Königin im Wochenbett - Kerstin Lüking - E-Book

Königin im Wochenbett E-Book

Kerstin Lüking

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Beschreibung

Der Begleiter für die besondere Zeit nach der Geburt

Wenn ein Baby zur Welt kommt, ist das Leben der Eltern plötzlich völlig anders als vorher. Da ist dieses kleine Wunder, auf das man lange gewartet hat und das nun endlich da ist und rund um die Uhr versorgt werden will. Gleichzeitig hat man als Mutter gerade eine unglaubliche Leistung erbracht und muss sich von diesen Strapazen erholen, mit Milcheinschuss, Gefühlschaos, Geburtsverletzungen und Beckenbodenproblemen zurechtkommen. Nach einer Geburt braucht es einige Wochen der Regeneration, des Ankommens und der Heilung, um zu einem körperlichen und emotionalen Gleichgewicht zurückzufinden. Deshalb rückt Königin im Wochenbett die Frau in den Mittelpunkt, denn Mütter dürfen in dieser Zeit auch an sich denken. Wie man sich auf die neue Situation vorbereitet, Familie und Freunde als Unterstützung einbezieht und diese spannende Zeit gut für sich gestalten kann, zeigt die 7-fache Mutter und erfahrene Hebamme Kerstin Lüking in diesem Wochenbettratgeber.

  • Frauengesundheit im Fokus: In diesem Wochenbettbegleiter steht die Mama im Mittelpunkt.
  • Expertenwissen und persönliche Erfahrung: Kerstin Lüking arbeitet seit 23 Jahren als Hebamme und hat selbst sieben Kinder.
  • Ein handliches Lesebuch mit schönen Schmuckillustrationen

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Seitenzahl: 177

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Kerstin Lüking

Königin im Wochenbett

Warum Selbstfürsorge und Unterstützung so wichtig für Deine Gesundheit sind

Für:

Mama – für Deine vielen Hühnersuppen und die verlässliche Kinderbetreuung über so viele Jahre.

Lea – für Dein »große Schwester«-Sein und den »Laden mal eben schmeißen«-Einsatz.

Holger – für Deine Liebe, mit der Du mich durch die Geburten und Wochenbetten getragen hast.

Johanna, Paul, Greta, Mathilda, Philip und Marlene – Ihr seid ein großartiger Haufen.

Hinweis: Alle Menschen mit einer Gebärmutter können ein Kind gebären. Dazu zählen Trans-, intergeschlechtliche und nicht binäre Personen. Bitte fühlt Euch alle von mir angesprochen, denn die körperlichen Veränderungen sind im Wochenbett fast überall ähnlich.Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch entweder die weibliche oder die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Inhalt

Vorwort

Szenenwechsel

1. Was machen andere Kulturen anders?

Ein kleiner Exkurs in andere Länder über die Pflege von Frauen nach der Geburt.

2. Jetzt geht die Party doch erst richtig los!

Wie können wir uns auf das Wochenbett vorbereiten?

3. Fachfrauen rund um Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach

Die Rolle der Hebamme und Ärztin im Bereich Frauengesundheit.

4. »Zauberhaft und weichgespült« versus »Realität«

Oder auch: Warum die Brust einfach keinen Stress mag!

5. Was in der Zeit direkt nach der Geburt so alles läuft …

Tabuthemen, über die niemand spricht!

6. Pflanzenheilkunde für die Zeit nach der Geburt

Gegen alles ist ein Kraut gewachsen!

7. Ohne Essen keine Kraft!

Wie wir uns aus der Nahrung das holen, was der Körper gerade jetzt braucht.

8. Veränderungen des Körpers nach der Geburt

Warum ich erst mal keinen perfekten After-Baby-Body haben werde.

9. Verletzungen durch Kaiserschnitt, Dammschnitt oder Risse

Warum Schonung durchaus Sinn ergibt.

10. Hallo, Beckenboden!

Drei Muskelschichten, die über Deine eventuelle Inkontinenz entscheiden werden.

11. Wenn die Seele Hilfe braucht

Über Wochenbettdepressionen und Traumen spricht man (nicht)!

12. Hilft mir hier mal jemand?

Warum Netzwerken positiv auf unser Gesundheitskonto einzahlt.

