Leuchttürme der Bildung - Manfred Hückel - E-Book

Leuchttürme der Bildung E-Book

Manfred Hückel

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Beschreibung

Leuchttürme der Bildung sind Orte, die eine lebenslange Liebe zum Lernen entfachen. Sie leuchten einen individuellen Weg zu exzellenter Schulbildung innerhalb des bestehenden Schulsystems, denn: Jedes Kind hat Talent. In jeder Schule, in jeder Klasse. Leadership-Experte und Hochschuldozent Manfred Hückel ruft in seinem ersten Buch nichts weniger als eine sanfte Revolution der Bildung aus, vom Abarbeiten an den Schwächen hin zum Stärken der jeweiligen Stärken, von bürokratischer Verkrustung hin zu einer Transformation von Schulleitung und Lehrer:innen zu modernen Leadern. Dieser Weg ermöglicht nicht nur endlich Chancengleichheit für unsere Kinder, sondern entfacht auch ein überwältigendes Gefühl von Sinnhaftigkeit bei allen Beteiligten.

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MANFRED HÜCKEL

LEUCHTTÜRME DER BILDUNG

ANLEITUNG ZU EINER SCHUL-REVOLUTION

IN SIEBEN SCHRITTEN …

Vorwort

DAS „BILDUNGSWUNDER“ VON ST. GILGEN

1. SCHRITT: JEDES KIND HAT TALENT!

Das Stärken von Stärken als revolutionäres Grundprinzip

2. SCHRITT: KITZLE NIE EINEN SCHLAFENDEN DRACHEN

Wie jede Schule ihren einzigartigen Leitsatz findet

3. SCHRITT: GESTATTEN, SCHUL-CEO

Die moderne Rolle der Schulleitung

4. SCHRITT: SO GEHÖRT MAN ZU DEN COOLEN LEHRER*INNEN

Leidenschaft, Präsenz und Selbstironie

5. SCHRITT: WIR MACHEN SCHULE!

Wer macht was: Eltern, Schülervertreter und Sponsoren

EXKURS: WAS KANN EINE SCHULE FÜR DIE GESELLSCHAFT TUN?

Die Gemeinwohl-Studie der Handelshochschule Leipzig

6. SCHRITT: CHANCENGLEICHHEIT FÜR ALLE!

Integration, außerschulische Aktivitäten und Ganztagsschule

7. SCHRITT: ISLANDS OF EXCELLENCE

Das Erschaffen von Leuchtturminseln in einem Meer von Mittelmaß

Dank

Zum Weiterlesen und Quellenangaben, Verweise, Autor

Für meine Mutter

VORWORT

Dieses Buch richtet sich an diejenigen Eltern und Pädagog*innen, die den Schulkindern am liebsten Flügel verleihen würden. Wir alle würden so viel dafür geben, dass die uns anvertrauten Kinder ihre Talente entwickeln und ihre Träume verwirklichen können! Wir sind aber an ein starres Schulsystem gebunden, das nach unserer tiefsten Überzeugung gründlich reformiert werden müsste. Diese dringend notwendige Schulreform „von oben“ wird es allerdings so bald nicht geben. Anstelle einer Reform unseres gesamten Schulsystems gibt es einen anderen Weg, um mehr und mehr Kindern den Besuch von Schulen zu ermöglichen, die eine lebenslange Liebe für das Lernen erwecken. Das, was wir tatsächlich machen können, ist eine sanfte Schulrevolution „von unten“ – in dem Umfeld, das wir direkt beeinflussen können! Und das Prinzip „Stärken stärken“ wird dabei eine revolutionäre Hauptrolle spielen. Diesen Weg können wir mithilfe dieses Buches beschreiten: von Kind zu Kind, von Klasse zu Klasse, von Schule zu Schule.

Ich bin kein Bildungstheoretiker. Ich bin ein Manager, der eine internationale Schule in St. Gilgen am Wolfgangsee in Österreich betreibt – ehrenamtlich und gemeinsam mit anderen engagierten Eltern. Wir Eltern haben unsere Schule im April 2016 aus einer Insolvenz heraus (um einen Euro) gekauft und zu einer Non-Profit-Organisation gemacht. Heute zählt sie zu den besten Privatschulen Europas, und sie wurde u. a. zweimal mit dem German Brand Award in Gold (in der Kategorie Bildung) prämiert. Etwa ein Drittel unserer Schulkinder können hier mithilfe eines Stipendiums ihr International Baccalaureate (IB) machen – aber ich wünsche mir, dass so viel mehr Kinder diese exzellente Schulbildung genießen könnten!

