Kompass Kinderernährung - Nikola Klün - E-Book

Kompass Kinderernährung E-Book

Nikola Klün

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Beschreibung

Gesundes Essen für Kinder ganz entspannt

Für die Beikosteinführung wird Eltern oft noch ein Plan mitgegeben, aber spätestens mit dem ersten Geburtstag heißt es dann ran an die Familienkost und sie werden mit ihren Fragen weitgehend allein gelassen. Dabei kommen häufig gerade jetzt die ersten großen Probleme auf: Kinder entwickeln sich zu mäkeligen Essern und verschmähen gesunde Lebensmittel. Und sie wollen auf einmal mitbestimmen, was auf den Teller kommt. Das kann zu täglichen Machtkämpfen und viel Frustration auf beiden Seiten führen. Die Kinderärztin und Ernährungsmedizinerin Dr. Nikola Klün hilft Eltern mit diesem Ernährungskompass für Kinder dabei, gesundes Essen im Alltag umzusetzen und dabei entspannt und gelassen zu bleiben. Auf dem neuesten Stand der Forschung und angepasst an die Lebenswirklichkeit heutiger Eltern nimmt sie jede Lebensphase in den Blick, von Babys, über Klein- und Kindergartenkinder bis hin zu größeren Schulkindern. Theoretisches Hintergrundwissen, praktische Tipps und einfache Rezepte machen diesen Guide zu einem unverzichtbaren Begleiter durch die ganze Kindheit.

  • Der umfassende Ratgeber zu einem Thema, das alle Eltern beschäftigt
  • Kinderernährung einfach und entspannt: mit vielen Tipps, Tricks und Rezepten für die leichte Umsetzung im Alltag
  • Von einer gefragten Expertin mit großer Online-Reichweite: Nikola Klün ist Kinderärztin, Ernährungsmedizinerin und Mutter

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Seitenzahl: 343

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Impressum

© 2024 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Die Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne die Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

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Hinweis

Die Ratschläge/Informationen in diesem Buch sind von Autorin und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Bildnachweis

Peoplefotografie: Susanne Krauss Photographie

Rezeptfotografie: Udo Einenkel

Bildredaktion: Sabine Kestler

Projektleitung: Sarah Gast

Lektorat: Dr. Ulrike Kretschmer, München

Korrektorat: Susanne Schneider, München

Umschlaggestaltung, Innenlayout, Grafiken: OH, JA! (www.oh-ja.com), München

Satz: Dr. Alex Klubertanz, Haßfurt

ISBN 978-3-641-30818-6

www.suedwest-verlag.de

Für meine Kinder Valentin und Charlotte, meine größten Lehrer und mein größtes Glück. Und für meine Eltern, die mich ein Leben lang unterstützt und meinen Rucksack mit Urvertrauen vollgepackt haben.

Inhalt

Gesunde Ernährung – Grundstein für das ganze Leben

Teil 1: Die Grundlagen der kindlichen Ernährung

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Ausflug in die Sinneswelt deines Kindes

Essen – weit mehr als nur schmecken

Gesund essen von Anfang an: Die Bedeutung der ersten 1000 Tage

Kinder mit Nährstoffen versorgen

Makro- und Mikronährstoffe

Die Nährstoffversorgung von Kindern in Deutschland

Genauerer Blick auf potenziell kritische Nährstoffe

Wachstumskurven als Messparameter für eine gute Nährstoffversorgung

Vegetarisch oder vegan ernährte Kinder

Wissenschaftlicher Diskurs und die Position der DGE

Kritische Nährstoffe unter der Lupe

Ernährungsberatung und medizinische Untersuchungen

Exkurs: Nahrungsmittelallergien

Teil 2: Ernährung in den einzelnen Lebensphasen

Das Babyalter — die Beikostzeit

Beikost, nicht Anstattkost: Warum Beikost nicht abstillen bedeutet

Die Beikostreife

Eintauchen in die Welt der Beikost – Umgebung, Stimmung, Begleitung

Typische Herausforderungen in der Beikostzeit

Auf einmal gibt es viele Möglichkeiten

Baby-led Weaning (BLW) – das Kind wählt selbst

Breikost UND breifreie Kost

Die Angst vor dem Verschlucken

Ungeeignete Lebensmittel für dein Baby

Vielfalt in der Beikostzeit: Allergieprävention und gut für das spätere Essverhalten

Was soll dein Baby trinken?

Kleinkindalter — ran an die Familienkost

Wie ein Kleinkind beim Essen »tickt«

Eine angenehme Mahlzeitenatmosphäre schaffen

Mahlzeitenstruktur im Kleinkindalter

Mahlzeiten servieren

Verbale Begleitung beim Essen

Die Macht der Exposition

Die Macht des Neuen

Der richtige Umgang mit Süßigkeiten und Nachspeisen

Kalorienbedarf und Nährstoffzusammensetzung im Kleinkindalter

Milch, Wasser und andere Getränke

Typische Herausforderungen in der Kleinkindzeit

Kindergartenkinder — ab jetzt alles leicht?

Der Entwicklungsstand deines Kindes

Ernährung als Lernfeld

Ungesunden Lebensmitteln ausgesetzt sein

Verbale Begleitung beim Essen

Mahlzeitenstruktur im Kindergartenalter

Neue Lebensmittel einführen

Kalorienbedarf und Nährstoffzusammensetzung im Kindergartenalter

Zu den einzelnen Lebensmittelgruppen

Brotzeitboxen und Essen unterwegs

Typische Herausforderungen in der Kindergartenzeit

Schulkinder — die Welt deines Kindes wird größer

Die Latenzphase: Konzentration auf Weiterentwicklung und Lernen

Der Entwicklungsstand deines Schulkindes

Mahlzeitenstruktur im Schulkindalter

Der Familientisch in der Grundschulzeit

Kalorienbedarf und Nährstoffzusammensetzung im Schulkindalter

Typische Herausforderungen in der Schulkindzeit

Ausblick: Die Pubertät – eine besondere Zeit

Teil 3: Die Rezepte

In die Küche, fertig, los!

Der Mahlzeitenbaukasten

Rezeptideen für Babys

Rezeptideen für Kleinkinder

Frühstücksrezepte

Schnelle Mittagsrezepte

Für zwischendurch

Familienrezepte fürs Abendessen

Anmerkungen

Rezeptregister

Register

Impressum

Gesunde Ernährung – Grundstein für das ganze Leben

Kindern gesunde Ernährung näherzubringen ist nicht nur eine der Aufgaben der Elternschaft. Gesunde Ernährung in der Kindheit bedeutet, den Weg für ein langes, gesundes Leben zu ebnen. Kardiovaskuläre Erkrankungen, also Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sind weltweit Todesursache Nummer eins, und die Ernährung mitsamt ihren positiven sowie negativen Auswirkungen trägt maßgeblich zum Risikoprofil kardiovaskulärer Erkrankungen bei. Typischerweise beginnen Gefäßverkalkungen nicht erst im späten Erwachsenenalter: Die ersten Veränderungen lassen sich bereits im Kindesalter feststellen; hier sammeln sich unter der Innenschicht der betroffenen Arterien mit Cholesterin gefüllte Zellen an.

