Küssen auf Amerikanisch - Gina Mayer - E-Book

Küssen auf Amerikanisch E-Book

Gina Mayer

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Cosima ist total aufgeregt: Sie darf für ein halbes Jahr auf eine New Yorker Highschool gehen. Leider ist sie frisch verliebt in Louis, der in Deutschland bleiben muss. Wird ihre Liebe die Trennung überstehen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 255

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Als Ravensburger E-Book erschienen 2013Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH.© Ravensburger Verlag GmbHAlle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 RavensburgDie deutschen Zitate aus Romeo und Julia stammen aus William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 4: Tragödien. Übers. v. August Wilhelm Schlegel, Dorothea Tieck u. Wolf Graf Baudissin. Berlin: Aufbau, 1975, 3. Aufl., 1. Akt, 1. Szene [»Ach, dass der Liebesgott …«] und 1. Akt, 5. Szene [»Ei nun, Junker …«] und [»Verhängnisvoll! Ich fühlte …«].Umschlaggestaltung: Kerstin Schürmann, formlabor, Hamburg. Unter Verwendung zweier Fotos von getty images/Dorling Kindersley.Lektorat: Iris PraëlISBN 978-3-473-47258-1www.ravensburger.de

Alas, that love, whose view is muffled still,Should, without eyes, see pathways to his will!Ach, dass der Liebesgott, trotz seiner Binden,Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!William Shakespeare

1

»Wow!«, sagte Maggie. »Das ist einfach … wow!« Sie war sprachlos. Cosima war wirklich der größte Glückspilz auf der Welt.

»Ich hab gar nicht mehr damit gerechnet«, sagte Cosima. »Ich meine – das mit der Gastfamilie hat sich so unendlich lang hingezogen. Aber heute Nachmittag hat die Agentur angerufen. Sie haben Gasteltern für mich gefunden.«

»Na, super! Ich wusste, dass es klappt. Wann geht’s denn los?«

»Dritter September«, meinte Cosima.

»Was? Das sind ja weniger als vier Wochen!«

»Ganz genau.« Wie immer, wenn Cosima nervös war, wanderten ihre Finger zu der kleinen silbernen Schildkröte, die an einer Kette um ihren Hals hing. Maggie hatte die gleiche Kette. Als sie sechs gewesen waren, hatten sie einander die Anhänger zu Weihnachten geschenkt und seitdem nicht mehr abgelegt.

»Cosima, hallo? Was machst du für ein Gesicht? Freust du dich denn nicht? Du gehst für ein halbes Jahr nach New York! Ich würde meinen kleinen Finger dafür geben, wenn ich da hindürfte. Und den kleinen Zeh noch dazu. Das ist echt unglaublich.« Maggie hatte wochenlang auf ihre Eltern einreden müssen, bis die ihr eine zehntägige Busreise nach Kroatien finanziert hatten. Und Cosima flog mir nichts, dir nichts nach Manhattan, um dort eine superschicke Elite-Highschool zu besuchen.

»Du bist ja vollkommen aus dem Häuschen«, sagte Cosima mit Grabesstimme.

»Natürlich bin ich aus dem Häuschen. Ich freu mich doch so für dich!«, sagte Maggie und stellte im selben Moment fest, dass das eine Lüge war.

Sie freute sich nicht wirklich für Cosima.

Eigentlich freute sie sich kein bisschen.

Weil sie nämlich total neidisch war.

Sechs Monate New York, das allein war schon der Hammer. Andere gingen nach Frankreich oder England oder in irgendein Kaff im Mittleren Westen der USA. Cosima machte es nicht unter New York. Ihre Eltern schwammen ja auch im Geld, die Reisekosten und die Schulgebühren zahlten sie mal eben nebenbei, ohne mit der Wimper zu zucken.

Aber das war noch nicht alles.

Da war auch noch Louis.

Louis Prüss.

New York und Louis, das war einfach zu viel, das war nicht mehr fair.

»Warum fliegst du nicht für mich?«, fragte Cosima düster.

»Bitte was? Ist das dein Ernst?«

»Nee. Geht leider nicht. Das Visum und die Tickets und den ganzen andern Kram kann man nicht so einfach umschreiben. Aber wenn es möglich wäre … ich würd dir sofort den Vortritt lassen. Echt.«

»Sag mal, spinnst du jetzt komplett? Seit zwei Jahren redest du davon, dass du unbedingt in die Staaten willst und noch unbedingter nach New York und am allerunbedingtesten auf diese Highschool. Und jetzt hast du’s geschafft und plötzlich hast du keinen Bock mehr? Das darf doch wohl nicht wahr sein.«

»Jetzt hab ich Louis.« Cosima richtete sich auf und sah Maggie an und hatte doch wirklich und tatsächlich Tränen in den hellblauen Augen.

