Letterland - Die Diamantenquelle - Johanna Trommer - E-Book

Letterland - Die Diamantenquelle E-Book

Johanna Trommer

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Beschreibung

Die 13-jährige Tinka liebt Bücher über alles. Eines Tages findet sie einen mysteriösen Brief, der sie und ihre Freundin Isabell zum Antiquar Antonius führt. Dort erfahren sie von der Existenz des Reiches Grammaton, dessen Bevölkerung aus lebendigen Buchstaben, den Letterlingen, besteht und davon, dass Grammaton in großer Gefahr ist. Denn Letterlinge schöpfen ihre Energie aus der Fantasie lesender Kinder in der Menschenwelt und die Begeisterung für das Lesen schwindet- Tinka und Isabell müssen das mit einem Fluch behaftete Buch Atnaphias in Grammaton finden und es in die Menschenwelt bringen. Nur so können sie Letterland retten.

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Seitenzahl: 680

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Johanna Trommer

und Meryem Natalie Akdenizli

LETTERLAND

Die Diamantenquelle

Ein Roman der

GRAMMATON-SAGA

Impressum

Lübbe Digital

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes

Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG

Originalausgabe

Copyright © 2011 by Baumhaus Verlag in der Bastei Lübbe

GmbH & Co. KG, Köln

Lektorat: Katharina Jacobi, Leipzig

Redaktion: Anna Matschke

Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-8387-0830-0

Sie finden uns im Internet unter

www.luebbe.de

www.baumhaus-verlag.de

Bitte beachten Sie auch www.lesejury.de

Inhalt

INHALT

1. Ein Hilferuf2. Enthüllungen3. Unbekannte Zeiten4. Der Wald der tanzenden Schatten5. Pin6. Schloss Adamantan7. Ein unverhofftes Angebot8. Gefährliche Routen9. Der Aufbruch10. Über eisige Gipfel11. Rahotep12. Die Wüste Nihil13. Die steinerne Wächterin14. Die Mondensängerin15. Die Mutprobe16. Die Macht der Liebe17. Im Turm18. Die Elf Weisen19. Die Quelle der Weisen20. Die roten Soldaten21. Traurige Rückkehr22. Die Stadt an der Yara23. Der Fliegende Holländer24. Getrennte Wege25. Livnah26. Gefangen im Baumhaus27. Die Gruft der Könige28. Die geheime Waffe29. Zaidas wahre Pläne30. Pins Versteck-Baum31. Hart auf hart32. Ein Wettlauf durch die Hölle33. Im Bann der Opterons

1. Ein Hilferuf

1. EIN HILFERUF

In der Bibliothek war es ungewöhnlich still. Tinka saß fast ganz allein in dem Saal, sodass niemand sehen konnte, wie fassungslos sie auf den Brief starrte, der vor ihr lag. Die Seiten des aufgeschlagenen Buches darunter schienen ihr mit einem Mal völlig unbedeutend.

Unentschlossen hatte sie gerade eben noch zwischen den großformatigen Buchseiten der Odyssee geblättert, als sie das sonderbar bedruckte, lose Schriftstück darin entdeckte. Auf den ersten Blick sah es aus, als bestünde der Text auf dem Blatt aus Zeitungsschnipseln, so wie Tinka es von Drohbriefen oder Ähnlichem aus Filmen kannte. Aber das war nicht der Fall. Die Buchstaben waren einfach nur völlig unregelmäßig aneinandergereiht, und sie sahen auch verschieden aus. Das Papier schien irgendwo herausgerissen worden zu sein, jedenfalls besaß es keine sauber geschnittenen, sondern ganz unregelmäßige Kanten.

So harmlos sie klangen – die ersten Worte, die da geschrieben standen – sie jagten Tinka dennoch einen kalten Schauer über den Rücken.

»Sehr geehrte Tinka«, stand da.

Der Brief war wirklich an sie persönlich gerichtet! Aber wie konnte jemand wissen, dass ausgerechnet sie dieses Blatt Papier finden würde? Und woher wusste dieser jemand ihren Namen?

Tinka schüttelte sich unwillkürlich. Sie fand diese Angelegenheit reichlich unheimlich.

Wie von unsichtbarer Macht getrieben, vergewisserte sie sich, dass sie von niemandem beobachtet wurde, dann faltete sie den Zettel hastig zusammen und steckte ihn ungelesen in ihre Jackentasche. Nervös strich sie sich eine ihrer widerspenstigen, dunklen Haarlocken aus dem Gesicht, klappte den großen, in Leder eingebundenen Buchdeckel eilig wieder zu und stellte die kostbare Ausgabe zurück an ihren Platz im Regal. Jetzt wollte sie schnell nach Hause, um den geheimnisvollen Brief dort in Ruhe und ganz genau zu lesen.

Vielleicht hatte sie sich ja vor lauter Aufregung getäuscht, und in dem Brief stand gar nicht »Sehr geehrte Tinka«. Welch außergewöhnliche Anrede das war!

