Labor des Grauens - Charlotte Enders - E-Book

Labor des Grauens E-Book

Charlotte Enders

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Beschreibung

In einer Stadt im Südwesten Deutschlands sammeln sich die zehn besten Wissenschaftler der Erde, um in einem geheimen Labor die Formel für ein Serum, das die ewige Jugend garantiert, zu finden. Dort werden sie die nächsten Jahre verbringen, abgeschottet von der Außenwelt. Doch dann passiert der Forscherin Deja Lindgren etwas, womit sie nicht gerechnet hat und allem eine andere Dimension verleiht. Ist der Mann, den sie liebt, eine eiskalte Kreatur, der nur den eigenen Vorteil im Auge hat?

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Impressum

 

 

Alle Rechte liegen bei der Autorin Charlotte Enders

Kopieren, auch teilweise, nicht erlaubt.

 

Facebook: Charlotte Enders

Instagram: charlotteenders3152

web: charlotteenders.jimdofree.com

 

Umschlaggestaltung:

Verantwortlich für dieses

fabelhafte Cover zeichnet sich:

autorin_ch.bouzrou_buchdesign

www.coverdesign-4you.com

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In einer Stadt im Südwesten Deutschlands sammeln sich die zehn besten Wissenschaftler der Erde, um in einem geheimen Labor die Formel für ein Serum, das die ewige Jugend garantiert, zu finden.

Dort werden sie die nächsten Jahre verbringen, abgeschottet von der Welt und ohne Außenkontakt.

Ihre Arbeitgeber – skrupellose Männer – haben es jedoch auf etwas ganz Anderes abgesehen.

Was die Zehn nicht ahnen – nur einer von ihnen wird am Ende überleben.

In der Abgeschiedenheit des Labors findet die zurück gezogen lebende Forscherin Deja Lindgren die Liebe, ein nicht berechenbarer Aspekt, der dem Plan eine andere Dimension verleiht.

Ist der Mann, den sie liebt, eine eiskalte Kreatur, die nur den eigenen Vorteil im Auge hat?

Und wird sie das Netz aus Lügen, das sich immer enger um sie zieht, überwinden?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lass los

wenn du fliegen

willst

 

Charlotte Enders

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Charlotte Enders

 

Labor des Grauens

Liquor

Roman

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Manchmal hängt dein Leben an einem dünnen Faden.

An einem unsichtbaren, seidenen Faden.

Je nachdem, wie du dich entscheidest, wird sich dein Leben verändern, ohne dass es dir bewusst wird. Du triffst eine Entscheidung und gehst in die völlig falsche Richtung. Eine Richtung, die nicht vorgesehen war, zumindest nicht in deinem Sinn.

Es sind die kleinen Dinge, die mitunter schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.

Zufälle? Schicksal?

Was wirst du später denken, wenn du deine Geschichte in der Rückschau betrachtest? Wenn du älter bist, gereift. Wirst du die Kleinigkeiten erkennen, die dich dorthin geführt haben, wo du jetzt bist? Die winzigen Begebenheiten, die ineinander greifen wie die Rädchen eines Uhrwerks?

Die Zahnschmerzen, die du an jenem Tag hattest und dich aus der Wohnung trieben, wenngleich es Bindfäden regnete. Obwohl du überhaupt nicht geplant hattest, an diesem Tag deine winzige Wohnung, in der es warm und trocken war, zu verlassen.

Du hattest keinen Termin, aber ein Zahnarzt muss dich wegen deiner Schmerzen behandeln, oder nicht?

Du gingst noch einmal zurück, um einen Schirm zu holen, sonst wärst du dem Briefträger nicht begegnet. Derselbe Briefträger, der heute früher dran war als üblich, weil der Streit mit seiner Frau – um eine Kleinigkeit, wie gewöhnlich – ihn aus dem Haus trieb. Weil er einfach nur weg wollte, weg von ihrem zänkischen Keifen um Dinge, die ihr wichtig waren und ihm nicht.

Der die halbvolle, duftende Kaffeetasse stehen ließ und dachte, dass er auf der Arbeit besser aufgehoben wäre als daheim. An die Briefe und Päckchen dachte, die er auszuliefern hatte. An die freundlichen Menschen dachte, die ihn mitunter mit ihren kleinen Geschichten aufzuheitern verstanden und den Tag erträglich machten.

