Leichtfüßig - Dr. Matthias Manke - E-Book
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Dr. Matthias Manke

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Beschreibung

Der dicke Zeh trägt die Hälfte unseres Körpergewichts. Ein schiefer großer Zeh, medizinisch Hallux valgus genannt, sieht nicht nur unschön aus, er kann auch den gesamten Bewegungsablauf aus dem Takt bringt. Doch auch Rückenschmerzen, Migräne oder Nierenerkrankungen können schon durch Beschwerden, wie dicke Füße oder schwere Beine erkannt werden. Der Revierdoc Matthias Manke erklärt in seinem Buch, welche Erkrankungen wir schon an den Füßen und Beinen erkennen können. Er zeigt aber auch, wie wir durch gesundes Gehen diesen Erkrankungen vorbeugen können. Sei es das richtige Schuhwerk, häufiges Barfußgehen, Fußmassagen oder gezieltes Fußtraining - mit diesen Tipps lernen wir unsere Füße und somit unseren gesamten Organismus besser zu verstehen und vorzubeugen, denn: Füße spiegeln unseren Gesundheitszustand wieder.

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber den AutorTitelImpressumWidmungVorwort1 Faszination Fuß1.1 Als der Fuß das Laufen lernte1.2 Auf gutem Fuße oder: Der Idealfuß – Anatomie I1.3 Der eigene Fuß1.4 Gut vernetzter Fuß – Anatomie II1.5 Und wie geht es sich bei dir? – Die Kunst des natürlichen Gehens1.6 Von den Zehen bis zum Kopf2 Der Fuß im Schuh2.1 Gut geschützt?2.2 Wenn der Schuh stinkt2.3 Wenn der Schuh drückt2.4 Schöne bunte Schuhwelt2.5 Wie Schuhe unser Wohlbefinden beeinflussen2.6 Schuheinlagen können helfen – aber auch heilen?2.7 Des eigenen Fußglückes Schmied3 Wenn’s nicht mehr rundläuft3.1 Mehr als Muskeln und Knochen3.2 Alarmsignale am Fuß3.3 Kalte Füße3.4 Dicke Füße und Beine3.5 Wenn die Wade krampft3.6 Haut und Nägel3.7 Knochen und Sehnen3.8 Arterien und Venen3.9 Stoffwechsel und Immunsystem3.10 Nerven3.11 Verletzungen und Operationen4 Wellness für Ihre Füße4.1 Die richtige Fußhygiene4.2 Die Erotik des Fußes4.3 Weil’s einfach guttut: Die Fußmassage4.4 Bewegung ist das A&O4.5 Barfußlaufen oder: Die unterschätzte Therapie4.6 Revierdoc’s Fuß-GymLeben Sie leichtfüßig! – Ein paar Worte zum SchlussDanksagung

Über dieses Buch

Der dicke Zeh trägt die Hälfte unseres Körpergewichts. Ein schiefer großer Zeh, medizinisch Hallux valgus genannt, sieht nicht nur unschön aus, er kann auch den gesamten Bewegungsablauf aus dem Takt bringt. Doch auch Rückenschmerzen, Migräne oder Nierenerkrankungen können schon durch Beschwerden, wie dicke Füße oder schwere Beine erkannt werden. Der Revierdoc Matthias Manke erklärt in seinem Buch, welche Erkrankungen wir schon an den Füßen und Beinen erkennen können. Er zeigt aber auch, wie wir durch gesundes Gehen diesen Erkrankungen vorbeugen können. Sei es das richtige Schuhwerk, häufiges Barfußgehen, Fußmassagen oder gezieltes Fußtraining – mit diesen Tipps lernen wir unsere Füße und somit unseren gesamten Organismus besser zu verstehen und vorzubeugen, denn: Füße spiegeln unseren Gesundheitszustand wieder.

Über den Autor

Dr. Matthias Manke ist der »Revierdoc«, arbeitet und lebt in Bochum als Orthopäde und Unfallchirurg. Zudem ist der Revierdoc u. a. Dozent der Forschungsgruppe Akupunktur (FACM), Dozent der Ruhr-Universität Bochum, leitender Arzt des Bochumer Sportmedizinischen Netzwerkes »SPORTIVUM« und betreuender Arzt von Spielern der 1. Fußballbundesliga

DR. MATTHIAS MANKE

Leichtfüßig

LÜBBE

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Deutsche Erstausgabe

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Swantje Steinbrück

Grafiken Innenteil: Dr. Matthias Manke

Umschlaggestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de

Unter Verwendung von Motiven von

© Natee Jitthammachai/shutterstock, © iStock/PeterHermesFurian,© Skylines/shutterstock 115859893

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-7310-3

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Ein verlagsneues Buch kostet in Deutschland und Österreich jeweils netto ohneUSTüberall dasselbe.

Damit die kulturelle Vielfalt erhalten und für die Leser bezahlbar bleibt, gibt es die gesetzliche Buchpreisbindung. Ob im Internet, in der Großbuchhandlung, beim lokalen Buchhändler, im Dorf oder in der Großstadt – überall bekommen Sie Ihre verlagsneuen Bücher zum selben Preis.

Für meine Frau Melanie Für meine Kinder Marlene & Max, deren Diskussionsfähigkeit ich in puncto Schuhwerk seit Jahren sehr schätze ;-)

Obwohl alle Informationen und Empfehlungen in diesem Buch sehr sorgfältig geprüft wurden, wird für deren Richtigkeit und Vollständigkeit keine Gewährleistung oder Garantie übernommen. Vor allem aber ersetzen sie keinen sach- und fachkundigen Rat im Einzelfall. Ausgeschlossen ist jegliche Haftung des Autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden.

Bei Links auf Webseiten Dritter sei auf den Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verwiesen. Für deren Inhalte übernehmen Autor und Verlag ebenfalls keinerlei Haftung.

Wenn in diesem Buch mehrheitlich die maskuline Form verwendet wird, so nur um der besseren Lesbarkeit willen. Ist von Ärzten, Patienten, Experten etc. die Rede, sind damit natürlich immer auch Ärztinnen, Patientinnen und Expertinnen gemeint, sofern nichts anderes aus dem Kontext hervorgeht.

