Lernen macht Spaß!
Montessori für Eltern
Lernen macht Spaß!
Montessori
für Eltern
Das bedürfnisorientierte Erziehungsbuch für eine achtsame und selbstständige Kindererziehung nach Montessori Pädagogik inkl. Montessori Spiele
Inhaltsverzeichnis
Über dieses Buch 6
Montessori erklärt 8
Ein Kind aufwachsen sehen 8
Was ist Montessori? 11
Der Ursprung des Konzepts 12
Montessori in Deutschland 14
Die Grundlagen 15
Chancen durch bzw. Vorteile von Montessori 16
Risiken bzw. Nachteile 23
bei der Anwendung von Montessori 23
Aktive Mitarbeit der Eltern 25
Wie lernen Kinder? 28
Hindernisse beim kindlichen Lernen 28
Fördernde Faktoren beim kindlichen Lernen 36
Beobachtungen von Maria Montessori 38
Lernmethoden 39
Jedes Kind hat sein eigenes Tempo 40
Über die Freude am Lernen 41
Die sensiblen Phasen nach Montessori 42
Was passiert dabei im Gehirn? 43
Die sensiblen Phasen im Detail 44
Montessori im Familienalltag 49
Die sechs montessorischen Gedanken 50
Voraussetzungen im Alltag schaffen 56
Der eigene Raum 56
Weniger ist mehr 57
Förderung von Konzentration 58
Regeln als Alltagsgerüst 59
Natur erleben 60
Freiheit gewähren 61
Die sensiblen Phasen im Alltag 62
Montessori – Materialien 78
Arten von Lernmaterialien 83
Sinnesmaterial 88
Sprachmaterial 90
Mathematisches Material 92
Kosmisches Material 95
Übungen zur Stille 97
Auswirkungen bei der Anwendung von Montessori 102
Das Lernen in Regelschulen 102
Das Lernen nach Montessori 104
Fokus auf das Lernmaterial 105
Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins 105
Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit 107
Auswirkungen auf den Umgang mit Herausforderungen 108
Auswirkungen auf das Sozialverhalten 109
Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit 109
Montessori – Spiele 111
Mathematische Spiele 111
Sprachspiele 114
Motorikspiele 116
Bewegungsspiele 117
Geometrische Spiele 118
Übungen des täglichen Lebens 119
Schlusswort 121
Impressum 122
Über dieses Buch
Dieser Ratgeber soll Familien eine Stütze sein, die Ihr Kind mit Hilfe der Montessori – Pädagogik erziehen und begleiten möchten.
Es wird erklärt, was genau hinter dem Begriff „Montessori“ steckt, welche Prinzipien dieser Methode zugrunde liegen, welche Chancen und Risiken ihre Anwendung birgt und wie Familien davon profitieren können, wenn sie ihren Alltag aktiv mit Montessori gestalten.
Montessori erklärt
Bei der Montessori-Pädagogik steht das Kind in seiner Individualität, mit seinen ganz persönlichen Begabungen, Bedürfnissen und Interessen im Vordergrund.
Es wird nicht in einen Rahmen gepresst, in dem es funktionieren und mit dem Strom schwimmen muss, in dem es genauso viel können und leisten muss wie alle anderen. Jedes Kind hat seine eigenen Stärken und Schwächen, persönliche Interessen, Vorlieben und Abneigungen, seine eigene Art, die Welt zu entdecken und zu lernen.
Montessori nimmt auf diese Individualität Rücksicht und fördert sie, damit das Kind sich selbst, seine eigenen Fähigkeiten und Begabungen entdecken und mit Freude lernen kann.
Ein Kind aufwachsen sehen
Das eigene Kind aufwachsen zu sehen, ist mit einem ganz besonderen Zauber verbunden. Der Kinderwunsch hat sich erfüllt, und nun ist da dieses kleine Leben, dieser Mini-Mensch, der von der ersten Stunde an beginnt, seinen Charakter auszubilden. Manche Kinder schlafen viel, andere wenig, manche sind eher ruhig, andere sehr lebendig.
Im Laufe der Kindheit und Jugend wird sich das bei vielen wieder ändern.
Das Heranwachsen des Kindes ist ein spannendes Abenteuer, sowohl für das Kind selbst als auch für seine Eltern.
Jedes Kind erfährt die Welt auf seine eigene Art und Weise. Dabei spielen äußere Einflüsse wie das familiäre und soziale Umfeld, aber auch die zur Verfügung gestellten Fördermittel, Spiele, (Bilder-)Bücher etc. eine Rolle.
Auch, ob das Kind viel draußen an der frischen Luft ist, herumtoben und seine motorischen Fähigkeiten testen und ausbauen kann, ob es viel in der Natur ist oder in der Stadt aufwächst … all das spielt bei der Entwicklung eine Rolle und prägt das Kind für den Rest seines Lebens.
