Lektüreschlüssel. Gustave Flaubert: Madame Bovary - Gustave Flaubert - E-Book

Lektüreschlüssel. Gustave Flaubert: Madame Bovary E-Book

Gustave Flaubert

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Beschreibung

Reclams "Fremdsprachen-Lektüreschlüssel" folgen dem bewährten Aufbau- und Darstellungsprinzip der Lektüreschlüssel zur deutschen Literatur. Sie beziehen sich auf den fremdsprachigen Originaltext (wenn möglich in Reclams Roter Reihe), sind aber auf Deutsch verfasst und unterstützen ebenso die Lektüre der deutschen Übersetzung. Eine "Checkliste" enthält Aufgaben zur Verständniskontrolle in der Fremdsprache. Unter dem Darstellungstext stehen Übersetzungshilfen und Schlüsselbegriffe in der Fremdsprache, um die Bearbeitung dieser Aufgaben und ein fremdsprachiges Referieren über das Werk zu erleichtern. Lektüreschlüssel erschließen einzelne literarische Werke. Um eine Interpretation als Zentrum gruppieren sich 10 wichtige Verständniszugänge: * Erstinformation zum Werk * Inhaltsangabe * Personen (Konstellationen) * Werk-Aufbau (Strukturskizze) * Wortkommentar * Interpretation * Autor und Zeit * Rezeption * "Checkliste" zur Verständniskontrolle * Lektüretipps mit Filmempfehlungen * Raum für Notizen Flauberts Roman erzählt die Geschichte der jungen Emma Bovary, die aus ihrem langweiligen Leben zu fliehen versucht, Ehebruch begeht und am Ende keinen anderen Ausweg als den Selbstmord sieht. Dem Autor brachte sein Werk eine Anklage wegen Verstoßes gegen die öffentliche Moral ein. Das Gericht rügte insbesondere den schockierenden Realismus der Darstellung, sprach Flaubert aber frei. Über ein Dutzend Mal verfilmt, zählt Flauberts "Sittenbild aus der Provinz" zu den unvergänglichen Werken der Weltliteratur.

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Seitenzahl: 85

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LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

Gustave Flaubert

Madame Bovary

Von Thomas Degering

Philipp Reclam jun. Stuttgart

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe in der Originalsprache: Gustave Flaubert: Madame Bovary. Édition abrégée. Hrsg. von Karl Stoppel. Stuttgart: Reclam, 2005 [u. ö.] (Universal-Bibliothek. 9142) [unter Einbezug der vollständigen deutschen Reclam-Ausgabe des Romans (Universal-Bibliothek. 5666)].

Alle Rechte vorbehalten© 2007, 2012 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., StuttgartGesamtherstellung: Reclam, DitzingenMade in Germany 2012RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK undRECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetrageneMarken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., StuttgartISBN 978-3-15-960066-6ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015387-1

www.reclam.de

Inhalt

1. Erstinformation zum Werk

2. Inhalt

3. Personen

4. Erzähltechnik, Aufbau, Struktur

5. Interpretation

6. Autor und Zeit

7. Rezeption

8. Dossier pédagogique

9. Lektüretipps / Filmempfehlungen

Anmerkungen

1. Erstinformation zum Werk

Flauberts Roman Madame Bovary. Mœurs de province erschien zuerst Ende 1856 in Fortsetzungen in der Revue de Paris. Nach dem Anfang 1857 unmittelbar auf den (Vor-)Abdruck folgenden spektakulären Prozess gegen den Autor und die Herausgeber der Revue »pour atteinte aux bonnes mœurs et à la religion«1, der mit einem Freispruch endete, wurde die Buchpublikation von Flauberts Debütroman zumindest beim Publikum ein großer Erfolg. Die Literaturkritik reagierte vielfach ablehnend. Was nicht verhinderte, dass Madame Bovary vielleicht zu dem Roman der französischen Literatur und zu einem Klassiker der Weltliteratur wurde.

