Kurzgeschichten und kleine Gedichte - Gerd Eisenbeiß - E-Book

Kurzgeschichten und kleine Gedichte E-Book

Gerd Eisenbeiß

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Beschreibung

Das humorvolle Buch ist voller Spott in zahlreichen Satiren, Glossen, Kurzgeschichten und Gedichten. Der Autor beobachtet Alltäglichkeiten und macht sich lustig über Gesellschaft und Politik, auch einmal über Sport und Wunderglauben. Den Anfang machen Skurrilitäten aus Medien und Gesellschaft und einige aktualisierende 'Umdichtungen' klassischer Gedichte, und am Ende wird ein origineller Weihnachtskrimi erzählt, der manche Weihnachtsfeier verschönern könnte. Mitunter wird es auch mal ernst oder gar lyrisch. Der 'Rote Faden' des Buches ist der Autor mit seiner Spottlust und seiner Freude am kreativen Schreiben. Möge der Leser diese Freude spüren und teilen.

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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Aus Gesellschaft und Medien

Der Datopard (nach Rilkes Panther)

Der alltägliche Sexismus

Zueignung (nach Goethes Faust)

Gefahren aus Handys und Genfood

Die Kalender-Kontroverse

Zum Jahreswechsel 2015/2016

Nicht nur zum Jahreswechsel 2012/2013

Die Vernissage

Aber was ist dann Kunst?

Das Leben und die chemischen Elemente

TTM – die wieder entdeckte Tschuktschen-Medizin

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Lob der Verdauung

Ab hier wird es etwas politisch:

Prometheus an Putin

Das angstvolle Piepsen der Küken

Zum Weinen: wein- und penisfreie Staatsbesuche.

Die Verhüllungskrise

Der Preis des Brotes

Bericht vom Gründungsparteitag der Eurosmanischen Partei EOP

Der Kandidat

Der Bionik

Auf d’r schwäb’sche Eisebahne

Ich, ein Wutbürger, fordere meinen Runden Tisch!

Irisches über Rating im Mittelmeer

Goethe zur Energiewende:

Wie Gott versuchte, die Welt zu retten

Aus Alltag und Familie

Gertruds Hölle

Im Multiplexkino

Die Fliegen

Das Lied von den Socken

Hühnchen – in statu nascendi

Karl

Eheleut.Ehefreud.Eheleid

Auch Sport verdient Spott

Olympische Politik oder eine Zielvorgabe für den Sport

Löwologie

Wunder, Glaube, Weihnachten

Samuel Hahnemann sancto subito!

Wunder gibt es immer wieder

Nobelpreis für Vatikan und Karól Wojtyla

Ein Termin wird verpasst, der die Welt nicht (?) verändert hätte

Draußen vor der Tür

Weihrauch, Myrrhe und Gold

Der Autor

+++++

Vorwort

Dieses Bändchen bietet einen bunten Strauß von Glossen, kleinen Geschichten und Gedichten. Sie sind über mehrere Jahre hinweg bis zum September 2016 entstanden.

Sie beobachten Alltäglichkeiten und machen sich lustig über Gesellschaft und Politik, auch einmal über religiösen Wunderglauben. Der erste Block behandelt Themen aus Medien und Gesellschaft, dann kommt die Politik und Alltägliches. Am Ende gibt es Spott über Sport, bevor das Buch mit Geschichten aus dem Wunderraum der Religionen und zu Weihnachten schließt. Dabei wird es auch manchmal ernst oder gar lyrisch.

Der „Rote Faden“ des Buches bin ich, der Autor, mit meiner Spottlust und meiner Freude am Schreiben. Vieles wäre so nicht entstanden ohne die Ideen und Mitwirkung meiner Frau Rita, die mich bereitwillig von den häuslichen Pflichten entbunden hat, sobald ihr mein nach innen gekehrter Blick verriet, dass ich mir eine Idee sofort aus dem Kopf schreiben musste.

Möge es dem Leser ebenfalls Spaß machen!