Zahlreiche gesundheitliche Vorteile

Doch die Vermeidung von Herzinfarkt und Schlaganfall ist nicht der einzige Grund, warum eine gesunde Ernährung für Kinder so immens wichtig ist. So gibt es beispielsweise immer mehr Hinweise darauf, dass der regelmäßige Verzehr von Gemüse und Obst das Risiko für bestimmte Krebsarten wie Lungen-, Brust-, Darm-, Magen- und Speiseröhrenkrebs senken könnte.

Diese Zusammenhänge verdeutlichen die elterliche Verantwortung für die gesunde Ernährung ihres Nachwuchses im Kindesalter, sie können aber auch Druck ausüben. Besonders die Eltern kritischer oder mäkeliger Esser können sich von der Aufgabe überfordert fühlen.

Das Was und das Wie

In diesem Buch möchte ich dir nicht nur näherbringen, WAS dein Kind essen darf, ich möchte dir auch Strategien an die Hand geben, WIE du die Ernährung zu einem positiven Aspekt des Familienalltags gestalten kannst. Ich bespreche Schritt für Schritt anhand der Entwicklung deines Kindes, wie typische Hürden genommen werden können und gesunde Ernährung ihren Platz findet. Dabei werden alle Altersgruppen bis zur Pubertät mit ihren ganz eigenen Bedürfnissen und Herausforderungen berücksichtigt.

Du wirst überrascht sein, dass du die Essgewohnheiten deines Kindes tatsächlich verbessern und damit DEN Beitrag dazu leisten kannst, dass dein Kind ein lebenslanger gesunder Esser bleibt. Ich möchte dich in den folgenden Kapiteln dafür sensibilisieren, problembehaftetes Essverhalten frühzeitig zu erkennen und einem solchen Essverhalten gegenzusteuern. Dieses Buch soll dir den Weg zu entspannten Familienmahlzeiten aufzeigen.

Mein Weg zu diesem Buch

Meine Lebensgeschichte und meine Ausbildung brachten mich zu diesem Buch. Als Kind war ich eine eher zurückhaltende, aber gesunde Esserin. Soweit ich mich erinnere, habe ich mir über Essen in dieser sehr glücklichen Zeit meines Lebens wenig Gedanken gemacht. Ich aß, wenn ich Hunger hatte, und hörte damit auf, wenn ich satt war. Ab und zu war ich so in meine Spiel- und Traumwelt versunken, dass ich ganz vergaß zu essen.

In der Pubertät und Studienzeit verlor ich nach und nach den gesunden Bezug zum Essen und dachte wie so viele Frauen meiner Generation ständig über Essen und meinen sich verändernden Körper nach. Es gab Zeiten, da aß ich mehr, als mein Körper brauchte, in wiederum anderen Zeiten aß ich weniger und in wieder anderen Zeiten verlor ich den Fokus »gesund« ganz aus den Augen. Lange Zeit hatte ich das Gefühl, nicht in meinem Körper zu sein, nicht fit zu sein, kurz: Ich fühlte mich in meinem Körper nicht wohl.

Die Beschäftigung mit gesunder Ernährung, das Erlernen einiger Fertigkeiten in der Küche und gemeinsame Kochabende mit meinem Mann brachten mir die Freude am Essen wieder zurück. Und sobald Essen wieder zu einer freudigen Angelegenheit geworden war, veränderte sich mein Körper auch mehr »zu mir«. Ich lernte, was ich als Kind längst gekonnt hatte: zu essen, wenn ich Hunger hatte, und aufzuhören, wenn ich satt war. Ernährung und die Beschäftigung mit ihr sind mittlerweile ein wichtiger Teil meines Lebens. Deswegen ließ ich mich auch zur Ernährungsmedizinerin ausbilden – und weil ich überzeugt davon bin, dass die Ernährung einen der wichtigsten Beiträge zu unserer lebenslangen Gesundheit leistet.

Eigene Erfahrungen

Als ich Mutter wurde und die Beikostzeit meines Sohnes begann, wollte ich auf dem Gebiet alles richtig machen. Ich wollte ihm Genuss und Experimentierfreudigkeit vermitteln. Tatsächlich musste ich mich bei ihm vor allem anfangs kaum anstrengen, um diese Ziele zu erreichen. Er aß von Anfang an mit großer Freude, aß alles, was ich ihm vorsetzte, blitzschnell auf, und ich fragte mich, warum es all diese Ratgeber zur Beikostzeit gab.

Als meine Tochter anderthalb Jahre später ihre Reise in die Kulinarik antrat, war ihr Ansatz deutlich zurückhaltender. Fast ein Jahr lang nahm sie außer Muttermilch wenig zu sich. Sie blieb ungern im Hochstuhl sitzen; wenn sie es doch tat, warf sie die liebevoll von mir zubereitete Mahlzeit Stück für Stück auf den Boden. Ziemlich zeitgleich kam mein Sohn in eine Phase, in der er am liebsten den ganzen Tag nur Snacks zu sich nahm und jegliche Vitamine energisch ablehnte. So kam es, dass ich mich auf einer völlig neuen Ebene mit dem Thema Kinderernährung befasste. Ich wusste zwar, WAS ich meinen Kindern theoretisch anbieten sollte, merkte aber, dass das WIE genauso entscheidend ist. Nachdem ich mein Wie bei beiden Kindern umgestellt, an mir gearbeitet und dazugelernt hatte, veränderte sich auch das Essverhalten meiner Kinder. Ich war ungeheuer überrascht, wie groß mein Einfluss war -und das, obwohl ich keine Anweisungen gab, sondern lediglich meine Einstellung zum Thema geändert hatte.

Mit Freude genießen

Als Ärztin in der Kindermedizin und Ernährungsmedizinerin konnte ich andere Eltern selbstbewusster beraten. Und ich konnte das theoretische Wissen über das WAS mit den praktischen Erfahrungen über das WIE verbinden. Dabei fiel mir auf, dass mein Konzept auch an anderen Familientischen funktionierte. Die Eltern waren begeistert und dankbar, denn endlich hatten sie wieder größeren Einfluss auf die Ernährung ihres Kindes und konnten damit auch einen größeren Beitrag zur Gesundheit des Kindes leisten.

Die Methoden, die du in diesem Buch von mir lernen wirst, werden sich für dich zunächst vielleicht etwas befremdlich anfühlen. Das liegt daran, dass wir als Kind von unseren Eltern mit entgegengesetzten Ansichten konfrontiert wurden. Wer wurde nicht aufgefordert, nicht mit dem Essen zu spielen, den Teller zu leeren und erst etwas Gesundes vor der Nachspeise zu essen? Doch wenn die Zeit am Familientisch angenehmer wird, wird sich diese gute Stimmung bald auch auf andere Lebensbereiche ausdehnen. Umgekehrt kann die Stimmung am Familientisch auch symbolisch für die Stimmung innerhalb der Familie stehen.

Der Spaß sollte beim Essen auf keinen Fall zu kurz kommen. Oft sind wir Eltern so in einer Verantwortungsspirale gefangen, dass wir vor lauter guten Vorsätzen vergessen, die Zeit (beim Essen) mit unseren Kindern zu genießen. Diese geheime Zutat kann ich dir also schon im Vorhinein verraten: Mit Spaß und Freude beim Essen erreichst du genau das, was du dir wünschst – einen genussreichen, freudigen Esser.