»Louis läuft dir doch nicht weg.« Am liebsten hätte Maggie ihre Freundin geschüttelt. Aber das ging natürlich nicht. Also legte sie den Arm um Cosima. »Im Gegenteil. Er wird dich so vermissen, dass er hinterher noch verrückter nach dir ist.«

Cosimas Augen liefen über. Eine Träne rann ihr über die rechte Wange, eine zweite über die linke. Sie wischte sie mit dem Handrücken ab, aber es kamen immer wieder neue nach. »Meinst du wirklich?«, flüsterte sie mit belegter Stimme. »Aber wenn er sich nun in eine andere verliebt? Ich bin so weit weg, ich krieg doch gar nichts davon mit, was hier abgeht.«

»Wenn er dir nicht mal ein halbes Jahr treu sein kann, dann hat er dich auch nicht verdient«, erklärte Maggie, aber das überzeugte Cosima nicht.

»Das sagst du so einfach«, schluchzte sie. »Aber wir sprechen doch hier nicht von irgendeinem Idioten. Wir reden von Louis Prüss, meinem absoluten Traumtyp. Louis, hinter dem alle Mädchen in der Schule her sind. Der nur einmal mit dem Finger zu schnippen braucht und schon stehen da zehn, ach was: zwanzig Mädels, die ihm die Füße küssen würden, damit er sie nur einmal anlächelt. Du weißt doch, dass ich wie eine Blöde geackert habe, bis er mich überhaupt wahrgenommen hat! Und nun soll ich ihn einfach so aufgeben?« Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ein paar Tränen auf Maggies T-Shirt flogen. »Nie und nimmer.«

Louis, hinter dem alle Mädchen in der Schule her sind. Das ist natürlich ein bisschen übertrieben, dachte Maggie. Bestimmt gab es vier oder fünf Mädchen an der Schule, die Louis Prüss vollkommen kalt ließ. Na ja, vielleicht auch nicht.

Vor ein paar Tagen hatte Maggie gehört, wie sogar Charlotte Betz sehnsüchtig geseufzt hatte, als Louis an ihr vorbeigegangen war. Und Charlotte war Schulsprecherin und ging in die Zwölfte und war mindestens eineinhalb Jahre älter als Louis.

Louis war ja auch perfekt – er sah super aus, war Quarterback in der Footballmannschaft der Schule, spielte Schlagzeug in einer Band, hatte schokobraune Augen. Er war witzig und klug und – das war überhaupt das Unglaublichste – er war kein bisschen arrogant. Im Gegenteil, er war sogar zu den Mädchen nett, die hässlich und fett und unbeliebt waren. Oder einfach nur total unscheinbar. Wie Maggie.

Vor einem halben Jahr hatte er Maggie einmal einen Latte macchiato ausgegeben, nachdem sie in der Cafeteria zusammengestoßen waren und Maggie ihm ihren heißen Kaffee übers Hemd geschüttet hatte. Der Zusammenstoß war Maggies Schuld gewesen, sie hatte nicht auf den Weg geachtet, aber Louis war nicht ausgerastet. Obwohl der Kaffee höllisch heiß war und sein Hemd total nass. »Kann doch mal passieren«, hatte er bloß gesagt und frischen Kaffee geholt.

Seitdem war Maggie verknallt in ihn. Nein, falsch. Verknallt war sie natürlich schon vorher gewesen, aber seitdem war sie rettungslos, abgrundtief, hoffnungslos in ihn verliebt.

Vor allem hoffnungslos.

Denn natürlich hatte sie nicht die Spur einer Chance bei einem Typ wie Louis. Als Mädchen nahm er sie gar nicht zur Kenntnis. Da stand sie einfach mehrere Klassen unter ihm.

Cosima dagegen hatte es geschafft. Cosima hatte ganz einfach beschlossen, dass Louis die Liebe ihres Lebens war, und hatte alles darangesetzt, ihn zu bekommen. Und seit Ende Juli war sie mit ihm zusammen.

Nun schwärmte sie Maggie ununterbrochen vor, wie wunderbar er küsste und dass er ihr ein Lied gewidmet hatte, das er für seine Band geschrieben hatte, und las Maggie seine romantischen SMS vor. Und Maggie sagte: »Was, echt?« Und: »Tatsächlich?« Und: »Ist das geil!« Und fühlte sich dabei, als ob ihr Cosima mit bloßen Händen das Herz herausreißen würde. Das hörte sich übertrieben an, aber es war nicht übertrieben.

»Ich weiß genau, was passiert, wenn ich jetzt abhaue«, sagte Cosima finster.

»Was denn?«

»Dann schlägt Eva-Marie zu. Die wartet doch nur auf eine zweite Chance.«

Eva-Marie war Louis’ Exfreundin, die er vor einem halben Jahr verlassen hatte.

