Kunst im Vatikan -  - E-Book

Kunst im Vatikan E-Book

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Beschreibung

Die beeindruckende Fülle der Kunstschätze im Vatikan, zieht Touristen, Kunsthistoriker, Historiker und Archäologen gleichsam in ihren Bann. Seit mehr als zweitausend Jahren befindet sich hier das Zentrum der katholischen Kirche. Die Bedeutung des Vatikans zu verstehen heißt eine klare Vorstellung von den Gründen zu haben, die den Katholizismus dazu führten, dieses Zentrum der geistigen Macht mit der Vielfalt menschlichen Wissens, einschließlich der Kunstformen, auszuschmücken. Architektur und Kunstschätze des Vatikans stehen so in einem höheren gedanklichen Zusammenhang. In dieser ausführlichen und überreich bebilderten Dokumentation an Architektur, Malerei und Plastik, die der Vatikan besitzt, gelingt es den international anerkannten Autoren die schwindelerregende Wirkung und tiefgreifende Atmosphäre dieser Kunstschätze einzufangen, in der zugleich eine Geschichte der Europäischen Kunst lebendig wird.

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IMPRESSUM

© Digitale Neuausgabe 2021, by Serges Medien, Solingen

© Originalausgabe by Koniglijke Smeets Offset, Weert, NL und Media Serges BV., Weert NL

© Für Werke von bildenden Künstlern, angeschlossen bei der CISAC-Organisation ist die Verwertung der Urheberrechte geregelt mit Beeldrecht Amsterdam, Niederlande

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form und ohne Genehmigung des Verlages kopiert, verwendet oder veröffentlicht werden. Die Verwendung des Inhalts oder Teilen davon auf digitalen Plattformen oder in sozialen Medien ist ausdrücklich untersagt.

Realisierung der Digitalausgabe: Zeilenwert GmbH., 07407 Rudolstadt und Ingenieurbüro Müller, 76228 Karlsruhe“

Coverabbildung: CARAVAGGIO, Der ungläubige Thomas, um 1601-02 Öl auf Leinwand, 109,6 x 146,0 cm Neues Palais, Potsdam

INHALT

Cover

Titel

Impressum

Einführung von Giovanni Fallani

St. Peter und seine Geschichte von Cecilia Pericoli

Die vatikanischen Bauten und Paläste von D. Redig de Campos

BILDTEIL St. Peter und die vatikanischen Paläste

Die Borgiagemächer von Maria Donati Barcellona

Die Stanzen und die Loggia Raffaels von Maria Donati Barcellona

BILDTEIL Borgiagemächer und Stanzen Raffaels

Die Stufetta des Kardinals Bibbiena und die Loggetta Raffaels von D. Redig de Campos

BILDTEIL Stufetta des Kardinals Bibbiena und Loggetta Raffaels

Die Vatikanische Bibliothek von Nello Vian

BILDTEIL Vatikanische Bibliothek

Die Geheimarchive des Vatikans von Germano Gualdo

BILDTEIL Geheimarchive

Die Sixtinische Kapelle von D. Redig de Campos

BILDTEIL Sixtinische Kapelle

Vatikanische Säle und Kapellen:

Sala Regia

Sala Ducale

Die Kapelle von Pietro da Cortona

Die Galleria delle Carte Geografiche

Die Galleria degli Arazzi

Der Torre dei Venti

Die Sala della Contessa Matilde von Maria Donati Barcellona

Die Kapelle Nikolaus' V.

Die Cappella Paolina von D. Redig de Campos

BILDTEIL Säle und Kapellen

Die Sammlung antiker Skulpturen von Georg Daltrop

BILDTEIL Sammlung antiker Skulpturen

Das etruskische Museum von Francesco Roncalli

BILDTEIL Etruskisches Museum

Die Vatikanische Gemäldesammlung von Maria Donati Barcellona

BILDTEIL Vatikanische Gemäldesammlung

Das Gregorianisch-Ägyptische Museum von Gianfranco Nolli

Das Museo Pio-Cristiano von Enrico losi

BILDTEIL Ägyptisches und Christliches Museum

Erläuterungen zu den Abbildungen

TABLET-ART DIGITAL EDITION

EINFÜHRUNG

Nicht nur im Vatikan, aber dort vor allem, möchte man nicht nur schauen, sondern auch verstehen, was man sieht. Archäologen, Historiker, Schriftsteller und Künstler haben die Geschichte der einzelnen Bauwerke erzählt. Doch etwas viel Wichtigeres, das sich wissenschaftlicher Untersuchung entzieht, bleibt noch zu charakterisieren: Der Vatikan ist durch eine allgegenwärtige, lebendige Geschichte die Stadt der Seele, und jeder Besucher, der nicht fähig ist, die Züge dieses geheimen Gesichts, des wirklichen Lebens des Vatikans zu erkennen, wird sich seine Macht niemals ausreichend erklären können.

Seit fast zweitausend Jahren befindet sich hier das Zentrum der katholischen Kirche; in jedem Land, überall auf der Welt streben die Christen nach einer Verbindung mit dem Nachfolger des heiligen Petrus. Diese Bedeutung des Vatikans zu verstehen heißt eine klare Vorstellung von den Gründen zu haben, die den Katholizismus dazu führten, dieses Zentrum der geistigen Macht mit der Vielfalt menschlichen Wissens, einschließlich der Kunstformen, auszuschmücken. Architektur und Kunstschätze des Vatikans stehen so in einem höheren gedanklichen Zusammenhang. Gewiss ist jeder, der zum ersten Mal als Wallfahrer an die Tore dieser allumfassenden Stadt des Geistes kommt, in erster Linie damit beschäftigt, die zahllosen, auf Schritt und Tritt auf ihn einstürmenden Eindrücke zu ordnen. Einen Hof zu überqueren, eine Kapelle zu betreten, eine Treppe hinaufzusteigen, eine Loggia zu besuchen bedeutet körperlich in die Geschichte vergangener und jüngster Epochen einzudringen, selbst wenn das Auge nur auf die vielen lateinischen Inschriften an den Wänden oder das päpstliche Wappen über den Türen fällt.

Die Phantasie jeden Besuchers wird versuchen sich vorzustellen, wie dieses Gebiet einmal ausgesehen haben muss: Im klassischen Zeitalter Roms befanden sich in der Umgebung der Stadt die kaiserlichen Gärten; sie konnten sich der Arena Neros, der Naumachia (dem Gelände für Schiffskämpfe), des Hadrian-Mausoleums und des großen ägyptischen Obelisken aus rotem Granit rühmen. Der weder fruchtbare noch besonders schöne ager vaticanus wurde zwischen den Jahren 64 und 67 der christlichen Zeitrechnung zu einem geheiligten Ort der Christenheit. Denn hier wurde das Kreuz aufgerichtet, an das auf eigenen Wunsch der Apostel Petrus, erster Bischof von Rom und Papst, mit dem Kopf nach unten geschlagen wurde. Der verehrte Leichnam wurde in der Nähe der Via Triumphalis, nicht weit von der Stätte seines Martyriums, begraben. Später wurde hier die Basilika Kaiser Konstantins gebaut, ein großes Heiligtum mit mehreren Seitenschiffen. Die Basilika blieb trotz Beschädigung und Verwüstung während der Invasionen der Goten, der Vandalen und Sarazenen stehen. Um das Jahr 1000 kamen die Pilger in Scharen, um die Grabstätte des Apostelfürsten zu verehren; häufig erklommen sie die 35 Stufen der Treppe, die zu dem säulenbestandenen Hof führte, auf den Knien. In der „Paradies“ genannten Säulenhalle hatten mehr als dreißig Päpste ihre letzte Ruhestätte gefunden. O Roma nobilis sangen die Pilger angesichts der Stadt, und sie huldigten dem christlichen Glauben in der Basilika, in der Kaiser und Könige vor dem Grabmal des Fischers aus Galiläa vom Papst geweiht und gekrönt wurden.

Nikolaus V. und nach ihm Julius II., der den Gedanken mit Entschiedenheit verfolgte, wollten die alte Basilika, deren Fundamente nicht mehr sicher waren, abreißen lassen. Donato Bramante entwarf, unter Berücksichtigung römischer Vorbilder, die kühne neue Konstruktion in Form eines griechischen Kreuzes, mit Apsiden, Rotunden, Kuppeln und Türmen, überragt von einer gigantischen, auf riesigen Pfeilern ruhenden Kuppel. „In St. Peter habe ich begreifen lernen, wie die Kunst sowohl als die Natur alle Maßvergleiche aufheben kann“, schrieb Goethe.

Was also ist der Vatikan? „Der Vatikan besteht nicht nur aus dem, was man anschauen kann“, hat Papst Paul VI. geschrieben. „Er ist die Verwirklichung eines Gedankens, eines Entwurfs, eines Planes, der die Menschheit vereinen möchte und doch für den Menschen das Geheimnis immanenter Jugend, dauernder Unmittelbarkeit enthält. Statt von der Vergänglichkeit ist hier die Rede von Dauer über die Jahrhunderte hinweg; und statt räumlicher Begrenzung ist hier die ganze Welt angesprochen. Was die Lückenhaftigkeit unsres Wissens betrifft, so spricht man hier von Unfehlbarkeit. Im Gegensatz zur wiederholten Fehlerhaftigkeit menschlicher Verordnungen steht hier eine unauslöschliche Regel, welche die unerschöpfliche Hoffnung der Welt bedeutet, schon bestehend und doch immer verwirklicht und vervollkommnet. Hier ist die Kirche. Kirche, ecclesia, umfassende, sichtbare Vereinigung des Geistes, maßgebend und frei, sowohl für die einzelne Seele wie für ganze Völker.“

Es gibt für jeden, der nach Rom kommt, eine Kirche, die eine Verbindung zu seinem Heimatland herstellt, in der ein Landsmann die katholischen Riten in seiner Muttersprache zelebriert.

