Krytäzien 2 - Melanie Thierig - E-Book

Krytäzien 2 E-Book

Melanie Thierig

0,0

Beschreibung

Sophias Geschichte geht weiter... Sophias Welt liegt in Trümmern, nachdem ihre große Liebe Drake in ihren Armen starb. Doch Zeit zu trauern bleibt ihr nicht. Ihre Erzfeindin Darina trachtet weiterhin nach Macht und dem Thron von Krytäzien. Schatten der Vergangenheit stellen sich Sophia mit bedrohlicher Kraft entgegen. Sie muss sich nicht nur neuen Herausforderungen, sondern zugleich alten und neuen Feinden stellen. Folgenschwere Entscheidungen bringen die junge Königin von Krytäzien an ihre Grenzen. Ihre Familie und ihr Land stehen vor einer Katastrophe! Wird es ihr gelingen, sie davor zu bewahren?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 324

Veröffentlichungsjahr: 2020

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsangabe

Ein neues Leben

Die Verwandlung

Der Anschlag

Die Wiederauferstehung

Sünden der Vergangenheit

Blutige Festlichkeiten

Zeit für Verbündete

Eine gefährliche Reise

In Nagos

Die Arena

Besuch in Fogtal

Justinas Geheimnis

Die Todeshochzeit

Halbwahrheiten

Zerstörtes Vertrauen

Heilende Wunden

Zeit zu kämpfen

Eine ausweglose Situation

Exil auf Zeit

Geisterstadt

Mit vereinten Kräften

Verluste

Ein neues Leben

Kapitel eins

Die Schmerzen waren unerträglich.

Sophia war sich sicher, dass sie es keine Sekunde länger aushalten konnte.

„Das machst du sehr gut. Weiter so, Sophia. Gleich hast du es geschafft.“

Sie hörte Justinas Stimme nur als Flüstern im Hintergrund. Das einzige Geräusch, das wirklich zu ihr durchdrang, war ihr keuchender Atem, und das Rauschen in ihren Ohren.

Sie spürte wie ihre rechte Hand fest gedrückt wurde, drehte den Kopf in die Richtung und sah müde in Darius´ Gesicht.

„Ich kann nicht mehr“, flüsterte sie.

Darius grinste sie schief an. „Was? Die große Sophia, Königin von Krytäzien und Retterin zweier mächtiger Länder gibt auf?“ Er zuckte mit den Schultern. „Na gut, dann hör auf. Aber ich glaube, das wird deinem Sohn nicht gefallen. Irgendwann wird es ihm in deinem Bauch nämlich zu eng.“

Jetzt war es an Sophia zu grinsen. „Vielleicht wird es ein Mädchen.“

Darius strich ihr eine ihrer nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Ihr Gesicht war Schweiß überströmt und sie hatte rote Flecken auf den Wangen.

Seit nunmehr zweiundsiebzig Stunden lag sie jetzt in den Wehen. So langsam verließen sie ihre Kräfte. Zu Anfang hatten alle noch mit einer schnellen Geburt gerechnet.

Sophia war gerade mit ihrem Hofgärtner André in dem riesigen Garten, den sie hatte anlegen lassen, nachdem sie nach der Krönung aus ihrem Haus in den Palast gezogen war, als die erste Wehe sie erfasste und kurz darauf ihre Fruchtblase platzte.

Sie hatte die Wochen nach ihrer Krönung damit verbracht, jede noch so kleine Erinnerung von Darina aus dem Palast zu verbannen. Damit hatte sie so viel zu tun, dass sie den Geburtstermin total aus den Augen verloren hatte. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt der Neugestaltung ihres neuen zu Hauses.

Als erstes entfernte sie alle Gemälde von Darina sowie Skulpturen, Wandteppiche und alles andere womit diese Hexe sich während ihrer Herrschaft eingedeckt hatte. Die Steinwände wurden von ihrer hässlichen dunklen Farbe befreit und strahlten jetzt wieder naturbelassen. Und zum Schluss ließ Sophia noch alles Goldene und Protzige verschwinden und ersetzte es durch Bilder. Der ganze Palast hing jetzt voll von ihnen. Bilder von Landschaften, aber auch von ihrer Familie die sie extra anfertigen ließ.

Sophia ließ den Kopf zurück sinken und drehte ihn so, dass sie auf das Bild sehen konnte, welches hinter ihr an der Wand hing.

Darauf war sie besonders stolz. Darius hatte es ihr letzten Monat zu ihrem Geburtstag geschenkt. Er hatte es extra anfertigen lassen und als sie es auspackte, weinte sie vor Freude.

Darauf war sie flankiert von ihren Eltern zu sehen und hinter ihr, mit den Händen auf ihren Schultern, stand Drake. Alle vier strahlten, als wären sie eine richtige

Familie.

Mit einem Unterschied.

Von diesen vier Personen hatten sich nur drei jemals getroffen, sodass dieses Bild nur eine schöne Illusion war.

Sophia hatte ihre Eltern vor nunmehr sechs Jahren bei einem Überfall verloren, den die damalige Königin Darina befohlen hatte und der eigentlich Sophia das Leben kosten sollte. Nun, sie hatte überlebt.

Ihre Eltern leider nicht.

Und auch Darina war es, die ihr vor sechs Monaten die Liebe ihres Lebens genommen hatte. Drake hatte sich in letzter Sekunde zwischen Sophia und einem Angriff aus schwarzer Magie geworfen, den Darina gegen sie gewandt hatte. Dabei war er tödlich getroffen worden.

Deshalb war er jetzt nicht hier um ihr beizustehen. Aus diesem Grunde war es sein Bruder Darius, der jetzt ihre Hand hielt und sie aufmunternd anlächelte.

Sie lächelte schwach zurück.

Darius hatte sich so verändert, seit ihrer ersten Begegnung.