Ein Kind erlebt die Welt, in der es aufwächst, natürlicherweise mit allen Sinnen, die ihm zur Verfügung stehen. Es hört, riecht, sieht, schmeckt und ertastet sich sein Umfeld, entwickelt Vorlieben und Abneigungen.
Und auch der sechste Sinn, das unbewusste Erspüren von Atmosphäre, Ausstrahlung, Gefahren, Stimmungen anderer Menschen etc. spielt vor allem bei hochsensiblen Kindern eine große Rolle, die täglich eine Vielzahl von Eindrücken aufnehmen, die nicht hochsensiblen Menschen verborgen bleiben.
Wer sein Kind genau beim Entdecken seiner Realität beobachtet, wird feststellen, dass es mit der Zeit Stärken und Schwächen entwickelt und manche Eindrücke besonders gut aufnimmt, andere dafür weniger intensiv. Manche Kinder erfahren ihre Welt am intensivsten sehend, andere verstehen Dinge besonders gut, wenn sie sie hören oder anfassen können.
Diese Stärken und Schwächen zu erkennen, hilft enorm, um das Kind ganz individuell beim Lernen zu unterstützen.
Für Eltern ist es spannend, Teil dieses kindlichen Zaubers zu sein.
Plötzlich sind Regentropfen unheimlich spannend, und welches Geräusch sie machen, wenn sie in eine Pfütze klatschen, welches Muster dabei auf der Wasseroberfläche entsteht. Wie hört sich Wind an, wenn er durch das Blätterdach der Bäume rauscht? Wie fühlt sich Sonne auf der Haut an? Wie duftet Regen?
All diese Sinneseindrücke entdeckt und erlebt man mit seinem Kind ganz neu. Kinder stellen Fragen, über die man sich als Erwachsener oft keine Gedanken macht. Sich darauf einzulassen, entführt Eltern wieder in die Welt der Sinne, der intensiv erlebten Eindrücke und Einzelheiten. Etwas, das im belebten Alltag leider oft verloren geht.
Die Begleitung des eigenen Kindes birgt aber auch Herausforderungen, die für viele Eltern in dem Moment beginnen, in dem das Kind seine Individualität entdeckt, und in dem man als Elternteil feststellt, dass sich diese vielleicht von den eigenen Interessen und Vorlieben unterscheiden.
Welcher Elternteil kennt nicht die Gedanken und Vorstellungen, dem eigenen Kind alles beizubringen, was man weiß, und ihm die eigene Begeisterung für bestimmte Dinge, zum Beispiel Hobbies, weiterzugeben.
Ein Fußballfan wird wollen oder es genießen, wenn das eigene Kind sich dieser Begeisterung ebenfalls anschließt. Ein Bücherwurm wird sich freuen, wenn das Kind mit Begeisterung beginnt, Bücher zu verschlingen.
Doch wie geht man damit um, wenn das Kind sich genau entgegen den elterlichen Vorlieben entwickelt und so gar kein Interesse an deren Hobbies und Lebenswirklichkeit zeigt?
Wenn ein Fußballfan sich damit konfrontiert sieht, dass das eigene Kind diese Sportart völlig ignoriert und stattdessen mit Begeisterung liest oder kreativ ist?
Was passiert, wenn das eigene Kind auditiv orientiert ist, während man als Elternteil das geschriebene Wort bevorzugt und möchte, dass das Kind in Stille lernt?
Wie geht man damit um, wenn man selbst extrovertiert ist und sich gern mit Menschen umgibt, während das eigene Kind introvertiert ist, gerne schweigt, beobachtet und laute Menschen eher meidet?
Das Kind in seiner Individualität zu respektieren und zu fördern ist eine große Herausforderung, und das Familienleben entsprechend mit Höhen und Tiefen verbunden, die es als Familie zu bewältigen gilt.
Die individuellen Bedürfnisse herauszufinden, ihnen gerecht zu werden und so Ruhe in den Familienalltag zu bringen, kann Eltern und Kinder aber auch zusammenschweißen. Gemeinsam zu wachsen, voneinander zu lernen und einander in seiner Persönlichkeit zu respektieren ist ein Ziel, das jede Familie haben sollte, und das die Eltern den Kindern vorleben können.
Die Montessori-Pädagogik unterstützt dieses Zusammenleben, indem sie die Individualität des Kindes respektiert und darauf abzielt, ihm ein zwangloses Lernen ohne Druck, Belohnungen oder Strafen zu ermöglichen.