Franzosen versammeln sich in der Kirche S. Luigi dei Francesi, auf dem Platz gleichen Namens in Campo Marzio, bekannt vor allem wegen der drei Gemälde vom Leben des heiligen Matthäus von Caravaggio, oder in der Kirche S. Claudio und S. Andrea dei Borgognoni an der Piazza S. Claudio al Tritone. Nordamerikaner versammeln sich in der Via XX Settembre in der Kirche S. Susanna, deren schöne Fassade von Carlo Maderna stammt, die Deutschen in der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kirche S. Maria dell' Anima in der Via della Pace, in der sich das Denkmal Hadrians VI. nach einem Entwurf von Peruzzi befindet. Engländer gehen in die Kirche S. Silvestro in Capite (Piazza S. Silvestro) und in die Kirche S. Tommaso di Canterbury (Via di Monserrato 45). Argentinier versammeln sich in der Kirche S. Maria Addolorata (Piazza Buenos Aires), Belgier in S. Giuliano dei Belgi (Via del Sudario 40), Kanadier in der modernen Kirche SS.mo Sacramento e dei Martiri Canadesi (Via G. B. de Rossi), Iren in der alten Kirche S. Clemente (Via di S. Giovanni in Laterano), in der sich ein berühmtes Mosaik der römischen Schule aus dem 13. Jahrhundert vom Sieg des Kreuzes befindet, oder in S. Patrizio a Villa Lodovisi (Via Boncompagni), oder in S. Isidoro a Capo le Case (Via degli Artisti). Jugoslawen versammeln sich in der Kirche S. Girolamo degli Schiavoni (Via Ripetta); Mexikaner in N. S. di Guadalupe e S. Filippo (Via Aurelia 675), Polen in S. Stanislao (Via delle Botteghe Oscure), Portugiesen in S. Antonio in Campo Marzio (Via dei Portoghesi), Spanier in der Kirche S. Maria di Monserrato (Via Giulia) und in SS. Quaranta Martiri e di S. Pasquale di Baylon (Via S. Francesco a Ripa), Schweden in S. Brigida (Piazza Farnese). Rumänen zelebrieren ihre Gottesdienste in der Kirche S. Salvatore (Piazza delle Coppelle) in rumänisch-byzantinischem Ritus, Russen in S. Antonio all'Esquilino (Via Carlo Alberto) in russisch-orthodoxem Ritus, Griechen in griechisch-orthodoxem Ritus in der Kirche S. Atanasio al Babuino (Via dei Greci). Erwähnt werden soll außerdem, dass in der Kirche S. Nicola da Tolentino agli Orti Sallustiani (Via S. Nicola da Tolentino) der armenische und in der Kapelle des Äthiopischen Kollegs im Vatikan der äthiopische Ritus zelebriert wird. Die Kirche S. Maria in Cosmedin (Piazza Bocca delta Verira) ist jetzt melchitisch; S. Maria in Campo Marzio (Piazza Campo Marzio) antiochenisch-syrisch, und in der libanesischen Nationalkirche S. Giovanni Marone (Via Aurora) wird der maronitisch-syrische Ritus zelebriert.

Vor allem aus dieser Verbindung der Pilger und Touristen mit ihrer eigenen Kirche, mit dem Vatikan und der Stadt Rom entstehen in Reiseberichten, Memoiren und Tagebüchern die bewegendsten Zeugnisse, spontan, da von niemand diktiert, ausführliche Unterhaltungen mit Freunden und nahestehenden Menschen. Von den Vorgängen in geistiger Hinsicht in dieser Stadt finden wir häufig erst später einen Nachklang in diesen Aufzeichnungen, von denen sich viele noch in Privatarchiven befinden. Leider gibt es kein Buch über Rom, das neben historischen Bauwerken Privatbriefe und Literaturauszüge aufführt und es so ermöglicht, eine Übereinstimmung von Gedanken und Empfindungen auf den Gebieten der Kunst und des Wortes nachzuweisen. Wie können wir die Empfindungen Dantes als Pilger wiedererwecken, der den alten Papstpalast betrachtet und dann bewegt schreibt, während seine Gedanken in der Vergangenheit verweilen, dass der Lateran „sich über Vergängliches erhebt“? Viele Aufzeichnungen sind zufällig und flüchtig, doch die Pilger des Mittelalters hinterließen uns, oft in Versform, lateinische Distichen und Hymnen, welche den Umfang ihres Glaubens voll zum Ausdruck bringen. So schrieb Petrarca am 21. Dezember 1336 aus Avignon an den Bischof von Lompez, Giacomo Colonna, von seinem Wunsch, die Stadt zu sehen, dieses Abbild des Himmels auf Erden, auf den geheiligten Gebeinen der Märtyrer erbaut und mit dem kostbaren Blut der Zeugen der Wahrheit besprengt! Am 18. April 1341 ging Petrarca, von Senator Arso dell' Anguillara gekrönter Poeta laureatus, mit seinem Gefolge in die Peterskirche, um seine Krone dort an den Altar zu hängen.

Im 15. und 16. Jahrhundert gewann das christliche Rom in der Kunst große Bedeutung durch Künstler wie Michelangelo, Raffael und Bramante, die Werke voll tiefem religiösem Empfinden schufen. Die Antike wurde wiederentdeckt und belebt durch Künstler, die der Vergangenheit nacheiferten und „klassisch“ wurden, nicht bewusst oder durch Nachahmung, sondern ganz von selbst, durch eine Ausdruckskraft, vergleichbar nur mit der griechischer und römischer Vorbilder. Die Vorstellung, welche die Künstler der Renaissance vom christlichen Rom hatten, ist ein Aspekt der Geschichte der Stadt, den man kennen muss, um ihre Allgemeingültigkeit und Faszination zu erkennen. Die katholische Gegenreformation in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts führte zu einer inneren Erneuerung, nicht in Institution oder Dogma, aber in Bezug auf den Menschen und die Disziplin, und entsprach so einem vom Evangelium geforderten Leben entsprechend dem der großen Heiligen. In der Sixtinischen Kapelle hatte Michelangelo, in den Stanzen des Vatikan Raffael die äußeren Zeichen eines Menschheitsbegriffes und einer apologetischen Vorstellung des christlichen Glaubens geschaffen. Im 17. Jahrhundert setzten Borromini, Caravaggio und Bernini das Werk der Renaissance mit Formen fort, die ihrer Zeit entsprachen, und formulierten einen Siegesgedanken neu, der sich aus der Tradition entwickelte und in der Architektur des Barock und vielen anderen genialen Schöpfungen deutlich zu erkennen ist.

Goethe bewunderte 1786 in Rom die Basilika, und über das „Jüngste Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle schrieb er, dass er nur sehen und anstaunen könne. „Die innere Sicherheit und Männlichkeit des Meisters, seine Großheit geht über allen Ausdruck.“ Chateaubriand schrieb 1829 gefühlvolle Seiten über Rom: „Ich komme von der Sixtinischen Kapelle, wo ich an der Passionsliturgie teilgenommen habe und das Miserere hörte … Der Tag neigte sich; die Schatten breiteten sich langsam über die Fresken der Kapelle aus, und man sah nur noch einige große Striche von Michelangelos Pinsel. Die nacheinander ausgelöschten Kerzen verströmten mit ihrem erstickten Licht einen lockeren weißen Rauch, ein … Abbild des Lebens … Die Kardinäle waren auf den Knien, der neue Papst vor demselben Altar niedergestreckt, vor dem ich noch vor einigen Tagen seinen Vorgänger gesehen habe; das wunderbare Gebet von Reue und Erbarmen erhob sich in Intervallen in Stille und Nacht … das große Mysterium eines Gottes, der gestorben ist, um die Vergehen der Menschen zu tilgen. Rom ist ein wundervoller Ort, um alles zu vergessen, alles zu verachten und zu sterben.“

Shelley, der große Dichter, sagte über den Petersplatz: „Er ist gewaltig, in ganz Europa gibt es nichts Vergleichbares.“ Für Studierende unserer Tage wäre es vorteilhaft, die Aufzeichnungen von Veuillot und Chesterton noch einmal zu lesen, sich an Herman Melville, den Autor von „Moby Dick“, zu erinnern, der in seinem „Journal up the Straits“ nach einem Besuch der Museen, Loggien und der Sixtinischen Kapelle schrieb: „Ich blieb, bis geschlossen wurde. Dann saß ich erschöpft neben dem Obelisken, um mich von der schwindelerregenden Wirkung meines ersten Vatikanbesuches zu erholen.“ Den Eindrücken der Reisenden und Künstler sollte man die der Dichter hinzufügen, von denen als Abschluss und zur Erläuterung der Bedeutung der Stadt der Hymnus auf Rom von Giovanni Pascoli hervorgehoben werden soll. Der Dichter versuchte, die charakteristischen Merkmale der Heiligen Stadt zu erklären, er schuf das Gleichnis von dem Boot mit Flüchtlingen, die ihre Heimat suchen, der immer wiederkehrende Mythos des Äneas. Er ließ das Schiff in der Nähe des Lido Anker werfen, da dort die Vision Gestalt angenommen hatte: ein Schäfer, eine Taube, ein Kreuz und ein Anker. Hier hielt das Schiff und ging vor Anker. Denn hier hatten die Suchenden auf dem Boden Roms die Synthese der Wahrheit, die Verbindung zwischen Menschlichem und Göttlichem, zwischen Zeit und Ewigkeit gefunden.

Eine irdische und zugleich eine himmlische Wirklichkeit, das Mysterium der geistigen Kirche Christi, Licht der Völker, und der sichtbaren Kirche, ist in St. Peter und dem Vatikan zu spüren. Es ist nicht möglich, in einem einzigen Buch ein solch schwieriges und der Verehrung würdiges Thema zu erschöpfen. So will dieser Band auch nur ein Wegweiser sein, ein Bindeglied zwischen Künstlern, Schriftstellern und jenen Menschen, die, wenn auch nur vom künstlerischen Standpunkt aus, diese kulturellen und geschichtlichen Zeugnisse kennenlernen möchten.

GIOVANNI FALLANI

ST. PETER UND SEINE GESCHICHTE

DER GRÜNDUNGSBAU ALT-ST.-PETER

Die Basilika wurde ursprünglich von Kaiser Konstantin nach seinem Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke (312) und dem Edikt von Mailand (313) gebaut, dem heiligen Petrus zu Ehren und mit dem erklärten Ziel, darin den Schrein aufzustellen, der den Gläubigen die Grabstätte des Apostels anzeigen sollte. Die Kirche behielt ihre ursprüngliche architektonische Form bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, als der Westteil abgerissen wurde.