13. Auszeit, bitte!

Was Partner oder Partnerin tun kann, um selbst das Wochenbett zu genießen.

14. Sexualität im Wochenbett

Wenn die Lust auf der Strecke bleibt oder es eine Chance ist, den Körper neu zu entdecken.

15. Geschwisterkinder im Wochenbett

Wie läuft es entspannt?

16. Warum Selbstliebe etwas mit Selbstfürsorge zu tun hat

Und warum die Perfektionistin in Dir eine Mondlandung machen wird.

17. Ausblick auf ein langes Frauenleben

Warum der Raubbau am eigenen Körper keine wirklich gute Idee ist.

Hilfe und Nützliches aus dem Netz

Danke

Vorwort

Liebe Leserin,

ich gratuliere Dir von Herzen zur Geburt Deines Kindes. Du hast Großartiges vollbracht und wirst dabei wahrscheinlich das erste Mal in Deinem Leben eine Grenzerfahrung erlebt haben. Die letzten Wochen waren bestimmt voller Vorfreude und Aufregung, vielleicht haben Dich aber auch Sorgen umgetrieben. Gedanken wie »Das Kind ist hoffentlich gesund! Wie wird es sein mit unserem Baby? Ist alles vorbereitet für den Nachwuchs?« werden Dich begleitet haben. Hast Du dabei aber auch nur einen Gedanken an Dich selbst verschwendet? Hast Du Dir länger als zehn Minuten am Stück auch nur ansatzweise Gedanken zu Deiner eigenen körperlichen und seelischen Verfassung gemacht? Hand aufs Herz: wahrscheinlich eher nicht, oder? Vielleicht bist Du auch gerade noch schwanger und liest dieses Buch schon einmal vorab, um Dich auf die Zeit nach der Geburt einzuschwingen. Dann kannst Du Dir jetzt schon überlegen, wie Du Dich in Deiner Rolle als Mutter, aber besonders als Frau mit ihren eigenen Bedürfnissen siehst, die nicht vergessen werden dürfen.

Ich bin Kerstin, Hebamme, siebenfache Mutter und Deine Wegbegleiterin in diesem Buch. Im letzten Vierteljahrhundert habe ich über 4000 Familien und Frauen betreuen und beraten dürfen. Aus Erfahrung kann ich Dir sagen: Nur wenige Frauen machen sich Gedanken zu und über sich selbst. Im Übrigen bin ich auch eine davon gewesen, die sich gerne mehr um das Befinden anderer als um sich selbst gekümmert hat. Im Wochenbett hat mich ein Milchstau nach dem nächsten ereilt und Infekte waren über einen langen Zeitraum meine stetigen Begleiter. Die Wurzel allen Übels begann bei mir eigentlich immer mit der Geburt eines Kindes, was ja schon per se ein enorm kräftezehrender Akt ist, der nicht nur mich, sondern alle anderen Frauen auch sehr viel Energie gekostet hat. Ich habe mich nach der Geburt ständig über meine eigenen Grenzen hinweggesetzt und die Perfektionistin in mir wollte es nicht zugeben, dass ihr eine unaufgeräumte Wohnung, Wäscheberge und gestapeltes Geschirr eigentlich komplett egal sein sollten. Also scheuchte sie mich immer wieder hoch, um »klar Schiff« zu machen, obwohl ich eigentlich viel lieber im Bett geblieben wäre. Diese Einsicht kam mir, trotz eigener Profession als Hebamme, erst nach Kind Nummer fünf. Ich hatte es einfach satt, wollte neben meiner Ruhe auch mein Baby genießen und nicht wieder krank werden. Tatsächlich war dann die Umsetzung gar nicht so schwierig, wie ich vermutete. Das klare Äußern von Wünschen, die mir natürlich nicht von der Stirn abgelesen werden konnten, war ein Lernprozess für mich. Ein Lernprozess, der durch Erfolge belohnt wurde, denn plötzlich wurde gemacht, was ich wollte. Es gab kein »Rumgeschlingere« mehr mit »Na gut, dann mach ich es eben schnell selbst!«. Ein Phänomen, das ich übrigens bei vielen Frauen beobachte. Ich möchte mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten, dass Du ein tieferes Bewusstsein für Dich und Deine Gesundheit bekommst. Dass Du die Geburt Deines Kindes auch als einen Neuanfang eines besonderen Lebensabschnitts begreifst, bei dem Du und Deine Bedürfnisse nicht zu kurz kommen dürfen.