Denkbar, dass dort irgendetwas ganz anderes stand und sie sich nur verlesen hatte. Möglicherweise war diesmal wirklich ihre Fantasie mit ihr durchgegangen, wie es ihre Mutter nicht nur ein Mal behauptet hatte.

Ihre Eltern würden noch bei der Arbeit sein, Tinka könnte also völlig ungestört überprüfen, was sie da gefunden hatte.

Mit eiligen Schritten lief sie nach Hause. Was mochte nur in diesem mysteriösen Brief stehen? Und war er tatsächlich an sie gerichtet? Oder war es vielleicht nur eine völlig unbedeutende Notiz, die ihr durch blanken Zufall in die Hände gefallen war? Tinka war sich allerdings vollkommen sicher, dass dieses Blatt Papier erst kürzlich in das Buch gelangt sein musste. Denn sie hatte in letzter Zeit häufiger in diesem Werk mit den Geschichten des heldenhaften Odysseus gelesen oder sich einfach nur die wunderschön gezeichneten Illustrationen angeschaut – mit Sicherheit wäre ihr doch jede noch so kleine Veränderung aufgefallen.

Bald war Tinka vor ihrer Wohnungstür angelangt und kramte in ihrem völlig überfüllten Rucksack ungeduldig nach dem Schlüssel. Als sie ihn gefunden hatte, beeilte sie sich, in ihr Zimmer zu kommen. Kurz streichelte sie noch ihrem Kater Balthasar über den schwarzen Kopf, bevor sie ihre Jacke auszog und aufs Bett warf, sich an den Schreibtisch setzte und das Papier aus der Tasche zog, um es auf der Tischplatte auszubreiten und glatt zu streichen. Gespannt schaute sie auf die verschieden großen Buchstaben unterschiedlicher Gestalt und fing endlich an zu lesen:

Sehr geehrte Tinka,

die Bewohner der Buchstabenwelt befinden sich in großer Gefahr! Bitte mach dich so schnell wie möglich auf den Weg zu uns!

Du bist unsere letzte große Hoffnung.

Wende dich umgehend an den Antiquar Antonius, er wird dir helfen! Sein Antiquariat befindet sich ganz in deiner Nähe.

Ehrfurchtsvoll,

Arthur,

Senatsvorsitzender und Verantwortlicher für Sicherheiten und die Bekämpfung drohender Gefahren in Grammaton.

Post Scriptum: Wichtig – bitte bring diesen Brief unbedingt zu uns zurück, damit die Buchstaben darauf wieder befreit werden können!

Tinka lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ihre Gedanken überschlugen sich und wirbelten alles in ihrem Kopf durcheinander. Sollte sich jemand einen Scherz mit ihr erlaubt haben? Aber wer? Irgendjemand wusste auf jeden Fall, welches ihr liebstes Buch in der Großen Bibliothek war. Wie sonst hätte derjenige den Brief so zielsicher für sie platzieren können?

Aber es gab nur drei Menschen, die davon wussten. Das waren ihr Vater, ihr Zwillingsbruder Benjamin und ihre beste Freundin Isabell. Und ihnen würde es mit Sicherheit nicht einfallen, aus Spaß einen derartig absurden Brief an sie zu schreiben. Zudem lag ihr Bruder im Krankenhaus und war also gar nicht imstande, so etwas zu tun.

Bei dem Gedanken an Benjamin überfiel Tinka ein tiefer Kummer. Er war bei einem Autounfall schwer verletzt worden und lag schon seit einigen Monaten im Koma. Voll Traurigkeit dachte sie daran, dass er einst ebenso lebensfroh, gesund und glücklich gewesen war wie seine Zwillingsschwester. Tinka und ihr Bruder waren sich immer besonders nahe gewesen. Er fehlte ihr unglaublich, und sie litt sehr unter seinem noch immer kritischen Zustand.

Sie schüttelte die bitteren Gedanken ab und blickte immer wieder auf diese Buchstaben, auf diese geheimnisvollen Lettern.

Der Antiquar Antonius – wer sollte das denn sein?

Und eine Buchstabenwelt namens Grammaton?

Aus Büchern waren Tinka viele Welten vertraut, und sie hatte immer an eine besondere Macht der Buchstaben geglaubt – aber eine Buchstabenwelt? Und sie sollte dieselbe vor irgendetwas retten?

Unterdessen war Balthasar auf ihren Schreibtisch gesprungen und hatte sich auf das Stück Papier gesetzt. Gerade wollte sie ihren Kater sanft zur Seite schieben, als dieser pfeilschnell auf etwas reagierte, was auf dem Schriftstück unter seinen Samtpfoten passierte. Auch Tinka hatte es gesehen.

Das A im Namen Arthur hatte sich bewegt!