»Nun mach dich doch nicht verrückt«, meinte Maggie. »Eva-Marie ist für Louis gestorben, da bin ich mir sicher. Ich hab gehört, wie er zu Kai gesagt hat, dass er Pferdegeruch zum Kotzen findet. Und Eva-Marie riecht immer nach Pferd.«

»Sie sieht supergut aus«, murmelte Cosima – und das war nicht von der Hand zu weisen. Eva-Marie hatte Haare wie aus goldbraunem Samt, unendlich lange Beine und grüne Augen. Sie war wirklich wunderschön – genau wie Cosima. Cosima mit ihren blonden Locken, die so glänzend und voll waren, dass sie fast künstlich wirkten, und den vergissmeinnichtblauen Unschuldsaugen. Während Maggie mit ihren roten Haaren im Sommer höchstens einen Sonnenbrand bekam und danach wieder so blass und bleich wie vorher war, wurde Cosima trotz ihrer blonden Haare superschnell braun.

Noch so eine Ungerechtigkeit des Lebens, fand Maggie.

»Wie ist denn eigentlich deine Gastfamilie?«, fragte sie, um Cosima abzulenken.

»Ganz nett, glaub ich. Er ist Banker, sie ist Tänzerin und tritt in Musicals am Broadway auf. Zwei Kinder, Ava und John, das Mädchen ist in meinem Alter.«

»Das klingt doch super. Wenn sie Musicals macht, dann bekommst du bestimmt Freikarten für alle großen Shows. Oh Mann, du hast so ein Glück.« Jetzt gelang es Maggie wirklich nicht mehr, ihren Neid zu verbergen.

»Ich hab meinen Dad angefleht, dass er die Sache wieder cancelt«, erklärte Cosima, die gar nicht richtig zugehört hatte. »Da ist er total ausgerastet. Echt, der hat mich sogar angebrüllt. Er findet mich verwöhnt und undankbar, hat er gesagt. Oder vielmehr gebrüllt. Kannst du dir das vorstellen?« Jetzt begannen die Tränen wieder zu fließen. »Ist das nicht supergemein?«, schluchzte sie. »Wie kann er nur so wenig Verständnis für mich haben!«

Maggie zuckte mit den Schultern.

»Was soll das denn jetzt heißen?«, fragte Cosima misstrauisch.

»Na ja«, murmelte Maggie gedehnt, ohne sie dabei anzusehen.

Cosima angelte sich ein Papiertaschentuch von Maggies Nachttisch und putzte sich die Nase. Danach schniefte sie ein paarmal. Wahrscheinlich erwartete sie, dass Maggie sich entschuldigte. Aber Maggie rührte sich nicht. Sie starrte auf die verstaubte Schildkrötensammlung auf ihrem Fensterbrett und schwieg.

»Du findest mich auch verwöhnt«, stellte Cosima schließlich fest.

Maggie zuckte noch einmal mit den Schultern. »Ich würde so gerne nach New York. Und du sitzt hier und heulst …«

Cosima starrte jetzt ebenfalls auf die Bettdecke. Gleich wird sie sauer, dachte Maggie. Cosima hasste nämlich jede Art von Kritik. Da ging es auch schon los, Cosimas Kopf fuhr in die Höhe, ihre Schultern strafften sich. Aber zu Maggies Verblüffung sah ihre Freundin nicht wütend aus, sondern strahlte übers ganze Gesicht.

»Weißt du was?«, rief sie laut. »Ich hab’s.«

»Du hast … was?«

»Die Lösung! Ich hab die Lösung.«

»Wofür?«

»Mann! Die Lösung für mein Problem. Pass auf: Ich fliege nach New York und bin total relaxed.«

»Das ist die Lösung?«, fragte Maggie verständnislos. Was faselte Cosima denn da?

»Das ist der eine Teil der Lösung. Der andere bist du.«

»Ich?«

»Du bleibst hier und passt auf.«

»Worauf?«, fragte Maggie, obwohl sie längst begriffen hatte, worauf Cosima hinauswollte. Aber das war Wahnsinn, das ging nicht, darauf durfte sie sich auf keinen Fall einlassen.

»Louis. Du passt auf Louis auf. Und beim kleinsten Anzeichen, beim geringsten Verdacht, dass Louis was mit einer anderen anfängt, schlägst du Alarm. Und rufst mich an. Sofort, meinetwegen auch mitten in der Nacht, hörst du?«

»Und dann? Was willst du denn machen, wenn du erfährst …«

»Dann setz ich mich in den nächsten Flieger und komm nach Hause«, erklärte Cosima und lächelte zufrieden. »Genauso machen wir es.«

»Das geht aber nicht«, stammelte Maggie. »Ich … ich kann Louis doch nicht nachspionieren. Ich meine, er ist bestimmt total genervt, wenn ich mich die ganze Zeit an ihn dranhänge …«

»Ach was, Louis doch nicht. Der findet dich echt in Ordnung, hat er mir gestern noch gesagt. Du sollst ihm ja auch nicht auf die Pelle rücken, behalt ihn einfach im Auge. Und sobald er Blödsinn macht …«, sie holte ihr Handy aus der Tasche und hielt es hoch, »… you’ll let me know.«

Maggie versuchte zu lächeln, aber sie brachte nur ein schiefes Grinsen zustande.

