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Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pflegewissenschaft - Gewalt in der Pflege, Note: 1,0, Alice-Salomon Hochschule Berlin , Veranstaltung: Studiengang Pflege/Pflegemanagement, Sprache: Deutsch, Abstract: Überfüllte Krankensäle, kurz angebundene Krankenschwestern und -wärter, rabiate Behandlungsmethoden und dahinsiechende schwerkranke Menschen sind seit einigen Jahrzehnten in Deutschland sowie zumindest in anderen westlich industrialisierten Ländern passè. Ungefähr seit den 60er Jahren ist sowohl in der architektonischen und technischen Ausstattung der Krankenhäuser und Alten-/Pflegeheime, als auch in der pflegerischen Versorgung und medizinischen Behandlung eine stete Verbesserung auszumachen. Doch was passiert hinter den Mauern der renovierten Kliniken und Heimen in gepflegten Ein- bis Dreibettzimmern? Kann das Pflegepersonal den menschlichen Bedürfnissen umfangreich nachkommen ohne ihre eigene Person aus den Augen zu verlieren und seelisch auszubrennen? Gibt es genügend Zeit- und Personalressourcen, um die Anforderungen der ganzheitlichen Pflege und medizinintensiven Behandlung zu bewerkstelligen? Fälle von Gewalt in der Pflege sind in den letzten Jahren des Öfteren durch Presse und Fernsehen gegangen, jedoch beziehen sie sich hauptsächlich auf medienwirksame Fälle, wie z. B. die Tötung von Bewohner(inne)n eines Pflegeheimes durch eine Pflegekraft. Die Tötung als Form äußerster Gewalt in der Pflege kommt jedoch weder häufig, noch alltäglich vor. Viel mehr gibt es eine hohe Anzahl von Gewalthandlungen oder -situationen, die subtil, indirekt, versteckt und somit unauffällig durch ihre Selbstverständlichkeit im pflegerischen Alltag sind. Seit zwei Jahrzehnten beschäftigen sich einige Wissenschaftler/innen und Initiativen bereits mit diesem heiklen Thema, dennoch ist die Literaturlage als dürftig anzusehen. Die Mehrheit der in der Literatur beschriebenen Fälle bezieht sich auf Gewalthandlungen in der Pflege, die relativ gut erkennbar (schlagen, kneifen, zerren=Hämatome) sowie regelmäßig erlebbar (ausschimpfen, ignorieren, anschreien) sind und somit den Befragten als erste Antwort in den Sinn kommt. Aus diesem Grund möchte ich mich in dieser Hausarbeit zwei speziellen Formen der Gewalt widmen, die auf den ersten Gedanken eigentlich gar keine Themen für den pflegerischen Bereich sind: Die kulturelle Gewalt und die sexuelle Gewalt.
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Veröffentlichungsjahr: 2006
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsklärung
2.1 Kulturelle Gewalt
2.2 Sexuelle Gewalt
3 Rechtliche Grundlagen
4 Beispiele aus der Pflege
4.1 Kulturelle Gewalt in pflegerischen Einrichtungen
4.2 Sexuelle Gewalt in pflegerischen Einrichtungen
5 Erklärungsversuch
5.1 Ursachen kultureller Gewalt
5.2 Ursachen sexueller Gewalt
6 Prävention und Bewältigung
7 Zusammenfassung
8 Fazit
9 Literaturverzeichnis
„(...) Die Gewalt herrscht
wo irgendwer
oder irgendetwas
zu hoch ist
oder zu heilig
um noch kritisiert zu werden
oder wo die Kritik nichts tun darf
sondern nur reden
und die Heiligen oder die Hohen
mehr tun dürfen als reden (...)“
Erich Fried 1985
Auszug aus dem Gedicht: Die Gewalt
Überfüllte Krankensäle, kurz angebundene Krankenschwestern und -wärter, rabiate Behandlungsmethoden und dahinsiechende schwerkranke Menschen sind seit einigen Jahrzehnten in Deutschland sowie zumindest in anderen westlich industrialisierten Ländern passè. Ungefähr seit den 60er Jahren ist sowohl in der architektonischen und technischen Ausstattung der Krankenhäuser und Alten-/Pflegeheime, als auch in der pflegerischen Versorgung und medizinischen Behandlung eine stete Verbesserung auszumachen. Frühere Zustände wurden als unmenschlich beschrieben und im Zuge von ethisch-moralischen sowie strukturellen Modernisierungen den menschlichen Bedürfnissen und zeitgemäßen Bedingungen angepasst.
