Konstitutialismus, Macht und die Grenzen von Rational-Choice-Theorien - Eva Wegrzyn - E-Book

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Eva Wegrzyn

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: USA, Note: 1,7, Ruhr-Universität Bochum (Lehrstuhl für vergleichende Regierungslehre und Politikfeldanalyse), Veranstaltung: Verfassungsgerichtsbarkeit im internationalen Vergleich (Mastermodul Politikwissenschaft - Empirische Politikfeldanalyse), Sprache: Deutsch, Abstract: Verfassungen und Verfassungsgerichte haben sich, folgt man Ran Hirschl und weiteren Autoren aus der Rechts- und Politikwissenschaft, im politischen Geschehen von demokratischen Staaten und Transformationsländern durchgesetzt. Merkmal dieser Expansion sei, neben dem Transfer von Macht von repräsentativen Institutionen hin zu Organen der Justiz, die Kodifizierung von Grund- und Menschenrechten in den Verfassungen zahlreicher Staaten. Die Möglichkeit von Gerichten in das „Policy-making“ - die Möglichkeit soziale Interessen und Forderungen in bindende öffentliche Entscheidungen zu konvertieren - seien gestiegen. Gesellschaftliche Interessensgruppen sehen durch die Berufung auf bestimmte Freiheits- oder Menschenrechte bei letztinstanzlichen Gerichten eine Chance ihre Anliegen erfolgreich durchzusetzen oder zu beschleunigen. Innerstaatlich und auf internationaler Ebene würden sie gar als “avenue of social change“ betrachtet. Die Entwicklung um Konstitutionalisierung, Justizialisierung - oder wie es Hirschl formuliert gar „Juristokratie“ - wird nicht nur in Hinblick auf die demokratische Legitimität dieser Entwicklung skeptisch betrachtet. Zu Recht kann die Frage gestellt werden, inwieweit tatsächlich von einem übermächtig zu werden drohenden Akteur Verfassungsgericht gesprochen werden kann, ob dieser im tatsächlichen politischen Machtgefüge überhaupt – aus der Rational-Choice-Perspektive - eine tragende Rolle spielt. Mit dem Vergleich der Rolle der beiden Obersten Gerichte Kanadas/der USA in Hinblick auf ihre Rechtssprechung zum Schwangerschaftsabbruch soll hier u.a. die Brauchbarkeit rationalistischer Theorien wie die von Tsebelis diskutiert, und auf ihre Brauchbarkeit im Untersuchungsfeld Konstitutionalismus geprüft werden.

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Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. POLITIKWISSENSCHAFTLICHE DIMENSIONEN VON VERFASSUNGSGERICHTSBARKEIT
2.2 Verfassungsgerichte als Instrumente rationaler Akteure zur Durchsetzung und Kontrolle von
2.3 Verfassungspolitik und Prozess der Justizialisierung.
2.3.1 Verfassungen und Verfassungsgerichte als Vetospieler?
3. KONSTITUTIONALISMUS UND DER VERGLEICH IN DER POLITIKWISSENSCHAFT
Kapitel
4.1.1 Der US Supreme Court
4.1.2 Die Rechtssprechung in den Urteilen Roe vs. Wade und Planned Parenthood vs. Casey
4.2.1 Judicial review in Kanada vor 1982
4.2.2 Judicial review in Kanada nach dem Constitution Act 1982
4.2.3 Die Rechtssprechung im Morgenthaler-Urteil
4.2.4 Der SCC als Vetospieler? Die Bewertung des Morgenthaler-Urteils
5.1 Deutungsmacht und Legitimität
5.2 Die Dimension des Rechts als Quelle von Macht.
6. FAZIT UND AUSBLICK
7. LITERATUR
7.1 Monographien, Sammelbände und Aufsätze in Zeitschriften
7.2 Sonstige Quellen.

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Lehrstuhl: Lehrstuhl für vergleichende Regierungslehre und Politikfeldanalyse

Page 3

1. Einleitung

„Over the last few decades the world has witnessed a profound transfer of power from representative institutions to judiciaries, whether domestic or supranational. The concept of constitutional supremacy—one that has long been a major pillar of the American political order—is now shared, in one form or another, by over one hundred countries across the globe.“ (Ran Hirschl: 2006b)

Verfassungen und Verfassungsgerichte haben sich, folgt man Ran Hirschl und weiteren Autoren aus der Rechts- und Politikwissenschaft, im politischen Geschehen von demokratischen Staaten und Transformationsländern durchgesetzt. Merkmal dieser Expansion sei, neben dem Transfer von Macht von repräsentativen Institutionen hin zu Organen der Justiz, die Kodifizierung von Grund- und Menschenrechten in den Verfassungen zahlreicher Staaten. Die Möglichkeit von Gerichten in das „Policy-making“1- die Möglichkeit soziale Interessen und Forderungen in bindende öffentliche Entscheidungen zu konvertieren - seien gestiegen. Gesellschaftliche Interessensgruppen sehen durch die Berufung auf bestimmte Freiheits- oder Menschenrechte bei letztinstanzlichen Gerichten eine Chance ihre Anliegen erfolgreich durchzusetzen oder zu beschleunigen. Innerstaatlich und auf internationaler Ebene würden sie gar als “avenue of social change“ betrachtet. Die Entwicklung um Konstitutionalisierung, Justizialisierung - oder wie es Hirschl formuliert gar „Juristokratie“ - wird nicht nur in Hinblick auf die demokratische Legitimität dieser Entwicklung skeptisch betrachtet. Zu Recht kann die Frage gestellt werden, inwieweit tatsächlich von einem übermächtig zu werden drohenden Akteur Verfassungsgericht gesprochen werden kann, ob dieser im tatsächlichen politischen Machtgefüge überhaupt eine tragende Rolle spielt. Nach der Argumentation George Tsebelis befänden sich Verfassungsgerichte tendenziell im Schatten der politischen Akteure.

Ein viel diskutiertes Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip der Demokratie und dem Konstitutionalismus ist aber trotzdem nicht von der Hand zu weisen. Auffällig im Fall Nordamerika ist die Ausweitung des Konstitutionalismus und der Verfassungsgerichtsbarkeit auf Kanada. Dieser Staat nähert sich nicht nur auf den Gebieten Kultur und Wirtschaft an den amerikanischen Nachbarn an, sondern zeichne sich - so der in Kanada lehrende Politikwissenschaftler und Jurist Ran Hirschl - auch durch eine graduelle Konvergenz des konstitutionellen Diskurses aus. Blickt man auf die Urteile zum Schwangerschaftsabbruch desUS Supreme Courtsund desCanadian Supreme Courts (SCC),stellt man eine Ähnlichkeit hinsichtlich des Grads der Liberalisierung und eine relative zeitliche Nähe der Urteilssprechung fest. In den USA wurde Abtreibung 1973 durch das UrteilRoe vs. Wadeliberalisiert, jedoch mit Einschränkungen hinsichtlich der Schwangerschaftstrimester. In Kanada wurde der Schwangerschaftsabbruch nach derMorgenthaler-

1Eineknapp gehaltene Definition aus dem Jahr 2004 von Gabriel Almond et al.: „Comparative politics. A theoretical framework”, S. 128. Weitere Lehrbuchdefinitionen: Lehner/Widmaier, S. 12: Policy ist die Bezeichnung für „Politik als wert- und zielgerichtetes staatliches Handeln.“ Vgl. auch Blondel: „Policies“ können bezeichnet werden als ein Bündel von Entscheidungen „taken by one or several authorities and aiming at achieving some result “ S. 359.