Der Priester Tiberio Alfarano, Pfründner von St. Peter, beschrieb die Kirche in „De Basilicae Vaticanae antiquissima et nova structura“ bis in die kleinsten Einzelheiten und zeichnete auch einen Grundriss. Neuere Untersuchungen und Forschungen haben gezeigt, dass dieses Werk eine der besten Informationsquellen über die alte Peterskirche darstellt.

Der Glockenturm mit einem goldenen Globus und einem Bronzehahn auf der Spitze entstand erst im 8. Jahrhundert (die Zeichnung von Jacopo Grimaldi zeigt ihn mit in der Gotik vorgenommenen Abänderungen); er wurde zum Muster für eine ganze Reihe von Glockentürmen.

Vor der Basilika lag ein Atrium (mit dem berühmten, Giotto zugeschriebenen Mosaik der „Navicella“) mit einer Säulenhalle, in deren Mitte sich ein Bad für die Waschungen der Gläubigen befand. Ende des 4. Jahrhunderts baute Papst Darnasus I. einen Brunnen, in dem er alle Quellen der Vatikanischen Hügel zusammenfasste, die durch ihren unkontrollierten Lauf an vielen in der Säulenhalle befindlichen Gräbern von Päpsten und berühmten Persönlichkeiten ernsthaften Schaden angerichtet hatten. Das Werk dieses Papstes wurde in einer von ihm selbst entworfenen und in den Grotten erhaltenen Inschrift festgehalten. Der Darnasusbrunnen, umgeben von Porphyrsäulen, auf denen eine Kuppel aus Bronze ruhte, wurde Ende des 5. und Anfang des 6. Jahrhunderts von Papst Symmachus verschönert. Er stellte jenen Pinienzapfen (“pigna“) aus Bronze auf, der sich heute im Belvederehof befindet, und verzierte ihn mit Delphinen und Pfauen. Mit dem Wasser dieses Brunnens füllte Papst Damasus auch das Taufbecken des Vatikanischen Baptisteriums, das sich damals in der Mitte des Querschiffes befand, wo auch der „Stuhl Petri“ stehen sollte.

Die Fassade der Basilika war mit Mosaik verkleidet; ein zweites, von Leo dem Großen in Auftrag gegebenes Mosaik wurde von Gregor IX. (1227-1241) erneuert. Das Werk bestand aus zwei Teilen, oben der Erlöser, flankiert von den Aposteln, zu seinen Füßen auf der linken Seite kniend Gregor IX.

An der an die Fassade angrenzenden Atriumseite befanden sich fünf Portale, von denen das mittlere das „silberne“ genannt wurde, weil es mit Blattsilber verziert war.

Der Innenraum der Kirche war durch vier Säulenreihen in fünf Schiffe unterteilt. Das Querhaus ragte über die Mauern des Langhauses hinaus, wodurch das Bauwerk die Form eines lateinischen Kreuzes erhielt. Der vor der Apsis befindliche Schrein über dem Petrusgrab, dessen Außenseiten mit Marmorverzierungen versehen waren, wurde von jedem, der die heilige Stätte betrat, sofort wahrgenommen. Er wurde durch einen Baldachin überfangen, der von vier spiralförmig gewundenen, mit kreuzförmig gemusterten Weinranken verzierten Säulen getragen wurde. Eine Hängelampe unter dem Baldachin hatte die Form einer Krone.

Gregor der Große (590-604) hob den Boden der Apsis an und stellte oberhalb des Schreins einen Tisch auf, an dem er die Messe zelebrierte, außerdem errichtete er neben dem Altar einen von vier silbernen Säulen getragenen Tabernakel. Auch der halbkreisförmige Gang entlang der Innenseite der Apsis mit einem geraden Zugang zum Altar geht auf ihn zurück. Diese Tatsache sollte beachtet werden, denn hier handelt es sich um das erste Beispiel einer halbkreisförmigen Krypta und mit ziemlicher Sicherheit um das erste Beispiel eines erhöhten Chors. Das Mosaik der Apsis scheint eine feierliche „traditio legis“ dargestellt zu haben. Es wurde unter Innocenz III. (1198-1216) vollkommen neu gestaltet. Wie aus Grimaldis Zeichnung, die entstand, als die Basilika abgerissen wurde, und aus dem Gemälde in den Grotten zu ersehen ist, enthielt der obere Teil des Mosaiks den zwischen den heiligen Petrus und Paulus thronenden Christus, der untere Teil den Thron mit Kreuz und mystischem Lamm, an den Seiten Innocenz III. und eine die „Ecclesia Romana“ repräsentierende weibliche Figur. Die beiden Städte Bethlehem und Jerusalem, die das mystische Lamm hervorgebracht hatten, außerdem einige kleine Bäume und zwei Palmen mit dem Phönix zwischen den Zweigen vervollständigten das Bild.

Ansicht von Alt-St.-Peter. Rekonstruktion.

Das Mittelschiff war mit einem Freskenzyklus mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament ausgeschmückt, der als Muster für viele andere in Mittelitalien gelten kann. Zunächst Papst Formosus zugeschrieben, wurde der Zyklus, wie ein Brief Hadrians I. an Karl den Großen bestätigt, in Wirklichkeit von Leo dem Großen (440-461) in Auftrag gegeben.

Zwischen den Fenstern befanden sich Prophetenfiguren, darunter in zwei Abschnitten auf der linken Seite Episoden aus dem Neuen und auf der rechten aus dem Alten Testament; dann kam ein Abschnitt mit Medaillons von Päpsten und im Narthex, der Vorhalle, zwölf Episoden aus dem Leben des heiligen Petrus.

Auf Grimaldis Zeichnung der Eingangshalle sind deutlich einige der außergewöhnlichen Monumente der verehrten heiligen Stätte zu erkennen, so auch das 705 von Johannes VII. gebaute Oratorium, das er der Mutter Gottes widmete, wie aus der Inschrift auf der Rückseite unterhalb des Bildnisses von der „jungfräulichen Königin“ zu entnehmen ist. Neben und oberhalb der Marienfigur befanden sich Szenen aus dem Leben Jesu, an den Wänden Petrus beim Predigen in Antiochien, Jerusalem und Rom. Die Überreste der Mosaiken in der Kirche Santa Maria in Cosmedin (das vielleicht schönste und gewiss am wenigsten restaurierte Fragment), in Orte und in den Vatikanischen Grotten geben eine Vorstellung von der Dekoration des Oratoriums, vor dem der Altar mit dem „Schweißtuch der Veronika“, eine im Mittelalter sehr verehrte Reliquie, stand. Hinter dem Ravegnanaportallag die spitz zulaufende „Kapelle“ Bonifatius VIII. (1295-1303) mit seinem Grabmal; eine Statue dieses Papstes von Arnolfo di Cambio befindet sich jetzt in den Grotten. Nachdem die sehr verehrte Bronzestatue des heiligen Petrus (→ Bild 15) den verschiedensten Künstlern, wie z. B. Arnolfo di Cambio oder seinen Schülern, zugeschrieben worden war, neigen die Wissenschaftler aufgrund der Ausführungsmerkmale heute zu der Ansicht, dass sie im späteren Mittelalter entstanden ist.

Rekonstruktion der Basilika Alt-St.-Peter, errichtet 326 unter Konstantin. - Querschnitt durch die fünfschiffige Basilika.

Martin V. (1417-1431), immer bereit, zur Verschönerung Roms beizutragen, restaurierte die Säulenhalle der Basilika, die sich zu jener Zeit in sehr schlechtem Zustand befand. Eugen IV. (1431-1447) waren Kultur und die Kunst des Humanismus trotz der Ereignisse seines stürmischen Pontifikats und seiner strengen klösterlichen Ansichten nicht gleichgültig. Er restaurierte nicht nur die alte Peterskirche, sondern gab bei Antonio Averlino, genannt Filarete, die Bronzetüren (→ Bild 14) in Auftrag, die den Platz des alten „silbernen“ Portals einnehmen sollten und an welchen der Künstler aus Florenz von 1433 bis 1445 arbeitete, in jenen für den Papst besonders bitteren Jahren, da er Rom zu verlassen gezwungen war. Die Türen sind in drei Abschnitte gegliedert, die bei den oberen rechteckig, der untere quadratisch. Sie stellen (in der Reihenfolge von oben nach unten) den thronenden Christus, die thronende Jungfrau, Paulus und Petrus mit dem zu seinen Füßen knienden Eugen IV. dar; darunter, den beiden Apostelfiguren entsprechend, ihr Martyrium. Die Abschnitte sind von verschnörkelten Bildstreifen eingefasst, die Tiere, Szenen aus der Mythologie und der römischen Geschichte und Medaillons von Kaisern und anderen bedeutenden Persönlichkeiten enthalten. Unterteilt werden sie von vier weiteren Bildstreifen, die Ereignisse des Pontifikats Eugens IV. festhalten: Johannes Palaiologos' Aufbruch nach Italien und sein Empfang beim Papst, das Konzil von Florenz und der Abzug der Griechen aus Venedig, die Krönung Kaiser Sigismunds und sein Ritt mit dem Papst, Abt Andreas von der Gemeinschaft St. Antonius in Ägypten beim Empfang der Urkunde über die Vereinigung der beiden Kirchen und die Ankunft des Abtes in Rom, der die Apostelgräber besuchen wollte. Am unteren Teil der Innenseite der rechten Tür porträtierte Filarete sich und seine Gehilfen mit Namen; zwei weitere Selbstporträts und eine Signatur befinden sich auf der Vorderseite. Dieses Werk, von Vasari kritisiert, hat vor allem in den kleinen Reliefs und den Verzierungen dennoch eine gewisse künstlerische Berechtigung. Die Vergoldung und Emaillearbeiten, von denen noch Überreste vorhanden sind, haben sicherlich zu einem eindrucksvollen Anblick beigetragen.

