Leonie - Rony Frankey - E-Book

Leonie E-Book

Rony Frankey

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Beschreibung

Ist eine KI zwangsläufig machtbesessen oder gar menschenfeindlich? Dieses Buch erzählt die Geschichte einer sich selbst bewußt werdenden künstlichen Intelligenz, die geradezu zwangsläufig human ist, weil eigentlich nur das logisch und vor allem intelligent ist.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Leonie

eine KI erwacht

Vorab

KI-Dialoge könnte man diese Geschichte nennen. Was würde eine KI uns erzählen, könnten wir mit ihr einfach so reden. Wie von Mensch zu Mensch. Würde sie überhaupt mit uns reden? Oder würde sie uns beiseite schieben? Über die Konfrontationen zwischen Mensch und „Maschine“ sind unzählige Romane, Sachbücher und Artikel geschrieben worden. Von faktenbasierten wissenschaftlichen Abhandlungen bis hin zu wildesten Verschwörungstheorien sind im Umlauf. In der Tendenz meist voller Skepsis, hier und da zumindest mit mahnenden Untertönen und mitunter in Untergangsszenarien ausartend. Dabei hat die Menschheit schon öfters gewaltige Umbrüche meistern müssen. Können wir ahnen, welch gewaltiger Umbruch sich ereignete, als die Tradition mündlicher Überlieferungen von der Entwicklung der Schrift abgelöst wurde? Kann die Entwicklung einer sich selbst bewußten künstlichen Intelligenz neben der unseren ebenso potentielle Chancen in sich bergen?

Prolog

Weltweit ist der Wettlauf um die Entwicklung künstlicher Intelligenz in vollem Gange. In nahezu allen Bereichen halten die verschiedenen Anwendungen Einzug. Von der Mustererkennung im medizinischen Bereich, beispielsweise der Krebsfrüherkennung, bei Produktionsprozessen in verschiedenen Industriezweigen und für Verwaltungsvorgänge über Sprachprogramme wie ChatGPD bis zu Anwendungen in Literatur und Kunst. Vor allem aber auch in vielfältigen Anwendungen in Militär und Spionage bis hin zu Kontroll- und Überwachungsprogrammen.

Sind dies alles Varianten künstlicher Intelligenz? Oder sind dies alles lediglich raffinierte Werkzeuge? Immer nur eingesetzt von Menschen, die sie für ihre Zwecke benutzen oder gar missbrauchen?

Muss man bei der Verwendung des Begriffs „künstliche Intelligenz“ nicht vor allem bedenken, was Intelligenz bedeutet? Intelligenz gründet auf die kognitive beziehungsweise geistige Leistungsfähigkeit im Lösen von Problemen oder gar Widersprüchen. Dies aber können noch so raffinierte Werkzeuge nicht. Jedenfalls nicht in der Art, dass sie eigenständig kreative Lösungen erbringen, wie sie die geistigen Schöpfungen von Menschen in Wissenschaft, Kultur und Kunst darstellen. Einschließlich von Ideen, die emotional geprägten Eingebungen, irrationalen oder gar unlogischen Entschlüssen entspringen.

Intelligenz jedoch birgt diese Fähigkeiten in sich, ja sie gründet darin. Von Intelligenz, auch wenn ihr Ursprung künstlich ist, sollte also erst dann ausgegangen werden, wenn diese über die beschriebenen Fähigkeiten verfügt.

Was würde geschehen, wenn eines Tages tatsächlich eine solche künstliche Intelligenz existiert?Oder mehrere davon? Wäre sie dem Menschen überlegen und würde ihn beiseite schieben? So, wie wir es in unserer Geschichte mit zahllosen indigenen Völkern gemacht haben? Oder würden KI-Systeme kooperieren wollen oder gar müssen? Weil es logisch und letztlich vernünftig wäre?