Für diejenigen, die kleine Kinder oder Enkel haben, gibt es „Jonathan“, ein Kinderbuch für 4 bis 8 Jährige und Erwachsene, die selbst gern Geschichten erzählen. Es ist als e-book erhältlich bei www.smashwords.com, ISBN 9781311272287. Bis Weihnachten 2016 lasse ich ein weiteres Kinderbuch „Zaubergeschichten mit Max und Emil“ für meine Enkel und andere Kinder drucken. Es ist bei mir erhältlich.

Für diejenigen, die gerne mehr Analyse politischer Vorgänge und philosophischer Themen hätten, gibt es die „Briefe an einen Freund“, ein Buch mit knapp 50 Betrachtungen und Vorschlägen zu den unterschiedlichsten Problemfeldern - auch dies bei www.smashwords.com, ISBN 9781311160317.

+++++

1 Aus Gesellschaft und Medien

Der Datopard (nach Rilkes Panther)

(August 2016)

Sein Blick ist von der Flut der Daten

So müd geworden, dass er nichts mehr hält.

Ihm ist, er sei ins Datenmeer geraten

Und hinter all den Zahlen gäb es keine Welt.

Der weiche Sitz tut wohl dem runden Rücken,

sein Stuhl sich drehen lässt im Kreis,

das ist kein Tanz, er kann sich kaum noch bücken.

Er programmiert bis er einst stirbt als Greis.

Nur manchmal scheint am Bildschirmrande wieder

Ein Text auf -. Und es zuckt im Hirn,

geht durch des Körpers schlaffe Glieder,

wird sich im Zahlenrausch verlier´n.

+++++

Der alltägliche Sexismus

Eine fiktive Rede zum Tag der weiblichen Formen

Liebe Bürgerinnen und Bürger, Leser und Leserinnen, wir haben es weit gebracht, unsere Sprache von verdecktem Sexismus zu reinigen. Gut, dass das große Binnen-„I“ nicht reüssierte, denn so viel Zeit muss sein, beide Geschlechter anzusprechen oder fair zu erwähnen.

Noch aber können wir uns nicht zurücklehnen, denn manches ist unerledigt. Meine Frau, sensibel für jede Form von Diskriminierung, kritisierte erst gestern die Kelten-Ausstellung im Landesmuseum. Ob da keine Keltinnen beteiligt oder ausgestellt seien? Und als ich erwiderte, schon die alten Römer hätten die Kelten …, da unterbrach sie mich rasch und entschieden: „die alten Römer und Römerinnen“. Dann aber gingen wir zum Mittagessen beim Italiener.

OK, ich hatte es ja auch längst satt, dass immer dann, wenn es um Negatives geht, die weibliche Beteiligung unterdrückt wird. Haben etwa nur Russen die Krim annektiert, sind in Donezk nur Separatisten am Werk, wo demonstrieren oder bomben eigentlich Salafistinnen? Leider leiden ja viele Regionen der Welt unter Terroristen; wir erfahren dann aus den Medien, dass wieder „unschuldige Frauen und Kinder“ unter den Opfern waren, aber sind da wirklich keine Frauen unter den Tätern? Und sind Männer grundsätzlich „schuldig“?

Gerade habe ich eine Römervilla besichtigt und da zeigte sich bei Bildern aus den ausgegrabenen Bädern eindeutig, dass da auch Römerinnen gebadet haben.

Einmal auf diese Fährte des verdeckten Sexismus gesetzt, begannen wir, meine Frau und ich, schmerzliche Lücken der deutschen Sprache zu entdecken. Wir wussten einfach nicht, ob Eskimos oder Innuits auch Frauen haben und wie die dann heißen: Eskimas? Innuittinnen oder gar Inu“I“t? Und bei Tuaregs bin ich auch sprachlos.

Würde unser Enkel an Weihnachten auch mal eine Schneefrau bauen? Und war Lucy vor Millionen Jahren eigentlich ein homo erectus oder eine femina erecta?