Tatsächlich bin ich gelegentlich überrascht darüber, wie wenig Informationen und Wissen Frauen über die Funktionen ihres Körpers haben; dass Geburt und Wochenbett eine große Unbekannte sind, obwohl doch unser aller Existenz damit beginnt. Wenn ich Bücher aufschlage, die sich mit dem Thema Wochenbett beschäftigen, ist der Anteil, der die Mütter betrifft, verschwindend gering. Natürlich wird rudimentär über geschwollene Brüste, Geburtsverletzungen und den Babyblues geschrieben, aber: »That’s all!« Die größte Aufmerksamkeit bekommt in diesen Büchern meist der Säugling. Die Mutter darf sich, wie so oft, als Letzte in der Schlange anstellen.

Szenenwechsel

Die Frau hat frisch entbunden und der erste Besuch steht unangekündigt vor der Tür. Tanten, Onkel, Großmütter und so weiter rennen an der Mutter vorbei und widmen sich mit voller Aufmerksamkeit dem Neugeborenen. Nur selten wird die Mutter beachtet und noch viel seltener werden Fragen an diese direkt gerichtet, wie zum Beispiel: »Wie geht es Dir? Hast Du alles gut überstanden? Möchtest Du reden?« Das Interesse an uns, was in der Schwangerschaft noch sehr hoch war, ist innerhalb kürzester Zeit entschwunden. Unsere Fortpflanzungspflicht haben wir erfüllt und jetzt: »Bums! Aus! War was?« Dafür hat man aber eine hohe Erwartungshaltung an uns, denn wir haben ja wohl zu funktionieren. Und das bitte 24/7. Völlig egal, ob wir gesund oder krank sind.

Liebe Frauen, wir müssen dringend etwas ändern und unsere Gesellschaft ein wenig wachrütteln. Wachrütteln aus dem Dornröschenschlaf, der uns so lieb säuselnd als die »Kümmerinnen der Nation« verkauft. Ein bisschen lauter werden wir Frauen ja schon, aber das ist noch nicht laut genug. Wenn wir nämlich davon ausgehen, dass unsere durchschnittliche Lebenserwartung bei knapp 84 Jahren liegen wird, müssen wir »Zeit für uns« als Investition in unsere Gesundheit sehen, damit wir bis ins hohe Alter gesund bleiben. Aus Erfahrung kann ich Dir sagen, dass Frauen nach der Geburt ihres Kindes ihr Leben noch einmal Revue passieren lassen. Viele Dinge werden hinterfragt, nicht selten besteht der Wunsch nach Veränderung. Wir gehen sie nun an, die Veränderungen: Du bist jetzt die »Königin« und die Scheinwerfer werden in diesem Buch dabei nur auf Dich und Deine Gesundheit gerichtet sein: Deine Bühne – Dein Wochenbett!

Herzlichst

Deine Kerstin

PS

Was mir noch wichtig ist und was Du über dieses Buch wissen solltest: In den vergangenen Jahren meiner Berufstätigkeit habe ich mehr und mehr bemerkt, wie sich meine freiberufliche Arbeit als Hebamme verändert hat. Während ich vor 20 Jahren noch meinen schweren Hebammenkoffer in die hohen Stockwerke Berliner Altbauwohnungen, ohne Fahrstuhl wohlgemerkt, geschleppt habe, bin ich heute mit sehr viel leichterem Gepäck ausgestattet. Verstärktes Zuhören macht heute den größten Anteil meiner Arbeit aus. Die Probleme, die Sorgen, die Ängste und die Unsicherheiten haben sich verändert – die Geburt eines Kindes ist nach wie vor eine große Unbekannte und es bedarf viel an Unterstützung, insbesondere auf der psychischen Ebene.

