Landgang und anderer Seemannsgarn - Michael Pick - E-Book
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Michael Pick

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Beschreibung

Jim Hamiltons Ohrring blinkte silbern im Schein der Öllampe. „Haltet die Klappe, verdammt noch ’mal!“, schrie Hamilton. Er hätte sich bei Mulloch auf die Klippe stellen und gegen den Sturmwind schreien können. Hamilton kniff die Augen zusammen und wenn der Maat das tat, stand er kurz davor über den Mast zu springen. Die Luke zum Deck wurde aufgestoßen und wie aus einem Eimer geschüttet, stürzte ein großes Stück Atlantik ins Vorschiff. „Luke dicht!“ Die Männer schüttelten sich wie nasse Hunde. „Verdammt noch ’mal! Schließ die Luke, Douglas!“ Ein vierschrötiger Mann stiefelte den Niedergang zum Vorschiff hinunter. Ein erneuter Schwall ergoss sich in das Quartier. „Douglas, du Idiot! Mach endlich die Luke dicht.“ So kühl das Meerwasser auch war, es konnte Hamiltons Wut nicht löschen. Seine nassen Haare dampften. „Erst muss die Ablösung hoch!“ Douglas zog den Kopf zwischen die Schultern und schob sein Kinn vor. Ein Kinn wie ein Amboss. Hamilton sah aus, als wolle er dem Douglas geradewegs an die Kehle springen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und die Adern traten blau an den Unterarmen hervor.

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Landgang und anderer Seemannsgarn
Michael Pick
Copyright © 2012 Michael Pick
All rights reservedThe characters and events portrayed in this book are fictitious. Any similarity to real persons, living or dead, is coincidental and not intended by the author.No part of this book may be reproduced, or stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, or otherwise, without express written permission of the publisher.ImpressumCopyrightMichael PickImkenrade 15g23898 [email protected]
Landgang und anderer Seemannsgarn
Michael Pick
Der Navigator
Jim Hamiltons Ohrring blinkte silbern im Schein der Öllampe.
„Haltet die Klappe, verdammt noch ’mal!“, schrie Hamilton.
Er hätte sich bei Mulloch auf die Klippe stellen und gegen den Sturmwind schreien können. Hamilton kniff die Augen zusammen und wenn der Maat das tat, stand er kurz davor über den Mast zu springen.
Die Luke zum Deck wurde aufgestoßen und wie aus einem Eimer geschüttet, stürzte ein großes Stück Atlantik ins Vorschiff.
„Luke dicht!“
Die Männer schüttelten sich wie nasse Hunde.
„Verdammt noch ’mal! Schließ die Luke, Douglas!“
Ein vierschrötiger Mann stiefelte den Niedergang zum Vorschiff hinunter. Ein erneuter Schwall ergoss sich in das Quartier.
„Douglas, du Idiot! Mach endlich die Luke dicht.“
So kühl das Meerwasser auch war, es konnte Hamiltons Wut nicht löschen. Seine nassen Haare dampften.
„Erst muss die Ablösung hoch!“
Douglas zog den Kopf zwischen die Schultern und schob sein Kinn vor. Ein Kinn wie ein Amboss. Hamilton sah aus, als wolle er dem Douglas geradewegs an die Kehle springen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und die Adern traten blau an den Unterarmen hervor.
„Potter, Harrisson, hoch mit euch! Und nehmt den Jungen mit.“
Der Maat zeigte auf mich. Douglas schüttelte den Kopf.
„Der Junge bleibt hier. Ich geh selbst wieder rauf.“
Wie ein Schmiedehammer stapften seine salzgekrusteten Stiefel den Niedergang hoch. Hamilton blickte ihm mit offenem Mund nach. Seine ganze Wut richtete sich gegen Potter und Harrison, zwei junge Burschen mit einfältigen Gesichtern. Mit Fußtritten jagte er sie an Deck.
Noch einmal wurde die Luke geöffnet, als sich der graubärtige McGovern ins Vorschiff schob. In seinen Haaren wehte noch der Wind, der Sturm, der mit vollen Backen auf die Eager blies.