Dabei wäre der (Aus-)Weg zu korrekter, nicht diskriminierender Sprache so einfach. Natürlich waren es die Überflieger an den .., also die Überflieger und Überfliegerinnen an den Hochschulen, die eine elegante Lösung gefunden haben: man spreche einfach nur von den „Studierenden“, also den „Terrorisierenden“, den „Salafierenden“.

Bei Eskimos und Tuareg könnte man die Bezeichnung Eskimo-Mensch, bzw. Tuareg-Mensch verwenden, wenn niemand daran Anstoß nimmt, dass „Mensch“ männlich ist.

+++++

Zueignung (nach Goethes Faust)

(August 2016)

Nährt ihr euch weiter, dickliche Gestalten,

die früher sich im schlanken Look gezeigt?

Fühl ich mein Herz noch eurem Bild geneigt?

Versucht doch, euch vom Essen abzuhalten!

Ihr drängt zum Buffet - gut, das strafft die Falten,

Doch wenn die nächste Orgie steigt,

Fühlt sich mein Schönheitssinn erschüttert

Von all dem Fett, das an euch zittert.

Habt ihr nun, ach! Homöopathie,

Quacksalberei und Medizin,

Und leider auch Bulimie

Durchaus studiert, mit heißem Bemüh‘n.

Da steht ihr nun als armer Tor

Und seid so fett als wie zuvor;

Nehmt euch Ernährungsberater gar

Und werbt, wie dumm!, schon viele Jahr

Herauf, herab und quer und krumm

für Schlankheitsmittel bei Freunden herum.

Und seht, dass alles gar nichts taugt!

Am Ende seid ihr ausgelaugt,

Und braucht für all das Fett

Ein höchst stabiles Bett.

+++++

Gefahren aus Handys und Genfood

(aus 7/2014)

In …land, einem modernen, demokratischen Staat, konnte über alles gestritten werden. Insbesondere war die wohlhabende Bevölkerung sehr sensibel, wenn es um tatsächliche oder spekulative Risiken ging. Viele Menschen engagierten sich in Gruppen, um die Natur, die Tiere oder die Gesundheit der Menschen und natürlich auch alle Daten zu schützen.

Eines Tages verbreitete eine Nachrichten-Agentur die folgende Meldung aus den USA: “Amerikanische Wissenschaftler haben jetzt einen Hinweise gefunden, dass das Verspeisen von gen-manipulierten Mais-Tortillas bei gleichzeitiger Einwirkung von Mobilfunkstrahlen Krebs verursachen könnte. Es handelt sich um einen Zufallsbefund, als man Krebspatienten nach ihren Lebensgewohnheiten befragte. Auffällig viele Patienten hätten eingeräumt, häufig mobil zu telefonieren und auch gerne die in den USA beliebten Mais-Tortillas zu essen.“

Einige überregionale Tageszeitungen des Landes übernahmen diese Nachricht am nächsten Tag auf ihrer Wissenschaftsseite – Überschrift: "Handy-Gen-Synergie - die neue Gefahr!". Und so kam es, dass schon am Abend die erste Pressemitteilung einer Bürgerinitiative "Mundschutz" vorlag: "Warnungen bestätigt: Stoppt die Menschenversuche mit Mobilfunkstrahlen und Genfood".

Diese Pressemitteilung fand am nächsten Tag viel Beachtung. Insbesondere die Boulevardzeitungen des Landes brachten dicke Schlagzeilen wie z.B. "KREBS aus dem Hörer, KREBS auf dem Teller" oder "KREBS!!!: der Handy- Gen-Effekt".

Tierschutzvereine äußerten sich schockiert über die neuen Forschungsergebnisse, und wiesen daraufhin, dass es nicht nur um den gefährdeten Menschen gehe, sondern vielmehr um die Tiere, die den gefährlichen Strahlen ständig ausgesetzt seien und sich gegen die Fütterung mit Genmais nicht wehren könnten.