Damals hasste er sie und alle Bewohner Krytäziens. Auch ein Werk der früheren Königin. Sie hatte viele Kämpfe gegen die Vampire führen lassen und das hatte zur Folge, dass Darius seine Eltern, den König und die Königin von Fogtal, verlor und selbst den Thron besteigen musste. Das hatte ihn sehr hart werden lassen. Bei dem letzten Angriff auf Fogtal, den Sophia zwar nicht verschuldet hatte, für den sie sich aber trotzdem verantwortlich fühlte, weil die Wachen nur ihretwegen gekommen waren, verlor Darius dann auch noch seine große Liebe Shyla. Und das hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Sein Hass war so groß gewesen, dass Sophia ihn aus Krytäzien verbannen musste.

Doch diese Verbannung hob sie kurze Zeit später wieder auf, als Drake ums Leben kam. Sie konnte und wollte Darius nicht daran hindern, Abschied von seinem Bruder und letzten Verwandten zu nehmen.

Von da an wurde er ihr engster Vertrauter und die Zwei verbrachten viel Zeit miteinander. Als Darius dann auch noch von Sophias Schwangerschaft erfuhr packte er sofort seine Sachen und verbrachte die letzten Monate durchgehend bei ihr in Krytäzien. So kam es auch, dass es seine Hand war, die sie nun hielt, und die ihr Kraft gab, die Geburt ihres Kindes durchzustehen.

„Noch einmal pressen, Sophia, dann hältst du dein Baby in den Armen.“ Wieder versuchte Justina ihr gut zuzureden.

Sie kniete vor dem großen Doppelbett zwischen ihren Beinen. Sie trug eine lange, graue Schürze umgebunden um ihre Kleidung zu schützen. Ihre Hände steckten in Gummihandschuhen.

Darius legte seine freie Hand in Sophias Nacken und unterstützte sie so, als sie das Kinn auf die Brust legte und kräftig zu pressen begann.

„Du machst das super, nur weiter so.“

Sie hörte Darius Stimme wie durch einen dichten Nebel und auf einmal drehte sich vor ihren Augen alles. Sie wollte gerade Luft holen um ein weiteres Mal zu pressen, als sie Justina streng rufen hörte.

„Nicht pressen, Sophia! Auf keinen Fall weiter pressen!“

„Was ist da los?!“ Darius war aufgestanden, hielt aber immer noch weiter ihre Hand.

Sophia wollte sich aufrichten und selber sehen was passiert war, aber der Schwindel hielt sie in ihren Kissen. „Was...

Was ist denn... Was ist mit meinem Baby?“, flüsterte sie.

Doch niemand schien sie zu hören.

Dann hörte sie Darius Stimme ganz nah an ihrem Ohr.

„Mach dir keine Sorgen, es wird alles wieder gut.“ Der Klang seiner Stimme hörte sich nicht danach an als ob man sich keine Sorgen machen müsste.

Sophia hatte keine Chance mehr darauf zu reagieren.

Sekunden später fiel sie in eine tiefe Dunkelheit.

Als Sophia erwachte war es in ihrem Zimmer stockdunkel.

Nur der Schein von ein paar aufgestellten Kerzen ließ sie etwas erkennen.

Sie drehte ihren Kopf nach links und sah eine Gestalt am Fenster stehen. Weil ihr Blick noch verschwommen war sah sie erst auf den zweiten Blick, dass es Darius war.

Er stand mit dem Rücken zu ihr und hatte noch gar nicht bemerkt, dass sie aufgewacht war.

Langsam richtete sie sich in ihren Kissen auf. Als sie dabei ein leises Stöhnen von sich gab, drehte Darius sich zu ihr um. Und was er in seinen Armen hielt ließ Sophias Herz vor Freude tanzen.

„Na sieh mal einer an, die Mami ist auch schon aufgewacht.“ Langsam kam er auf sie zu und legte ihr das kleine Bündel in die Arme. „Ich habe doch gesagt mein Bruder kriegt das hin“, grinste er sie an. „Es ist ein Junge.“

Sophia legte das Gesicht des Babys, das in ein Handtuch gewickelt war, frei und als sie es sich genauer betrachtete, stockte ihr der Atem.

Sie sah in Drakes Gesicht.

Der kleine Junge in ihren Armen war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.

Das gleiche blonde Haar, ein Auge war blau und das andere braun. Als er zu lächeln begann, konnte Sophia ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.

Er lächelte genau wie Drake.

Darius setzte sich neben sie auf das Bett und legte seinen Arm um ihre Schultern. „Absolut kein Zweifel, zu wem dieser kleine Kerl gehört.“

Sophia konnte nur nicken.

Dann hob sie den Kopf und sah Darius mit großen Augen an. „Was ist passiert? Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass auf einmal alle durcheinander gerufen haben und dann bin ich ohnmächtig geworden.“

Darius nickte und sah sie ernst an. „Justina hatte bemerkt, dass die Nabelschnur um den Hals des Babys lag und hättest du weiter gepresst, dann hättest du ihn strangulieren können. Als sie versuchte die Nabelschnur zu entfernen hast du das Bewusstsein verloren und das hat die Geburt ein bisschen erschwert.“ Jetzt lächelte er wieder und drückte sie an sich. „Aber keine Sorge, es ist alles gut gegangen. Der kleine Mann ist wohl auf und du auch.“

„Justina hat ihm das Leben gerettet.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Ja, dass hat sie“, bestätigte Darius.

Sophia drückte ihr Baby noch fester an ihre Brust.

Danke, Justina.

Die Königliche war in den letzten Wochen und Monaten ebenfalls zu einer engen Freundin geworden und half Sophia, wo sie nur konnte.

Mit viel Geduld und Mitgefühl wies sie sie in den Tagesablauf einer Königin ein und erklärte ihr alles, was sie wissen musste und wollte. Die Freundschaft der beiden war mittlerweile so gefestigt, dass Justina sogar eines der vielen Zimmer im Palast bezog, um jederzeit für Sophia da sein zu können.