Es war von seinem Platz aus ein paar Zentimeter nach links gerückt und dann, Balthasars schwarzer Tatze ausweichend, mit einer ruckartigen, leicht gehetzten Bewegung wieder an seinen ursprünglichen Platz gesprungen. Balthasar sah augenscheinlich keinen Grund zur Verwunderung, denn er saß inzwischen wieder unbeweglich auf dem Tisch und blickte sie leise schnurrend mit seinen smaragdgrünen Augen an. Dennoch war Tinka froh, dass auch er anscheinend etwas bemerkt hatte – spätestens an diesem Punkt hätte sie sonst nämlich gedacht, ihre ausgeprägte Fantasie hätte sie nun endgültig in einen bisher noch unerforschten Wahnsinn getrieben.

Aber sie hatte es gesehen.

Und sie hatte einen Zeugen. Dieser war zwar nur ein rabenschwarzer Kater, welcher der ganzen Situation ziemlich gleichgültig gegenüberstand, aber genau das machte die Sache umso glaubwürdiger. Denn keine Katze würde mit ihrer Pfote in einer derartigen Geschwindigkeit ausholen, wenn sich nichts in ihrer Nähe bewegte.

Tinka hielt den Atem an und starrte abermals einige Minuten lang auf die Buchstaben, die nun allerdings wieder reglos auf ihren Plätzen ruhten.

Das machte alles irgendwie keinen Sinn. Sie musste sich mit jemandem beraten. Und die einzige Person, die dafür infrage kam, war ihre beste Freundin.

Sorgfältig, aber auch mit einem etwas mulmigen Gefühl, faltete Tinka den Brief wieder zusammen und steckte ihn in ihre Jacke, um sich damit auf den Weg zu Isabell zu machen. Mit dieser teilte Tinka zwar nicht gerade ihre Vorliebe für Bücher – Isabell beschäftigte sich lieber mit Zahlen und Rechenaufgaben, was sie aus irgendwelchen Gründen für wesentlich interessanter hielt –, dafür aber teilten die beiden Mädchen jedes Geheimnis.

Ein schriller Ton erscholl hinter der Tür. Tinka hatte den Klingelknopf gedrückt und wartete ungeduldig darauf, dass Isabell öffnete.

»Isa, komm mit!«, rief sie ganz außer Atem, als ihre Freundin verwundert im Wohnungseingang erschien. Sie war den ganzen Weg vor Aufregung gerannt und flitzte jetzt an Isabell vorbei in deren Zimmer.

»Was? Sag mal, spinnst du? Hast du vielleicht gerade den Geist von Canterville getroffen?«, fragte Isabell in einem belustigten Tonfall. Sie war es gewohnt, ständig von irgendwelchen berühmten Figuren zu hören, denen Tinka in ihren Büchern begegnet war.

»Quatsch! Sieh dir das an!« Tinka war gerade gar nicht zu Scherzen aufgelegt. Sie faltete den Brief sorgfältig auseinander und legte ihn, nachdem sie Isabells Schulsachen unsanft zur Seite geschafft hatte, auf den Schreibtisch. Mit kritischem Blick überzeugte sie sich davon, dass alle Buchstaben noch auf ihren Plätzen waren, wandte sich dann um und sagte nur: »Lies!«

Isabell schüttelte leicht den Kopf, nun doch erstaunt über Tinkas merkwürdiges Verhalten. Sie wollte schon etwas Spöttisches sagen, bemerkte dann aber den seltsamen Gesichtsausdruck ihrer besten Freundin und beugte sich widerwillig über den Tisch. Als sie kurz darauf wieder zu Tinka aufsah, war ihren Augen eine Mischung aus Belustigung und Sorge abzulesen.

»Wo hast du denn den Quatsch her?«

Nun erzählte Tinka mit einer derartigen Hast die ganze Geschichte, wo und wie sie diesen Brief gefunden hatte und davon, wie sich das große A bewegt hatte, dass sogar Isabell, die eine äußerst schnelle Auffassungsgabe hatte, nur mit größten Schwierigkeiten den heraussprudelnden Sätzen folgen konnte.

»Isa, es hat sich bewegt!« Tinka schrie jetzt fast.

»Jetzt beruhige dich bitte erst mal und setz dich hin. Also Arthur hat sich bewegt und Balthasar hat es gesehen …« Isabells kritischer Blick sprach Bände.

»Nein!! Nur das A hat sich bewegt!«

Tinka hatte sich keineswegs beruhigt, auch wenn sie sich mittlerweile auf Isabells Bett niedergelassen hatte und wenigstens nicht mehr so heftig zappelte.

»Also gut. Dann eben nur das A. Aber vielleicht hat Balthasar auch nur eine Fliege gesehen und deshalb mit seiner Pfote ausgeholt?« Offensichtlich war Isabell nicht so leicht von der Tatsache zu überzeugen, dass es sich hier um alles andere als ein Missverständnis handelte.