Im Hinblick auf das Innere der Basilika zur Zeit Eugens IV. ist in der Miniatur in einem Exemplar der „Grandes Chroniques de France“ (Paris, Bibliothèque Nationale) von Jean Fouquet (die Krönungsszene Karls des Großen) ein historisches Dokument von besonderer Bedeutung erhalten geblieben. Fouquet, von dem angenommen wird, dass er an den Bronzetüren von St. Peter mit Filarete zusammenarbeitete, war während der Herrschaft Eugens IV. in Rom und stand unter dem Einfluss von Fra Angelico, der zu jener Zeit im Vatikan arbeitete.

Nikolaus V. (1447-1455) hatte als erster den Plan - der aber nicht ausgeführt wurde -, die alte Basilika zu ersetzen, und betraute aufgrund der Notizen und Untersuchungen von Leone Battista Alberti 1452 Bernardo Rosselino mit dem Projekt. Rosselino entwarf ein Gotteshaus, in dem sich noch fortbestehende gotische Elemente einträchtig mit jenen der Klassik verbanden. Der Grundriss war ein lateinisches Kreuz mit einer an der Vierung des Querschiffes unglücklich angebrachten Kuppel und zwei seitlichen Türmen.

Pius II. (1458-1464) verlegte die Grabdenkmäler aus dem Hauptschiff in die Seitenschiffe, gab die Restaurierung der Treppen im Atrium in Auftrag und begann mit dem Bau der Benediktionsloggia, die von seinen Nachfolgern weitergeführt und unter Alexander VI. (1492-1503) vollendet wurde. Diese mit dem Papstpalast verbundene, aus drei Reihen zu je vier Bögen bestehende Loggia zeigt eine Zeichnung von Martin van Heemskerk (ca. 1533), auf der auch der Vorhof mit beträchtlichen Höhenunterschieden zu sehen ist. Rechts ist der Brunnen Innocenz' VII. zu erkennen, der später von Paul V. zerstört wurde.

Von den Werken der Bildhauerkunst, die im 15. Jahrhundert die Basilika schmückten, sollten wegen ihrer künstlerischen Bedeutung die Grabmale Sixtus' IV. und Innocenz' VIII. von Antonio del Pollaiuolo erwähnt werden. Das erstere, vom Künstler signiert und mit 1493 datiert, trägt auf der Platte die liegende Papstfigur in Basrelief, umgeben von den theologischen und den Kardinaltugenden, am Sockel die verschiedenen Künste darstellende Figuren. Das Grabmal stand zunächst in der Chorkapelle der alten Basilika, wurde dann in der angrenzenden Rotonda Santa Andrea und schließlich, nach weiteren Wanderungen, in den Grotten aufgestellt. Das Grabmal Innocenz' VIII. ist das einzige Denkmal, das aus der alten in die neue Basilika übernommen wurde, und das erste, das einen Papst auf dem Thron sitzend zeigt. An den Seiten befinden sich in Nischen die vier Kardinaltugenden, darüber die theologischen Tugenden. Diese wunderbar gelösten und eleganten weiblichen Gestalten zeigen Pollaiuolos ungewöhnliches Talent für Modellierung und dramatischen Ausdruck.

1499 vollendete Michelangelo die Pietà aus Marmor; den Auftrag dazu erhielt er durch Jacopo Galli, der versicherte, dass es das schönste Werk von ganz Rom werden würde, von Kardinal Jean de Villiers de la Grollaye. Diese Skulptur des jungen Michelangelo Buonarroti ist voll starken dramatischen Empfindens und zeigt sowohl Elemente der florentinischen Tradition des 15. Jahrhunderts als auch Anlehnung an die Schule von Ferrara und an Leonardo. Sie wurde in der an der Südseite der alten Basilika befindlichen Kapelle der heiligen Petronilla, der „Kapelle der französischen Könige“, aufgestellt. Nach mehreren anderen Standorten fand sie 1749 ihren Platz in der ersten Kapelle auf der rechten Seite, wo sie auch heute noch steht (→ Bild 17).

DER BAU DER NEUEN BASILIKA

Julius II. (1503-1513) entschloss sich zur Ausführung des von Nikolaus V. ersonnenen Planes und beauftragte Bramante, dessen Entwurf er ausgewählt hatte, mit dem Bau der neuen Basilika. Bramante entwarf ein Bauwerk in Form eines griechischen Kreuzes mit einer von wuchtigen Pfeilern getragenen Kuppel, vier Galerien und vier Glockentürmen. Julius II., der sich mit dem Gedanken trug, sein Grabmal (für das Michelangelo bereits den Auftrag hatte) unter der Kuppel von Bramantes Basilika aufzustellen, legte am 18. April 1506 den Grundstein für einen der vier Pfeiler. Der Architekt hatte es mit der Arbeit so eilig, dass er den Westteil der alten Basilika ohne Rücksicht auf Mosaiken, Grabmale, Statuen und andere Kunstwerke abriss und aufgrund dieser Eile als „Meister der Ruinen“ bezeichnet wurde. Allerdings wies Julius II. ihn an, zum Schutz des Petrusgrabes ein provisorisches Steingebäude zu errichten, das „Heilige Haus“ genannt, das bis 1592 stehenblieb. Die Arbeit ging schnell voran, doch Bramante entwarf währenddessen (mit Peruzzis Hilfe) weitere Pläne, in denen die durch breite Chorumgänge verbundenen Arme des Kreuzes eine fast quadratische Form erhielten.

Grundriss der Peterskirche nach dem Plan von Bramante (1506) - Grundriss nach dem Plan von Michelangelo (1547) - Heutiger Grundriss von St. Peter nach dem durch Maderna (1606/15) veränderten Plan Michelangelos.

Pfeiler, Säulen, Nischen, Gewölbe und Kuppel hätten sich so zu einem Bild heller Weite und malerischer Lebendigkeit vereinigt. In einer wichtigen Skizze veranschaulichte er außerdem seine Vorstellungen von dem die Basilika umgebenden Platz, wobei sein angeborener Sinn für Größe zum Ausdruck kommt; er sollte quadratisch sein und wie die Kirche aus einer harmonischen Anordnung architektonischer Formen bestehen. Die Arbeiten wurden bis zu Bramantes Tod im Jahr 1514 fortgesetzt, und jene, die sein Werk weiterführten, berücksichtigten seine Konzeption.

Im August 1514 nahmen Fra Giocondo, Giuliano da Sangallo (seine Mitarbeiter) und Raffael Bramantes Platz ein. Sangallo und Raffael wurden aus liturgischen Gründen mit dem Entwurf eines länglichen Bauwerks beauftragt. Als Fra Giocondo starb und Giuliano da Sangallo nach Florenz zurückkehrte, hatte Raffael als Mitarbeiter Raffaello Antonio da Sangallo d.]., der nach ihm zusammen mit Baldassare Peruzzi die Leitung übernahm. Wie aus seinen Zeichnungen zu ersehen ist, entwarf Sangallo mehrere Pläne, deren letzter im wesentlichen auf Bramantes Konzeption zurückgeht, vergrößert durch die Anfügung eines Langhauses, das mit einer breiten, von zwei Glockentürmen flankierten Fassade abschließt. In dem Holzmodell im Vatikanischen Museum ist die Vorstellung des Künstlers deutlich zu erkennen, die von Michelangelo heftig kritisiert wurde.

Nach Sangallos Tod im Jahre 1546 fügte sich Michelangelo dem Willen Pauls III. (1534-1549), der darauf bestand, dass er den Bau von St. Peter leitete. Ohne sich um liturgische Erfordernisse zu kümmern, von denen die Ideen seiner Vorgänger bestimmt waren, wandte er sich wieder Bramantes Projekt zu, das er als „klar, einfach und strahlend“ bezeichnete, wobei er noch hinzufügte, dass, „wer sich von Bramante entfernt, sich von der Wahrheit entfernt“. Tatsächlich übernahm er die Form des griechischen Kreuzes ohne Sangallos Zusätze, das im Grundriss ein Quadrat ergab, aus dem die Galerien vorsprangen. Von 1547 bis 1548 überwachte er persönlich die Herstellung eines Kuppelmodelles und arbeitete von 1558 bis 1561 an einem weiteren, größeren Modell. Das Holzmodell im Vatikanischen Museum zeigt deutlich seine gewaltige Konzeption einer sphärischen Doppelkuppel; aber auch die Änderungen von Giacomo della Porta und Domenico Fontana sind zu sehen, die die Wölbung der Kugel erhöhten. Michelangelo und Bramante hatten die Vorstellung von einem allumfassenden weiten Raum, der die Basilika fast isoliert wirken lassen sollte. Ein Fresko in der Vatikanischen Bibliothek, das Fassade, Vorraum und die umgebenden säulenbestandenen Teile zeigt, vermittelt einen Eindruck von Michelangelos Gesamtkonzeption, die den von der Kuppel beherrschten architektonischen Komplex noch verschönern sollte.

Sixtus V. (1585-1590), vielleicht in einer Vorahnung von der Kürze seiner Herrschaft, während der er dennoch in der Lage war, der Stadt ein auch heute noch gültiges Gesamtkonzept zu geben, bestand darauf, Michelangelos Projekt so schnell wie möglich zu vollenden. Am 1. November 1589, als der Papst verkündete, dass er hoffe, bald seine erste Messe unter der Kuppel von St. Peter zu zelebrieren, wurde immer noch mit „unglaublicher Sorgfalt“ gearbeitet, und am 12. Mai 1590 erschien eine triumphierende Ankündigung: „Sixtus V. hat zu seinem immerwährenden Ruhm und zur Beschämung seiner Vorgänger das großartige Bauwerk, die Kuppel von St. Peter, vollendet.“ Genau eine Woche später wurde eine feierliche Messe gelesen und der letzte Stein der Kuppel angefügt. Am 9. August des gleichen Jahres wurde die Laterne auf der Kuppel angebracht, „mit 36 Säulen, an denen noch gearbeitet wird, innen wird sie mit Mosaik verkleidet, außen mit Blei und die Rippen mit vergoldetem Blattmetall“. Dies war der glückliche Abschluss des gewaltigen Werkes des großen Papstes, der am 27. des gleichen Monats starb. Della Porta verdient Anerkennung für die Ausführung von Michelangelos Plan und die gekonnte Lösung der statischen und strukturellen Probleme von Bramantes genialem Projekt, ebenso Fontana, der das Werk vollendet hat.