„Wo ist Justina? Ich möchte ihr danken.“

Darius Blick wurde ernst. „Sie trifft sich mit Amelia und den anderen Königlichen. Um über...“ Er konnte den Satz einfach nicht beenden.

Sophias Euphorie verschwand sofort. „Um über Drakes Wiederauferstehung zu reden.“

Das war nämlich der Plan, den sie in den letzten Monaten gesponnen hatten, um Darina endgültig los zu werden. Ein verrückter Plan, das musste Sophia zugeben, aber er war ihre einzige Hoffnung auf Vergeltung.

Darius nickte. „Du hältst es für falsch, oder?“ Einige Augenblicke lang schwieg Darius. Dann antwortete er doch noch. „Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Jemanden von der anderen Seite zurück zu holen fühlt sich nicht richtig an.“

„Auch nicht wenn es dein Bruder ist?“ „Versteh mich nicht falsch, ich liebe meinen kleinen Bruder und es hat mich zerrissen, als er gestorben ist. Aber nein, auch ihn würde ich nicht zurückholen wollen, wenn es einen anderen Weg geben würde. Ich glaube das so etwas immer Konsequenzen hat und ich weiß nicht, ob das alles die Sache wert ist.“

„Dann willst du nicht, dass Darina für all das büßt, was sie getan hat?“

„Oh doch! Ich will, dass sie büßt. Wenn ich könnte, würde ich sie selbst mit meinem Schwert erledigen.“ Er winkte ab.

„Vergiss es. Sagen wir einfach, ich bin besorgt.“

Sophia drückte Darius´ Hand. „Das sind wir alle.“

In dem Moment fing der kleine Prinz an zu weinen.

Darius lächelte wieder. „Ich glaube er nicht. Der hat nur Lust auf seine erste Mahlzeit auf Erden.“

Als Sophia ihre Brust entblößte um das Baby trinken zu lassen, setzte Darius sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett und drehte sich zu Fenster.

Sophia musste grinsen. „Ach komm, damals in Lucatifer hast du sie auch schon gesehen.“

Auch Darius hatte jetzt ein Schmunzeln im Gesicht, aber er sah weiter aus dem Fenster. „Ich weiß nicht, was du meinst.

Drake und ich haben damals brav aus dem Fenster geguckt.“

„Ja, in dessen Spiegelung ich zu sehen war.“

In gespielten Erstaunen zog Darius die Augenbrauen hoch.

„Wirklich? Das ist uns gar nicht aufgefallen.“

Da traf ihn eins von Sophias kleinen Kissen am Kopf.

Als er sich wieder umdrehte hatte der Kleine fertig getrunken und Sophias Brust war wieder bedeckt. Darius stützte sich auf die Ellbogen und lächelte wieder. „Und, wie wirst du ihn nennen?“

Sophia hatte sich über den Namen des Babys noch gar keine Gedanken gemacht. Sie hatte sich vorgenommen das Baby nach der Geburt erst im Arm zu halten und dann würde ihr schon der richtige Name einfallen. Und jetzt wo sie ihn hier vor sich hatte gab es natürlich nur einen Namen, der auf dieses wunderbare Wesen passte. „Drake, ich werde ihn Drake nennen.“

Darius grinste breit. „Ein Name, wie für ihn gemacht.“

„Das geht leider nicht, meine Liebe!“

Sophia und Darius sahen beide zur Tür.

Dort standen Amelia und Justina. Ihre Blicke waren ernst.

Als sie den kleinen Prinzen sahen, lächelten sie und kamen auf das Bett zu.

Zuerst umarmte Amelia Sophia und streichelte dem Baby über die Wange.

Dann trat auch Justina näher und küsste erst Sophia auf beide Wangen, bevor sie dem Baby einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn hauchte.

Beide Frauen waren in wunderschöne Kleider gehüllt.

Justinas war von einem Eisblau, bodenlang und hatte Ärmel. Kleine Kristalle auf dem Rock ließen diesen bei jeder Bewegung funkeln.

Auch Amelia war so schön gekleidet, wie Sophia es noch nie an ihrer Freundin gesehen hatte.

Ihr Kleid war von einem hellen Blau und die kleinen funkelnden Steinchen darauf sahen aus, wie Fangzähne.

Sophia musste grinsen.

Amelia grinste zurück und nickte. „Meinst du, weil ich wieder hier lebe, vergesse ich, wo in den letzten Jahren mein zu Hause war, und wer der zweite Teil meiner Familie ist?“ Bei dem letzten Teil des Satzes lächelte sie Darius gutherzig an.

Ihre Bindung ist stärker denn je. Ich freue mich so für sie.

Darius erwiderte Amelias Lächeln nicht minder warmherzig. Dabei sah er gar nicht aus wie der König von Fogtal, dem Land in dem die Vampire lebten, sondern eher wie ein kleiner Junge, der sich über ein Lob freute. Dann wurde sein Blick ernst und er sah Justina an. „Was habt Ihr damit gemeint, dass Sophia den Kleinen nicht Drake nennen kann?“

Justina sah Amelia einen Moment unsicher an. Dann ergriff sie Sophias Hand und drückte sie an ihre Brust. „Wir haben es geschafft. Wir haben einen Weg gefunden, wie wir Drake zurückholen können.“

Sophias Herz setzte einen Schlag aus. „Was? Wovon redet Ihr da?“, fragte sie flüsternd.

Auch Darius hatte es die Sprache verschlagen.

Amelia ergriff das Wort. „Ja, es ist wahr. Wir sind in der Lage Drake wieder zurück zu holen, aber es gibt einen Haken und dieser wird keinem von uns gefallen.“

Die Verwandlung

Kapitel zwei

Sophia hatte sich in ihrem Bett aufrecht hingesetzt, während sie den beiden Frauen aufmerksam zugehört hatte.

Ihr kleiner Prinz lag in seiner Wiege rechts neben ihrem Bett und schlief ganz friedlich, während die Erwachsenen über das Schicksal seines Vaters sprachen.

