Leben und Tod - Rudolf Steiner - E-Book

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Rudolf Steiner

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Drei Vorträge von Rudolf Steiner über Leben und Tod : - Leben und Tod - GEIST UND STOFF, Leben und Tod - LEBEN, TOD UND SEELENUNSTERBLICHKEIT IM WELTENALL

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LEBEN UND TOD

Rudolf Steiner

Inhalt

Rudolf Steiner

LEBEN UND TOD

GEIST UND STOFF, LEBEN UND TOD

LEBEN, TOD UND SEELENUNSTERBLICHKEIT IM WELTENALL

Rudolf Steiner

1861-1925

LEBEN UND TOD

Berlin, 27. Oktober 1910

Wenn man so manche heutige Äußerung betrachtet, die getan wird über das Verhältnis des Menschen zu Leben und Tod, kann man an einen Ausspruch erinnert werden, den Shakespeare den düsteren Hamlet tun läßt:

Der große Cäsar, tot und Lehm geworden,

Verstopft ein Loch wohl vor dem rauhen Norden.

O daß die Erde, der die Welt gebebt, Vor Wind und

Wetter eine Wand verklebt.

Einen solchen Ausspruch kann mancher tun, der im Sinne der Auseinandersetzungen, die vor acht Tagen gemacht wurden, unter der suggestiven Wirkung mancher Zeitvorstellungen steht, die auf dem Boden der Naturwissenschaft gewonnen werden, und der sich bewogen fühlte, alle die Bewegungen der einzelnen Stoffe, die den menschlichen Leib aufbauen, nach dem Tode zu verfolgen, der vor allen Dingen sich berechtigt glaubt zu fragen: Was tun Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und so weiter, die den menschlichen Leib aufbauen, nach dem Tode des Menschen? Abgesehen davon, daß es heute viele Menschen gibt, die von dem suggestiven Wort «Ewigkeit des Stoffes» beeinflußt werden, gibt es wieder andere, die ganz und gar die Möglichkeit verlieren, im unendlich leeren Raum anderes sich zu denken als den Stoff mit seinen Wirkungen. Daß es allerdings bei Auseinandersetzungen dieser Art immer darauf ankommt, in möglichst genauer Weise vor allen Dingen die Begriffe und Ideen festzuhalten, das kann man mancher Betrachtung über das Wesen des Todes ansehen. Bei mancher Betrachtung, welche den Begriff eines Gegensatzes zwischen Tod und Leben aufstellt und dabei, wie es immer wieder und wieder vorkommt, vor allen Dingen ganz vergißt, daß Tod und Leben ein Gegensatz ist, der von dem Wesen abhängt, auf das er sich bezieht, - bei einer genaueren Betrachtung darf man gar nicht in derselben Weise über den Tod der Pflanze, des Tieres oder des Menschen sprechen. Inwiefern dies der Fall ist, sollen die nachfolgenden Auseinandersetzungen mit enthalten. Aber wie wenig man sich über die Worte klar ist, welche auf diesem Gebiete gebraucht werden, das mag sich uns daraus zeigen, daß zum Beispiel in der Physiologie des großen Naturforschers Huxley sich folgendes findet.

Da wird gesagt, daß man unterscheiden müsse zwischen dem lokalen, örtlichen Tod und dem allgemeinen Tod, dem Tod der Gewebe in einem Organismus, und dann wird ausdrücklich gesagt, daß das Leben des Menschen hänge an Gehirn, an Lungen, an Herz, daß aber dies eine Dreiheit sei, die man eigentlich zurückführen könne auf eine Zweiheit, daß man nämlich, wenn man künstlich die Atmung unterhält, einem Menschen ganz gut das Gehirn wegnehmen könnte und er doch fortleben würde. Das heißt, es wird gesagt, das Leben dauere fort, auch wenn das Gehirn weggenommen ist. Das will sagen: Wenn der Mensch nicht mehr imstande ist, irgendeine Vorstellung von dem zu gewinnen, was um ihn herum ist oder was in ihm vorgeht, wenn das Leben bloß als Lebensvorgang im Organismus durch eine künstliche Atmung unterhalten werden könnte, so würde der Organismus fortleben im Sinne dieser naturwissenschaftlichen Definition. Und man könnte eigentlich nicht von einem Tode sprechen, trotzdem gar nicht ein Gehirn da sei.

Das ist eine Idee, daß jeder, wenn er sich für ein Leben ohne Gehirn nicht bedanken würde, so doch wenigstens, wenn er auch eine solche Definition plausibel finden könnte, in seiner Empfindung sich klar sein müßte, daß gerade diese Erklärung zeigt, wie die naturwissenschaftliche Definition von Leben in dieser Form überhaupt nicht auf den Menschen anwendbar ist. Denn niemand würde das Leben eines Organismus - wenn auch eines menschlichen — das Leben des Menschen nennen können, wenn auch im übrigen die Tatsache, auf die angespielt wird, ganz richtig ist.