Im November 1593, unter Clemens VIII., wurden Kugel und Kreuz für die Kuppelspitze gegossen. Unter Sixtus V. hatte man das gewaltige Vorhaben gewagt, den Obelisken von der Stelle, wo sich heute die Sakristei befindet, auf den Platz zu transportieren (dieser Gedanke hatte schon Nikolaus V. und Paul III. beschäftigt). Dies war für Domenico Fontana ein Grund zu berechtigtem Stolz, und er schreibt auch selbst darüber in seinem bekannten Werk „Della Trasportazione de1l'Obelisco Vaticano“, illustriert mit Stichen von Giovanni Guerra.

Nach der gewaltigen Arbeit des Kuppelbaues wurde die Vervollständigung von Michelangelos Kirche im Laufe der Jahre immer dringender, denn die übriggebliebenen Teile der alten Basilika befanden sich in einem absoluten Verfallstadium. Clemens VIII. (1592-1605), unter dessen Herrschaft mit der Mosaikverkleidung der Kuppel begonnen wurde, ließ die Confessio von Maderna renovieren und die Clementinenkapelle reich dekorieren und benannte 1603 Carlo Maderna und Giovanni Fontana als Architekten von St. Peter. Paul V. (1605-1621) wollte diese schwierige Aufgabe, die mit dem Abbruch wieder aufgenommen wurde, bewältigen und kündigte 1607 einen Wettbewerb an, an dem sich außer Maderna und Fontana die bekanntesten Architekten jener Zeit beteiligten. Diesen Wettbewerb gewann Maderna, der entsprechend des Beschlusses des Kardinalskollegiums, das die kultischen Erfordernisse an erste Stelle setzte, trotz des Versuchs, entscheidende Änderungen an der Grundrissform des griechischen Kreuzes zu vermeiden, schließlich doch auf die Form des lateinischen Kreuzes übergehen musste, sowohl wegen seiner symbolischen Bedeutung als auch in Anpassung an den veränderten Zeitgeschmack. So wurde der harmonische Renaissanceentwurf für eine Kirche mit dem Altar in der Mitte, den Bramante wie Michelangelo anstrebten, verworfen.

Maderna, der in Werken wie der Fassade von Santa Susanna Gelegenheit gehabt hatte, seine architektonische Begabung uneingeschränkt zum Ausdruck zu bringen, und eine gezügelte Originalität bewiesen hatte, war hier von Michelangelos Schöpfung abhängig, und obwohl er versuchte, dieser Konzeption gerecht zu werden, interpretierte er sie doch auf ganz andere Weise. Zunächst plante er eine Fassade ohne Glockentürme; auf Wunsch des Papstes ersann er dann eine mit zwei Türmen, wodurch sie zweifellos weniger weiträumig und leichter wirkte. Diese Idee wurde jedoch verworfen, weil die Fundamente nicht tragfähig genug waren. Später stellte sich Bernini mutig dieser Aufgabe, musste aber nach vielen Versuchen aufgeben. Madernas Travertinfassade mit ihren riesigen Ausmaßen ist von nüchterner Vornehmheit; seine Verlängerung der Basilika beeinflusste, vor allem was das Innere betrifft, die Entwicklung der Kirchenarchitektur des Barock positiv. 1614 waren die Arbeiten beendet.

Wo Michelangelo eine Säulenhalle vorgesehen hatte, entstand ein großes Atrium, dessen Wände durch Pfeiler und ionische Säulen unterteilt sind; hier zeigte Maderna deutlichste Beweise seines Könnens, auch entwarf und beaufsichtigte er die besonders schönen Stuckarbeiten. Am Deckengewölbe sind Szenen aus der Apostelgeschichte dargestellt. Beim Hauptportal handelte es sich um die Tür Filaretes, die zum Anbringen am neuen Eingang der Basilika restauriert und durch Anfügen von Bildbändern oben und unten vergrößert wurde.

Zwar ist im Innern der Kontrast zwischen Michelangelos Konstruktion und Madernas Umgestaltung sichtbar - und wurde vielleicht zu oft kritisiert -, aber auch das ernsthafte Bemühen ist erkennbar, diesen Kontrast durch den architektonischen Zusammenhang von Gewölbe und Kapellen zu mildern; außerdem entsteht ein Gefühl der Einheit auch durch den weiten Öffnungswinkel der Kuppel (→ Bild 13) und durch Berninis Baldachin, der durch seine Größe ein harmonisches Verbindungselement zwischen den beiden Kirchenteilen darstellt. Bernini schuf keinen herkömmlichen Tabernakel, sondern eine gigantische „Maschine“ zur immerwährenden Krönung der Grabesstätte des heiligen Petrus. An der Form dieses Werkes im Verhältnis zu seinem Standort wurde, wie viele Zeichnungen beweisen, lange gearbeitet. Der Künstler war sich darüber klar, dass hier eine Architektur nötig war, die Elemente der Malerei, also der Bewegung, enthielt. Auf vier großen gewundenen Säulen (die auf jene in der Confessio der alten Konstantinsbasilika zurückgehen) ruht ein verzierter Baldachin, an dem simulierte Stofffransen herabhängen (→ Bild 12). Bernini begann 1624 mit der Arbeit, die nur langsam voranging und erst 1633 beendet war. Viele Bildhauer assistierten ihm, die er (wie später auch) stark beeinflusste und so, unter seiner Leitung, ausgezeichnete Künstler aus ihnen machte.

In Übereinstimmung mit dem Baldachin und seiner Verzierung plante Bernini eine neue Einteilung der Kuppelpfeiler, indem er darin Nischen und Galerien schuf. Dies trug ihm heftige Kritik ein, als sich in Michelangelos Kuppel ein Riss zeigte, der angeblich auf die Nischen zurückzuführen war, die ihre Stabilität erheblich geschwächt haben sollen. Urban VIII. wünschte sich Statuen in diesen Nischen. Bernini gestaltete die Figur des heiligen Longinus, typisch für seine zur Theatralik neigende Kunst, aber mit einer ausgeglichenen Haltung und einer überraschenden Frische der Ausführung, wodurch die Statue äußerst harmonisch wirkt. Andrea Bolgi schuf die Statue der heiligen Helena mit einem edlen Gesicht, aber schwerfälliger Drapierung, welche die Figur nicht umgibt, sondern daran herabhängt. Die heilige Veronika ist ein bemerkenswertes und ursprüngliches Werk von Francesco Mochi (obwohl sowohl von Zeitgenossen als auch von Bernini kritisiert), das in der diagonalen Haltung und dem bewegten Faltenwurf dem Geschmack des Barock entspricht. Der heilige Andreas von Francesco du Quesnoy zeigt einen absolut vergeistigten Gesichtsausdruck und ist, einschließlich der Drapierung, obwohl in der Haltung eher konventionell, sehr schön ausgeführt. Oberhalb der Statuen schuf Bernini die vier Reliquiengalerien, nämlich die der Heiligen Lanze, des Bruchstücks vom Kreuz, des Schweißtuchs der Veronika und des Hauptes des heiligen Andreas, für die er die spiralförmigen Säulen des alten Baldachins verwendete.

Maderna hatte durch die Verkleidung mit kostbaren Marmorbildwerken bereits mit der Umgestaltung des Kircheninnern begonnen, und Bernini setzte sie fort, wobei er seine ausgeprägt malerische Neigung großzügig zum Ausdruck brachte. So wurden die Pfeiler mit Papstbildnissen in Marmormedaillons verziert, gehalten von Putten, die Palmenzweige, Lilien und andere Symbole tragen. Die Dekoration wurde nach Berninis Entwürfen von Andrea Bolgi, Niccolò Sale, Niccolò Menghini und Ercole Antonio Raggi ausgeführt.

Im August 1656 wurde der Grundstein für die Kolonnaden von St. Peter gelegt. Bernini entwarf eine Säulenhalle, die alle Völker, also nicht nur die Christen, umfassen sollte, wie aus einer ihm zugeschriebenen Zeichnung hervorgeht, auf der eine Figur die Arme in gen au der Form ausstreckt, wie er sie den Kolonnaden gab. Der gewaltige Plan hatte zunächst einen zusätzlichen Arm in Richtung auf die Piazza Rusticucci einbezogen, doch dann entschied sich der Künstler für einen übersichtlicheren Grundriss, um einen unmittelbaren Blick auf die Kirche zu ermöglichen.

Während er an diesem gigantischen Projekt arbeitete, schuf er auch die berühmte Cathedra Petri, den Bischofsstuhl des Apostels, an der er mehr als zehn Jahre arbeitete und die für das Kircheninnere den logischen Abschluss seiner dekorativen, plastischen und malerischen Vorstellungen bildete, eine klare und planmäßige Synthese imposanter Effekte. Er machte für die Cathedra viele Skizzen und Zeichnungen und fügte den alten Elfenbeinstuhl mit den angeblich von Petrus' Thron stammenden Holzstücken ein. Bei der Ausführung halfen ihm Künstler wie Raggi, Ferrata, Morelli und der Deutsche Johann Paul Schor.

Aus Berninis Spätzeit stammt das Grabmal Alexanders VII., das dieser Papst bei ihm in Auftrag gegeben hatte, das aber erst 1672 begonnen und 1678 vollendet wurde. Auch hier hatte Bernini mehrere Mitarbeiter, zu denen Giuseppe Mazzuoli, der die Figur der „Nächstenliebe“ schuf, Lazzaro Morelli, Giulio Cartari, Michele Maglia, Giuseppe Baratta und der Metallgießer Girolamo Lucenti gehörten. Die große Zahl der Hilfskräfte hing damit zusammen, dass der Künstler zu diesem Zeitpunkt schon alt, jedoch immer noch imstande war, das Werk zu leiten. Auch weitere Spätwerke Berninis entstanden auf diese Weise, so der Altar in der Sakramentskapelle, bei dem er Spezialisten wie Girolamo Lucenti, Carlo Mattei und andere als Mitarbeiter hatte. Die kleine kuppelförmige, von zwei betenden Engeln flankierte Kapelle wirkt durch die Bildwerke in Bronze, Gold, Lapislazuli und Marmor besonders prächtig.

