratten transplantierten. Sie zeigten nach 2 Wochen eine Knochenbildung, die hauptsächlich von den transplantierten endostealen und periostealen Zellen ausging. Sobald die Zellen durch enzymatische Verdauung oder durch Auskochen entfernt wurden, war die osteogene Kapazität gleich null, was darauf hindeutet, dass die Osteozyten die Zellen an der Oberfläche nicht ersetzen konnten und dass die Knochenmatrix allein keine Knochenbildung induzieren konnte.

In einem xenogenen Transplantationsmodell wurden 5 mm3 große humane Spongiosa aus dem proximalen Femur in immundefiziente Mäuse transplantiert, die eine Bestrahlung und eine Depletion von Makrophagen und natürlichen Killerzellen erhielten. Übereinstimmend wurde nach 8 Wochen neuer Knochen durch menschliche Knochenzellen und nicht durch die Induktion von mesenchymalen Zellen des Wirts in Osteoblasten der Maus gebildet.13 Knochentransplantate unterlagen jedoch in unbehandelten immundefizienten Mäusen einer Resorption und Nekrose, wenn man bedenkt, dass sich Makrophagen zu Osteoklasten entwickeln konnten.13 In einem Ziegenmodell wurde außerdem eine ektopische Transplantation von 1 cm3 kondylärer Spongiosa des Oberschenkels in den paraspinalen Muskel transplantiert. Sowohl die Blocktransplantate als auch die entsprechenden Knochenspäne zeigten nach 12 Wochen eine ektopische Knochenneubildung. Nach dem Auftauen behielten die Blocktransplantate ein schwaches osteogenes Potenzial, während die entsprechenden Knochenspäne resorbiert wurden,75 wahrscheinlich weil nur wenige osteogene Zellen unter solchen Bedingungen überleben können.114 Präklinische Untersuchungen an Ziegen zeigten, dass eine gut ernährte Umgebung erforderlich ist, damit die transplantierten osteogenen Zellen zur Knochenbildung beitragen können.74 Mausmodelle zeigten außerdem, dass perivaskuläre Zellen, die sich in transkortikalen Kanälen befinden, zur Osteoblastenbildung und zum Verschluss der Knochenröhre in einem Kortikalknochentransplantationsmodell beitragen.97,123

Neuere Erkenntnisse deuten außerdem darauf hin, dass zumindest in einem Mausmodell das Intervall zwischen der Entnahme des Autotransplantats und der Transplantation dessen Lebensfähigkeit und Knochenbildungskapazität beeinflusst.119 Unmittelbar nach der Entnahme des Autotransplantats waren apoptotische Zellen kaum nachweisbar, aber bereits innerhalb von 5 Minuten hatte sich die Zahl der apoptotischen Zellen fast verdreifacht.119 Die Zeit zwischen Entnahme und Transplantation beeinflusste auch das osteogene Potenzial eines Autotransplantats nach der Transplantation.119 Insgesamt ähneln Autotransplantate dem osteogenen Potenzial von Tissue-Engineering-Konstrukten und zeigen eine ektopische Knochenbildung, allerdings bei kleinen Konstrukten, nur etwa 20 bis 70 mm3 bei Mäusen79 und bei Ziegen.76 Wichtig ist jedoch, dass bei der orthotopen Transplantation kein Vorteil der zellbasierten Therapien in Bezug auf die Knochenbildung an der Defektstelle festgestellt werden konnte.76 Abgesehen von der Tatsache, dass osteogene Zellen die Transplantation grundsätzlich überleben können und eine Quelle für Osteoblasten an ektopischen Stellen darstellen, muss noch untersucht werden, welchen Beitrag die transplantierten Zellen insgesamt zur Transplantatkonsolidierung leisten. Dennoch deuten unsere Biopsien darauf hin, dass der neue Knochen aus den transplantierten Knochenspänen stammen kann, wobei neuer, naszierender Knochen den Raum zwischen den transplantierten Knochenpartikeln überbrückt (Abb. 1-12).

Abb. 1-12Knochenneubildung an der Oberfläche der transplantierten Knochenspäne. Bei der SBB-Technik sind nach 3 Monaten einheilende Bereiche der naszierenden Knochenbildung nachweisbar. Die Struktur der zukünftigen Knochenbildung lässt sich bereits erahnen. Auch wenn der Ursprung des Knochens nicht definiert ist, scheint es, dass die Knochenbildung von den transplantierten osteogenen Zellen ausgeht.

