Kursbuch gesunde Ernährung - Ingeborg Münzing-Ruef - E-Book

Kursbuch gesunde Ernährung E-Book

Ingeborg Münzing-Ruef

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Beschreibung

Der Bestseller endlich als aktualisierte und vollständig überarbeitete Neuausgabe!

Die Natur als Apotheke für unseren Körper – mit natürlichen Lebensmitteln können wir Krankheiten wie Osteoporose, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und Heilungsprozesse unterstützen! In ihrem Klassiker der konsequent gesundheitsbewussten Ernährung informiert die bekannte Ernährungs-Expertin und Medizin-Journalistin Ingeborg Münzing-Ruef einfach und verständlich über Vorgänge des Stoffwechsels und der Verdauung, über Nährstoffdichte, Vitamine, Mineralien und die vielen Wirkstoffe und Heilsubstanzen in der Pflanzennahrung. Ein einzigartiger detaillierter Überblick über rund 170 pflanzliche Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Keime und Sprossen, Nüsse und Samen, Kräuter und Gewürze – ein unverzichtbares Nachschlagewerk für alle, die sich gesund und ausgewogen ernähren wollen. Ein Buch, das in keiner Küche fehlen sollte!

Mit wertvollen Tipps für Einkauf und Lagerung sowie zahlreichen leckeren Rezepten!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 868

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Ingeborg Münzing-Ruef

KursbuchgesundeErnährung

Die Küche als Apothekeder Natur

Vollständig überarbeitete Neuausgabe

WILHELMHEYNEVERLAGMÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright © 1991 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München,und 1995 by Zabert Sandmann GmbH, München

Copyright dieser Ausgabe © 1998by Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München

Lektorat: Johann Lankes, Angelika Lieke

Umschlaggestaltung: Eisele Grafik·Design, München

Satz: Schaber Datentechnik, Austria

ISBN 978-3-641-27956-1V002

www.heyne.de

Vorwort

Maiglöckchen im Asphalt

Am Anfang war eine Handvoll Maiglöckchenkeime, die wir der Mutter brachten, zum Todestag eines sehr geliebten Menschen. Sie pflanzte sie unter einer kräftigen Lärche ein. Im ersten Frühjahr brachten die winzigen Keime genau sieben Blütenstängel hervor; sie bekamen einen Ehrenplatz in der Stube. Im Jahr darauf erschienen schon zwei Dutzend Maiblumen, und im dritten Jahr hatten sie sich bereits explosionsartig ausgebreitet.

Sie überzogen den Platz bei der Lärche mit ihren schönen hellgrünen Blättern und blühten um die Wette. Dann krochen sie im Lauf jenes Sommers offenbar unter der Erdoberfläche durch den halben Garten, denn wieder im Mai darauf tauchten sie bis zu acht Meter entfernt auf – unter den Forsythien am Zaun, zu Füßen der Schattenmorelle bei der Werkstatt und neben der Einfahrt.

Dazwischen lagen, im Hof, viele Quadratmeter Asphalt. Wir wollten es kaum glauben – diese unendlich zarten Dinger! Mit eiserner Energie eroberten sie Jahr für Jahr weiteres Terrain. Und dann, wieder im Mai, wölbte sich plötzlich vor dem Garagentor der harte Asphalt – ebenso wie vor der Klematis und den Fingerhutbeeten. Überall brachen sie durch, und schließlich begannen sie, in Reih und Glied, ihren Marsch zum Hoftor hinaus. Der Asphalt leistete keinen Widerstand mehr – er krümelte weg wie Schokoladenkuvertüre, und die Maiglöckchen wanderten einfach weiter.

Passanten, die vorbeikamen, rieben sich die Augen, Männer vom Straßenbau, die in der Nähe etwas zu reparieren hatten, murrten, weil sie ihre schweißtreibende Arbeit sabotiert sahen. Den Maiglöckchen war das alles einerlei. Unerschütterlich streckten sie ihre Ausläufer unter dem Asphalt weiter und weiter, rissen ihn auf, drängten ihre zarten Blätter zwischen den Spalten hinaus und blühten Jahr um Jahr immer prachtvoller, üppiger, stärker duftend, wie uns schien.

Es gibt heute eine Liste von lieben alten Damen, die eine Option auf ihren alljährlichen Maiglöckchenstrauß haben. Erst bekamen nur die 80-jährigen einen; heute können wir schon 70- bis 75-jährige mit Sträußchen erfreuen. Aber auch uns haben die Maiglöckchen rund ums Haus glücklicher gemacht – und ein wenig gescheiter. Denn wir lernten von ihnen, was sich mühelos und logisch auf uns Menschen übertragen lässt:

Die Natur ist – wenn man sie nicht stört oder gar zerstört, wie dies heute so oft geschieht – die Keimzelle aller wirklichen Wunder, der großen wie der kleinen. Doch solche Wunder geschehen in der Regel nicht von selbst, sondern durch den Einsatz angesammelter, konzentrierter Kraft.

Die aber kennt schließlich keine Widerstände. Sie bringt auch Steine zum Bersten. (Von der Violetten Luzerne las ich, dass ihre Wurzeln zwölf Meter tief in die Erde dringen und sogar Beton durchbohren können.)

Pflanzen sind, frei nach Prentice Mulford, »ein lebendiger Gedanke Gottes«. Sie stehen im festen Bund mit den Kräften und Rhythmen der Natur, mit dem Himmel, mit der Sonne und den Regenwolken wie mit der Erde mit all ihren Mineralien und Wasserquellen. Sie werden von ihnen unermüdlich gespeist und gestärkt und werden dadurch zu den besten Alchimisten – zu unseren Gunsten.

Ich glaube fest daran: Wenn wir überleben wollen, müssen wir diese Kräfte und Energien bewusst und dankbar nutzen. Alle Lebewesen, so auch wir, hängen letztlich von den Pflanzen ab. Alle atmen wir die von ihnen gereinigte Luft, und selbst die größten, kraftvollsten Tiere ernähren sich von Pflanzen.