Für heutige Leser ist auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar, weshalb es überhaupt zu einer Anklage gegen Flaubert kam – zumal die Herausgeber der Revue in seinem Manuskript in ängstlicher Prävention etliche Streichungen vorgenommen hatten, teilweise ohne Zustimmung des aufgebrachten Autors, der schließlich eine Protestnote einrücken ließ und sie in der Buchausgabe wieder rückgängig machte. Auch wenn man die Rolle der Presseund Literaturzensur im 19. Jahrhundert, speziell in Frankreich unter Napoléon III. (der seit 1851 als eine Art Diktator herrschte), berücksichtigt, kann man auf Anhieb kaum Gründe für die Strafverfolgung Flauberts ausmachen.

Dennoch leitete den französischen Staat bei der Anklageerhebung ein richtiger Instinkt, denn dieser Roman über ein Ehedrama hatte es unter seiner Oberfläche tatsächlich in sich – doch die von der Anklage behaupteten Obszönitäten enthielt er nicht. »J’ai une baisade qui m’inquiète fort et qu’il ne faudra pas biaiser, quoique je veuille la faire chaste, c’est-à-dire littéraire, sans détails lestes, ni images licencieuses.«2 Zum einen lieferte Flaubert die äußerst scharfsinnige Analyse einer »unmoralischen Frau«. Und dann bot der Roman, von Flaubert selbst als »kritisches Werk« tituliert3, eine Kritik des bürgerlichen (Land-)Lebens, wie bereits der Roman-Untertitel andeutete, der denn auch in die Anklage (s. o.) einfloss.

Insofern enthieltMadame Bovary, deren Handlung ca. zwischen 1828 und 1847 und hauptsächlich während der »Julimonarchie« des »Bürgerkönigs« Louis Philippe spielt, »Sprengstoff«. Schon allein die Staats-Satire im Kapitel VIII des II. Teils (»Das Fest der Landwirte«) war eine Provokation; ebenso die Ironie, mit der Flaubert im Apotheker Homais den französischen Normalbürger verspottete. Das wahrhaft Gefährliche an dem Roman aber bestand darin, dass Flaubert ihn unter das Diktum seiner drei ästhetischen Prinzipien »impersonnalité«, »impartialité«, »impassibilité« gestellt hatte, so dass ihm am Ende nichts »nachzuweisen« war.

»L’apparition de Madame Bovary fut une révolution dans les lettres«, stellte Maupassant 1884 fest, und: »c’était la vie elle-même apparue.«4Madame Bovary gilt als erster »wirklich« realistischer Roman der Literatur, weil das Werk, nach Balzacs Comédie humaine, das Leben ohne jede Romantik, mit objektiver, wissenschaftlicher Exaktheit schilderte. Doch tat es nicht nur dies. Flaubert brachte vielmehr über vier Jahre mit dem Versuch zu, ein Buch zu schreiben, welches die Realität in eine derart zwingende poetische Gestalt brachte, dass die literarische Macht (Maupassant), die von ihm ausging, die Wirklichkeit auf eine einzigartige Weise erkennbar und erfahrbar machte (vgl. Kap. 6).

Durch Literatur Leben schärfer und klarer begreifen: so lautete Flauberts ›didaktisches‹ Programm für den Leser, das er in Madame Bovaryerstmals realisierte. Für ihn selbst bedeutete jedes seiner Werke ›Rache‹ an der sezierten bürgerlichen Lebenswirklichkeit und Protest gegen sie. »Je suis un des gueulards au désert de la vie«5, schrieb er, und: »Ce qui me soutient, c’est la conviction que je suis dans le vrai, et si je suis dans le vrai, je suis dans le bien. J’accomplis un devoir, j’exécute la justice«.6

Prozess:le procès

Publikum:le public

Leser(in):lecteur(-trice)

etw. berücksichtigen:considérer qc

Obszönität:l’obscénité (f.)

scharfsinnig (Adj.):pertinent(e)

Landleben:la vie à la campagne

etw. enthalten:contenir qc

Handlung:l’action (f.)