Essen darf meiner Meinung nach nicht als separates Erziehungsgebiet angesehen werden. Die Einstellung, mit der wir unseren Kindern beim Essen gegenübertreten, zeigt sich in allen anderen Lebensbereichen wie eine Blaupause. Nach der Lektüre dieses Buchs wirst du der Art und Weise, wie dein Kind die Kulinarik entdeckt, neugierig, entspannt und selbstbewusst gegenüberstehen. Du wirst gelernt haben, dass dein Kind Essen mit Körper, Kopf und Seele erleben will. Ich darf dich einladen, in den nächsten Kapiteln das Was und Wie der entspannten Kinderernährung zu erlernen. Dabei wünsche ich dir viel Spaß und guten Appetit!

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Teil 1

Die Grundlagen der kindlichen Ernährung

Die Weichen für unser späteres Essverhalten werden bereits in der Kindheit gestellt, und in dieser Zeit ist die optimale Versorgung mit Nährstoffen zudem besonders wichtig. Eltern fühlen sich deshalb häufig unter Druck gesetzt, wollen sie ihren Kindern doch den bestmöglichen Start ins Leben bereiten. Der erste Teil dieses Buchs bietet dir einen Überblick darüber, worauf du bei der Ernährung deines Kindes vor allem achten solltest.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Früher wurden Kinder häufig als kleine Erwachsene betrachtet, auf ihre speziellen Bedürfnisse wurde eher wenig Rücksicht genommen. Das hat sich geändert: Heute weiß man, dass man die Dinge nicht einfach maßstabsgetreu kleiner rechnen darf, damit sie für Kinder passen. Kinder haben andere Bedürfnisse als Erwachsene – auch in puncto Ernährung.

Ausflug in die Sinneswelt deines Kindes

Gibt es Lebensmittel, bei denen sich dir gewissermaßen die Zehennägel aufstellen, die du einfach nicht hinunterbringst? Ich persönlich kann diese Lebensmittel an den Fingern einer Hand abzählen, ich bin eine experimentierfreudige Esserin.

Dennoch würde ich trotz aller Höflichkeit bei einer Essenseinladung mit einem kleinen Grausen in der Magengegend nicht umhinkommen, Gorgonzola, Austern und Innereien abzulehnen. Mein Mann hingegen sieht mich entgeistert an, wenn ich einen ganzen geräucherten Saibling verdrücke und mir hinterher eine Mandarine schäle. Ich möchte, dass du nun einmal an dein »Graus-Lebensmittel« denkst, um dich besser in dein Kind hineinversetzen zu können.

Das Sinnessystem deines Kindes schlägt genauso Alarm, und dabei ist es völlig normal, dass es das bei einer großen Anzahl von Lebensmitteln tut. Evolutionsbiologisch ist dieses überempfindliche Alarmsystem durchaus sinnvoll. Die Skepsis gegenüber neuen Lebensmitteln entsteht meist nach dem ersten Geburtstag. Zu diesem Zeitpunkt wird das Menschenkind langsam mobil und hat sich vom sicheren Busen und Körper der Mutter weggewagt. Von nun an wächst das Misstrauen gegenüber neuen Lebensmitteln stetig, bis es im besten Fall aufgrund positiver Erfahrungswerte und Vorbilder nach und nach abgeschüttelt werden kann. Vor allem grüne Lebensmittel bargen über Tausende von Jahren hinweg die Gefahr, unreif und somit für den kindlichen Körper potenziell giftig zu sein – kein Wunder, dass bei Gemüse also erst einmal vehement protestiert wird.

Eine andere Wahrnehmung der Welt

Die evolutionsbiologisch eingebaute Skepsis wird durch ein überaus sensitives Sinnessystem unterstützt. Wir Erwachsene machen uns manchmal nicht klar, wie anders Babys und Kinder unsere Welt wahrnehmen. Während ich diese Zeilen tippe, leistet mein Gehirn bei der Bewertung meiner Sinnesinformationen Unglaubliches. Im Hintergrund läuft leise Musik, sie stört mich aber nicht in meiner Konzentration, sondern versetzt mich in eine produktive Stimmung. Bei genauerem Hinfühlen stelle ich fest, dass mein Pulli am Handgelenk etwas kratzig ist und meine Füße zu kalt sind. Das neue Parfüm kitzelt ein wenig in der Nase, eine gelöste Strähne aus meinem Zopf streicht beim Schreiben immer wieder über meinen Hals. Der Kaffee neben mir duftet herrlich.

Weil diese Zeilen aber aus mir herausfließen wollen, habe ich beschlossen, all diese Sinneswahrnehmungen in den Hintergrund zu schieben und meinen Fokus auf diesen Inhalt zu richten. Ich kann diese Entscheidung treffen, weil ich all die Eindrücke nun viele Jahre kennengelernt habe; sie sind nicht mehr neu und mein Gehirn hat gelernt, wichtige Eindrücke von weniger wichtigen zu unterscheiden und Letztere herauszufiltern. Mein Sinnessystem hat sich organisiert, es hat verschiedene Schubladen eingerichtet und bewertet und kategorisiert, ohne dass ich mich dafür aktiv entscheiden müsste.

Überwältigende Vielfalt von Sinneseindrücken

Für dein Kind sind die meisten der Sinneserfahrungen neu, spannend, verwirrend und überwältigend. Es muss nach und nach lernen, Eindrücke einzuordnen und zu sortieren. Ein überempfindliches Nervensystem kann dein Kind und dich vor Herausforderungen beim Essen stellen. Diese Kinder können mit den verschiedenen Beschaffenheiten und Strukturen unserer Nahrung überfordert sein und brauchen etwas mehr Zeit, um sich an starke Eindrücke zu gewöhnen. Umgekehrt können Kinder mit einem unempfindlichen Sinnessystem genauso Probleme beim Essenlernen haben, denn wenn sie zum Beispiel nicht gut spüren, wo im Mund sich die Nahrung befindet, kann das zu Kau- und Schluckproblemen führen. Sowohl bei einem empfindlichen als auch eher unempfindlichen Sinnessystem helfen Eindrücke, Praxiserfahrungen und eine positive, vielseitige Beschäftigung mit Nahrung, Schubladen zu bilden, die Dinge einzuordnen und Überforderung abzubauen.

Essen — weit mehr als nur schmecken

Am Vorgang des Essens und Essenlernens sind mehr Sinne beteiligt als lediglich der Geschmackssinn, wie das sprichwörtliche »Das Auge isst mit« beweist. Erstaunlich ist jedoch, wie viele Sinne tatsächlich beteiligt sind.

Der Gleichgewichtssinn

Ein stabiler Gleichgewichtssinn ist die Voraussetzung für das Erlernen der Feinmotorik. Der Pinzettengriff, die Benutzung von Besteck sowie Beißen, Kauen und Schlucken bauen auf einer Grundstabilität des Körpers auf. Deswegen kann eine falsche Position des Kindes im Hochstuhl oder Stuhl das Erlernen des Essens unmöglich machen. Wenn die kleinen Füße keinen festen Boden unter sich haben, wackelt das gesamte Kind; dadurch kann es mit dem Oberkörper auch kaum feine Bewegungen beim Essen ausführen.