Vorwort: Auf den Fuß gekommen

Indem Sie dieses Buch in den Händen halten, haben Sie bereits mehr Interesse an dem Körperteil Fuß bewiesen als die meisten Ärzte. Denn wir alle unterschätzen unsere Füße und deren wichtigen Funktionen. Aber warum sollten wir uns auch um etwas kümmern, das täglich außerhalb unseres Blickfeldes in Schuhen sein dunkles Dasein fristet? Erst wenn sie aufmucken, werden wir auf unsere Füße aufmerksam. Entweder beginnt es mit einem Schmerz, der sich allmählich entwickelt oder eines Tages nach dem Aufstehen plötzlich da ist. Oder wir bemerken, dass der Schuh, der bisher wie angegossen gepasst hat, auf einmal drückt. Laufen wir nun sofort zu dem Arzt unseres Vertrauens? Wohl kaum. Denn wir hoffen wie immer, dass das, was von allein kam, auch wieder von allein vergeht. Damit machen wir es allerdings in der Regel schlimmer. Denn eines sei schon jetzt verraten: Der Fuß signalisiert Schmerzen erst dann, wenn die körpereigenen Kompensationsmechanismen bereits erschöpft sind. Betrachten Sie jeden Ihrer beiden Füße also lieber wie eine kostbare Glaskaraffe. Jegliche Veränderung, die unvorteilhaft auf den Fuß einwirkt, ist wie ein weiterer Tropfen, der diese Karaffe füllt. Jahre-, möglicherweise jahrzehntelang bekommen Sie davon nichts mit. Doch mit einem Mal läuft die Karaffe über – und Sie haben wahrnehmbare Beschwerden in Form von Schmerzen oder Fehlstellungen. Leider gibt es kein Wundermittel, mit dem Sie Ihre »Fußkaraffe« auf der Stelle leeren können, um wieder beschwerdefrei durch die kommenden Jahrzehnte zu gehen …

Die wenigsten wissen, dass etwa ein Drittel aller Erwachsenen Fußbeschwerden hat. Woher auch? Der Fuß ist nicht salonfähig. Er ist das, was am Ende des Körpers den Boden berührt. Mit dem Fuß assoziiert man keine strahlend schöne Erscheinung, ist eher geneigt, an Schmutz, Sockenflaum, unangenehmen Geruch, pilzbefallene Fußnägel oder auffällige Fehlstellungen zu denken. Haben Sie schon mal daran gedacht, in geselliger Runde die eigenen Füße zu thematisieren? »Habt ihr auch so komische Krallenzehen wie ich?« oder »Wie habt ihr euren Fußpilz in den Griff bekommen?«, solche Fragen werden Sie auf einer Party kaum hören. Unser Fuß darf nur in schicken Schuhen auf die Party, um das Outfit seiner Trägerin bzw. seines Trägers optisch aufzuwerten. Und geht es doch mal um Krankheiten und körperliche Einschränkungen, ist der Rücken das Thema Nummer 1. Im Gegensatz zu unseren Füßen gilt der Rücken als gesellschaftsfähig. Eigentlich verwunderlich, da wir unseren eigenen Rücken erst recht nicht im Blickfeld haben.

Als Spezialist für den Bewegungsapparat kann ich inzwischen behaupten, dass viele von uns ihren Körper nicht richtig wertschätzen. Seien es nun die Füße oder der Rücken. Zu sehr vertrauen wir darauf, dass unser Körper im Laufe der Evolution sein Optimum erreicht hat. Hierbei vergessen wir aber, dass alles Vergängliche auf der Welt gepflegt werden muss. Wir gießen unsere Blumen, waschen unser Auto und putzen unser Haus – damit wir möglichst lange Freude daran haben. Doch kümmern wir uns – jenseits von Zähneputzen, Duschen und fünfmal täglich Obst und Gemüse – auch ausreichend um unseren Körper? Auf unseren Füßen laufen wir durchschnittlich 80.000 Kilometer durchs Leben. Das heißt, wir umrunden die Erde ganze zwei Mal zu Fuß. Wenn das keine Meisterleistung ist. Unsere Füße sind aber auch ein Meisterwerk der Natur, das unsere Vorfahren noch zu schätzen wussten – immerhin drohte bei einem Fußschaden unmittelbar der Tod. Als die Menschen noch jagten und von Ort zu Ort zogen, war die Fußgesundheit ein bedeutendes Thema. Wer nicht mehr mobil war, wurde entweder zurückgelassen oder von einem wilden Tier erwischt. Heute bauen wir auf die Errungenschaften der Medizin hinsichtlich Hilfsmittel und Therapiemöglichkeiten. Dabei ist nicht immer Verlass auf die wundersame Heilung durch den ärztlichen Spezialisten. Das gilt für den Fuß ebenso wie für alle anderen Leiden am Bewegungsapparat.

Ich bin nun fast zehn Jahre in der eigenen Praxis tätig. Anders als in der Klinik habe ich die Möglichkeit, meine Patienten über einen längeren Zeitraum zu begleiten. So sehe ich Veränderungen, die sich während der Behandlung einstellen. Und diese Veränderungen haben mich auch in puncto Füße zum Umdenken bewegt. Und zwar grundlegend. Im Rahmen meines Medizinstudiums musste ich auch das Fach »Orthopädie« belegen. Dort wurden dem angehenden Mediziner vier Monate lang einmal in der Woche die Grundkenntnisse der gesamten Orthopädie verklickert. Das Thema Füße wurde innerhalb von 90 Minuten abgehandelt: Welche Fußveränderungen gibt es? Und welche Möglichkeiten hat der Arzt? Aus der Fußvorlesung nahmen alle Studenten immerhin mit, dass es Einlagen gibt. Und ist durch Einlagen keine ausreichende Linderung zu erzielen, bleibt ja immer noch der operative Eingriff als Lösung. Nur ein Bruchteil der Studierenden, die diese Pflichtvorlesung besucht haben, entschied sich für eine Facharztausbildung zum Orthopäden. Wer nun meint, dass wenigstens die Facharztausbildung zum Orthopäden fundamentales Wissen zum Thema Fußgesundheit vermittelt, liegt leider falsch. Die Facharztausbildung erfolgt nämlich überwiegend im Krankenhaus, wo man natürlich nur mit Patienten zu tun hat, bei denen Schmerzen oder Fehlstellung so weit vorangeschritten sind, dass nur noch ein operativer Eingriff Abhilfe schaffen kann. Insofern habe ich viel über Fußoperationen gelernt und auch selbst viele operative Eingriffe an den Füßen durchgeführt. Gezwungenermaßen. Ein Freund der Füße war ich damals jedenfalls nicht. Vermutlich, weil die Füße meiner Patienten oft recht ungepflegt waren. Und so habe ich Füße operiert, ohne mir groß Gedanken darüber zu machen, warum es zu derartigen Veränderungen gekommen ist. Für uns junge Ärzte stellte sich gar nicht die Frage, ob diese Operationen auch hätten vermieden werden können. Diese Frage kam erst auf, als ich von der Klinik in die Praxis wechselte. Nun konnte ich nicht mehr einfach unterscheiden zwischen »Fuß gut? Keine OP« und »Fuß schlecht? OP erforderlich«.