Apotheker(in):pharmacien(ne)

Versuch:la tentative

etw. schreiben: écrire qc

Wirklichkeit:la réalité

erstmals:pour la première fois

Rache:la vengeance

2. Inhalt

Der Roman Madame Bovary hat drei Teile mit insgesamt fünfunddreißigKapiteln (die Flaubert erst im letzten Moment einsetzte) und umfasst in der vollständigen deutschen Reclam-Ausgabe 431 Seiten. (Seitenumfangsangaben im Folgenden nach der édition abrégée.)

I,I (13–30). Charles Bovary, Sohn eines ehemaligen Hilfschirurgen bei der Armee, kommt um das Jahr 1828 als 15-Jähriger im Herbst vom Land auf das Gymnasium in Rouen. Von Mitschülern und Lehrern wegen seiner sonderbaren Mütze und seines Namens verspottet, hält er sich dennoch in der Klasse, wird aber später vorzeitig von der Schule genommen, um nach dem elterlichen Willen Medizin zu studieren. Erst im zweiten Versuch besteht er die Prüfung als »officier de santé« (28,5). Er wird Landarzt in Tostes und heiratet auf Geheiß der Mutter die Witwe Dubuc, bei der Charles’ Eltern Vermögen vermuten.

I,II (30). Als Charles den Beinbruch Monsieur Rouaults, eines reichen Landwirts in Les Bertaux, behandelt, lernt er dessen hübsche Tochter Emma, eine vormalige Klosterschülerin, kennen und verliebtsich in sie. Seine Frau macht ihm heftige Szenen, stirbt aber, nachdem Charles’ Eltern sie wegen Vorspiegelung falscher Vermögensverhältnisse mit Anwürfen attackiert haben.

I,III (31–34). Charles besucht Emma regelmäßig in Les Bertaux. Sie lernen sich näher kennen, wobei Emma den Arzt aus Tostes mit sexuellen Signalen zu locken versucht. Charles’ aus Angst immer wieder verschobener Heiratsantrag wird von Emmas Vater angenommen, da er ihn als preiswerten Schwiegersohn einstuft, »qu’il ne chicanerait pas trop sur la dot« (33,19 f.). Charles und Emma bereiten die Hochzeit vor; »on rêvait à la quantité de plats qu’il faudrait et quelles seraient les entrées« (34,4–6).

I,IV (34–39). Emmas und Charles’ Hochzeit findet in Les Bertaux statt. Nach der Hochzeitsnacht wirkt Charles wie »un autre homme« (38,15 f.), »tandis que la mariée ne laissait rien découvrir où l’on pût deviner quelque chose« (38,17 f.). Das Ehepaar fährt nach Tostes, der ersten Station seiner Ehe, wo es zwei Jahre bleiben wird.

I,V (39–43). Emma besichtigt ihr neues anspruchsloses Zuhause. Charles bringt den Hochzeitsstrauß seiner ersten Frau auf den Speicher, und Emma fragt sich, »en rêvant, ce qu’on en ferait, si par hasard elle venait à mourir« (41,9 f.).Während Charles mit Emma wunschlos glücklich ist, ist sie enttäuscht. »Et Emma cherchait à savoir ce que l’on entendait au juste dans la vie par les mots de félicité, de passion et d’ivresse, qui lui avaient paru si beaux dans les livres« (43,16–19).

I,VI (41–48). Emma ist in einem Rouener Kloster erzogen worden. Von außerhalb erhält die Fünfzehnjährige Mengen von schwülstiger romantischer Literatur. Sie berauscht sich außerdem an den Romanen Walter Scotts und an trivialromantischen Kupferstichen und verehrt alle »femmes illustres ou infortunées« (46,13 f.) der Geschichte. Dann lehnt sie sich gegen die Klosterzucht auf. Zu Hause ist ihr das Landleben zuwider. In Tostes werden ihre trivial-literarischen Illusionen lebendig, »elle ne pouvait s’imaginer à présent que ce calme où elle vivait fût le bonheur qu’elle avait rêvé« (48,9–11).