Das propriozeptive System

Mit Propriozeption meint man die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum. Ohne dass ich hinschauen muss, spüre ich, wie mein rechter Fuß auf dem Boden steht, mein linkes Bein über dem rechten liegt, sich meine Handgelenke beim Tippen leicht auf den Schreibtisch legen; und ohne dass ich hinschauen muss, weiß ich ungefähr, wie kräftig ich die Finger auf der Tastatur bewegen muss. Durch die Rückmeldung der propriozeptiven Signale meines Körpers lerne ich, Bewegungen zu steuern, adäquate Kraft einzusetzen und beispielsweise eben auch Gabel und Messer zu benutzen.

Das visuelle System

Babys und Kinder greifen beim Essen von Anfang an auf ihren Sehsinn zurück. Nicht selten wird die Beikostreife von den Eltern unter anderem daran erkannt, dass große Kinderaugen jeden Bissen von Mama und Papa verfolgen. Der Sehsinn hilft deinem Kleinkind einige Monate später schnell, Essen zuzuordnen (und nicht zuzuordnendes Essen vehement abzulehnen).

Der Tastsinn

Unsere Hände, unsere Fingerspitzen und unser Mundbereich sind mit einer hohen Tastsensibilität ausgestattet. Deswegen werden interessante Gegenstände oder jede Art von Lebensmittel ertastet und erkundet. Durch Hände und Mund wird Fremdes zu Vertrautem.

Der Hörsinn

Ja – auch das Hören ist Teil des Sinneserlebnisses Essen. Tatsächlich spielt der Hörsinn sogar eine größere Rolle, als man annehmen würde. Die Geräusche, die knackige Lebensmittel wie Äpfel beim Kauen machen, werden von vielen Kindern als spannend empfunden. Du wirst erleben, dass dein Kind immer wieder einmal mit den Essgeräuschen experimentiert: Mal versucht es etwa, besonders laut zu essen, mal mit offenem Mund.

Der Geruchssinn

Jeder, der schon einmal eine verstopfte Nase (oder Corona) hatte, weiß, wie eng Geruchs- und Geschmackssinn zusammenhängen. 80 Prozent dessen, was wir als schmecken bezeichnen, leistet eigentlich der Geruchssinn. Er gibt dem Geschmack eine feinere Färbung, durch die Kombination von Geruch und Geschmack entsteht das Aroma. Dabei ist der Geruchssinn eng mit den emotionalen Arealen unseres Gehirns verknüpft. Wer kennt das nicht? Der Duft von Milchreis versetzt uns innerhalb von Sekunden in die Kindheit zurück, durch einen positiv erlebten Geruch entsteht augenblicklich ein wohliges Gefühl in der Bauchgegend.

Der Geschmackssinn

Auf der Zunge und im Gaumen befinden sich 2000 bis 5000 Geschmacksknospen, bei Babys ungefähr doppelt so viele. Das bedeutet, dass der Geschmackssinn der am besten ausgeprägte Sinn deines Babys ist. Die Geschmacksknospen können die Qualitäten süß, bitter, salzig, sauer und umami unterscheiden. Einige Wissenschaftler glauben, dass es sogar noch einen sechsten Grundgeschmack, den Fettgeschmack, gibt.

Die Geschmacksrichtungen stimulieren die Geschmacksrezeptorzellen auf unterschiedliche Weise und erzeugen nach einer biochemischen Kaskade zusammen mit dem Geruchssinn im Gehirn ein Geschmackserlebnis. Das Geschmackserleben und dementsprechend unsere Vorlieben werden zum einen von den Genen und zum anderen von unseren Geschmackserfahrungen geprägt. So kommt es auch, dass die indischen Babys schnell und mit großer Begeisterung an stark gewürzte Gerichte herangeführt werden, die japanischen Babys Misosuppe schlürfen und Algen knabbbern und manche westliche Kinder durch zu viel Fast Food verlernen, wie vielfältig Geschmack sein kann. Die Entwicklung des Geschmacks ist also weit mehr als lediglich ein genetisches Schicksal: Sie hängt maßgeblich von unseren positiven Geschmackserfahrungen ab.

Info

Störung der Sinnesverarbeitung

Kinder, die von einer Störung der Sinnesverarbeitung betroffen sind, können möglicherweise Probleme beim Essenlernen haben. Die Sinneserfahrungen, die sie beim Riechen, Fühlen und Schmecken der Nahrung machen, können für sie zu intensiv oder zu wenig intensiv sein.

Sprich mit deinem Kinderarzt, wenn dein Kind:

häufig würgt oder sich bei bestimmten Lebensmitteln erbricht.bestimmte Lebensmittel vollständig meidet.ängstlich wirkt, wenn es neue Lebensmittel kennenlernt.nur Nahrungsmittel mit einer bestimmten Temperatur zu sich nehmen kann.nur mildes Essen bevorzugt.sehr schlecht oder gar nicht kaut.sich den Mund ständig vollstopft.nur schlucken kann, wenn es nach dem Essen trinkt.sehr stark oder gar nicht auf Gerüche reagiert.keine gute Wahrnehmung von Hunger oder Sattheitsgefühlen hat.

Interozeption: Signale aus dem Körperinneren wahrnehmen

Mit Interozeption meint man, dass Signale wie Hunger, Durst, Sattheit oder der Blasendrang wahrgenommen werden und man sich entsprechend verhalten kann. Babys kommen mit einem natürlichen Umgang mit ihren inneren Signalen auf die Welt: Sie schlafen, wenn sie müde sind, trinken, wenn sie hungrig sind, und hören damit auf, wenn sie zufrieden sind. Leider kommt dieser natürliche Umgang im Laufe des Lebens einigen Menschen abhanden, was dann zu Übergewicht, Krankheit oder emotionalen Beschwerden führt. In diesem Buch werde ich dich deswegen immer wieder ermuntern, die Interozeption deines Kindes zu unterstützen.

Gesund essen von Anfang an:Die Bedeutung der ersten 1000 Tage

In den ersten 1000 Tagen unseres Lebens – eine Schwangerschaft dauert in der Regel 270 Tage, und die ersten beiden Lebensjahre umfassen jeweils 365 Tage, womit man addiert auf etwa 1000 Tage kommt – werden Geschmack, Vorlieben und damit die lebenslange Gesundheit geprägt.

Im ersten Lebensjahr legt dein Baby eine beachtliche Wachstumsleistung hin. Die meisten Babys verdoppeln ihr Körpergewicht innerhalb von fünf Monaten und verdreifachen es bis zum ersten Geburtstag. Diese beeindruckende Entwicklung wird nur noch durch das Wunder der Entstehung eines Babys aus zwei Zellen im Mutterleib getoppt. Auch im zweiten Lebensjahr kommen wir aus dem Staunen praktisch nicht heraus: Aus einem Einjährigen, der vorsichtig die ersten Schritte wagt, wird ein Kleinkind mit einer entschieden eigenen Meinung, mit eigenen Vorlieben und einem Selbstbewusstsein.