Nun ist man auch auf naturwissenschaftlichem Gebiete heute schon etwas weiter als vor vielleicht zehn Jahren, wo man sich fast genierte, überhaupt von Leben zu sprechen und alles Leben auf das Leben der kleinsten Lebewesen zurückführte. Dieses Leben der kleinsten Organismen sah man als einen komplizierten chemischen Prozeß an. Da würde es sich nach dieser Anschauung darum handeln, daß, wenn diese Definition zu einer Weltanschauung ausgedehnt würde, nur davon gesprochen werden könnte, daß die kleinsten Teile des Lebens weiterleben, so daß dann nur von einer Erhaltung des Stoffes gesprochen werden könnte. Nun ist heute - zum Beispiel gegenüber den Forschungen über das Radium - der Begriff des Ewigen des Stoffes ein etwas schwankender geworden. Aber es soll jetzt nur darauf aufmerksam gemacht werden, daß man heute auf naturwissenschaftlichem Gebiet schon versucht, von einer Art Selbständigkeit wenigstens der kleinsten Lebewesen zu sprechen. Man sagt: die kleinsten Lebewesen vermehren sich durch Teilung, eines teilt sich in zwei, zwei in vier und so weiter. Da könnte man nichts angeben von einem Tode, denn das erste lebt in den zweiten weiter, und wenn diese sterben, leben sie in den nächsten fort.

Es haben nun die, welche daraufhin von einer Ewigkeit der einzelligen Wesen sprechen wollten, nach einer Definition des Todes gesucht. Aber gerade diese Definition für das Wesen des Todes ist außerordentlich charakteristisch. Man hat das Charakteristikum des Todes darin gefunden, daß bei einem Tode eine Leiche zurückbleibt. Und da bei einzelligen Wesen keine Leiche zurückbleibt, können sie auch nicht in Wahrheit sterben. Also man sucht das Charakteristikum dessen, um was es sich im tiefsten Lebensgrunde handelt, in dem, was vom Leben zurückbleibt. Nun wird es ohne weiteres klar sein, daß das, was vom Leben zurückbleibt, allmählich in leblosen Stoff übergeht. So lebloser Stoff wird nun im Tode der äußere Organismus des kleinsten, der äußere Organismus des kompliziertesten Lebewesens. Allein wenn man die Bedeutung des Todes für das Leben in Betracht ziehen will, darf man nicht darauf sehen, was übrigbleibt, was also ins Leblose übergeht, sondern man muß auf die Ursache, auf die Prinzipien des Lebens sehen, solange das Leben da ist.

Ich sagte, man könne nicht in derselben Weise von Tod sprechen bei Pflanzen wie bei Tieren und Menschen, weil man da eine wichtige Erscheinung nicht in Betracht zieht. Die findet sich auch bei gewissen niederen Tieren, zum Beispiel bei den Eintagsfliegen, und sie besteht darin, daß die Mehrzahl der Pflanzen und der niederen Tiere die Eigentümlichkeit hat, daß in dem Moment, wo der Befruchtungsprozeß angelegt ist und die Möglichkeit eines neuen Lebewesens geschaffen ist, das Absterben des alten beginnt. Bei der Pflanze beginnt in dem Moment ihr rückwärtsgehender Prozeß, der Prozeß des Absterbens, wo sie in sich die Möglichkeit der Anlage einer neuen Pflanze aufgenommen hat. Von denjenigen Pflanzen, bei denen man das beobachten kann, kann man also ganz gewiß sagen: Die Ursache, die ihnen das Leben weggenommen hat, liegt in dem neuen oder den neuen Lebewesen; die haben nichts davon zurückgelassen in dem alten Wesen.

Durch eine einfache Überlegung könnte man sich überzeugen, daß dies so ist. Es gibt gewisse Pflanzen, die dauern, die wiederholt blühen und Früchte tragen, wo sozusagen immer neue Pflanzengebilde, wie Schmarotzer, aufgepflanzt werden auf den alten Stamm. Aber da können Sie sich überzeugen, daß sie sich die Möglichkeit weiterzuleben damit erkaufen, daß sie gewisse Teile in das Leblose hineinstoßen, in den Tod, das heißt, sich mit einer Rinde umgeben. Von einer Pflanze, die sich mit einer Rinde umgeben, das Leblose an sich tragen und weiterleben kann, muß man ganz berechtigt sagen, daß sie einen Überschuß an Leben hat. Und weil sie diesen Überschuß hat, den sie nicht abgeben wird - sie gibt nur ab, was die jungen Lebewesen brauchen -, muß sie sich dadurch sichern, daß sie den Tod nach außen abstößt. So kann man aber auch sagen, daß jegliches Lebewesen, das in sich die Möglichkeit enthält, über die Hervorbringung eines neuen Lebewesens hinauszuleben, in die Notwendigkeit versetzt ist, in sich selber fortdauernd das Leben selbst zu überwinden, indem es den unorganischen Stoff, den unbelebten Stoff aufnimmt. Und das ist beim Tier, das ist beim Menschen hinlänglich zu beobachten.