Social Media hat meiner Meinung nach eine große Unruhe in das Elternleben gebracht. Viele Experten, die eigentlich keine wirklichen Experten sind, überschütten die Welt mit ihren Erfahrungen und fordern zur Nachahmung auf. Es wird ein riesiger Druck aufgebaut mitzuziehen und alles bestmöglich abzuliefern. Elternschaft ist aber etwas, in das wir hineinwachsen. Wir machen unsere Erfahrungen, biegen dabei auch manchmal falsch ab und müssen unseren Kurs an der nächsten Ecke schon wieder korrigieren. Je mehr Kinder wir bekommen, umso »erfahrener« und gelassener werden wir meistens. Wir werden unser Bestmögliches geben, aber wir werden nie perfekt sein. Das verlangt auch niemand und es ist überhaupt nicht nötig.

Dieses Buch wird auch an der einen oder anderen Stelle nicht perfekt sein, diesen Anspruch habe ich gar nicht. Denn dafür reicht einfach die Seitenzahl nicht aus und außerdem gibt es vertiefende und ergänzende Literatur, die man zurate ziehen kann. Zudem lasse ich immer mal wieder Expertinnen zu Wort kommen, die meine Texte ergänzen, um Dir den größtmöglichen Mehrwert an Informationen zu geben. Stelle Dir einfach vor, ich sitze neben Deinem Bett und erzähle Dir etwas aus meinem Hebammen- und Mutterleben.

Ich sage immer zu meinen Wöchnerinnen: »Ich bringe Dir einen Blumenstrauß an Möglichkeiten mit und Du suchst Dir die Blume aus, die für Dich passt.« So würde ich auch gerne in diesem Buch mit Dir verfahren, völlig undogmatisch. Kuschel Dich ins Sofa, mache es Dir gemütlich und suche Dir Deine Blumen aus.

1.Was machen andere Kulturen anders?

Ein kleiner Exkurs in andere Länder über die Pflege von Frauen nach der Geburt.

Andere Länder – andere Sitten! Während das Wochenbett in unserer Kultur eher vernachlässigt wird, nimmt es in anderen Kulturen eine fast rituelle Stellung ein.

Ich erinnere mich noch sehr genau an einen Hausbesuch, den ich bei einer frisch entbundenen Mutter im Wochenbett gemacht hatte. Das Baby war gerade mal drei Tage alt und die Frau öffnete mir tipptopp gekleidet und geschminkt die Tür. Mein Blick wanderte unweigerlich nach unten und ich sah zehn Zentimeter hohe Absatzschuhe an ihren Füßen. Ich musste kurz überlegen, ob ich je ernsthaft in der Lage gewesen wäre, drei Tage nach der Geburt solche Schuhe anzuziehen. Ich schaffte es ja noch nicht einmal, nach den Geburten meiner Kinder aufrecht zu stehen. Ich musste auf allen vieren ins Bad kriechen, um in der Dusche mein kleines Geschäft zu verrichten. Mir war es einfach nicht möglich, mich gerade aufs Klo zu setzen, da ich starke Schmerzen hatte und mich mein Kreislauf ständig im Stich ließ.

Meine Wöchnerin war noch allein, erwartete aber ihren Ehemann mit seinen Kollegen, die sich zu einem Geschäftsessen zu Hause angekündigt hatten. Für mich passten weder Stöckelschuhe noch Geschäftsessen zum dritten Tag im Wochenbett! Der Satz, den mir die Frau verständlicherweise damals völlig enttäuscht und voller Wut entgegenbrachte, ist mir bis heute im Kopf geblieben und war letztendlich auch ein Anstoß, um dieses Buch zu schreiben: »Noch nicht einmal ein richtiges Wochenbett kann ich haben. Immer muss ich funktionieren!«

Zuo yuezi oder Cuarentena – Varianten des Wochenbetts in anderen Kulturen und was sie alle gemeinsam haben