Die wegweisende Erkenntnis, die ich in meiner Praxiszeit gewann, war jedoch die Tatsache, dass ich den Fuß nicht mehr nur isoliert betrachten darf.

Unsere Füße sind die Basis unseres Körpers, weshalb Veränderungen an ihnen zu Veränderungen im gesamten Körper führen können. Die Last unseres Körpers ruht auf ihnen, die Statik baut auf ihnen auf. Doch was machen die meisten Ärzte? Untersuchen und überwiegend symptomorientiert handeln. Schmerzt der Rücken, liegt die Ursache im Rücken nah; schmerzt es bei verschiedenen Bewegungen in der Schulter, ist wahrscheinlich eine Struktur im Schultergelenk gereizt. Warum nicht mal einen Blick auf die Füße riskieren? Umgekehrt können sich aber auch Veränderungen an den inneren Organen oder dem Stoffwechsel am Fuß manifestieren, sprich dort in Erscheinung treten. Für die Patienten hat es sich schon immer gelohnt, wenn wir Ärzte über den Tellerrand unseres eigenen fachärztlichen Radius hinaus schauen und auch mal an Ursachen aus anderen Fachbereichen denken. Mittlerweile weiß ich, dass unsere Füße einen entscheidenden Einfluss auf unseren Gesundheitszustand und somit auf unser Wohlbefinden haben. Wenn man seine Füße im Blick behält, kann man viele körperliche Probleme verhindern. Einige Erkrankungen lassen sich sogar an den Füßen diagnostizieren. So ist zum Beispiel der akute Gichtanfall der Großzehe im Regelfall der erste Hinweis auf einen erhöhten Harnsäurewert. Schwere Beine oder Füße wiederum können ein Hinweis auf Durchblutungsstörungen sein. Und Haut- und Nagelveränderungen aufgrund eines Pilzbefalls stellen eine langfristige Belastung des Körpers dar.

Mit diesem Buch möchte ich Sie für Ihre Füße sensibilisieren, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass es das Anamnesegespräch (das Gespräch mit dem Patienten über das Entstehen seiner Beschwerden) leichter macht, wenn der Patient Gründe äußert, die mit den Beschwerden in Zusammenhang stehen könnten. Das Ziel muss es jedoch sein, gemeinsam die Ursache der Beschwerden auszumachen, um dann auch gemeinsam den Heilungsweg erfolgreich zu gehen. Das setzt voraus, dass der Patient bei der Therapie mithilft. Ärztliche Therapien können nämlich nur funktionieren, wenn die Bereitschaft des Patienten, mitzuarbeiten und den Anweisungen des Arztes Folge zu leisten (Patienten-Compliance), hoch ist. Nur so kann sich ein langfristiger Behandlungserfolg einstellen, der leichtfüßig macht!

1 Faszination Fuß

1.1 Als der Fuß das Laufen lernte

Wenn Sie sich schon einmal gefragt haben, was uns Menschen von den Tieren unterscheidet, haben Sie sicher nicht an unsere Füße gedacht, oder? Dabei ist die echte Zweibeinigkeit, also das permanente Laufen auf zwei Füßen, abhängig von unserem einzigartigen Fußaufbau. Ich möchte mit einer gewagten These beginnen, die ich stets im Rahmen einer Fußuntersuchung einfließen lasse: Demnach wurde die Entwicklung des Fußes vor langer Zeit erfolgreich von der Natur abgeschlossen. Seither ist eine allmähliche Rückentwicklung des Fußes zu beobachten. Schade eigentlich, denn die Evolution hat mit der Entwicklung des Fußes etwas Hervorragendes geschaffen. Die Vermutung liegt nahe, dass unseren Vorfahren erhebliche Vorteile daraus entstanden, dass sie von nun an auf zwei Beinen durchs Leben gehen konnten. Zudem vertritt die Wissenschaft die Ansicht, dass die Zweibeinigkeit an eine Leistungssteigerung unseres Gehirns gekoppelt ist. Lange wurde gegrübelt, wann diese entscheidende Veränderung vonstattenging, wann also die praktischen Greifwerkzeuge, wie sie heute noch die Affen haben, langsam ausgedient hatten und sich Füße und Hände zu entwickeln begannen. Diese Wissenslücke konnten Forscher 2011 schließen. Bis dahin war uns immerhin der Ardipithecus ramidus bekannt gewesen. Dieser Vormensch lebte vor etwa 4,2 Millionen Jahren und war bereits in der Lage, kurze Strecken aufrecht zurückzulegen. Doch die Betonung liegt auf kurz, denn der Aufbau seines Fußes unterschied sich kaum von dem der heutigen Affen. Ihre Füße waren als Greifwerkzeuge mit entsprechend großen Zehen ausgelegt, um sich problemlos in den Bäumen bewegen zu können, und somit bedeutend flexibler als unsere menschlichen Füße. Wo aber war die Verbindung zwischen dem Fuß dieses Vormenschen und unserem heutigen Fuß? Die Antwort gab uns ein einziger 3,2 Millionen Jahre alter Knochen, der Anfang 2011 in Äthiopien gefunden wurde. Dabei handelt es sich um den vierten Mittelfußknochen eines Australopithecus afarensis, jener Art, zu der auch die berühmte Vormenschdame Lucy gehört, deren unvollständiges Skelett – die Knochen der Hände und Füße fehlen leider – fast vier Jahrzehnte zuvor in der gleichen Gegend entdeckt worden war. Dieser Mittelfußknochen lieferte nun den Beleg dafür, dass Lucy und ihre Kollegen ebenso aufrecht stehen und gehen konnten wie wir Menschen. Denn dieser Knochen weist eine anatomische Besonderheit auf: Er ist so geformt, dass sich dadurch ein Fußgewölbe bilden konnte.

