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London ist die einzig wahre Weltstadt, ein unwiderstehlicher Melting-Pot, der mit seiner Eleganz und Energie seit Jahrhunderten Reisende stets aufs Neue in den Bann zieht. Reinhard Keck berichtet seit zehn Jahren als freier Korrespondent für deutschsprachige Medien aus der britischen Hauptstadt. Er zeichnet ein poetisches Porträt der Metropole und stellt Menschen vor, die für Londons Vielfalt stehen. So speist er bei der berühmten Köchin Asma Khan im Darjeeling Express in Soho, blickt mit einer Shakespeare-Darstellerin hinter die Kulissen des Globe Theatres, spürt mit einem Musikjournalisten den Ikonen der Popkultur in Camden Town nach, schlürft Tee auf einer Gartenparty im Buckingham Palace und pilgert zum Pokalfinale in die Fußball-Kathedrale Wembley. In seiner Nachbarschaft, im früher rauen und zunehmend hippen Arbeiterviertel Bermondsey, erlebt er den Charme und den Humor der letzten Urgesteine des Cockney-Kosmos.
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2025
Reinhard Keck
Die Magie des Melting-Pots
Picus Verlag Wien
Für die Londonerinnen Anna, Matilda und Romy
Copyright © 2025 Picus Verlag Ges.m.b.H.
Friedrich-Schmidt-Platz 4, 1080 Wien · [email protected]
Alle Rechte vorbehalten
Grafische Gestaltung: Buntspecht, Wien
Umschlagabbildung: © Cedric Weber / Shutterstock
ISBN 978-3-7117-1123-6
eISBN 978-3-7117-5533-9
Informationen über das aktuelle Programm des Picus Verlags und Veranstaltungen unter
www.picus.at
London Love Wie ich dieses Ungeheuer einer Weltstadt zu lieben lernte
Die Melodie des Melting-Pots Warum »London Calling« von The Clash noch immer zeitgemäß klingt
Wallfahrt nach Wembley Wie ich versuchte, beim Pokalfinale meine Tochter für Fußball zu begeistern
Im goldenen Käfig Zwischen Luxus und Londongrad: Zu Besuch in Mayfair, der Spielwiese der Superreichen
Die Curry-Queen Wie die Köchin Asma Khan Londons Heißhunger stillt – und dabei die Welt verbessert
Cheers! Gespenster, Poeten, schräge Vögel: Eine Kneipentour durch unverwüstliche Pubs
Heute ein König Was ich im Buckingham Palace über die britische Monarchie lernte
Der Kämpfer Beim Büroboxen leben Karrieristen die Ellenbogenkultur der City aus. Ein Report aus dem Ring
In Shakespeares Welt Die Schauspielerin Amalia Vitale über ihren Weg auf Londons berühmteste Bühne
Bermondsey Blues Wie ich in der Hochburg der Cockneys eine neue Heimat fand
Der Autor
»In London everyone is different, and thatmeans anyone can fit in.«
Paddington Bear
Das Schreiben über London ist wie das Leben in dieser Stadt. Beides bewegt sich zwischen Mühsal und Magie. Und manchmal kommt noch Verzweiflung dazu.
Als ich mit der Arbeit an diesem Buch begann, hielt ich eine Lesereise zu meiner Heimat für ein dankbares Vorhaben. London ist eine Schatztruhe an Geschichten und voller faszinierender Figuren. Die Stadt ist ohne Zweifel ein Geschenk für jeden Erzähler.
Aber bald wurde mir klar: Der Versuch, diese Metropole ganz zu durchdringen, ist nicht nur mühselig. Dieser Versuch muss auch scheitern. Und an einer Antwort auf die Frage, wie diese Stadt eigentlich tickt, verzweifle ich bald jeden Tag aufs Neue.
Denn ein London gibt es ja nicht. Sondern viele.
London ist die bunte Kosmopolis, in der die Welt zu Hause ist. Die Stadt der Büros und Bücher, der Parks und pubs, der Theater und Clubs. London ist Shakespeare und The Clash, Adele und Stormzy, Britpop und Grime, der Rap der afro-karibischen Community. Ein Spielplatz der Kreativen, eine Bühne für komische und tragische Helden – Hauptsache Spektakel.