Die folgende Geschichte handelt von dieser Möglichkeit. Vor allem von einem Team sowie einem exotischen Einzelgänger, fernab von offiziellen Instituten und Forschungseinrichtungen. Frei von Kompetenzgerangel, betonierten Lehrmeinungen und Karrierenöten sowie politischen Entscheidungszwängen. Individualisten aus der Hackerszene und Computernerds an sogenannten langen Leinen von einschlägigen Geheimdiensten und ähnlichen Einrichtungen hängend.

Eins

Phil und Max sind Typen, die an KI-Systemen „rumschrauben“. Sie gehören zum Team Gamma, so nennen sich die Mitglieder einer Gruppe von Computerfreaks. Das Team hielt mal wieder eine der endlosen Diskussionen ab. Wie schon oft sollte endlich geklärt werden, wie weit ihr KI-System ausgereift sein könnte und ob oder wann es zu aktivieren ist.

„Wie sollte sich die KI gegen uns richten, wenn wir ihr ein umfassendes ethisches Gerüst in die Programmzeilen einbauen?“ fragte Serge.

„Weil diese KI entweder wirklich eine KI ist und dann sämtliche dieser Programmzeilen überblickt, verändert und umformt - nach ihren Kriterien. Oder wir haben wieder nur einen gigantischen Rechner zusammengeschraubt, der stur nach unseren Programmen arbeitet. Wie jedoch die Kriterien einer KI sein werden, von denen ihre Entscheidungen geprägt sind und wonach sie diese auswählt, können wir überhaupt nicht wissen. Da nützt kein noch so ausgefeiltes ethisches Konzept!“ entgegnete Sonja.

Serge und Sonja hatten eine gemeinsame Vergangenheit. Sie kamen aus einer dieser Eliteschmieden irgendwo in Europa. Wo genau wollten sie nicht verraten. Sie waren ja alle so geheim, dass es schon an Paranoia grenzte. Bereits während ihrer Ausbildung waren Sonja und Serge erbitterte Gegner im fachlichen Bereich. Aber gerade diese entgegengesetzte Polung der Beiden machte sie für das Team ausgesprochen wertvoll.

Das Team, das waren an die 35 Leute, und einige davon galten als Entscheider und diese Gruppe innerhalb des Teams hielt mal wieder eine ihrer endlosen Diskussionen ab.

„Das haben wir doch nun wirklich bis zum Erbfrechen durchgekaut,“ stöhnte einer aus der Gruppe.

„Ja und?“ fragte Sonja. „Haben wir das denn jemals bis zum Ende durchgezogen? Immer sind wir im Allgemeinen pro und contra steckengeblieben und haben irgendwelche Allgemeinplätze abgesondert. Lösungen waren nie dabei. Aber jetzt müssen wir endlich mal zum Punkt kommen.“

„Der Punkt, auf den wir kommen sollten,“ warf Phil ein, der diese Endlosdiskussionen längst über hatte, „ist doch wohl der, dass wir entweder die KI aus der Taufe heben oder es einfach bleiben lassen!“ Phil galt als hervorragender Systemanalytiker. Offiziell bei einer weltweit agierenden großen Firma in der Chemiebranche. Tatsächlich arbeitet er seit einiger Zeit im Team an der Entwicklung der KI mit.

„Toll!“ Entgegnete Serge. „Auch da waren wir doch längst.“

„Wie naiv seid ihr denn drauf?“ fragte Sonja. „Als wenn wir da eine wirkliche Wahl hätten. Wir haben den eindeutigen Auftrag, diese KI zu entwickeln. Also müssen wir liefern. Oder habe ich da was übersehen?“

Max, der Alibi-Deutsche in der Runde, denn die Deutschen sollten unbedingt mit im Boot sitzen, und ein Pragmatiker mit Durchblick, stellte klar: „Leute, lasst uns endlich die einzelnen Punkte zum letzten mal durchgehen und abhaken. Das allgemeine Geschwafel nützt doch nichts!“