Anhand von sieben Schritten will dieses Buch dazu ermuntern, mehr und mehr Klassenzimmer und Schulen (öffentliche wie private) zu Leuchttürmen der Bildung zu machen. Entscheidend sind dafür Leidenschaft, Leadership und Durchhaltevermögen – und nicht Lehrpläne oder Budgets. Und wenn man dabei Schmetterlinge im Bauch spürt – ähnlich wie beim Verliebtsein –, dann kann man damit gar nicht scheitern! Ich habe mich für diesen Weg anstelle meiner langjährigen Position als „Global Head of Marketing and Sales“ bei Red Bull entschieden – und diesen Schritt keine Minute bereut. Denn welche sinnvollere Aufgabe kann es geben, als den Talenten von Kindern Flügel zu verleihen?

LEUCHTTÜRME DER BILDUNG RAGEN AUS EINEM MEER DER MITTELMÄSSIGKEIT HERAUS. SIE MÜSSEN STÜRMEN UND ANDEREN WIDRIGKEITEN DIE STIRN BIETEN, DAMIT SIE DIE TALENTE DER SCHULKINDER ANS LICHT BRINGEN. LEUCHTTÜRME DER BILDUNG MÜSSEN NICHT UNBEDINGT GEBÄUDE SEIN, DENN SIE SIND NICHT NUR AUF SCHULEN UND KLASSENZIMMER BESCHRÄNKT. LEUCHTTÜRME DER BILDUNG SIND AUCH MENSCHEN AUS FLEISCH UND BLUT. MENSCHEN, DIE ALS ELTERN UND PÄDAGOG*INNEN DIE STÄRKEN VON KINDERN FÖRDERN UND IHRE ZUKUNFT ZUM STRAHLEN BRINGEN WOLLEN. MENSCHEN WIE SIE.

DAS „BILDUNGSWUNDER“ VON ST. GILGEN

Ich bin ein Manager, der seine hochangesehene Position in der Vorstandsetage des Red Bull-Konzerns für ein ehrenamtliches Engagement an einer kleinen Schule eingetauscht hat. Sehr clever bin ich also nicht. Vielleicht können Sie mich aber ein wenig verstehen, wenn ich Ihnen erzählen darf, wie es dazu kam: Im April 2016 informierten mich die beiden Vertreter des Elternvereins der Schule meiner Kinder – Gert Fahrnberger und Christian Dreyer –, dass unsere Internationale Schule in St. Gilgen (StGIS) insolvent sei. Der Eigentümer – ein Investmentfonds – würde mit der Schule kein Geld verdienen und habe sich daher entschieden, die StGIS mitten im Schuljahr zu schließen. Da die beiden wussten, dass ich als langjähriger Red Bull-Manager direkt an den Firmengründer und CEO berichtete, verliehen sie der Hoffnung Ausdruck, ob nicht Red Bull die Schule retten könnte.

Diese völlig überraschende Nachricht löste zweierlei Gefühle in mir aus: auf der einen Seite Bestürzung! Meine Frau und ich hatten die Schule in St. Gilgen am Wolfgangsee in der Nähe von Salzburg liebgewonnen und konnten uns keinen besseren Ort für unsere Kinder vorstellen. Zudem stand unser Sohn unmittelbar vor den IB-Prüfungen, dem International Baccalaureate. Wo würden er und seine Mitschüler*innen ihren Schulabschluss machen? Auf der anderen Seite löste die Aussicht, mich für diese Schule zu engagieren, ein überwältigendes Gefühl der Sinnhaftigkeit aus. Ich spürte ganz intensiv den Flügelschlag von Schmetterlingen im Bauch! Dabei bin ich erblich vorbelastet: Meine liebe Mutter hatte als pensionierte Volksschullehrerin im hohen Alter ein Schulprojekt in Nimo/Nigeria mitgegründet, für das sie gemeinsam mit meinem afrikanischen Bruder Fabian den Grundstein gelegt hatte. Dieses Projekt war ihr in den letzten Lebensjahren eine Herzensangelegenheit geworden. Noch in ihren letzten Tagen hatte sie mich gemahnt: „Tue Gutes!“ Sollte das Schulprojekt in St. Gilgen nun für mich eine ebensolche Herzensangelegenheit werden?