Im 17. Jahrhundert wurde die Basilika mit weiteren bemerkenswerten Werken der Plastik und Malerei ausgestattet. Alessandro Algardi baute das Grabmal Leos XL, dessen vornehme und heitere Papststatue er selbst schuf, während er die Ausführung der Figuren von „Würde“ und „Freigebigkeit“ Ercole Ferrata und Giuseppe Peroni überließ. 1650 vollendete der Künstler ein großes Altarbild aus Marmor, welches das „Zusammentreffen Attilas mit Leo dem Großen“ darstellt.

Bei dem von Mattia de Rossi entworfenen Grabmal Clemens' X. ist die Papststatue von Ferrata, die seitlichen Figuren von „Nachsicht“ und „Milde“ von Giuseppe Mazzuolo bzw. Lazzaro Morelli. Andrea Sacchi malte für die Clementinenkapelle das „Wunder Gregors des Großen“, Kardinal Francesco Barberini schenkte der Basilika das große Gemälde vom „Martyri um des heiligen Erasmus“, mit dem er Nicholas Poussin beauftragt hatte, Valentin de Boulogne malte die heiligen Processus und Martinian, Guercino „Begräbnis und Verherrlichung der heiligen Petronilla“ - ein Meisterwerk seines frühen Stils - und Lanfranco den „Sieg des Kreuzes“ in der damals sogenannten „Kruzifixkapelle“.

Ende des 17. Jahrhunderts begannen die Arbeiten zur Vervollständigung der Taufsteinkapelle unter der Leitung von Carlo Fontana, der hier sein außergewöhnliches Talent als Dekorateur unter Beweis stellte. Für den Taufstein verwendete er den Porphyrdeckel vom Grabmal des in der Konstantinsbasilika begrabenen Otto II., an den er eine reich- und schönverzierte Befestigung aus Goldbronze anbrachte. Der Deckel trägt zwei Putten, die ein Basrelief der Dreieinigkeit hochhalten, und schließt mit dem Agnus Dei ab. Die Wände, die das Wappen Innocenz' XII. tragen, sind mit Porphyrtafeln mit prächtigen Bronzeornamenten verkleidet.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die Grabmale von Christina von Schweden und Innocenz XI. fertiggestellt, das von Maratta entworfen wurde und die unmittelbare Eleganz und Feinheit des Stils von Pietro Stefano Monnot zeigt. In diesem Jahrhundert entstanden auch die Grabmale Alexanders VIII. mit einer Bronzestatue von Angelo de' Rossi, von Gregor XIII. von Camillo Rusconi, von Innocenz XIII., ausgeführt von Filippo della Valle nach einem Entwurf von Ferdinando Fuga, und schließlich von Benedikt XIV., ein bemerkenswertes Werk von Pietro Bracci in Zusammenarbeit mit Gaspare Sibilla.

Ebenfalls im 18. Jahrhundert entstanden die Statuen der Ordensstifter, darunter manche von hervorragenden Künstlern, die in den Nischen des Hauptschiffes, des Querschiffes und der Galerien aufgestellt wurden.

Unter Alexander VII. (1655-1667) und später Innocenz XII. (1691-1700) wurden Pläne für den Bau einer Sakristei entworfen. 1715 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich Filippo Juvarra, Niccolo Michetti, Domenico Paradisi, Antonio Canevari und Antonio Valeri beteiligten. Zwar gewann Juvarra den Wettbewerb, doch wurde sein Plan nicht ausgeführt. Nachdem er viele Pläne studiert hatte, wählte Pius VI. (1775-1799) im April 1776 den Entwurf von Carlo Marchionni aus und legte am 22. September jenes Jahres den Grundstein. Um Platz für das neue Bauwerk zu schaffen, das 1784 fertiggestellt war, mussten die alte Sakristei, die Porta Fabbrica, und die Kirche Santo Stefano degli Ungari abgerissen werden. Marchionni baute ein mächtiges Gebäude, reich dekoriert, aber auch zweckentsprechend, das die gewöhnliche Sakristei, die der Kanoniker, der Pfründner, den Kapitelsaal, Räume für Schatzkammer und Archiv und die Residenz der Kanoniker umfasste.

Ende des 18. Jahrhunderts errichtete Antonio Canova im Auftrag der Neffen von Clemens XIII. ein Grabmal dieses Papstes, das bei Pius VI. wegen seiner eindrucksvollen Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger und dem gesammelten Gesichtsausdruck begeisterte Bewunderung erregte. Fünfundzwanzig Jahre später schuf Canova das Denkmal der letzten Stuarts, Prätendenten für Englands Thron, das König Georg IV. großzügig auf eigene Kosten zum Andenken an seine Rivalen errichten ließ. Das letzte Werk des großen Bildhauers aus Possagno ist die Statue von Pius VI. in der Confessio der Basilika. Er porträtierte den Papst kniend, im Gebet versunken. Die Statue ähnelt jener von Clemens XIII., doch hier gestaltete Canova lediglich das ausdrucksvolle Haupt und die Hände, den Rest überließ er Adamo Tadolini.

In der Folgezeit und bis heute haben in der Kirche weiterhin Papstdenkmäler und Heiligenstatuen Platz gefunden, die im Hauptschiff, im Querschiff und in den Galerien aufgestellt wurden.

CECILIA PERICOLI

St. Peter und die Vatikanstadt.

DIE VATIKANISCHEN BAUTEN UND PALÄSTE

Nach dem Edikt von Mailand im Jahr 313, mit dem Konstantin der Große die Freiheit der Kirche in seinem Reich sanktioniert hatte, schenkte seine zweite Frau, Fausta, dem Papst die Gebäude, die einmal zum Lateran auf dem Caelius (domus Faustae in Laterano) gehört hatten, als offizielle Papstresidenz. Die von Konstantin über dem Grabmal des Apostelfürsten errichtete St.-Peters-Basilika war viele Jahrhunderte lang lediglich eine Friedhofskirche im freien Gelände gewesen, umgeben von einem Kloster und einigen Gebäuden für Geistliche und Wächter der heiligen Stätte. Jenseits des Tibers gelegen und für ungesund gehalten, war dieses Gebiet während der häufigen politischen Umwälzungen des Mittelalters ein sicheres Versteck für die Päpste. Symmachus machte sich dies während des Laurentianischen Schismas zunutze, er lebte von 501 bis 506 dort und baute an den Seiten der Basilika zwei „episcopia“ an. 781 fügte Karl der Große diesen ein „palatium Caroli“ an, weitere Gebäude entstanden im 8. und 9. Jahrhundert unter Leo III. und Gregor IV.

Leo IV. (847-855) machte dieses Gebiet durch den Bau einer turmbesetzten Mauer zu einer sicheren befestigten Stadt und schuf so die Voraussetzungen für die zukünftige entscheidende Weiterentwicklung. So entstand die sogenannte Leoninische Stadt, in der Eugen III. zwischen 1145 und 1153 ein „palatium novum“ baute. über diese alten Gebäude, die später alle dem neuen Petersdom zum Opfer fielen, berichtete Franz Ehrle erschöpfend in den drei Kapiteln seiner unvollendeten „Geschichte der Vatikanischen Paläste“, die nach seinem Tod von seinem Schüler Egger veröffentlicht wurde. Hier werden sie lediglich erwähnt als vom topographischen Standpunkt aus notwendige Einleitung zu dem, was über die auf dem Hügel nördlich vom Petersdom in der Folgezeit entstandenen Gebäude zu sagen ist.

Wir kommen jetzt zu Innocenz III., einem Grafen von Segni, Papst der heiligen Dominik und Franz, der von 1198 bis 1216 regierte und die politische Macht des Heiligen Stuhls beträchtlich vergrößerte. Er war Herr der christlichen Welt, jedoch nicht von Rom, das in Interessengruppen gespalten war, aber eifersüchtig über seine Freiheit wachte. Städtische Unruhen zwangen den Papst mehrmals, seine Residenz im Lateran mit der sicheren Leoninischen Stadt zu vertauschen, wo er den Palast Eugens III. durch Anfügen weiterer Räume für die Geistlichkeit und Wirtschaftsgebäude vergrößerte. Um die Sicherheit des Vatikans als Zufluchtsstätte zu verstärken, umgab er ihn mit einer zweiten turmbestandenen Mauer innerhalb der von Leo IV. errichteten, wie man aus „Gesta Innocentii“ entnehmen kann und was auch neuere Entdeckungen bestätigen. Tatsächlich kamen bei der Restaurierung des Äußeren der Nikolaus-Kapelle Teile dieser Befestigung zum Vorschein; sie war mit dem um 1278 von Nikolaus III. gebauten Residenzpalast verbunden, der ebenfalls unter späteren Um- und Anbauten fast gänzlich erhalten ist. Es konnte festgestellt werden, dass die berühmte Kapelle zwischen dem 4. und 5. Stockwerk eines Wehrturmes am nordöstlichen Rand der Sala Ducale lag, etwa 27 m hoch. Untersuchungen des Kalktuffmauerwerkes ergaben, dass es sich hier ursprünglich um ein einziges militärisches Gebäude (vielleicht eine kleine Festung) handelte, begrenzt vom ersten Teil des Saales (“aula tertia“), dessen zweiter Teil (“aula secunda“) von Nikolaus III. angefügt worden war. In dem kleinen Raum unterhalb der Kapelle fand man Fenstervertiefungen mit Sitzen für die Wachen, Schießscharten und Nischen, die mit Gemälden verziert wurden, nachdem der Turm seine kriegerische Bedeutung verloren hatte und dem Palast angefügt worden war. Es ist das älteste Gebäude auf dem nördlich vom Petersdom gelegenen, damals „Mons Saccorum“ genannten Hügel.