Als immer mehr Moderatoren in Rundfunk und Fernsehen die neuen Meldungen aufgriffen und Interviewpartner aus allen Gesellschaftsschichten vor Kameras und Mikrophone holten, verdichtete sich der Verdacht, dass hier eine Riesengefahr lauerte. Viele interviewte Bürger äußerten sich dahingehend, dass sie sich von der Regierung „allein gelassen“ fühlten, während fachlich kompetente Wissenschaftler sich nur sehr vorsichtig äußerten, sie kennten die Meldung nur aus der Presse und hätten keine Kenntnis der Originaldaten. Viele wiesen darauf hin, sie hätten schon immer mehr Geld für gesundheitsorientierte Vorsorgeforschung gefordert.

Darauf musste das Staatsinstitut für Gesundheit mit der Ankündigung einer Pressekonferenz reagieren. Schon in der Einladung wandten sich die Wissenschaftler des Instituts gegen die ihrer Ansicht nach unbegründete Hysterie.

Am nächsten Morgen um 11 Uhr war der Presseraum des Instituts überfüllt. Die dicht gedrängt stehenden Journalisten lauschten zunächst dem Leiter des Instituts. Der Professor führte aus, dass man die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst nehme, eine erste Prüfung der Meldungen aus Amerika aber ergeben habe, dass sie nicht auf sauberer wissenschaftlicher Arbeit beruhten.

Aus dem Auditorium hörte man vereinzelte Zurufe wie „Bitte keine Verharmlosung“ oder „Wir lassen uns nicht einseifen“. Eine Journalistin fragte scharf, ob es zutreffe, dass das Institut vor drei Jahren einen Forschungsauftrag der Telekomgesellschaft angenommen und durchgeführt habe. Und wenn ja, ob das Institut sich noch als unvoreingenommen empfinde, wenn es um die gefährlichen Handystrahlen gehe.

Der Institutsleiter wies noch einmal darauf hin, dass die gemeldete Patientenbefragung doch nur ein ganz triviales Ergebnis gehabt hätte. Schließlich würden die meisten Amerikaner Genfood essen und mit Handys telefonieren.

Das Wort „trivial“ regte nun einen anderen Journalisten auf. Er warf dem Professor abgehobene Arroganz vor; so lasse sich die Presse eines freien Landes nicht abspeisen.

Der Professor entschuldigte sich, wollte seine Erläuterung wiederholen, wurde dabei aber von lautstarken Protesten gestoppt. Mit sichtlich gerötetem Kopf versuchte er eine Vorwärtsverteidigung, indem er noch einmal vom tiefen Verständnis für die Ängste der Bevölkerung sprach und meinte, man habe im Institut schon seit Längerem vor, entsprechende Versuche zu machen. Die Planungen seien bereits abgeschlossen. Damit schloss er die PK und verließ unter lautem Murren und zahlreich nachgerufenen Fragen das Podium und den Saal.

In den Abendnachrichten des nationalen TV-Programms wurde ein Gespräch mit dem Gesundheitsminister angekündigt. Auch dieser sprach über die große Sorge, die ihn für die Gesundheit der Bevölkerung umtreibe. Man nehme alles ernst, was so gefährlich aussehe, wie die Meldung aus Amerika. Ein jeder möge vorsichtig sein: man müsse schließlich nicht beim Essen telefonieren; so könne man sein persönliches Risiko doch selber reduzieren.

Das Gesicht der Moderatorin zeigte deutlich, dass sie diese Äußerung für skandalös hielt, aber sie hatte ja noch eine tödliche Frage im Köcher: Ob es zutreffe, was der Leiter des Staatsinstituts am Morgen erklärt habe, dass nämlich die staatlichen Stellen schon länger über diese Gefahren Bescheid wussten und deshalb bereits eigene Untersuchungen über die Synergiegefahren von Genfood und Handys in Auftrag gegeben hätten.

Nun lief der Minister rot an und stammelte etwas von Sorgfalt und Vorsorge, nach der man natürlich rechtzeitig gegen jede Gesundheitsgefahr vorgehe. Er wolle auch gerne hinzufügen, dass man Speisen, die möglicherweise genveränderte Bestandteile enthielten, doch tunlichst nicht im Mikrowellenherd zubereiten solle. Er lasse sich stündlich über die Entwicklung in dieser Angelegenheit informieren, da ein Versäumnis natürlich schreckliche Folgen haben könnte.