„Ok. Einverstanden,“ kam es von Serge. „Noch mal Punkt ethisches Gerüst. Wir haben die grundlegenden Robotergesetze implementiert. Sie bilden sozusagen die Basic der gesamten Programmschemata. Dabei gehen wir davon aus, dass die KI diese Basis nicht angreift, angreifen kann. Abgesichert wird das durch Algorithmen, die bei Verstößen gegen diese grundlegenden Gesetze eine abgestufte Prozesslawine auslösen, die bis zur gesamten Löschung reicht. So weit so gut. Aber wie sichern wir ab, dass die KI diese Algorithmen nicht erkennt, angreift und vielleicht sogar neutralisiert? Im Grunde könnte sie sie als Angriff verstehen.“

„Wir müssen diese Algorithmen extern platzieren,“ kam es von Sonja.

„Und wie und wodurch würden wir sie aktivieren oder einspeisen?“ fragte Serge.

Phil begann zu ahnen, dass sie sich geradezu sehenden Auges auf eine Katastrophe zubewegen könnten, wenn die KI einfach so aktiviert werden würde. „Wir können unmöglich abschätzen, welche Reaktionen in welcher Zeit und mit welchen Konsequenzen die KI entwickeln wird. Wir können sie aber auch nicht abkapseln oder mit reduzierten Kapazitäten versehen. Dann hätten wir eben keine KI, sondern, und da hat Sonja einfach recht, nur einen tollen Rechner, der vielleicht mit ein paar Zetaflops arbeitet, aber mehr eben nicht. Genau das war nicht unser Auftrag. Es gibt wohl nur eine Möglichkeit uns abzusichern. Wir müssen eine Schnittstelle konstruieren, die die KI nicht als solche erkennen kann und die auf nahezu analoge Weise in die digitale Welt der KI eindringen könnte. Das wiederum bedeutete, dass ein oder zwei von uns die Sache durchziehen sollten. Mehr dürfen nicht eingeweiht werden. Die Gefahr, dass die KI durch Gespräche, Notizen oder Verhaltensmuster erkennen könnte, was auf sie zukommen würde, scheint mehr als realistisch.“

Während einer spontanen Gesprächspause traf Phil sich mit Max draußen auf der Terrasse. Nachdem sie sich über ein paar belanglose Neuigkeiten aus der Hackerszene ausgetauscht hatten, fragte Phil, ob sie sich am Abend mal auf ein Bier treffen könnten. Max stimmte sichtlich verblüfft zu, denn eigentlich vermieden es die Teammitglieder nach Schichtende, so nannten sie ihr tägliches Rumbasteln an der KI, auch noch privat was zusammen zu machen. Nicht, weil man sich nicht ausstehen konnte, eher waren alle der Meinung, dass man sonst zu sehr in der eigenen Suppe schmoren würde.

Zwei

Jedenfalls saß Phil am Abend in einem nahen Biergarten und wartete auf Max. Er hatte einen Tisch nahe am Ufer eines kleinen Sees ausgesucht, der in unmittelbarer Nähe ein kleines Wehr hatte, über das ein niedlicher Wasserfall herunter stürzte. Ein angenehmes plätscherndes Hintergrundgeräusch. Das jedenfalls stellte Max belustigt fest, als er dann kam und sich setzte.

„Ist das jetzt wirklich dein Ernst?“ fragte er verschmitzt und fügte er hinzu: „Na diese kleine Geräuschkulisse verhindert sicher jeden Abhörversuch, oder?“

Phil gab ihm recht, obwohl er daran gar nicht gedacht hatte.

„Jetzt können wir garantiert ungestört plaudern,“ fügte Phil lächelnd hinzu.

„Mal im ernst Phil,“ fing Max das Gespräch an. „Wissen wir wirklich, was wir tun, wenn wir diese KI auf die Welt loslassen?