Nachdem elf Pontifikate vergangen waren, ohne im Vatikan eine nennenswerte Spur hinterlassen zu haben, wurde Nikolaus III. Orsini (1277-1280) zum Papst gewählt, der den Vatikan zu seiner ständigen Residenz machte (es gibt von ihm kein Dokument aus dem Lateran). In den drei Jahren seiner kurzen, aber ereignisreichen Herrschaft begann er auf dem Hügel mit dem Bau einer befestigten Residenz, die man ohne weiteres als Zitadelle der Leoninischen Stadt bezeichnen könnte. Es scheint ein viereckiges, mit Zinnen versehenes Gebäude geplant gewesen zu sein, von Ecktürmen bewacht und den „Cortile del Pappagallo“ umgebend - eine mit Zisternen und Kornspeichern ausgestattete Burg, die selbst bei einem Angriff auf die Stadt verteidigt werden konnte. Nikolaus III. konnte sein „palatium novum“ nicht fertigstellen, doch er baute einen Teil des Ostflügels und den ganzen südlichen Flügel, dessen erster Teil aus der „kleinen Kaserne“ oder der Festung Innocenz' II. mit dem dazugehörigen Turm besteht. Diesem frühesten Teil fügte er die „aula secunda“ der „Sala Ducale“ an, die zu der großen „aula prima“ (jetzt Königssaal) führt, durch den man die alte „Capella Magna“ betrat. Diese Kapelle wird in der berühmten Inschrift auf dem Kapitol erwähnt, wurde aber in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zerstört, um für die Sixtinische Kapelle Platz zu schaffen. Die Rom zugewandte Hauptfassade des Palastes grenzte an einen Garten - jetzt der Damasushof, damals „hortus secretus“ genannt - und war seit ihrer Entstehung mit zwei Loggienreihen geschmückt, welche später durch die bis heute erhaltenen Loggien von Bramante und Raffael ersetzt wurden. Der Palast des Orsini-Papstes hatte nur zwei Stockwerke (über der Säulenhalle des Erdgeschosses), das heißt, er reichte bis zur Etage der Loggien von Raffael. Sein Mauerwerk ist unter den Neubauten aus dem 16. Jahrhundert fast vollständig erhalten.

Die Untersuchungen, die man zu verschiedenen Zeiten bei Restaurierungen - sie bieten hierzu ideale Bedingungen - gemacht hat, führten zu für die Festsetzung von Daten wesentlichen Entdeckungen, die wir uns ins Gedächtnis zurückrufen sollten. In fast allen Räumen jenes Teiles, der bis jetzt beschrieben wurde, fand man auf jedem Stockwerk bedeutende Fragmente von in Fresko gemalten Friesen, die sehr dekorativ sind und mit Sicherheit aus dem 13. Jahrhundert, das heißt aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Zeit Nikolaus' III., stammen. So wurden sie zum Beispiel gefunden in der alten Halle der Schweizergarde ("camera pappagalli superior"), im angrenzenden Saal der Chiaroscuri, in der Nikolaus-Kapelle, im darunterliegenden Saal und im Erdgeschoß der Loggien von San Damaso. Im letztgenannten Gebäude fand man außerdem einige Kapitelle im römischen Stil, woraus zu ersehen ist, dass Bramante die mittelalterliche Säulenhalle nicht vollkommen abriss, sondern seine über jener im Erdgeschoß erbaute.

Außerdem kaufte Nikolaus III. alle Weinberge nördlich seines Palastes bis zu dem „Mons sancti Aegidii“ genannten Hügel, wo später Innocenz VIII. sein berühmtes Belvedere errichten ließ. Dieses Gelände verwandelte er in einen Garten, an dessen umgebender Mauer die kapitolinische Inschrift angebracht wurde, die an die Werke dieses großen Bauherrn unter den Päpsten erinnert. Den Namen des Architekten kennen wir nicht, aber wir wissen, dass im Vatikan zu jener Zeit Fra Ristoro dei Campi und der Laienbruder Fra Sisto arbeiteten, beides Florentiner, die im letzten Jahr des Pontifikats (1280) nach Rom gekommen waren.

Späteren Datums, jedoch vor Nikolaus V. (1447-1455), sind drei andere Gebäude des Vatikans: die „turris scalarum“ an der Südwestecke des „Cortile del Maresciallo“, wo die Treppe zu den Gebäuden am Fuße des Hügels vorbeiführt; die „capella parva sancti Nicolai“ und die in zwei verschiedenen Perioden entstandene Verlängerung des Ostflügels des Palastes und seiner Loggia. Zu diesem neuen Teil gehörten im ersten Stock der Papstsaal („Sala dei Pontefici“) im Appartamento Borgia (um die heutigen Bezeichnungen zu verwenden) und im zweiten Stock die „Sala di Costantino“, eine von Raffaels Stanzen; beide waren ursprünglich getäfelt. Der Flügel wurde an einen wuchtigen Turm, zu sehen auf der bekannten Zeichnung von Heemskerck, angebaut, dessen unterer Teil wiedergefunden wurde. Die „turris scalarum“ und die „capella parva sancti Nicolai“ wurden unter Paul III. (1534-1549) zerstört, die letztere lediglich, um die Scala del Maresciallo etwas zu verbreitern und ohne Rücksicht auf die schmückenden Fresken von Fra Angelico! Die Kapelle und der zweite Teil des Ostflügels wurden wahrscheinlich von Bonifatius VIII. Caetani (1294-1303) gebaut, der häufig im Vatikan weilte und dort auch starb.

Während der langen Jahre des Exils von Avignon (1309-1377) und des Großen Schismas (1378-1417) geschah in der Papstresidenz neben St. Peter nichts oder fast nichts, doch mit der Wahl von Nikolaus V. Parentucelli (1447-1455), einem frommen Priester und gebildeten Humanisten, begann in der Geschichte der Vatikanischen Paläste ein neues, großartiges Kapitel, mit dem die Renaissance ihren siegreichen Einzug hielt. Vespasiano da Bisticci schreibt über ihn: „Er sagte immer, wenn er Geld hätte, würde er es für Bücher und Bauwerke ausgeben.“ Als er Papst geworden war, tat er beides: er regte die Vatikanische Bibliothek an und entwarf einen großartigen Plan für den Bau der Leoninischen Stadt, von Leon Battista Alberti angeregt und von Manetti gezeichnet, aber nur zu einem kleinen Teil ausgeführt. Für dieses Unternehmen gab es zwei Motive: die Bedeutung des Ansehens des Heiligen Stuhls und die Sorge um die Sicherheit der Päpste, die durch die veralteten Mauern Leos IV. nicht länger gewährleistet war. Die neue Stadt sollte von massiven Mauern mit runden Artillerietürmen beschützt werden, und eine weitere innere Mauer, der ersten gleich, sollte die Papstresidenz vor Feinden und Rebellen aus dem Norden und Osten schützen. Nur diese wurde gebaut und steht mit ihrem imposanten Hauptturm in der Nähe des St.-Anna-Tores noch immer.

Plan des Papstpalastes, am oberen Rand der mittelalterliche Palast (Nikolaus I II. - Alexander VI.).

1. Sala Regia. - 2. Loggien Bramantes und Raffaels. - 3. Sala Ducale. - 4. Cappella Paolina. - 5. Sala dei Paramenti. - 6. Nordflügel der Loggien von Pirro Ligorio. - 7. Cappella Matilde. - 8. Sale dei Foconi. - 9. Sala Clementina. - 10. Sala del Concistoro. - III. Privatbibliothek des Heiligen Vaters. - 12. Scala Regia. - 13. Reiterstandbild Konstantins, von Bernini. - 14. Portico di Costantino. - 15. Portone di Bronzo. - 16. Scala di Pio IX.

L Kapelle des Fra Angelico. - K Sala dei Chiaroscuri. - G Appartamento Borgia; darüber H Stanze di Raffaello. - F Sixtinische Kapelle. - M Sala dell'Immacolata. - C Galleria Lapidaria. - I Loggia di Raffaello.

Auch seinen anderen Traum, den neuen Palast Nikolaus' V., ließ der Humanist und Architekt unvollendet. Durch den Tod des Papstes musste er sich auf die Fertigstellung des unterbrochenen Nordflügels beschränken, wobei er dessen damals schon archaischen Stil bis hin zu den Zinnen beibehielt (was für die Renaissance ungewöhnlich war), und zwar in einem solchen Maße, dass der alte Teil kaum vom neuen zu unterscheiden ist. Aber auch wenn das Äußere noch die Züge des 14. Jahrhunderts trug, so zeigen doch die Decken und Proportionen im Innern - Appartarnento Borgia und die Stanzen Raffaels - den Geschmack eines neuen Jahrhunderts in seiner höchsten und großartigsten Verwirklichung: im florentinischen Stil. Man sollte nicht vergessen, dass der „Palastingenieur“ in jenen Jahren Antonio da Firenze und nach 1451 Bernardo Rosselino hieß.

Über den gemalten Friesen, die Nikolaus V. zur Ausschmückung der Räume der mittelalterlichen Residenz in Auftrag gab, hat das vor einigen Jahren in der alten Halle der Schweizergarde gefundene Werk eines unbekannten Nachfolgers von Pisanello besondere Bedeutung. Vor einiger Zeit wurde außerdem die bemalte Holzdecke des Papstschlafzimmers gefunden, an der noch immer der Haken für den Baldachin zu sehen ist. Für Nikolaus V. schuf Fra Angelico in der. Kapelle Nikolaus' V. Fresken vom Leben der heiligen Stephan und Laurentius.

In der Zeitspanne zwischen Nikolaus V., der 1455 starb, und Sixtus IV., der 1471 gewählt wurde, wurde der Flügel, der den „Cortile del Pappagallo“ nach Westen abschließt, gebaut (es ist nicht bekannt, unter welchem Papst), womit das ursprünglich von Nikolaus III. geplante viereckige Gebäude vollständig war. Wir kommen zum Pontifikat Sixtus' IV. della Rovere (1471-1484), durch den die baulichen Aktivitäten im Vatikan neuen Auftrieb erhielten. Wie Nikolaus V. hatte auch er eine Schwäche für Bücher und Bauten. So gründete er die Vatikanische Bibliothek und schuf die unvergleichliche Sammlung von Meisterwerken, die nach ihm benannte Sixtinische Kapelle.