»Isa, da war keine Fliege! Ich bin mir sicher! Ich habe ganz genau beobachtet, dass Balthasar nach dem Buchstaben und nichts anderem gefasst hat! Und schließlich habe ich es selbst auch gesehen, wie das A hin- und wieder zurückrückte! Bitte, Isa, das musst du mir glauben. Du bist die Einzige, mit der ich darüber reden kann!«

Isabell atmete mit leicht zusammengepressten Lippen zweimal tief durch und sagte nachdenklich: »Gut. Also gehen wir mal davon aus, dass du dich nicht geirrt hast und dieses mysteriöse Schriftstück hier ernst gemeint ist. Dann gibt es also eine Buchstabenwelt, die aus irgendeinem Grund in Gefahr ist und deine Hilfe benötigt, weshalb du dich umgehend mit einem Antiquar namens Antonius in Verbindung setzen sollst.«

»Ja«, sagte Tinka. Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen. Isabells sachliche Zusammenfassung ließ das Ganze beinahe noch absurder erscheinen. Dennoch konnte Tinka nicht anders – sie musste das Geheimnis des Briefes ergründen!

»Aha«, fuhr Isabell nun in demselben sachlichen Ton fort. »Und was willst du jetzt machen? Vielleicht bei der Auskunft anrufen und nach der Adresse von einem gewissen Antiquar mit dem Namen Antonius fragen?«

»Genau! Das ist eine super Idee!« Tinkas Blick hellte sich auf.

Isabell hatte zwar eigentlich versucht, ihrer Freundin die Unsinnigkeit des Ganzen vor Augen zu führen, erzielte aber das Gegenteil.

»Vielleicht gibt es diesen Antonius ja wirklich«, rief Tinka enthusiastisch. »Und dann kann ich ihn ja mal besuchen gehen und fragen, was er von dem Brief hält! Und wenn er keine Ahnung hat und mich für eine Verrückte hält, dann weiß ich ja Bescheid.«

»Worüber?«, fragte Isabell, leicht verärgert, Tinka versehentlich auch noch ermutigt zu haben. Andererseits hatte sie sich auch keine allzu großen Hoffnungen gemacht, ihre Freundin so schnell von ihrer Überzeugung und ihrem Eifer abbringen zu können.

»Darüber, dass sich wohl doch jemand einen Scherz mit mir erlaubt hat. Wenn es diesen Antonius aber tatsächlich gibt und er die Geschichte in diesem Brief bestätigen und mir vielleicht mehr darüber erzählen kann, und …«

»Halt!«, rief Isabell, die sich inzwischen damit abgefunden hatte, dass Tinka wohl erst einmal nicht lockerlassen würde. »Also gut. Dann schau doch als Erstes einfach mal im Branchenbuch nach, ob du dort sein Antiquariat finden kannst.«

»Gute Idee! Wo habt ihr denn eure Telefonbücher?« Tinka konnte es kaum erwarten. Irgendetwas gab ihr das sichere Gefühl, dass es diesen Antiquar gab. Also würde sie bestimmt auch herausfinden, wer dieser Antonius war und wo er lebte.

»Warte, ich hol es dir aus der Küche.«

Doch schon sprang Tinka auf und lief Isabell hinterher. In der Küche ließ sie sich auf einem der Hocker nieder, die den großen Holztisch im Zentrum des Raums umsäumten, und schlug eilig das Branchenbuch auf, das Isabell ihr hingelegt hatte.

»A, Af, An… hier … Antiquariate. Es ist natürlich blöd, dass ich den Nachnamen von diesem Antonius nicht weiß …«

Tinkas Augen huschten blitzschnell über die Namen der verzeichneten Antiquariate und deren Besitzer, bevor sie enttäuscht aufsah.

»Einen Antonius gibt es hier nicht.«

Isabell konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, unterdrückte es jedoch schnell wieder, als Tinka zu ihr aufblickte. Sie wollte ihre Freundin nicht noch mehr in Aufregung versetzen.

»Ich ruf die Auskunft an. Schließlich können die auf alle Adressen und Nummern zugreifen, nicht nur auf die in unserer Gegend«, entschied Tinka, nach wie vor voller Entschlossenheit. Auch wenn es in dem Brief hieß, dass dieses Geschäft in der Nähe sei – es musste sich schließlich nicht um die gleiche Stadt handeln. Isabell seufzte, hielt allerdings jeglichen Einspruch für zwecklos und überreichte Tinka das Telefon.

Rasch wählte Tinka die Nummer der Auskunft.

»Guten Tag, Tinka Behrendt mein Name«, ließ sich einen Moment später eine aufgeregte Stimme vernehmen. »Ich wüsste gerne, ob Sie einen Antiquar namens Antonius für mich ausfindig machen könnten.« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Nein, leider weiß ich den Nachnamen nicht. Aber Sie müssen mir bitte helfen, es ist wirklich sehr dringend!«

Anscheinend war Tinkas Anruf wenig erfolgreich, denn kurz darauf sagte sie: »Ja, danke, auf Wiederhören.« Die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Schweigend blickte sie auf einige glänzende Kochtöpfe, die frisch gespült auf der Anrichte standen.

Isabell überlegte erneut, wie sie ihrer Freundin die irrsinnige Idee ausreden konnte, der Spur eines sicherlich nicht einmal existierenden Antiquars nachzugehen.