Der nun vor dir steht und dir einen Brief in die Hand drückt, der gar nicht für dich bestimmt ist, der anhaltende Regen aber die Schrift verschmiert und sie beinahe unleserlich macht.

Lediglich ein paar Buchstaben zu erkennen geben, die genauso gut deinen Namen ausmachen können, gleichzeitig auch den deiner Nachbarin am Ende der Straße.

Nur, dass die Hausnummer, die ebenso verwischt ist, deine hätte sein können oder eben nicht. Der Briefträger dir das Schreiben mürrisch und ohne genau hinzusehen, in die Hand drückt und nur ein „Morgen“ über die Lippen bringt.

Du kennst ihn nicht, hast ihn nie gesehen, da du um diese Zeit normalerweise an deinem Schreibtisch sitzt und Stellenanzeigen durchkämmst, dich lediglich über seine Unfreundlichkeit wunderst, es aber auf das scheußliche Wetter schiebst.

Auch der Absender ist unleserlich, eigentlich gar nicht vorhanden.

Du denkst: Wer schreibt mir?, und kommst auf keinen Nenner.

Das feuchte Papier, Standard, kitzelt in deiner Hand und du gehst noch einmal hinein, steigst die Treppen zu deiner Wohnung erneut hoch, vergisst die Zahnschmerzen, einzig, weil du vor Neugier fast stirbst.

Du bist von Beruf Wissenschaftlerin, leider ohne Job. Schon seit geraumer Zeit. Lebst von der Hand in den Mund.

Du bist verzweifelt.

Und dann liest du, dass du für eine Studie angefordert wirst aufgrund deiner Verdienste, und dass du dafür bezahlt wirst.

Du weißt nicht, dass es eine Nachbarin am Ende der Straße gibt, die sich ebenfalls der Wissenschaft verschrieben hat, eine junge Frau, deren Namen du nicht einmal kennst. Mit der du keinen Kontakt pflegst.

Warum auch?

Kontakte zu Nachbarn sind nicht dein Ding.

Generell sind Kontakte nicht dein Ding.

Und weil du erpicht bist auf diesen Job, weil er deine Rettung ist, rufst du sofort bei der angegebenen Nummer an und unterhältst dich mit einem Mann, der französischen Dialekt spricht.

Es klingt charmant. Es nimmt dich für ihn ein. Auch dass er dich bittet, deinen Namen und deinen Beruf zu wiederholen, macht dich nicht stutzig. Du gehst davon aus, dass du vor Aufregung undeutlich gesprochen hast.

Nachdem du aufgelegt hast, seufzt du vor Glück und presst den Brief an dein Herz, der eigentlich für die Frau am Ende der Straße bestimmt ist.

Du hättest auch anders reagieren können.

Dort im strömenden Regen. Unter dem Schirm, der nur dich schützte, den Postboten nicht. Aber der Mann war schlecht gelaunt, du hattest Zahnschmerzen und es war kalt und regnete.

Hättest sagen können, ich glaube, der Brief ist nicht für mich, überprüfen Sie das bitte noch mal.

Weil du nie Post bekommst.

Von wem auch?

Dein Leben hätte eine ganz andere Richtung eingeschlagen, ganz andere Dinge wären geschehen.

Grundlegende Dinge.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Prolog

 

Der Mann lüftete seinen Hut und legte ihn an die äußerste Kante des Tisches auf der Terrasse eines Straßencafés. Der Belag des Tisches glänzte derart, dass er die Augen zusammen kneifen musste. Er bedauerte den Umstand, keine Sonnenbrille bei sich zu tragen.

Sein Gegenüber nickte ihm freundlich lächelnd zu. „Kaffee?“

Er nickte. Ihn täuschte das Lächeln nicht. Er wusste, wie eiskalt der andere Mann in Wahrheit war. Dafür war er bekannt.

Er war hier, weil er genau diese Eigenschaft brauchte.