„Wo ist Gerard?“, polterte Hamilton.
McGoverns stumpfe Augen suchten mich. Als er mich über den Bilgen entdeckte, huschte ein schmales Lächeln über seine Lippen.
„McGovern! Wo ist verdammt noch ’mal Gerard?“
Matrose Steven Gerard war so etwas wie Hamiltons rechte Hand. McGovern drehte sein Gesicht in Richtung des Maaten. Für einen Augenblick hörten die Wellen auf, gegen den Rumpf der Eager zu klopfen.
„Wenn er Glück hat, liegt er genau hier“, McGovern zeigte mit der Hand auf die Bilgen und den Kiel.
„Du bist verrückt, McGovern!“ stammelte Hamilton.
„Verrückt sind wir alle“, der Alte wandte sich ab.
Die Anstrengungen vom Kampf hatten tiefe Kluften in sein Gesicht geschlagen. Mit einem wilden Schrei warf sich Hamilton auf den Alten. Hätte ich McGovern nicht ein Zeichen gegeben, wer weiß, vielleicht hätte er jetzt das blitzende Messer, das der Maat plötzlich in der Hand hielt, in seinem Rücken stecken gehabt.
Mit einem Sprung wich McGovern dem Maaten aus und ließ ihn ins Leere laufen. Ein weiterer Satz brachte ihn hinter Hamilton. Ruckartig zog der Alte die Hand des Maaten auf den Rücken.
„Hör auf!“, brüllte McGovern.
„Hör endlich auf!“
Hamilton sackte zusammen wie ein Wassersack mit einem faustgroßen Loch in der Seite.
„Was ist passiert?“
McGovern zuckte mit den Schultern und ließ den Maaten frei.
„Eben sah ich Gerard noch auf Steuerbordseite am Bug ’ne Leine festzurren, da rollt von Backbord ’ne Welle über das Deck. Ich ruf noch. Wie ich wieder hinschau, ist der Gerard wie weggezaubert. Und oben auf der Brücke steht der Navigator und reckt seinen Schädel in den Himmel, als ginge er sonntagnachmittags auf seinem Gut spazieren. Der Teufel soll ihn holen. Nicht `mal mit den Wimpern hat der gezuckt, als Gerard über Bord ging.“
McGovern spuckte in die Bilgen. Hamilton war wie ein Haufen Elend zusammengesunken. Bei der Erwähnung des Namens des Ersten Offiziers horchte er auf. Vergessen schien sein Zwist mit McGovern.
„Er ist ein Teufel. Wie viele Männer haben wir seit Cadiz verloren?“
McGovern nickte düster.
„Gerard ist der siebte. Ich hätt’ nicht übel Lust, den Navigator selbst über Bord zu werfen. Es hätt’, bin ich mir sicher, ein Ende mit dem Überbordgehen.“
„Meint Ihr wirklich, der Navigator hat die Männer auf dem Gewissen?“, ich konnte es mir nicht vorstellen.
„Wenn er neben dem Ruder steht, sieht er aus wie ein Edelmann, der sich mit unsereins nicht die Hände dreckig macht.“
„Was, wenn der Junge Recht hat?“
McGoverns Frage hing wie eine Wolke über unseren Köpfen. Hamilton drehte sich wie eine Katze und schlüpfte hinter einen der Spanten.
„Es muss so sein. Ich hatte gleich ein schlechtes Gefühl, als er an Bord kam. Verflucht sei der Augenblick. Nich’ ’mal ein Seesack hatte er dabei. Und dann dieses Gerede von einem Schatz.“
„Halt die Klappe, Hamilton! Vor Gott sind wir alle gleich – selbst so ein Edelmann wie der Navigator einer is’. Der Schatz ist alles, was mich noch am Leben hält, verstehste?“
McGovern wartete nicht auf die Antwort von Hamilton. Der schien auch keine Lust zu haben, eine zu geben und lief das Vorschiff ab. Ich hörte nur, wie er vor sich her murmelte, verstand aber keines seiner Worte.