Der findet dich echt in Ordnung. Ihr absoluter Traumtyp fand sie echt in Ordnung. Anders ausgedrückt: Maggie war Louis total egal. Und Cosima, die vor Eifersucht platzte, wenn sich ein anderes Mädchen Louis auch nur auf zehn Meter näherte, fand nichts dabei, Maggie damit zu beauftragen, ihn sechs Monate lang zu beschatten.

Ich bin ja auch keine Konkurrenz für sie, dachte Maggie.

Ich bin nichts.

Cosima umarmte Maggie stürmisch. »Ich bin so froh, dass ich dich habe. Wirklich. Du bist die beste Freundin, die man sich wünschen kann. Ich werde dich wie verrückt vermissen, wenn ich in den Staaten bin!« Dann blickte sie auf ihre Armbanduhr. »Apropos Zeit – ich bin gleich mit Louis verabredet. Der Ärmste weiß noch gar nichts. Ich muss ihm jetzt erst mal verklickern, dass er die nächsten Monate ohne Freundin auskommen muss.«

22:15 MESZ

SMS von Cosima an Maggie

hi mag! bin wieder zu hause. L war echt geknickt, als er gehört hat, was sache ist! musste gleich wieder losheulen!! L hat mich getröstet. er ist so süß!!! :)))

22:16 MESZ

SMS von Cosima an Maggie

er will mich in ny besuchen!!!! :))

22:25 MESZ

SMS von Cosima an Maggie

warum antwortest du nicht? schläfst du schon?

22:33 MESZ

SMS von Maggie an Cosima

war off. wär ja cool, wenn L dich besucht. er ist echt nett. ich geh jetzt schlafen. gute nacht.

2

»Wo ist mein grüner Bikini?«, schrie Cosima. »Ich such ihn jetzt schon eine ganze Stunde! Hast du ihn vielleicht gewaschen, Mama?«

»Quatsch, den hab ich schon seit Monaten nicht mehr gesehen. Der steckt bestimmt irgendwo in deinem Schrank. Aber in dem Gewühl würde ich auch nichts finden.«

»Da ist überhaupt kein Gewühl mehr!«, rief Cosima. »Die ganzen Klamotten sind doch jetzt im Koffer.«

»Zwanzig Kilo.« Nun tauchte ihre Mutter in der Zimmertür auf. »Mehr sollte der Koffer nicht wiegen. Das ist dir schon klar, oder?«

»Mama! Ich fahr nicht nur übers Wochenende weg. Ich bleib ein halbes Jahr in New York! Da brauch ich mehr als ein paar Unterhosen.«

»Aber keine zwei Schrankkoffer.« Frau Leo riss vor Entsetzen die Augen auf, als sie die beiden riesigen Koffer sah, die ihre Tochter mit Klamotten gefüllt hatte. »Das Zeug kriegst du gar nicht mehr ins Flugzeug. Dafür brauchst du ein Containerschiff. Das geht auf keinen Fall, Cosima!«

»Das ist nur das Allernötigste, Mama. Kannst gerne nachschauen.«

»Will ich gar nicht. Es ist zu viel. Denk dran, dass du dein Gepäck allein vom Band holen und durch den Zoll bringen musst. Diese beiden Trümmer kannst du gar nicht schleppen.«

»Es gibt doch Gepäckwagen …«

»Keine Widerrede. Ein Koffer genügt. Außerdem fährst du nicht in die Wüste. Wenn dir wirklich was fehlen sollte, musst du es eben vor Ort kaufen.« Frau Leo warf Cosima noch einen strengen Blick zu, dann verzog sie sich wieder. »Auf jeden Fall musst du bis acht Uhr fertig sein. Dein Vater will das Gepäck heute Abend aufgeben«, hörte Cosima sie noch rufen.

Verdrossen trat Cosima mit dem Fuß gegen einen Kofferdeckel, der ächzend zuklappte. Außerdem fährst du nicht in die Wüste. Damit hatte ihre Mutter allerdings auch wieder Recht. Sie flog nach New York, ins El Dorado des Shoppings. Es war wirklich bescheuert, Berge von Klamotten mitzuschleppen, anstatt die Teile einfach dort zu kaufen. Cosimas düstere Miene hellte sich auf. »Ich lass den ganzen Plunder einfach hier«, murmelte sie und begann ihre Blusen, Tops und Hosen mit vollen Armen zurück in den Schrank zu schaufeln. Der grüne Bikini? Interessierte sie nicht mehr. In New York würde sie sich einen neuen grünen Bikini kaufen. Und einen blauen, roten und gelben gleich mit.