Nachdem der Kellner den Kaffee serviert hatte, sagte er: „Wir sind soweit. Alle Vorbereitungen sind getroffen. Das Projekt kann starten. Sie sind noch immer der Meinung, dass es für Sie das Richtige ist?“

Sein Gegenüber zuckte nicht mit der Wimper. Sein Gesicht blieb glatt, ausdruckslos. „Ich kann es kaum erwarten.“

„Die Aktion ist mit hohem Risiko verbunden. Ein Jahr, vielleicht zwei. Wenn etwas schief geht, werden Sie sterben. Ist Ihre Arbeit von Erfolg gekrönt, machen wir Sie zu einem der reichsten Männer der Welt. Und zum Berühmtesten. Sie werden Schlagzeilen bekommen, Interviews geben. Es liegt allein in Ihrer Hand.“

„Sie sagten, es gibt Mitstreiter.“

„Natürlich. Nach Beendigung des Projekts sind Sie jedoch allein.“

Die Bedeutung dieses knappen Satzes hing in der Luft wie schweres Parfüm. Er musterte den jungen Mann, der keine Regung erkennen ließ, kam nicht umhin, ihn zu bewundern. Mit seiner kühlen, glatten Fassade und dem kantigen Gesicht wirkte er sehr anziehend auf ihn. Unter anderen Umständen hätte er ihn zu seiner Beute gemacht, die Krallen in sein Fleisch geschlagen und ihn bei lebendigem Leib verzehrt. Sinnbildlich.

Er verspürte ein unverhältnismäßig starkes Ziehen in der Lendengegend. Rasch wandte er den Blick ab.

„Sie sind mit den Regeln vertraut?“

„Ich weiß, was von mir erwartet wird.“

Auch das gefiel ihm. Kein überflüssiges Wort, kein weitschweifiges Geschwätz.

„Wir haben nur das Beste vom Besten zusammen gestellt.“ Er zog etwas aus der Tasche, legte es auf den Tisch. „Hierauf sollten Sie Ihr Augenmerk richten. Sie ist ähnlich veranlagt wie Sie. Wenn es gelingen soll, dann mit ihr.“

Mit Daumen und Zeigefinger drehte er das leicht zerknitterte Foto, schob es über den Tisch. Dass sie kurzfristig hatten umdisponieren müssen, brachte er nicht zur Sprache. Dafür lag kein Grund vor. Ein wenig amüsierte er sich sogar über diese kleine Überraschung, ungeplant, doch absolut passend. Er hätte korrigieren müssen, hatte aber Spaß an der neuen Wendung. Mal sehen, wie die Würfel fielen.

„Oh.“

Der überraschte Ausruf bedeutete ihm, dass seinem Gegenüber gefiel, was auf dem Foto abgebildet war.

„Ziehen Sie sie auf Ihre Seite. Bringen Sie sie dazu, mit Ihnen zu kooperieren. Wie Sie das bewerkstelligen, ist uns egal. Ich bin sicher, sie trifft Ihren Geschmack.“

Er wusste, dass der Mann ihm gegenüber heterosexuell war, was ihn nicht daran hinderte, ihn zu begehren. Bevor er hier her kam, hatte er Bilder von ihm gesehen, die Realität übertraf diese aber bei weitem.

„Präzise. Woher beziehen Sie Ihre Kenntnis?“

„Wir haben eine Menge Informationen über Sie gesammelt, das müsste Ihnen klar sein. In etwas weniger als einer Woche starten wir. Jemand wird Sie aufsuchen und Nachricht geben.“

Er erhob sich, nahm das Foto wieder an sich, seinen Hut. Zog ihn sich verwegen in die Stirn. Sah aus wie Marlon Brando in seiner besten Zeit. Der Kaffee blieb unberührt.

„Benutzen Sie nötigenfalls Stimuli aus dem Labor. Sie haben freie Hand.“

Verschnupft zog der andere die Nase hoch. „Das wird nicht nötig sein.“

„Das gilt generell.“

Er drehte sich um und verließ mit geschmeidigen Schritten den Platz. Die Blicke des Mannes folgten ihm, dessen war er sich bewusst.

 

Der Mann schritt rasch aus. Das Aussehen des anderen geisterte durch seinen Kopf. Dessen Ausstrahlung. Das ihn umgebende Eis, das er zu gern geknackt hätte, nur um zu sehen, was darunter zum Vorschein kam.

Ein paar Straßen weiter wartete ein Mann auf ihn, lässig gegen ein Automobil gelehnt. Der Wagen war teuer, das sah man ihm an.

Der Lack glänzte in der Sonne, kein Staubkorn lag darauf.

„Konntest du ihn überzeugen?“ erkundigte sich der Wartende.