„Also habe ich das jetzt richtig verstanden?“, begann Darius.

Er saß immer noch auf dem Stuhl neben Sophias Bett, die Ellbogen auf ihrer Bettdecke aufgestellt, und die Zeigefinger an seine Lippen gelegt. Sein Blick zeigte eine Mischung aus Verwirrung und Verärgerung. „Ihr habt einen Zauber gefunden, mit dem wir Drake wieder zum Leben erwecken können, auch wenn sein Körper nur noch ein Haufen Asche ist. Er darf aber nichts von seiner Vergangenheit erfahren. Wenn er Darina getötet hat, löst sich der Zauber auf, und ihr schickt ihn wieder auf die andere Seite?“

Sowohl Justina als auch Amelia nickten bekümmert.

„Das ist euer genialer Plan!?“ Darius sprang von seinem Stuhl auf und funkelte die beiden Frauen wütend an.

Sophia ergriff seine Hand. „Beruhige dich, Darius.“

Darius sah sie mit großen Augen an. „Beruhigen?! Ich soll mich beruhigen?! Hast du die letzten Minuten nicht zugehört?“

Sophia traten Tränen in die Augen. „Ich habe ganz genau zugehört. Mir gefällt das Ganze genau so wenig wie dir. Wir reden hier schließlich nicht über irgendwen. Wir reden über den Vater meines Sohnes und meine große Liebe.“ Sie sah Justina an. „Wie genau habt ihr euch das denn vorgestellt? Wir holen ihn zurück und was dann? Wir sagen ihm, er ist nur wieder da, um jemanden zu töten, und dann auf nimmer wiedersehen?“

Justina schüttelte den Kopf. „Nein, wir müssen ihn behandeln wie einen Krieger aus deinen Reihen. Er wird denken, wir haben ihn nach einer großen Schlacht, bei der er verletzt wurde, geheilt und mehr wird er erst einmal nicht wissen.“

Sophia schüttelte den Kopf so heftig, dass ihr die Haare ins Gesicht schleuderten und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. „Aber er wird mich doch erkennen. Das weiß ich von Darius. Als er Shyla auf der anderen Seite wieder gesehen hat, hat sie ihn sofort erkannt.“

Shyla war Darius große Liebe. Sie lernten sich als Jugendliche kennen und wollten heiraten, wenn zwischen Krytäzien und Fogtal endlich Frieden herrschen würde.

Leider kam es nie dazu. Bei einem blutigen Überfall auf Fogtal, den Darina befohlen hatte um Sophia zurück nach Krytäzien zu locken, wurde Shyla grausam ermordet.

Noch ein Grund mehr für Darius Krytäzien und alle Bewohner dieses Landes zu hassen.

Diesmal ergriff Amelia das Wort. „Diese Situation ist anders. Wir nehmen ja nicht einfach nur Kontakt zu Drake auf. Wir holen ihn in unsere Welt zurück. Dieser Vorgang löscht sein Gedächtnis vollständig aus. Es ist, als würde er neu geboren werden, nur dass er nicht als Baby zurückkehrt, sondern als der Gleiche der er war.“

„Nur ohne Gedächtnis“, meldete sich Darius zu Wort.

„Ich verstehe aber noch immer nicht, wozu das Ganze?

Warum darf er nichts von seinem vorherigen Leben erfahren?“

„Weil seine Seele nicht ganz zurück in unsere Welt kommt.

Mit einem Teil davon bleibt er auf der anderen Seite. Wenn er erfahren würde, dass er schon einmal gelebt hat, würde es seine Seele zerreißen. Ein Teil wäre dann für immer auf der anderen Seite verloren, der andere würde hier im Nichts verschwinden und würde Drake somit zu einem halb lebenden und halb toten Lebewesen machen“, antwortete Justina.

„Das ist er doch sowieso. Mein Bruder ist ein Vampir. Das heißt, er ist sowieso tot“, wandte Darius ein.

Amelia nickte. „Das ist wahr. Aber wovon du redest ist nur der körperliche Aspekt. Richtig, als Vampir schlägt sein Herz nicht, und medizinisch gesehen ist er tot. Aber wovon Justina und ich reden, ist seelischer Natur. Nicht sein Körper würde Schaden nehmen, sondern seine Seele.

Glaub mir mein Lieber, das ist um ein vielfaches schlimmer“.

Sophia hatte die letzten Minuten nur schweigend dagesessen und zugehört. Jetzt sah sie Justina mit Tränen in den Augen an. „Wir holen ihn also nur zurück, um ihn später wieder zu verlieren?“

Justina ergriff ihre Hand. „Ja leider, meine Liebe. Es gibt keine Macht auf dieser Erde, die Drake für immer zu uns zurück bringen kann, er ist tot.“ Sophia schlang die Arme um ihren Oberkörper und ließ den Tränen freien Lauf.

Darius setzte sich neben sie auf das Bett und legte ihr einen Arm um die Schulter. „Ich weiß, was du dir erhofft hattest.

Das Gleiche habe ich auch gehofft. Aber vielleicht finden wir einen Weg. Wenn er erst einmal hier ist, dann finden wir einen Weg, um ihn hier zu halten.“

Das Baby in der Wiege begann zu schreien. Sophia nahm es hoch und drückte es fest an sich. Dann sah sie Justina wieder an. „Und was machen wir mit ihm? Ich meine, schau ihn dir an, er ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Wie sollen wir ihm das erklären?“ Amelia sah zwischen Sophia, Darius und dem Baby hin und her.

„Dafür haben wir auch schon einen Plan. Aber das besprechen wir morgen. Du brauchst Ruhe.“ Damit standen die beiden Frauen auf. Amelia ging nach Justina aus der Tür und bedeutete Darius ihr zu folgen.

Sophia konnte ihre Stimmen auf dem Flur nur gedämpft hören, und doch verstand sie jedes Wort.