Es klingelte an der Haustür. »Ich mach schon auf!«, rief Frau Leo von unten.

Das war bestimmt Maggie, die Cosima beim Packen helfen wollte. Sie hatte auch versprochen, Cosima am nächsten Morgen zum Flughafen zu begleiten, obwohl der Flieger schon um 7.12 Uhr startete. Meine Schildkrötenfreundin, dachte Cosima und berührte wieder einmal ihre Kette. Sie würde Maggie so vermissen! Sie waren seit dem Kindergarten miteinander befreundet – ach was, befreundet – sie klebten aneinander wie Pech und Schwefel. Und nichts konnte sie trennen. Kein Streit, kein blöder Lehrer, der sie auseinander setzte, weil sie angeblich zu viel quatschten, keine zickige Klassenkameradin, die Cosima einreden wollte, dass Maggie zu bieder und unscheinbar für sie war. Und ganz bestimmt kein Junge.

Ihren bisherigen Freunden hatte Cosima immer von Anfang an klargemacht, dass Maggie die wichtigste Person in ihrem Leben war. Bei Louis sah die Sache natürlich ein bisschen anders aus. Mit ihm war es ihr zum ersten Mal richtig ernst. Aber Louis verstand sich zum Glück gut mit Maggie.

Louis. Als sie an ihn dachte, wurde sie sofort wieder trübsinnig. Ein halbes Jahr lang musste sie nun ohne ihn auskommen. Vier Monate, korrigierte sich Cosima in Gedanken. An Weihnachten würde Louis sie in New York besuchen, das hatte er ihr fest versprochen. Und Anfang Februar ging es dann schon wieder nach Hause.

Maggie hatte Recht: Wenn Louis es nicht schaffte, Cosima in dieser Zeit treu zu bleiben, dann hatte er sie auch nicht verdient. Trotzdem war sie erleichtert, dass ihre Freundin ihr versprochen hatte, auf ihn aufzupassen. »Sicher ist sicher«, murmelte Cosima.

»Sicher ist sicher?« Eine tiefe Stimme ließ sie zusammenfahren. »Was soll das heißen? Dass du statt dem Flieger doch lieber das Schiff nehmen willst?«

»Louis!« Sie warf die Socken, die sie in den Händen hielt, zurück in den Schrank und stürzte auf ihn zu. »Was machst du denn hier? Mit dir hab ich ja gar nicht gerechnet!«

»Ich kann ja auch wieder abhauen«, schlug er vor, aber da lag sie schon in seinen Armen. Wie gut sie zueinander passten! Ihr Kopf fügte sich genau in die Kuhle seines Schlüsselbeins, ihre Wange schmiegte sich an seine Schulter. Er schlang die Arme um sie. Sie spürte seine Lippen in ihrem Haar. Sie waren füreinander gemacht wie zwei Puzzleteile.

»Vier Monate.« Louis sprach aus, was Cosima dachte. »Wie soll ich das bloß überstehen?«

»Wir skypen«, sagte sie. »Und simsen und mailen. Jeden Tag. Es wird fast so sein, als ob ich gar nicht weg wäre.«

»Ach. Und wen soll ich dann küssen? Den Monitor? Mein Handy?«

Sie spürte, wie ihr wieder Tränen in die Augen stiegen, aber gleichzeitig fühlte sie sich auch unendlich stolz. Er liebt mich, dachte sie. Louis Prüss liebt mich, mich allein.

»Hoffentlich keine andere«, flüsterte sie.

»Nie und nimmer«, sagte er so leise, dass sie seine Stimme mehr spürte, als dass sie die Worte verstand. »Ich liebe dich, Cosima.«

Sie schloss die Augen, seine Lippen fanden ihre Lippen, und sie spürte seinen Kuss wie einen Bienenschwarm im Magen.

Dann löste er sich wieder von ihr und blickte sie ernst an. »Du aber auch nicht«, sagte er.

»Was?«

»Versprich mir, dass du mit keinem anderen rummachst. Einem Amerikaner. Oder einem Austauschschüler. Oder irgendjemand. Das wäre echt … furchtbar.«

»Was denkst du denn von mir?«, fragte sie entsetzt. »Niemals würde ich so etwas tun!«

Seine Hände wanderten von ihren Schultern zu ihrem Gesicht, seine Finger strichen über ihre Wangenknochen, ihre Nase, ihre Lippen, als wollte er sich die Konturen ihres Gesichts für immer einprägen. Dann küssten sie sich noch einmal.

»Vertrauen«, flüsterte Louis zwischen zwei Küssen. »Das ist für mich das Wichtigste in einer Beziehung.«

»Für mich auch«, hauchte Cosima und dachte an ihr Abkommen mit Maggie, verdrängte den Gedanken aber schnell wieder.