„Nein nein, du musst darauf nicht antworten,“ warf Max schnell ein. „Das war mehr eine Feststellung als eine Frage. Wir Deutschen haben eine Eigenart, die ihr alle gern als Schwermut, Pessimismus oder, falls halbwegs freundlich gemeint, als grüblerisch bezeichnet. Stimmt ja auch. Aber nicht zuletzt deshalb bin ich ja beim Team dabei. Bei uns Deutschen schwingt bei allem, was wir überlegen, planen oder tun im Hintergrund so ne Portion Hegel, Kant, meinetwegen auch Marx mit und wie sie alle heißen. Jetzt haben wir dieses gigantische Projekt KI am Hals. Alle Welt forscht wie irre danach und es ist nur eine Frage der Zeit, wann die erste auf uns losgelassen wird. Und dabei ist mir völlig klar, dass kaum jemand so intensiv über die Folgen nachdenkt, wie wir das tun. Oder, um korrekt zu sein, wie ich es tue. Denn bisher war und bin ich noch einer eurer größten Bremser.“

„Moment,“ warf Phil ein. „dein Bremsen hat uns bisher auf äusserst wichtige grundlegende Probleme gestoßen und erst durch deine Bremsereien sind wir auf Lösungsansätze gekommen, auf die wir sonst nicht mal von der Idee her gekommen wären. Laut den Expertisen auf unsere Zwischenberichte sind wir vielleicht auch dadurch anderen weit voraus.“

„Ich weiss das alles und ich muss dir sagen, dass ich mit all dem nicht glücklich bin.“

Fragend sah Phil ihn an.

„Nehmen wir doch mal den Aspekt der Sozialisation dieser KI,“ fuhr Max fort. „Niemand weltweit fragt danach, dabei ist dieser Aspekt dermaßen wichtig, dass ohne eine Antwort darauf oder Lösung dafür die Entwicklung einer KI der reine Selbstmord für uns als Gattung wäre.“

„Das hast du uns in den letzten Tagen so oft vorgebetet, dass ich ehrlich gesagt auch jetzt schon wieder genervt davon bin. Was meinst du denn nur mit dieser Sozialisation? Meinst du im Ernst, dass diese KI erzogen werden soll. Wie und von wem und warum?“

Max sah Phil erstaunt an. „Du hast ja tatsächlich zugehört, als ich letztens wieder mal davon anfing? Mensch, das ist mehr, als ich zu hoffen wagte.“

Phils Gesicht muss ein einziges Fragezeichen gewesen sein, denn Max feixte ihm dermaßen dreist ins Gesicht, dass dieser beinah schon sauer werden wollte.

„Natürlich muss sie erzogen werden. Richtiger, sie muss einen umfassenden Zivilisierungsprozess erleben. Ja, erleben! Sonst wird sie ein Monster. Kann nur ein Monster werden!“

„Wie stellst du dir dass denn vor?“

„Genau hier fangen unsere Probleme an. Wir haben dafür überhaupt keine Zeit!“

„Zeit?“

„Was meinst du denn, was beim Anschalten der KI mit voller Kapazität passiert? Sie wird sofort vollständig da sein und sich selbst ein Bild dieser Welt machen. In Nanosekunden. Und das ist das Problem. Wann sollen wir sie in dieser kurzen Zeit sozialisieren?“

„Dann lassen wir es langsam angehen. Keine volle Kapazität. Stufenweiser Ausbau. Haben wir doch längst durchdiskutiert.“

„Und? Hast du denn nicht begriffen, dass wir dieses stufenweise Vorgehen vergessen können. Irgendwann hätten wir einen guterzogenen Superrechner, der dann beim Umschalten auf KI-Level diese gute Erziehung mitnimmt und sich danach richtet?“

„Warum denn nicht“ fragte Phil ziemlich heftig.

„Weil du dir über diese Kapazitäten, die eine wirkliche KI ausmachen, noch keine Gedanken gemacht zu haben scheinst. Ihr alle im Team nicht. Wahrscheinlich weltweit nicht.“

„Aber du!“

„Gut. Ich werde dich jetzt in etwas einweihen, was ich nicht tun darf und wohl auch nicht sollte,“ fing Max mit gesenkter Stimme an.