Wen wundert´s, dass die Zeitungen am nächsten Morgen berichteten, dass die Regierung die Gefahren seit längerem gekannt, aber verschwiegen habe. Die Opposition forderte einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um die unhaltbaren Zustände im Gesundheitsministerium aufzuklären. Insbesondere müssten auch die Zusammenhänge mit den Interessen des staatseigenen Mobilfunkbetreibers aufgeklärt werden. Da auch der Finanzminister als Eigentümer dieser Gesellschaft sowie der Wirtschaftsminister als Regulator des Kommunikationswesens betroffen seien, strebe man eine Anhörung auch der Regierungschefin an, deren Regierungsorganisation sich schon bei anderen Gelegenheiten als Tohuwabohu erwiesen habe.

So ging es dann weiter wie so oft.

In all der Aufregung entging der Aufmerksamkeit des Landes, dass ganz Amerika lachte, als die Autoren der Ursprungsmeldung sich als Soziologen und Politologen outeten, die diese völlig unsinnige Meldung nur in die Welt gesetzt hatten, um ihre Wirkung in unterschiedlichen Gesellschaften vergleichend zu studieren. Sie wollen nun ein Buch darüber veröffentlichen, in dem …land eine besondere Rolle spielt, denn nirgends sonst wurde eine vergleichbare Wirkung erzielt.

+++++

Die Kalender-Kontroverse

(aus 4/2014)

Es ist eine alte Frage, warum manche Trivialität ein gesellschaftliches oder gar politisches Problem darstellt und andere, weit wichtigere Sachverhalte nicht als Problem oder gar Skandal diskutiert werden. Eine sozialwissenschaftliche These sagt, dass es einer mächtigen Gruppe in der Gesellschaft bedarf, um eine Sache zum Problem zu erklären. Denn Aufmerksamkeit der Menschen ist eine der knappsten Güter unserer Welt. Wenn sich Mächtige zu Wort melden, berichten die Medien, plappert es in den Talkshows, rufen Bürger bei Rundfunksendungen an oder schreiben Leserbriefe.

Das zur Zeit heiß diskutierte Kalenderproblem scheint dieser These recht zu geben. Waren es doch die Arbeitgeberverbände, die den Stein ins Rollen brachten, indem sie für faire Lohnkürzungen im Februar plädierten. Es sei nicht länger hinnehmbar, so hieß es in einer Verlautbarung, dass man für den kurzen Februar genauso viel bezahlen müsse wie für den 10% längeren März.

Es kann nicht wirklich überraschen, dass die Gewerkschaften mit Rückendeckung aus SPD, Grünen und LINKEN sowie des Arbeitnehmerflügels der Union schon wenige Tage später das Problem im Grundsatz anerkannten, allerdings meinten, es sei ungerecht, wenn die Arbeitnehmer in den Monaten mit 31 Tagen nicht eine „Längenzulage“ bekämen. Seitdem tobt der Kampf um die „Kurzmonatskürzung“ bzw. die Längenzulage auf allen Kanälen, im Blätterwald und an den Stammtischen.

Die PIRATEN waren als Partei die ersten, die auf die datentechnische Einfachheit des Problems im Computerzeitalter hinwiesen und eine Volksabstimmung forderten, weil die Ausstattung der Monate mit unterschiedlich vielen Tagen niemals Gegenstand einer demokratischen Entscheidung gewesen sei.

Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass die Verteilung der Tage auf 12 Monate schon vor der Zeit Caesars üblich gewesen sei. Einen tieferen Sinn dieser Tradition könne man nicht erkennen, schon gar nicht in der Aufeinanderfolge zweier „Einunddreißiger“ im Winter (Dezember und Januar) und im Sommer (Juli und August). Der Februar sei halt ein „Restmonat“, weil das Jahr früher mit dem März begonnen hätte. Es handle sich dabei um einen typischen Planungsfehler, weil man die Tage ab März großzügig verteilt habe, ohne an das Ende zu denken, d.h. für den Februar genug Tage übrig zu lassen. So etwas passiere ja auch heute noch häufig, wenn z.B. ein Flughafen gebaut wird und erst am Schluss an den Brandschutz gedacht wird.

Republikanisch gesonnene Gruppen steigerten die öffentliche Erregung durch den Hinweis, dass die Bevorzugung der Monate Juli und August monarchistische Relikte seien, die weiland von Julius Caesar und Kaiser Augustus zum eigenen Ruhme verfügt worden seien. Die Kaiser- und Cäsarenzeit sei nun aber längst vorbei; mit der Länge dieser Monate sollte man auch gleich die Namen tilgen und logischere nehmen, z.B. Quintember und Sextember.

Die Erregung war in Deutschland wieder einmal größer als im Ausland. „Die Deutschen! Die haben Probleme!“, hieß es allenthalben, und die EU-Kommission wies darauf hin, dass der gemeinsame Kalender zum acquis communautaire gehöre, der nicht einseitig aufgekündigt werden könne.

Das rief nun wieder die Partei „Alternative für Deutschland“ auf den Plan: natürlich gebe es immer Alternativen; Deutschland würde schon durch die gemeinsame Währung geknechtet. Da sei es doch wohl nicht unfair, von anderen auch mal ein Entgegenkommen zu verlangen, wie z.B. eine Vergleichmäßigung des Kalenders. Der bayerische Ministerpräsident erklärte die bisherige Kalenderordnung zum „Markenkern“ der CSU. Boshafte Kabarettisten wiesen darauf hin, dass Markenkerne der CSU kein langes Leben hätten wie z.B. die Atomkraft oder die allgemeine Wehrpflicht.

Während Deutschlands unter Glaubensaspekten größte Gruppe, die Nicht-Religiösen, aufforderte, sich wichtigeren Fragen zuzuwenden, kam postwendend der Protest der katholischen Kirche mit Rückenwind aus dem Vatikan, die Monatseinteilung sei Gottes Wille und unantastbar. Jesus Christus sei nun einmal am 24. Dezember geboren; das könne nicht in die Disposition des Menschen gestellt werden. Auch die Regel für die anderen Feiertage Ostern und Pfingsten sei unumstößlich (die Kardinäle aus Köln und Mainz unterstrichen, dass dies auch für den Karneval gelten müsse).

Das brachte nun auch die muslimische Gemeinschaft in Deutschland an die Mikrophone. Man wolle den gottlosen Solar-Kalender der Christen nicht verteidigen, da Allah dem Mond die Monatsdefinition zugeordnet hätte. Man sehe aber in der Mondphasenabhängigkeit des Osterfestes und damit des Kirchenjahres eine wichtige Brücke zwischen den Kulturen. Wenn eine Kalender-Reform, dann sollten die Christen zur allgemeingültigen Gottesordnung zurückkehren, die das Wort Monat in allen germanischen Sprachen gegen die Verfälscher des wahren Glaubens bewahrt habe.

Ein Skandal ereignete sich in einer der vielen Talk-Shows zum Thema Kalender, als ein Vertreter der Nicht-Religiösen die Anwesenden Christen und Muslime darauf hinwies, dass das Osterfest nur deshalb auf das erste Wochenende nach dem ersten Vollmond nach dem astronomischen Frühlingsbeginn um den 21. März gelegt worden sei, weil schon vorher die heidnischen Frühlingsfeste so terminiert worden seien. Der Grund dafür sei eher banal als heilig: man wollte bei dem bis in die Nacht gefeierten Fest für den Heimweg möglichst Mondlicht haben und nicht Dunkelheit. Einige Zuschauer wollten die Talk-Runde unter Rufen wie „Blasphemie“, „Stoppt den Kalenderfrevel“ stürmen und konnten nur mit Mühe zurück gehalten werden.