„Er ist ganz heiß auf das Projekt.“

„Vertraust du ihm?“

„Wenn jemand aus der Gruppe berechenbar ist, dann er. Er wird alles tun, was zu seinem Vorteil ist. Insofern – ja.“

„Und die anderen?“

„Jeder für sich genommen ein Genie. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie es schaffen werden.“

„Wenn wir das kriegen, beherrschen wir die Welt.“

„Du sagst es, mein Freund. Darauf sollten wir trinken. Was ist, kommst du mit zu mir?“

„Herzlich gern.“

Sie stiegen beide ein.

Der Chauffeur startete den Motor.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eins

 

„Verschwende keinen Gedanken daran, Deja. Der Brief ist nicht von mir.“

„Von wem dann?“

„Vermutlich hat Oliver ihn geschrieben. Es ist sein Stil. Falls man das so nennen kann. Stil ist genau das, was ihm fehlt.“

„Du hast das sicher nicht geschrieben?“

Ein Lächeln in seinem Gesicht. Sanft. Beruhigend. „Niemals. Wenn ich dir etwas zu sagen hätte, würde ich es tun und nicht schreiben.“

Den Brief hatte ich heute Morgen zwischen meinen Aufzeichnungen und Papieren auf meinem Schreibtisch gefunden. Ein unschuldiges Blatt Papier, in der Mitte gefaltet. Ungläubig hatte ich die Zeilen gelesen. Darin schrieb Elian, dass er die Beziehung zu mir lieber abbrechen würde, um den reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

Mit beiden Händen umschloss Elian mein Gesicht, senkte seinen Blick in meinen. „Du weißt doch, wie sehr ich dich schätze. Lass nicht zu, dass er einen Keil zwischen uns treibt.“

„Aus welchem Grund sollte Oliver das tun?“

Ein zischender Laut. „Weil er scharf auf dich ist. Deja, wie lange versucht er es schon? Bisher immer erfolglos. Oliver ist ein Mann, der schwer mit Zurückweisung umgehen kann, das weißt du. Er und seine hochfliegenden Pläne. Du solltest ihn aus deinem Gedächtnis streichen.“

„Wir arbeiten zusammen. Es ist schwer, ihm aus dem Weg zu gehen. Allein wie er mich aus diesen kalten Augen ansieht. Wie er mich abtastet, als versuche er, mich einzuschätzen.“

Das Knistern in Elians Hand verriet mir, dass er den Brief zu einer kleinen Kugel zusammen knüllte. „Lass ihn links liegen, sobald es nicht um die Arbeit geht. Alisha macht es ebenso. Bei ihr beißt er auf Granit.“

„Alisha ist stark, viel stärker als ich.“

„Das denkst du nur. In Wahrheit bist du stärker als du glaubst. Deja, ich muss zurück an meine Arbeit. Du weißt, dass allzu langes Herumstehen nicht gern gesehen wird.“

Ein aufmunternder Blick. „Sehen wir uns heute Abend?“

Ich sah zu ihm auf. Elians Gesicht war wie gemeißelt, mit feinen Zügen, ausgeprägter Nase und unwiderstehlichen Augen. Sein Lächeln lag wie Spinnweben außen herum. Meines Wissens gab es keinen schöneren Mann in unserem Labor.

Er war groß und schlank, wie alle Männer, die hier arbeiteten, eine Elite, doch mit seinen Augen konnte es keiner aufnehmen.

Abschließend fuhr er über mein Haar. „Wie reines Gold“, flüsterte er. „Selbst bei dieser beschissenen Beleuchtung. Komm schon, lächle. Für mich.“

Ich hob meine Hand, strich ihm über den Mund. Heute Abend würde er mich damit küssen. Sanft und liebevoll. Nicht hier. Überall hingen Kameras. Jede unserer Bewegungen wurde aufgezeichnet. Was unserer Sicherheit diente, war mitunter lästig.

Ein rascher Kuss in die Innenfläche meiner Hand. „Ich muss gehen.“

Elian wandte sich ab. Sein weißer Kittel flog, als er energischen Schrittes den Gang hinunter lief und im Arbeitsraum verschwand.

Sofort fühlte ich mich weniger geborgen, mehr ausgeliefert. Vor allem Oliver. Dieser Mann war eine Gefahr für jede Frau, die hier arbeitete. Wählerisch war er nicht. Das, was er mit Lira versucht hatte – eine üble Verleumdung, wie er behauptete – hatte ihm eine schroffe Verwarnung seitens unserer Arbeitgeber eingebracht. Lira war seither beurlaubt und blieb auf ihrem Zimmer. Sie durfte das Gebäude nicht verlassen, bis unsere Studien abgeschlossen waren.