Und genau dieses Fußgewölbe ist unverzichtbar für ein Leben auf zwei Beinen. Insofern verwundert es auch nicht, dass Veränderungen des Fußgewölbes mit der Zeit zu Beschwerden im gesamten Körper führen können. Zunächst aber lassen Sie uns einen Blick auf die Entwicklung des normalen menschlichen Fußes werfen.

Bei einem gesunden Säugling ist alles niedlich – vor allem die zarten Füßchen mit den winzigen Zehen. Da die Zehen im Vergleich zum Gesamtfuß aber noch sehr klein sind, bezeichne ich Babyfüße als Knubbelfüße. In diesem frühen Stadium sieht man den entzückenden durch Fettpolster geschützten Füßchen wahrlich nicht an, dass sie knapp ein Viertel aller 206 menschlichen Knochen in sich tragen. Und was macht das Baby mit seinen Knubbelfüßen? Laufen jedenfalls noch nicht. Erst mal werden sie gründlich erkundet, indem Zehen wie Finger in den Mund gesteckt werden. Das Baby lutscht an den Zehen, und immer wieder wird kräftig gestrampelt. Denn Bewegung gehört zum Leben dazu – in jedem Alter. Wir bewegen uns als Baby und müssen uns auch noch im Rentenalter bewegen. Unser Körper ist auf Bewegung ausgelegt. So sind denn auch die spielerischen Übungen, die das Baby mit seinen Beinen und (nackten) Füßen macht, ein wichtiger Bestandteil seiner geistigen und motorischen Entwicklung. An dieser Stelle muss ich gleich mal auf das Thema Fußbekleidung kommen: Über unsere Füße nehmen wir eine Vielzahl von Reizen auf, die für eine gesunde Entwicklung und somit für ein gesundes Leben unverzichtbar sind. Unsere Füße brauchen Stimuli, damit Form und Funktionen beibehalten werden. Packen wir die Füße nun in Socken und Schuhe, entziehen wir ihnen die notwendigen Reize. Natürlich können wir nicht barfuß ins Büro und im Winter nicht ohne Stiefel draußen herumlaufen, dem Baby aber sollte man so oft wie möglich seine nackten Füßchen gönnen. Ein Babyfuß muss nicht verhüllt sein, wenn die Umgebungstemperatur angenehm ist. Schließlich ist er durch das Fettpolster ausreichend geschützt. Werden die Füße hingegen schon zu Beginn ihrer Bewegungskarriere ständig verhüllt, ist damit der Grundstein für eine unzureichende motorische und geistige Entwicklung gelegt.

Zunächst ist die Fußsohle des Säuglings vorn erheblich breiter als hinten und daher wie ein Dreieck. Zudem sieht der kleine Knubbelfuß aus wie ein Plattfuß, was dem Fußsohlenfett geschuldet ist. Dieser sogenannte Spitzysche Fettpfropf unterstützt das Fußgewölbe beim Laufenlernen.

Im Alter von etwa neun Monaten fängt das Baby an, sich an Stühlen, Tischbeinen und Regalen hochzuziehen und aufzustellen. Damit kommt zum ersten Mal Druck auf den kindlichen Fuß. Seine Form beginnt sich zu verändern und dem Stand auf zwei Beinen anzupassen. Das Fußfett schwindet, während Muskulatur und Bänder durch die neuartige Belastung gekräftigt werden. Bei einigen Kleinkindern liegt die zweite Zehe auf der dritten Zehe, doch diese kleine Anomalie verwächst sich normalerweise gegen Ende des vierten Lebensjahres. Inzwischen hat sich die Fußgröße seit der Geburt verdoppelt. Von nun an verlangsamt sich das Wachstum auf durchschnittlich 0,9 Zentimeter im Jahr. Der Mädchenfuß ist dann im Alter von 14 Jahren ausgewachsen; die Füße der Jungs wachsen noch zwei Jahre lang weiter. Das erklärt auch, warum der Männerfuß im Verhältnis zur Körpergröße im Schnitt zwei bis drei Zentimeter größer ist als der Frauenfuß. Der Fuß ist übrigens das erste Teil des menschlichen Skeletts, das aufhört zu wachsen. Während des frühkindlichen Wachstums verändert sich auch die Beinachse. Da über die Beinachse die Belastung der angrenzenden Gelenke wie Fuß-, Knie- und Hüftgelenke bestimmt wird, können Abweichungen von einer geraden Beinachse langfristig zu Beschwerden führen. Bei normaler Lage im Mutterleib kommt das Baby zunächst mit einer O-Beinstellung auf die Welt, die sich im Regelfall innerhalb von zwei bis vier Jahren zurückbildet. Aber auch eine vorübergehende X-Beinstellung bei Zwei- bis Vierjährigen ist keine Seltenheit. Beinachsenveränderungen nach dem sechsten Lebensjahr hingegen sollten von einem Orthopäden begutachtet werden. Eine Bitte aus meiner Erfahrung als Arzt: Wenden Sie sich vertrauensvoll an den Kinderarzt oder Orthopäden, sobald Sie den Verdacht haben, dass am Fuß oder Bein Ihres Kindes etwas nicht stimmt. Lieber schauen wir Ärzte einmal zu viel als einmal zu wenig auf den Kinderfuß. Dafür ist die gesunde Entwicklung des Fußes einfach zu wichtig. Leider stellen wir Orthopäden jedoch fest, dass die elterliche Fürsorge die Füße ihres Nachwuchses betreffend nicht optimal ist. Aus diesem Grund hat der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)die Aktion »Zeigt her Eure Füße« ins Leben gerufen. Engagierte Orthopäden besuchen Grundschulen, um die Füße der Schüler kostenlos zu untersuchen und gegebenenfalls eine Empfehlung für die Eltern auszusprechen. Denn der gesunde Kinderfuß ist die Basis für eine gesunde Körperstatik und somit für einen gesunden Bewegungsapparat im Laufe der Entwicklung.