Extreme Formbarkeit

Schon lange war klar, dass uns diese Frühphase im Leben lebenslang prägt. Unser Urvertrauen, unser Beziehungsverhalten und ein Teil unseres Charakters werden durch diese sensible Anfangszeit im Leben beeinflusst. Mittlerweile zeigen viele Studien, dass auch die Ernährung der schwangeren Mutter und des Kindes in den ersten beiden Lebensjahren einen lebenslangen Effekt auf die weitere Entwicklung des Kindes haben kann. Das Gehirn, seine Synapsen und die Geschmacksknospen sind in der Anfangszeit noch so plastisch, dass die Art der Vernetzung und damit die Prägung auf Vorlieben von der Umwelt im Positiven wie im Negativen massiv beeinflusst werden kann.

In den ersten 1000 Tagen des Lebens werden du und dein Kind eine Basis bauen, auf der die kulinarische Reise deines Kindes bis ins hohe Alter fußt. In diesen ersten 1000 Tagen entwickeln sich maßgebliche Strukturen im Gehirn, die die Weichen für ein gesundes Leben stellen können. Die Lebensstilfaktoren in der Schwangerschaft und in den ersten beiden Lebensjahren beeinflussen das Risiko für spätere Fettleibigkeit (Adipositas), ungesunde Angewohnheiten und Nährstoffdefizite wesentlich. Aber auch chronische Erkrankungen wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus oder Asthma bronchiale werden durch die Ernährung in den ersten 1000 Tage positiv oder negativ beeinflusst, wie der Bericht »Ending childhood obesity« der WHO beeindruckend darstellt.

Umgekehrt können in der ersten Zeit des Lebens positive Effekte mit unglaublicher Reichweite erzielt werden. Der präventive Effekt einer gesunden Ernährung und ausreichender Bewegung in der Schwangerschaft ist durch kein Diätprogramm im späteren Erwachsenenleben aufzuwiegen. Geschmacksvorlieben werden schon im Mutterleib geprägt. Das Fruchtwasser schmeckt je nachdem, was die Mutter zu sich genommen hat, für das ungeborene Baby unterschiedlich.

Drei groß angelegte Studien belegen zudem den Zusammenhang zwischen Ernährung in der Schwangerschaft und kognitiver Entwicklung des Kindes. Frauen, die regelmäßig fetten Seefisch zu sich nahmen und deswegen gut mit Omega-3-Fettsäuren versorgt waren, brachten Kinder mit besserer kognitiver Leistungsfähigkeit auf die Welt und hatten eine geringere Frühgeburtenrate.1

Metabolic Imprinting

Die Ernährung ab der Beikostzeit scheint bei dem Kind eine weitere Weiche für den lebenslangen Appetit auf gesündere oder ungesündere Lebensmittel zu stellen – die Wissenschaft spricht hier vom sogenannten Metabolic Imprinting. Im Fruchtwasser, während der Stillzeit und beim ersten Kontakt mit Lebensmitteln werden bedeutende Schlüsselerfahrungen gesammelt. Mit ihren Eltern als Vorbild lernen die Kinder schon früh, welche Mahlzeiten genießbar sind, und behalten ihr früh erlerntes Essverhalten oft lebenslang bei. Babys sind in dieser Zeit offen für alle Möglichkeiten: Gesunde Lebensmittel werden genauso akzeptiert wie Fast Food oder für unseren deutschen Geschmack ungewohnte Angebote wie Algen oder Innereien. Das Kind lernt wie in allen Lebensbereichen am Vorbild. Am besten begreifst du deswegen diese entscheidende Zeit als ein »Fenster der Möglichkeiten«. Trau dich, in diesem Zeitfenster ein breites, vielseitiges und gesundes Ernährungsangebot zu machen, und lege dich nicht auf »Wohlfühl«- oder »Kinderessen« fest. Ich werde dir aufzeigen, wie sich der unbekannte Bereich für alle Beteiligten immer noch gemütlich und vertraut genug anfühlen kann.2

Info

Stillen und Gesundheit

Stillen beeinflusst die Gesundheit der Babys und der stillenden Mütter ebenfalls nachhaltig. Bei stillenden Müttern sinkt das Risiko für Eierstock- und Brustkrebs deutlich, die gestillten Kinder weisen ein geringeres Risiko für Asthma bronchiale, Diabetes mellitus, Adipositas, Leukämie und Mittelohrentzündungen auf und scheinen auch kognitiv einen Vorsprung zu genießen. Das durchschnittlich höhere Bildungsniveau von stillenden Müttern könnte bei den Vorteilen zu einer leichten positiven Verzerrung beitragen.

»Meine Tochter Lea hat sich so zögerlich an die Beikost herangetraut, dass auch ich zögerlich und ängstlich wurde. Anstatt sie mit Unbekanntem zu konfrontieren, verließ ich mich auf die Angebote, die gut funktionierten, etwa Banane und Brezel.« Mit dieser Strategie befand sich Annika, die Mutter der 18 Monate alten Lea, nicht allein. Aus Angst vor dem Unbekannten verlassen sich viele Eltern auf das, was gut funktioniert. Und verpassen damit ein Fenster der Möglichkeiten. Denn je mehr Lea in diesem Alter kennenlernt, desto eher wird sie im weiteren Leben eine abenteuerlustige Esserin sein. Nach unserem Gespräch begann Annika, neben Wohlfühl-Lebensmitteln auch andere, neue Lebensmittel anzubieten. Dabei machte ich ihr deutlich, dass es zunächst nicht darum geht, dass Lea alles mit großer Freude isst. Es geht darum, dass sie erkennt, dass das Angebot variabel ist und es weit mehr Lebensmittel als Banane und Brezeln gibt.

Die elterliche Verantwortung als Chance begreifen

Wie du dein Kind in die Welt der Geschmäcker einführst, was du deinem Kind kochst und wovon du dich als schwangere oder stillende Mutter ernährst, ist also weit mehr als eine gesundheitliche Frage im Hier und Jetzt. Die Entscheidungen, die du heute für dich und dein Kind triffst, haben lebenslange Auswirkungen. Trotz aller Aufklärung liegt die Obst- und Gemüsezufuhr bei Kindern nach wie vor unter den empfohlenen Mengen. Durch diese neuen Erkenntnisse wird die Verantwortlichkeit, die wir Eltern beim Thema Kinderernährung haben, noch einmal immens in den Fokus gerückt. Diese Verantwortung soll dich nicht lähmen; du kannst sie im Gegenteil als Chance begreifen.

Wie viel dein Kind von den dir ausgewählten Nahrungsmitteln zu sich nimmt, darfst du komplett deinem Baby und Kleinkind überlassen. Babys kommen mit einem wunderbaren Hunger-Sattheits-Gefühl auf die Welt. Dieses wurde noch nicht durch zucker- und salzhaltiges Essen verfälscht und durch antiintuitives Essen torpediert. Sie melden sich, wenn sie Hunger haben, und hören auf zu essen, wenn sie satt sind. Solange du deinem Kind die richtigen Lebensmittel anbietest, musst du dir über die Menge wenig Gedanken machen.

Kinder mit Nährstoffen versorgen

Ob es sich um ein Baby handelt, das ausschließlich Muttermilch trinkt, um ein Kleinkind, das am liebsten nur Nudeln isst, oder um ein Schulkind, bei dem die Eltern den Überblick über die Ernährung verlieren – die elterlichen Gedanken drehen sich viel darum, ob das Kind gut mit Nährstoffen versorgt ist. Um zu verstehen, was mit einer guten Nährstoffversorgung gemeint ist, müssen wir etwas genauer hinsehen.