„Ich bin froh, dass du deine Meinung geändert hast, und uns geholfen hast, Sophia von dem Plan zu überzeugen“, hörte sie Amelia sagen.

Darius Antwort kam schnell und seine Stimme klang wütend. „Glaub bloß nicht, dass ihr mich überzeugt habt.

Ich habe nur versucht Sophia zu beruhigen. Euren Plan finde ich einfach nur irrsinnig und verrückt. Ich meine, wie stellt ihr euch das eigentlich vor? Dass ich meinen eigenen Bruder wie einen Fremden behandeln soll?“

„Nicht wie einen Fremden. Sondern wie einen Soldaten aus deinen Reihen, Darius“, antwortete Amelia.

Sophia legte sich auf die Seite und den kleinen Jungen neben sich auf das Bett. Er sah sie mit seinen kleinen, unschuldigen Augen an. Ihr blieb gar nichts anderes übrig, sie musste einfach strahlen.

In diesen dunklen Zeiten, bist du das einzige Licht für mich.

Da war es ihr auf einmal ganz klar. Egal wie schmerzhaft die nächste Zeit für sie werden würde, für dieses kleine Wesen musste sie stark sein und alles daran setzen, dass diese Welt, in die er nur ein paar Stunden zuvor hineingeboren worden war, zu einem besseren Ort wurde.

Sophia , wie hinter ihr die Tür geschlossen wurde. Dann spürte sie wie Darius sich hinter ihr auf das Bett legte. Er streckte seine Hand aus und strich dem Baby über die Wange.

Sophia lehnte sich zurück und den Kopf an Darius Brust.

Sie hatte keine romantischen Gefühle für ihn, genau so wenig wie er für sie. In diesem Moment aber sehnte sie sich einfach nach ein bisschen Nähe. Sie schloss die Augen und flüsterte. „Ich habe mich für einen Namen entschieden.“

„Ja? Und, wie heißt der kleine Mann?“ „Ich nenne ihn Seva. Eine Abkürzung für Sevarion.“

„Sevarion? Wie dein Vater.“

Sophia nickte.

„Das finde ich gut.“

Sophia legte den Kopf auf ihr Kissen und gemeinsam sahen sie dem kleinen Seva beim Schlafen zu.

Die ersten Sonnenstrahlen des Tages weckten Sophia auf eine angenehme Weise. Als sie die Augen aufschlug, musste sie unwillkürlich lächeln.

Darius hatte sich in der Nacht umgelegt und lag jetzt auf der anderen Seite des Bettes. Einen Arm hatte er um den kleinen Seva gelegt, der sich an seine Brust schmiegte und schlief.

Es sah fast so aus, als würden die beiden im Gleichklang atmen.

So viel Feingefühl hätte ich Darius niemals zugetraut.

Vorsichtig, um die Beiden nicht zu wecken, stand sie auf und zog sich in das angrenzende Badezimmer zurück.

Dort ließ sie sich ein Bad ein und genoss das warme Wasser und den wohligen Schaum auf ihrer Haut.

Nach der Entbindung hatte man sie natürlich gewaschen, aber in dieser heißen Wanne verschwanden auch die letzten Spuren der Geburt.

Sophia lehnte sich an das Kopfende und schloss die Augen.

Wie so oft in den letzten Monaten rief sie sich Drake ins Gedächtnis. Sein warmer liebevoller Blick, seine dunkle, angenehme Stimme und den Geruch seiner Haut, den sie so sehr vermisste.

Doch all diese schönen Bilder währten nur kurz. Denn sobald sie sich voll und ganz auf ihn konzentrierte war das Letzte was sie sah, der Moment, als er starb, um ihr das Leben zu retten.

Sofort riss Sophia die Augen auf.

Ihr Herz raste wie wild und sie brauchte einen Moment, um ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Noch etwas, wofür ich Darina abgrundtief hasse! Sie hat mir Drake nicht nur genommen, sie hat mir auch jegliche Chance genommen, die schönen Momente mit ihm aus meinem Gedächtnis abzurufen.

Alles, was sie schlussendlich sehen konnte, war der Schmerz in seinen Augen und seinen Tod.

Als Sophia wieder aus dem Bad kam, schliefen ihr kleiner Sohn und Darius immer noch tief und fest. Dafür stand jemand anderes in ihrem Zimmer und machte einen tiefen Knicks.

„Guten Morgen Anna, wie geht es dir?“ Das junge Mädchen erhob sich und sah Sophia schüchtern lächelnd an. „Danke, sehr gut, eure Majestät.“

Sophia hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt jetzt mit diesem Titel angesprochen zu werden. Es kam ihr so unwirklich vor. Sie lächelte das junge Mädchen an. „Ich habe dir doch gesagt, du kannst mich ruhig Sophia nennen.“

Anna schüttelte den Kopf. „Das könnte ich nie, eure Majestät. Das wäre nicht richtig.“

„Da hat sie absolut Recht.“ Darius hatte sich lautlos vom Bett erhoben und stand jetzt direkt neben den beiden Frauen.

Anna wich zuerst alle Farbe aus dem Gesicht. Dann wurde ihr Gesicht dunkelrot und sofort fiel sie wieder in einen Knicks.

Darius winkte ab. „Schon gut, bleib gerade stehen. Es reicht, wenn du deiner Königin Respekt zollst. Vor mir musst du dich nicht verbeugen.“

Wieder knickste die junge Frau.

Als Darius daraufhin die Augen verdrehte, musste Sophia schmunzeln. „Danke Anna, ich ziehe mich heute alleine an. Ich rufe dich, wenn ich dich brauche.“

Ein letztes Mal knickste die junge Frau, dann verschwand sie schnellen Schrittes aus dem Zimmer.

„Sie ist so verliebt in dich“, grinste Sophia.