»Tinka, bitte, denk doch mal vernünftig nach«, bat sie schon fast flehentlich. »Mit Sicherheit nimmt dich jemand auf den Arm. Und derjenige wird einiges zu lachen haben, wenn er erfährt, dass du in seine Falle getappt bist!« Doch ihr Versuch blieb erfolglos.

»Genau. Nachdenken. Das werde ich jetzt tun. Ich werde erst mal wieder nach Hause gehen«, antwortete Tinka, immer noch mit angestrengter Miene. Gerade wollte Isabell etwas darauf erwidern, doch Tinka war bereits auf dem Weg, ihre Sachen zu holen. Sie verabschiedete sich noch mit einem kurzen, wohl auch ein wenig beleidigten »Tschüss, Isa« und war sogleich verschwunden.

Etwas mehr Begeisterung und Verständnis hätte sie von ihrer besten Freundin durchaus erwartet. Aber Isa verspürte einfach nicht dieses unbeschreibliche Gefühl, das ihrem eigenen Innern zuflüsterte, dass in diesem Brief die Wahrheit über etwas ganz Ungeheuerliches steckte.

Doch wie konnte sie diesen Antonius ausfindig machen? Es musste irgendeine Möglichkeit geben!

Erst als sie etwa zehn Minuten später das Portal der Großen Bibliothek erblickte, kam Tinka eine Idee. Vielleicht, dachte sie, kennt ja einer der Bibliothekare diesen Antonius!

Zielstrebig marschierte sie dem vertrauten Gebäude entgegen und lief direkt auf das Treppenhaus zu, um in die erste Etage zu gelangen. Natürlich kannte Tinka die meisten Bibliothekare hier. Mit ein wenig Glück würde sie zu dieser Zeit sogar Bendix antreffen. Er war ein liebenswerter junger Mann, der sich stets über Tinkas Besuche in der Bibliothek freute und ihr schon oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte, wenn sie mal wieder etwas ganz Bestimmtes suchte oder brauchte. Meistens hielt sich Bendix im ersten Stock bei den Kinderbüchern auf. Tatsächlich musste Tinka nicht lange suchen. Nachdem sie zwei der zahlreichen Gänge durchstreift hatte, die auf beiden Seiten bis unter die Decke von farbenprächtigen Buchrücken eingesäumt waren, erblickte sie ihn. Bendix stand gerade auf einer der Leitern und sortierte die Bücher in einem Regal, das mit den Worten Kinder – Erzählungen und Kurzgeschichten, B bezeichnet war. Als er Tinka sah, hellten sich seine Züge auf.

»Hallo, Tinka!«, rief er zu ihr hinunter. »Suchst du heute etwas aus der Kinderabteilung? Ich dachte, du liest nur noch die Geschichten für die ganz Großen!«

Er lachte. Tinka hingegen lächelte nur kurz und sagte: »Hallo, Bendix. Ich muss dich etwas fragen. Sag mal, hast du schon mal etwas von einem Antiquar namens Antonius gehört? Er soll ein eigenes Antiquariat haben.«

»Hmm …«

Bendix stellte das Buch, das er in seinen Händen gehalten hatte, wieder ordentlich ins Regal zurück und sah Tinka an.

»… ich glaube nicht. Wer soll das denn sein?«

Mit dieser Frage hatte Tinka nicht gerechnet. Aber natürlich würde sie niemandem etwas von dem Brief erzählen. Schnell legte sie sich eine Lüge zurecht, auch wenn sie das Bendix gegenüber nur sehr ungern tat: »Ach, ich habe nur gehört, dass er so ein besonders schönes Antiquariat mit sehr seltenen alten Exemplaren und Originalen besitzen soll«, antwortete sie. »Ich dachte, das könnte ich mir ja bei Gelegenheit mal anschauen!«

Zu Tinkas Erleichterung stellte Bendix keine weiteren Fragen und sagte nach einer kurzen Überlegung: »Tut mir leid, Tinka, ich kenne ihn leider nicht. Aber frag doch mal Herrn Abel, den Bibliothekar von oben. Der hat ziemlich viele Kontakte dieser Art, weil er selber ein großer Sammler alter Werke ist! Er könnte dir vermutlich weiterhelfen.«

Herrn Abel hatte Tinka nicht gerade in ihr Herz geschlossen, da dieser bekannt dafür war, die gesamte Bibliothek für Kinder am liebsten unzugänglich machen zu wollen. Er glaubte, dass Kinder mit Büchern nicht umgehen konnten, und war deswegen nicht sehr gut auf sie zu sprechen. Trotzdem verabschiedete sich Tinka von Bendix und machte sich direkt auf die Suche nach Herrn Abel. Sie fand den griesgrämigen alten Mann im dritten Stockwerk, wo er gerade den verletzten Rücken eines beachtlich alten Buches mit zusammengekniffenen Augen begutachtete.