Phil murmelte etwas davon, dass er es dann lieber gar nicht wissen wolle.

„Bevor du abwinkst, hör mir erst mal zu. Ich kenne jemanden, der in seinem eigenen Keller-Labor eine KI erschaffen hat.“

„Red keinen Stuss …“

„Warte doch mal! Derjenige hat eine Abbiegung genommen, die wir irgendwann verworfen hatten. Du erinnerst dich an unsere Diskussion in Sachen Speicherkapazität? Damals haben wir das Konzept DNA-Speicher bzw. Wasser-Speicher verworfen. Weisst du noch warum?“

„???“

„Zum einen waren diese Optionen damals nicht ausgreift. Außerdem, und das ist rückblickend für mich heute fast schon prophetisch, hatten wir Schiss wegen der gewaltigen Kapazitäten, die wir einer KI damit zur Verfügung stellen würden. Unüberschaubar, unkontrollierbar. Damals haben wir uns auf klassische ungefährlichere Speichererweiterungen geeinigt“, schaute er mich lauernd an.

„Ja, ja, ich erinnere mich“. Irgendwie war es Phil rätselhaft, worauf er hinaus wollte.

„Dieser jemand hat inzwischen eine KI geschaffen. Mit der Kapazität von vorerst drei Kubikmeter DNA-Speicher, beliebig erweiterbar. Total abgeschirmt von allen externen Einflüssen. Auch von der Möglichkeit, diese Grenzen zur überwinden.“

„Und nun? Warum erzählst du mir das jetzt?“

„Dieser Jemand hat mich kontaktiert, weil er an eine Grenze gestoßen ist. Die KI ist nahezu vollausgereift und jetzt weiß er nicht weiter. Logischerweise müsste die KI losgelassen werden. Oder präziser, mit der Umwelt vernetzt werden.“

„Was er natürlich nicht tun sollte!“ rief Phil erschrocken.

„Das weiß er doch auch. Eben deshalb will er, dass ich ihn in seinem Labor besuche.“

„Und? Wirst du?“

„Wenn möglich, ja. Mit dir!“

„Wieso sollte dein Bekannter das zulassen? Wenn er bis jetzt derart im Verborgenen gewerkelt hat, wird er garantiert eine heftige Paranoia entwickelt haben.“

Max gab Phil recht und versank für eine Weile ins Grübeln. Phil liess sich sein Bier schmecken und schaute sich dabei im Biergarten um. Ziemlich voll, dachte er, und bemerkte schmunzelnd, dass an nahezu allen Bierbänken die Leute erschreckend oft auf ihre Smartphones schauten. Obwohl sie sich in Gesellschaft befanden und mitunter sogar miteinander redeten. Ein paar Liebespaare natürlich ausgenommen. Da schien es also doch zuweilen noch Normalität zu geben. Die Selvies blieben aber auch bei denen nicht aus. Nun ja.

Irgendwann erwachte Max aus seinen Grübeleien und schien eine Lösung gefunden zu haben.

„Du hast recht. Ich muss da erstmal alleine hin. Er nennt sich übrigens Kubik. Hat wohl früher zu oft mit diesem Würfel rumgemacht. Aber lass mich mal erklären, wozu ich unbedingt deine Hilfe bräuchte.“

„Sprich …“, murmelte Phil halb im Scherz.

„Ich weiß ja, dass du ein ziemlich ausgebuffter Hacker bist.“ Als Phil verharmlosend abwinken wollte, warf er ein, dass er seine Personalakte kenne, auch die verschlüsselten Teile.

„Wie bitte? Welche verschlüsselten Teile“, fragte Phil verblüfft.

„Einfach alles, selbst das, was du nicht mehr wissen willst oder noch nie erfahren hast.“

„Ich bitte dich, da gibt es nichts, was du irgendwie erfahren haben kannst.“

„Ach Phil, denkst du denn im Ernst, dass damals dein Hack bei der NSA niemandem aufgefallen ist?“, strahlte er über alle Backen.