Man muss schon recht borniert sein, um nicht zu begreifen, dass die verborgenen Kräfte der Pflanzen und die geheimnisvollen Beziehungen zwischen Mensch und Pflanze im Labor nicht völlig erforscht und bewiesen werden können. Und man muss auch kein hauptberuflicher Esoteriker sein, um zu glauben, dass es spirituelle Beziehungen zwischen Pflanzen und Menschen gibt. Alle Naturvölker halten Pflanzen für beseelte Lebewesen, mit denen man sprechen und Kontakt pflegen kann. Und sie haben Respekt und Ehrfurcht vor den Pflanzen. Sie danken jenen, die sie essen, für die Kräfte, die sie von ihnen übernehmen dürfen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, was sich da alles verändern könnte, in Zeiten der Plastikbeete ohne Erde, des Kunstregens und der Sonne aus der Steckdose, vor allem aber der genetischen Manipulationen vieler Pflanzen, die noch vermehrt auf uns zukommen werden …

Dieses Buch ist dankbar – und ohne dass eine (maßvolle) tierische Kost verdammt wird – vor allem den Nahrungspflanzen gewidmet, die uns Mutter Erde in verschwenderischer Fülle schenkt.

Sie sind unsere wichtigste Überlebensnahrung!

Einführung

Jeden Monat essen wir unser eigenes Körpergewicht

Wir Menschen essen während unseres Lebens gute 100000-mal. Wir Erwachsenen essen und trinken jeden Monat unser eigenes Körpergewicht. Sterben wir, dann haben wir uns zwischen 60 und 70 Tonnen an Nahrung einverleibt – Jahr für Jahr fast eine Tonne!

Aber: Seit Anno 1800 haben sich unsere Essgewohnheiten völlig verändert. Unser Getreideverzehr ging um 70 Prozent zurück, unser Verbrauch an Vollkornprodukten um 90 Prozent, an Kohlenhydraten um 50 Prozent, an Ballaststoffen sogar um 70 Prozent. (Darum leiden auch so viele Menschen an Verstopfung – zum Beispiel hierzulande 5 Millionen Frauen.)

Zugleich stieg unser Fettverzehr um zehn Prozent auf 40 Prozent, der Anteil an tierischem Eiweiß um 20 Prozent und der Verbrauch von Zucker sogar um satte 100 Prozent. Auch ballaststofffreie Nahrungsmittel haben sich versechsfacht. Und im statistischen Durchschnitt isst heute jeder Bundesbürger immer noch 60 Kilo Fleisch im Jahr – und das ist der Weltrekord.

Die Opfer der Fehlernährung, der Zucker-, Fett- und Eiweiß-Mast

Parallel dazu nahmen die »ernährungsbedingten Gesundheitsstörungen und Krankheiten« gewaltig zu:

•unter Karies leiden heute rund 60 Prozent aller Deutschen;

•an Übergewicht mehr als 53 Prozent, übrigens viel mehr Männer als Frauen (und 95 Prozent aller Diätkuren helfen nichts!);

•an Rheuma rund 2 Prozent, an Verstopfung 20 Prozent und mehr;

•an Bluthochdruck 20 bis 30 Prozent, Schlaganfälle sind die dritthäufigste Todesursache in Deutschland;

•am Kropf etwa 13 Prozent;

•an Gallensteinen rund 15 Prozent;

•an erhöhter Harnsäure (Gicht) 5 bis 9 Prozent;

•an Diabetes 3 bis 5 Prozent. Allein in Deutschland gibt es fast 4 Millionen Menschen mit Altersdiabetes, 28000 von ihnen müssen sich alljährlich einer Fuß- oder Beinamputation unterziehen.

•Und Alkohol liefert heute beim deutschen Mann bis zu 12 Prozent der gesamten Nahrungsenergie! (Nach Professor Dr. Claus Leitzmann, Gießen.) Als Folge hat die Leberzirrhose schon bei jungen Menschen epidemieartig zugenommen, ebenso Tumoren in der Mundhöhle und an den Lippen.

•Experten rechnen auch damit, dass schon bald jeder zweite Mann unfruchtbar ist, ein Millionenheer kinderlos bleibt, ungewollt, die Spermien immer weniger werden. Das Risiko für Hodenkrebs hat sich seit den 1960er-Jahren vervierfacht.

Mehrere Millionen im besten Menschenalter gehen als »Frühinvalide« in Rente. Über mehr als die Hälfte aller Todesfälle, so die Experten, ist auf ernährungsbedingte Krankheiten zurückzuführen, auf Fehl- oder Überernährung, auf Alkohol usw. Alle sechs Minuten stirbt hierzulande ein Mensch am Herzinfarkt. Jeder Zweite aus unseren Reihen fällt vorzeitig Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Opfer, einschließlich Schlaganfall. An ernährungsbedingtem Krebs erkranken jährlich Hunderttausende, viele von ihnen unrettbar. Und es werden immer noch mehr – trotz großer Anstrengungen der Medizin.

Pauschal hat man uns Deutsche dafür auf die Anklagebank gesetzt. Immer wieder ertönt das alte Lied »Ihr alle esst zu viel, zu fett, zu süß, zu salzig!« Und immer wieder die zynische Feststellung: »Als es uns schlecht ging – in der Kriegs- und Nachkriegszeit –, ging es uns gesundheitlich viel besser.« Wir können diesen stereotypen Vorwurf nicht mehr hören. Und wir halten ihn auch für eine bewusste Ablenkung von anderen Problemen, die hinter unserer »modernen« Nahrung bzw. Ernährung stecken.