London ist ein Schaufenster, in dem alles zum Verkauf steht. Eine schamlos gierige Stadt, die auf Geldströmen schwimmt und Luxus und Laster liebt, aber auch Hoch- und Populärkultur. Die Händel und Hendrix zu Weltstars formte. Die gerne auf James Bond macht, aber noch lieber auf Paddington Bear. Eine Heimat für die bunte Queer-Community und ein Refugium erzkonservativer Aristokraten.
London ist die Welthauptstadt des Fußballs (Wembley), des Tennis (Wimbledon), des Crickets (Lord’s) und des Rugby (Twickenham). Ein Sehnsuchtsort für Kneipensportler (Darts-WM), Kleingärtnerinnen (Chelsea Flower Show) und Feinschmecker (Borough Market).
Und natürlich ist London Weihestätte für Kings und Queens.
Eine Stadt, die sehr englisch ist und total antinationalistisch. Die allzu oft verklärt auf ihre Geschichte schaut, aber noch lieber in ihrem Melting-Pot das nächste große Ding zusammenbraut: einen Song, ein Kunstwerk, einen Star, eine Technologie oder einfach nur einen Hype? Egal was es ist, es wird die Welt aufhorchen lassen.
Keine andere Stadt vereint die Zwillinge Tradition und Zeitgeist mit so viel Eleganz und Lässigkeit. Auch deshalb ist London der Inbegriff von Prestige.
Schon vor rund dreihundert Jahren fühlte sich der Londoner Daniel Defoe, der Autor des »Robinson Crusoe«, von seiner Heimatstadt überwältigt, als er seufzte: »That great and monstrous thing called London.« Ja, dieses Monstrum, dieses Ungeheuer einer Stadt, ist beides: groß und großartig.
Londons Energie glüht im Industrie-Klinker der Tate Modern, im scheinbar unzerstörbaren Sandstein von St.Paul’s Cathedral und in den Glasfassaden der Bürotürme der City. Sie springt auf die Menschen über, die rastlos wie der Märzhase in »Alice’s Adventures in Wonderland« durch eine Stadt hasten, deren Wahrzeichen die Uhr und der Glockenschlag von Big Ben ist. Keine Zeit, immer weiter, see you later!
London ist keine Wohlfühlstadt, es ist eine Metropole für Fortgeschrittene. Was genau macht sie so faszinierend? Das werde ich oft gefragt. Und eine einfache Antwort gibt es nicht. Denn meine Liebe – jede Liebe – zu London ist voller Widersprüche. Ist es überhaupt eine Liebe?
Seit zehn Jahren ist London mein Zuhause. Als Korrespondent schreibe ich jeden Tag über Londoner und Londonerinnen, über das, was sie antreibt und bewegt, was sie erschaffen und welche Widerstände sie dabei überwinden. Von diesen Menschen und den magischen Momenten, den Überraschungen und Inspirationen, die das Leben und das Überleben in London bringen, handelt dieses Buch.
Meine Arbeit als Journalist erlaubt mir, viele Orte und Kulturen zwischen Europa, Amerika, Asien und Afrika zu erkunden. Nur in London habe ich das Gefühl: Hier verschmilzt alles. Hier liegt die einzige Weltstadt, die sich tatsächlich so nennen darf.
Erstmals wohnte ich Mitte der zweitausender Jahre in London, ich hatte mich für einen Masterstudiengang in Journalismus und Fotografie an der University of Westminster eingeschrieben. Den Sound der City prägte damals die Musik der stimmgewaltigen und zerbrechlichen Amy Winehouse. Wobei ich den Hip-Hopper Mike Skinner mit dem Künstlernamen The Streets eigentlich lieber mochte. Dessen lässigen Akzent hielt ich für Cockney, dass es sich um Brummie handelt, den Slang von Birmingham, konnte ich noch nicht wissen.