Das Schöne am Beruf der Hebammen ist, dass wir jeden Tag aufs Neue so unglaublich viel erleben und entdecken. Ich durfte in vielen Familien unterschiedlicher Nationalitäten zu Gast sein und immer wieder war es wie eine kleine Reise, die mich an Erfahrungen reicher machte. Ich war demzufolge schon mal in China, Afrika, Australien, Russland, Afghanistan, Syrien, in der Türkei, den Niederlanden … eigentlich fast überall auf der Welt. Und schon beim Betreten der Wohnung tauche ich ein in andere Gerüche, in das Geklapper von Geschirr und Gebetsketten, von Gesängen und vielen Ritualen, die sich nur um das Wochenbett drehen. Wie herrlich! So viele andere Kulturen verstehen es, dass eine Mutter nach der Geburt ein Schutz verdienender Mensch ist, der gehegt und gepflegt werden muss, damit er wieder zu Kräften kommen kann. Wir haben in unserer westlichen Kultur leider viel an Wissen über die letzten Jahrzehnte verloren, insbesondere, was die Wochenbettkultur angeht. Die Welt dreht sich schneller, die Erwartungen sind einfach groß an eine Frau und Mutter.

Wenn wir Hebammen zur Schonung der Frau ermahnen, werden wir nicht gerade selten von älteren Familienangehörigen mit Sprüchen wie »Unsere Oma musste auch schon fünf Tage nach der Geburt wieder auf den Acker und Kartoffeln ernten« abgewatscht. So etwas würde ich von einer alten, weisen Chinesin nie zu hören bekommen. Ich habe diese Frauen vielfach erlebt. Auffallend war immer ihr eigener guter Gesundheitszustand, obwohl sie schon oft sehr, sehr alt waren. Gut durchblutet, mit kräftigen Haaren und einer drahtigen Figur kamen sie mehrere Wochen vor der Niederkunft der Enkelin oder eigenen Tochter aus Hongkong, Shanghai oder Peking angereist. Im Gepäck waren immer allerlei Gewürze, Salben, zum Teil auch Undefinierbares, was ich lieber gar nicht wissen wollte. Es wurde vorgekocht, eingetuppert, die Schwangere massiert und mit Suppen und Brühen im Vorfeld aufgepäppelt, wohl wissend, dass eine Geburt immer einen Kräfte- und Säfteverlust mit sich bringt, den man durch eine gute Ernährung wieder ausgleichen sollte. Die Vorbereitungen für das Wochenbett »Zuo yuezi«, was auch als »einen Monat sitzen« übersetzt wird, liefen also auf Hochtouren. Die Wochenbettstube wurde eifrig vorbereitet, was größtenteils darin bestand, dass das Zimmer der Wöchnerin ausgeräumt wurde. Alles, was den »Geist« ablenken konnte, wurde mal eben in Umzugskartons gepackt und im Keller geparkt.

Wenn ich dann zum Hausbesuch kam, haute es mich fast um vor Wärme im Wochenbettzimmer. Ein beherzter Griff zum Fenster, um zu lüften, wurde energisch von der Oma unterbunden. Ich schwitzte also beharrlich vor mich hin und hatte Sorge, dass die Frau Fieber entwickelte. Dick eingewickelt in Decken (Mother-Roasting) lag sie im Bett. Heiße Tassen mit allerlei Kräutersud aus Ingwer und Datteln dampften auf dem Nachttisch und eine Brühe nach der nächsten wurde gebracht. Meine Wöchnerinnen, die schon eher westlich geprägt waren, bekamen meist nach einigen Tagen den Budenkoller. Denn 40 Tage sollten sie ihr Zimmer nicht verlassen. Zugluft war definitiv verboten und nasse Haare ebenfalls. Duschen war eigentlich auch untersagt, Besuch erfreulicherweise ebenso. Das Baby wurde häufig abgenommen, damit die Frauen schlafen konnten, und erst an Tag 39 wurde der erste Spaziergang an der frischen Luft auch nur ernsthaft erwogen und für den Folgetag, den 40. Tag, zeremoniell geplant. Die 40! Eine magische Zahl: 40 Wochen Schwangerschaft, 40 Tage Wochenbett, 40 Tage Sintflut … okay, das geht jetzt zu weit.

Alle für Eine

Der Begriff der Quarantäne ist uns allen ja noch aus jüngster Vergangenheit sehr vertraut. In Südamerika wird das Wochenbett als »Cuarentena« bezeichnet und dauert ebenfalls 40 Tage. In dieser Zeit kümmert sich die Familie um das Kind, damit sich die Mutter ausruhen kann. Besuch ist auch hier nicht gerne gesehen und es wird sehr viel Wert auf die regelmäßige Ernährung gelegt. In vielen Kulturen werden die Bäuche der Wöchnerinnen gewickelt, damit sich das »Becken schließen« kann. Dafür gibt es entweder spezielle traditionelle Kleidung oder auch einfache Bauchbinden, die gewickelt oder mit einem Klettverschluss geschlossen werden.