20 Jahre dauert das Zerstörungswerk

Längst ist bewiesen, dass viele krankheitserregende Substanzen und Wirkstoffe (zu denen natürlich auch Umweltgifte aller Art gehören) schleichend wirken, 20 Jahre und mehr brauchen, bis sie im Körper des Menschen ihr zerstörerisches Werk vollendet haben, und dass mancher Krebs 30 Jahre benötigt, bis er ausbricht. Auch die Grundsteine zu den vielen ernährungsbedingten Leiden (die ja meist erst im Lauf der zweiten Lebenshälfte auftreten) werden schon in der Kindheit gelegt. Umgekehrt braucht »heilende« Nahrung Jahre, um einen vorgeschädigten Körper wieder zu reinigen und zu regenerieren. Aber – es funktioniert!

Verwirrende Informationen

Umfragen ergaben, dass die Deutschen, übrigens auch viele Ärzte, die meisten Ernährungsinformationen, die heute verbreitet werden, für unverständlich, verwirrend, widersprüchlich halten. Dass die Menschen Angst vorm Essen haben, dass es ihnen vor nichts so sehr graust wie vor den unsichtbaren, dunklen Gefahren, die – vielleicht – in Nahrungsmitteln lauern. Wie ist es zum Beispiel sonst bloß möglich, dass die Mehrzahl der Krankenhaus- und Altersheimküchen hierzulande immer noch so hundsmiserabel kocht, obwohl längst bekannt ist, dass frische, vitaminreiche Kost Heilprozesse beschleunigen kann?

Wir halten es auch für einen Skandal, was erfahrene Geriatriker als schockierende Tatsache enthüllt haben: dass nämlich viele Alte, die man als »dement«, sprich altersschwachsinnig, abgestempelt und irgendwohin abgeschoben, »verwahrt« hat, schlicht mangelhaft bzw. einseitig ernährt sind. Eine konsequente Ernährungstherapie hat hier in vielen Fällen schon wahre Wunder bewirkt!

Jemand hat ausgerechnet, dass wir Deutschen allein im Jahr 80000000000000 (in Worten: 80 Billionen Kalorien) schlucken, die in weit mehr als 20000 Nahrungsmitteln stecken, von denen eine boomende Industrie täglich immer noch neue herstellt, bald sollen es jedes Jahr 10000 mehr sein. Mit Milliardenbeträgen wird für diese Fabriknahrung mit oft obskuren Inhaltsstoffen geworben, während die Etats unserer unabhängigen Verbraucherverbände vom Staat immer mehr beschnitten werden, pro Kopf der Bevölkerung nur ein paar Cent ausmachen. Die ernährungsbedingten Krankheiten aber kosten jetzt schon die »Solidargemeinschaft« weit mehr als 200 Euro pro Jahr und Kopf, insgesamt jährlich weit über 16 Milliarden Euro. Das heißt im Klartext: Enorme Summen unseres angespannten Gesundheitsbudgets mit allem Drum und Dran könnten eigentlich gespart werden – wenn die Leute »vernünftiger äßen«!

Das große Wortgeklingel

Jene, die immer wieder mutig versuchen, Initiativen in Richtung naturbelassene Ernährung zu ergreifen (zu der auch die Reduzierung von Pflanzengiften, der Abschied von der Bodenausbeutung sowie von der exzessiven Massentierhaltung gehört), fühlen sich meist ziemlich alleingelassen, oft nicht mal ernst genommen. Denn die Umsatzmacher sind ja immer die Mächtigeren.

Es lohnt sich übrigens, genau hinzusehen, wem all die Nahrungsmittelkonzerne gehören und was sie sonst noch produzieren – und was sie jährlich allein für die Werbung ausgeben, die uns für dumm verkauft. Der gute alte Dr. Bruker mahnte einmal ganz richtig: »Kaufen Sie nichts zu essen, wofür Werbung gemacht wird …«

Zwar sind seit 1993 Begriffe wie »Öko«, »Bio«, »naturnah«, »alternativ« gesetzlich geschützt, aber in der Praxis greifen die Kontrollmechanismen nicht.

All dieses Wortgeklingel, mit »Vital«, »Premium«, »Ur-Produkten«. Und all die neue (aufgeschäumte und wasserverdünnte) »Light«-Kost, der ersehnten Schlankheit zuliebe! Wussten Sie, dass heute Lebensmittel mit einer hohen Energiedichte in Deutschland oft wesentlich billiger sind als frisches Obst und Gemüse? Sprich: viele Kalorien für wenig Geld.

Krankenkost für gesunde Leute

Unter dem Werbemäntelchen, diese Dinge seien besonders gesund, wird unsere schöne neue Welt jetzt mit »Diät« überschwemmt. Das heißt, man verkauft eigentlich gesunden Leuten, die bloß in ein anständiges Vollkornbrot oder einen Apfel zu beißen bräuchten, Krankenkost! Mit Diät-Wurst, Diät-Brot, Diät-Schnitten, Diät-Marmelade, Diät-Käse, mit Fettersatz und Süßstoff usw. Aber aromatisiert, gefärbt, geschönt.

Diese Dinge sollten die absolute Ausnahme sein!

Umsatz ist alles

Ernährung zu verkaufen – in einem satten Land –, das heißt heute mitnichten, Gesundheit zu verkaufen, sondern Kasse zu machen. In der Food-Industrie geht es ganz und gar nicht darum: »Wer bietet dem Verbraucher die gesündeste, natürlichste, frischeste Nahrung an?«, sondern schlicht darum: »Wer bringt die meisten Produkte ins Regal? Und wer macht den höchsten Umsatz?«

Ernährung wird ja Tag für Tag neu gebraucht und gekauft und ist deshalb, wenn man’s als Hersteller richtig anfängt, ein unermüdlicher, unerschöpflicher Goldesel. Die Werbung verspricht Herrliches. Sie arbeitet für ihre Auftraggeber, und die haben nur ein großes Ziel: »Masse und Kasse« – statt Klasse.