Darius sah sie an. „Ach Quatsch. Das ist meine ganz normale Wirkung auf Frauen.“

Sophia verdrehte die Augen. „Oh ja ich vergaß, du bist ja ein Frauenschwarm.“

Darius legte die Stirn in Falten. „Das bin ich auch. Ist dir das etwa noch nicht aufgefallen?“ „Doch, doch, ist mir aufgefallen. Und jetzt raus hier, ich will mich anziehen.“

Erst da sah Darius an ihr herunter und bemerkte, dass sie nur in ein Handtuch gewickelt war.

Er grinste sie an. „Tu dir keinen Zwang an.“

„Na, das hättest du wohl gerne. Verschwinde, du hast gestern Abend ja wohl schon genug gesehen.“ Sie trat ihm spielerisch in den Po.

Darius tat so, als hätte ihn der Tritt zur Tür befördert.

„Schon gut, schon gut, ich gehe ja schon. Aber ich bin vollkommen unschuldig. Ich habe ganz brav aus dem Fenster gesehen, während du deinen Sohn gestillt hast.“

Sophia zog eine Grimasse und nickte.

Nichts gesehen. Dass ich nicht lache.

Darius hatte schon die Türklinke in der Hand, als er zurück weichen musste, weil die Tür aufging und Anna erneut das Zimmer betrat. „Lady Justina und Lady Amelia, sowie Lady Malvina und Lady Padrina erwarten die Majestäten im Thronsaal. Ihr sollt bitte auch das Baby mitbringen.“

Schlagartig war es mit Sophias guter Laune vorbei. Sie fragte sich, was die beiden Frauen sich wohl ausgedacht hatten, damit Drake nach seiner Rückkehr ins Leben nicht herausfand das Seva sein Sohn war?

Auch aus Darius Gesicht war jegliche Heiterkeit verschwunden. Er schien wohl dieselben Gedanken zu haben wie sie. Er drehte sich zum Bett um, auf dem das Baby gerade wach wurde.

Als Sophia mit dem kleinen Seva auf dem Arm, gefolgt von Darius den Thronsaal betrat, erwarteten sie schon Justina, Amelia und die beiden anderen königlichen Padrina und Malvina.

Die vier hatten auf der großen, roten Couch Platz genommen, die Sophia anstelle eines Throns hatte aufstellen lassen.

Sie war der Meinung, dass es so viel angenehmer und auch persönlicher wäre, Gäste zu empfangen.

Alle vier Damen hatten sich in weiße Kleider gehüllt, die ihre Körper umspielten. Sie standen im absoluten Gegenteil zu Sophia und Darius.

Sie hatte sich für ein einfaches, langes schwarzes Kleid entschieden, ohne großen Schnickschnack. Die vier Frauen standen auf. Sie verbeugten sich tief vor ihrer Königin und dem König der Vampire.

Darius sah Amelia stirnrunzelnd an. „Wirklich Amelia, du jetzt auch?“ Diese grinste und zuckte die Schultern. „So will es nun einmal das Gesetz. In Fogtal habe ich das nie so ernst gesehen, aber die Dinge haben sich geändert. Ich akzeptiere dich genauso als meinen König, wie Sophia meine Königin ist.“

„Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.“

Amelias Grinsen wurde noch breiter. „Nur keine Sorge. Ich werde dir trotzdem noch gehörig den Kopf waschen, wenn du dich wieder einmal daneben benehmen solltest.“

Jetzt musste auch Darius grinsen.

Justina unterbrach das Geplänkel zwischen den Beiden.

„Genug jetzt damit. Lasst uns beginnen. Umso schneller wird Drake wieder bei uns sein und uns im Kampf gegen Darina zur Seite stehen.“

Alle im Raum wurden schlagartig ernst.

Sophia ergriff das Wort. „Und wie genau habt ihr euch das jetzt vorgestellt?“

Amelia zog ein Fläschchen aus einer Tasche Ihres Kleides.

„Hiermit. Das ist ein Trank, den ich gebraut habe. Er wird das Aussehen deines Sohnes verändern wird, sodass er nicht mehr als Drakes Sohn zu erkennen ist.“

„Aber dazu brauchen wir noch eine Kleinigkeit“, meldete sich Justina zu Wort. „Erst dann ist der Trank fertig.“

„Und was braucht ihr dazu?“, fragte Darius.

„Dein Blut und das des Prinzen.“

Sophia und Darius rissen die Augen.

„Ihr wollt meinem Sohn Blut abnehmen?! Auf keinen Fall! Da mache ich nicht mit!“

Amelia bedeutete Sophia sich mit dem Baby auf die Couch zu setzen. „Hab keine Angst, es ist nicht so schlimm, wie es sich gerade anhört. Wir brauchen nur einen winzigen Tropfen, er wird nichts spüren. Das verspreche ich dir.“

Unsicheren Schrittes ging Sophia auf die Couch zu und setzte sich.

Darius stand noch immer an der gleichen Stelle. Als er keine Anstalten machte sich zu bewegen, ergriff Amelia seinen Arm und setzte ihn neben Sophia.

„Und wie genau soll das jetzt alles funktionieren. Warum braucht ihr mein Blut für die ganze Aktion?“, fragte er.

„Das wirst du in wenigen Augenblicken sehen“, antwortete Amelia geheimnisvoll.

Justina kam auf Sophia zu und setzte sich neben sie. Sie holte eine kleine Spitze Nadel hervor und ehe Sophia protestieren konnte, hatte sie dem Baby in den Zeigefinger gestochen.

Das Ganze ging so schnell, dass der kleine Seva gar nichts von der Prozedur mitbekommen hatte und alles nur mit seinen großen Augen neugierig beobachtete.

Justina hielt den Finger des Jungen so, dass ein Tropfen seines Blutes in das Fläschchen tropfte.

Einen Augenblick später hatte sich die Wunde am Finger des Jungen schon wieder geschlossen.

Natürlich, er ist schließlich zur Hälfte ein Vampir.

Dann reichte Amelia Darius eine Nadel, mit der er sich in den Finger stechen sollte.