I,VII (48–56). Wie es ihr die im Kloster erworbenen Klischees diktieren, erträumt sich Emma ein Leben in romantischen Weltgegenden. Charles ödet sie an, weil seine Unterhaltung ihr »plate comme un trottoir de rue« (49,23 f.) vorkommt und weil er weder schwimmen noch Pistolen bedienen kann. Ihr lautes Klavierspiel hört man im ganzen Dorf, und ihr Unbehagen ist groß. Charles arbeitet oft bis nachts und genießt die eheliche Versorgung. Emma versucht, »d’après des théories qu’elle croyait bonnes« (52,17 f.), Liebe zu produzieren und scheitert. Sie versinkt in Passivität.

Dann wird das Paar zu einem Ball auf das Schloss La Vaubyessard eingeladen.

I,VIII (56–68). Der Ball im Schloss des Marquis d’Andervilliers beeindruckt Emma über die Maßen. Die Atmosphäre dort verblendet sie vollständig. Das Erlebnis hat fatalste Auswirkungen auf ihr Gemüt, sie verwechselt den Ball mit dem wirklichen Leben. Ein Tanz mit einem »Vicomte« macht sie vollends schwindelig. In der Nacht bemüht sie sich krampfhaft, »de prolonger l’illusion de cette vie luxueuse« (65,13 f.). Wieder in Tostes, entlässt sie als Erstes ihr Dienstmädchen. »Son voyage à la Vaubyessard avait fait un trou dans sa vie« (67,20 f.).

I,IX (68–76). Emma träumt von »Paris« als Zentrale der »großen Welt«. Ihre eigene Umgebung, »campagne ennuyeuse, petits bourgeois imbéciles, médiocrité de l’existence« (71,3 f.), erscheint ihr als Gefängnis, die Welt außerhalb als »l’immense pays des félicités et des passions« (71,7). Während sie im Eheheim die Pariserin spielt und sich Tagträumen hingibt, verdient Charles das Geld und fühlt sich glücklich. Emma wünscht, dass er Karriere macht und der Name Bovary berühmt wird. Sein fehlender Ehrgeiz widert sie an. »– Quel pauvre homme! quel pauvre homme! disait-elle tout bas« (74,1 f.). Sie versinkt in Launen, äußert »des opinions singulières« (75,15 f.) und wird scheinbar krank. Charles gibt seine Praxis auf und zieht mit ihr nach Yonville-l’Abbaye; Emma ist schwanger.

II,I (77–86). Die Lage des normannischen Dorfes Yonvillel’Abbaye »dans un ›paysage sans caractère‹« (77) wird geschildert. Die Beschreibung des Ortes, der Kirche, der Apotheke und der einzigen Straße endet auf dem Friedhof. Im Dorfgasthof »Lion d’or« erwarten die Wirtin Madame Lefrançois und der Apotheker Homais die Ankunft des Ehepaars Bovary. Das Auftauchen des Dorfpfarrers veranlasst den Apotheker zu einer ersten Tirade. Die schäbige Postkutsche »l’Hirondelle« mit dem Ehepaar Bovary und dem Händler Lheureux, wohnhaft in Yonville, trifft ein.

II,II (86–92). Beim Abendessen im Gasthof lernt Emma den jungen Notariatspraktikanten Léon Dupuis kennen. Homais hält einen Vortrag über »nos contrées« (88,2). Emma und Léon knüpfen eine romantische Konversation voller Phrasen an (»– Oh! j’adore la mer, dit M. Léon«, 89,15) und schaffen dadurch eine Annäherung. Homais erzählt von dem wegen Geldproblemen aus Yonville geflohenen Arzt Yanoda, dessen Haus die Bovarys nach dem Essen beziehen.

II