Umsatzrekorde – das bedeutet aber auch: Die Nahrung muss in ihrer Herstellung so billig (nicht zu verwechseln mit preiswert!) wie möglich sein, damit sie breite Käuferschichten lockt. Dann braucht man nur noch mithilfe der großen Bluffer aus der Werbebranche mit Schlagwörtern wie »Novel Food«, »Design Food«, »Convenience Food«, »Energy Food«, »Wellness Food« usw. ein positives Image zu schaffen, und das Kunstprodukt läuft und läuft. Obendrein wird den Verbrauchern eingeredet, dass es gesund ist, stark macht, jung erhält …

Die Sensoric-Experten verführen mit Farb-, Geschmacks- und Aroma-Nuancen, welche ganz gezielt Auge, Zunge und Gaumen betrügen und »nach mehr schmecken«.

Die Food-Designer führen uns an der Nase herum. »Food Engineering« nennt man das. Verfahrenstechniker, Ingenieure, Chemiker (statt Bäcker, Metzger, Bauern, Gemüsegärtner) arbeiten klammheimlich, im Verborgenen, »stylen« unser Essen.

Die Flavoristen, ein ganz neuer Beruf, sind Spezialisten für Gerüche, Geschmäcker, Mundgefühl. Sie kombinieren die tollsten Aromen. Kaum eine Fertignahrung, vom Joghurt über die Soße und Suppe und den Brotaufstrich, die heute nicht künstlich aromatisiert wäre!

An die 10000 Aromastoffe gibt es schon, Kaffeeduft entsteht aus Stockfisch, Maggikraut und Zwiebeln, die »Kirschen« in manchem Kirschjoghurt sind aus Sauerkrautstückchen, die gefärbt und aromatisiert wurden, und auf den Bechern gibt’s die schönen bunten Bildchen von Kirschen, Himbeeren, Erdbeeren …

In Wahrheit also steckt hinter dem faulen Zauber mancher Novel-Food-»Delikatessen« buchstäblich der letzte Dreck!

Das große Grausen – Kunstnahrung bald in aller Munde?

Nicht nur im Deutschen Patentamt häufen sich die Patentanmeldungen für fleischähnliche Nahrungserzeugnisse und für Getränke, deren Ausgangssubstanzen getrocknetes Blut, Schlachthofabfälle, Tierkadaver, Harnstoffe, Mutterkuchengewebe usw. sind. Die Schauermär, die längst keine mehr ist:

•Ein US-Konzern ist auf den technischen Dreh gekommen: Er kauft jede erreichbare Hühnerfeder bei Züchtern und Schlachtereien auf. Denn die Federn enthalten Eiweiß. Dieses wird in großen Bottichen bei hohen Temperaturen zusammen mit scharfen Chemikalien erhitzt. Das Eiweiß löst sich dabei aus den Federn. Als trockenes Pulver, feuchte Paste oder Flocken kommt es am Ende dann in den Handel und kann als »Nährstoff-Zusatz, ähnlich wie Quark und Rahm« später Backwaren, Mehl, Kuchenfertigmischungen, Konfekt, Nudeln, Getreide- oder Teigwaren etc. beigemischt werden.

•Ob man’s glauben mag oder nicht, es ist eine ekelerregende Tatsache: Sogar Wollreste, Tierhaare und Hühnerkot (!) werden statt auf den Misthaufen in die Bottiche der Food-Industrie geworfen und zu »neuer Nahrung« verarbeitet – zu dem, was der Bonner Professor Konrad Pfeilsticher treffend »Human-Futtermittel« nennt.

Die Europäische Union macht’s möglich

Die Zukunft der Kunstnahrung hat also längst begonnen. Auch die »Novel-Food«-Verordnung der Europäischen Union ist zum Teil eine Entmündigung der Verbraucher, eine Lobby für einzelne, besonders Starke. Weil die EU, in der so viel und so schön von »Harmonisierung« der Märkte die Rede ist, es möglich macht, dass aus Abfall, wenn er nur richtig technologisch verarbeitet wird, fast unbegrenzt neue »Rohstoffe« gewonnen werden dürfen, sprich »stärke- und proteinreiche Materialien«. Sie können dann in Spezialfabriken möglichst rationell »in wahlweise Kartoffel-Chips, Kosmetika oder Klebstoffe umgewandelt werden« (»medizin heute«). Und das alles angesichts des Wahnsinns, dass die Landwirtschaft mit Milliarden subventioniert wird, damit sie weniger Naturprodukte erzeugt!

Brauchen wir all die Zusatzstoffe?

Auch die Liste der Zusatzstoffe, die in der EU jetzt wieder neu zugelassen werden, enthält zum Entsetzen der Verbraucherschützer nicht nur etliche neue, noch relativ wenig geprüfte Stoffe – fast 80 an der Zahl –, sondern sogar solche, die bisher bei uns längst verboten bzw. eingeschränkt waren: zum Beispiel die Propionsäure für Brot, die sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen hat, mehrere Farbstoffe wie das Tartrazin (in Süßigkeiten und Limonaden), das bekannt ist als aggressives Allergen, und »Antioxidationsmittel« wie E 321 (auch in Süßigkeiten für Kinder verwendet), das ebenfalls im Verdacht steht, die Krebsentstehung zu begünstigen.

Merke: Viele Farbstoffe sind besonders allergen, und sie werden den Nahrungsmitteln meist nur als Make-up zugesetzt, damit diese attraktiver erscheinen. Qualitätsmängel und fader Geschmack können mit ihnen – und mit Aromastoffen – »verdeckt« werden.

Übrigens: Auch viele Nährstoffzusätze, Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, die heute der Nahrung zugesetzt werden – angefangen von Sportlergetränken über Milchprodukte, Kindernahrung bis zu Keksen und Getreideflocken und Getränkepulvern –, halten moderne Ernährungswissenschaftler für völlig überflüssig. Sie dienen vor allem, weil mit der Anreicherung heftig geworben wird, zur Verlockung der Kunden und zur Verkaufssteigerung.