1.2 Auf gutem Fuße oder: Der Idealfuß – Anatomie I

Unser Fuß ist ein wahres Meisterwerk der Evolution. Immerhin muss er auf einer relativ kleinen Fläche unser gesamtes Körpergewicht tragen. Beim Stehen werden etwa 70 Prozent von Ferse und Fußballen getragen, etwa 15 Prozent vom Fußaußenrand und etwa 12 Prozent von den Zehen. Dass kein Fuß dem anderen gleicht, weiß jeder, der sich schon mal am Strand oder im Schwimmbad umgeschaut hat. Insofern bin ich auch der Auffassung, dass es falsch wäre, von einem »Normalfuß« zu sprechen. Ich spreche lieber von dem »Idealfuß«, der es uns ermöglicht, gut zu Fuß zu sein. Um den Idealfuß zu verstehen, werde ich Sie auf eine kleine anatomische Reise mitnehmen …

Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, woraus der Fuß besteht und was man alles an ihm sehen kann? Ich verspreche Ihnen, mit diesem Wissen können Sie auf der nächsten Party Eindruck schinden. Allein die Frage, wie viele Knochen der menschliche Körper hat, bringt auch so manchen Mediziner ins Grübeln. Die richtige Antwort lautet: 206 Knochen umfasst unser menschliches Skelett normalerweise – bei anatomischen Varianten kann es auch mal ein Knochen mehr oder weniger sein. 26 davon finden wir in jedem Fuß (plus zwei sogenannte Sesambeine). Das macht zusammen 52 Knochen und somit knapp 25 Prozent aller Knochen aus. Das wird nur noch von unseren Händen getoppt, die jeweils noch zwei Knochen mehr haben. Die Evolution muss sich etwas dabei gedacht haben, eine so große Anzahl von Knochen auf so kleinem Raum unterzubringen …

Unsere Fußknochen stehen über verschiedene Gelenke miteinander in Verbindung, wodurch eine gute Beweglichkeit gewährleistet ist. Zu den Fußknochen gehören die Zehenknochen (Ossa digitorum pedis), die Mittelfußknochen (Ossa metatarsi) und die Fußwurzelknochen (Ossa tarsi). Zehen- und Mittelfußknochen bilden den Vorfuß, die Fußwurzelknochen zusammen mit oberem und unterem Sprunggelenk den Rückfuß.

Das obere Sprunggelenk können Sie am Innen- und Außenknöchel erkennen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um zwei eigenständige Knochen, sondern um die jeweils unteren Teile von Schien- und Wadenbein. Haben Sie beim Lesen gerade unwillkürlich an Ihre Knöchel gefasst? Wenn ja: Super, denn Sie entwickeln schon ein Gefühl für Ihre Füße. Wenn nicht, dann warten Sie bis zum nächsten Kapitel, in dem wir uns der Selbstuntersuchung des eigenen Fußes widmen.

Das Sprunggelenk – fast unweigerlich denkt man an Umknicken und Bänderrisse – ist die Verbindung zwischen Fuß und Unterschenkel. Eine stabile Gelenkverbindung braucht allerdings mehr als zwei Knochen. Dafür sind Bänder, im Bereich des Sprunggelenkes die Außen- und Innenbänder, nötig sowie eine Gelenkkapsel.

Unser Rückfuß besteht aus Sprungbein (Talus), Fersenbein (Calcaneus), Kahnbein (Os naviculare), Würfelbein (Os cuboideum) sowie dem 1. bis 3. Keilbein (Os cuneiforme I bis III). Das Würfelbein und die Keilbeine sind immens wichtig für die Ausbildung unseres Fußgewölbes.

Unser Vorfuß wiederum setzt sich zusammen aus dem 1. bis 5. Mittelfußknochen (Ossa metatarsalia I bis V), den Zehenknochen (Ossa digitorum pedis) und den zwei Sesambeinen. Auch hier steht natürlich jeder Knochen mit seinem Nachbarknochen über ein Gelenk in Verbindung. Auch diese Gelenke können mitunter Beschwerden verursachen. Dazu kommen wir aber erst später …

Neben seiner knöchernen Anatomie ist die Stellung des Fußes in Bezug zu Bein- und Körperachse bedeutsam. Während die O- und X-Stellung der Beinachse allgemein bekannt ist, dürften die Begriffe »Pronation« und »Supination« vor allem Läufern und Joggern vertraut sein. Als Pronation bezeichnet man die Drehung des Fußes um seine Längsachse, bei welcher der äußere Rand gehoben und der innere Fußrand gesenkt wird. Somit beschreibt die Supination des Fußes die Hebung des inneren Fußrandes bei gleichzeitiger Senkung des äußeren. An ausgelatschten Schuhen lässt sich übrigens gut erkennen, welche Fußstellung seine Trägerin/sein Träger hat. Achten Sie bei Ihrem nächsten Zoobesuch doch mal darauf, wie die Stellung der Affenfüße ist. Für den Gang der Affen ist eine Belastung über den Fußaußenrand charakteristisch, weil ihre Füße immer eine Supinationsstellung aufweisen. Bei uns Menschen hingegen steht der vordere Teil unseres Fußes normalerweise in einer Pronationsstellung.

Kleine praktische Übung zur Veranschaulichung:

Nehmen Sie ein Frotteehandtuch, das Sie nun zweimal quer falten. Damit simulieren wir nun die Statik Ihres Fußes: Ergreifen Sie die beiden Enden bzw. Kurzseiten des zusammengefalteten Handtuches und »wringen« Sie diese gegenläufig zueinander.

Das eine Ende steht für den Rück-, das andere Ende für den Vorfuß. Bei diesem Vorgang wird Ihnen auffallen, dass sich zunächst ein Bogen nach oben bilden wird und schließlich beide Enden gegenläufig zueinander stehen. Damit haben Sie mit Ihrem Handtuch soeben das typische Fußgewölbe gebildet. Erinnern wir uns an den prähistorischen vierten Mittelfußknochen … Der ist nicht gerade, sondern birgt eine Drehung (Torsion) in sich. Ohne diese Drehung würden Vor- und Rückfuß in einer Geraden stehen, ganz ohne Stabilität für Quer- und Längsgewölbe. Erst durch die Drehung im Fuß (Vor- gegen Rückfuß) bildet sich das Spiralgewölbe, das dem Fuß gleichermaßen Stabilität wie Flexibilität verleiht. Als kleine Ergänzung an dieser Stelle: Selbst manche Mediziner verstehen das nicht!