Da nur wenige Tage Zeit blieben, bevor der bestellte Insolvenzverwalter die Schule endgültig schließen würde, arbeitete ich mehrere Nächte an der Erstellung eines zehnjährigen Businessplanes, der eine mögliche Übernahme durch Red Bull rechtfertigen könnte. Großartige Unterstützung erhielt ich dabei von Gert und Christian, mit denen mich seither eine vertrauensvolle Freundschaft verbindet, von zwei erfahrenen Red Bull-Kollegen sowie natürlich von meiner wundervollen Frau Angelika, die selbst ausgebildete Pädagogin ist. Zum letztmöglichen Moment – unmittelbar vor der offiziellen Schließung der Schule – luden wir alle Beteiligten in die Schule, um in letzter Sekunde einen Ausweg zu finden. So kamen über zweihundert Personen zusammen: hauptsächlich Lehrer*innen und Angestellte der Schule, Eltern und Schulkinder. Aber auch der Bürgermeister und der Insolvenzverwalter hatten sich eingefunden, und sogar ein Journalist der Salzburger Nachrichten hatte sich dazugeschmuggelt. Sie alle einte die Hoffnung, dass die Schule doch noch gerettet werden könnte. Und mir viel die Aufgabe zu, die Entscheidung von Red Bull zu übermitteln. Mit folgenden Worten wandte ich mich an die Versammelten:

„Liebe Schulgemeinde, ich komme mit einer schlechten Nachricht. Red Bull wird unsere Schule nicht übernehmen. Ich habe aber auch eine gute Nachricht. Wir haben gemeinsam mit Spezialisten von Red Bull einen Businessplan erarbeitet, der unsere Schule retten kann, wenn wir alsSchulgemeinde daran glauben und gemeinsam daran arbeiten. Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich aber als Vater zu Ihnen sprechen:

Als vor sechs Jahren meine Frau und ich mit unseren Kindern zum ersten Mal die St. Gilgen International School besuchten, kam uns ein Zeichenlehrer entgegen. Er war völlig durchnässt und versuchte, einen Stapel Zeichnungen unter seiner Jacke vor dem strömenden Regen zu schützen. Wir fragten ihn, wo er denn herkäme. Er erzählte uns, dass er mit seiner Zeichenklasse in Kanus zu einer Bucht über den See gepaddelt sei, weil dort das Licht so einzigartig strahle. Auf der Rückfahrt seien sie dann leider von einem Wolkenbruch überrascht worden. Das war der Moment, in dem wir uns in diese Schule verliebt haben. Ein Zeichenlehrer, der so leidenschaftlich unterrichtet, dass er mit den Kindern zu einer idyllischen Bucht paddelt? Genau so einer Schule wollten wir unsere Kinder anvertrauen!

Ich bin mir sicher, dass Sie alle – Eltern, Schüler und Lehrer – einen solchen magischen Moment hatten, in dem Sie sich in diese kleine Schule verliebten. Und jetzt finden wir uns in einer Situation, in der sich das Tor zu unserer Schule nie wieder öffnen könnte. Ich bin mir sicher, viele von Ihnen haben in den letzten Tagen – so wie wir – in Österreich, Deutschland, England oder einem anderen Land hektisch eine neue Schule für ihre Kinder gesucht. Und ich bin mir ebenso sicher, dass Sie – so wie wir – keine gefunden haben, die mit unserer St. Gilgen International School vergleichbar wäre. Manchmal versteht man den Wert einer Sache erst dann so richtig, wenn man Gefahr läuft, sie zuverlieren. Und ich kann einfach nicht glauben, dass sich das Tor zu unserer Schule nie wieder für eine lachende Kinderschar öffnen wird.

Hier ist der Plan: Wir können mit Spenden von Ihnen, den Eltern unserer Schüler, eine Privatstiftung gründen, die unsere Schule übernimmt und sie als Non-Profit-Organisation betreibt. Mit einer leichten Senkung der Schulgebühren und professionellem Management werden wir die Schülerzahl auf über zweihundert verdoppeln, womit die Schule keine Verluste mehr machen wird. Und mit Ihrer Hilfe als Investoren können wir die Immobilien der Schule übernehmen, um den viel zu teuren Mietvertrag zu beenden. Wir können Ihnen dafür keine hohe Rendite versprechen, aber es wird immer noch mehr sein als das, was man auf der Bank dafür bekommt.