Da tickt eine Zeitbombe!

Nach wissenschaftlichen Berechnungen sind es etwa 80000 Generationen, in denen sich die Menschen mit ihrer Ernährung den Erfahrungen für Leib, Leben und Wohlbefinden angepasst haben und die besonderen Wirkungen einzelner Lebensmittel erprobt und beobachtet haben.

So entstanden hochwirksame Regelmechanismen, was Essen, Verdauen, Stoffwechsel, Nährstoffauswertung, die Wirkung von Vitaminen, Mineralien, Enzymen etc. angeht. Sie alle wurden aus natürlichen Nahrungspflanzen und aus dem Tierreich geliefert. Dazu kamen Erbanlagen, Familienstatus, spezifische Belastungen – die ganze sogenannte biochemische Individualität.

Und jetzt plötzlich funkt die Industrie dazwischen, zum Beispiel mit einzelnen Eiweiß-Bausteinen, mit Fetten, die keine sind, mit Zuckerersatz usw. Wir sind genetisch seit Jahrtausenden auf 22 Aminosäuren, davon neun essentielle eingestellt, die müssen wir uns regelmäßig mit der Nahrung zuführen.

Und das soll plötzlich funktionieren – der in zigtausend Generationen eingespielte Mechanismus soll mitmachen – nach nur drei bis vier Generationen, in denen sich die Nahrungsmittel-Industrie mit all ihren Absurditäten aufgebaut hat? All diese Novel-Food-Produkte sind ja so neu, dass kein Mensch weiß, wie unser Körper auf die Dauer darauf reagieren wird. Schon jetzt nehmen zum Beispiel die Allergien explosionsartig zu, Darm-, Leber-, Bauchspeicheldrüsen-Erkrankungen auch. Was wird noch kommen? Da tickt eine Zeitbombe!

Sehen wir einer »strahlenden« Zukunft entgegen?

Die Bestrahlung von Lebensmitteln darf zwar in Deutschland bisher nur bei getrockneten Gewürzen vorgenommen werden, aber unsere Nachbarn bestrahlen schon fleißig. Mit radioaktiven Röntgen-, Gamma- und Elektronenstrahlen werden schon in vielen Ländern (auch der EU) seit Jahren Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Getreide, Gewürze usw. haltbar gemacht. Damit kann zwar Keimen und Krankheitserregern (wie Salmonellen) der Garaus gemacht werden, aber die anderen Folgen für unsere Gesundheit sind überhaupt noch nicht abzusehen.

So viel weiß man aber: Nicht nur Geruchs- und Geschmacksstoffe werden nachweisbar verändert, sondern auch etliche Vitamine, allen voran die Schutzvitamine A, C, E und auch B, halten den Strahlen nicht stand, gehen bis zu 70 Prozent verloren. Eiweißbausteine im Inneren des Nahrungsmittels, besonders die essentiellen (lebenswichtigen) Aminosäuren, können zerstört werden. Fett kann schneller ranzig werden. Es entstehen die berüchtigten freien Radikale, die zu Zellveränderungen führen können. Außerdem bilden sich unter ungünstigen Verhältnissen sogenannte Radiotoxine – auch das sind Giftstoffe. Der Streit unter den Fachleuten um Pro und Contra der Lebensmittelbestrahlung reicht von »total harmlos« bis zu »erbgutverändernd«. Schon lange stellen die Verbraucherschützer fest, dass es genügend Alternativen zur Konservierung von Lebensmitteln gäbe. Außerdem: Weil Radioaktivität Keime abtötet, bestehe die Gefahr, dass in Zukunft mit der Hygiene noch sorgloser umgegangen werde.

Weil trotz offiziellem Verbot nachweislich schon heute zahlreiche bestrahlte Lebensmittel auf den deutschen Markt gelangen (unter anderem Zwiebeln und Paprika, Gewürze, Getreide, Kartoffeln, Fleisch- und Fischprodukte), gilt auch hier wieder der Rat: Keine Ware kaufen, bei der Verdacht auf Bestrahlung besteht! Lebensmittel so viel wie möglich aus einheimischem, ökologischem Anbau frisch besorgen und aus Bio-Bäckereien, Naturkostläden, Reformhäusern.

Im Übrigen wird bei der Pflanzenzüchtung heute zum Beispiel vielfach die Mutations-Züchtung mithilfe von radioaktiv bestrahltem Saatgut »gepflegt«. Die internationale Atomenergie verweist stolz schon auf rund 20000 Projekte, bei denen Lebensmittel mithilfe von Gamma-Strahlen behandelt wurden – voran so gut wie alle Getreidearten, auch Reis und Hirse, Sonnenblumen, Soja, Kartoffeln, Zuckerrüben, Tomaten, Gurken, Kürbisse, Karotten, Radicchio, Chicorée, Zitronen, Äpfel, Bananen, Pfirsiche, Erdbeeren, Trauben.

Angeblich werden 70 Prozent der Hartweizen-Nudeln Italiens schon aus Mutanten hergestellt und fast die ganze europäische Gerste, einschließlich der Braugerste …

Gentechnologie ist schon überall!

Auch keine Zukunftsvision mehr, sondern in vielen Ländern schon längst Realität: die Gentechnologie. Tomaten werden kaum mehr weich, Erdbeeren sind unempfindlich gegen Frost, Getreide, Soja, Mais gegen Schädlinge. Masttiere setzen schneller Fleisch an, Fische werden viel schwerer, »Turbo-Kühe« geben viel mehr Milch, »maßgeschneiderte« Schweine haben vier Rippen mehr und größere Schinken. Die Gentechnik macht die Produktion von Lebensmitteln schneller und kostengünstiger möglich.