Da haben wir also eine Auseinandersetzung zwischen Tod und Leben in dem Wesen selber. Wir haben da eine Wechselwirkung zwischen einem lebendigen Glied, das in einer Richtung sich entwickelt, und einem fortwährenden In-sich-Hereinsetzen eines andern Gliedes, das sich nach der Tod-Richtung entwickelt. Wenn wir nun von diesem Gesichtspunkte ausgehend bis in das innerste Wesen des Menschen hineinrücken wollen, so müssen wir allerdings einiges von dem uns wieder vor Augen führen, was öfter schon gesagt worden ist, was aber nie überflüssig ist, weil es durchaus noch nicht zu den gang und gäben Wahrheiten gehört.

Wenn man in Anlehnung an ganz gewöhnliche Vorstellungen - das wollen wir in der ersten Hälfte des Vortrages tun - geisteswissenschaftlich an die Frage nach Leben und Tod herangeht, muß man daran erinnern, daß allerdings dasjenige, was hier in Betracht kommt, heute sehr, sehr wenig anerkannt ist. Es handelt sich um eine Wahrheit, die der heutigen Menschheit ebenso neu ist, wie eine andere, die heute zu den Trivialitäten gehört, vor drei Jahrhunderten der Menschheit neu, beziehungsweise unbekannt war. Ich habe schon öfter darauf hingewiesen, daß es heute für den Naturforscher und für den, der auf naturwissenschaftliche Begriffe seine Anschauungen aufbaut, eine Selbstverständlichkeit ist, daß man den Satz anerkennt: «Alles Lebendige stammt von Lebendigem.» Natürlich spreche ich hier nur mit jener Einschränkung, mit der auch auf naturwissenschaftlichem Gebiete von diesem Satz gesprochen wird. Wir brauchen uns dabei gar nicht einzulassen auf die Frage der Urzeugung, denn es kann von vornherein bemerkt werden, daß der analoge Satz, der dann genannt werden wird, ebenso auf geisteswissenschaftlichem Gebiete gebraucht wird.

Es ist noch nicht lange her, daß der große Naturforscher Francesco Redi mit aller Energie den Satz durchfechten mußte: «Alles Lebendige stammt von Lebendigem.» Denn man hatte vor diesem Naturforscher des siebzehnten Jahrhunderts nicht bloß in Laienkreisen, sondern auch in naturwissenschaftlichen Kreisen es durchaus für möglich gehalten, daß aus verfaulendem Flußschlamm, aus in Verfaulung übergegangenen organischen Stoffen sich neue Organismen herausentwickeln könnten. Von Würmern, sogar von Fischen glaubte man dies. Diese Anschauung, daß Lebendiges sich nur aus Lebendigem entwickeln kann, ist noch nicht alt. Und Francesco Redi hat vor kurzer Zeit, vor wenigen Jahrhunderten, einen solchen Sturm der Entrüstung hervorgerufen, daß er nur mit knapper Not dem Schicksal des Giordano Bruno entgangen ist. Wenn man bedenkt, daß die Moden der Zeit sich ändern, so kann man sagen, an dem Schicksal dieser Wahrheit kann man Mut gewinnen für das Schicksal derjenigen Wahrheit, die wir nun hier werden aussprechen müssen. Denn diese Wahrheit: Lebendiges kann nur von Lebendigem stammen-rief damals einen Sturm von Entrüstung hervor. Man liefert ja heute diejenigen, die gezwungen sind, für andere Gebiete ähnliche Wahrheiten aus dem Born des Wissens heraufzuholen, nicht mehr den Flammen des Scheiterhaufens aus. Das ist nicht mehr Mode. Aber man macht sich heute über solche lustig; man spottet über den, der solche Dinge mitteilen kann. Und man macht die, welche gezwungen sind, solche Dinge in bezug auf geistige Entwickelung auszusprechen, geistig tot. Aber das Schicksal der eben genannten Wahrheit besteht auch noch darin, daß sie heute eine Selbstverständlichkeit, eine Trivialität geworden ist für den, der urteilsfähig ist.