Dieses sogenannte Spiralgewölbe ermöglicht uns durch Drehung (Torsion) das Leben auf nur zwei Beinen. Äußerlich sehen wir ein Längs- und ein Quergewölbe. Das Längsgewölbe spannt sich vom Fersenbein bis zum Großzehengrundgelenk und sorgt für Stabilität. Das Quergewölbe befindet sich im Vorfuß zwischen den fünf Mittelfußköpfchen und ist besonders elastisch. Sind Längs- und Quergewölbe optimal ausgebildet, haben wir es mit einem »Idealfuß« zu tun, dessen innere Spirale ebenfalls perfekt ausgebildet ist. Unterschiedliche Muskelgruppen in Beinen und Füßen sorgen zudem für einen reibungslosen Bewegungsablauf beim Gehen: Aufsetzen, Dämpfung, Abrollvorgang, Abstoßen. Da Muskeldefizite zu einer falschen Beanspruchung und somit zu Fehlern im System »Gehen« führen, ist es wichtig, dass die entsprechenden Muskelgruppen trainiert werden. So arbeitet unsere Wadenmuskulatur kräftig beim Auftreten und Abstoßen, während die Schienbeinmuskeln die Pronationstellung im Vorfuß und die Supinationsstellung im Rückfuß halten. Die Muskulatur im Fußsohlenbereich wiederum ermöglicht dem Längsgewölbe die erforderliche Spannung, wohingegen die Vorfußmuskulatur das Quergewölbe unterstützt und sowohl als Stoßdämpfer wie auch als Abstoßfeder fungiert.

1.3 Der eigene Fuß

Vielleicht haben Sie sich ja schon mal gefragt, ob Ihr Fuß dem Idealbild eines Fußes entspricht. Oder haben Sie bereits die eine oder andere Abweichung festgestellt? Keine Sorge: In meiner täglichen Praxisarbeit sehe ich sehr selten einen Idealfuß. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wann haben Sie Ihren Fuß zuletzt so richtig wahrgenommen? Ihre Hände sehen Sie und andere Menschen täglich. Entsprechend viel Aufmerksamkeit respektive Pflege wird ihnen zuteil. Bei den Füßen hört die Liebe aber offenbar auf. Viele Menschen gehen mit ihren Füßen jedenfalls alles andere als sorgsam und respektvoll um, was erst dem Fuß und dann auch dem Menschen nicht gut bekommt. Doch zurück zum Aussehen Ihres Fußes …

Es gibt drei verschiedene (normale) Fußtypen: Der ägyptische Fuß ist mit rund 60 Prozent am häufigsten in Europa vertreten. Er zeichnet sich durch eine annähernd gleiche Länge von erster Zehe (Großzehe) und der benachbarten zweiten Zehe aus. Der ganze Fuß erscheint hierbei sehr kompakt und ist meist mit einer kräftigen Muskulatur versehen. Die Zehen selbst wirken dabei relativ kurz, und das restliche Fußsohlenfett ist eher derbe als weich. Nun gibt es einige Psychoanalytiker, die dieser Fußform spezielle Charaktereigenschaften wie rebellisch und impulsiv nachsagen. Ich als Mediziner halte mich lieber an Fakten und freue mich als Musikfan, dass The Bangles in den 80er-Jahren einen Song über diese Fußform produziert haben: »Walk like an Egyptian«. Über den griechischen Fuß gibt es, soviel ich weiß, noch keinen Song, aber der griechische Fuß kommt ja auch nur am zweithäufigsten in Europa vor. Sein besonderes Merkmal ist die zweite Zehe, denn sie ist länger als die vier anderen. Da auch der entsprechende Mittelfußknochen oft verlängert ist, entsteht ein Belastungsproblem beim Abrollen. Deshalb ist diese Fußform auch äußerst ungünstig für bestimmte Belastungen wie Ballett. Und »Fußlesern« gilt seine Besitzerin/sein Besitzer aber wenigstens als ausgesprochen enthusiastisch, aktiv und gut gelaunt. Die dritte und Europas seltenste Fußform ist der römische Fuß. Dieser hat ein sehr breites, relativ gedrungenes Aussehen. Die ersten drei Zehen sind fast gleich lang, während die vierte und fünfte Zehe deutlich kürzer sind. Früher wurde dieser Fuß auch als Quadratfuß bezeichnet. Das empfanden viele Menschen allerdings despektierlich, weshalb wir heute vom römischen Fuß sprechen. Der »Römer« soll extrovertiert sein, eine positive Ausstrahlung haben und gut zuhören können. Ich persönlich habe zwar noch keinen Zusammenhang zwischen Fußform und Charakter feststellen können, aber für manche Erkenntnis braucht »Mann« ja bekanntlich etwas länger …

Sicher haben Sie längst Schuhe und Strümpfe ausgezogen und sich Ihre Fußform genau angeschaut.

Selbstuntersuchung

Für weitere Einblicke in Ihr Fußleben stellen Sie sich nun barfuß hin. Platzieren Sie hinter sich einen Spiegel auf dem Boden, in dem Sie den Verlauf Ihrer Achillessehnen betrachten können. Wenn sie keinen Spiegel zur Hand haben oder Ihnen das Betrachten im Spiegel schwerfällt, bitten Sie eine andere Person, Ihre Füße von hinten mit dem Handy zu fotografieren oder zu filmen.

Im Idealfall sehen Sie eine senkrecht verlaufende Achillessehne. Ist dies nicht der Fall, können Sie bereits Ihre erste Fußdiagnose stellen: Sie haben eine Knickfußkomponente. Das muss Sie aber nicht sofort beunruhigen. Denn solange Ihr Fuß diesen Zustand bei Belastung noch kompensieren kann, ist weder Hopfen noch Malz verloren. Um das zu testen, begeben Sie sich nun in den Zehenspitzenstand, zunächst auf beiden Beinen, dann nur auf einem Bein. Zeigt die Achillessehne bei dieser Belastung nun doch einen senkrechten Verlauf, wird Ihr Fuß noch ausreichend durch die umgebende Muskulatur stabilisiert.