Einen Nutzen für die Endverbraucher sehen manche Experten mitnichten. Aber: Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen, die Herstellung von gentechnisch veränderten Lebend-Kulturen, zum Beispiel im Joghurt, und anderes mehr werden von einigen Wissenschaftlern als sehr gefährlich angesehen.

Ernährung der Zukunft – wohin gehen die Trends?

Die Zapp-Mentalität, vom Fernsehen übernommen, regiert heute auch oft unseren Alltag, beim Einkaufen, beim Essen. Immer öfter muss es was anderes sein, immer schneller aus der Küche raus, immer »cooler«, immer »heißer« soll’s schmecken. Dabeisein beim Neuen, mitmachen, dem Trend auf den Fersen bleiben – nicht nur die Jungen denken so – leider oft auch die Eltern. Denn viele von ihnen sind ziemlich ahnungslos, verunsichert, unkritisch, illusioniert von den blumigen, verlockenden Namen all der fantastischen Dinge, die ihnen die Werbung aufschwatzt – und dann riecht das auch noch so gut! Und so füllen sie die Einkaufswagen mit Essens-Plunder. Und die Enttäuschung, die Reue folgt oft auf dem Fuß …

Wohin gehen aber nun wirklich die ernsthaften Trends? Umfragen und Prognosen gibt es schon viele. Sie sind aber zum Teil recht widersprüchlich, zumal bei der jüngeren Generation: Die will nämlich einerseits »gesund«, »alternativ«, »bio« essen – andererseits darf es aber nicht viel Arbeit machen oder Zeit kosten – also sollen die Mahlzeiten vor-verarbeitet, konserviert, fertig für die Mikrowelle u. Ä. und schnellschnell, sozusagen »aus der Hand« zu essen sein.

Die Männer wiederum, zumal die jüngeren, wollen, dass das Essen die Sinne anspricht, »gut schmeckt«, etwas anderes zählt bei ihnen oft überhaupt nicht, auch ökologisch-ethische Gesichtspunkte nicht, während die Frauen vor allem daran interessiert sind, dass die Lebensmittel zwar gesund sind, aber auf keinen Fall dick machen – Kalorien- und Fettgehalt spielen bei ihnen eine wichtige Rolle.

Übrigens wünscht sich immerhin jede(r) Vierte mehr Informationen, zumal bei den Themen »Kennzeichnung«, »gesunde Ernährung« und »Gentechnik«.

Die Verbraucher der Zukunft

Ob weniger oder mehr Fast Food, Fertiggerichte, Konserven, oder aber Obst und Gemüse, Bioprodukte, Geflügel und vegetarische Mahlzeiten eingeplant sind, immer betrifft das nur ganz bestimmte Bevölkerungsgruppen. In Bezug aufs Ernährungsverhalten dürften sich die Geister in Zukunft noch weit mehr scheiden als bisher!

Folgende wichtige Trends hat die renommierte »forsa«-Gesellschaft für Sozialforschung ermittelt:

•Es wird eine stetig steigende Zahl von »Einzelessern« geben, das gemeinsame Familienessen (schon heute nur noch bei 5 Prozent üblich) wird mehr und mehr der Vergangenheit angehören.

•Die Deutschen wollen deshalb auch mehr Produkte, die sich zeitsparend zubereiten lassen bzw. schon verzehrfertig sind.

•Viele wollen den traditionellen Mahlzeiten-Rhythmus »Frühstück, Mittagessen, Abendessen« nicht mehr, lieber häufigere kleinere Snacks. In diese Richtung geht auch das »Grazing«, ein inzwischen kritisch gesehener Trend aus Amerika: Grazing heißt »grasen«, wie die Rehe am Waldrand, achtmal oder noch öfter am Tag, mit Mini-Portionen. Vor allem Menschen am Computer soll das nicht zum Kochen fortlocken, sie geistig fit halten, dem Gehirn sozusagen den ganzen Tag am Fließband neue Energie zuführen. Im Übrigen wird hier tatsächlich sehr viel »Grünfutter« propagiert …

•In die gleiche Richtung geht auch der Trend zu »leichter«, frischer und vitalstoffreicher Kost bei entsprechend wenig Fleischkonsum.

•Besondere Rücksicht nehmen wollen Industrie und Handel künftig auf all diese Trends durch den Ausbau entsprechender Produkt-Linien. Das nennt sich dann »Convenience-Food« (ultrabequem), »Ready-to-eat-Food« (fingerfertig) oder »Functional Food« (Fertigkost, mit »gesunden« Zusätzen). Sympathisch erscheint uns hier die – längst fällige – geplante Besinnung auf Single-Portionen, sprich kleinere Verpackungseinheiten für die Millionen Ein-Personen-Haushalte!

Jene Leute, die vor allem auf Geschmack und Aussehen fliegen (man nennt sie »hedonistische« Kunden), es sind überwiegend jüngere Männer, sehen übrigens auch überdurchschnittlich oft Vorteile bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln (33 Prozent) und bei Produkten aus fremden Kulturkreisen (65 Prozent). Letzteres vermutlich, weil sie auch viel mehr reisen als andere.

Womit wir bei weiteren interessanten Trends für das »Dritte Jahrtausend« sind:

Es lebe die China-Küche!

Sie ist leicht, würzig, appetitlich, die Restaurants sind meist preiswert, und immer umgibt sie der berühmte »Duft der weiten Welt« – und sei er aus Knoblauch und Ingwer entstanden. Obendrein ist sie nach streng wissenschaftlichen Erkenntnissen ultra-gesund! Hunderttausende von Chinesen, die sich noch »traditionell« ernähren, nämlich mit Reis, Soja in jeder Form, sehr wenig Fleisch und Fett, aber entsprechend viel Gemüsen und Gewürzen und fermentierten Soßen, wurden von (westlichen) Ärzten jahrelang untersucht. Und siehe da – die China-Küche (chinesische Ärzte nennen sie »Diethotherapy«) wirkt wie Medizin gegen die »zwei großen Killer«, nämlich Herzinfarkt und Krebs, sie stärkt das Immunsystem und kann den Alterungsprozess hinauszögern. (Wir werden in diesem Buch auch immer wieder auf besondere Schutz- und Heilwirkungen chinesischer Nahrungspflanzen hinweisen.)