Makro- und Mikronährstoffe

Wir unterscheiden Makro- und Mikronährstoffe. Als Makronährstoffe bezeichnet man lebensnotwendige Nahrungsbestandteile wie Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße (Proteine), die als Grundbaustein der Ernährung unter anderem zur Energiegewinnung genutzt werden. Mikronährstoffe sind Nahrungsbestandteile, die in sehr kleinen Mengen benötigt werden und nur indirekt bei der Verwertung der Makronährstoffe als Energielieferant dienen. Zu den Mikronährstoffen gehören Vitamine und Mineralstoffe. Sie sind ebenfalls lebenswichtig und spielen eine große Rolle für die Stoffwechselprozesse, das Immunsystem, die Zellteilung, den Schutz vor freien Radikalen, die Weiterleitung von Nervenreizen und die Bildung von Botenstoffen.

Vitamine — essenzielle Nährstoffe

Vitamine sind organische Stoffe, was bedeutet, dass sie von lebenden Organismen (Pflanzen, Bakterien und Tieren) gebildet werden und vom Menschen, wenn überhaupt, nur in geringer Menge selbst produziert werden können. Vitamine müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, und weil der Mensch auf diese Aufnahme angewiesen ist, werden sie auch als essenzielle Nährstoffe bezeichnet. Eine Ausnahme stellt das Vitamin D dar, weil es vom Körper mithilfe von UV-Strahlung in nennenswerter Menge selbst produziert werden kann. Auch Vitamin K und Vitamin B12 werden durch Bakterien im menschlichen Darm selbst produziert, allerdings nicht in ausreichender Menge.

Grob werden fett- und wasserlösliche Vitamine unterschieden. Zu den fettlöslichen Vitaminen zählen die Vitamine A, D, E und K. Sie brauchen Fett, um vom Darm gut aufgenommen werden zu können. Zu den wasserlöslichen Vitaminen zählen die Vitamine B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), B6 (Pyridoxin), B7 (Biotin), Folsäure, B12 (Cobalamin) und C (Ascorbinsäure).

Mineralstoffe — wichtige anorganische Helfer

Als Mineralstoffe bezeichnet man lebensnotwendige anorganische Verbindungen, die vom Körper mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Die Mineralstoffe werden in Mengen- oder Makroelemente sowie in Spuren- oder Mikroelemente eingeteilt; Erstere kommen im Körper in einer höheren Konzentration als 50 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht vor, Letztere sind in einer Konzentration von weniger als 50 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht vorhanden. In größeren Mengen werden Natrium, Chlorid, Kalium, Kalzium, Phosphor und Magnesium benötigt, einen kleinen Anteil haben beispielsweise die Spurenelemente Eisen, Jod, Fluorid, Zink, Selen, Kupfer, Mangan, Chrom und Molybdän. Ein Mineralstoffmangel ist bei einer ausgewogenen Ernährung sehr selten; bei einer vegetarischen, veganen oder einseitigen Ernährung sollte besonders darauf geachtet werden (siehe hier.).

Die Nährstoffversorgung von Kindern in Deutschland

Die gute Nachricht vorweg: Ein Nährstoffmangel bei Kindern ist in Deutschland eher selten. Dennoch machen sich viele Eltern Sorgen um das Essverhalten ihrer Sprösslinge: Gerade bei zögerlichen Essern entsteht schnell der Eindruck, dass unmöglich alle relevanten Nährstoffe aufgenommen werden.

Die Sorgen bezüglich der optimalen Nährstoffversorgung beginnen häufig schon im ersten Lebensjahr, und besonders die gestillten Babys zeigen im zweiten Lebenshalbjahr oft kaum Interesse an der Beikost. Trotzdem bleibt die Muttermilch oder die Pre-Milch im zweiten Lebenshalbjahr ein essenzieller Nährstofflieferant und deckt auch bei vorsichtigen Essern (fast) den gesamten Bedarf ab.

Um zu berechnen, ob Kinder in Deutschland im Schnitt gut mit Nährstoffen versorgt sind, müsste der genaue Bedarf bekannt sein. Leider ist die Studienlage dazu lückenhaft. Ist der genaue Bedarf nicht bekannt, werden Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr von Erwachsenen auf Kinder oder Babys übertragen. Bei anderen Nährstoffempfehlungen legt man sich genauer fest, aber auch hier kann unmöglich der individuelle Nährstoffbedarf deines Kindes ermittelt sein, da dieser von der Konstitution, der Ernährung, der Aktivität und der Tagesform abhängt.

Tipp

»Eat the Rainbow«

Einem Nährstoffmangel kann am besten vorgebeugt werden, wenn man dem Kind ein vielfältiges und abwechslungsreiches Nahrungsangebot macht. Als Faustregel dabei gilt: Biete deinem Kind beim Essen alle Farben des Regenbogens an (»Eat the Rainbow«). Kinder zeigen von Natur aus ein abwehrendes Verhalten gegenüber allzu bunten Lebensmitteln. Vor allem grüne Lebensmittel werden gern abgelehnt, und farblose Lebensmittel (Nudeln, Reis, weißes Brot) werden bevorzugt. Dennoch lohnt es sich, am Rainbow-Prinzip festzuhalten: Die (unermüdliche) Präsentation bunter Lebensmittel aus verschiedenen Lebensmittelgruppen führt beim Kind dazu, sich eher an fremde Lebensmittel heranzutrauen.

Die wenigsten Kinder in Deutschland leiden an einem echten Nährstoffmangel. Solltest du aber bemerken, dass dein Kind nicht gedeiht, dass es schlapp wirkt oder ungewöhnlich häufig zu Infekten neigt, würde ich dir auf jeden Fall empfehlen, einen Kinderarzt aufzusuchen.

Generell kannst du davon ausgehen, dass dein Kind bei normalem Wachstum und einer normalen Entwicklung gut mit allen Nährstoffen versorgt ist. Der Kinderarzt sagt dann, dass dein Kind »entlang seiner Perzentile« wächst (siehe dazu auch hier.) und die Meilensteine der Entwicklung gut erreicht.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) stellt auf ihrer Website Nährstoffreferenzwerte für alle Altersgruppen zur Verfügung. Beim Blick auf diese Tabellen kann einem schon schwindelig werden: Wie behalte ich da den Überblick? Muss ich alle Nährstoffe ausrechnen, um zu sehen, ob mein Kind gut versorgt ist? Nein, keine Panik! Die meisten Kinder sind gut versorgt. Einige wenige Nährstoffe können kritisch werden; diese möchte ich im Folgenden genauer vorstellen.

Genauerer Blick auf potenziell kritische Nährstoffe

Wie bereits erwähnt, sind Kinder bei einem ausgewogenen Nahrungsangebot in der Regel mit allen wichtigen Nährstoffen gut versorgt. Bei einigen Nährstoffen kann es jedoch mitunter zu einem Mangel kommen; zu diesen Nährstoffen gehören insbesondere Eisen, Jod, Kalzium, Eiweiß, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren.

Eisen — wichtig für den Sauerstofftransport

Eisen ist ein zentraler Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, der im Körper für den Sauerstofftransport zuständig und deswegen für die Gehirnentwicklung unabdingbar ist.