Oliver stritt alles ab, beteuerte, sie kaum berührt und schon gar keine Gewalt angewendet zu haben. Lira habe überempfindlich reagiert. Er sei nicht der Mann, der es nötig habe, mit einer Frau Machtspielchen zu zelebrieren.

Das mochte stimmen. Oliver sah, wie alle übrigen, bestechend aus. Manchmal reichte das eben nicht, eine Frau zu betören.

Die Leitung war nicht erpicht darauf, dass sich am Arbeitsplatz Konstellationen bildeten, sah aber ein, dass es sich nicht vermeiden ließ. Wo schöne Menschen aufeinander trafen, knisterte es.

Die Leitung, zwei milliardenschwere Amerikaner, hatten sich auf die Fahnen geschrieben, zum Wohle der Menschheit ein Serum zu entwickeln, das die ewige Jugend garantierte. Dafür war ihnen jedes Mittel recht. Nur ausgesuchte Wissenschaftler durften in diesem speziellen Labor arbeiten. Ein knappes Dutzend, zu absolutem Stillschweigen verpflichtet. Während der gesamten Dauer unseres Aufenthalts durften wir nicht nach draußen, dazu hatten wir uns per Unterschrift verpflichtet.

Was uns am Ende winkte war Ruhm, vielleicht, so wurde spekuliert, sogar der Nobelpreis, zusätzlich zu der fürstlichen Bezahlung, die uns erwartete. Ein Jahr, eventuell zwei in diesem Labor und wir hatten ausgesorgt. Viele waren nur deswegen hier. So manchem war das Geld egal, jene gierten nach Anerkennung, nach Macht. Oliver gehörte zur letzten Kategorie. Seine einzige Schwäche waren Frauen. Ich war überzeugt davon, dass er jede von uns abgeschleppt hätte, wenn man ihn denn ließe. Ein besonderes Auge schien er auf mich geworfen zu haben, verfolgte mich regelrecht mit Blicken, würde sich aber hüten, einen weiteren Fehler zu begehen.

Wir lebten abgeschirmt in einem hermetisch abgeriegelten Gebäude und bekamen keinen Ausgang, so lange die Forschungsarbeit andauerte. Als Ausgleich wurden uns Räume zugewiesen, die luxuriös und bequem waren.

Woher unser Essen stammte – niemand wusste es. Ebenso wenig, wo unsere Wäsche gewaschen wurde. Wir durften unsere Korridore nicht verlassen. Uns blieb kaum Gelegenheit, die Umgebung näher zu erforschen, unsere Arbeit nahm uns ganz in Anspruch. Ich hegte den Verdacht, dass allzu große Neugier als Fluchtversuch gedeutet werden konnte und deshalb kaum erwünscht war.

Diese Einschränkungen waren dazu gedacht, unser Augenmerk ausschließlich auf die Forschung zu konzentrieren.

Ich selbst hatte mich dazu bereit erklärt, weil ich keinen Anhang hatte. Keinen Mann, keine Verwandten, kein Geld. Um ehrlich zu sein, war mir das Wasser bis zum Hals gestanden, als sie sich an mich wandten.

Bekannt gemacht hatte mich ein Artikel in einer Fachzeitschrift, die publizierte, wie es mir gelungen war, den Weg für einen Impfstoff zu ebnen, der eine seltene Krankheit behandelte. Trotzdem stand ich ohne Job da. In näherer Umgebung gab es momentan keine freie Stelle. Anhand von lächerlichen Nebenjobs versuchte ich die Durststrecke durchzuhalten.

Ein paar Wochen nach Publikation hatte mich ein Schreiben erreicht, in dem lediglich von einer bezahlten Studie die Rede war, zunächst nur mit einer Telefonnummer versehen. Darauf folgte ein geheimes Treffen. Ein geheimer Ort. Höchstes Stillschweigen. Ich war neugierig geworden, ich war allein, ich hatte keine Zukunftspläne.

Den Hinweis darauf, dass ich zu einer speziellen Elite gehören sollte, hätte ich nicht mal gebraucht. Geheim, war das Zauberwort, das mich hinter meinem Ofen hervor lockte, hatte ich doch schon immer eine Schwäche für Geheimnisse gehabt. Nüchtern betrachtet entdeckte ich nichts, auf das ich hätte verzichten müssen, selbst wenn es sich um ein unseriöses Angebot handeln sollte.