Dieser schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, aber mir gefällt das Ganze überhaupt nicht.“

„Es ist der einzige Weg, deinen Bruder zu schützen. Das willst du doch wohl, oder etwa nicht?“ Einige Sekunden lang verharrte Darius. Dann nahm er die Nadel, stach sich in den Finger und ließ auch sein Blut in das Fläschchen tropfen.

„Gut, und jetzt lass es den Kleinen trinken, Sophia“, forderte Justina sie auf.

Wie in Trance nahm Sophia das Gefäß und hielt es ihrem Sohn an die Lippen.

Was tue ich hier nur? Was geschieht mit meinem Baby?

Das Gebräu schien nicht schlecht zu schmecken, denn Seva leerte alles innerhalb kürzester Zeit.

Was dann geschah konnten weder Sophia noch Darius glauben.

Das Baby in ihren Armen schien sich zu verändern.

Sophia sah zu, wie die blonden Haare des Jungen pechschwarz und seine wunderschönen, zweifarbigen Augen dunkel wie die Nacht wurden. Und noch mehr.

Seine Gesichtszüge veränderten sich und ließen ihn zu einem neuen Bewohner werden.

Plötzlich war es nicht mehr Drake der Sophia aus den Augen ihres Sohnes heraus anlächelte. Es war...

Darius!

Der Anschlag

Kapitel drei

„Was habt ihr getan?!“ Darius sprang erschrocken auf und starrte das Baby mit großen Augen an.

Justina erhob sich ebenfalls und faltete die Hände vor dem Bauch. „Es ist ein kleiner Verwandlungszauber. In dem wir sowohl Euer Blut als auch das des Jungen in den Trank gemischt haben konnten wir seine Gestalt verändern. So wird Drake nicht auf den Gedanken kommen, dass das sein Kind ist. Und da Ihr, König Darius, ihm auch nicht sagen dürft, dass Ihr sein Bruder seit wird er in dem Kleinen nichts weiter sehen, als euren Sohn.“

Darius war noch immer geschockt. Nach ein paar Sekunden schüttelte er den Kopf. „Nein, das ist falsch. Ich verbiete es!“

Justina gab ein melodisches Lachen von sich. „Ihr verbietet es? Darius, Ihr habt hier nichts zu verbieten. Ja, Ihr seid der König von Fogtal und ja, wir haben Frieden geschlossen mit Eurem Land. Aber das heißt noch lange nicht, dass Ihr hier irgendetwas zu sagen habt. Da ändert auch Eure tiefe Freundschaft zu unserer Königin nichts dran.“

Der scharfe Ton in Justinas Stimme gefiel Sophia gar nicht.

Sie hat ihm immer noch nicht verziehen, dass er Krytäzien angegriffen hat und das, obwohl sie weiß, was unsere

Soldaten vorher in Fogtal angerichtet haben.

Sophia erhob sich und sah die Königliche an.

„Justina, kann ich dich bitte unter vier Augen sprechen?“

Justina senkte den Kopf zur Bestätigung und die beiden Frauen gingen auf den Flur.

„Warum tust du das?“, fragte Sophia sofort flüsternd, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Ich weiß nicht was du meinst, Sophia.“

„Das weißt du ganz genau. Du giftest Darius immer noch unterschwellig an. Das ist nicht in Ordnung. Wir haben darüber gesprochen. Du weißt warum das damals passiert ist. Alle haben ihm verziehen und geben ihm eine zweite Chance. Ich bitte dich das auch zu tun.“

Das stimmte zwar nicht ganz, aber Sophia wollte jetzt nicht auf die wenigen Bewohner Krytäziens eingehen, die Darius immer noch mit Missachtung straften oder offen wütend anfunkelten.

Nach einem Moment des Schweigens nickte Justina. „Es tut mir Leid, mein Verhalten war nicht in Ordnung. Ich werde mich bei König Darius aufrichtig entschuldigen. Er hat mir immerhin Amelia wieder gebracht und ihr vor vielen Jahren das Leben gerettet. Ich bin es ihm schuldig, ihn wie einen Freund zu behandeln.“

Als Justina schon an der Tür war und sie gerade öffnen wollte, hielt Sophia sie am Arm zurück. „Warte.“

Justina drehte sich zu ihr um.

„Ich bin noch nicht dazu gekommen dir zu danken. Du hast meinen Sohn auf die Welt geholt und ihm das Leben gerettet.“

Justina lächelte Sophia an und ging zurück in den Thronsaal.

Dort waren Amelia und Darius gerade in eine gespannte Unterhaltung vertieft, die aber abrupt endete, als Sophia und Justina zurückkamen.

Amelia wiegte den kleinen Seva in ihren Armen, der wieder eingeschlafen war, und von dem ganzen Trubel um ihn herum nichts mitzubekommen schien.

Justina trat zu Darius und setzte zu einem Knicks an. „Ich entschuldige mich für meine unbedachten Worte, Darius.

Ich stehe für immer tief in Deiner Schuld, wegen Amelia.“

Darius sah kurz Sophia an, dann wieder zu Justina und nickte. „Schon in Ordnung. Wir hatten eben einen schlechten Start. Versuchen wir das hinter uns zu lassen.

Wir haben schließlich weitaus schwierigere Probleme vor uns.“

Sophia wollte gerade noch etwas erwidern, als sie Hufgetrappel und Rufe vor der Tür hörten.

Sofort rief Sophia nach Anna und übergab ihr das Baby.

Dann ging sie mit den anderen Dreien nach draußen.

Sky, ihr neuer Krieger und Hauptmann der königlichen Krieger, und Balto, der Anführer von Darius Leuten, stiegen gerade von ihren Pferden.

Beide Männer hatten ihre schulterlangen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und doch hätten sie nicht unterschiedlicher aussehen können.