Ich zog mit meiner Freundin in eine Einzimmerwohnung am Cricklewood Broadway, in einem Viertel im Nordwesten der Stadt, geprägt von Einwanderern aus Irland und Nigeria. Unser Zimmer mit schmaler Küche und winzigem Badezimmer lag über einem Eckkiosk mit Blick auf die High Street, über die jede zweite Minute ein roter Bus bretterte.
Im nigerianischen Restaurant »The Den« gegenüber spürte ich erstmals die Faszination des Melting-Pots. Der immer volle, schwitzige Laden erinnerte an eine Diskothek in Lagos. Das Publikum: Frauen in Glitzerkleidern und mächtigem Goldschmuck und hünenhafte Kerle, die trotz des Zwielichts ihre dicken Sonnenbrillen niemals ablegten. Die Kellner balancierten Silbertabletts über die Köpfe der tanzenden Meute, auf denen Fische lagen, die von Kopf bis Gräte frittiert waren. Und deren Säfte es mit dem säuerlichen Yamswurzelbrei Fufu aufzutunken galt. Fish and chips nach Art des Melting-Pots. Enjoy!
Am ersten Tag des Monats klopfte unser indischer Vermieter Jack an die schmächtige Eingangstür. Der landlord trieb die Miete in cash ein. Und als er meine Kameraausrüstung sah, gab er mir gleich meinen ersten Auftrag als Reporter in London: Ich sollte die prachtvolle Hochzeit seiner Tochter dokumentieren. Ich war derart von dem mit Schmuck behangenen Bollywood-Brautpaar fasziniert, dass ich mit einem Teller Linsen-Dal als Honorar schon zufrieden war. Dabei hätte ich doch mindestens drei Monatsmieten in Rechnung stellen müssen. Was Jack längst verinnerlicht hatte, musste ich mir erst noch aneignen: den knallharten Geschäftssinn des Londoners.
Nach dem Studium verließ ich die Metropole, arbeitete einige Jahre als Zeitungsredakteur in München und Berlin, bis mich die Sehnsucht nach der Freundin in London und die Magie des Melting-Pots zurück an die Themse trieb. Ich hatte meine Stelle bei einem großen deutschen Verlag gekündigt und die verwegene Idee, einfach mal als freier Journalist durchzustarten.
Die Stadt ist eng, aber für Träume, egal wie groß sie sind, hat sie immer Platz. Heute ist London mein Zuhause und die Heimat meiner Familie. Die Stadt begegnet mir zum Glück öfter als freundlicher Paddington Bear statt als Ungeheuer. Eine Herausforderung ist das Leben hier aber nach wie vor. Zur Ruhe kommt man nie.
In London leben rund zweihundertneunzig ethnische Gruppen und Nationalitäten auf engstem Raum. Neun Millionen Menschen beweisen jeden Tag – trotz oder gerade wegen ihrer kulturellen Unterschiede – eine bewundernswerte Offenheit und Toleranz. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter fünfunddreißig Jahre alt. Das macht London zur jüngsten Hauptstadt Europas. Rund vierzig Prozent der Stadtbevölkerung wurden nicht in der Stadt geboren.
Neben zwanzig Millionen Besuchern, die jedes Jahr nach London reisen, strömen jeden Tag Tausende Glücksritter durch die Ankunftsterminals der Flughäfen Stansted, Gatwick, City, Heathrow oder Luton. Nicht alle Neuankömmlinge führt der Weg in den Karriereaufzug eines Bankenturms in Canary Wharf oder in den Sattel eines Fintech-Einhorns in Shoreditch.
Manche finden sich im Maschinenraum der Gig Economy wieder. Oder auf einer Großbaustelle, wo sie das Profitstreben der Immobilienentwickler vertikal in den Himmel stapeln. Dieser Himmel leuchtet übrigens viel öfter sonnig, als das Klischee weismachen will.