*
Die Eager hatte es bös’ erwischt, seit wir Cadiz verlassen hatten. Andere behaupteten, seit wir den Navigator an Bord hatten. Stuart of Auchinbreck. Wie ein Pfau war er in Spanien an Bord gestelzt; hatte den Kapitän beiseite genommen und wie ein Armeewerber auf ihn eingeredet. Hatte so gar nicht zu seinem stolzen Gehabe gepasst, wie er den Kopf hatte senken müssen, um in das Ohr des Kapitäns flüstern zu können. Am Ende hatte der Kapitän genickt und ich sah es in seinen Augen gelb blitzen.
In der Nacht waren sie gekommen und hatten den Schatz, wie wir es später nannten, in den Laderaum gebracht. Nicht einer von der Crew war dabei gewesen und der Käpt’n und der Navigator sollten sich verdammt noch ’mal nicht wundern, wenn wir misstrauisch wurden und die Gerüchte wie tote Fische an die Oberfläche trieben.
Der Käpt’n, in einem seiner wenigen nüchternen Momenten, versprach uns allen eine Heuer, wie wir sie noch nie erlebt hatten und außerdem - doch das war ein anderer Ton - würden wir unser’m Vaterland einen großen Gefallen tun.
Wir segelten Richtung Glasgow. Dort sollte die Eager einen ganzen Monat vor Anker gehen. ’nen ganzen Monat. So lange hatten wir noch nie an einem Stück in einem Hafen gelegen.
Die Stimmung an Bord hätte nicht besser sein können, die spanische Sonne nicht wärmer auf unsere Rücken scheinen, als wir Cadiz vor zwei Wochen verließen. Wie das so is’, wenn man auf ’ner Höhe is’, geht’s beständig und auf jeden Fall abwärts. Als hätte er nur auf uns gewartet, packte ein Sturm nahe der englischen Südküste die Eager und weigerte sich, sie wieder freizulassen.
Seit dieser Zeit hatte Stuart of Auchinbreck den Namen Navigator. Während der Käpt’n soff, was die Flaschen hergaben, stand der lange Mann auf der Brücke neben dem Rudergänger und gab Anweisungen, als wäre er schon immer unser Anführer gewesen.
Man musste ihm zu Gute halten, dass er das Meer und die Küste, jedenfalls in dieser Gegend, auswendig kannte. Er navigierte die Eager an der englischen, walisischen und irischen Küste aufwärts, ohne einen einzigen Blick auf eine der Seekarten in der Kapitänskajüte zu werfen.
Aber die klamme Hand des Sturmes saß uns im Nacken und packte fester und fester zu, wo wir schon dachten, schlimmer ginge es nicht mehr. Wie oft in solchen Situationen, täuscht man sich leicht in der Beurteilung, ob es nicht noch schlechter werden könne.
Die Eager wurde mehr und mehr zum Spielzeug der aufgebrachten See. Die Segel waren längst gerafft und die Wachen lösten sich unter der ständigen Anspannung stumpf ab.
Dann begannen die Männer zu verschwinden. Nach und nach, auf jeder Wache einer. Und immer stand der Navigator auf der Brücke, die rechte Hand ans Ruder gelegt. Als fresse er die Männer, um wach zu bleiben. Das ewige Schaukeln des Schiffes, die verschwindenden Männer gingen der Crew auf die Nerven.
Wir schickten sogar eine Abordnung zum Käpt’n. Sie fanden ihn besoffen auf seiner Koje, in seiner eigenen Pisse liegend und so besoffen wie ein Schwein. Er sah uns mit seinen kleinen blutunterlaufenen Augen an und grinste blöd, eine Reihe buttergelber Zähne entblößend. Der Käpt’n, meinte McGovern, als wir wieder im Vorschiff waren, der Käpt’n liegt bald auf dem Meeresboden und säuft sich einen mit den Fischen.
---ENDE DER LESEPROBE---