Die »Kreta-Diät« rettet Leben

Mit dieser Schlagzeile berichtete das Ärzteblatt »Medical Tribune« geradezu euphorisch, dass die Bewohner der Mittelmeerinsel Kreta, die bekannt sind für ihre außerordentliche Gesundheit und Langlebigkeit, um 70 Prozent weniger Herzinfarkt-Tote gegenüber anderen Ländern beklagen. Sehr viel Gemüse und Obst, Joghurt, Käse, Olivenöl, Getreide, Nüsse, Kräuter, wenig Fleisch, aber viel Fisch und etwas (!) Rotwein heißt das Rezept, das gar keines ist. Denn die Mittelmeerbewohner leben seit 4000 Jahren so. »Mediterrane Diät« nennen es vornehm moderne Ärzte. Fast ein Witz!

Antonis Kafatos, ehemaliger Professor der Präventivmedizin und Ernährungswissenschaft an der Universität Kreta, hat seit 1960 insgesamt 700 Männer auf dem Land immer wieder untersucht. Er schrieb genau auf, was diese Menschen essen und trinken und beobachtete sie. Nach 31 Jahren gab es in seiner »Untersuchungsgruppe« auf Kreta noch 50 Prozent Überlebende, in Finnland bei einer parallel laufenden Untersuchung zur gleichen Zeit keinen einzigen Überlebenden. – Die Kreter beziehen übrigens ein Drittel ihrer täglichen Energie aus Olivenöl.

Beunruhigend war für den Professor nur eines: Durch den wachsenden Tourismus und andere »zivilisatorische Einflüsse« haben sich bei der jüngeren Generation auf Kreta die Essensgewohnheiten geändert – und prompt gibt es viel mehr frühzeitige Todesfälle durch Herzinfarkte, und die Krebserkrankungen haben »epidemische Ausmaße« angenommen. – Interessant auch dies: 1960 legten die kretischen Bauern noch im Schnitt täglich 13 Kilometer zu Fuß zurück, die »zivilisierten« Kreter aber laufen nur noch zwei Kilometer am Tag …

Wäre noch nachzutragen – siehe »China-Küche« –, dass die Kinder der »zivilisierten«, sprich reicheren Bewohner von Hongkong, die natürlich heute fleißig Fast Food, Pommes mit Ketchup, Cola und viel Süßes schlabbern, mittlerweile den zweithöchsten Cholesterin-Spiegel von allen Kindern der Welt haben!

Die Ernährung hierzulande ist heute, mit 162 Milliarden Euro Jahresumsatz, ein »big business«. Den Umsatz aber machen wir, die Verbraucher. Und so liegt es in jedem Fall auch an uns allen, wohin die Trends der Ernährung in diesem Jahrtausend gehen. Wir alle müssen uns bewusst werden, dass man Gesundheit auch essen kann. Machen wir die Küche zur Apotheke, und denken wir immer daran: Essen kann eine der größten Freuden des Lebens sein. Es ist der Sinn dieses Buches, Mut zu machen, einzuladen zu dieser Freude.

Das Wunderwerk Mensch läuft erst mit 50 Makro- und Mikro-Nährstoffen

Tag und Nacht brauchen wir sie – neben dem absolut unentbehrlichen Sauerstoff –, die vier Makro-Nährstoffe Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett und Wasser. Wir brauchen sie in relativ großen Mengen (deshalb der Name »Makro«), denn sie werden als unsere Energie- und Wärmespender »verheizt« – siehe oben. Dazu brauchen wir aber auch noch zwischen 40 und 50 andere Substanzen, die Mikro-Nähr- und -Wirkstoffe, lebensnotwendig. Roger Williams nennt sie »Wachstums- und Instandhaltungs-Chemikalien«. Das sind die Mineralien und Spurenelemente, die essentiellen Fettsäuren und essentiellen Aminosäuren.

Essentiell bedeutet: Der Körper kann sie nicht selbst herstellen – wir müssen mit der Nahrung immer für Nachschub sorgen. Alle diese Nährstoffe zusammen machen erst gesundes Wachstum, geistige und körperliche Entwicklung bei Kindern, Zell- und Gewebeerneuerungen, Abwehr und Reparaturen, die den Alterungsprozess aufhalten, möglich. Sie gleichen Verluste aus, sorgen für einen ausbalancierten Stoffwechsel, füllen leer gewordene Speicher wieder auf und stellen sicher, dass das »Wunderwerk Mensch« stets reibungslos läuft …

Fast pausenlos entdecken Forscher zurzeit immer noch neue Stoffe, Aminosäuren, vitaminähnliche Substanzen, Enzyme etc. Vor allem aber weiß man heute, dass in unserer täglichen Nahrung zahllose weitere sehr geheimnisvolle Stoffe stecken, die zum Teil noch gar nicht genau identifiziert sind. Da ist noch Abenteuerliches zu erwarten, vor allem in jenen (vermutlich mehr als 10000) »sekundären Pflanzenstoffen« (siehe hier), bioaktiven Stoffen mit vielerlei Schutz- und Heilwirkung. Fast täglich werden neue entdeckt, mit wunderbaren Wirkungen auf unsere Gesundheit, und selbst jene konservativen »Ernährungsexperten«, die diesen Biostoffen lange Zeit höchst skeptisch gegenüberstanden, sind jetzt – unter der Beweislast internationaler Forschungsergebnisse – ins Lager ihrer Befürworter umgeschwenkt.