Was die meisten dieser Menschen verbindet: Sie nehmen ihr Schicksal in die Hand. Und sehen die Stadt als Marktplatz der Möglichkeiten. Was der englische Poet William Ernest Henley schrieb, könnte ihr Motto sein, es könnte auch Londons Optimismus, Unternehmergeist und Resilienz erklären: »I am the master of my fate, I am the captain of my soul.« Lyrischer kann ein Bekenntnis zu Freiheit und Selbstverwirklichung nicht sein.
»In anderen Städten müssen viele Jahre vergehen, bis ein Ausländer aufgenommen wird; in London dauert es einige Monate«, schreibt der Historiker Peter Ackroyd in seinem Werk »London: A Biography«. Auch habe sich die Metropole in ihrer Geschichte meist friedlich gewandelt. Selten erlebte sie blutige Revolten oder ausufernde Gewalt.
Die Katastrophen kamen meist von außen (der Blitz im Zweiten Weltkrieg) oder waren einer höheren Gewalt geschuldet (das Great Fire of London, die Pest). Selbst jüngere Ereignisse, wie der Schock über den Austritt aus der Europäischen Union (gegen den sich die Mehrheit der Stadtbevölkerung ausgesprochen hatte) und die Landflucht als Folge der Coronapandemie, schüttelte die Metropole mit der für sie typischen coolness ab.
Die Märzhasen, so scheint es, haben Wichtigeres zu tun, als sich zu lange mit Krisen aufzuhalten. Wandel macht ihnen keine Angst. Ihr Blick geht nach vorne.
Trotz des Brexit und einer angespannten Wirtschaftslage im Vereinigten Königreich ist London weiterhin ein globales Powerhouse für Innovation und Technologie. Eine Metropole, die Wachstum und Aufstieg verspricht. Im Jahr 2040, so die Prognosen, werden daher mehr als zehn Millionen Menschen in der Stadt leben.
Der Legende nach war Brutus, ein Nachkomme der Trojaner, Londons Gründungsvater. Die Jagdgöttin Artemis versprach ihm, er könne auf einer Insel in der Nordsee Troia Nova bauen. Eine Metropole, so mächtig, wie es seine alte Heimat war. Heute scheint es, als hätte er tatsächlich den Grundstein für eine moderne Kosmopolis gelegt.
London ist ein Refugium des Weltbürgertums, in dem Werte wie Freiheit und Toleranz gelebt werden. Und dieses weltoffene Flair ist kein elitäres Projekt, auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan verkörpert es. Der Sozialdemokrat der Labour Party wuchs als Sohn eines pakistanischen Busfahrers mit acht Geschwistern in einer Sozialwohnung auf.
Khan ist ein gläubiger Muslim, er betet fünfmal am Tag. Doch er bricht mit dem obersten Rabbiner das Fasten an Ramadan und eröffnet danach eine LGBTQ-Parade im Szeneviertel Soho. Seine Vision ist eine grüne und saubere Weltstadt: Die letzten Erinnerungen an den früher berüchtigten London Smog sollen endgültig weggepustet werden. Dafür baut die Stadt auch Hunderte Kilometer an neuen Radwegen. Das sorgt zwar auch hier für giftige Debatten. Und dennoch scheint es, als würden diese Umweltinitiativen weitaus rascher und konsequenter umgesetzt als ähnliche Projekte in New York oder Berlin.
London war nie ein angenehmer Ort für bedürftige Menschen. Denn die Stadt steht leider auch für eine extreme Ungleichheit. Armut und Dekadenz trennt oft nur eine Backsteinmauer. Und in manchen Vierteln könnten wegen der Wohnungsnot die Slums von morgen entstehen. In der Weltstadt spiegeln sich die Chancen, Krisen und Nöte der globalen Gesellschaft wider. Gleichzeitig haben Londoner Schüler aus sozial benachteiligten Verhältnissen die besten Chancen, sozial aufzusteigen und eine Universität zu besuchen.
Jeder Londoner weiß: Das Wehklagen über die Stadt gehört zum Leben in der Metropole wie brauner Schlamm zur Themse. Mein Gott, ist das alles teuer. Die tube zu voll. Die roten Busse zu langsam. Der Taxifahrer zu launisch. Der Winter zu lange, der Sommer zu kurz. Der Wohnraum zu knapp und zu heruntergekommen. Die Häuser zu schlecht isoliert. Und erkläre mir einer, warum die Stadt, die angeblich alles bietet, nur eine Handvoll öffentlicher Freibäder hat, wenn schon wieder Rekordhitze herrscht?