Mit dem freundlichsten Gesichtsausdruck, den sie auf Anhieb zustande brachte, gesellte sich Tinka zu ihm und erklärte: »Herr Abel, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie bei der Arbeit störe, aber ich habe nur eine Frage: Kennen Sie einen Antiquar mit dem Namen Antonius? Er soll nicht allzu weit von hier ein eigenes Antiquariat besitzen.«

Der Griesgram schaute sie erst eine Weile unwillig an, brummte dann jedoch: »Ja, kenn ich. Sitzt auf seinen Büchern wie die Henne auf den Eiern.«

Tinkas Herz machte einen Sprung. Da sich Herr Abel allerdings in dem Moment nicht weiter äußerte, sondern sich stattdessen wieder seine randlose Brille aufsetzte, um sich ganz dem vor ihm liegenden Buchrücken zu widmen, sprach Tinka ihn erneut an: »Ja, und würden Sie mir vielleicht noch freundlicherweise mitteilen, wo ich ihn finden kann und wie er mit Nachnamen heißt?«

Man sah dem alten Herrn deutlich an, dass seine Geduld stark strapaziert wurde. Schließlich antwortete er aber dennoch, auch wenn er währenddessen nicht von seiner Arbeit aufblickte: »Ich weiß zwar nicht, was dich das angeht, aber meinetwegen. Den Nachnamen weiß ich nicht. Den weiß keiner. Sein Geschäft ist in Wien in der Innenstadt. Goldschmiedgasse 20. Und nun lass mich gefälligst in Ruhe, Kind.«

Es lag eine gehässige Betonung auf dem Wort Kind, aber das war Tinka zu diesem Zeitpunkt völlig gleichgültig. Während sie innerlich über ihren Erfolg jubelte, bedankte sie sich freundlich und verabschiedete sich von dem Alten, der nur noch ein unverständliches Grummeln von sich gab.

Auf dem Weg nach Hause traf sie die Entscheidung, Antonius möglichst bald in seinem Antiquariat aufzusuchen, um mehr über die geheimnisvollen Zeilen des Dokuments zu erfahren. Noch war Tinka mit ihrem Kater alleine zu Hause, aber es würde sicher nicht mehr lange dauern, bis ihre Eltern zurückkamen.

Balthasar war sichtlich entzückt über ihre Anwesenheit. Er hatte Tinka schon an der Tür begrüßt und lief nun, lautstark sein immenses Hungergefühl bedeutend, in die Küche voraus. Tinka folgte ihm, um seinen Fressnapf mit dem stark riechenden Inhalt einer Katzenfutterdose zu füllen, in den der Kater sogleich äußerst zufrieden und gierig seine rosa Nase steckte.

Währenddessen griff Tinka eilig zum Telefon und wählte Isabells Nummer. Ungeduldig schob sie sich den Telefonhörer unter ihre kastanienfarbene Lockenmähne und wartete auf das Freizeichen.

»Hallo, Isa!«, sagte Tinka aufgeregt, als ihre Freundin sich meldete, und berichtete, was sie in der Bibliothek erfahren hatte.

»Isa, ich muss da unbedingt hin! Aber was soll ich meinen Eltern erzählen? Du musst mir helfen! Wir brauchen ja nur einen Tag –«

»Wieso W I R?«, ertönte es wie aus der Pistole geschossen aus Tinkas Hörer.

»Jetzt warte doch mal«, sagte Tinka fast beschwörend. »Könnten wir nicht zusammen nach Wien fahren?«

»Hm … keine Ahnung …«

Isabell wirkte immerhin nicht mehr ganz so ablehnend, was Tinka dazu veranlasste, so schnell weiterzureden, dass sie kaum dazu kam, Luft zu holen:

»… und wir sagen unseren Eltern einfach, dass wir gerne zu zweit einen Ausflug machen würden, ja? Isa, bitte, komm doch mit!«

»Also, ich weiß wirklich nicht, ob meine Eltern das erlauben würden …«, brummte Isabell unschlüssig.

»Ach Isa! Deine Eltern erlauben es doch bestimmt, wenn meine es auch tun. Und meine Eltern sind wahrscheinlich froh, wenn ich zur Abwechslung mal nicht den ganzen Tag meine Nase in Bücher stecke.«

Tinka war eine Meisterin, wenn es darum ging, Isabell zu irgendwelchen Dingen zu überreden. Und sie erreichte ihr Ziel:

»Also gut«, ließ sich Isabells Stimme vernehmen. »Ich frag mal meine Eltern, was sie davon halten. Aber ich kann nichts versprechen!«

»Sehr gut. Und ich such schon mal einen Zug raus und sage auch meinen Eltern Bescheid. Lass uns dann später noch mal telefonieren, ja?«, sagte Tinka vergnügt. Nachdem sie sich verabschiedet hatten, ging Tinka in ihr Zimmer und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie verspürte ein unbeschreibliches, nervöses Kribbeln im Bauch. Irgendetwas an diesem Brief war durch und durch seltsam –, und schon bald würde sie mehr darüber erfahren.