Ganz im Geheimen machte ich mich also auf den Weg, schaute mir regelmäßig über die Schulter, ob mir jemand folgte. Das war nicht der Fall. Wie sollte es auch. Mein Leben gestaltete sich einsam; nicht einmal ein Foto war in der Fachzeitschrift von mir abgebildet gewesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwei

 

In einem öffentlichen Café unter aufgespanntem Sonnenschirm besprach ich die Details mit einem Mittelsmann. Ein höflicher, aber distanzierter Franzose, der sich nicht namentlich vorstellte und mir ein paar Brocken hinwarf wie einem Hund zum Fraß. Ich biss an, die Aussicht zu verlockend. Nicht nur Ruhm sollte ich ernten, sondern auch die Kasse klingeln lassen, etwas, das ich bitter nötig hatte. Es gab niemanden, der für mich sorgte.

So erklärte ich mich höflich, aber distanziert, bereit, das Abenteuer zu wagen.

„Sie werden in ein Gebäude mit vernagelten Fenstern und geschlossenen Ausgangstüren gebracht. Dies dient der absoluten Geheimhaltung und Ihrer Sicherheit. Leiden Sie unter Klaustrophobie, lassen Sie die Finger davon. Leiden Sie unter Verlustängsten, lassen Sie die Finger davon. Ihre einzige Gesellschaft wird die Ihrer Kollegen und ein paar Laborratten sein. Möchten Sie darüber schlafen?“, fragte mich der Franzose.

„Nein“, gab ich ihm zur Antwort. „Ich wüsste nicht, weshalb.“

„Bravo.“ Er ließ sich zu einem knappen Schmunzeln herab. Dann hielt er mir einen Papierbogen unter die Nase, den ich oberflächlich durchlas. Bei der Erwähnung einer Forschergruppe, die unter absoluter Geheimhaltung isoliert arbeiten würde, was die Worte des Franzosen bestätigte, ging mir das Herz auf. Es war genau das, wonach ich mich sehnte.

Er nannte mir eine astronomische Summe, die sich nach der Dauer der Beschäftigung richten würde. Es verschlug mir den Atem. Ich bekam einen Hustenanfall, den er gelassen über sich ergehen ließ.

„Ein Jahr“, sagte er mit zusammen gelegten Fingerspitzen, „ist garantiert. Bedeutet aber, dass Sie mindestens ein Jahr lang keinen Kontakt zur Außenwelt haben werden. In dieser Zeit sorgen wir für Sie, in jeder Hinsicht. Sie brauchen sich um nichts als Ihre Arbeit zu kümmern. Sie dürfen sich frei entfalten, soweit es Ihre Arbeit betrifft. Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.“

Die Aussicht darauf startete ein Karussell in meinem Kopf, das sich immer schneller drehte. Jemand würde für mich sorgen. Für mich, eine Vollwaise. Sich um meine Belange kümmern.

Spannende Aussichten. Verführerisch und aufregend.

Sein Gesicht blieb gleichgültig und kühl, als ich ihn spontan anstrahlte. Er ahnte nicht, welchen Gefallen er mir gerade tat.

„Sie und ein paar weitere Mitarbeiter werden einer speziellen Beschäftigung nachgehen, über die ich nicht sprechen darf. Genaues erfahren Sie erst, wenn Sie an Ort und Stelle untergebracht sind. Sind Sie damit einverstanden?“

Ich nickte.

„Gibt es Angehörige, die sie noch benachrichtigen möchten?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Gut, dann wäre für den Anfang alles geklärt. Unterzeichnen Sie hier.“ Er zeigte mit dem Finger auf eine gestrichelte Linie, reichte mir einen teuer aussehenden Kugelschreiber.

Mein Herz machte ein paar Extraschläge, als ich ihn entgegen nahm. „Es handelt sich nicht um etwas Kriminelles?“

„Keinesfalls.“

Das Gesicht des Franzosen blieb ungerührt.

Ich unterschrieb.

Danach legte er mir eine Schweigepflichtvereinbarung vor, unter die ich ebenfalls meinen Namen setzte.

Von diesem Moment an war ich nicht mehr mein eigener Herr.

Der Franzose bezahlte die Rechnung und wies mich an, zu warten.

„Sie werden in weniger als zehn Minuten abgeholt.“