Sie zog Louis zum Bett und ließ sich fallen und er sank neben sie. Aus weiter Ferne drang die Stimme ihrer Mutter an ihr Ohr, aber Cosima verstand nicht, was sie wollte. Es war ihr auch egal, Louis’ kitzelte sie mit der Zunge am Ohr, alles andere interessierte sie jetzt nicht. Ohne sich aus Louis’ Umarmung zu lösen, streckte sie ihr Bein aus, bis sie mit der Fußspitze die Tür erreicht hatte. Dann versetzte sie ihr einen kräftigen Tritt, sodass sie zufiel.

Zufallen sollte.

Das tat sie aber nicht.

Sie flog nur ein Stück weit und knallte dann gegen ein Hindernis.

»Aua! Oh Mann, oh verdammt!«

Cosima und Louis fuhren auseinander und rappelten sich hoch.

»Maggie!«

»Das ist ja eine tolle Begrüßung!« Maggie hielt sich die Stirn. »Kannst du nicht anrufen, wenn du mich nicht sehen willst? Du musst mir doch nicht gleich die verdammte Tür ins Gesicht knallen.«

»Oh Gott, Maggie, ich wusste doch nicht … Ich hab dich nicht bemerkt, es tut mir so leid!«, stammelte Cosima.

»Wir waren verabredet, falls du das vergessen hast.« Jetzt ließ Maggie ihre Hand sinken. Oh weh, man konnte richtig dabei zusehen, wie sich auf ihrer Stirn eine riesige Beule bildete.

»Das muss gekühlt werden«, sagte Louis. »Kannst du mal Eis holen, Cosima?«

»Ich hol ein Coolpad aus dem Kühlschrank!« Sie sprang auf und wollte los, aber Maggie hielt sie zurück.

»Lass, ist schon gut. Ich brauch nichts. Ich hau auch gleich wieder ab.«

»Jetzt sei doch bitte nicht sauer.« Cosima schob die Freundin einfach beiseite und rannte die Treppen nach unten in die Küche.

Als sie mit dem Kühlkissen wieder ins Zimmer kam, saß Maggie auf ihrem Schreibtischstuhl. Louis hielt ihr Kinn fest und drehte ihr Gesicht ins Licht, um die Beule zu begutachten. »Da hast du ja wohl ganze Arbeit geleistet, Cosima«, meinte er kopfschüttelnd. »Habt ihr vielleicht so was wie Arnika im Haus? Oder Notfalltropfen?«

»Ich glaub nicht. Willst du was gegen Kopfschmerzen, Mag?«

»Quatsch.« Maggies Gesicht war ganz rot. Vor Wut wahrscheinlich. »Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob du noch Hilfe beim Packen brauchst.« Ihr Blick fiel auf den offenen Koffer, in dem nur noch ein paar T-Shirts, zwei Jeans und einige Unterhosen lagen. »Sieht so aus, als hättest du noch gar nicht richtig angefangen.«

»Ich bin fast fertig«, erklärte Cosima.

»Na dann.« Maggie stand auf. Sie ignorierte das Kühlkissen, das Cosima ihr immer noch hinstreckte. »Wann soll ich denn morgen am Flughafen sein?«

»Check-in ist um kurz nach fünf. Aber wenn dir das zu früh ist, kann ich das verstehen.«

»Nee, natürlich bin ich da. Hab ich doch versprochen.« Maggie lachte etwas gequält. »Wir sehen uns dann morgen.«

»Wenn du willst, kannst du mit mir zum Flughafen fahren«, bot Louis an. »Ich nehm den Roller, den können wir direkt vor der Abflughalle abstellen.«

Maggie zögerte.

»Na, das ist doch eine Superidee«, meinte Cosima. »Ach, ihr seid so unglaublich nett, beide! Dass ihr euch das antut. Ich bin ganz gerührt.« Sie legte ihren Arm um Louis.

»Das solltest du auch sein«, raunte Louis.

Er drehte den Kopf zu ihr, seine Lippen suchten ihre, es war wie eine magnetische Anziehung.

»Ich bin dann mal weg«, sagte Maggie.

Von: Cosima

Datum: 28.08 23:07:41 MESZ

Betreff: Abschied

An: Maggie

Liebe Maggie,

wie geht’s deinem Kopf? Tut die Beule noch sehr weh? Oh Mann, da hab ich dir ja ein tolles Andenken verpasst! Ohne mich lebst du auf jeden Fall weniger gefährlich.