Doch schon schlägt das Pendel von Mühsal und Verzweiflung wieder in Richtung Magie.
Ein frischer Frühlingstag. Park life. Wir fahren mit dem Rad an den Kanälen der alten Industrieanlagen entlang. Vorbei an Hausbooten, bis zum Victoria Park in Hackney. Am Pavillon Café am Seeufer strecken wir die Beine aus. Das Mittagslicht tanzt auf dem Wasser. Und auf der Zunge tanzen die Gewürze eines sri-lankischen Pfannkuchens. Ja, das Full London Breakfast schmeckt im Melting-Pot nach Chili, Kokos und fermentierten Dosas statt nach baked beans. Und das ist erst das Amuse-Bouche für den Feinschmecker mit dem weltgewandten Gaumen.
Und wie grün die Stadt doch ist! Auf einundzwanzig Prozent ihrer Fläche wachsen Bäume, insgesamt acht Millionen. Schnee fällt in London leider fast nie. Doch für Schneegestöber sorgen die Kirschblüten, die wie Flocken durch die Parks wirbeln und jede japanische Reisegruppe um den Verstand bringen. Fun fact: Laut einer forstwirtschaftlichen Definition der Vereinten Nationen ist London gar keine Stadt – sondern ein Wald.
In Westminster, im gleißenden Licht eines Sommertags, glänzen die Helme der Horse Guards. Der Geruch von Stall und Leder liegt in der Luft. Dann mischt sich das schwere Parfüm einer Lady dazu. Eingehakt im Arm ihres Lords flaniert sie in Abendgarderobe vom Piccadilly Circus Richtung Whitehall. Zum Fundraiser im Raffles Hotel? Oder zum Dinner im Rules Restaurant?
Nebenan, am Parliament Square, ist noch ein Aristokrat unterwegs: die Satirefigur Count Binface, verkleidet mit schwarzer Schleppe und der Attrappe eines Mülleimers mit Sehschlitzen auf dem Kopf. Hinter der Maskerade steckt ein Exzentriker, der im Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters antritt. Den wird er zwar gegen Amtsinhaber Sadiq Khan verlieren. Doch der Spaßkandidat wird mehr Stimmen bekommen als der Vertreter einer rechtsextremen Partei. In London demütigt eine Witzfigur den Hetzer vom rechten Rand. »Ein weiterer Grund, die Stadt zu lieben«, sagt dazu Wahlgewinner Khan.
Ein goldener Herbsttag. Auf dem Hügel der Sternwarte von Greenwich öffnet sich ein Panoramafenster zur Seele der Stadt. Am alten Hafen die Masten des imperialen Segelschiffs »Cutty Sark«. Daneben die weißen Säulen des Maritime Museums. Und dahinter die Themse, der Silberstrom, hinter dessen Ufer die Glasmonolithen von Canary Wharf wachsen. Stumme Zeugen von Macht und Ehrgeiz dieser Stadt.
Und die hat auch ein warmes Herz. Es pocht an Winterabenden im »Mayflower Pub« an den Docks von Rotherhithe. Wo Freunde in der unsinkbaren Gastlichkeit der Seefahrerkneipe die Welt neu erfinden. Wie es in den Jahrhunderten zuvor die Matrosen und Walfänger, die Poeten und Parvenus und ungezählte Londoner und Londonerinnen getan haben.
Nachher weisen uns die Lichter der Tower Bridge den Weg am Ufer der Themse entlang. Im Mondschein huschen Füchse über den Pflasterstein, auch von diesen Tieren gibt es ja eigentlich zu viele in der Stadt.
Wir folgen dem Ruf des Ungeheuers. Es ist zu großartig, um es ganz zu durchdringen; gerade deshalb zieht es uns in seinen Bann. Immer wieder.