Heute war Mittwoch. Sie hatten also noch zwei Tage Zeit, alles vorzubereiten. Gleich morgen nach der Schule würde sie zum Bahnhof gehen und von ihrem Taschengeld zwei Fahrscheine nach Wien für Samstagmorgen kaufen.

Wenig später stürmte Tinka nach unten ins Wohnzimmer und erzählte ihren Eltern von dem Plan. Diese reagierten zum Glück wie erwartet und hatten nichts gegen den geplanten Ausflug nach Wien einzuwenden. Ihre Mutter hielt es sogar für eine richtig gute Idee und fing unverzüglich damit an, Tinka sämtliche Sehenswürdigkeiten der Stadt aufzuzählen, die sie sich auf keinen Fall entgehen lassen dürften. Obwohl Tinka kaum bei der Sache war, gab sie sich möglichst interessiert, was ihre Mutter umso fröhlicher stimmte.

Wenig später telefonierte sie noch einmal mit ihrer Freundin. Isabell hatte es offensichtlich mehr Überredungskünste abverlangt, ihre Eltern von ihrem Vorhaben zu überzeugen, aber sie hatte es immerhin geschafft. Sie durften zusammen nach Wien fahren.

Die nächsten drei Nächte und die zwei dazwischenliegenden Tage kamen Tinka quälend lang vor.

Am Donnerstagnachmittag besuchte sie noch einmal ihren Zwillingsbruder im Krankenhaus. Benjamins Zustand war besorgniserregend, und es bedrückte sie immer wieder sehr, ihn so zu sehen. Aber wenigstens hatte sich sein Zustand nicht weiter verschlechtert.

Danach fuhr sie zum Bahnhof, um die Fahrkarten zu kaufen. Ihr Zug würde morgens um halb neun abfahren und nur eine knappe Stunde später an ihrem Ziel sein. In der nächsten Buchhandlung kaufte sie rasch noch einen Stadtplan von Wien. Die Goldschmiedgasse, in der sich Antonius’ Antiquariat befinden sollte, war ganz in der Nähe des Stephansdoms und somit sicherlich leicht zu finden. Mit Isabell vereinbarte sie, dass sie sich am Samstag pünktlich um acht Uhr bei Tinka zu Hause treffen würden, um von dort aus ihre Reise zu beginnen.

Am Abend vorher packte Tinka noch ihren Rucksack, auch wenn sie nicht viel benötigte: den Brief und ihr Portemonnaie, kein Buch (zum Lesen würde sie wohl ausnahmsweise eher nicht kommen), den Stadtplan und die Fahrkarten. Einen zusätzlichen Pullover steckte Tinka zur Sicherheit auch noch ein.

Nach einer beinahe schlaflosen Nacht war es dann endlich so weit: Sie stand kurz nach sieben auf, holte Isabell ab, und wenig später saßen sie fröhlich, aber auch aufgeregt im Zug nach Wien – ungewiss, was sie dort erwarten würde.

Sie waren die Einzigen im Abteil und hatten die Möglichkeit, den gesamten Raum und vier weitere Plätze für ihre Bequemlichkeit in Anspruch zu nehmen. Tinka blickte zufrieden aus dem Abteilfenster, vor welchem schon bald in rasender Geschwindigkeit weite Felder und kleinere Ortschaften vorbeisausten, die in den morgendlichen Sonnenstrahlen leuchteten, als wären sie von einem goldenen Schleier bedeckt.

»Sag mal, Tinka, weißt du eigentlich, wo wir deinen Antonius gleich finden werden?«, fragte Isabell, obwohl sie die Antwort eigentlich schon hätte voraussagen können. Sie kannte Tinka so gut, dass sie ihre Freundin mitsamt ihren Gedankengängen oft mit präzisester Genauigkeit einzuschätzen vermochte. Wahrscheinlich hatte Tinka schon jeden einzelnen Straßennamen auswendig gelernt, der sie zum gesuchten Antiquariat führte.

»Natürlich. Was denkst du denn? Aber er ist nicht mein Antonius, klar?«, kam es wie erwartet von Tinka zurück.

»Klar«, erwiderte Isabell grinsend.

Als sie endlich auf dem überfüllten Bahnhof in Wien ankamen, reihten sich Tinka und Isabell in die Menschenmengen ein und folgten den Beschilderungen zur U-Bahn.

»Was willst du eigentlich diesem Antonius erzählen, sollten wir ihn tatsächlich ausfindig machen?«, wollte Isabell wissen, kurz nachdem sie in die Bahn eingestiegen waren.

»Na ja, wir sagen ihm eben, wer wir sind und woher wir kommen, und dann zeig ich ihm einfach den Brief. Dazu wird er dann schon irgendetwas sagen. Oder was meinst du?«, entgegnete Tinka, Isabell erwartungsvoll anschauend.

»Ja, warum nicht. Was Besseres fällt mir jetzt auch nicht ein«, meinte Isabell daraufhin, etwas ratlos mit den Schultern zuckend.