Zur Unterversorgung mit Eisen

Eine Eisenmangelanämie, also ein verminderter Eisengehalt im Körper, kommt in Deutschland bei weniger als drei Prozent aller Babys vor. Die kritische Lebensphase für einen Eisenmangel hält etwa bis zum 36. Lebensmonat an. Anschließend werden die gewünschten Zufuhrempfehlungen meist erreicht. Knapp wird es wieder in der Pubertät: bei den Mädchen, weil sie aufgrund ihrer beginnenden Menstruation einen höheren Eisenbedarf aufweisen, und bei den Jungen, weil sie aufgrund der größeren Muskelmasse einen höheren Bedarf entwickeln.

Ein Eisenmangel kann zu einer erhöhten Infektneigung, einer blassen Hautfarbe sowie zu Abgeschlagenheit und Appetitlosigkeit führen. Ist er besonders ausgeprägt oder besteht er über längere Zeit, kann er zu einer Verzögerung der körperlichen und kognitiven Entwicklung des Kindes führen.

Da die Symptome eines Eisenmangels relativ unspezifisch sind, wird er häufig von den Eltern nicht erkannt. Bei einem Großteil des diagnostizierten Eisenmangels in den ersten 24 Lebensmonaten kam die Diagnose zustande, weil ein aufmerksamer Kinderarzt eine laborchemische Untersuchung veranlasste. Besonders die Appetitlosigkeit wird gelegentlich als Desinteresse an der Beikost fehlinterpretiert.

Bei Verdacht auf Eisenmangel bestimmt der Kinderarzt den Eisenspeicherwert gemeinsam mit dem Hämoglobinwert im Blut. Bei einem Eisenmangel ohne Blutarmut (Anämie) sind lediglich die Eisenspeicher erschöpft. Dies hat minimale bis keine gesundheitlichen Auswirkungen, bedeutet aber ein stark erhöhtes Risiko für eine Eisenmangelanämie. Bei einem reinen Eisenmangel wird der Kinderarzt zunächst versuchen, den Mangel über die Ernährung auszugleichen. Bei einem Eisenmangel mit Anämie hingegen sind die Eisenspeicher so erschöpft, dass sich die Hämoglobinmenge in den roten Blutkörperchen verringert und damit der Sauerstofftransport im Blut eingeschränkt ist. Geht der Eisenmangel mit einer Anämie einher, wird der Kinderarzt eine orale Eisensubstitution einleiten, also entsprechende Nahrungsergänzungsmittel verschreiben.

Eisenbedarf im ersten Lebensjahr

Babys kommen mit einem Eisenspeicher in der Leber auf die Welt. Dieser scheint ungefähr bis zum vierten oder sechsten Lebensmonat zu reichen, und zwar sowohl bei gestillten als auch bei mit Flaschenmilch ernährten Kindern. Der Eisenspeicher hängt individuell von anderen Faktoren wie Geburtsgewicht, Eisenstatus der Mutter in der Schwangerschaft, Zeitpunkt der Abnabelung, Infektionskrankheiten und Art der Entbindung ab. Bei einigen Risikogruppen ist besonders auf den Eisenspiegel zu achten, etwa bei zu früh geborenen Babys, bei Babys von Müttern mit Eisenmangel in der Schwangerschaft und bei Babys mit einem geringen Geburtsgewicht.

Im zweiten Lebenshalbjahr steigt der Eisenbedarf aufgrund der (Gehirn-)Wachstumsrate enorm an und ist in dieser Zeit höher als jemals wieder – etwa ein Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Das bedeutet, dass ein Kind zwischen vier und zwölf Monaten ungefähr acht Milligramm Eisen täglich aufnehmen sollte.

Die Muttermilch hat unabhängig von der Ernährung und vom Eisenstatus der Mutter einen niedrigen Eisengehalt (0,3 mg/l). In früheren Jäger-Sammler-Kulturen war ein hoher Eisengehalt der Muttermilch aber auch nicht notwendig, denn die Beikost enthielt vermutlich deutlich mehr Eisen als heute. Tatsache ist, dass der Eisengehalt der Muttermilch im zweiten Lebenshalbjahr nicht ausreicht. Das Baby muss jetzt seine Eisenspeicher aus der Beikost auffüllen.

Die Europäische Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung (ESPGHAN) rät deswegen dazu, die Einführung der Beikost nicht länger als bis sechs Monate hinauszuzögern. Die Amerikanisch-Pädiatrische Akademie (AAP) geht sogar weiter und empfiehlt eine Eisensupplementation bei allen Babys, die länger als vier Monate ausschließlich gestillt werden oder ihre Nahrung zu mehr als der Hälfte aus Muttermilch decken. Diese Empfehlung ist in anderen Fachgesellschaften durchaus umstritten.

Auf eine eisenreiche Beikost achten

Um einem Eisenmangel vorzubeugen, empfiehlt es sich, auf eine eisenreiche Beikost zu achten. Die Empfehlung von acht Milligramm Eisen täglich ist so berechnet, dass damit der Bedarf von 97,5 Prozent aller Babys gedeckt wäre. Die durchschnittliche Aufnahme von Eisen bei Babys liegt mit etwa sechs Milligramm täglich unter der Empfehlung; trotzdem entwickeln weniger als drei Prozent aller Babys eine Eisenmangelanämie. Ob dein Baby also tatsächlich acht Milligramm Eisen täglich braucht, ist fraglich.

Der weltweite Eisenmangel in den ersten Lebensjahren lässt sich dadurch erklären, dass in vielen Kulturen der eisenarme Getreidebrei einen Hauptbestandteil der Ernährung in dieser Lebenszeit ausmacht. Wird dieser Getreidebrei dann noch mit Kuhmilch angemischt, kann noch weniger Eisen aufgenommen werden, da Kuhmilch die Eisenaufnahme hemmt.

Eine eisenreiche Beikost lässt sich durch ein regelmäßiges Angebot von Fleisch und Fisch gestalten. Tierische Produkte enthalten das gut vom Körper verwertbare zweiwertige Eisen, auch Häm-Eisen genannt. Auch viele pflanzliche Produkte enthalten Eisen: dreiwertiges Eisen, das sogenannte Non-Häm-Eisen. Pflanzliche Eisenquellen wie etwa Hirse, Hafer, Linsen und Kichererbsen werden idealerweise mit Vitamin C verabreicht. In Deutschland wird industriell hergestelltes Babygetreide häufig mit Eisen angereichert, um einem Eisenmangel entgegenzuwirken. Die Anreicherung von Babygetreide mit Eisen erfährt auch immer wieder Kritik, denn theoretisch wäre die erforderliche Eisenaufnahme auch mit unbehandelten, natürlichen Lebensmitteln zu erreichen.