Ich hab meinen Koffer jetzt ENDLICH fertig gepackt. Erst fand meine Ma ihn viel zu voll und dann hat sie rumgemeckert, dass ich zu wenig mitnehme. Man kann es ihr einfach nie recht machen! Am Ende hat mir Louis beim Packen geholfen. Wahrscheinlich hab ich trotzdem die Hälfte vergessen, aber jetzt ist der Koffer weg, mein Vater hat ihn schon mal zum Flughafen gebracht. Egal – was mir fehlt, kauf ich einfach in NY. :D

Gerade ist Louis gegangen und jetzt bin ich so aufgekratzt und nervös, dass ich bestimmt die ganze Nacht kein Auge zutun werde. Morgen um diese Zeit bin ich in Amerika! Um kurz vor vier landet mein Flieger – 10.50 Uhr local time. Und dann? Hoffentlich vergisst meine Gastfamilie nicht, mich abzuholen. Über Skype kommen Pam und Joe ja supernett rüber – aber wie sie in Wirklichkeit sind, weiß man natürlich nicht. Vielleicht sind es Monster! :))

Louis hat mir zum Abschied eine Schneekugel geschenkt, in der ein Liebespaar tanzt. Und eine große Tafel Milka Marzipan, meine Lieblingssorte. Das hat er sich gemerkt, obwohl ich es ihm gegenüber nur ein einziges Mal erwähnt habe. OMG, der Typ ist einfach so wahnsinnig, unglaublich, atemberaubend GEIL! Maggie, du musst aufpassen, dass Eva-Marie ihn nicht wieder in die Fänge kriegt! Lass ihn bloß nie mit ihr allein, versprichst du mir das?

Ich hoffe, du kriegst deine Eltern noch rum, dass sie dich in den Weihnachtsferien nach New York lassen. Du und ich beim Christmas shopping auf der 5th Avenue, das wär doch obercool! :)))

Muss jetzt Schluss machen. Meine Mutter will das Handgepäck noch mal mit mir durchgehen. Und die eine oder andere Lebensweisheit loswerden. Sie behandelt mich, als ob ich zwölf wäre! Dabei bin ich ab morgen ohnehin auf mich selbst gestellt. Hoffentlich ist Pam in New York nicht so eine Oberglucke, die mich auf Schritt und Tritt kontrollieren will, sonst komm ich vom Regen in die Traufe. Bin so aufgeregt!

Schlaf gut! Bis bald – aus NYC!

Cos xx

Shopping in New York war wirklich was ganz anderes als in Düsseldorf! Was es hier für geile Klamotten gab! Maggie probierte einen leuchtend gelben Minirock an, dazu ein schwarzes Spitzentop und einen Jeansmantel. »Guck mal die Schuhe!«, sagte Cosima und hielt ein paar schwarze Ankle Boots hoch. Acht Zentimeter hohe Absätze, mindestens.

»Boah, ich will gar nicht wissen, was das alles kostet«, stöhnte Maggie, aber Cosima lachte. »Ist doch vollkommen egal. Du bist doch jetzt reich! Schon vergessen?«

Maggie wollte etwas erwidern, aber im selben Moment hob die Verkäuferin an der Kasse eine kleine Glocke und begann damit zu läuten. »Wir schließen«, rief sie laut. »Bitte verlassen Sie den Laden.«

Wie eigenartig, dass die Frau Deutsch mit uns spricht, dachte Maggie. Dann wachte sie auf.

Das Gebimmel war immer noch zu hören. Es war aber keine Glocke, es war die Türklingel.

Ein alarmierter Blick auf den Wecker neben dem Bett. Vier Uhr zweiundvierzig.

Cosima.

Der Flughafen.

Louis.

Er stand vor dem Haus und wollte Maggie abholen. Sie hatte verschlafen!

Im Nachthemd rannte sie nach unten. Louis saß auf dem Roller und sah sie entgeistert an, als sie die Haustür aufriss. »Sorry, ich hab verpennt«, keuchte sie. »Gib mir drei Minuten, dann bin ich bei dir!«

Er nickte. »Keine Panik.«

Wie gut er in seinen Lederklamotten aussah, als wollte er in einen coolen Club und nicht in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen. Sie selbst dagegen … Nein, sie wollte gar nicht darüber nachdenken.

War auch besser. Die grausame Wahrheit zeigte sich ihr, als sie die Zahnbürste in den Mund schob, während sie gleichzeitig mit dem linken Fuß in ihre Jeans stieg. Und dabei versehentlich in den Spiegel blickte.

Ihre Haare standen in alle Richtungen. Ihre Augen waren vom Schlaf verquollen. Und die Beule auf der Stirn hatte über Nacht gigantische Ausmaße angenommen. Weil sie von einem blauen Fleck umgeben war, sah sie aus wie ein roter Berg, der aus dem Meer aufstieg. Gruselig.

Nicht hingucken. Zum Glück war es draußen noch dunkel. Sie spuckte die Zahnpasta aus, zog die Hose hoch und ein T-Shirt darüber. Auf dem Weg zur Tür fiel ihr das Abschiedsgeschenk wieder ein. Sie hatte Cosima eine kleine Schildkröte aus Porzellan besorgt, in den amerikanischen Farben, Rot, Weiß, Blau. Cosima und Maggie sammelten nämlich beide seit ihrer Grundschulzeit Schildkröten in jeglicher Form. Also noch mal zurück ins Zimmer, das Päckchen holen. Und nun die Jacke von der Garderobe und los.