Es dauerte nicht lange, bis die elektronische Ansage die Haltestelle Stephansdom ankündigte. Die beiden verließen den Zug und bahnten sich abermals ihren Weg über etliche Rolltreppen und durch große Menschenmengen. Als sie oben ankamen und endlich im Freien standen, vergaß Tinka tatsächlich für einen Augenblick den Brief in ihrem Rucksack und blickte beeindruckt auf den Stephansdom, der sich vor ihnen in den kristallklaren Himmel emporstreckte. Doch im nächsten Moment wurde sie auch schon wieder unruhig und steuerte zielsicher auf die richtige Gasse zu.

»So«, murmelte sie vor sich hin, »jetzt müssen wir nur noch die Nummer zwanzig finden …«

Tinka konnte ihre Neugier jetzt nicht mehr zügeln, was ihrem Schritt ein gehöriges Tempo verlieh. Nachdem sie einige palastähnliche Gebäude passiert hatten, rief Isabell: »Tinka, dort! Da ist es!«

Nur einen Augenblick später sah sie es auch. Über einem kleinen, aber sehr gepflegten Schaufenster war ein ovales Schild angebracht, welches in geschwungenen goldenen Buchstaben auf schwarzem Grund verkündete: Antonius´ Antiquariat.

2. Enthüllungen

2. ENTHÜLLUNGEN

Der Eingang des Antiquariats befand sich innerhalb eines imposanten barocken Hausportals, auf dessen abgerundetem und reich verziertem Dach zwei pummelige, steinerne Putten die Morgensonne zu genießen schienen. Tinka und Isabell blickten in das kleine Schaufenster, das sich links neben der gläsernen Eingangstür präsentierte. Nur wenige, aber dafür sehr exklusive alte Exemplare verschiedener literarischer Werke, sorgfältig nebeneinander aufgereiht, boten sich hier dem Betrachter dar. Stolz zeigten die meist großformatigen Bücher ihre verschiedenen dunklen Ledergewänder sowie ihre oft goldenen Einband- und Rückenverzierungen. Einige waren sogar aufgeschlagen und stellten ihre eleganten Frakturschriften oder Illustrationen kostbarster Art aus.

Unter anderen Umständen hätten Tinka und vielleicht sogar auch Isabell diese besonderen Ausstellungsstücke mit Sicherheit genauer begutachtet und bestaunt, doch nun drängte es sie in den Laden hinein.

Im Inneren des Antiquariats hatten sie zunächst Schwierigkeiten, etwas zu erkennen, weil ihre Augen, noch vom Sonnenlicht geblendet, sich erst an die wesentlich dunklere Atmosphäre gewöhnen mussten. Ein herrlicher Geruch von Leder, altem, bedrucktem Papier und einem Hauch von Eukalyptus strömte ihnen entgegen.

Der Raum, in dem sie sich nun befanden, schien für seine relativ geringe Größe überraschend viele Bücher zu beherbergen. Elegant standen sie Rücken an Rücken in den Regalen, die sich meist auf die gesamte, beträchtliche Höhe der Decke erstreckten und eines neben dem anderen die Wandbreite komplett ausfüllten. Ungewöhnlich daran waren die verschiedenartigen Regalmodelle. Offensichtlich gab es keines, das sich hier in doppelter Ausführung hätte finden lassen. Jedes Regal war ein Einzelstück und hob sich von seinen Geschwistern ab.

Während Isabell sich noch beeindruckt umsah, trat Tinka nach kurzem Zögern ein paar Schritte nach vorne und erkannte einen alten Mann, der ihr gegenüber inmitten von hohen Stapeln unzähliger alter Buchexemplare an einem dunklen, massiven Holztisch saß und sie außergewöhnlich freundlich betrachtete. »Guten Tag, junge Damen, was kann ich für euch tun?«, fragte er mit einem milden Lächeln auf seinem faltigen Gesicht.

Tinka hatte das Gefühl, noch nie eine so sanfte, tiefe und melodische Stimme gehört zu haben. Das Einzige, was diese Wirkung etwas schmälerte, war das Bonbon, das, während der alte Mann sprach, leichte Zwischengeräusche verursachte. Wahrscheinlich, dachte sich Tinka, stammte daher auch dieser dezente Eukalyptusgeruch im Raum.

Mit etwas verunsicherter, leiser Stimme sagte sie: »Guten Tag. Sind Sie Antonius?«

»Ja natürlich, mein Kind! Und wer seid ihr beiden?«

Es schien Tinka, als würde dieser Mann jede Silbe, die aus seinem Mund kam, vorher auf seiner Zunge zergehen lassen und regelrecht vorkosten, um ihr im Nachhinein genau den richtigen Ton verleihen zu können. Für ihr Empfinden klangen Antonius’ ausgesprochene Wörter wie Musik. Trotz ihrer Verwirrung antwortete sie nun mit festerer Stimme: »Entschuldigen Sie bitte, Herr – äh – Antonius. Das hier …«, sie legte Isabell kurz ihre Hand auf die Schulter, »… ist meine Freundin Isabell, und ich heiße Tinka.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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