Das Wichtigste aber ist: Wir können nicht nur diese Schule retten, sondern gemeinsam mit unseren einzigartigen Lehrerinnen und Lehrern einen Leuchtturm der Bildung erschaffen, in dem noch viele Generationen von Schulkindern ihre Talente entdecken und entwickeln können. Und wo sie eine lebenslange Liebe zum Lernen erfahren werden. Ich selbst glaube so sehr an diesen Plan und an unsere Schule, dass wir als Familie einen Teil unserer Ersparnisse darin investieren werden. Und ich biete an, zumindest drei Jahre lang ehrenamtlich die Geschäftsführung der Schule zu übernehmen. Wir können nicht auf morgen warten, sonst schließen die Tore unserer Schule für immer. Bitte sprechen Sie noch heute mit mir oder einem Vertreter des Elternvereins. Ich danke Ihnen.“

Dies war nicht gerade die professionellste Rede, die ich als Manager je gehalten hatte. Denn mir versagte beim Gedanken an das Schließen der Schultore vorübergehend die Stimme. Alle Zuhörer*innen bekamen mit, wie ich mit den Tränen kämpfte. Vielleicht war es aber gerade die Echtheit meiner Emotionen, mit der ich in die Gefühlswelt der Versammelten eindringen und sofortige Reaktionen auslösen konnte.

Was dann geschah? Das „Bildungswunder von St. Gilgen“, wie die Rettung der Schule danach in österreichischen und deutschen Medienberichten genannt worden ist. Erst kam ein mir unbekannter Vater auf mich zu und fragte, was er tun könnte. Dann gesellte sich ein Ehepaar zu uns und meinte: „Wir können helfen.“ Ein weiterer wollte mir gleich Geldscheine mit den Worten zustecken: „Das ist alles, was ich bei mir habe – und morgen erfahren Sie, was wir sonst noch beitragen können.“ Noch am selben Abend bekamen wir genügend Zusagen von Eltern, um die Privatstiftung gründen und die Schule übernehmen zu können. Elf Personen beteiligten sich mit großzügigen Spenden an der Gründung der Stiftung, wobei eine noble Familie aus Deutschland, die in vornehmer Zurückhaltung nicht genannt werden will, den größten Teil der finanziellen Zuwendungen übernahm. Und so gut wie alle Eltern waren bereit, auf die angebotene Schulgeldreduzierung im ersten Jahr zu verzichten, um den finanziellen Neustart zu unterstützen.

Die Schule war also fürs Erste gerettet. Und zwar ausschließlich von engagierten Eltern, also ohne einen Euro aus öffentlicher Hand und ohne Bankdarlehen. In Anlehnung an den Begriff „Management-Buy-out“ können wir hier vielleicht vom ersten „Parent-Buy-out“ der Bildungsgeschichte sprechen. Aber würden wir es tatsächlich schaffen, die St. Gilgen International School zu einem Leuchtturm der Bildung zu machen, der den Weg zu exzellenter Schulbildung auch für andere Bildungseinrichtungen vorgeben kann? Und was können wir in Zukunft dazu beitragen, dass nicht nur die wenigen Kinder an dieser Schule, sondern so viele Kinder wie irgendwie möglich in Schulen gehen dürfen, in denen sie eine lebenslange Liebe für das Lernen entwickeln können?

Sechs Jahre nach diesem „Parent-Buy-out“ besuchen 225 Schüler*innen aus 35 Ländern die St. Gilgen International School. Fast ein Drittel von ihnen, deren Eltern sich die Schulgebühren nicht leisten können, werden mit Stipendien unterstützt. Die Absolvent*innen der StGIS studieren mittlerweile an Orten wie San Francisco, Stanford, Harvard, New York, Oxford, London, Berlin, Wien oder anderen renommierten Universitäten. Manche verfolgen auch Karrieren als Schauspieler*innen, Musiker*innen oder Profisportler*innen – je nachdem, welche Talente sie an ihrer Schule in St. Gilgen entdeckt haben. Unsere StGIS ist noch lange nicht perfekt, aber alle Absolvent*innen sind sich ihrer Stärken bewusst und wissen, dass sie alles erreichen können, was sie wirklich wollen.

Dieses „Bildungswunder von St. Gilgen“ ist kein Wunder. Es basiert auf dem Grundgerüst einer existierenden Schule, dem von Menschen mit der Überzeugung „Every child has talent!“ – „Jedes Kind hat Talent!“ – eine Seele eingehaucht worden ist. Und es ist reproduzierbar. Mit sieben Schritten, die man an jeder Schule, in jeder Klasse gehen kann. Denn dafür sind nicht Budgets und Lehrpläne entscheidend, sondern vor allem Leidenschaft, Leadership und Durchhaltevermögen! Und die Bereitschaft, bisherige Denkweisen und Schulsysteme infrage zu stellen, um einer sanften Schulrevolution eine Chance zu geben. Zum Wohle unserer Kinder. Und mit Schmetterlingen im Bauch.