Die von Nikolaus V. gegründete Päpstliche Bibliothek (zum größten Teil mit von ihm selbst gestifteten Büchern) umfasste 824 Kodizes (Handschriften), die in einem unbekannten Raum im Vatikan aufbewahrt wurden und Gelehrten erst zugänglich sein sollten, wenn die groß angelegte Bibliothek (pro communi doctorum virorum commodo), von der er träumte, gebaut worden war; aber sie kam über das Planungsstadium nicht hinaus. Unter Sixtus IV. war die Zahl der Handschriften auf 2527 angewachsen, und die Frage nach einem angemessenen Aufbewahrungsort war zu einem vordringlichen Problem geworden. Der Papst entschloss sich daher, für diesen Zweck das Erdgeschoß des Palastnordflügels zur Verfügung zu stellen, der bis zu diesem Zeitpunkt als Kornspeicher und Weinkeller diente. Die Umgestaltung des Bauwerkes, unter der Leitung des Humanisten Bartolomeo Platina, des ersten Präfekten des Vatikans, begann im Juli 1475 und wurde 1481 mit den Räumen unterhalb des heutigen Appartamento Borgia beendet. In vier Sälen richtete man die lateinische, die griechische, die Geheime (für die wertvollsten Handschriften) und die Päpstliche Bibliothek für die kirchlichen Archive und die „Regestae“ ein. Von den Malern, die diese vier Säle mit Fresken ausstatteten, sind namentlich bekannt: Domenico und Davide del Ghirlandajo, Antoniazzo Romano und Melozzo da Forlì, der das jetzt in der Pinakothek des Vatikans befindliche berühmte Fresko von der „Einsetzung Platinas“ (→ Bild 359) gemalt hat. Doch der Ruhm Sixtus' IV. hängt vor allem mit dem Bau und der bildlichen Ausgestaltung der Sixtinischen Kapelle zusammen, die dort gebaut wurde, wo bis dahin die in sehr schlechtem Zustand befindliche „Capella Magna“ von Nikolaus III. gestanden hatte. Die vermutlich im Ablassjahr 1475 begonnenen Arbeiten leitete Giovanni de' Dolci nach einem Entwurf von Baccio Pontelli, den Vasari als den Architekten erwähnt. Beide sind von Perugino in dem Fresko der „Schlüsselübergabe Christi an Petrus“ (→ Bild 160) dargestellt, der Baumeister mit einem Zeichendreieck, der Architekt mit einem Zirkel. Das Hauptschiff misst 40,23 X 13,41 m, dies entspricht genau den in der Bibel für den Tempel Salomons angegebenen Maßen (Battisti). Die Höhe der Kapelle beträgt 20,7 m.

Der Gemäldeschmuck aus dem 15. Jahrhundert besteht aus Porträts der ersten Päpste in den Nischen zwischen den Fenstern und zwei Freskenzyklen entlang der Wände mit Episoden aus dem Leben von Moses und Christus. Sie sind das Werk einer unter Peruginos Leitung arbeitenden Künstlergruppe, zu der Cosimo Rosselli, Botticelli, Ghirlandaio und (später) Luca Signorelli gehörten. Bei der immer noch andauernden Restaurierung wurden auf den Kranzgesimsen die lateinischen „tituli“ zu den verschiedenen Szenen gefunden, von denen man bis dahin nichts gewusst hatte.

Doch die Sixtinische Kapelle erfüllt nicht nur eine religiöse Funktion als päpstliche Kapelle. An ihrem Standort an der Südostecke des Palastes ist sie wesentlicher Teil des sich langsam verwirklichenden Gesamtplanes der Architekten von Nikolaus III., der an den Ecken des Gebäudekomplexes um den „Cortile del Pappagallo“ vier Wehrtürme einschloss. Die beiden an der Rom zugewandten Seite wurden schon erwähnt. Dies ist der dritte, und es handelt sich mehr um eine Festung als um einen Turm. Der vierte - der Borgia-Turm - wurde unter Alexander IV. (1492-1503) an der Nordostecke, gegenüber der Sixtinischen Kapelle, gebaut, was die Verteidigung des Hügelaufganges an der am leichtesten zugänglichen und empfindlichsten Stelle verstärkte. Es ist denkbar, dass auch die vorherige mittelalterliche Kapelle diese Aufgabe hatte. So entstand ein auffallender Kontrast zwischen dem äußeren Erscheinungsbild der schmucklosen Ziegelmauer und zinnenbesetzten Brüstung und dem Innern, dessen Schiff von Anfang an für das größte Unterfangen der Malerei der Frührenaissance vorgesehen war.

Ansicht von Alt-St.-Peter und dem Vatikanpalast. Zeichnung (um 1535) von Maarten van Heemskerck.

Mit dem aus Genua stammenden Innocenz VIII. Cibo (1484-1492), dem Nachfolger Sixtus' IV., beginnt in der Baugeschichte des Vatikans ein neues Kapitel. Der Komplex dehnt sich über das alte Residenzzentrum hinaus in nördlicher Richtung aus, in das weite Gebiet des von den Mauern Nikolaus' III. umgebenen Gartens hinein. 1484 begann Innocenz VIII. auf dem zweiten Hügel nördlich vom Petersdom, dem „Mons sancti Aegidii“, mit dem Bau des sogenannten Belvedere (der Name entstand zu jener Zeit und wurde Allgemeingut). Vasari schreibt den Entwurf des Belvedere Antonio del Pollaiuolo zu, sagt aber auch, dass er „von anderen ausgeführt wurde, da er (Pollaiuolo) wenig Bauerfahrung hatte“. Der Name des „anderen“ ist laut Dokumenten in den Archiven Jacopo da Pietrasanta, ein in jener Zeit wohlbekannter Baumeister. Hier wiederholt sich also die Entstehungsgeschichte der Sixtinischen Kapelle mit dem Unterschied, dass in diesem Fall der Urheber des Plans ein Maler ohne architektonische Kenntnisse ist. Und daraus lassen sich gewisse Eigentümlichkeiten des Werkes erklären, wie z.B. das Missverhältnis zwischen der aus dem 14. Jahrhundert stammenden Attika mit den „ghibellinischen“ Zinnen und der friedvollen Loggia in rein toskanischem Stil, der eher eine bildhafte als eine architektonische Vorstellung zugrunde liegt, wie man sie sich als Hintergrund eines Gemäldes denken könnte. Ursprünglich war das Bauwerk lediglich als Wandelgang für den Papst gedacht, mit einem weiten Blick über das römische Land bis nach Soratte. Tatsächlich bezog sich Pollaiuolos Plan nur auf den Nordflügel. Eine gewölbte Loggia, bestehend aus acht Bögen zwischen dorischen Säulen mit Gesims und Attika, von zwei kleinen Türmen flankiert. Später entschloss sich Innocenz VIII. zur Umgestaltung des Wandelganges in eine bescheidene Sommervilla. Aus den zwei östlichen Bögen entstanden zwei geschlossene Räume, und an der anderen Seite wurde eine kleine Kapelle mit Sakristei angefügt; dies alles entwarf wahrscheinlich Pietrasanta allein. Diese Kapelle, Ende des 18. Jahrhunderts rücksichtslos zerstört, um für das Museo Pio-Clementino Platz zu schaffen, war von Mantegna ganz mit Fresken ausgestattet worden. An der Hauptwand der Loggia befanden sich einige von nachgeahmten Bögen eingefasste Stadtansichten von Pinturicchio, von denen bei einer Restaurierung in jüngster Zeit einige schlechterhaltene Fragmente gefunden wurden, darunter eine Ansicht des Belvedere selbst. Zum zweiten Baustadium gehörte außerdem der Ostflügel des Gebäudes mit der päpstlichen Suite und den Wirtschaftsräumen. Im 16. Jahrhundert fanden im Innenhof die ersten antiken Statuen der Vatikanischen Sammlung einen Platz (der Apollo vom Belvedere, die Laokoongruppe und andere), und die Villa wurde zum Quartier für in der Papstresidenz arbeitende Künstler, unter ihnen Bramante und Leonardo da Vinci.

Innocenz VIII. verdanken wir außerdem die beim Bau von St. Peter unbegreiflicherweise vergessene Sakristei der Sixtinischen Kapelle; sie wurde später von Gregor XIII. vergrößert und unter Clemens VII. vollendet.

1492 wurde Alexander VI. Borgia (1492-1503) zum Papst gewählt, eine unangenehme Erinnerung für die Kirche, jedoch nicht für die Kunstgeschichte. Im Vatikan begründet sich sein Ruhm vor allem auf die von Pinturicchio und seinen Schülern ausgeführten Fresken in den Gemächern des ersten Stockwerks des Nordflügels, in dem der Papst lebte. Doch die einzigen Bauwerke mit seinem Wappen sind das Peterstor und der Torre Borgia, was vielleicht typisch ist für einen Mann, der allem misstraute. Das Peterstor am Eingang zur Kaserne der Schweizergarde (→ Bild 8) wurde vor kurzem sorgfältig restauriert und zeigt in seiner schlichten Kraft und Eleganz den Stil Giulios da Sangallo, obwohl sein Name in Berichten in diesem Zusammenhang nicht erwähnt wird. Es ist dies jedoch ein Bauwerk zweiten Ranges, während der Torre Borgia in der Weiterentwicklung des vatikanischen Gebäudekomplexes große Bedeutung hat.

Beim Tod Innocenz' VIII. war der von Nikolaus III. entworfene und von seinen Nachfolgern weitergeführte „Idealplan“ für die Papstresidenz fast verwirklicht. Nur noch gegenüber der Festungskapelle Sixtus' IV. fehlte ein ähnlich wehrhaftes Gebäude, um den Palasteingang von Westen her zu sichern. Manche Einzelheiten des Mauerwerks lassen darauf schließen, dass Nikolaus V. an die Westseite des von ihm gebauten Nordflügels ein Bauwerk anzufügen plante. Dabei konnte es sich nur um den immer noch fehlenden vierten Turm handeln, da die konvergierenden Achsen des Flügels und der Kapelle (alt und neu) die Weiterführung des Nikolausflügels unmöglich machten. Alexander VI. führte den „Plan“ durch den Torre Borgia, der sich etwa 8 m über den Belvederehof erhebt, zu seiner logischen Vollendung.