Sky war groß, stark, hatte blondes glattes Haar und hellblaue wachsame Augen. Balto stand ihm zwar in Größe und Muskulatur in nichts nach, aber ansonsten hatte er nicht die geringste Ähnlichkeit mit seinem neuen Verbündeten.

Seine Haut war gebräunt und trotzdem konnte man die leichte Blässe, die alle Vampire innehatten, erkennen. Sein Haar war rabenschwarz, genau wie seine markanten Augenbrauen. Die Augen selbst waren von einem hellen braun. Ihre Schönheit konnte aber die Härte in ihnen verschleiern. Vor Sophia stand ein Krieger der, wenn nötig, sein eigenes Leben dafür gab um sein Land und seinen König zu beschützen.

Noch heroischer war, dass Balto bis vor kurzem noch ein Ausgestoßener seiner eigenen Leute war. Er hatte versucht, sie und Drake zu töten, um sich an dem König dafür zu rächen, dass er ihn ins Exil geschickt hatte und er deswegen seine Familie und seine Heimat verloren hatte.

Doch der damalige König war schon lange tot und Darius hatte alle verbannten Krieger wieder nach Hause geholt.

Dafür waren sie ihm sehr dankbar.

Balto war jetzt, wie Sky, der ranghöchste Krieger seines Landes. Da beide Länder momentan den gleichen Feind schlagen wollten, hatten sie sich zusammen getan, um ihre Leute geschlossen gegen Darina anführen zu können.

Die beiden Krieger knieten gleichzeitig nieder und senkten die Köpfe.

„Ihr dürft euch erheben. Was habt ihr herausgefunden?“, fragte Sophia.

Sky und Balto erhoben sich und Sky ergriff als Erster das Wort. Er schien erst mit sich zu ringen. Aber dann antwortete er. „Nichts, Majestät. Wir haben leider gar nichts gefunden.“

Jetzt ergriff Darius das Wort. „Was soll das heißen, ihr habt gar nichts gefunden? Eine einzelne Person kann doch nicht einfach vom Erdboden verschwinden.“

Balto kam Sky zur Hilfe. „Es scheint aber so zu sein, König Darius. Wir haben alle Ländereien im Umkreis durchkämmt, keine Spur von Darina oder einem ihrer Leute. Das Letzte, was wir gefunden haben, war die Leiche vom letzten Hauptmann der königlichen Krieger. Sie lag zwei Tages Reisen von hier am Ufer eines Flusses. Woran er gestorben ist, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen.

Der Körper ist unversehrt.“

Rabat.

Sophia konnte keine Trauer für diesen Mann empfinden.

Er war es, der mit ein paar anderen Männern in ihr Haus eingedrungen war und ihre Eltern ermordet hatte, und er hatte sie und Drake nicht nur einmal angegriffen. Auch wenn er es immer in Darinas Namen getan hatte wusste Sophia, dass es ihm insgeheim Freude bereitet hatte.

„Was habt ihr mit der Leiche gemacht?“, wollte sie nun wissen.

Sky antwortete unbehaglich. „Wir haben sie auf einen unserer Karren geladen. Die restlichen Soldaten warten am Tor auf uns. Wir waren uns nicht sicher, wie wir mit dem Körper verfahren sollten.“

Sophias Blick wurde eisern. „Grabt ein Loch und werft ihn hinein. Danach könnt ihr und eure Männer euch erst einmal ausruhen. Ich rufe euch, wenn ich euch wieder brauche.“

„Aber Majestät...“, versuchte Sky es.

„Was ist?!“ „Nun ja. Rabat war immerhin Hauptmann der königlichen Krieger...“

„Und weiter? Was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun, ihm ein schönes Begräbnis bereiten? Ganz sicher nicht!

Dieser Mann war nichts weiter als ein Mörder und Verräter an seinem eigenen Land, in dem er Darinas Machenschaften unterstützte. Er verdient kein Begräbnis und er verdient es auch nicht, auf der anderen Seite willkommen geheißen zu werden. Von mir aus kann er in der Hölle schmoren!“

Sie sah dem Krieger an, dass er noch etwas sagen wollte.

Dann besann er sich wohl eines Besseren, neigte den Kopf vor ihr und machte sich auf den Weg in die Richtung, in der seine Leute auf ihn warteten. Balto folgte ihm. Wenn er Sophias Entscheidung in irgendeiner Form missbilligte, so ließ er es sich nicht anmerken.

Sophia drehte sich zu Justina um. „Wo sind Malvina und Padrina?“ Bei all den Geschehnissen in den letzten Stunden war ihr gar nicht aufgefallen, dass die beiden gegangen waren.

„Sie bereiten das Ritual vor. Einen Toten wieder ins Leben zurück zu holen ist nicht ungefährlich, es erfordert viel Vorbereitung.“

Sophia nickte. „Wann vollziehen wir das Ritual?“

„Am frühen Morgen. Wir brauchen eine aufgehende Sonne, sie wird Drakes Seele den Weg zurück zu uns weisen.“

Bei dem Gedanken Drake bald wieder zu sehen klopfte Sophias Herz so stark, das sie glaubte, es würde ihren Brustkorb sprengen. Auch wenn die Umstände alles andere als glücklich waren, so würde er doch bald wieder vor ihr stehen und diese Freude konnte ihr keiner nehmen.

Nach dem Gespräch mit Justina machte Sophia sich auf den Weg in ihr Zimmer, um nach Seva zu sehen.

Der kleine schlief immer noch seelenruhig in seiner Wiege.

Ich bin so froh, dass du noch nicht verstehst, was um dich

herum geschieht. Sophia saß auf der Bettkante, beobachtete die ruhige Atmung des Babys und fühlte sich sogleich viel entspannter.

Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.

„Herein!“, rief sie.

Die Tür öffnete sich und Sky trat in das Zimmer. „Verzeiht, wenn ich einfach so herein platze, aber ich habe niemanden gefunden, der mich hätte anmelden können.“

Er ließ sich auf ein Knie sinken.