Die veränderten Tätigkeiten des Pflegepersonals sind im 1985 beschlossenem Krankenpflegegesetz definiert, wie auch die korrekte Berufsbezeichnung, Ausbildungsrichtlinien und staatliche Examina. Doch was passiert hinter den Mauern der renovierten Kliniken und Heimen in gepflegten Ein bis Dreibettzimmern? Kann das Pflegepersonal den menschlichen Bedürfnissen umfangreich nachkommen ohne ihre eigene Person aus den Augen zu verlieren und seelisch auszubrennen? Gibt es genügend Zeit- und Personalressourcen, um die Anforderungen der ganzheitlichen Pflege und medizinintensiven Behandlung zu bewerkstelligen?
Gewalt in der Kranken- und Altenpflege wird seit Anfang der 1970er Jahre thematisiert. Vorherige Umstände in Krankenhäusern und -heimen wurden als menschenunwürdig geschildert, auch, wenn sie der Zeit sowie der landläufigen Meinung, Krankenhäuser seien nun mal keine Hotels, entsprachen. Gerade in den letzten Jahren hat sich diese Haltung jedoch grundlegend geändert. Die Bevölkerung der kapitalistisch-industrialisierten Länder avanciert verstärkt zu einer Dienstleistungsgesellschaft, was sich auch auf die Behandlung und Betreuung in Kliniken und Alten-/Pflegeheimen auswirkt. Begrüßenswert sind hierbei die Stärkung der Rechte der Patient(inn)en/Bewohner/innen auf Mitbestimmung und Entscheidung, Einbezug der Angehörigen in Pflege und Therapie sowie die Anerkennung von Patient(inn)enverfügungen.
Aber was geschieht, mit den Menschen, die ihre Rechte nicht mehr selbständig wahrnehmen oder einfordern können? Die keine Angehörigen haben? Wenn die Verfügung falsch ausgelegt oder übergangen wird?
Fälle von Gewalt in der Pflege sind in den letzten Jahren des Öfteren durch Presse und Fernsehen gegangen, jedoch beziehen sie sich hauptsächlich auf medienwirksame Fälle, wie z. B. die Tötung von Bewohner(inne)n eines Pflegeheimes durch eine Pflegekraft. Die Tötung als Form äußerster Gewalt in der Pflege kommt jedoch weder häufig, noch alltäglich vor. Viel mehr gibt es eine hohe Anzahl von Gewalthandlungen oder -situationen, die subtil, indirekt, versteckt und somit unauffällig durch ihre Selbstverständlichkeit im pflegerischen Alltag sind. Seit zwei Jahrzehnten beschäftigen sich einige Wissenschaftler/innen und Initiativen bereits mit diesem heiklen Thema, dennoch ist die Literaturlage als dürftig anzusehen; auch ein breites öffentliches Interesse konnte trotz der Bemühungen bisher nicht initiiert werden.
Deshalb möchte ich mit dieser Hausarbeit einen kleinen Beitrag zum Voranschreiten der Aufklärungsarbeit in diesem Bereich leisten und durch die auszugsweise Nutzung der bisherigen Veröffentlichungen und Studien die Arbeit der Agierenden würdigen.
Der norwegische Friedensforscher J. Galtung versteht im Allgemeinen unter Gewalt die „vermeidbare Beeinträchtigung grundlegender menschlicher Bedürfnisse (...), die den realen Grad der Bedürfnisbefriedigung unter das herabsetzt, was potentiell möglich ist.“ [Galtung 1993 S. 106]
Kulturelle Gewalt ist eine Dimension dessen und geht mit der direkten und strukturellen Gewalt einher: Eine Situation oder ein Erlebnis von physischer oder psychischer Gewalt wird
unabhängig ihrer Folgen und Verletzungen als direkte Gewalt bezeichnet, während strukturelle Gewalt einen prozesshaften Charakter hat, der durch Gesetze, soziale Systeme oder betriebliche Strukturen dauerhaft erzielt wird. Unter kultureller Gewalt werden Aspekte einer Kultur verstanden, die benutzt werden können,