Das Kind soll seine natürliche Neugier entwickeln und freiwillig lernen, aus der eigenen Motivation heraus, Neues zu entdecken – und das in seinem eigenen Tempo.
Jedes Kind lernt anders, und kein Kind lernt gleich schnell. Manche Kinder begreifen Sachverhalte beim ersten Erklären, andere müssen sich länger mit einer Thematik befassen, um sie zu verstehen.
Solange das Kind die Zeit bekommt, die es braucht, bleibt die Freude am Lernen erhalten. Wenn es aber unter Druck gesetzt wird, steigt das Frustrationspotential.
Dem Kind wird vermittelt, es wäre nicht gut genug, nicht schnell genug.
Selbstzweifel und Leistungsdruck entstehen, die dem natürlichen, individuellen Lernen widersprechen und sich gegenteilig auswirken.
Das zu vermeiden ist Aufgabe der Montessori-Pädagogik.
Durch das richtige Material, eine angenehme Umgebung, respektvollen Umgang mit der Individualität des Kindes und zielführenden Regeln erhält das Kind einen stabilen, motivierenden Rahmen, in dem es seine Selbstständigkeit entdecken und Eigenverantwortung für sein Lernen und Handeln übernehmen kann.
Was ist Montessori?
Montessori ist ein pädagogisches Bildungs- und Erziehungskonzept, das auf die Zeit vom Kleinkindalter bis zum jungen Erwachsenen ausgerichtet ist.
Dabei geht es darum, dass das Kind sich selbst entdeckt und unterstützend dabei begleitet wird, seine individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und aus Eigenmotivation heraus zu lernen, ausgerichtet an den eigenen Fähigkeiten, Bedürfnissen und Begabungen.
Dies findet vor allem mit einer Form des offenen Unterrichts statt, der viel Freiarbeit enthält, und in dem das Kind ohne Druck entsprechend seiner eigenen Bedürfnisse lernen kann.
Der Grundgedanke, der hinter Montessori steht, ist:
„Hilf mir, es selbst zu tun.“
Der Ursprung des Konzepts
Begründerin und Namensgeberin des Bildungskonzepts war Maria Montessori. Sie wurde am 31. August 1870 in Chiravalle, Italien als Tochter wohlhabender Eltern geboren.
Das Einzelkind Maria wuchs behütet auf und erhielt von Beginn an eine gute Bildung, da ihre Eltern zur politischen Elite gehörten und der Vater im Finanzministerium arbeitete.
Maria Montessoris großer Wunsch war es, auch gegen den Willen ihrer Eltern Medizin zu studieren, doch sie wurde von der Universität abgelehnt. Nach erfolgreichen Studienabschüssen in Ingenieurwesen und Mathematik erhielt sie schließlich doch noch die Zulassung zum Medizinstudium und war nicht nur die erste Frau Italiens, die Medizin studierte, sondern auch 1896 die erste, die einen Doktortitel in Medizin erhielt.
Nach ihrem Studium arbeitete Montessori in der Kinderpsychiatrie der Universitätsklinik in Rom und engagierte sich außerdem stark für Entwicklungs- und Persönlichkeitsrechte.
Während ihrer Arbeit in der Kinderpsychiatrie beobachtete sie, dass nicht alle Kinder, die dort behandelt wurden, wirklich geistig unterentwickelt waren. Einigen fehlte nur die richtige, individuelle Förderung.
Montessori entwickelte daraufhin sogenanntes „Sinnesmaterial“ – Lehrmaterial, mit dem sie die Kinder stimulierte, ihre Neugier weckte und es auf diese Weise erreichte, ihre Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen.
Sie stützte sich dabei auf die Überlegungen des französischen Arztes und Pädagogen Édouard Séguin, der als Begründer der wissenschaftlich-systematischen Geistigbehinderten-Pädagogik gilt und zu Beginndes 19. Jahrhunderts seine Überlegungen in der „Physiologischen Erziehung“ öffentlich machte.
Aus seinen Beobachtungen geistig Zurückgebliebener schlussfolgerte er, dass man zwischen verschiedenen Entwicklungsstadien unterscheiden muss:
• Der Idiotie, die er als Entwicklungsstillstand bezeichnete und der Retardierung, die Séguin als langsamereEntwicklung definierte.
Séguin zufolge sind geistig Zurückgebliebene in Aktivität (Nichtkönnen, physiologisch), Intelligenz (Nichtwissen, intellektuell) und Willen (Nichtwollen, psychisch) beeinträchtigt, stehen isoliert von der Gesellschaft und sind nicht heilbar.
Er stellte jedoch fest, dass diese Gruppe Betroffener durch gezielte physiologische Erziehung und Förderung ein Dasein im sozialen Gefüge erlangen kann, sodass ihre Isolation aufgehoben wird und sie sich in die Gesellschaft eingliedern können.