Nehmen Sie jetzt ein etwa DIN-A3-großes Blatt weißes Papier, auf das Sie sich mit beiden Füßen stellen. Denn nun möchten wir abklären, welche Fußform Sie haben. Befeuchten Sie Ihre Fußsohlen mit Wasser oder bestreichen Sie sie mit Finger- oder Tuschfarbe. Empfehlen kann ich auch einen feuchten Sandstrand oder die trockenen Fliesen neben dem Pool, um einen gut sichtbaren Fußabdruck zu bekommen. Das Blatt Papier tut’s aber auch – und hat zudem den Vorteil, dass Sie die Umrisse Ihres Fußes mit einem Stift nachziehen können. Also warten wir mit dem Strandurlaub lieber bis zur Ganganalyse …

Haben Sie Ihren Fußumriss nun vorliegen? Bei dem Idealfußabdruck sind alle drei Abschnitte des Fußes zu erkennen: Im Vorfußbereich sind es die Zehenendglieder sowie der gesamte Fußballen, im Mittelfußbereich hingegen ist nur der äußere Rand sichtbar (macht ein Drittel der Vorfußballengröße aus). Und der Rückfuß erzeugt wieder einen vollständigen Abdruck.

Fällt der Mittelfuß allerdings breiter aus als ein Drittel, dann haben Sie einen Senkfuß.

Ist sogar der gesamte Mittelfuß auf dem Abdruck zu erkennen, dann sind Sie Besitzer eines Plattfußes.

Ihr Abdruck zeigt gar keine Auflagefläche im Mittelfußbereich, sprich, Ihr »Fußkunstwerk« ist zweigeteilt, dann dürfte dies an Ihrem Hohlfuß liegen. Oder Sie haben einen ausgeprägten Knickfuß, bei dem der Fußaußenrand vom Papier abhebt, weil der Fuß nach innen gekippt ist.

Je nach Ausprägungsgrad fügen wir Orthopäden die Adjektive dezent, mäßig, mittelgradig oder deutlich hinzu.

Wenn Sie Ihre Fußdiagnose absichern möchten, empfehle ich folgenden Test: Machen Sie sich ein Bild von der Innenseite (nicht Unterseite!) Ihres Fußes beim Stehen – wieder mit Spiegel oder Handy. Bei einem Idealfuß sieht man das bogenförmig gespannte Längsgewölbe, unter das im zentralen Mittelfußbereich problemlos der kleine Finger passen würde. Wenn nicht, dann haben wir es entweder mit einem Senkfuß oder, sollte nicht mal ein weiteres Blatt Papier darunter passen, mit einem Plattfuß zu tun. Bei einem Hohlfuß wiederum könnten Sie theoretisch den ganzen Finger wie durch einen Tunnel hindurchstrecken.

Glückwunsch! Sie haben jetzt schon mehr Zeit auf die Untersuchung der Füße verwendet, als so mancher Arzt es je tun würde.

Kommen wir nun zum nächsten Teil der Selbstuntersuchung …

Setzen Sie sich auf einen Stuhl und greifen Sie, wenn es geht, einen Fuß. Schauen Sie sich den Vorfuß von der Fußsohle aus an. Auch hier kann gegebenenfalls ein »Assistent« entsprechende Handyaufnahmen machen. Beim entspannten »Idealfuß« bildet sich zwischen der ersten und fünften Zehe das sogenannte Quergewölbe, dessen Spitze zum Fußrücken zeigt.

Ist dieses bogenförmige Quergewölbe abgeflacht oder gar nicht mehr vorhanden, liegt ein Spreizfuß vor. Bei einem ausgeprägten Spreizfuß ist das Gewölbe durchgetreten, und die Bogenspitze findet sich auf der Fußsohlenseite. Dann können Sie dort unter dem Fußballen auch meistens Hornhaut ertasten.

Nun sollten Sie schon mit großer Sicherheit Ihre grundlegende Fußform bestimmen können. Bei einer medizinischen Fußuntersuchung werden auch Zehenstellung und Fußnägelbeschaffenheit begutachtet sowie der Fuß abgetastet, um den Zustand der Haut, die Hauttemperatur, Druckempfindlichkeit, Sensibilität und mögliche Schwellungen festzustellen.

Übrigens: Im Rahmen einer Fußuntersuchung in meiner Praxis muss der Patient immer beide Füße freilegen, auch wenn nur ein Fuß schmerzt, da der Vergleich mit dem beschwerdefreien Fuß zur Sicherstellung einer Diagnose erforderlich ist.

Die Fußuntersuchung in der Praxis

»So kleine Füße – und stinken schon wie große!« Dieser Satz ist mir im Laufe meiner Tätigkeit schon ziemlich oft in den Sinn gekommen, und von einem Lächeln begleitet kommt er auch bei den Patienten gut an. Daher gleich zu Anfang meine »3 goldenen Regeln« für eine erfolgreiche Fußuntersuchung beim Orthopäden:

Bitte erscheinen Sie mit gewaschenen Füßen in frisch gewaschenen Socken.Achten Sie darauf, dass Sie nicht mit feuchten Füßen in die Socken schlüpfen. Kein Orthopäde kämpft sich gern durch an der Haut klebenden »Sockenflaum«.Gehen Sie nie davon aus, dass Ihr Arzt abgestumpft ist und schon alles gesehen und gerochen hat.