Was ich als sehr berührend empfunden habe, war diese riesige Gemeinschaft an Frauen, die irgendwie alle mit einem imaginären Band verbunden waren. Schwestern, Großmütter, Tanten, Nichten, Cousinen …, gerade bei meinen arabischen Frauen ging es zu wie in einem Bienenkorb. Ich selbst bin als Einzelkind groß geworden und fand es faszinierend, wie alle, Hand in Hand, fröhlich schwatzend und teetrinkend, das Fest der Geburt und insbesondere die Mutter im Wochenbett gefeiert haben. Ich konnte mich felsenfest darauf verlassen, dass meine Frauen nie allein waren und immer jemand zur Seite stand, falls Probleme auftraten. Die ältere Generation hatte oft viele Tipps parat, was die eine oder andere Katastrophe verhinderte. Na ja, manchmal waren die Tipps auch nicht so wirklich erstrebenswert. Ich erinnere mich noch an ein Stück Seife im Po eines Neugeborenen, weil eine besorgte Großmutter eine Verstopfung vermutete.

Ich bin bei meinen Hausbesuchen auch oft kulinarisch sehr verwöhnt worden, gelegentlich sogar mit frisch geschlachteten Lämmern, was ebenfalls ein Geburtszeremoniell darstellt. Ich habe die weltbesten Zimtpudding-Rezepte mit auf den Weg bekommen, die ich sofort als Rückbildungsdesserts deklarierte und fest in mein Repertoire an Empfehlungen aufnahm. Diese leckeren, frisch gekochten Gewürzdesserts führen zu bombastischen Rückbildungsergebnissen im Wochenbett. Natürlich findest Du eines davon später in einem weiteren Kapitel wieder und kannst Dich von der Wirkung und dem Geschmack überzeugen.

Ich denke, dass wir uns vieles aus anderen Ländern abgucken können, was die Pflege und die Fürsorge gegenüber einer Mutter angeht. Aber es ist nicht nur das; es sind auch die Wertschätzung und der Respekt, die man jeder Frau gegenüber aufbringen sollte, die ein Kind geboren hat. Denn sie gehören zu den Grundsteinen, die für die langfristige Gesunderhaltung einer Mutter wichtig sein werden.

2.Jetzt geht die Party doch erst richtig los!

Wie können wir uns auf das Wochenbett vorbereiten?

Jede Frau erlebt diese Zeit anders und es gibt tausend wichtige Dinge, die individuell verschieden sein können, aber auch ein paar grundlegende Prinzipien, die es zu befolgen lohnt.

Ich vermute, Du hast vor lauter Nestbautrieb schon alles für Dein Baby hergerichtet und dekoriert. Ich weiß, dass das etwas ist, was unglaublich viel Spaß macht, und man vor Verzückung auch mal völlig aus dem Häuschen ist, weil die Söckchen so mini sind, die Babydecke so herrlich flauschig und alles Ton in Ton so schön aufeinander abgestimmt ist. Hier noch eine Wimpelkette, da noch ein Schlummerlicht … So, und jetzt mal Butter bei die Fische! Was hast Du denn eigentlich für Dich vorbereitet?

Ich vermute mal, Du hast Dir ein paar Binden und Schlüppis aufs Klo und eine wasserdichte Unterlage ins Bett gelegt. Vielleicht hast Du Dein Schlafzimmer noch mit ein paar ollen Nachthemden bestückt, das war es dann auch schon. Stimmt’s?

Wir basteln Dir jetzt eine schnuckelige Wochenbettstube und machen es Dir gemütlich. Vielleicht kannst Du Dir im Vorfeld einen netten Menschen aus Deiner Familie oder Deinem Freundeskreis aussuchen, der Dir schon während der Schwangerschaft bei den Vorbereitungen hilft. Besprich mit ihr oder ihm, was Dir wichtig ist und worauf es Dir auch in der ersten Zeit nach der Geburt ankommt. Manchmal ist es hilfreich, wenn die Wünsche und Aufgaben auf Zettel notiert und im Familien- oder Freundeskreis schon vor der Geburt verteilt werden.