Montessoris durchschlagende Erfolge mit dem auf beeinträchtigte Kinder zugeschnittenen Lehrmaterial machten Jahre später die Eröffnung des ersten Kinderhauses in einem Armenviertel in San Lorenzo, einem Armenviertel Roms möglich, das Maria Montessori ab 1907 leitete.
Sie hatte inzwischen außerhalb von Rom Anthropologie und Psychologie studiert und war 1904 nach Rom zurückgekehrt, wo sie als Professorin für Anthropologie zu arbeiten begann.
Als die italienische Regierung ihr die Leitung des Kinderhauses anbot, nutzte sie diese Chance, um den teilweise verwahrlosten Kindern der Unterschicht mithilfe ihrer Technik in kürzester Zeit Rechnen und Schreiben beizubringen. Dabei wandte sie das Lehrmaterial an, das sie bei ihrer Arbeit mit förderungsbedürftigen Kindern entwickelt hatte.
Die großen Erfolge ihrer Methode sorgten für Aufsehen. Die Kinder machten Fortschritte, die ihnen niemand zugetraut hatte.
1909 veröffentlichte Maria Montessori ihr Hauptwerk „Il metodo“, in dem sie ihre Pädagogik erklärte. Dazu gehörte auch das von ihr selbst entwickelte Lehrmaterial sowie die Erläuterung eines weiteren Eckpfeilers ihrer Methode:
die beobachtende Funktion der Erzieher aus der Distanz heraus. Sie sollte verhindern, dass die Kinder in ihrem Lernprozess störenden Einflüssen ausgesetzt waren.
In den folgenden Jahren reiste Montessori durch die Welt und hielt Vorträge über ihre Pädagogik, unter anderem in Amerika, Europa und Indien.
1913 begann der erste Lehrgang damit, Lehrkräfte ihres Konzepts auszubilden. Nach und nach entstanden Montessori-Schulen in weiten Teilen der Welt.
Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte Maria Montessori nach Europa zurück. Sie lebte bis zu ihrem Tod am 06. Mai 1952 in den Niederlanden.
Montessori in Deutschland
In Berlin Lankwitz entstand 1919 das erste Kinderhaus in Deutschland, 1023 folgte die erste Montessori-Schule in Jena. Sie wurde in der ehemaligen Grundschule von Wenigenjena untergebracht.
Die Schule bestand bis zum Frühjahr 1933, wurde dann jedoch von der nationalsozialistischen Regierung verboten und geschlossen.
Das teilweise von der Elternschaft erstellte Montessori-Lehrmaterial wurde der Friedrich-Schiller-Universität übergeben.
Auch weitere zur gleichen Zeit gegründete Montessori-Schulen mussten 1933 auf Befehl der Nationalsozialisten hin geschlossen werden.
Erst nach dem zweiten Weltkrieg konnte die Verbreitung der Lehre wieder aufgenommen werden.
Die Grundlagen
Wie bereits angesprochen stehen bei der Montessori-Pädagogik die Bedürfnisse, Talente und Fähigkeiten des einzelnen Kindes im Vordergrund. Und Beobachtung von ausgebildeten Montessori-Lehrern und -Lehrerinnen wird das Kind dazu angeregt, Thema, Tempo und die Zahl der Wiederholungen selbst zu bestimmen.
Es wird dabei ganz bewusst auf Belohnung und Bestrafung verzichtet, weil das Kind sonst nur lernt, wenn es belohnt oder bestraft wird, aber nicht mehr, um das Wissen an sich zu entdecken, weil es neugierig ist.
Und genau das ist das Leitmotiv der Montessori-Methode: dass Kinder selbstbestimmt und frei lernen können, sich selbst und ihre eigenen Fähigkeiten ausprobieren und experimentell erfahren können, um sich zu freien, verantwortungsbewussten und engagierten Erwachsenen zu entwickeln.
Die Neugier auf Neues und die Freude am Lernen und Erfahren ist dabei der Kernbestandteil und das Zentrum des Wesens eines jeden Kindes.
Durch die respektvolle Betreuung durch die Erzieher werden die Kinder in ihrer Persönlichkeit bestärkt und wachsen zu selbstbewussten, in sich ruhenden und ausgeglichenen Persönlichkeiten heran.
Chancen durch bzw. Vorteile von Montessori
Die individuellen Lernmethoden und der respektvolle Umgang mit dem jeweiligen Charakter des Kindes und seinen Stärken und Schwächen bietet eine Reihe von Vorteilen und Chancen, die das Kind in seiner Entwicklung unterstützen.
Einige sind im Folgenden aufgeführt und erläutert.
1.
---ENDE DER LESEPROBE---