Aber da jede erfolgreiche Behandlung von Fußbeschwerden Teamsache ist, muss natürlich auch der Orthopäde die Regeln seiner Kunst befolgen. Es soll jedoch Kollegen geben, die bei einem Erstkontakt, also dem ersten Zusammentreffen von Arzt und Patient, orthopädische Schuheinlagen verschreiben, ohne einen gründlichen Blick auf die Füße geworfen zu haben. Handelt es sich womöglich um Hellseher? Mir ist es jedenfalls in all den Jahren meiner ärztlichen Tätigkeit nicht gelungen, per »Röntgenblick« durch das Schuhwerk des stehenden oder sitzenden Patienten hindurch eine sichere Fußuntersuchung durchzuführen. Und so bitte ich den Patienten häufig, das eine oder andere Kleidungsstück abzulegen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass der (Neu-)Patient verwundert ist, weil er es bis dato nicht gewohnt war, sich bei einem Arzt freizumachen. Die moderne Gerätemedizin hinterlässt ihre Spuren: Statt eine gründliche Untersuchung am unbekleideten Patienten durchzuführen – wie man es die Medizinstudenten lehrt –, wird lieber zum Röntgen oder ins Kernspin (Magnetresonanztomographie, kurz MRT) geschickt. Die Diagnose beruht somit nur auf dem Anamnesegespräch und einer bildgebenden Untersuchung. Für viele Patienten mag das die akzeptierte Wirklichkeit sein, doch etliche gesundheitliche Probleme lassen sich damit nicht lösen. Gerade wenn es um den Fuß geht, suchen Schmerzgeplagte heute häufiger alternative Anlaufstellen auf. Verständlich, denn so mancher Physiotherapeut, orthopädischer Schuhtechniker oder Sportwissenschaftler hat zugegebenermaßen mehr Kenntnisse über Füße als der studierte Orthopäde. Dieser muss sich schon zum »Fußspezialisten« berufen fühlen und sich eigenständig entsprechend mehr Wissen aneignen. Alle anderen fahren weiter auf ihrer Schmalspurbahn und begnügen sich damit, die verschiedenen Fußformen zu kennen, die Sie bereits nach wenigen Buchseiten bestimmen können. Allerdings verwenden wir Ärzte zur Bestimmung der Fußform normalerweise Trittschaum in einer Faltschachtel: Der Patient tritt langsam erst mit dem einen, dann mit dem anderen Fuß in den Schaum, wodurch, anders als beim Papierabdruck, ein dreidimensionaler Fußabdruck entsteht. Zusätzlich kann man einen Fußscanner mit Druckpunktbestimmung nutzen, um die konkrete Belastung der Füße zu erfassen. Doch beide Untersuchungsmethoden bleiben eine Momentaufnahme. Insofern kann es sich bei komplizierteren Fußveränderungen lohnen, auf die Möglichkeit der dynamischen Fußdruckmessung zurückzugreifen (siehe Seite 43).

1.4 Gut vernetzter Fuß – Anatomie II

Ist Ihnen bewusst, dass Ihr Fuß ständig für Sie arbeitet, ohne dass Sie wirklich daran mitwirken müssen? Innerhalb des ersten Lebensjahres programmiert unser Körper den Fuß so, dass wir nicht mehr aktiv auf jeden Schritt achten müssen. Fast wie bei unserer Atmung. Von Geburt an bestehen gewisse Bewegungsautomatismen, die im Zuge der Evolution entstanden und die bei den entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen vom Kinderarzt getestet werden. Neugeborene verfügen zum Beispiel über den sogenannten Schreitreflex. Stellt man ein Baby auf eine flache Unterlage und stützt es dabei mit den Händen ab, beginnt es voranzuschreiten. Dieser Reflex wird durch die Druckbelastung an der Fußsohle ausgelöst. Aber auch ein anderer Reflex wird dadurch hervorgerufen: der Fußgreifreflex. Das bedeutet, dass der Fuß automatisch versucht, den Untergrund zu erfassen. Das Gehen ist also tief in uns verankert – und ein zentraler Bestandteil unseres menschlichen Lebens.

Wie wir bereits gesehen haben, besteht unser Fuß aus vielen verschiedenen Strukturen wie Knochen, Bändern und Muskeln. Letztere setzen über ihren sehnigen Anteil am Knochen an und werden über die Fußnerven angesteuert. Nun hat unser Körper zu Beginn des Lebens die hochkomplexe Aufgabe, all diese unterschiedlichen Strukturen so zu koordinieren, dass wir eines Tages problemlos mit unseren Füßen durch den Alltag marschieren können. Und nicht nur das: Wir können auch springen, tanzen und klettern … Welche Eigenschaft des Fußes ist Ihrer Meinung nach dafür verantwortlich, dass wir zu alledem in der Lage sind? Es ist das Fühlen. Das Fühlen und Registrieren von Veränderungen ist die Basis für eine optimale Funktion des Fußes. Das bedeutet, dass man seinen Fuß schwächt, wenn man ihn seiner Möglichkeit des Fühlens beraubt, zum Beispiel indem man selbst zu Hause noch in (Haus-)Schuhen herumläuft oder gar -sitzt. War Ihnen bewusst, dass das Fühlen der erste unserer fünf Sinne ist, der sich bei dem Fötus im Mutterleib ausbildet? Durch das Fühlen erhalten wir nämlich eine Menge Informationen – über uns selbst wie auch über unsere Umwelt. Erinnern wir uns an das Baby, das seine Zehen und Finger in den Mund nimmt. Dieser Vorgang löst einen Empfindungsreiz an den entsprechenden Stellen aus, was wiederum die Entwicklung des Gehirns und die Ausschüttung von Wachstumshormonen bei dem kleinen Menschenkind fördert. Deswegen ist körperliche Nähe ein Muss, und zwar das ganze Leben lang. Der Fuß ist ein Körperteil, das überraschenderweise mit einer Vielzahl von Nervenzellen (mehr als an Rücken und Oberarm) ausgestattet ist, die auch im Erwachsenenalter stimuliert werden sollten. Diese Eigenschaft macht sich die Fußreflexzonenmassage zunutze (siehe Seite 247); und der Abschnitt über die Erotik des Fußes (siehe Seite 241) kommt ja auch nicht von ungefähr. Schließlich können uns angenehme Berührungen wie kein anderer Sinneseindruck in Entzücken, ja sogar in Ekstase versetzen.

Um so unterschiedliche Reize wie Druck, Vibration, Stellung, Temperatur, Berührung und Schmerz wahrnehmen zu können, stehen dem Körper verschiedene Empfindungszellen (Rezeptoren) in der Haut zur Verfügung. Die Haut ist aus drei Schichten aufgebaut: Das, was wir sehen, ist die Epidermis, die Oberhaut. In ihr liegen die bereits 1875 entdeckten Merkel-Zellen (Merkel-Körperchen), die als Druckrezeptoren unterschiedliche Drücke wahrnehmen und dieses Signal – wie alle anderen Rezeptoren auch – als elektrischen Impuls über das Rückenmark an das Gehirn weiterleiten. Unter der Epidermis liegt die Lederhaut, die als sogenannte Dermis Talg- und Schweißdrüsen sowie die Haarwurzeln enthält. Die Reizerfassung am Fuß über die Haarfollikelrezeptoren ist jedoch, anders als am Unterarm, nur minimal. In dieser Schicht sind zwei andere Rezeptorgruppen von Bedeutung: Mit den Ruffini-Körperchen, die auch in den Gelenkkapseln zu finden sind, erfasst der Körper den Dehnungszustand der Haut und erhält somit wichtige Informationen über die Stellung der Gliedmaßen und Gelenke. Hingegen reagieren die Meissner-Tastkörperchen