Babys, die mit dem sogenannten BLW, also dem Baby-led Weaning (siehe hier.), ernährt werden, bekommen statt Fleischgläschen von den Eltern gern Fleisch zum Nuckeln und nach und nach auch kleine, weiche Fleischstückchen. Zwei Studien beschäftigen sich damit, ob BLW-ernährte Kinder ausreichend Eisen aufnehmen. Dabei zeigt eine Studie (Daniels et al., 2018), dass BLW-ernährte Kinder deutlich weniger Eisen (1,6 mg täglich) aufnehmen als Babys, die mit Brei ernährt werden (3,6 mg täglich). Beide Gruppen nehmen aber insgesamt deutlich zu wenig Eisen auf. In einer anderen Studie (Morrison et al., 2015) wurden die Eltern der BLW-ernährten Babys angeleitet, wie sie den Eisengehalt der Beikost durch Fleisch oder angereichertes Getreide erhöhen können. Anschließend war der Eisengehalt sowohl bei der BLW-Gruppe als auch bei der konventionell ernährten Gruppe gleich hoch, aber jeweils immer noch zu niedrig.

Das lässt zwei Schlüsse zu: Wenn Babys mit BLW ernährt werden, sollten die Eltern besonders gut auf den Eisengehalt der Nahrung achten. Aber auch bei konventionell ernährten Babys muss auf eisenhaltige Kost geachtet werden. Wenn dein Kind die eisenhaltige Beikost noch nicht gut akzeptiert, kann es helfen, sie mehrmals täglich in kleinen Portionen und nicht als Ersatz einer Stillmahlzeit anzubieten.

Die Eisenaufnahme deines Babys hängt nicht nur davon ab, wie viel Häm- und Non-Häm-Eisen es aufnimmt. Die begleitenden Lebensmittel können die Eisenaufnahme fördern oder hemmen. Damit der Körper das Eisen besser aufnehmen kann, empfiehlt es sich, eisenhaltige Lebensmittel gemeinsam mit Vitamin-C-haltigem Obst oder Saft (Orangensaft) anzubieten. Besonders die Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Eisen, etwa in Hirse, kann so mehr als verdoppelt werden. Wie du im Beikostalter die Eisenzufuhr fleischlos sicherstellen kannst, erfährst du im Kapitel über die vegetarische Ernährung im Beikostalter (siehe hier.).

Eisenmangel in der Kleinkind- und Kindergartenzeit

Ein Eisenmangel kann bei entsprechendem Ernährungsmuster auch nach der Beikostzeit auftreten, häufig bei Kindern, die nur sehr ausgewählt essen und einen großen Teil ihres Kalorienbedarfs über die Kuhmilch decken. Auch bei diesen Kindern gilt Folgendes:

Auf ein regelmäßiges Angebot eisenhaltiger Lebensmittel achten.

Eisenhaltige Lebensmittel gemeinsam mit Vitamin C anbieten.

Eisenhaltige Lebensmittel nicht gemeinsam mit Kuhmilch anbieten.

Sollte der Eisenmangel so ausgeprägt sein, dass er mit einer Blutarmut einhergeht, muss neben der Umstellung der Ernährungsgewohnheiten eine vorübergehende Supplementation erfolgen.3

Jod — wichtig für die Schilddrüse

Jod wird für den Aufbau der Schilddrüsenhormone gebraucht. Diese regulieren den Stoffwechsel sowie das Wachstum und sind an der Gehirnreifung beteiligt. Babys und Kleinkinder neigen zu Jodmangel. Aus diesem Grund laufen sie Gefahr, an einer Verzögerung der Skelettreifung und des Wachstums zu leiden. Jodmangel im Baby-und Kleinkindalter kann eine Entwicklungsstörung oder eine Verminderung des Intelligenzquotienten nach sich ziehen.

Jodversorgung im Babyalter

Für nicht gestillte Babys wird die Formulanahrung mit Jod angereichert (10 bzw. 13 μg/100 ml). Durch die kommerzielle Beikost nimmt das Baby pro fleischhaltiger Mittagsmahlzeit durchschnittlich 14 Mikrogramm Jod, mit einem Milch-Getreide-Brei 33 Mikrogramm Jod und mit einem Getreide-Obst-Brei 38 Mikrogramm Jod auf. Etwa die Hälfte der kommerziellen Beikostgläser ist mit Jod angereichert, was jedoch auf der Zutatenliste leider häufig nicht ausgewiesen ist. Wird ein Baby mit Formulanahrung und kommerzieller Beikost ernährt, ist davon auszugehen, dass die empfohlene Zufuhr von 80 Mikrogramm pro Tag bei fünf bis zwölf Monate alten Babys leicht erreicht wird.

Info

Jodbedarf von Kindern und Erwachsenen

Säuglinge: 50–80 μg täglich

Kinder bis zum 9. Lebensjahr: 100–140 μg täglich

Jugendliche und Erwachsene: 180–200 μg täglich

Bei gestillten Babys hängt die Jodzufuhr von der Jodaufnahme der Mutter ab. Lebt die Mutter in einem Jodmangelgebiet und/oder ernährt sie sich jodarm bzw. verzichtet sie auf Jodsupplemente, kann die Muttermilch so jodarm sein, dass die empfohlene Tageszufuhr nicht erreicht wird. Bei gestillten Babys von Eltern, die die Beikost noch selbst herstellen und dabei beispielsweise jodarme Biomilch verwenden, könnte die Jodzufuhr des Babys unter 40 Mikrogramm pro Tag betragen. Damit wäre das Baby eindeutig jodunterversorgt. Wird das Baby also gestillt und mit selbst hergestellter Beikost in Bioqualität ernährt, sollte eine Jodsupplementation von 50 Mikrogramm pro Tag erfolgen, etwa über hoch dosierte Jodtropfen.

Jodversorgung in der weiteren Kindheit

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt an, dass 50 bis 80 Prozent der Lebensmittel mit jodiertem Speisesalz zubereitet werden müssen, um den Jodbedarf zu decken.

Weil vor allem in der Kleinkindphase (jodiertes) Salz zurückhaltender verwendet wird, sollte man zusätzlich auf alternative Jodquellen wie Milch, Milchprodukte oder Algen achten. Bei Algen sollten nur Produkte mit deklariertem Jodgehalt verwendet werden, denn sie schwanken stark in ihrem Jodgehalt. Wenn diese Produkte ebenfalls nicht infrage kommen, kann der Bedarf über jodiertes Mineralwasser, Zahnpasten oder Jodtropfen gedeckt werden.

Kalzium — wichtig für Knochen und Zähne

Kalzium ist ein lebenswichtiger Mineralstoff, der im Körper fast ausschließlich in Zähnen und Knochen vorkommt und für deren Stabilität mitverantwortlich ist. Kalzium erfüllt aber auch zahlreiche andere Funktionen im Körper. So spielt es z. B. eine Rolle in der Blutgerinnung und ist an der Weiterleitung von Nervensignalen in den Muskeln beteiligt. Kalzium kann vom Darm nur zusammen mit Vitamin D aufgenommen werden. Wer also auf eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung achtet, sorgt gleichzeitig für eine bessere Kalziumabsorption.

Milch und Milchprodukte haben einen guten Ruf als Kalziumlieferant Nummer eins, und das zu Recht: Milch und Joghurt enthalten rund 120 Milligramm Kalzium pro 100 Milliliter bzw. Gramm. So decken bereits geringe Mengen an Milchprodukten den täglichen Kalziumbedarf.

Außer in Milch und Milchprodukten findet sich Kalzium auch in Gemüsesorten wie Brokkoli, Grünkohl und Rucola sowie in Sesam- und Mandelmus und in mit Kalzium angereicherten