»Drei Minuten«, sagte Louis, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. »Alle Achtung. Das hab ich bei einem Mädchen noch nie erlebt.«

Er reichte ihr den Helm, den er für sie mitgebracht hatte. Als sie ihn aufsetzte, streifte sie versehentlich die Beule an ihrer Stirn und hätte fast geschrien vor Schmerz.

»Alles klar?«

Sie nickte hastig.

»Dann steig auf. Wir sind spät dran.«

Sie war kaum auf den Sitz geklettert, als er auch schon losfuhr. Erschrocken klammerte sie sich an den Griff hinter ihr. Sie war noch nie auf einem Roller mitgefahren. An jeder Biegung hatte sie das Gefühl, dass der Roller gleich umfallen würde, so schräg lag er plötzlich. Ob sie sich mit in die Kurve legen oder lieber dagegenhalten sollte? Wenn sich der Beifahrer blöd anstellt, kann das richtig gefährlich werden, hatte Cosima einmal zu ihr gesagt. Wahrscheinlich bereute Louis es längst, dass er sie mitgenommen hatte. Erst ließ sie ihn warten und nun saß sie steif wie ein Brett hinter ihm.

Sie ratterten durch die stillen Straßen stadtauswärts. Die Laternen brannten, in den Häusern war alles dunkel, um diese Zeit schliefen noch alle. Louis nahm nicht die Schnellstraße zum Flughafen, sondern fuhr durch eine Wohngegend, durch kleine Straßen, die Maggie nicht kannte. Nach einer Weile begann sie sich zu entspannen und die Fahrt zu genießen. Der Tag würde heiß werden, aber jetzt war die Luft noch kühl und frisch. Herrlich. Sie dachte an ihren Traum.

Shopping in New York. Ein leuchtend gelber Minirock und hochhackige Ankle Boots, als ob sie so was Verrücktes jemals kaufen würde. Das war Cosimas Stil, sie liebte knallige Miniröcke und flippige Klamotten, aber Maggie trug eigentlich immer nur Jeans und T-Shirts. An dem Traum war natürlich Cosimas Mail schuld.

Du und ich beim Christmas shopping auf der 5th Avenue, das wär doch obercool.

Obercool. In der Tat. Und absolut ausgeschlossen. Ein Flug nach New York in den Weihnachtsferien war einfach nicht drin, nie und nimmer würde ihre Mutter das finanzieren.

Aber vermutlich war es auch besser so. Denn Louis wollte Cosima ja ebenfalls in den Weihnachtsferien besuchen. Und die Vorstellung, hinter dem verliebten Paar durch die Straßen und Boutiquen von Manhattan zu ziehen, war nun wirklich alles andere als prickelnd. Da blieb Maggie doch lieber gleich zu Hause. Sie stellte sich vor, wie Louis in New York am Flughafen ankam und wie Cosima mit ausgebreiteten Armen auf ihn zurannte. Wie sie sich umarmten. »Ich hab dich so vermisst«, flüsterte Louis und Cosima sah ihn verliebt an. Und dann küsste er sie. Und auf einmal waren es nicht mehr Cosima und Louis, die sich küssten, auf einmal war es Maggie, die in Louis’ Armen lag.

»Ich liebe dich so«, flüsterte sie. Der Fahrtwind und das Knattern des Mofas verschluckten den Satz. Obwohl Louis direkt vor ihr saß, hörte er ihn nicht.

Sie waren nicht die Einzigen, die sich mitten in der Nacht aus dem Bett gewälzt hatten, um Cosima am Flughafen zu verabschieden. Sarah, Max, Lidan, Charlie, Leon und Alina waren ebenfalls erschienen und überreichten Cosima gerade ihre Abschiedsgeschenke, als Maggie und Louis in die Halle rannten. Cosima, die gerade noch gelacht hatte, schluchzte laut auf, als sie Louis sah, stürzte auf ihn zu und klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende an den Rettungsschwimmer. »Die Arme«, sagte Lidan so mitleidig, als hätte Cosima soeben beide Eltern verloren. Dabei standen Herr und Frau Leo neben ihr und sahen ihrer Tochter halb amüsiert, halb betreten beim Küssen zu.

»So, jetzt aber …«, sagte Frau Leo schließlich. »Wenn ihr jetzt nicht aufhört, brauchst du gar nicht mehr los.«

Cosima löste sich aus Louis’ Armen. Ihr Gesicht war tränenüberströmt und sie sah trotzdem super aus. Wie machte sie das bloß? Ein Kuss für ihre Mutter, eine Umarmung für ihren Vater. »Also dann«, sagte sie und hob die Hand.

»Tschüss!« – »Ciao!« – »Mach’s gut!« – »Vergiss uns nicht!« – »Meld dich, so bald du da bist!«

»Ich hab auch noch ein Geschenk für dich«, sagte Maggie leise.