Jeder Mensch ist einzigartig

Fest steht auf alle Fälle jetzt schon eines: dass jeder Mensch, weil er einzigartig ist, eigentlich auch seine ganz und gar individuellen Ernährungsbedürfnisse hat, zumal in Bezug auf die essentiellen Stoffe. Die Gründe:

•Erbanlagen (genetische Abhängigkeiten) können es nötig machen, dass der eine zum Beispiel sehr hohe Dosen bestimmter Stoffe braucht, damit Körper und Geist voll funktionieren, der andere niedrigere.

•Eine unterschiedliche Verwertung der Nahrung ist auch unbestritten. Es scheint Menschen zu geben, deren Organismus die Nährstoffe nicht vollständig auswertet und deshalb in Defizite kommen kann, während andere sie voll ausnützen.

•Die Nahrungsmengen, die ein Mensch braucht, sind natürlich auch stark abhängig von Alter, Geschlecht, Körpergröße, von körperlicher und geistiger Aktivität und von der Umwelt. Und vor allem von der Art, wie er sich ernährt – ob vielseitig und wertvoll oder einseitig und wertlos.

•Schließlich steht heute fest, dass negativer Stress und die Reaktion des Einzelnen auf ihn nicht nur schwere Auswirkungen auf das Immunsystem haben, sondern erhebliche Konsequenzen auch darauf, wie ein Mensch seine Nahrung ausnützt!

Unsere wichtigsten Energiequellen

Unsere Energie beziehen wir aus diesen drei Nährstoffen:

•Kohlenhydrate, das sind Obst und Gemüse, Salate, Getreide und Kartoffeln und Hülsenfrüchte, aber auch sogenannte »leere« Kohlenhydrate aus allen Süßigkeiten, zum Beispiel Säften, Sirup und Honig, Zuckerzeug, Kuchen, Keksen, Pralinen etc. Kohlenhydrate sollten 60 Prozent unserer Nahrung ausmachen, davon sollten höchstens zehn Prozent »leere« Kohlenhydrate sein.

•Eiweiß (Protein) steckt vor allem in Eiern, Fleisch, Fisch, Milch und deren Produkten sowie auch wieder in Getreide, Soja, Hülsenfrüchten. Wünschenswert ist ein zehnprozentiger, nach neuesten Theorien bis zu 15-prozentiger Nahrungsanteil.

•Fett findet sich vor allem in Ölen, Rahm, Butter, Margarine, Schmalz, Speck, Mayonnaise, Nüssen, Nuss- und Samenbutter, aber auch in Oliven und Avocados. Höchstens 30 Prozent Fett sollten es sein. Noch besser wären nur 20–25 Prozent!

Nun enthält natürlich Milch zum Beispiel auch Kohlenhydrate, und Nüsse enthalten reichlich Eiweiß, ebenso wie Kartoffeln. Aus allen drei großen Energiequellen gibt es auch viele Gemische. Sehr wichtig ist aber zu wissen, dass grundsätzlich 100 g Fett über 900 Kalorien liefern, während 100 g Kohlenhydrate mit rund 415 Kalorien und 100 g Eiweiß mit rund 430 Kalorien, nicht mal der Hälfte also, zu Buche schlagen, und dass auch 100 g Alkohol satte 700 Kalorien haben. Wobei noch daran zu erinnern ist, dass die deutschen Männer ca. zwölf Prozent ihrer gesamten Nahrungsenergie aus Alkohol beziehen, sich also theoretisch an einem von acht Tagen nur von Alkohol »ernähren«!

Wichtig auch zu wissen: Kohlenhydratreiche Nahrung enthält sehr viel Wasser, Brot ca. 50 Prozent, Kartoffeln ca. 70 Prozent und Gemüse bis zu 90 Prozent und mehr. Reine Fette (Speck, Butter, Margarine, Öl) sind dagegen so gut wie wasserfrei. Praktisch bedeutet das, dass wir uns mit kleinen Fettportionen im Essen schon weit mehr Energie zuführen als mit sehr großen Kohlenhydratportionen!

Der Energiebedarf hat in den letzten 100 Jahren um fast 1000 Kalorien abgenommen. Für Erwachsene, die nicht körperlich schwer arbeiten, liegt er heute bei 2200 bis 2500 Kalorien, während der effektive tägliche Kalorienverzehr im Schnitt immer noch 3400 Kalorien überschreitet. Nur Jugendliche im Wachstumsschub und Schwangere brauchen ein erhebliches Kalorienplus. Und bedauerlicherweise ernähren sich – aus Eitelkeit – heute viele 15- bis 18-jährige Mädchen stark »unterkalorisch« und erleiden damit oft einen schweren Mangel an Vitaminen und Mineralien. Siehe Tabelle »Auf einen Blick – Kalorien- und Fettbedarf«.

Kohlenhydrate

Sie sollten unsere Hauptnahrung sein

Sie sind die Hauptenergiequelle für unsere Körperaktivitäten, liefern uns den Treibstoff für die Muskel- und die Gehirnarbeit, und ohne sie geht nichts in Sachen Nahrungsaufnahme bzw. Verdauung. So regulieren sie auch verantwortlich den Eiweiß- und Fettstoffwechsel. Deshalb sehen moderne Ernährungsforscher auch die sogenannte »Trennkost« als recht fragwürdig an. Ohne Kohlenhydrate kann die Leber Fette überhaupt nicht aufspalten, und nur mit ihrer Hilfe ist zum Beispiel der Transport von Magnesium, Kalium und Zink im Blut möglich. In Tierversuchen hat Kohlenhydratmangel Arteriosklerose und herzinfarktähnliche Zustände provoziert. Allesamt werden die Kohlenhydrate in den Pflanzen gebildet, unter Einwirkung unserer größten Energiequelle überhaupt, der Sonne!