Es sind im Prinzip erst mal Haus- und Aufräumarbeiten: Fenster putzen, Staub saugen, olle Taschentücher und Teetassen wegräumen, den Nachttisch entrümpeln, ein kleines Still-Licht installieren, das Bett frisch beziehen, Blümchen drapieren, ein Notizbuch bereitlegen und Platz schaffen für Dinge, die man mal eben schnell braucht. Der ganze andere Schrott wird weggeräumt und dem »Geist« wird Platz gemacht, so wie es bei meinen asiatischen Familien der Brauch ist. Richte Dich so ein, dass Du Dich auf Dein Zimmer freust, in dem Du ein paar Tage verweilen wirst.

Die weltbeste Wochenbettstube dank seit Generationen erprobter Hilfsmittel

In der ersten Zeit ist man für Düfte sehr empfänglich. Besonders dann, wenn die Gefühle Achterbahn fahren. Ich empfehle gerne einen milden Rosenduft, der in der Duftlampe vernebelt oder auch als Hydrolat auf den Puls oder auf das Kopfkissen gesprüht werden darf. Jetzt werden kritische Stimmen natürlich aufschreien und »Oh Gott, und das Baby?« rufen. Wir sprechen von einer geringen Menge für Dich und nicht davon, dass der ganze Säugling eingenebelt werden soll! Auf der nächsten Seite habe ich Dir außerdem eine Liste mit Wochenbetthelfern zusammengestellt, die Du übernehmen und natürlich auch ergänzen kannst.

Eine sehr schöne Geste ist es, wenn auch der Partner oder die Partnerin mit einer Kleinigkeit bedacht wird. Schon im Vorfeld kann eine kleine Karte vorbereitet werden, die auf dem Kopfkissen des anderen drapiert wird und auf der einfach nur steht, dass Dankbarkeit für die gemeinsam durchlebte Geburt und einfach nur das Dasein besteht, oder irgendwas anderes Nettes, das ist natürlich Dir überlassen. Solche kleinen Liebesbeweise können ein Einstieg in ein Gespräch sein, um die Geburt noch einmal Revue passieren zu lassen. Mütter, die alleinerziehend sind, sollten in den ersten Tagen liebe Menschen engagieren, die auch in der Nacht bei ihnen bleiben und sie unterstützen können.

»HOTSPOT-Körbchen«

Ich empfehle Dir, dass Du noch ein bis zwei (je nach Größe der Wohnung oder des Hauses) »HOTSPOT-Körbchen« vorbereitest. Immer wieder fällt einem nämlich etwas ein, was noch gebraucht wird, wenn sich außerhalb des Zimmers aufgehalten und vielleicht gerade im Wohnzimmer auf der Couch Platz genommen wird. Dort könnten Spucktücher, Stilleinlagen, vielleicht eine Brustwarzen-Creme und auch eine Flasche Wasser aufbewahrt werden. Zu einer Apothekenliste komme ich später in Kapitel 6, dort findest Du eine Aufzählung mit Arzneimitteln und pflanzlichen Präparaten, die Du vielleicht gut gebrauchen kannst.

UNVERZICHTBARE HELFER IM WOCHENBETT:

Stilleinlagen. Experimentiere Dich gerne mal durch bestimmte Sorten und Qualitäten von Einweg bis Wolle/Seide. Du wirst schon das richtige Material finden, das Dir angenehm ist.

Wochenbetteinlagen. Eine große Packung Flockenwindeln ist für den Anfang ausreichend, alternativ die Stoffbinde (siehe hier).

Normale Binden oder auch Periodenunterwäsche für eine schwächere Blutung.

Netzunterhosen oder große Oma-Schlüppis.

Messbecher mit Ausgießtülle oder eine Kindergießkanne. Ich erkläre ich Dir später noch, wozu das gebraucht wird.

Wechselwäsche und ein großes Frottee-Strandhandtuch. Du wirst wahrscheinlich wahnsinnig viel schwitzen. Ein Frotteehandtuch ist dann superangenehm als Unterlage im Bett.

Zwei bis drei