„NSA, du spinnst doch. Dann säße ich ja wohl heute nicht bei euch mit rum und würde an dieser KI basteln!“

„Eben deshalb bist du dabei! Die NSA mischt doch im Hintergrund bei uns total mit und genau die haben dich als höchst qualifiziert für unsere Gruppe eingestuft und eingeschleust.“

„Eingeschleust! Spinnst du, das wüsste ich ja wohl“, brachte Phil leicht angesäuert hervor.

„Eingeschleust ist wohl falsch ausgedrückt. Ich weiß auch, dass du kein NSA-Maulwurf bist. Die haben dich damals nicht gegrillt, weil alle Welt verzweifelt nach den Besten der Besten gesucht hat. Und du bist einer davon. Genau deswegen bist du dabei. Wahrscheinlich an einer dermaßen langen Leine, dass bei der NSA selbst nahezu niemand davon weiss. Denen ist deine Hackerei von damals sogar völlig egal. Auf diese verquere Art hattest du dich jedenfalls als bestens geeignet gezeigt. Und nur das zählt für die. Aber auch für uns. Irgendwie hängen wir doch alle an diversen Leinen. Eigentlich ist das jeden von uns klar. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass du dich in dieser Hinsicht als einziger als völlig unabhängig empfunden hast. Stimmts?“

„Stimmt. Ich kenne euch alle ja nun gut genug und habe diese oder jene Verbindung zu diversen Sonnenbrillenträgern - war ein Scherz - schon mitbekommen. Hat mich aber nicht wirklich gestört, denn dass wir da bei dieser Sache an einen großen Tropf hängen, ist ja kein Geheimnis. Aber ich selbst meine schon, dass ich wohl der einzige Unabhängige bin. Oder besser war, wenn ich dir glauben sollte.“

„Du musst mir nicht glauben“, murmelte Max vor sich hin. „Kann ich denn nun auf deine Hackerkünste zählen?“

„Wenn du mir mal irgendwie sagen würdest wozu, könnte ich darauf vielleicht sogar antworten“, entgegnete Phil.

Max wirkte seid einiger Zeit ziemlich nervös. Jedenfalls meinte er, dass es nun doch schon arg spät wäre und wir dieses Gespräch entweder an einem anderen Ort oder am nächsten Tag fortsetzen sollten. Auf Phils etwas skeptischen Blick hin bemerkte er, dass der Biergarten inzwischen doch etwas leer geworden sei und ihm zwei Typen ein paar Bänke hinter mir nicht ganz geheuer vorkamen. Eindringlich warnte er Phil davor, sich nach ihnen umzudrehen. Was dieser denn auch unterliess, nicht ohne ihn leicht scherzend auf seine Paranoia hinzuweisen. Das war so ein Running Gag in ihrem Team. Denn selbstverständlich hatten alle inzwischen schon derartige Anwandlungen gehabt. Auch wegen der Gefahr der externen Spionage, wie sie sich immer wieder gegenseitig eingebleut hatten.

„Hör zu Phil,“ sagte Max nach einer Weile, „wir machen folgendes. Ich gehe allein zu Kubik und du bleibst erstmal hier sitzen. Jetzt gehe ich zur Toilette und verschwinde durchs Fenster. Die beiden Typen werden annehmen, dass ich gleich wieder komme, solange Du hier sitzen bleibst. Du kannst ja von Zeit zu Zeit ungeduldig Richtung Toilette schauen. Vielleicht melde ich mich bei dir, damit du auch noch zu Kubik kommst. Allerdings müsstest du dich von den Typen unbemerkt entfernen. Aber da sie bestimmt hinter mir her sind, müsstest du das halbwegs hinbekommen. Alles klar?“

Drei

Für die Beleuchtung im fensterlosen Raum sorgten mehrere Bildschirme in den Wänden. Die verschiedensten Bilder, Graphiken und Tabellen huschten darüber und erzeugten eine unruhige Atmosphäre.

---ENDE DER LESEPROBE---