1.7 Osteoinduktive Eigenschaften von Autotransplantaten

Die postulierte osteoinduktive Wirkung, die den Autotransplantaten zugeschrieben wird, ist fraglich. Die uneingeschränkte osteoinduktive Wirkung von Autotransplantaten kann per Definition nur durch ektopische Knochenbildung außerhalb des Skelettsystems und nicht nur im oder am Knochen nachgewiesen werden. Osteoinduktiv ist demineralisierter Knochen, aber auch Dentinmatrix, die beide nach Implantation eine Knochenneubildung auslösen können, z. B. im Muskel einer Ratte.63 Diese demineralisierte Knochenmatrix führte letztlich zur Isolierung und molekularen Charakterisierung von knochenmorphogenetischen Proteinen (BMPs). Es ist jedoch nicht allgemein bekannt, dass für die Isolierung und Charakterisierung von BMPs 5 bis 20 kg Knochen benötigt werden, um genügend Protein für die Aufreinigung, einschließlich der in vitro osteogenen Differenzierung und der in vivo osteoinduktiven Knochenbildung, zu erhalten.8,83,133 Es gibt jedoch keine Beweise für eine ektopische Knochenregeneration nach Transplantation von Knochenspänen in einen Muskel; im Gegenteil, die Knochenspäne werden resorbiert, ohne dass neuer Knochen durch vom Wirt stammende induzierte Osteoblasten gebildet wird.13

Bei der Implantation in die Muskeltaschen von Beagle-Hunden wurden Knochentransplantate schnell resorbiert, während Alloplasten und ein synthetisches biphasisches Kalziumphosphat geringe Anzeichen ektopischer Knochenbildung zeigten.87 Auch bei Wistar-Ratten waren autologe Knochenspäne aus einem kortiko-zellulären Knochenblock, der in einen Muskel implantiert wurde, nach 6 Wochen vollständig resorbiert.88 Wenn native Knochenspäne tatsächlich unbegrenzt osteoinduktiv wären, würde das bedeuten, dass, wenn Knochenspäne in das Weichgewebe eindringen, dort neuer Knochen gebildet würde. Dieser Nebeneffekt der ektopischen Knochenbildung im Weichgewebe wäre klinisch unerwünscht. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass zumindest während des Knochenumbaus Osteoklasten TGF-β1 aus der Knochenmatrix freisetzen, das mesenchymale Progenitoren an die Umbaustellen rekrutiert.32 Kürzlich wurde bestätigt, dass TGF-β1, das durch die saure Lyse von Knochen freigesetzt wird, ein wichtiger Regulator der Genexpression in mesenchymalen Zellen in vitro ist.117 Außerdem verzögerten saure Knochenlysate die Knochenbildung in einem Rattenkalvariendefektmodell.116 Da die Häufung dieser Ergebnisse eine wesentliche Beteiligung von BMPs an der Transplantatkonsolidierung unwahrscheinlich macht und nahelegt, dass TGF-β1 die Einwanderung von Progenitorzellen unterstützt, muss die Idee der osteoinduktiven Eigenschaften von Autotransplantaten überdacht und nur auf die Unterstützung der Knochenbildung im direkten Kontakt mit Knochengewebe beschränkt werden.

1.8 Zusammenfassung

Zusammenfassend spiegeln die in Kapitel 4 dieses Buches vorgestellten chirurgischen Ansätze – die knöcherne Deckeltechnik, die SBB-Technik und die Knochenkerntechnik67,68 – die in diesem Kapitel vorgestellten Grundprinzipien erfolgreicher Knochenheilung gut wider, nämlich:

Autotransplantate haben günstige osteokonduktive Eigenschaften, sodass sich an der Oberfläche Knochen bilden kann.

Wenn Autotransplantate entnommen und sofort verwendet werden, können sie osteogene Eigenschaften aufweisen, wobei die transplantierten Zellen zur Knochenbildung beitragen können.

Die osteoinduktiven Eigenschaften von Autotransplantaten sind fraglich, und es ist wünschenswert, ektopische Knochenbildung an Weichteilstellen zu vermeiden.

Dennoch werden bei der Resorption von Autotransplantaten Wachstumsfaktoren freigesetzt, die die Transplantatkonsolidierung unterstützen könnten. Das Ausmaß der Resorption kann bei bestimmten Indikationen klinisch kontrolliert werden, darunter auch bei den in diesem Buch vorgestellten biologischen Ansätzen.

Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transplantatkonsolidierung sind mechanisch stabile Bedingungen in einem gut vaskularisierten Bereich mit vitalen Knochenwänden als Ursprung des neu gebildeten Knochens. Die Definition eines Goldstandards sollte in erster Linie klinisch gesehen und für jede Indikation definiert werden, da die tierexperimentelle Forschung meist auf einer kurzen Beobachtungszeit von nur wenigen Wochen basiert. Es scheint daher lohnenswert, die experimentellen Arbeiten zu den autogenen Knochenexperimenten der Pioniere wieder aufzunehmen, letztlich auf der Suche nach molekularen und zellulären Erklärungen für die Definition eines Goldstandards.

Danksagung

Die Unterstützung von Dr. Stefan Tangl und Toni Dobsak (Core Facility Hartgewebe- und Biomaterialforschung, Karl-Donath-Labor) bei der Erstellung der Abbildungen für dieses Kapitel ist sehr zu schätzen.

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